NWB Nr. 34 vom Seite 2675 Fach 7

Die Umsatzsteuer Gesamtdarstellung

Ferdinand Huschens und Michael Vellen *

I. Vorbemerkung

Tz. 1 Umsatzsteueraufkommen

Die Umsatzsteuer ist eine der bedeutendsten Einnahmequellen für Bund, Länder und Gemeinden. Sie ist inzwischen einerseits die aufkommenstärkste Einzelsteuer (seit 2000 insgesamt – einschließlich Einfuhrumsatzsteuer – rd. 140 Mrd. € jährlich; bei den Steuereinnahmen des Bunds beträgt ihr Anteil rd. 30 %). Andererseits nimmt man ein Hinterziehungsvolumen von rd. 10 % an, das auf die Systemmerkmale des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen mit Steuerausweis, Sollversteuerung und „Allphasensteuer” zurückgeführt wird (vgl. Mittler, UR 2004 S. 1).

Tz. 2 Bedeutung der Umsatzsteuer in der Europäischen Union

Die Ausgestaltung der Umsatzsteuer nach dem sog. Mehrwertsteuersystem seit dem Umsatzsteuergesetz 1967 (UStG) beruht auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Europäischen Gemeinschaften. Ausgangspunkt war Art. 99 des EWG-Vertrags v. (BGBl 1957 II S. 766), der im Interesse des Gemeinsamen Markts der Mitgliedstaaten die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer vorsah. Die erste Ausgestaltung erfolgte durch die Erste und Zweite RL (67/227/EWG und 67/228/EWG) v. , die zum mit dem UStG 1967 in deutsches Umsatzsteuerrecht „umgesetzt” wurden.

Der nächste wichtige Schritt war die Sechste RL 77/388/EWG v. zur Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage in der Gemeinschaft (im Folgenden: 6. EG-RL); sie wurde mit dem UStG 1980 in deutsches Umsatzsteuerrecht umgesetzt. Hintergrund war der Beschluss des Rats der (damaligen) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, den Haushalt der Gemeinschaft aus eigenen Mitteln (Eigenmittel der Gemeinschaft) zu finanzieren. Danach sollte die Finanzierung des Gemeinschaftshaushalts u. a. auf 1 % der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage einer einheitlichen Umsatzsteuer gestützt werden, so dass auch die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage erforderlich wurde. Die Kommission überwacht die einheitliche Behandlung der Steuererhebungsvoraussetzungen z. B. durch einheitliche Auslegung der als Steuerpflichtige erfassten Personen oder der Steuerbefreiungsregelungen u. a. durch Kommissionsklagen gegen Mitgliedstaaten vor dem EuGH (vgl. z. B. , Kommission/Großbritannien und Nordirland, EuGHE 2000, I - 06355 NWB LAAAB-72748, zur Straßenmaut).

Aufgrund der sog. Binnenmarkt-Richtlinie v. , umgesetzt mit dem UStG 1993, wurden die Steuergrenzen in der Gemeinschaft beseitigt. Der sog. Grenzausgleich bei Warenlieferungen wurde von den Zollstellen in die Betriebe verlagert (steuerfreie Ausfuhrlieferung im Exportstaat, steuerpflichtiger Erwerbstatbestand mit Vorsteuerabzugsrecht im Importstaat). Nicht erreicht wurde bisher die entscheidende Harmonisierungsstufe, nämlich die der Steuersätze in der Gemeinschaft.

Mit Annahme der RL 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem am wurde die 6. EG-RL neu gefasst (ABl EU 2006 Nr. L 347 S. 1). Die 6. EG-RL war seit ihrer Annahme 1977 vielfach geändert, bislang allerdings nicht amtlich konsolidiert worden. Die nunmehr erfolgte Neufassung führt den Basisrechtsakt und die dazu ergangenen Änderungsrechtsakte zusammen und hebt die einzelnen Rechtsakte auf. Die Neufassung führt aber – anders als eine bloße Konsolidierung – auch zu Änderungen an der Struktur der Richtlinie und im Rechtstext selbst. Die Neufassung soll den Rechtsanwendern einen klaren Überblick über die vorhandenen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen im Bereich der Mehrwertsteuer ermöglichen. Sie tritt bereits am in Kraft. Aus den Änderungen in der Struktur der Richtlinie und im Rechtstext (beabsichtigt waren z. B.: klarere Formulierungen, einfacherer Wortlaut, weniger Querverweise, Neuordnung der Vorschriften, Entflechtung langer und komplexer Regelungen, Anpassung der Terminologie, Angleichung der Sprachfassungen) sollen sich keine inhaltlichen Änderungen ergeben. Lediglich aus wenigen – abschließend aufgezählten – Änderungen können sich für einzelne Mitgliedstaaten Änderungen ergeben. Diese sind zum in das jeweilige nationale Recht umzusetzen. Deutschland ist hiervon nicht betroffen, so dass sich für das deutsche UStG keine Änderungen aus der Neufassung ergeben. Vgl. hierzu Huschens, UVR 2007 S. 142 und 204; Hundt-Eßwein, UStB 2007 S. 224.

Das BMF hat sich entschlossen, für die RL 2006/112/EG die Arbeitsbezeichnung Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (abgekürzt: MwStSystRL) zu verwenden, da diese einerseits prägnant und kurz ist, andererseits aber auch auf den Inhalt des zitierten Gemeinschaftsrechtsakts schließen lässt ( NWB EAAAC-35084).

Tz. 3 Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts

EG-Richtlinien (wie die 6. EG-RL) wenden sich gem. Art. 249 Abs. 3 des EG-Vertrags (EGV) zwar nicht (wie EG-Verordnungen) unmittelbar an den Gemeinschaftsbürger, sondern an den Mitgliedstaat; der hat sie zutreffend in nationales Recht umzusetzen. Jedoch erhielten Richtlinien durch die Rechtsprechung des EuGH insoweit unmittelbare Wirkung, als sich der Gemeinschaftsbürger auf Richtlinienbestimmungen (gegenüber auch durch Auslegung nicht richtlinienkonformem innerstaatlichen Recht) berufen kann, wenn diese inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen (vgl. z. B. , Kühne NWB HAAAA-96864, zur Berufung auf Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL = Art. 26 MwStSystRL). Dies ist aber nur zugunsten, nicht zulasten möglich.

Der , BStBl 2004 II S. 1034) hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob sich ein privater Steuerpflichtiger, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht und geltend macht, deren Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung sei rechtswidrig, auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL (= Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL) berufen kann (Auskunftsanspruch eines zukünftigen Konkurrentenklägers bei drittschützendem Charakter des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL = Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL). Vgl. zu dem Vorabentscheidungsersuchen Lange, DB 2004 S. 2776; Dziadkowski, UVR 2005 S. 65; Reiß, IStR 2005 S. 53. Der EuGH hat diese Frage bejaht (Urteil v. - Rs. C-430/04, Feuerbestattungsverein Halle e.V. NWB PAAAB-88621) und damit den privaten Mitbewerbern den Weg für Konkurrentenklagen auf umsatzsteuerliche Gleichbehandlung mit der öffentlichen Hand eröffnet (vgl. zu dem EuGH-Urteil auch Ehrke-Rabel, ÖStZ 2007 S. 101 und 126; Fritsch, UVR 2007 S. 71; JK, IStR 2006 S. 488; Kronthaler, DStR 2007 S. 227; Küffner, DStR 2006 S. 1120; Weimann, UStB 2006 S. 235, und wt, UVR 2006 S. 198). Für das deutsche Recht bringt das Urteil keine wesentliche Neuerung, da der BFH u. a. im Zusammenhang mit dem Wettbewerb der Marktteilnehmer untereinander bereits „drittschützende Normen” anerkannt hat. Hierzu hat der BFH zusammenfassend folgendes entschieden (, BStBl 1998 II S. 63):

  • Wird ein Steuerpflichtiger rechtswidrig nicht oder zu niedrig besteuert, werden dadurch i. d. R. nur Rechte der Steuergläubiger verletzt, die von den Behörden der Finanzverwaltung im Interesse der Allgemeinheit wahrzunehmen sind. Eine Verletzung der Rechte eines an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligten Dritten kommt nur in Betracht, wenn die Nichtbesteuerung oder zu niedrige Besteuerung gegen eine Norm verstößt, die nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere im öffentlichen Interesse an der gesetzmäßigen Steuererhebung und Sicherung des Steueraufkommens erlassen wurde, sondern – zumindest auch – dem Schutz der Interessen Einzelner an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter dient (sog. „drittschützende” Norm).

  • Ein Verstoß der Finanzbehörden gegen drittschützende Normen – wenn er wettbewerbsrelevant ist – führt zu einer Verletzung von Rechten der Wettbewerber. Inhaltlich besteht das Recht des Wettbewerbers in einem Anspruch gegenüber der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde, den Mitbewerber richtig zu besteuern.

  • Das Steuergeheimnis schließt es nicht aus, Rechte Dritter aus drittschützenden Normen herzuleiten.

  • Voraussetzung der Zulässigkeit einer auf einen Verstoß gegen eine „drittschützende” Norm gestützten Klage eines Dritten ist, dass der Kläger substantiiert geltend macht, die rechtswidrige Nichtbesteuerung oder zu geringe Besteuerung des mit ihm in Wettbewerb stehenden Steuerpflichtigen beeinträchtige das Recht des Klägers auf Teilnahme an einem steuerrechtlich nicht zu seinem Nachteil verfälschten Wettbewerb.

  • Will ein Dritter eine zulässige Konkurrentenklage wegen der Besteuerung oder Nichtbesteuerung eines Mitbewerbers erheben, muss er grds. die gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Steuerbescheide bzw. Freistellungsbescheide anfechten. Ist für einen in der Vergangenheit liegenden Besteuerungszeitraum oder Stichtag noch kein Steuerbescheid ergangen, kann der Dritte auch Feststellungsklage erheben. Eine Klage mit dem Ziel, eine Finanzbehörde zur Besteuerung einer anderen Person für künftige Zeiträume oder Stichtage zu verpflichten, ist unzulässig.

In seiner Nachfolgeentscheidung zum o. g. EuGH-Urteil hat der BFH die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage gegen einen kommunalen Betrieb weiter konkretisiert (, BStBl 2007 II S. 243; vgl. hierzu auch Fritsch, UVR 2007 S. 71, und Kronthaler, DStR 2007 S. 227):

  • Einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch hinsichtlich der Besteuerung eines Konkurrenten hat ein Steuerpflichtiger unbeschadet des Steuergeheimnisses dann, wenn er substantiiert und glaubhaft darlegt, durch eine aufgrund von Tatsachen zu vermutende oder zumindest nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließende unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten konkret feststellbare, durch Tatsachen belegte Wettbewerbsnachteile zu erleiden und gegen die Steuerbehörde mit Aussicht auf Erfolg ein subjektives öffentliches Recht auf steuerlichen Drittschutz geltend machen zu können.

  • Die Auskunft darf erteilt werden, wenn die Konkurrentenklage nicht offensichtlich unzulässig wäre; die Auskunftserteilung setzt nicht die Feststellung voraus, dass dem Auskunftsantragsteller die von ihm behaupteten Rechte, die er auf der Grundlage der ihm erteilten Auskunft verfolgen möchte, tatsächlich zustehen.

  • Der in Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL (= Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL) enthaltene Grundsatz der steuerlichen Neutralität kann von einem Steuerpflichtigen im Wege der Konkurrentenklage geltend gemacht werden, wenn Einrichtungen des öffentlichen Rechts für die Tätigkeiten oder Leistungen, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausüben oder erbringen, als Nichtsteuerpflichtige behandelt werden und dies zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt.

  • Es kommt ernstlich in Betracht, § 2 Abs. 3 UStG drittschützende Wirkung beizulegen.

Zur Bedeutung von EG-Richtlinien und deren Anwendungsvorrang, von Vorabentscheidungsersuchen der Gerichte und von Vorabentscheidungen des EuGH für das deutsche Umsatzsteuerrecht vgl. auch NWB FAAAB-26920.

Tz. 4 Richtlinienkonforme Auslegung des UStG

Generell ist aber das UStG (aufgrund der nationalen Umsetzungspflicht) in Zweifelsfällen richtlinienkonform auszulegen. Das gilt auch zulasten des Steuerpflichtigen (vgl. NWB WAAAA-96337). Das heißt, in erster Linie sind Auslegungsfragen nach den in der 6. EG-RL/MwStSystRL verwendeten gemeinschaftsrechtlichen Begriffen und dem darin umrissenen Mehrwertsteuersystem zu lösen.

Die Begriffe in UStG und 6. EG-RL/MwStSystRL weichen z. T. voneinander ab (z. B. Steuerpflichtiger gem. Art. 4 der 6. EG-RL = Art. 9 f. MwStSystRL, Unternehmer gem. § 2 UStG; Dienstleistung gem. Art. 6 der 6. EG-RL = Art. 24 f. MwStSystRL, sonstige Leistung gem. § 3 UStG; Besteuerungsgrundlage gem. Art. 11 der 6. EG-RL = Art. 72 f. MwStSystRL, Bemessungsgrundlage gem. § 10 UStG). Das führt bei der gebotenen richtlinienkonformen Anwendung ggf. zur wechselweisen Begriffsverwendung.

Tz. 5 Merkmale der Umsatzsteuer nach dem Mehrwertsteuersystem

Art. 2 der 1. RL definiert die Umsatzsteuer nach dem Mehrwertsteuersystem als Verbrauchsteuer (, Mohr, UR 1996 S. 119). Steuerträger ist der Verbraucher, d. h. der Leistungsempfänger, der die ihm berechnete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann. Das ist jeder „private” bzw. nichtunternehmerische Erwerber, also auch ein Unternehmer, soweit er für seinen privaten Bereich erwirbt. Unternehmer bleiben auch dann mit der Umsatzsteuer belastet, soweit sie Umsatzsteuer auf Leistungsbezüge nicht als Vorsteuer abziehen dürfen, weil sie damit steuerfreie Umsätze ausführen (§ 15 Abs. 2 UStG). Abgabenrechtlich wird die Umsatzsteuer allerdings für Zwecke der Festsetzung und verfahrenstechnischen Behandlung als Verkehrsteuer eingestuft, vgl. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO, dazu , BStBl 1987 II S. 95).

Aufgrund der folgenden Merkmale gilt die „Mehrwertsteuer” als sog. Allphasennettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug: Sie wird allgemein für Lieferungen und sonstige Leistungen auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe erhoben, proportional zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen. Sie erfasst schließlich (nur) den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen; denn die bei einem Umsatz (Gegenstandslieferung/Dienstleistung) entstehende Steuer wird unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Umsatz entrichtet worden ist – sog. Vorsteuerabzug – (vgl. u. a. , Krankenhausverein Wien NWB IAAAB-72817). Vor Einführung des Mehrwertsteuersystems mit dem UStG 1967 war die Umsatzsteuer als sog. Allphasenbruttoumsatzsteuer ausgestaltet.

Tz. 6 Neutralität der Mehrwertsteuer

Die EuGH-Rechtsprechung betont, dass eines der Grundprinzipien des Mehrwertsteuersystems die Neutralität in dem Sinne ist, dass gleichartige Waren innerhalb der einzelnen Länder ungeachtet der Länge der Produktions- und Vertriebswege steuerlich gleich belastet werden. Die Neutralität soll gegenüber den „Steuerpflichtigen” gewährleistet werden, d. h. den Unternehmern i. S. von § 2 UStG. Nur diese sind zum Vorsteuerabzug von der eigenen Steuerschuld berechtigt. Vorsteuerbeträge sind die Umsatzsteuer-Beträge, die die verschiedenen Kostenelemente der eigenen (Ausgangs-)Umsätze unmittelbar belasten (z. B. , Elida Gibbs, UR 1997 S. 265).

Probleme mit der Neutralität – die in der 6. EG-RL/MwStSystRL nach dem gegenwärtigen Harmonisierungsstand nicht und noch weniger im UStG durchgängig umgesetzt ist – ergeben sich insbesondere bei der Frage, ob die Weiterlieferung eines ohne Vorsteuerabzug (z. B. von Privat) für das Unternehmen erworbenen Gegenstands zu besteuern ist. Die Besteuerung führt dazu, dass auf nicht abgezogene Umsatzsteuer nochmals Steuer erhoben wird. Eine solche Doppelbesteuerung widerspricht der Neutralität. Bei der Entnahme regeln Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL (= Art. 16 MwStSystRL) bzw. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG i. V. mit Satz 2 UStG die Frage durch ein Besteuerungsverbot der Entnahme. Hingegen ist bei der entgeltlichen Lieferung (auch nach der 6. EG-RL/MwStSystRL) die Steuer zu erheben. Nach , Bakcsi NWB RAAAB-79450) kann die Doppelbesteuerung ggf. durch (den Trick einer) Entnahme vor Veräußerung vermieden werden. Dem Verbot der Doppelbesteuerung widersprach ferner eine Regelung zur Erfassung von Leasinggebühren als besonderen Eigenverbrauch in Österreich, wenn derselbe wirtschaftliche Vorgang (Kraftfahrzeug-Leasing), bereits in einem Mitgliedstaat zutreffend besteuert wurde (, Cookies World ... NWB KAAAB-72595).

Tz. 7 Diskriminierungsverbot

Aus Art. 12 EGV folgt, dass Steuerpflichtige im gemeinsamen Mehrwertsteuersystem grds. nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen, je nachdem, in welchem Mitgliedstaat sie ansässig sind (Diskriminierungsverbot). In einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen, die im Inland zwar keine Umsätze ausführen, aber Leistungen beziehen, dürfen z. B. in dem dafür vorgesehenen Vorsteuervergütungsverfahren (§§ 59 ff. UStDV) keine anderen (engeren) Anforderungen für den Nachweis des Vorsteuerabzugs gestellt werden (, Société générale des grandes sources d'eaux minérales françaises NWB MAAAB-72752).

II. Steuergegenstand und Geltungsbereich

Tz. 8 Steuerbare Umsätze

§ 1 Abs. 1 UStG

Steuerbare Umsätze i. S. von § 1 UStG sind Umsätze, die der Umsatzsteuer unterliegen (Grundlage ist Art. 2 der 6. EG-RL = Art. 2 MwStSystRL: „Steueranwendungsbereich”). Das sind:

  • Lieferungen und sonstige Leistungen (Dienstleistungen gem. Art. 6 der 6. EG-RL = Art. 24 f. MwStSystRL), die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt – s. Tz. 47 ff., 61,

  • die „gleichgestellten” unentgeltlichen Lieferungen (§ 3 Abs. 1b UStG/Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL = Art. 16 MwStSystRL) und sonstigen Leistungen (§ 3 Abs. 9a UStG/Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL = Art. 26 MwStSystRL) – s. Tz. 50, 63,

  • die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg – bis : von Gegenständen aus dem sog. Drittlandsgebiet in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg – (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG/Art. 2 Nr. 2 der 6. EG-RL = Art. 2 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) – s. Tz. 18 – und

  • der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG/Art. 28a der 6. EG-RL = Art. 20 f. MwStSystRL) – s. Tz. 19.

Tz. 9 „Anwendungsbereich” des UStG: erlaubte und unerlaubte Geschäfte

Die deutsche Umsatzsteuerpraxis hatte den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer stets weit gezogen und als Leistung i. S. des UStG (als Oberbegriff für Lieferungen und sonstige Leistungen) jedes Tun, Dulden und Unterlassen angenommen, das Gegenstand des Rechtsverkehrs sein kann. Die nächste Frage ist dann, ob die Leistung „im Rahmen des Unternehmens” ausgeführt wird (s. unten Tz. 16). Ob ein Rechtsgeschäft (das schuldrechtlich der Leistung zugrunde liegt) bürgerlich-rechtlich nichtig oder unwirksam ist, spielt keine Rolle, wenn gleichwohl geleistet wird (vgl. zu der – als sittenwidrig beurteilten – Leistung einer Prostituierten , BStBl 1987 II S. 653). Dabei wurde auf §§ 3941 AO abgestellt.

Die EuGH-Rechtsprechung geht zum Anwendungsbereich der 6. EG-RL/MwStSystRL einen etwas anderen Weg: Sie handelt zum einen Fragen des „Rahmens des Unternehmens” bzw. der „wirtschaftlichen Tätigkeit” i. S. von Art. 4 der 6. EG-RL (= Art. 9 f. MwStSystRL) unter dem Stichwort „Anwendungsbereich” ab (s. unten Tz. 16). Insbesondere geht sie aber davon aus, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität (s. oben Tz. 6) bei der Erhebung der Mehrwertsteuer tatsächlich eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften verbietet. So erbringt der Veranstalter eines Gewinnspiels an die Teilnehmer eine steuerbare Leistung; ohne Bedeutung ist, dass die Leistung auf einer „Ehrenschuld” bzw. unvollkommenen Verbindlichkeit beruht (, Town & County Factors NWB FAAAB-72844).

Dies gilt aber nicht für die Lieferung von Erzeugnissen wie Betäubungsmittel, die insoweit besondere Merkmale aufweisen, als sie – mit Ausnahme eines streng überwachten Vertriebs zur Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke – schon nach ihrem Wesen in allen Mitgliedstaaten einem vollständigen Verkehrsverbot unterliegen. In einer derartigen besonderen Situation, in der zwischen einem legalen und einem illegalen Wirtschaftssektor jeder Wettbewerb ausgeschlossen ist, kann der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht berührt sein, wenn der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist (z. B. 289/86, Happy Family, UR 1989 S. 312; ebenso für die illegale Einfuhr von Falschgeld: , Witzemann, UR 1991 S. 148). Solche Umsätze sind also nicht steuerbar.

Steuerbar ist danach aber z. B. der Handel mit illegal eingeführtem (Schmuggel-)Alkohol. Hier ist ein Wettbewerb mit sich rechtmäßig im Handel befindenden Alkohol nicht ausgeschlossen (, Salumets NWB IAAAB-72830). Im Übrigen ist die Einschränkung des Anwendungsbereichs eng auf die jeweilige Leistung begrenzt: Z. B. wird die Vermietung eines Platzes zum Verkauf von Betäubungsmitteln durch die mögliche Strafbarkeit der Verkaufstätigkeit (die „unerlaubt” sein kann) nicht in ihrem wirtschaftlichen Charakter als Vermietung beeinträchtigt (, Coffeeshop Siberië NWB RAAAB-72600).

Tz. 10 Bestimmung der Leistung

Grds. ist jede Leistung für sich daraufhin zu prüfen, ob und wie sie in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt. Eine Sonderstellung hat die Geldzahlung für die Leistung: Sie ist ihrerseits keine steuerbare Leistung. Das UStG behandelt sie lediglich als Gegenleistung (s. auch Tz. 11). Bei sog. „gebündelten” Leistungen bzw. „komplexen” Leistungen gelten zur Bestimmung des Leistungsgegenstands folgende Grundsätze:

a) Einheitliche Leistung

Soweit eine Leistung sich aus mehreren Elementen zusammensetzt, ist die Beurteilung als einheitliche Leistung oder Mehrheit selbständiger Leistungen grds. nach umsatzsteuerrechtlichen, nicht nach zivilrechtlichen Kriterien vorzunehmen. Im Wesentlichen geht es um die Bestimmung des Leistungsorts zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, um die Anwendung einer Steuerbefreiung oder eines ermäßigten Steuersatzes. Art. 2 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL) ist dahin auszulegen, dass dann, wenn ein Steuerpflichtiger für einen Verbraucher, wobei auf einen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv ein Ganzes bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre, alle diese Handlungen oder Elemente in mehrwertsteuerrechtlicher Hinsicht eine einheitliche Leistung darstellen (, Levob Verzekeringen BV, OV Bank NV NWB AAAAB-79447). Liegt eine einheitliche Leistung vor, darf diese nicht künstlich zur Erlangung von Steuervorteilen in mehrere Bestandteile aufgespalten werden (vgl. , Part Service NWB IAAAC-73329). Zur Bedeutung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Leistung aus der Sicht der öffentlich-rechtlichen Umsatzsteuerpraxis vgl. Baldauf, UR 2008 S. 401. Zur Umsatzbesteuerung von Leistungsbündeln und der Frage, ob eine einheitliche Leistung oder eine Mehrheit von Leistungen vorliegt vgl. Lange, UR 2009 S. 289.

Einheitliche Leistungen unterliegen der gleichen umsatzsteuerlichen Behandlung. Dies gilt aber nicht für Fälle, in denen zwar eine einheitliche Leistung vorliegt, die steuerliche Behandlung der Hauptleistung sich aber aus einer Ausnahmeregelung ergibt. Die Tatsache, dass bestimmte Gegenstände eine einheitliche Lieferung bilden, die zum einen eine Hauptleistung, die nach dem Recht des Mitgliedstaats unter einen Nullsatz fällt (Ausnahmeregelung nach Art. 28 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL = Art. 110 f. MwStSystRL), und zum anderen Gegenstände erfasst, die nach dem Recht des Mitgliedstaats von dieser Ausnahmeregelung ausgeschlossen sind, hindert den betreffenden Mitgliedstaat nicht, auf die Lieferung dieser ausgeschlossenen Gegenstände den Normalsatz anzuwenden und im Endeffekt eine einheitliche Leistung aufzusplitten und unterschiedlich zu behandeln (, Talacre Beach Caravan Sales Ltd. NWB DAAAB-90481).

  • Sog. Restaurationsumsätze sind nicht als Lieferung, sondern als sonstige Leistung anzusehen, weil die Dienstleistungselemente überwiegen (, Faaborg-Gelting Linien, BStBl 1998 II S. 282).

  • Abfallbeseitigung, die als sog. komplexe Leistung grenzüberschreitend in mehreren Mitgliedstaaten ausgeführt wird, ist als einheitliche Dienstleistung nach der allgemeinen Regel des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL = Art. 43 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 UStG) nach dem Sitz des leistenden Unternehmers zu besteuern und nicht nach den jeweils einzelnen Elementen (, Kommission/Frankreich NWB VAAAB-79453). Die Verwaltung geht demgegenüber offensichtlich davon aus, dass sich der Leistungsort in diesen Fällen grds. nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG bestimmt (vgl. NWB SAAAB-92592 und NWB QAAAD-19308).

  • Sportplatzüberlassung ist regelmäßig nicht in steuerfreie Grundstücksvermietung und steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen, sondern als einheitliche steuerpflichtige Überlassungsleistung zu beurteilen (, BStBl 2001 II S. 658; s. auch Rondorf, NWB F. 7 S. 5481); entsprechendes gilt für die Überlassung von Sportanlagen eines Betreibers an den Nutzer dieser Sportanlagen ( NWB MAAAD-21080). Die langfristige Vermietung eines Turnhallengebäudes an einen Verein, der steuerfreie Leistungen ausführt, ist dagegen als Vermietungsleistung steuerfrei, wenn abgesehen von der Überlassung von Betriebsvorrichtungen keine weiteren Leistungen ausgeführt werden ( NWB GAAAD-19025). Mangels Entscheidungserheblichkeit hat der BFH in diesem Verfahren allerdings die Frage, ob die Vermietung des Turnhallengebäudes und der Betriebsvorrichtungen als zwei selbstständige Hauptleistungen oder als Hauptleistung (steuerfreie Grundstücksvermietung) und untergeordnete Nebenleistung (Überlassung der Betriebsvorrichtungen) zu qualifizieren sind, ausdrücklich offengelassen. Im Urteil v. - XI R 71/07 (NWB MAAAD-21080) führt der BFH mit Blick auf das Urteil v. dagegen aus, dass er zur langfristigen Vermietung einer Turnhalle an eine Schule entschieden habe, die Umsätze seien in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen. Folglich muss der BFH von zwei selbstständigen Hauptleistungen ausgehen.

  • Die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten an die Markthändler kann als einheitliche Vermietungsleistung anzusehen sein (, BStBl 2009 II S. 60, und NWB OAAAC-77601); die alte BFH-Rechtsprechung zur Aufteilung bei Wochenmärkten, Jahrmärkten und ähnlichen Veranstaltungen ist überholt. Das , BStBl 2009 I S. 69, auf das o. g. BFH-Urteil reagiert und zur Frage der Einheitlichkeit von Vermietungsleistungen allgemein (nicht nur in Bezug auf die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten) Folgendes ausgeführt:

    • Entscheidend für die Beurteilung, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere selbständige Einzelleistungen vorliegen, ist der wirtschaftliche Gehalt der erbrachten Leistungen.

    • Für die Annahme einer einheitlichen Leistung sind im Wesentlichen folgende Grundsätze maßgeblich: Jede Dienstleistung ist in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten; andererseits darf aber eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung nicht künstlich aufgespalten werden. Das Wesen des fraglichen Umsatzes ist zu ermitteln und festzustellen, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere Leistungen vorliegen; eine Leistung ist dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat.

    • Die frühere BFH-Rechtsprechung, wonach bei Wochenmärkten, Jahrmärkten und ähnlichen Veranstaltungen ein gemischter Vertrag vorliegen konnte, bei dem das Entgelt in einen auf die steuerfreie Grundstücksvermietung und in einen auf die steuerpflichtige Leistung besonderer Art aufzuteilen war, ist überholt. Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist entscheidend, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, und wenn dies zutrifft, ob die Vermietungsteilleistung prägend ist (vgl. Tz. 116).

    • Soweit Abschn. 80 Abs. 1 und 3 UStR der aktuellen Rechtsprechung entgegensteht, ist er nicht mehr anzuwenden. Abschn. 81 Abs. 2 Nr. 3 UStR findet weiterhin uneingeschränkt Anwendung.

    • Für vor dem ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn die Zurverfügungstellung von Standplätzen auf Märkten und die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen – Leistungen besonderer Art – umsatzsteuerlich gesondert beurteilt werden und nur die Grundstücksvermietung als steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG behandelt wird.

  • Beim Verkauf eines neu errichteten Gebäudes ist der über eine einfache „Grundausstattung” hinausgehende Einbau von zusätzlichen Treppen, Wänden, Fenstern, Duschen sowie die Errichtung von Garagen und Freisitzüberdachungen durch den Verkäufer jedenfalls dann ein Bestandteil einer einheitlichen steuerfreien Grundstückslieferung, wenn das Gebäude dem Erwerber in dem gegenüber der „Grundausstattung” höherwertigen Zustand übergeben wird. Ob die Zusatzleistungen dabei in den notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag aufgenommen oder in einem gesonderten Vertrag vereinbart worden sind, ist für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung unmaßgeblich ( NWB PAAAC-77913).

  • Die Grundstückslieferung und die Ausführung der Bauleistungen, die ein Unternehmer erbringt, der mit dem bisherigen Grundstückseigentümer nicht identisch ist, sind keine einheitliche Leistung. Die Bauleistungen sind auch dann nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn das vom Grundstückserwerber für die Bauleistungen zu entrichtende Entgelt in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist ( NWB PAAAD-18987).

  • Ein nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG insgesamt steuerfreier einheitlicher Grundstücksumsatz kann nicht nur bei der Veräußerung eines bereits bebauten Grundstücks vorliegen, sondern auch dann, wenn derselbe Veräußerer in zwei getrennten Verträgen ein Grundstück veräußert und die Pflicht zur Erstellung eines schlüsselfertigen Büro- und Geschäftshauses übernimmt. Leistungsgegenstand ist in diesem Fall ein noch zu bebauendes Grundstück (, DB 2009 S. 1688).

  • Die Vermietung eines Grundstücks und die damit im Zusammenhang stehende Reinigung der Gemeinschaftsräume sind selbständige, voneinander trennbare Umsätze (keine einheitliche Leistung), so dass die Reinigungsleistungen nicht unter die Steuerbefreiung für Vermietungsleistungen fallen (, DStR 2009 S. 1260).

  • Die Überlassung von Computerprogrammen, die ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach überwiegend auf die Anwendung für die Bedürfnisse des Empfängers in seinem Unternehmen – und nicht auf deren Verbreitung – gerichtet ist, ist keine nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG begünstigte Einräumung von Rechten aus dem Urhebergesetz (, BStBl 2002 II S. 114). Vgl. zur Abgrenzung, in welchen Fällen die Übertragung der Verwertungsrechte als leistungsbestimmend anzusehen ist NWB JAAAC-38782.

  • Bei einem Umsatz, bei dem ein Steuerpflichtiger einem Verbraucher eine zuvor entwickelte und in den Verkehr gebrachte, auf einem Datenträger gespeicherte Standard-Software überlässt und anschließend an die besonderen Bedürfnisse dieses Erwerbers anpasst, liegt eine einheitliche Leistung auch dann vor, wenn dafür zwei getrennte Preise gezahlt werden. Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 24 f. MwStSystRL) ist dahin auszulegen, dass diese einheitliche Leistung als „Dienstleistung” einzustufen ist, wenn die fragliche Anpassung weder unbedeutend noch nebensächlich, sondern vielmehr von ausschlaggebender Bedeutung ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn diese Anpassung angesichts von Umständen wie ihrem Umfang, ihren Kosten oder ihrer Dauer entscheidend dafür ist, dass der Erwerber eine auf ihn zugeschnittene Software nutzen kann (, Levob Verzekeringen BV, OV Bank NV NWB AAAAB-79447).

  • Bei der Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung von Strommasten für eine Überlandleitung, der Einräumung des Rechts zur Überspannung der Grundstücke und der Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Sicherung dieser Rechte handelt es sich um eine einheitliche sonstige Leistung, die nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist (, BStBl 2005 II S. 802; vgl. zur Anwendung auch , BStBl 2005 I S. 997; vgl. hierzu auch Schrader, UVR 2006 S. 95, und Sobotta, NWB F. 7 S. 6747). Nach dem gelten die sich aus dem BFH-Urteil ergebenden Grundsätze z. B. auch bei der Überlassung von Grundstücken zum Verlegen von Erdleitungen (z. B. Erdgas- oder Elektrizitätsleitungen) oder bei der Überlassung von Grundstücken für Autobahn- und Eisenbahntrassen oder bei Zahlungen im Rahmen von Unternehmensflurbereinigungen.

  • Die Leistungen eines Bestattungsunternehmers im Zusammenhang mit einer Überführung ins Drittland (Beschaffung des Sargs und dessen Ausstattung, Einsargung, Inlandstransport, Überführung ins Ausland einschließlich der Abwicklung der erforderlichen Formalitäten) sind bis zur Einsargung des Leichnams selbständig zu beurteilende Leistungen (und keine Nebenleistungen zur Transportleistung), die vom Dienstleistungselement bestimmt sind und deren Leistungsort sich nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt. Der Beurteilung als selbständige Leistung steht nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige Leistungen nicht oder nur zum Teil gesondert abrechnet ( NWB VAAAB-55295).

  • Zahlungen, die z. B. von sog. Vertriebsorganisationsunternehmen für die Überlassung von Vorstufen- oder Basissaatgut im Rahmen von sog. VO-Verträgen, d. h. zum Zweck der Produktion und des Vertriebs des daraus herzustellenden sog. Zertifizierten Saatguts, an den Inhaber des Sortenschutzes gezahlt werden (sog. Züchteranteile, Z-Lizenzen), sind insgesamt Entgelt („Lizenzgebühren”) für eine nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung als sonstige Leistung zu beurteilende Leistung des Sortenschutzinhabers, welche in der Überlassung des Rechts, eine Saatgutsorte zu produzieren und zu vermarkten, und der Überlassung des hierzu erforderlichen Saatguts besteht (, BStBl 2006 I S. 240). Vgl. zum Begriff der sonstigen Leistung im Zusammenhang mit der Abgabe von Saatgut Tz. 61 und zum Leistungsort Tz. 72.

  • Die unentgeltliche Abgabe von Hardwarekomponenten (z. B. Modem, Router) im Zusammenhang mit dem Abschluss eines längerfristigen Netzbenutzungsvertrags (z. B. DSL-Abonnement) ist nach den Grundsätzen des Abschn. 24b Abs. 18 UStR keine unentgeltliche Wertabgabe, sondern eine unselbständige Nebenleistung zu der (einheitlichen) sonstigen Leistung, die hier in einer Telekommunikationsleistung oder einer auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistung besteht. Dem Durchschnittsverbraucher kann hierbei kein isoliertes Interesse an der Abgabe der Hardwarekomponente unterstellt werden; sie dient lediglich als Mittel zur Inanspruchnahme der eigentlich gewünschten sonstigen Leistung. Anders verhält es sich bei der (teil-)entgeltlichen Abgabe von Gegenständen im Zusammenhang mit dem Abschluss längerfristiger Verträge (z. B. Netzbenutzungs- oder Zeitschriftenabonnements). Insoweit liegen zwei gesondert zu beurteilende selbständige Hauptleistungen vor. Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers wird dies daraus deutlich, dass dieser bereit ist, für die Abgabe des Gegenstands ein Entgelt zu entrichten. Insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der teilweise zur Auswahl stehenden Gegenstände sowie der zum Teil nicht unerheblichen Zuzahlungen zu deren Erlangung kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass derartige Abgaben die andere Leistung lediglich abrunden und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen ( NWB VAAAB-73854).

  • Freizeitparks erbringen gegenüber ihren Besuchern einheitliche Leistungen. Eine Aufteilung der einheitlichen Entgelte für Leistungen von Freizeitparks ist nicht möglich; die einheitlichen Entgelte unterliegen im vollem Umfang dem Regelsteuersatz (OFD Rheinland und Münster, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 12 v. NWB RAAAB-88749).

  • Eine Reiserücktrittskostenversicherung, für die das Versicherungsentgelt neben dem Reisepreis ggf. gesondert berechnet wird, ist eine umsatzsteuerrechtlich gesondert zu beurteilende Leistung, die nicht der Margenbesteuerung des § 25 UStG unterliegt. Es handelt sich nicht um eine einheitliche Leistung (, BStBl 2006 I S. 790; vgl. auch Tz. 10, b).

  • Die Beschaffung der Betreuung auf der Reise durch die Vorlage einer Reisebestätigung (voucher) – sog Visabestätigung (Verpflichtung gegenüber den Touristen zur Erbringung vielfältiger Leistungen, z. B. Beistandsleistungen im Krankheitsfall) – für Reisen in die Länder der GUS, die von Referenzunternehmen (große Reisebüros oder Hotels) der Reiseländer ausgestellt werden, durch einen sog. selbständigen Konsularservice und die bloße Beschaffung des Touristenvisums stellen keine einheitliche Leistung „Beschaffung eines Touristenvisums” dar (, BStBl 2006 II S. 788; vgl. auch Tz. 10, b).

  • Bei den verschiedenen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und anderen Schutzvorschriften erbrachten medizinischen Leistungen handelt es sich – im Falle eines Zusammentreffens – nicht um eine einheitliche Leistung; die Leistungen unterliegen vielmehr einer eigenständigen umsatzsteuerlichen Beurteilung (, BStBl 2007 I S. 481).

  • Eine Leistung, die in der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels besteht, ist als Lieferung eines Gegenstands anzusehen, wenn das Kabel im Anschluss an vom Lieferer durchgeführte Funktionsprüfungen auf den Kunden übertragen wird, der dann als Eigentümer darüber verfügen kann, der Preis des Kabels den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten dieser Leistung ausmacht und die Dienstleistungen des Lieferers sich auf die Verlegung des Kabels beschränken, ohne dieses der Art nach zu verändern oder den besonderen Bedürfnissen des Kunden anzupassen (, Aktiebolaget NN NWB CAAAC-42434).

  • Umsatzsteuerlich liegt eine einheitliche Leistung nicht allein deshalb vor, weil Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden. Die Beförderung eines Fahrgasts von dessen Wohnung zum Krankenhaus und zurück durch denselben Taxiunternehmer ist umsatzsteuerlich keine einheitliche (einzige) Beförderungsleistung mit einer Gesamtbeförderungsstrecke, sondern in zwei getrennte Beförderungsleistungen aufzuteilen, wenn das Taxi nach Durchführung der Hinfahrt zum Bestimmungsort nicht dort auf den Kunden wartet, sondern der Kunde später – sei es aufgrund vorheriger Vereinbarung über den Abholzeitpunkt oder aufgrund erneuter telefonischer Bestellung – erneut mit einem Taxi am Bestimmungsort abgeholt und zum Ausgangsort zurückbefördert wird – „Doppelfahrt” – (, BStBl 2008 II S. 206). Erfolgt hingegen die Beförderung eines Fahrgasts von dessen Wohnung zum Krankenhaus und zurück durch denselben Taxiunternehmer und wartet der Fahrer vereinbarungsgemäß auf den Fahrgast – „Wartefahrt” –, wird die Beförderung „auf einen Zug” geschuldet, so dass eine einheitliche Beförderungsleistung mit einer Gesamtbeförderungsstrecke vorliegt (, UR 1991 S. 169, und Urteil v. - V R 68/05, BStBl 2008 II S. 208).

  • Bei der Lohnverarbeitung von Getreide (Futtermittelherstellung durch „Mahl- und Mischdienste”) kann eine einheitliche Leistung, die aus Liefer- oder Dienstleistungselementen besteht, oder mehrere getrennt zu beurteilende Einzelleistungen vorliegen (, UR 2008 S. 199).

  • Marketing, Werbung und Vermittlung sind nicht aufgrund des bloßen Ziels, den Verkauf von Fondsanteilen zu fördern, Teil einer einheitlichen Vermittlungsleistung, wenn der Marketing- und Werbetätigkeit durch die Gestaltung von Emissionsprospekten und durch Schulungs- und Auskunftstätigkeiten, die der allgemeinen Produktinformation dienen, ein eigenständiger Charakter zukommt ( NWB AAAAC-72111).

  • Nach Auffassung der Verwaltung handelt es sich bei der „bankmäßigen Vermögensverwaltung” (Portfolioverwaltung) um eine einheitliche Leistung, deren Aufspaltung nicht möglich ist. Die Verwaltung wendet insoweit das (BStBl 2008 II S. 993) nicht an (, BStBl 2008 I S. 1086, vgl. Tz. 72, b, (6) und Hahne, DStR 2009 S. 94).

  • Umsätze aus dem Verkauf von Listen mit persönlichen Angaben von kontaktsuchenden Personen (sog. Kontaktlisten), die für eine unbestimmte Anzahl von Interessenten hergestellt werden, enthalten sowohl Lieferungselemente (Verschaffung der Verfügungsmacht an den Kontaktlisten) als auch Elemente einer sonstigen Leistung (Verschaffung von Kontaktmöglichkeiten mit heiratswilligen Personen). Dabei handelt es sich um eine einheitliche Leistung, die in Lieferungen von Druckerzeugnissen besteht (, DB 2009 S. 1968).

b) Haupt- und Nebenleistung

Auch Nebenleistungen können in die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung einer Hauptleistung einbezogen werden, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellen, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, z. B. Versandkosten (EuGH, spUrteil v. - Rs. C-380/99, Bertelsmann AG NWB NAAAB-79434); nicht aber die Verschaffung von Versicherungsschutz als sog. Car-Garantie für Reparaturansprüche des Kfz-Käufers gegen den Händler zur Kraftfahrzeug-Lieferung (, BStBl 2003 II S. 445; vgl. hierzu und zu anderen Garantiemodellen im Kfz-Handel auch Klingler, DStR 2008 S. 1128). Zur Frage der Haupt- und Nebenleistung bei der Lieferung des Kraftstoffs vom Leasinggeber an den Leasingnehmer vgl. Tz. 47. Die Duldung der Verursachung baubedingter Flurschäden ist eine bloße Nebenleistung zu der einheitlichen Leistung „Duldung der Errichtung und des Betriebs einer Überlandleitung”, die ebenso wie diese nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist (, BStBl 2005 II S. 802; vgl. zur Anwendung auch , BStBl 2005 I S. 997; vgl. hierzu auch Schrader, UVR 2006 S. 95, und Sobotta, NWB F. 7 S. 6747 ff. NWB NAAAB-90268). Nach dem gelten die sich aus dem BFH-Urteil ergebenden Grundsätze z. B. auch bei der Überlassung von Grundstücken zum Verlegen von Erdleitungen (z. B. Erdgas- oder Elektrizitätsleitungen) oder bei der Überlassung von Grundstücken für Autobahn- und Eisenbahntrassen oder bei Zahlungen im Rahmen von Unternehmensflurbereinigungen. Die Abgabe von Speisen und Getränken durch ein Theater ist keine Nebenleistung zu den befreiten Theaterumsätzen, wenn diese Leistungen dazu bestimmt sind, dem Theater zusätzliche Einnahmen zu verschaffen und sie in unmittelbarem Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen ausgeführt werden (, BStBl 2005 II S. 899). Auch die Abgabe von Speisen und Getränken in einem Musical-Theater ist keine steuerfreie Nebenleistung zur Theatervorstellung (, BStBl 2005 II S. 910). Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der unentgeltlichen bzw. (teil-)entgeltlichen Abgabe von Hardwarekomponenten (z. B. Modem, Router) im Zusammenhang mit dem Abschluss eines längerfristigen Netzbenutzungsvertrags (z. B. DSL-Abonnement) vgl. NWB VAAAB-73854 (Tz. 10, a). Die Abgabe von Energie im Rahmen des sog. Bilanzkreis- oder Regelzonenausgleichs vollzieht sich nicht als eigenständige Lieferung, sondern ist vielmehr als Nebenleistung zu dem Bilanz- bzw. Regelzonenausgleich anzusehen (NWB OAAAB-92054; vgl. Tz. 88).

Eine Reiserücktrittskostenversicherung, deren Abschluss bei Buchung der Reise in das Belieben des Leistungsempfängers gestellt wird und für die das Versicherungsentgelt neben dem Reisepreis ggf. gesondert berechnet wird, ist eine umsatzsteuerrechtlich gesondert zu beurteilende Leistung, die nicht der Margenbesteuerung des § 25 UStG unterliegt. Es handelt sich nicht um eine Nebenleistung zur Pauschalreise, die deren umsatzsteuerliches Schicksal teilt. Auch der Abschluss einer obligatorisch vom Reiseveranstalter angebotenen Reiserücktrittskostenversicherung kann eine selbständige Leistung darstellen (vgl. , BStBl 2006 II S. 935). Für vor dem ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer den Abschluss einer obligatorischen Reiserücktrittskostenversicherung unter Berufung auf Abschn. 272 Abs. 13 Satz 1 und 2 UStR 2005 als Bestandteil einer einheitlichen Reiseleistung i. S. des § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG behandelt. Auf nach dem ausgeführte Umsätze ist Abschn. 272 Abs. 13 Satz 1 und 2 UStR 2005 nicht mehr anzuwenden (, BStBl 2006 I S. 790).

Die Beschaffung der Betreuung auf der Reise durch die Vorlage einer Reisebestätigung (voucher) – sog. Visabestätigung (Verpflichtung gegenüber den Touristen zur Erbringung vielfältiger Leistungen, z. B. Beistandsleistungen im Krankheitsfall) – für Reisen in die Länder der GUS, die von Referenzunternehmen (große Reisebüros oder Hotels) der Reiseländer ausgestellt werden, durch einen sog. selbständigen Konsularservice stellt eine gegenüber der bloßen Beschaffung des Touristenvisums eigene, selbständige Leistung dar, die deshalb umsatzsteuerlich nicht das Schicksal der Beschaffung des Touristenvisums teilt. Die Besorgung der Betreuungsleistung hat für den Reisenden gegenüber der schlichten Beschaffung der Reisepapiere eine eigenständige Bedeutung, und zwar auch dann, wenn diese Leistungen nicht konkret in Anspruch genommen werden (müssen), weil schon mit der Bereithaltung als Ansprechpartner eine Leistung erbracht wird, die einem „Schutzbrief” vergleichbar ist (, BStBl 2006 II S. 788).

Sowohl die Verpachtung (zeitweilige Übertragung) eines Zahlungsanspruchs für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach der EU-Agrarreform (GAP-Reform), die nur zusammen mit der Verpachtung des dazugehörigen Grund und Bodens erfolgen kann, als auch der Verkauf (endgültige Übertragung) eines Zahlungsanspruchs, der unabhängig vom dazugehörigen Grund und Boden erfolgen kann, sind jeweils eigene Hauptleistungen (, BStBl 2007 I S. 271).

Bei der Lohnverarbeitung von Getreide (Futtermittelherstellung durch „Mahl- und Mischdienste”) kann eine einheitliche Leistung, die aus Liefer- oder Dienstleistungselementen besteht, oder mehrere getrennt zu beurteilende Einzelleistungen vorliegen (, UR 2008 S. 199). Werden im Rahmen einer Besamungsleistung Tiersamen und Arzneimittel abgegeben, die bei der künstlichen Tierbesamung erforderlich sind, liegen Nebenleistungen zur – dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden – Tierbesamung vor, die deren Schicksal teilen. Die Kontrolle des Erfolgs einer künstlichen Besamung (z. B. mittels Ultraschall-Scannertechnik) kann ebenfalls eine Nebenleistung zur Besamungsleistung sein ( NWB XAAAC-64842).

Marketing und Werbung im Zusammenhang mit dem Verkauf von Fondsanteilen sind keine Nebenleistung zur Vermittlung dieser Fondanteile, wenn der Marketing- und Werbetätigkeit durch die Gestaltung von Emissionsprospekten und durch Schulungs- und Auskunftstätigkeiten, die der allgemeinen Produktinformation dienen, ein eigenständiger Charakter zukommt ( NWB AAAAC-72111).

Eine Computeranalyse kann eine Nebenleistung zur Kreditvermittlung sein, wenn sie ähnlich einer Kaufberatung das Mittel darstellt, um die Hauptleistung Kreditvermittlung in Anspruch zu nehmen und sich darauf beschränkt, den Kunden bei der Auswahl des Finanzprodukts zu unterstützen, das seiner Situation und seinen Bedürfnissen am besten entspricht ( NWB JAAAC-70822).

Die Aushändigung von Broschüren im Rahmen eines Seminars kann eine unselbständige Nebenleistung der Seminarleistung sein und damit dem Regelsteuersatz unterliegen, wenn die Broschüren lediglich ergänzende und vertiefende Funktion haben ( NWB OAAAC-87360).

Wird ein verunfalltes Fahrzeug geborgen und abgeschleppt, ist das Bergen grundsätzlich als Hauptleistung und das Abschleppen als unselbständige Nebenleistung hierzu anzusehen, da das Abschleppen von untergeordneter Bedeutung ist und das Bergen lediglich ergänzt. Wird ein Fahrzeug geborgen und abgeschleppt und ist dabei der Bergungsaufwand nahezu gering (z. B. liegen gebliebenes Fahrzeug mit Motorschaden) ist das Bergen als Nebenleistung zur Abschleppleistung anzusehen. Es liegt jeweils eine einheitliche Leistung vor, bei der die untergeordnete Leistung als Nebenleistung anzusehen ist, weil sie im Vergleich zur Hauptleistung nur nebensächlich ist, diese wirtschaftlich ergänzt und abrundet und üblicher Weise mit der Hauptleistung ausgeführt wird. Ist weder das Bergen noch das Abschleppen für die Gesamtleistung prägend, liegt eine Leistung besonderer Art vor. Wird ein liegen gebliebenes Fahrzeug durch den Betreiber einer Kfz-Werkstatt abgeschleppt und anschließend auch durch diesen in Stand gesetzt, ist die Reparaturleistung als Haupt- und das Abschleppen als Nebenleistung anzusehen (LFD Thüringen, Verfügung v. - S 7117 A, UR 2009 S. 174). Zur Bestimmung des Leistungsorts vgl. Tz. 68, 70, b und 75.

Die Überlassung von Strom ist – entgegen Abschn. 78 Abs. 3 Satz 7 i. V. mit Abschn. 76 Abs. 6 Satz 1 UStR – eine unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien langfristigen Vermietung von Stellflächen an Dauercamper, während die Überlassung von Telefoneinrichtungen eine selbständige Leistung und keine (steuerfreie) Nebenleistung zur Grundstücksvermietung ist (; BStBl 2009 II S. 615). Abschn. 76 Abs. 6 Satz 1 UStR ist insoweit nicht mehr anwendbar, als dort die Lieferung von elektrischem Strom als selbständige Hauptleistung angesehen wird. Für bis zum ausgeführte Umsätze wird es jedoch nicht beanstandet, wenn die Stromlieferung im Zusammenhang mit einer steuerfreien Grundstücksvermietung als selbständige, steuerpflichtige Leistung betrachtet wird (, BStBl 2009 I S. 821).

Bei der Verpflegung von Hotelgästen (auch Halb- oder Vollpension) handelt es sich um eine Nebenleistung zur Übernachtungsleistung ( NWB TAAAD-17979). Zum Leistungsort vgl. Tz. 68 und 69.

Tz. 11 Leistungen gegen Entgelt (Leistungsaustausch)

Ob eine Leistung gegen Entgelt bzw. Gegenleistung (Leistungsaustausch) ausgeführt wird, ist im Allgemeinen aufgrund der Vereinbarung zwischen Leistendem und Leistungsempfänger klar. Fragen ergeben sich regelmäßig bei Zuwendungen im Arbeitsverhältnis, im Vereins- oder Gesellschaftsbereich, bei Vertragsstörungen oder bei subventionierten Tätigkeiten. Unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung der letzten Jahre gilt folgende Abgrenzung: „Gegen Entgelt” – also steuerbar – wird eine Leistung ausgeführt, wenn zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Das ist der Fall, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (, Tolsma, UR 1994 S. 399).

a) Vereinbarung

Das „Rechtsverhältnis” zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ist regelmäßig die zivilrechtliche Vereinbarung über den Leistungsaustausch (Auftragsverhältnis). Es kann ausdrücklich oder schlüssig, schriftlich oder mündlich vereinbart sein und bildet die wesentliche Grundlage über die Abrechnungsgrundlagen gem. § 14 UStG für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers (, BStBl 2008 II S. 495; der im [BStBl 2008 I S. 675] ausgesprochene partielle Nichtanwendungserlass richtet sich nicht gegen diese allgemeinen Ausführungen im BFH-Urteil). Leistender und Leistungsempfänger sind die Personen, in deren Namen (vereinbarungsgemäß) gehandelt wird (z. B. , BStBl 2004 II S. 627) – unabhängig davon, für wessen Rechnung. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor (, BStBl 2009 II S. 483 und NWB SAAAC-78278).

Schließt ein Unternehmer mit einem anderen Unternehmer einen Kaufvertrag über den Bezug von Werbegeschenken, ist der Unternehmer auch dann Abnehmer (Leistungsempfänger), wenn der andere die Werbegeschenke vereinbarungsgemäß nicht unmittelbar an den Unternehmer, sondern an den Inhaber eines „Warenzertifikats” (Warengutscheins) als Beauftragten des Unternehmers übergibt und hierauf auf dem Gutschein ausdrücklich hingewiesen wurde. Eine derartige Gestaltung ist nicht rechtsmissbräuchlich (, BStBl 2007 II S. 340).

Der Diebstahl von Waren (aus einem Steuerlager) stellt keine „Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt” i. S. des Art. 2 der 6. EG-RL (= Art. 2 MwStSystRL) dar und kann als solcher – auch nicht auf der Grundlage einer Ermächtigung nach Art. 27 der 6. EG-RL (= Art. 395 MwStSystRL) zur Erleichterung der Kontrolle – daher nicht der Umsatzsteuer unterliegen (, British American Tobacco International Ltd. und Newman Shipping & Agency Company NV NWB OAAAB-72815). Eine eventuelle spätere Lieferung des Diebs an einen (jedenfalls gutgläubigen) Erwerber unterliegt aber der Umsatzsteuer, da der Grundsatz der steuerlichen Wertneutralität eine Unterscheidung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften verbietet. Es handelt sich aber um eine Lieferung des Diebs an den Erwerber. Dem Bestohlenen darf das Geschäft nicht zugerechnet werden (vgl. Wagner, UVR 2005 S. 390).

Eine steuerbare Leistung liegt nur vor, soweit die ausgeführte Leistung dem Willen des Unternehmers entspricht. Das ernsthaft gegenüber einem Arbeitnehmer ausgesprochene Verbot, ein zur Verfügung gestelltes betriebliches Fahrzeug privat zu nutzen, kann eine sonstige Leistung in Form einer Nutzungsüberlassung für private Zwecke ausschließen. Die Ernsthaftigkeit eines solchen Verbots ist aufgrund einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände des Eizelfalls zu beantworten (, HFR 2009 S. 509).

b) Freiwillige Zahlungen

Bei „freiwilligen Zahlungen” ohne solche Vereinbarung – z. B. durch Passanten an einen Straßenmusikanten – fehlt der unmittelbare Zusammenhang (, Tolsma, UR 1994 S. 399). Die Musikantenleistung ist nicht steuerbar (insoweit ist die gemeinschaftsrechtliche Definition etwas enger als die zuvor vom BFH entwickelte Definition, die ein „zweckgerichtetes Handeln des Leistenden” verlangte, „das sich auf eine gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung richtet”, , BStBl 1981 II S. 495: auch der Straßenmusikant „erwartet” Geld für sein Spiel). Der BFH hat inzwischen die richtlinienkonforme Definition übernommen. Eine vom Leistenden als Schenkung bezweckte Leistung bleibt auch dann nicht steuerbar, wenn der Empfänger sich mit einer „freiwilligen” Gegenleistung erkenntlich zeigen will (, BStBl 1987 II S. 688).

c) Sponsoring

Sog. „Sponsoring” kann entweder (bei Geldzahlung) Entgelt für eine vom Empfänger ausgeführte Leistung (Werbung für den Sponsor) oder eine tauschähnliche Leistung gegen Gegenleistung des Empfängers sein (z. B. bei Lieferung eines Fahrzeugs mit Werbeaufdruck durch den Sponsor gegen vereinbarten „aktiven” Werbeeinsatz) vgl. u. a. , BStBl 2008 II S. 909; Tz. 48; NWB PAAAA-82101; NWB QAAAA-82131; NWB HAAAC-74404; sowie NWB SAAAC-91445 und v. - S 7100 A, UR 2009 S. 464. Vgl. zur umsatzsteuerlichen Behandlung von anderen Geld- oder Sachleistungen eines Sponsors an steuerbegünstigte Einrichtungen NWB HAAAC-74404 und v. - S 7100 A NWB OAAAD-18970.Vgl. zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Überlassung von sog. VIP-Logen und des Bezugs von Hospitality-Leistungen , BStBl 2006 I S. 791 Zur Umsatzsteuer im Sponsoring unter Berücksichtigung der aktuellen BFH- und EuGH-Rechtsprechung vgl. Röthel/Konold, DStR 2009 S. 15.

Tz. 12 Entgelt

Entgelt ist eine Gegenleistung, die „in Geld ausgedrückt werden kann” (, Fillibeck KG NWB QAAAA-96955). Das ist bei Geld als Gegenleistung unproblematisch. Sach- oder sonstige Leistungen als Gegenleistung sind nach ihrem subjektiven Wert zu erfassen (den der Empfänger im konkreten Einzelfall erhalten hat) und nicht nach einem nach objektiven Maßstäben geschätzten Wert (, Bertelsmann AG NWB VAAAA-96803 – Einkaufspreis zzgl. Versandkosten für eine Sachprämie als Gegenleistung für Kundenvermittlung).

Die Geldzahlung (gesetzliches Zahlungsmittel) wird vom UStG (nur) als Gegenleistung i. S. der Bemessungsgrundlage für die Leistung behandelt. Sie ist ihrerseits keine eigenständige steuerbare Leistung i. S. eines Tauschumsatzes.

Bei Tausch und tauschähnlichem Umsatz (§ 3 Abs. 12 und § 10 Abs. 2 UStG) sind die jeweiligen Leistungen Entgelt für die andere Leistung und zugleich steuerbarer Umsatz. Kauft ein Unternehmer von einem Waldbesitzer Holz und beauftragt dieser den Holzkäufer mit der Fällung, Aufarbeitung und Rückung des Holzes (sog. Selbstwerbung), kommt sowohl ein tauschähnlicher Umsatz (Waldarbeiten gegen Lieferung des Holzes mit Baraufgabe) als auch eine bloße Holzlieferung in Betracht. Entscheidend ist, ob nach dem Inhalt der zugrunde liegenden Vereinbarung der Unternehmer (Holzkäufer) dem Waldbesitzer mit den vereinbarten Arbeiten einen in Geld ausdrückbaren Vorteil zuwendet und das Entgelt des Waldbesitzers in der Holzlieferung (mit Baraufgabe) bestehen soll oder ob die dem Holzkäufer durch die Waldarbeiten entstehenden Kosten lediglich bei ihm Gestehungskosten für den Erwerb des Holzes sein sollen (, BStBl 2004 II S. 675; s. auch Tz. 66).

Wie die Gegenleistung von den Parteien bezeichnet wird, ist unerheblich. Zum Beispiel ist sog. Aufwendungsersatz, den ein Geschäftsbesorger gem. §§ 669, 670 BGB erhält, ebenso Entgelt i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG wie Verlustausgleich (, BStBl 2002 II S. 782), Überlassung von Firmen-Pkw an Gesellschafter zur Privatnutzung ohne vertragliche Erwähnung (, BStBl 1999 II S. 580) oder Straßenmaut (, Kommission/Großbritannien und Nordirland NWB LAAAB-72748). Der Verzicht auf die Ausübung des Amts als Testamentsvollstrecker gegen „Entschädigung bzw. Schadensersatz” kann eine sonstige Leistung sein (, BStBl 2004 II S. 854; die gegen das BFH-Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, , StEd 2005 S. 322). Die Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung eines Beratervertrags gegen „Schadensersatz” kann eine sonstige Leistung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sein (, BStBl 2007 II S. 66). Die Übernahme der Betriebsführung des Eisenbahnverkehrs auf zwei defizitären Teilstrecken als nicht bundeseigene Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs von der Deutschen Bundesbahn, verbunden mit einer sog. „Starthilfe” der Deutschen Bundesbahn, kann eine steuerbare Leistung des Übernehmers sein (, BStBl 2007 II S. 63). Schuldübernahme ist wie Geldzahlung als Entgelt und nicht als steuerbare (tauschähnliche) Leistung zu behandeln, soweit sie nicht Gegenstand einer Leistungsvereinbarung ist (, BStBl 1962 III S. 292) – so z. B. bei Übernahme von Schulden des einbringenden Gesellschafters durch die Gesellschaft (, BStBl 1997 II S. 705). Die Umwandlung einer Lieferantenforderung (oder einer sonstigen Forderung auf Zahlung eines Entgelts) in eine Darlehensforderung kann allerdings nicht der Bezahlung der Lieferantenforderung (oder einer vergleichbaren Forderung) mit anschließender Darlehensgewährung an den Schuldner gleichgesetzt werden, wenn der Schuldner (Leistungsempfänger) gar nicht in der Lage ist, das von ihm geschuldete Entgelt zu zahlen ( NWB ZAAAB-51711). Übernehmen kommunale Gebietskörperschaften die den Trägern von Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen entstehenden Kostenanteile, die von der Förderung durch die Arbeitsverwaltung ausgenommen sind, handelt es sich um eine steuerbare Leistung (und nicht um echte, nicht der Umsatzsteuer unterliegende Zuschüsse), wenn die Gebietskörperschaften als Gegenwert einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt ( NWB YAAAC-54134).

Personalgestellungen und -überlassungen gegen Entgelt (auch gegen Aufwendungsersatz) erfolgen grds. im Rahmen eines Leistungsaustauschs. In bestimmten Fällen liegt allerdings bei der Freistellung von Arbeitnehmern durch den Unternehmer gegen Erstattung der Aufwendungen wie Lohnkosten, Sozialversicherungsbeiträge und dergleichen kein Leistungsaustausch vor (vgl. Abschn. 1 Abs. 6 UStR: u .a. Freistellung zur Teilnahme an der Vollversammlung einer Handwerkskammer, an Konferenzen, Lehrgängen und dergleichen einer Gewerkschaft oder für die Durchführung der Gesellenprüfung). Die Freistellung von Gesellen zur Mitwirkung im Gesellenausschuss (§ 69 Abs. 4 HwO) gegen Erstattung der Lohnkosten (§ 73 HwO) ist den in Abschn. 1 Abs. 6 UStR aufgezählten Fällen vergleichbar und vollzieht sich deshalb nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses (OFD Münster, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 9 v. - S 7100, UR 2008 S. 709). Auch in den folgenden Fällen liegt – über die in Abschn. 1 Abs. 6 UStR genannten Fälle hinausgehend – kein Leistungsaustausch vor ( NWB XAAAC-85293):

  • Freistellung von Arbeitnehmern für die Wahrnehmung eines Mandats als Kreistagsabgeordneter;

  • Freistellung von Waldarbeitern des Landes für Tätigkeiten in Organen der niedersächsischen Landwirtschaftskammern;

  • Freistellung von Arbeitnehmern für eine ehrenamtliche Tätigkeit im Vorstand des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger e. V.;

  • Freistellung von Arbeitnehmern für die Durchführung der Gesellenprüfung im Schornsteinfegerhandwerk und

  • Freistellung von Chefärzten für die Vorstandstätigkeit in der Ärztekammer Niedersachsen und für die Teilnahme an deren Versammlungen.

Schließen der ein Unternehmen betreibende Mieter und der Vermieter einen Anwaltsvergleich, in welchem sie Zahlungen wegen der vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses und Rückgabe der gewerblich genutzten Mieträume vereinbaren, kann eine der Umsatzsteuer unterliegende Vereinbarung eines Leistungsaustauschverhältnisses vorliegen ( NWB DAAAC-57777).

Gibt der Inhaber einer Genehmigung zum Betrieb einer Sonderabfalldeponie aufgrund eines Vertrags mit einem Bundesland das Vorhaben auf und erhält er dafür vom Land einen Geldbetrag, liegt ein steuerbarer Umsatz gegen Entgelt vor (, BStBl 2007 II S. 187). Verzichtet ein Grundstückseigentümer aufgrund eines entgeltlichen Vertrags mit einer Gemeinde darauf, ein abgebranntes Gebäude wieder aufzubauen, liegt ein steuerbarer Umsatz gegen Entgelt vor ( NWB DAAAD-19253).

Die Ausgleichszahlung für beim Bau einer Überlandleitung entstehende Flurschäden durch deren Betreiber an den Grundstückseigentümer ist kein Schadensersatz, sondern Entgelt für die Duldung der Flurschäden durch den Eigentümer (vgl. Tz. 10, a).

Hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des von Ausgleichsansprüchen nach Beendigung eines Leasingvertrags s. , BStBl 2006 I S. 241, ersetzt durch , BStBl 2008 I S. 632 und , StEd 2009 S. 479. Vgl. zum auch Jaster/von Loeffelholz, UStB 2006 S. 135; Hummel, UR 2006 S. 614, Klenk, DB 2006 S. 1180, und Slotty-Harms, UVR 2007 S. 351.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Public-Private-Partnerships (PPP) im Bundesfernstraßenbau vgl. , BStBl 2005 I S. 414, v. - S 7100 (DB 2005 S. 2326) und Dettmeier/Keese, BB 2005 S. 805; Schenke/Gebhardt, UR 2007 S. 4, sowie von Wallis, UStB 2006 S. 200 und S. 229. Zu umsatzsteuerlichen Fragen im Zusammenhang mit dem „Hartz-IV-Gesetz” vgl. NWB PAAAB-42168, NWB QAAAB-53386, und NWB IAAAB-87903. Zur Abgrenzung zwischen nicht steuerbarem Zuschuss und Entgelt bei Zuwendungen aus öffentlichen Kassen zur Projektförderung sowie zur institutionellen Förderung vgl. , BStBl 2006 I S. 502. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Feststellungs- und Verwertungspauschalen im Insolvenzverfahren vgl. NWB AAAAC-19500. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Zuwendungen aus öffentlichen Kassen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft – Stand: – vgl. , UR 2008 S. 939.

Tz. 13 Zuschuss

Insbesondere bei Zahlungen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit einer Tätigkeit des Zahlungsempfängers stellt sich regelmäßig die Frage, ob Entgelt für eine Leistung oder sog. echter (leistungsunabhängiger) Zuschuss anzunehmen ist. – Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob solche Zahlungen als betriebliche Zuschüsse zusätzliches Entgelt (eines Dritten) für die Leistungen des Zahlungsempfängers an seine Abnehmer sind (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG; dazu , Office des produits wallons, EuGHE 2001, I - 09115 NWB CAAAB-79403, und , BStBl 2004 II S. 322).

Trotz grundsätzlicher gemeinschaftsrechtlicher Klärung durch den EuGH bleibt die Anwendung der Grundsätze im Einzelfall regelmäßig umstritten. Für die Feststellung des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Zahlung gilt insoweit:

Wer aufgrund (z. B.) öffentlich-rechtlicher Regelungen EG-Verordnungen (EG-VO, Gesetz usw.) eine Verpflichtung zu bestimmten Leistungen eingeht, um dafür vorgesehene Zahlungen zu erhalten, leistet nur dann steuerbar gegen Entgelt, wenn die Verpflichtung „einen Verbrauch impliziert”, d. h. wenn einem identifizierbaren Verbraucher Dienstleistungen erbracht werden und ein Vorteil verschafft wird, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden kann. Dies verneinte der EuGH

  • bei Verpflichtung eines Landwirts zur Aufgabe der Milcherzeugung gegen Zahlung aufgrund einer EG-VO (, Mohr, UVR 1996 S. 109) und

  • bei Kartoffelerntebeschränkung gegen Entschädigung (, Landboden-Agrardienste NWB SAAAB-72776).

Der BFH grenzt danach wie folgt ab:

Kein Entgelt ist die Zahlung, die als Zuschuss lediglich der Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse dient und nicht der Gegenwert für eine (steuerbare) Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sein soll. Das gilt auch, wenn ein Gesellschafter aus gesellschaftsrechtlichen Gründen Verluste der Gesellschaft ausgleicht, um deren weitere Tätigkeit abzusichern. Forschungszuschüsse z. B. sind kein Entgelt, wenn der Zahlungsempfänger seine Forschungsarbeit aufgrund der Bewilligungsbedingungen nicht „an den Zahlenden” ausführt, sondern selbst verwerten darf (, BStBl 1995 II S. 86). Bei Leistungen, zu denen sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor. Für die Steuerbarkeit der Leistung ist in diesem Fall nicht entscheidend, ob sie letztlich im öffentlichen Interesse liegt. Ein Interesse der Allgemeinheit, das dem Handeln jeder öffentlich-rechtlichen Körperschaft innewohnt, schließt die Identifizierbarkeit des Leistungsempfängers nicht aus. Entscheidend ist nur, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen konkreten Vorteil zieht. Dass die Zahlung auf einem Haushaltsbeschluss der öffentlich-rechtlichen Körperschaft beruht, ist – entgegen Abschn. 150 Abs. 8 UStR – unerheblich (, DStRE 2009 S. 866).

Entgelt für eine steuerbare Leistung können Zahlungen der öffentlichen Hand dann sein, wenn der Zahlungsempfänger im Auftrag des Geldgebers eine Aufgabe aus dessen Kompetenzbereich um der versprochenen Zahlung willen übernimmt, z. B.

  • wenn sich eine Stadt zur Erfüllung ihrer Sanierungsaufgaben als Sanierungsträger i. S. von § 157 BauGB eines Bauunternehmers als Erfüllungsgehilfen bedient (, BStBl 2002 II S. 782; vgl. dazu auch , BStBl 2005 I S. 938, und Schrader UVR 2006 S. 29),

  • bei Zahlungen einer Gemeinde an den Bauherrn einer Tiefgarage für die Überlassung eines Teils der Stellplätze an die Allgemeinheit (, BStBl 1998 II S. 169),

  • bei Übernahme von Aufgaben der Luftaufsicht (, BFH/NV 1994 S. 59),

  • bei Übernahme der Tierkörperbeseitigung (, BFH/NV 1993 S. 200),

  • bei Übernahme des Betriebs einer sog. Rettungswache (, BStBl 1995 II S. 559),

  • zu Forschungszuschüssen als Entgelt (, BFH/NV 1987 S. 199).

  • bei Übernahme einer gemeindlichen Ordnungsmaßnahme (z. B. „Freilegungsverpflichtung”) durch einen Unternehmer gegen Zahlung von Fördermitteln aus einem städtebaulichen Förderprogramm ( NWB KAAAD-18471).

Ein steuerbarer Leistungsaustausch und kein Zuschuss liegt vor, wenn ein Verein gegenüber einem Mitglied (Körperschaft des öffentlichen Rechts) journalistische Medienarbeit (insbesondere Herstellung, Erwerb, Verbreitung und Vertrieb von Rundfunkprogrammen) erbringt und hierfür einen als "Finanzzuweisung" bezeichneten Jahresbetrag erhält. Auch eine durch einen Haushaltsbeschluss gedeckte Ausgabe der öffentlichen Hand oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts kann mit einer Gegenleistung des Empfängers in unmittelbarem Zusammenhang stehen (Abgrenzung zu Abschn. 150 Abs. 8 UStR). Maßgebend ist nicht die haushaltsrechtliche Befugnis zur Ausgabe, sondern der Grund der Zahlung (, BStBl 2009 II S. 397; vgl. kritisch hierzu Lippross, DStR 2009 S. 781).

Zur Abgrenzung zwischen nicht steuerbarem Zuschuss und Entgelt bei Zuwendungen aus öffentlichen Kassen zur Projektförderung sowie zur institutionellen Förderung vgl. , BStBl 2006 I S. 502. Zur Abgrenzung zwischen nicht steuerbarem Zuschuss und Entgelt bei Zahlungen einer Gemeinde im Rahmen städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen vgl. , UR 2007 S. 391. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Zahlungsansprüche für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach der EU-Agrarreform(GAP-Reform) vgl. , BStBl 2007 I S. 271. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Zuwendungen aus öffentlichen Kassen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft – Stand: – vgl. , UR 2008 S. 939. Zur Beurteilung der im Rahmen von Ganztagsschulangeboten vergüteten Tätigkeiten freier Träger (z. B. Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, des Sports und der Kultur sowie der Kirchen) an die Schulen vgl. NWB KAAAC-47443.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Public-Private-Partnerships (PPP) im Bundesfernstraßenbau vgl. , BStBl 2005 I S. 414, v. - S 7100 (DB 2005 S. 2326); Dettmeier/Keese, BB 2005 S. 805; Schenke/Gebhardt, UR 2007 S. 4, sowie von Wallis, UStB 2006 S. 200 und 229. Zur Umsatzsteuer bei „Leistungsstörungen” vgl. Martin, UR 2006 S. 56, und Ahlt, UR 2006 S. 63. Zu umsatzsteuerlichen Fragen im Zusammenhang mit dem „Hartz-IV-Gesetz” (Schaffung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung) vgl. NWB IAAAB-87903.

Tz. 14 Schadensersatz

a) Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung

Schadensersatz ist weder nach der 6. EG-RL/MwStSystRL noch nach dem UStG ein umsatzsteuerrechtliches Kriterium. Maßgebend ist auch hier die Prüfung, ob der Zahlung eine Leistung in unmittelbarem Zusammenhang gegenübersteht. Gleichwohl wird in der Praxis auf die zivilrechtlichen Schadensersatzformen abgestellt.

Schadensersatz bei unerlaubter Handlung (§ 823 ff. BGB) ist grds. kein Entgelt für eine Leistung. Der Ersatz des Schadens kann (allgemein gem. § 249 BGB) in zwei Formen geleistet werden, nämlich durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands oder durch Zahlung eines Geldbetrags. Beide Varianten bewirken im Verhältnis Schädiger zum Geschädigten kein Leistungsentgelt.

Beauftragt der Schädiger einen fremden Unternehmer mit der Wiederherstellung des beschädigten Gegenstands (Schadensbeseitigung), leistet der Unternehmer steuerbar die Reparatur an den Schädiger. Dieser leistet damit nicht steuerbar gegenüber dem Geschädigten auf seine Schadensersatzpflicht. Führt der Geschädigte für den Schädiger (in dessen Auftrag) die Schadensbeseitigung selbst durch (vergleichbar einem dritten Unternehmer) und erhält er vom Schädiger den vereinbarten Vergütungsbetrag, haben die Beteiligten das Ersatzverhältnis in einen Leistungsaustausch (Auftragsverhältnis) umgewandelt. Die Zahlung ist Entgelt für die Reparaturleistung, auch wenn die Schädigung auslösend war (, BStBl 1965 III S. 303).

Beauftragt der Geschädigte selbst (im eigenen Namen) einen fremden Reparaturunternehmer, leistet dieser steuerbar an den Geschädigten. Die Geldzahlungspflicht des Schädigers an den Geschädigten zum Ausgleich der Reparaturkosten (oder im verkürzten Zahlungsweg an den fremden Unternehmer) ist Schadensersatz. Der Ersatzbetrag umfasst den Rechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer, soweit der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist, sonst einschließlich berechneter Umsatzsteuer.

Hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Ausgleichsansprüchen nach Beendigung eines Leasingvertrags s. , BStBl 2006 I S. 241, ersetzt durch , BStBl 2008 I S. 632 und , StEd 2009 S. 479. Vgl. zu dem auch Jaster/von Loeffelholz, UStB 2006 S. 135; Hummel, UR 2006 S. 614; Klenk, DB 2006 S. 1180; und Slotty-Harms, UVR 2007 S. 351.

Für Schadensreparaturen aufgrund von Garantieleistungen in der Kraftfahrzeugwirtschaft gelten grds. die vorstehenden Abgrenzungen (Abschn. 3 Abs. 7 UStR): Ist der Hersteller dem Kraftfahrzeug-Händler zur Gewährleistung verpflichtet und übernimmt der Händler die Reparatur (für den Käufer unentgeltlich) als Erfüllungsgehilfe, führt dieser an den Hersteller steuerbare Leistungen aus, sofern er von diesem Lohn- und Materialaufwand erstattet bekommt. Ist der Händler selbst dem Käufer zur Gewährleistung verpflichtet, ist die unentgeltliche Schadensreparatur keine steuerbare Leistung an diesen. Hat der Händler selbst vertragliche Gewährleistungsansprüche gegen den Hersteller, aufgrund der er von diesem seine Aufwendungen zugunsten des Käufers ersetzt erhält, soll darin kein Leistungsentgelt (für die Befreiung des Herstellers von der Garantieleistung), sondern Schadensersatz zu sehen sein (, BStBl 1975 I S. 1132). Zur Umsatzsteuer bei „Leistungsstörungen” vgl. Martin, UR 2006 S. 56, und Ahlt, UR 2006 S. 63.

b) Schadensersatz bei Vertragsverletzung

Bei Schadensersatz aus Vertragsverletzungen ist zu prüfen, ob er an die Stelle der Vergütungspflicht tritt und umsatzsteuerrechtlich Entgelt für die Leistung ist. Die bloße (zivil-)rechtliche Einordnung einer Zahlung als Schadensersatz ist für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung nicht entscheidend. Maßgebend ist vielmehr, ob die „Ersatzleistung” ersichtlich Gegenleistung für eine Leistung ist (unmittelbarer Zusammenhang). So ist eine auf Nichterfüllung gestützte Schadensersatzforderung nach § 281 BGB, soweit mit ihr als Schaden die infolge des Schadensersatzverlangens untergegangene Vergütungsforderung für tatsächlich erbrachte Leistungen verfolgt wird, umsatzsteuerrechtlich der auf die steuerbare Leistung zu stützenden Vergütungsforderung gleich zu achten und damit Gegenleistung (Entgelt; vgl. zuletzt NWB QAAAC-05262; so auch , BStBl 2003 II S. 210, zu Zahlungen einer Bank auf [angekaufte] vom Leistungsempfänger wegen Konkurses nichterfüllte Handwerkerforderungen zugunsten der Leistenden). Wenn der Besteller ein mangelhaftes Werk behält und die Gegenleistung mindert ohne mit Ersatzforderungen zu verrechnen, ist nur der letztendlich gezahlte Betrag Entgelt (, BStBl 2003 II S. 620). Sog. Nutzungsentschädigungen des Mieters an den Vermieter wegen Vorenthaltung der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses (§ 571 Abs. 1 BGB) sind Leistungsentgelt, ebenso sog. Abstandszahlungen des Vermieters an den Mieter für Mietverzicht und Grundstücksrückgabe (, Lubbock Fine, BStBl 1995 II S. 480). Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB sind nach BFH kein Schadensersatz, sondern Gegenleistung des sog. Geschäftsherrn für Vorteile aus der Vertretertätigkeit (, BStBl 1999 II S. 102; Abschn. 3 Abs. 4 UStR). Die Entschädigung nach § 642 BGB (bauvertragliche Entschädigungs- und geänderte Vegütungszahlungen infolge einer Bauzeitverlängerung) ist kein Schadensersatz, sondern Entgelt für eine steuerbare Leistung des Unternehmers ( NWB QAAAC-73361.

Geleistete Anzahlungen für Beherbergungsleistungen sind in den Fällen, in denen der Gast von der ihm eröffneten Möglichkeit des Rücktritts Gebrauch macht und der Hotelbetreiber diese Beträge einbehält, als pauschalierte Entschädigung zum Ausgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gasts entstandenen Schadens - ohne direkten Bezug zu einer entgeltlichen Dienstleistung - und damit als nicht steuerbarer Schadensersatz anzusehen (, Société thermale d'Eugénie-les-Bains NWB HAAAC-53775). Vgl. zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von „Stornokosten” im Beherbergungsgewerbe NWB ZAAAC-90167.

Vertragsstrafen wegen Nichterfüllung oder unzureichender Erfüllung eines Vertrags (§§ 340, 341 BGB) sind kein Entgelt, sondern Schadensersatz (, BStBl 1987 II S. 228, zum erhöhten Beförderungsentgelt für Schwarzfahrer). Verzugszinsen – wie auch Fälligkeits- und Prozesszinsen – und Mahngebühren sind Schadensersatz (vgl. 222/81, Bausystem, UR 1982 S. 159; Abschn. 3 UStR), nicht aber sog. Abmahngebühren an Abmahnvereine (, BStBl 2002 II S. 732).

c) „Entschädigung” kraft gesetzlicher Anordnung

Die Entschädigung der Zeugen (§§ 19–23 JVEG) und der ehrenamtlichen Richter (§§ 15–18 JVEG) nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) ist echter Schadensersatz und damit nicht steuerbar, hingegen sind Zahlungen an Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer (§§ 8–14 JVEG) nach dem JVEG Entgelt für deren steuerbare Leistung (Abschn. 3 Abs. 8 UStR). Nach der OFD Münster (OFD Münster, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 2 v. 8. 1. 2008 NWB WAAAC-68159), der OFD Frankfurt (, UR 2009 S. 141) und dem FinMin Brandenburg (, UR 2008 S. 670) ist bei der Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen umsatzsteuerlich danach zu differenzieren, ob dieser bei der Ausstellung eines Befundscheins oder der Erteilung einer Auskunft oder eines Zeugnisses über einen ärztlichen Befund eine zusätzliche gutachterliche Äußerung abgibt. Soweit die Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. mit Anlage 2 Nr. 200 und 201 JVEG (ohne gutachterliche Äußerung) vergütet wird, liegt nicht steuerbarer Schadensersatz vor (in diesem Sinne auch , UR 2009 S. 130 mit kritischer Anm. Hummel). Erfolgt dagegen die Vergütung nach § 10 Abs. 1 JVEG i. V. mit Anlage 2 Nr. 202 und 203 JVEG (mit gutachterlicher Äußerung), liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch vor. Ob jemand als Zeuge, sachverständiger Zeuge oder Sachverständiger anzusehen ist, richtet sich nach der tatsächlich erbrachten Tätigkeit, nicht nach einer ggf. abweichenden Abrechnung. Ausschlaggebend sei dabei, ob er als Zeuge "unersetzlich" oder "auswechselbar" ist. Erteilt z. B. ein Arzt einem Gericht einen schriftlichen Bericht über den bei einem von ihm behandelten Patienten festgestellten Befund, ist er "unersetzlicher" sachverständiger Zeuge, so dass nicht steuerbarer Schadensersatz vorliegt. Ein "auswechselbarer" Sachverständiger hingegen übermittelt die Kenntnis von Erfahrungssätzen oder beurteilt bestimmte Tatsachen aufgrund derartiger Erfahrungssätze. In diesem Fall ist die Steuerbarkeit gegeben. Ärzte, die für Sozialbehörden gutachterlich tätig werden, erhalten nach dem SGB X Entschädigungen oder Vergütungen entsprechend den Vorschriften des JVEG. Die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Zahlungen hängt davon ab, auf welcher Rechtsgrundlage des JVEG sie gewährt werden. Eine Zahlung aufgrund der §§ 15–23 JVEG ist echter Schadensersatz, während eine Zahlung aufgrund der §§ 8–14 JVEG Entgelt für eine steuerbare Leistung ist ( NWB UAAAC-85281).

Zur Erstellung von Befundberichten durch Ärzte als sachverständige Zeugen vgl. auch Hummel, UR 2008 S. 569.

Tz. 15 Steuerbare Leistungen zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft

Abgrenzungsfragen unterschiedlicher Art zum Vorliegen von Leistungsaustausch oder nicht steuerbaren Leistungen stellen sich im Gesellschaftsbereich. Sowohl Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter als auch solche der Gesellschafter an die Gesellschaft können – unabhängig von der Bezeichnung – entgeltlich sein. Personenvereinigungen können auch an ihre Mitglieder steuerbare Leistungen ausführen. Das zeigt § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG, wonach unternehmerische Tätigkeit auch vorliegt, wenn „eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird” (z. B. NWB DAAAA-68504). Vgl. zu den steuerbaren Leistungen im Rahmen von Gesellschaftsverhältnissen Wäger, UR 2008 S. 69. Für die Frage, ob im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter entgeltliche Leistungen vorliegen, gelten keine Besonderheiten, so dass es nur darauf ankommt, ob zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert begründet; das der Leistung zugrunde liegende Rechtsverhältnis kann sich auch aus gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen ergeben (, BStBl 2009 II S. 486).

a) Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter
aa) Ausgabe von Gesellschaftsanteilen/Beteiligungen

Die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen/Gesellschaftsrechten (wie Aktien, GmbH-Anteile, Anteile an Personengesellschaften, Aufnahme eines atypisch stillen Gesellschafters in eine AG) – gegen Zahlung – ist nach , KapHaG Renditefonds, EuGHE 2003, I - 06851 NWB TAAAB-72822, und v. 26. 5. 2005 - Rs. C-465/03, Kretztechnik AG NWB MAAAB-72833; , BStBl 2004 II S. 1022, und , BStBl 2005 II S. 503) keine steuerbare Leistung. Weder der Erwerb noch die Veräußerung von Beteiligungen gelten gemeinschaftsrechtlich als „wirtschaftliche Tätigkeit” (sondern als nicht steuerbare Vermögensverwaltung). Damit kann die bisherige gegenteilige BFH-Rechtsprechung nicht aufrechterhalten werden (, BStBl 1976 II S. 265, Ausgabe von Anteilen an Publikums-KG; sowie die Nachweise in NWB SAAAA-97105). Vgl. zum , Kretztechnik AG NWB MAAAB-72833, die Anmerkungen von Buttenhauser/Steinhauser, UR 2005 S. 415, und Korf, DB 2005 S. 1357, sowie die Ausführungen im , BStBl 2006 I S. 793. Zur Frage des Vorsteuerabzugs aus Aufwendungen, die mit der Ausgabe von gesellschaftsrechtlichen Anteilen gegen Bar- oder Sacheinlage zusammenhängen vgl. BStBl 2006 II S. 614; vgl. hierzu auch Schmidt, NWB F. 7 S. 6785, und Heinrichshofen, EU-UStB 2007 S. 23. Vgl. ergänzend zu der Frage des Vorsteuerabzugs auch , Securenta Göttinger Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG, BStBl 2008 II S. 727, m. Anm. Birkenfeld, NWB F. 7 S. 7041 ff. NWB PAAAC-77777; vgl. hierzu auch Robisch UR 2008 S. 881. Zu umsatzsteuerlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Halten von Beteiligungen vgl. , BStBl 2007 I S. 211; vgl. hierzu auch Eggers/Korf, DB 2007 S. 361; Rüth, UStB 2007 S. 77; Feil/Roscher, BB 2007 S. 1079; Heinrichshofen, EU-UStB 2007 S. 23; Mühleisen/Trapp, UR 2007 S. 633 und Englisch, UR 2007 S. 290. Zu allen drei genannten BMF-Schreiben vgl. Küffner/Zugmaier, DStR 2007 S. 472. Zu Gestaltungsüberlegungen beim unternehmerischen Anteilskauf vgl. Korf, UVR 2008 S. 26.

bb) Vereins- und Gesellschaftsleistungen gegen Mitgliedsbeiträge

Sog. Mitgliedsbeiträge an Personenvereinigungen (insbesondere Vereine/Gesellschaften) werden nach bisheriger deutscher Praxis i. d. R. nicht als Entgelt für Leistungen der Vereinigung an die Mitglieder angesehen. Hier ergeben sich Änderungen, die durch die EuGH- und BFH-Rechtsprechung eingeleitet wurden.

Auch bei Mitgliedsbeiträgen ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob sie Entgelt für bestimmte Leistungen der Gesellschaft/des Vereins an die Mitglieder sind. Das gilt grds. für alle „Mitgliedsbeiträge/Einlagen/Nachschüsse” usw. (unabhängig von der Bezeichnung) für Leistungen gleicher Art, die für alle Mitglieder ausgeführt werden oder für Leistungen, die die insgesamt oder teilweise einzelnen Mitgliedern dienen. Entgelt sind danach „Mitgliedsbeiträge/Einlagen/Nachschüsse” für Leistungen gleicher Art, die für alle Mitglieder ausgeführt werden, oder für Leistungen, die insgesamt oder teilweise einzelnen Mitgliedern dienen. Beispiele aus der bisherigen Rechtsprechung: Verwaltungstätigkeiten aller Art, die eine Gesellschaft bei der Verwaltung des Grundbesitzes ihrer Mitglieder ausführt (, BStBl 1996 II S. 387) oder Geschäftsführungsleistungen ( NWB DAAAA-68504). Auch sog. Verbandstätigkeit für die Mitglieder gegen Mitgliedsbeitrag kann nach vorbezeichnetem Urteil ein steuerbarer Umsatz sein. Um Entgelt handelt es sich z. B. bei Beiträgen von Mitgliedern einer Werbegemeinschaft (Geschäfte) in einem Einkaufszentrum für Werbeleistungen (, BStBl 1986 II S. 153) oder bei sog. Mitgliedsbeiträgen für Lohnsteuerhilfevereine (, BStBl 1974 II S. 530; Abschn. 4 Abs. 3 UStR) oder bei Beiträgen (auch wenn nicht für alle Mitglieder ein einheitlicher Beitragsbemessungsmaßstab besteht) für die Werbung für ein von den Vereinsmitgliedern verkauftes Produkt ( NWB PAAAD-01357).

Mitgliedsbeiträge an Vereine (insbesondere Sportvereine) könnten entgegen der bisherigen Praxis weitgehend als Leistungsentgelt beurteilt werden; denn ihnen steht als konkrete Leistung das Angebot bestimmter allgemeiner Leistungen an die Mitglieder gegenüber. Sog. Mitgliedsbeiträge für die (umfassende) Nutzung von „gewerblichen” Sportanlagen (z. B. sog. Fitnesscentern) werden ohnehin vom BFH als Leistungsentgelte beurteilt (, BStBl 2001 II S. 658; s. auch Rondorf, NWB F. 7 S. 5481). Für Mitgliedsbeiträge bei „nichtgewerblichen bzw. gemeinnützigen” Sportvereinen kann u. E. nichts anderes gelten, sie ermöglichen ebenfalls die Nutzung der Sportanlagen. Der EuGH hat inzwischen klargestellt, dass Jahresbeiträge der Vereinsmitglieder auch dann Entgelt sein können, wenn die Mitglieder die Vereinseinrichtungen nicht nutzen (, Kennemer Golf & Country Club NWB CAAAB-72618). Dem folgt zwischenzeitlich auch der BFH:

  • Mitgliedsbeiträge an einen gemeinnützigen Luftsportverein können und dürften – entgegen Abschn. 4 Abs. 1 UStR – Entgelt für die Leistungen des Sportvereins (insbesondere die Bereitstellung der Flugzeuge) an seine Mitglieder sein (, HFR 2007 S. 1139);

  • Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren an einen Golfclub können Entgelt für die Leistungen des Sportvereins (Einräumung der Nutzungsmöglichkeit an den Sportanlagen) an seine Mitglieder sein ( NWB AAAAC-67044).

Nach der 6. EG-RL/MwStSystRL ist davon auszugehen, dass Mitgliedsbeiträge an Vereine als Entgelt für deren steuerbare Leistungen (Angebot der Nutzung der Einrichtungen) behandelt werden, dass aber, Umsatzsteuerbelastungen auf Leistungen „in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung” über die Steuerbefreiung (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL = Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL) zu vermeiden sind, soweit sie „Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben” (vgl. dazu , BStBl 2004 II S. 672, zur Pensionspferdehaltung).

Kein Entgelt dürften weiterhin Mitgliedsbeiträge sein, denen keine konkretisierbare Leistung der Personenvereinigung an das jeweilige Mitglied gegenübersteht. Das gilt insbesondere für sog. Idealvereine, die Mitgliedsbeiträge für öffentliche Verbandszwecke (z. B. Vogelschutz) verwenden. Entsprechend sind nach 89/81, Hongkong Trade (UR 1982 S. 246) Beiträge an eine Organisation, die kostenlose Auskünfte über Handelsmöglichkeiten in einem fremden Staat erteilte, kein Entgelt, es fehlen steuerbare Leistungen an den Beitragszahler; ähnlich NWB NAAAB-33477: Bei einem Verein mit Werbung und Aufklärung für neue ärztliche Behandlungsmethoden wurden die Mitgliedsbeiträge für die allgemeine Tätigkeit des Vereins und unabhängig auf einen „Eigennutzen” der Mitglieder erhoben.

b) Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft gegen Entgelt
aa) Gesellschafter als Unternehmer

Steuerbare Leistungen der Gesellschafter (insbesondere von Personengesellschaften) an die Gesellschaft setzen zunächst voraus, dass der Gesellschafter als Unternehmer handelt. Die Gesellschafterstellung (in der Personengesellschaft) reicht nicht; denn umsatzsteuerrechtlich gibt es keine Mitunternehmerschaft (, BStBl 1989 II S. 580). Eine Gesellschafter-GmbH kann durch Geschäftsführungsleistungen an die Personengesellschaft unternehmerisch sein, wenn die Geschäftsführung entgeltlich und insbesondere selbständig erfolgt (vgl. , BStBl 2003 II S. 36; Änderung der Rechtsprechung: dazu zunächst , BStBl 2004 I S. 240, das auch für natürliche Personen Selbständigkeit annimmt, wenn diese Gesellschafter ertragsteuerlich als Mitunternehmer gelten; vgl. hierzu auch Sikorski, NWB F. 7 S. 6325 NWB LAAAB-25330; von Streit, UStB 2006 S. 195 und 224, sowie Titgemeyer, BB 2007 S. 189). Auch die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines GmbH-Geschäftsführers können als selbständig zu beurteilen sein; die Organstellung des Geschäftsführers steht dem nicht entgegen (, BStBl 2005 II S. 730). Zu den Konsequenzen dieses Urteils hat die Verwaltung Stellung genommen (zunächst , BStBl 2005 I S. 936; zu der Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen des Geschäftführers einer Kapitalgesellschaft vgl. auch Hornig, NWB F. 7 S. 6517 NWB RAAAB-56627; Schrader, NWB F. 7 S. 6547 NWB GAAAB-66650; Heidner, UR 2005 S. 495; Hiller/Robisch, DStR 2005 S. 1125; Küffner/Zugmaier, DStR 2005 S. 1692; von Streit, UStB 2006 S. 195 und 224; Titgemeyer, BB 2007 S. 189, sowie Widmann, DB 2005 S. 2373).

Schließlich hat das BMF – unter Aufhebung der (BStBl 2004 I S. 240) und v. 21. 9. 2005 - S 7104 (BStBl 2005 I S. 936) – erneut zur umsatzsteuerlichen Beurteilung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters um- und zusammenfassend mit einer Vielzahl von Beispielen Stellung genommen (, BStBl 2007 I S. 503; vgl. hierzu Forster, UStB 2007 S. 353, Hiller, UR 2009 S. 477, Küffner/Zugmaier, DStR 2007 S. 1241, und Sobotta, UVR 2007 S. 237). Hiernach gilt im Wesentlichen Folgendes:

  • Natürliche Personen, die als Gesellschafter Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen ausführen, werden unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG selbständig tätig. Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist nach Abschn. 17 Abs. 2 Satz 1 UStR für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, dabei ist nach Abschn. 17 Abs. 1 Satz 5 UStR das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit nichtselbständig i. S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeübt wird, können die in H 67 LStH „Allgemeines” genannten Kriterien sinngemäß herangezogen werden. Die nach denselben Grundsätzen zu beurteilende Frage der Selbständigkeit oder Nichtselbständigkeit natürlicher Personen führt bei zutreffender rechtlicher Würdigung regelmäßig ertragsteuerlich und umsatzsteuerlich zu gleichen Ergebnissen. Dies gilt jedoch nicht, wenn Vergütungen für die Ausübung einer bei Anwendung dieser Grundsätze nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit in ertragsteuerlicher Hinsicht aufgrund der Sonderregelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu Gewinneinkünften umqualifiziert werden. Diese Regelung dient lediglich der möglichst einheitlichen Ertragsbesteuerung von Einzel- und Mitunternehmern und beinhaltet keine Aussage zur Selbständigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 UStG.

  • Juristische Personen, die als Gesellschafter Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an die Gesellschaft erbringen, werden insoweit grds. selbständig tätig. Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber der juristischen Person als Geschäftsführer führt nicht zur Unselbständigkeit. Die Tätigkeit einer juristischen Person wird nur dann nicht selbständig ausgeübt, wenn die juristische Person im Rahmen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Bei der sog. Einheits-GmbH & Co. KG, bei der die KG Alleingesellschafterin ihrer eigenen Komplementär-GmbH ist, kann die GmbH als Organgesellschaft in die KG eingegliedert sein, da die KG aufgrund ihrer Gesellschafterstellung sicherstellen kann, dass ihr Wille auch in der GmbH durchgesetzt wird. Dies wird auch nicht dadurch überlagert, dass die GmbH ihrerseits Geschäftsführerin der KG ist und dadurch auf die Willensbildung des Organträgers einwirkt. Im Übrigen wird zur Frage der organschaftlichen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft auf Abschn. 21 UStR verwiesen.

  • Ein Gesellschafter kann an die Gesellschaft sowohl Leistungen erbringen, die ihren Grund in einem gesellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis haben, als auch Leistungen, die auf einem gesonderten schuldrechtlichen Austauschverhältnis beruhen. Die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Leistungen richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Ergebnis (Gewinn und Verlust) der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die gegen Sonderentgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind. Entscheidend ist die tatsächliche Ausführung des Leistungsaustauschs und nicht allein die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung. Umsatzsteuerlich maßgebend für das Vorliegen eines Leistungsaustauschs ist, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht. Die Steuerbarkeit der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen setzt daher lediglich das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Sonderentgelt voraus; unerheblich ist, dass der Gesellschafter zugleich seine Mitgliedschaftsrechte ausübt. Auf die Bezeichnung der Gegenleistung, z. B. als Gewinnvorab/Vorabgewinn, Vorwegvergütung, Aufwendungsersatz, Umsatzbeteiligung, Kostenerstattung, kommt es nicht an. Dies gilt auch, wenn nicht alle Gesellschafter tatsächlich die Führung der Geschäfte und die Vertretung der Gesellschaft übernehmen bzw. die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen mit einem erhöhten Anteil am Ergebnis (Gewinn und Verlust) oder am Gewinn der Gesellschaft abgegolten werden. Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags (vgl. §§ 320 ff. BGB), durch den sich der Gesellschafter zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die Gesellschaft sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG für einen steuerbaren Leistungsaustausch hingegen regelmäßig erfüllt, falls der Gesellschafter Unternehmer ist. Dies gilt auch, wenn Austausch- und Gesellschaftsvertrag miteinander verbunden sind. Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt vor, wenn der Gesellschafter für seine Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung an die Gesellschaft eine Vergütung erhält (auch wenn diese als Gewinnvorab o.ä. bezeichnet wird), die im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird. Die Vergütung ist in diesem Fall Gegenleistung für die erbrachte Leistung. Ist die Vergütung für die Leistungen des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag als Teil der Ergebnisverwendung geregelt, liegt ein Leistungsaustausch vor, wenn sich aus den geschlossenen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung ergibt, dass die Leistungen nicht lediglich durch eine Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten, sondern gegen Sonderentgelt ausgeführt werden. Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt demnach auch vor, wenn die Vergütung des Gesellschafters zwar nicht im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird, sich jedoch gleichwohl ergebnismindernd auswirkt oder es sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalls ergibt, dass sie nach den Vorstellungen der Gesellschafter als Sonderentgelt gewährt werden soll.

  • Daneben enthält das BMF-Schreiben Ausführungen zu weiteren Einzelfragen (Entnahmerechte, Mischentgelte, Vergütungen für die Übernahme der Haftung durch persönlich haftende Gesellschafter, gesonderte Beurteilung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung des Gesellschafters und der Leistung der Gesellschaft) und zur zeitlichen Anwendung (anzuwenden auf nach dem ausgeführte Leistungen, auf Antrag des Steuerpflichtigen auch auf vor diesem Zeitpunkt erbrachte Leistungen, soweit die entstandene Steuer noch festgesetzt und erhoben werden kann). Sofern der Gesellschaftsvertrag vor dem abgeschlossen und hinsichtlich der Regelungen zur Geschäftsführung nach dem keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden, wird es darüber hinaus nicht beanstandet, wenn sich die Gesellschaft auf die insoweit abweichenden Regelungen in Abschn. B des (BStBl 2004 I S. 240) beruft; auf den Zeitpunkt der Vereinbarung des Geschäftsführungsvertrags kommt es dabei nicht an.

Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen, die ein Mitglied des Vereinsvorstands gegenüber dem Verein gegen Gewährung von Auslagenersatz erbringt, sind steuerbar (, BStBl 2008 II S. 912).

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Geschäftsführungsaufgaben in Bauarbeitsgemeinschaften und anderen Arbeitsgemeinschaften vgl. NWB QAAAB-25726. Vgl. auch die ergänzenden Ausführungen zum zur Fallgestaltung, wenn eine natürliche Person als Kommanditist einer GmbH & Co.KG auch zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, zur umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen einer GmbH & Co.KG und der Komplementär-GmbH sowie den Auswirkungen eines zwischen dem Kommanditisten (zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) und der KG geschlossenen Anstellungsvertrags auf die Leistungsbeziehung bei der GmbH & Co.KG durch NWB MAAAB-35806; , UR 2005 S. 464; NWB BAAAB-42809, und NWB HAAAD-18527; vgl. zu einer Vorgängerverfügung der letztgenannten OFD-Verfügung auch Titgemeyer, BB 2007 S. 189. Zur Steuerbarkeit und Steuerpflicht von Gesellschafterleistungen vgl. auch Kuhlemann, DStR 2005 S. 634. Zur Vermeidung umsatzsteuerrechtlicher Mehrbelastung bei Geschäftsführerleistungen natürlicher Personen für ihre Gesellschaft vgl. Tehler, UVR 2008 S. 57.

bb) Leistungen

Der Gesellschafter kann an die Gesellschaft Lieferungen oder sonstige Leistungen insbesondere bei Sach- oder Nutzungseinlagen ausführen. Steuerbare Leistungen sind vor allem bei Sachgründung von Gesellschaften (Sacheinlagen des Gesellschafters) anzunehmen. Gegenleistung ist der erhaltene Gesellschaftsanteil (, BStBl 2004 II S. 375, und v. - V R 7/04 NWB CAAAB-77608). Bareinlagen des Gesellschafters sind (als Geldzahlung) keine Leistung i. S. des UStG an die Personengesellschaft; zur Frage, ob sie ggf. Entgelt für die Gewährung der Gesellschaftsrechte sind, vgl. nachfolgend Tz. 15, a, cc.

cc) Entgelt/Gegenleistung der Gesellschaft

Die EuGH-Rechtsprechung zur Nichtsteuerbarkeit der Ausgabe von Gesellschaftsrechten bei der Gesellschaft (s. oben Tz. 15, a) ändert nichts an der BFH-Rechtsprechung, die den Beitritt des Gesellschafters zu einer Personengesellschaft mit Sacheinlage als Leistungsaustausch beurteilt (Sacheinlage gegen Gewährung der Gesellschaftsrechte als Entgelt, seit , BStBl 1996 II S. 114; entsprechend bei Bareinlage, , BStBl 1976 II S. 265, zur Ausgabe von Kommanditanteilen durch eine Publikumsgesellschaft), so jetzt ausdrücklich (BStBl 2004 S. 375).

Bei sonstigen Leistungen an die Gesellschaft gegen sog. Gewinnbeteiligung kann trotz dieser Bezeichnung eine Entgeltvereinbarung zu sehen sein (z. B. , BStBl 1990 II S. 757, Kartoffelgemeinschaftsbrennerei; , BStBl 2004 II S. 210, Ferienhaus-Nutzungsüberlassung gegen Ausschüttung eines Erlösanteils). Entscheidend ist der erkennbare unmittelbare Zusammenhang mit der Leistung. Bloßer Auslagen-, Aufwendungs- oder Kostenersatz begründen das Vorliegen eines Entgelts (vgl. , BStBl 2008 II S. 912).

Keine Entgeltvereinbarung ergibt hingegen eine Gewinn- und Verlustbeteiligung (die so durchgeführt wurde) für die Gesellschafterleistung; es fehlt an der bemessbaren Gegenleistung (vgl. , BStBl 1993 II S. 562; v. - V R 178/83, BStBl 1988 II S. 646, m. w. N.). Damit übereinstimmend sind nach , Cibo Participations SA NWB FAAAB-79399, und v. 29. 4. 2004 - Rs. C-77/01, EDM NWB HAAAB-72865 Dividenden aus finanziellen Beteiligungen (insbesondere Aktien) kein Entgelt für eine wirtschaftliche Tätigkeit. Die Ausschüttung von Dividenden setzt im Regelfall ausschüttungsfähige Gewinne voraus und ist somit von der Ertragsbilanz der Gesellschaft abhängig. Die Höhe der Dividende hängt teilweise vom Zufall ab, und der Anspruch auf die Dividende ist lediglich Folge einer Beteiligung; somit besteht (wie der EuGH ausführt) zwischen der Dividende und einer Dienstleistung – selbst wenn sie von einem Aktionär erbracht wird, der diese Dividende bezieht – nicht der unmittelbare Zusammenhang, der diese als Entgelt für die Dienstleistung auswiese.

Übernimmt ein Gesellschafter aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis begründet sind, die Verluste seiner Gesellschaft, um ihr die weitere Tätigkeit zu ermöglichen, und dient also die Zahlung nur dazu, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten, fehlt es regelmäßig an dem notwendigen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und erhaltenem Gegenwert ( NWB DAAAC-43355).

Tz. 16 Leistungen „im Rahmen seines Unternehmens”

Steuerbare Umsätze i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sind nur solche Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer „im Rahmen seines Unternehmens ausführt”. Dazu gehören regelmäßig

  • Umsätze mit Gegenständen, die der Unternehmer (zuvor) seinem Unternehmen zugeordnet hat (Beispiel: Ein Unternehmer erwirbt einen Pkw für berufliche und private Nutzung. Er ordnet ihn voll dem Unternehmen zu. Damit ist auch die spätere Veräußerung – ggf. an einen Privatmann – unternehmerisch),

  • Umsätze mit Gegenständen, die zuvor nicht dem Unternehmen, sondern dem Privatvermögen zugeordnet waren, die aber als „geschäftlich” anzusehen sind (Beispiel: Der Unternehmer erwirbt einen gebrauchten Pkw von Privat für berufliche und private Fahrten. Er ordnet ihn voll dem Privatvermögen zu. Berufliche Transportfahrten sind gleichwohl unternehmerische Leistungen. Die Aufwendungen für die unternehmerischen Fahrten – Treibstoff, Reparaturen – berechtigen ihn zum Vorsteuerabzug).

UStG und 6. EG-RL/MwStSystRL definieren nur die Kriterien für den Rahmen des Unternehmens (vgl. § 2 Abs. 1 UStG). Eine „nicht unternehmerische Sphäre” bzw. „Privatsphäre” wird nicht bestimmt. Sie ist der „außerhalb des Unternehmens” liegende Auffangbereich, wird aber bisweilen als vorgegeben behandelt, z. B. als „Tätigkeit eines privaten Anlegers” (vgl. , Floridienne SA, EuGHE 2000, I - 09567 NWB WAAAB-72578, s. dazu Tz. 16, a, bb). Im Wesentlichen gelten folgende Abgrenzungen:

a) Zuordnung zum Unternehmen

Ob ein Gegenstand bei Anschaffung dem Unternehmen zugeordnet wurde oder werden durfte, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Vgl. hierzu insgesamt Korf, DB 2009 S. 758.

aa) Zuordnungswahlrechte

Grds. hat der Unternehmer bei Anschaffung eines Gegenstands (insbesondere eines zu gemischter Nutzung unternehmerisch/privater Art vorgesehenen Gegenstands) folgende Wahlrechte (vgl. , Bakcsi NWB RAAAB-79450, zum Pkw; v. 8. 5. 2003 - Rs. C-269/00, Seeling, BStBl 2004 II S. 378, zum Gebäude):

  • Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen.

  • Er kann den Gegenstand insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich (Privatvermögen) zuordnen.

  • Er kann den Gegenstand (anteilig) entsprechend dem – geschätzten – unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen. Das heißt nicht nur z. B. Pkw mit (zeitlich aufeinanderfolgender) gemischter Nutzung, sondern auch Gebäude mit (gleichzeitiger) gemischter Nutzung sind nicht nach Raumteilen („geographisch”), sondern nach prozentualen Nutzungsanteilen – ggf. nach dem Umsatzschlüssel, ähnlich zur Vorsteueraufteilung gemischt genutzter Gebäude – zuzuordnen (vgl. , BStBl 2002 II S. 833).

Für kritische Anmerkungen zur EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Zuordnung von Anlagegegenständen zum Unternehmen vgl. Stadie, UR 2004 S. 597. Die Einräumung des vollen Vorsteuerabzugsrechts aus den Herstellungskosten eines dem Unternehmen zugeordneten gemischt genutzten Gebäudes und der damit verbundene Finanzierungsvorteil stellt keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gegenüber Privatpersonen dar (, Sandra Puffer NWB AAAAD-24775).

bb) Zuordnungskriterien und -zeitpunkt

Für die Zuordnung zum Unternehmen muss der Leistungsbezug in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der (ausgeübten oder beabsichtigten) gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Erwerbers stehen. Dies gilt auch bei sog. gelegentlichen Geschäften außerhalb des sonstigen Unternehmensgegenstands (vgl. NWB YAAAB-38553: Pkw-An- und Verkauf durch Bäcker; weitergehend , BStBl 1996 II S. 109). Darauf kommt es insbesondere an, wenn ein Gegenstand seiner Art nach im Wesentlichen auf Privatnutzung zugeschnitten ist (vgl. , Enkler NWB SAAAA-96937: Wohnmobil, das auch vermietet werden soll; dazu , BStBl 1997 II S. 368). Die Zuordnungsgrenze ab 10 % Nutzung für das Unternehmen gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ist – solange die Ermächtigung des EU-Rats nach Art. 27 der 6. EG-RL (= Art. 395 MwStSystRL) gilt (derzeit bis zum ) – gemeinschaftsrechtlich zulässig (vgl. zu den Zeiträumen, in denen diese Mindestgrenze – mangels EG-Rechtsgrundlage – zeitlich begrenzt seit dem nicht gilt, NWB YAAAC-17065).

  • Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein Indiz für die Zuordnung zum Unternehmen. Zu beachten ist aber, ob der Gegenstand gemischt (unternehmerisch und privat) nutzbar ist oder seiner Art nach regelmäßig auf private Nutzung zugeschnitten ist.

  • Fehlt das Kriterium des Vorsteuerabzugs, weil der Gegenstand ohne Recht auf Vorsteuerabzug (z. B.) von Privat erworben wurde oder für steuerfreie Umsätze verwendet wird oder der Erwerber Kleinunternehmer ist, sind weitere Indizien zu prüfen, etwa ob der Unternehmer bei An- und Verkauf unter seinem Firmennamen auftritt oder ob der Gegenstand betrieblich oder privat versichert wird. Die bilanzielle oder ertragsteuerrechtliche Behandlung ist kein für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung passendes Kriterium. Die Verwaltung hat ihre Auffassung zur Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung im (BStBl 2004 I S. 451) dargelegt; vgl. hierzu die Ausführungen unter Tz. 25, d. Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs aus Reparatur- oder Betriebsaufwendungen für den Gegenstand ist nicht ausschlaggebend für eine Zuordnung zum Unternehmen (s. , Bakcsi NWB RAAAB-79450). Bei solchen Gegenständen empfiehlt sich die Zuordnung zum Privatvermögen, denn die Zuordnung zum Unternehmen führt bei Veräußerung zur Belastung mit Umsatzsteuer auf die nicht abgezogene Vorsteuer (vgl. , BStBl 2006 II S. 675 ). Hingegen besteht bei Entnahme solcher Gegenstände aus dem Unternehmen ein Besteuerungsverbot (vgl. § 3 Abs. 1b UStG und , BStBl 2006 II S. 675 ).

Zum Privatvermögen zugeordnete Gegenstände können gleichwohl u. U. „im Rahmen des Unternehmens” veräußert – also steuerbar weitergeliefert – werden, wenn sich diese Tätigkeit als nachhaltig i. S. von § 2 Abs. 1 UStG erweist. Das kann z. B. bei „geschäftlich aufgezogener” Veräußerung einer Sammlung oder Erbschaft sein.

Der BFH stellt die Grundsätze für eine zutreffende Zurechnungsentscheidung wie folgt dar (, BStBl 2009 II S. 394):

  • Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden.

  • Die Zuordnungsentscheidung ist bereits „bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstands” zu treffen. Spätere Absichtsänderungen des Unternehmers wirken nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück und führen deshalb nicht dazu, dass für Eingangsleistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind (vgl. NWB YAAAC-88012).

  • Verspätet eingereichte Umsatzsteuererklärungen, aus der die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen erkennbar wird, sind grds. kein Indiz für eine bereits Jahre zuvor beim Leistungsbezug getroffene Zuordnungsentscheidung. In diesem Fall müssen gewichtige sonstige Umstände vorliegen, die gleichwohl den Schluss auf die Tatsache rechtfertigen, der Unternehmer habe das neu errichtete Gebäude bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistungsbezüge seinem Unternehmen zugeordnet.

cc) Ausnahmen

Nicht als „wirtschaftliche Tätigkeit” gilt aber die bloße Ausübung des Eigentums an Gegenständen/Rechten (auch durch Gesellschaften), die sich wie die Tätigkeit eines privaten Anlegers auf die Verwaltung von Anlagen, insbesondere Wertpapiervermögen beschränkt, sofern sie nicht geschäftlich ausgeübt wird (, Wellcome Trust, UR 1996 S. 613; v. - Rs. C-442/01, KapHag Renditefonds, EuGHE 2003, I - 06851 NWB TAAAB-72822, und , BStBl 2004 II S. 1022). Danach ist z. B. die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen/Beteiligungen (zur Aufnahme neuer Gesellschafter) eine nicht unternehmerische Tätigkeit. Hierzu gehören z. B. auch Fälle von Grundstücks-Umsätzen, die ertragsteuerrechtlich gem. der sog. Drei-Objekt-Grenze nicht als gewerblicher Grundstückshandel, sondern als private Vermögensverwaltung zu behandeln sind, (grds.) unabhängig davon, wie wertvoll die einzelnen Objekte sind (BFH, Beschuss v. - GrS 1/98, BStBl 2002 II S. 291).

b) Sonstige Leistungen im Rahmen des Unternehmens

Sonstige Leistungen (Dienstleistungen) eines Unternehmers können auch mit Hilfe von Gegenständen des Privatvermögens im Rahmen des Unternehmens ausgeführt werden (z. B. bei Transportleistung mit dem Privat-Pkw). Andererseits ist die Verwendung von Unternehmensgegenständen zu Leistungen für den privaten Bereich insoweit steuerbar (§ 3 Abs. 9a UStG, s. Tz. 63). Jedoch sind sonstige Leistungen des Unternehmers (ohne Verwendung von Unternehmensgegenständen) für seinen privaten Bereich nicht im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt (z. B. Anstreicharbeiten des Malers im Privathaus, eigene Steuererklärung des Steuerberaters).

Tz. 17 Gesetzlich oder behördlich angeordnete Umsätze/gesetzlich fingierte Umsätze

Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG entfällt die Steuerbarkeit nicht, wenn der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt. Die „Anordnung” kann Leistung oder Gegenleistung betreffen. Das entspricht dem Gemeinschaftsrecht (Art. 5 Abs. 4 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-RL = Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und Art. 24 f. MwStSystRL). So scheidet die Steuerbarkeit einer behördlich angeordneten Anschlussleistung an eine Wasserhauptleitung nicht deshalb aus, weil die Leistung dem Leistungsempfänger nicht erwünscht ist (, BStBl 1988 II S. 473). Steuerbare Umsätze sind z. B.

  • Enteignung mit Entschädigungsfolge – zudem kein Schadensersatz – (, BStBl 1972 II S. 403),

  • behördlich angeordnete Betriebsverlagerungen gegen „Entschädigung” ( NWB KAAAB-32013),

  • Kurleistungen einer Gemeinde gegen als öffentlich-rechtliche Abgabe erhobene Kurtaxe (, BStBl 1988 II S. 971),

  • Straßenbenutzung gegen Maut (, Kommission/Großbritannien und Nordirland NWB LAAAB-72748, während die Mautgebühr nach dem Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge (ABMG) in Deutschland nicht der Umsatzsteuer unterliegt, da die Erhebung der Maut eine hoheitliche Tätigkeit des Bundes ist ( A NWB CAAAB-79121),

  • Kfz-Hauptuntersuchungen, die durch § 29 StVZO angeordnet sind, führen zu einem Leistungsaustausch der Überwachungsorganisation mit dem Fahrzeughalter, auch wenn sie in Kfz-Werkstätten durchgeführt wird (dazu , UR 2003 S. 256).

Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks gilt umsatzsteuerrechtlich als (steuerbare) Lieferung eines Grundstücks gegen Entgelt an den Ersteher (, BStBl 1986 II S. 500; v. - V R 54/92, BStBl 1993 II S. 736). Abweichend von der früheren Praxis liegt hier kein „Doppelumsatz” – durch Lieferung des Eigentümers an das jeweilige Bundesland, dem die Vollstreckungsorgane angehören, und dessen Weiterlieferung an den Ersteher – vor (wie bei der Versteigerung aufgrund Verpfändung zunächst an den Pfandleiher und von diesem an den Erwerber geliefert wird; , BStBl 1997 II S. 585).

Tz. 18 Einfuhr

§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG

Der Umsatzsteuer unterliegt die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg. Sie wird als Einfuhrumsatzsteuer von den Zollämtern erhoben und verwaltet (§ 12 Abs. 2 FVG). Zwischen den EU-Mitgliedstaaten liegen mit Vollendung des Binnenmarkts seit dem keine Einfuhren mehr vor. Seit dem ersetzt die neue Gebietsbezeichnung „Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg” den Begriff „Zollgebiet”, auf den mit dem Inkrafttreten des Zollkodexes der EU und dem damit verbundenen Außerkrafttreten der nationalen Zollvorschriften zum nicht mehr Bezug genommen werden kann. Inhaltlich ergibt sich aber daraus keine Änderung. Durch das StÄndG 2003 wurde in § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG mit Wirkung v. 1. 1. 2004 der Tatbestand neu formuliert. Danach unterliegt die „Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer)” der Umsatzsteuer. Die Neuformulierung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG trägt dem Umstand Rechnung, dass die Verwirklichung des umsatzsteuerlichen Einfuhrtatbestands voraussetzt, dass ein Drittlandsgegenstand in das Inland verbracht wird und dieser Vorgang hier steuerbar ist. Für den umsatzsteuerlichen Einfuhrtatbestand ist damit nicht allein entscheidend, dass der Gegenstand aus dem Drittland in das Inland gelangt, sondern hier auch grds. der Besteuerung unterliegt, d. h. im Regelfall eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht. Danach liegt z. B. keine Einfuhr im umsatzsteuerlichen Sinne vor, wenn sich die Drittlandsware in einem zollrechtlichen Versandverfahren oder in einem Zolllagerverfahren befindet. Die Neuformulierung soll damit der redaktionellen Klarstellung dienen. Vgl. zum neuen Einfuhrbegriff auch Schröder, UVR 2004 S. 259, von Streit/Wrobel, UStB 2006 S. 74 und 108, sowie von Streit/Wrobel, UStB 2008 S. 153.

Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten grds. die Vorschriften für die Zölle sinngemäß (§ 21 Abs. 2 UStG, vgl. Tz. 145). Im UStG selbst sind lediglich die Steuerbefreiungen bei der Einfuhr (§ 5 UStG, Tz. 144), die Bemessungsgrundlagen (§ 11 UStG, Tz. 145), der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG, Tz. 236) und die Aufzeichnungspflichten (§ 22 Abs. 2 Nr. 6 UStG, Tz. 288) geregelt. Besondere Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer enthält § 21 UStG (vgl. Tz. 145). Daneben sind die EUStBV (vgl. Tz. 144) und die Sonderregelungen für den Reiseverkehr (vgl. Tz. 144) und die Kleinsendungen (vgl. Tz. 144) zu beachten.

Eine Einfuhr ist das Verbringen eines Gegenstands (Warenbewegung, Vorgang tatsächlicher Natur) aus dem Drittland in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg. Der eingeführte Gegenstand muss allerdings auf Dauer in den genannten Gebieten verbleiben und nicht nur zu vorübergehenden Zwecken eingeführt werden (z. B. Einfuhr zur Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr oder Einfuhr von Gegenständen zum Transitverkehr). Die umsatzsteuerliche Einfuhr erfolgt, wenn der eingeführte Gegenstand zollrechtlich zum freien Verkehr abgefertigt wurde. Zur Entstehung der Umsatzsteuer bei der Einfuhrumsatzsteuer vgl. Tz. 210.

Werden bestimmte im TIR- oder im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren auf der Straße beförderte Waren durch mehrere im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten vorgenommene vorschriftswidrige Handlungen in das Gemeinschaftsgebiet verbracht, unterliegen die Waren diesem Verfahren im Gebiet desjenigen Mitgliedstaats nicht mehr, in dem die erste Handlung vorgenommen wird, die so qualifiziert werden kann, dass damit die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen werden. Folglich liegt in diesem Mitgliedstaat eine Einfuhr vor. Der zollamtlichen Überwachung entzogen werden Waren durch jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird. Für die Entziehung der Ware aus der zollamtlichen Überwachung ist es nicht erforderlich, dass ein subjektives Element vorliegt, sondern es müssen nur objektive Voraussetzungen erfüllt sein (, Liberexim, EuGHE 2002, I - 06227 NWB PAAAB-72764). Werden Waren, die aus einem Drittland in einen Mitgliedstaat der Gemeinschaft vorschriftswidrig verbracht wurden, in die Bundesrepublik Deutschland weitertransportiert und hier entdeckt, gilt unter den Voraussetzungen des Art. 215 Abs. 4 ZK nicht nur die Zollschuld, sondern auch die Einfuhrumsatzsteuerschuld als in der Bundesrepublik Deutschland entstanden ( NWB SAAAC-92670).

Die Steuerbarkeit setzt weder einen Erwerb im Drittlandsgebiet oder eine Lieferung nach der Einfuhr noch eine Warenbewegung im Zuge einer Lieferung voraus. Der Einfuhrtatbestand beschränkt sich nicht nur auf Unternehmer, sondern erfasst auch das Verbringen von Gegenständen durch Private. Der Gegenstand der Einfuhr kann direkt vom Drittlandsgebiet, über einen anderen EU-Mitgliedstaat oder über ein Zollfreigebiet in das Inland oder die Gebiete Jungholz und Mittelberg gelangen.

Anders als im Zollrecht führt bei der Einfuhrumsatzsteuer nicht nur das Verbringen einer „Ware”, sondern eines „Gegenstands” zur Steuerbarkeit. Insoweit erfasst die Einfuhrumsatzsteuer mehr Sachverhalte, da der Begriff „Gegenstand” Sachen i. S. des § 90 BGB, Sachgesamtheiten und Gegenstände, die im Verkehr wie Sachen umgesetzt werden (z. B. Wasser, Wärme, Kälte, Dampf, Strom), umfasst. Gegenstände, für die ein absolutes Einfuhr- und Vertriebsverbot in der EU besteht, unterliegen allerdings nicht der Einfuhrumsatzsteuer (, Happy Family, UR 1989 S. 312, und v. - Rs. C-343/89, Witzemann, UR 1991 S. 148).

Zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer, wenn ein in Deutschland stationiertes Mitglied der ausländischen Streitkräfte sein hier in einfuhrabgabenbegünstigte Truppenzollgutverwendung übergeführtes neues Fahrzeug durch Veräußerung in einen anderen Mitgliedstaat oder Beendigung seines Diensts aus der zweckgerichteten Verwendung des Fahrzeugs durch die Streitkräfte entnimmt vgl. , UR 2003 S. 303.

Tz. 19 Innergemeinschaftlicher Erwerb

§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG

Der Umsatzsteuer unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt. Diese Erwerbsbesteuerung ersetzt ab im innergemeinschaftlichen Handel mit anderen EU-Mitgliedstaaten die bis dahin zu erhebende Einfuhrumsatzsteuer. Einfuhren und Ausfuhren sind im innergemeinschaftlichen Handel seit Vollendung des EU-Binnenmarkts begrifflich nicht mehr vorgesehen. Einfuhrumsatzsteuer wird seit diesem Zeitpunkt nur noch auf die Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet erhoben (vgl. Tz. 18). Die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb wird vom Erwerber eines Gegenstands geschuldet. Sie ist wie die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, Tz. 238). Zur Erwerbsbesteuerung können neben den voll oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern unter bestimmten Voraussetzungen auch infolge steuerfreier Umsätze nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer, Kleinunternehmer oder nichtunternehmerisch tätige oder nicht in ihrem unternehmerischen Bereich handelnde juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 1a UStG, Tz. 25) und beim Erwerb von neuen Fahrzeugen auch Privatpersonen (§ 1b UStG, Tz. 28) herangezogen werden.

Die Voraussetzungen für die Erwerbsbesteuerung sind in § 1 Abs. 1 Nr. 5 und § 1a UStG (vgl. Tz. 25) geregelt. Daneben enthält § 1b UStG besondere Bestimmungen für den innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge (vgl. Tz. 28). Eine besondere Regelung für den Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs ist in § 3d UStG (vgl. Tz. 85) vorgesehen. Weiterhin sind geregelt Steuerbefreiungen beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen in § 4b UStG (vgl. Tz. 143), die Bemessungsgrundlage in § 10 UStG (vgl. Tz. 177), der Vorsteuerabzug der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG (vgl. Tz. 238).

Tz. 20 Geschäftsveräußerung im Ganzen

§ 1 Abs. 1a UStG

Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen – ohne Rückwirkung auf Umsätze in vorangegangenen Besteuerungszeiträumen ( NWB PAAAA-63695) – nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG). Es handelt sich um nicht steuerbare Vorgänge. Eine Geschäftsveräußerung in diesem Sinne liegt nach § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG dann vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Es muss sich um „einen Veräußerer” handeln, so dass keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei der Veräußerung des Betriebsgrundstücks durch die Ehefrau und der Geschäftsausstattung durch den Ehemann vorliegen kann ( NWB WAAAB-35846). Nach der Rechtsprechung des BFH ist die unentgeltliche Geschäftsveräußerung umsatzsteuerlich grds. als steuerbarer Eigenverbrauch bzw. als einer Lieferung gleichgestellte steuerbare unentgeltliche Wertabgabe anzusehen (vgl. , BStBl 1987 II S. 655, und NWB AAAAA-65725; Abschn. 24a UStR). Durch die Rechtsänderung ab betrifft dies allerdings nur noch Fälle der unentgeltlichen Geschäftsveräußerung, bei denen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG nicht vorliegen (Abschn. 5 Abs. 5 UStR).

Macht ein Mitgliedstaat von der Befugnis nach Art. 5 Abs. 8 Satz 1 der 6. EG-RL (= Art. 19 Abs. 1 MwStSystRL) Gebrauch, die Übertragung einer Vermögensmasse für Zwecke der Umsatzsteuer als nicht steuerbaren Umsatz zu behandeln, muss der Grundsatz der Nichtsteuerbarkeit – vorbehaltlich einer etwaigen Inanspruchnahme der Befugnis, seine Geltung unter den Umständen des Art. 5 Abs. 8 Satz 2 der 6. EG-RL (= Art. 19 Abs. 2 MwStSystRL) zu beschränken – für jede Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils gelten, die jeweils materielle und gegebenenfalls immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammen genommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der durch die Übertragung Begünstigte muss jedoch beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen. Auf Abwicklungsfälle findet die Vorschrift damit keine Anwendung. Die Nichtsteuerbarkeit der Geschäftsveräußerung kann durch die Mitgliedstaaten nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 8 Satz 2 der 6. EG-RL (= Art. 19 Abs. 2 MwStSystRL) beschränkt werden. Die Nichtsteuerbarkeit der Übertragung einer Vermögensmasse darf danach nicht auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Begünstigte eine Gewerbegenehmigung für die wirtschaftliche Tätigkeit besitzt, die mit dieser Vermögensmasse ausgeübt werden kann (, Zita Modes Sàrl NWB UAAAB-79462). Im Hinblick auf die nach der EuGH-Rechtsprechung erforderliche Absicht des Erwerbers, den übertragenen Geschäftsbetrieb zu betreiben, kommt es maßgeblich darauf an, ob die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit zu ermöglichen, und der Übernehmer diese Tätigkeit ausübt. Dafür sind der Vorgang und seine Begleitumstände einer Gesamtbewertung zu unterziehen, bei der insbesondere die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen sind ( NWB UAAAC-94755). Die nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen setzt nach der EuGH-Rechtsprechung zwar voraus, dass die übertragenen Vermögensgegenstände die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen; es ist aber unschädlich, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert (, BStBl 2008 II S. 165).

Der Begriff der Geschäftsveräußerung ist aus den Kriterien übernommen worden, die bisher bereits im nationalen Recht – vornehmlich im Bereich der Ertragsteuern – durch Gesetz und Rechtsprechung festgelegt bzw. entwickelt worden sind (vgl. § 10 Abs. 3 UStG a. F.; Abschn. 5 und 154 UStR 2000 sowie auch § 75 AO und § 16 EStG). Danach ist eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben, wenn die übereigneten Gegenstände die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs waren, so dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte (weitere) finanzielle Aufwendungen fortsetzen kann. Welches die wesentlichen Grundlagen sind, richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Übereignung (vgl. , BStBl 1966 III S. 333). Bei der Veräußerung der einzigen Taxikonzession liegt eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vor ( NWB XAAAD-22608). Auch ein einzelnes Grundstück kann die wesentliche Betriebsgrundlage darstellen; die Übertragung eines einzelnen Vermögensgegenstands ist allerdings nur ausnahmsweise als Geschäftsveräußerung im Ganzen anzusehen, wenn weitere Faktoren hinzutreten, die die Annahme eines selbständigen Unternehmens oder gesondert geführten Betriebs rechtfertigen (vgl. , BStBl 2008 II S. 447). Die Übereignung setzt voraus, dass der Veräußerer dem Erwerber grds. an allen wesentlichen Grundlagen seines Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs Eigentum verschafft. Werden allerdings einzelne unwesentliche Wirtschaftsgüter von der Übertragung ausgenommen, ist dies für die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen unschädlich. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass alle wesentlichen Grundlagen des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs übertragen werden müssen, besteht – nach der nicht unumstrittenen ursprünglichen Auffassung der Verwaltung – bei der Einbringung eines Betriebs in eine Gesellschaft. Hier liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen auch dann vor, wenn einzelne wesentliche Wirtschaftsgüter nicht mit dinglicher Wirkung übertragen, sondern an die Gesellschaft vermietet oder verpachtet werden (Abschn. 5 Abs. 1 Satz 7 UStR 2000). Der BFH hat die Verwaltungsauffassung zunächst zumindest für den Fall der Einbringung eines landwirtschaftlichen Betriebs in eine Gesellschaft bestätigt (, BStBl 1999 II S. 41). Von dem Grundsatz, dass alle wesentlichen Grundlagen des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs übertragen werden müssen, hat sich der BFH dann aber in seiner jüngeren Rechtsprechung für die Umsatzsteuer weiter gelöst. Er hat ausgeführt, dass die Frage, ob ein Unternehmen oder ein in der Gliederung gesondert geführter Betrieb „im Ganzen” übertragen wird, nicht nach nationalen ertragsteuerlichen Kriterien, sondern nur unter Berücksichtigung der Regelungen der 6. EG-RL/MwStSystRL entschieden werden kann. Für die Übertragung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung des Unternehmens gesonderten Teils „im Ganzen” bedeute dies zwar, dass eine organische Zusammenfassung von Sachen und Rechten übertragen wird, die dem Erwerber die Fortführung des Unternehmens oder des in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Teils ohne großen finanziellen Aufwand ermöglicht. Unter Berücksichtigung von Zweck und Entstehungsgeschichte des § 1 Abs. 1a UStG sei es aber nicht erforderlich, dass alle Wirtschaftsgüter (insbesondere auch die dem Unternehmen dienenden Grundstücke) übereignet werden. Unter Berücksichtigung des Ziels der umsatzsteuerlichen Regelung, die Nichtsteuerbarkeit auf die Fälle zu begrenzen, in denen der Erwerber Unternehmer ist und das Unternehmen fortführt, um einen unversteuerten Letztverbrauch zu vermeiden, und der – der nationalen Regelung zugrunde liegenden gemeinschaftsrechtlichen – Regelung in Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL (= Art. 19 MwStSystRL) genüge es aber, wenn ein Betriebsgrundstück dem Erwerber durch ein langfristiges Nutzungsrecht (z. B. durch Mietvertrag) überlassen wird, das die dauerhafte „Fortführung” des Unternehmens ermöglicht. Demnach liegt eine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG auch vor, wenn einzelne wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mitübereignet worden sind, sofern sie dem Unternehmer langfristig zur Nutzung überlassen werden und eine dauerhafte Fortführung des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs durch den Unternehmer gewährleistet ist (, BStBl 2004 II S. 662). So kann die unentgeltliche Übertragung eines Bauunternehmens durch einen 65 Jahre alten Unternehmer an seinen Sohn als nicht steuerbare Teilgeschäftsveräußerung beurteilt werden, wenn der übertragende Unternehmer zwar das Betriebsgrundstück (wesentliche Betriebsgrundlage) zurückbehält, es aber seinem Sohn für zehn Jahre mit Verlängerungsoption zur Fortführung des Bauunternehmens vermietet (, BStBl 2004 II S. 665). Der neueren BFH-Rechtsprechung trägt auch Abschn. 5 Abs. 1 Satz 7 und 8 UStR Rechnung. Nach der EuGH-Rechtsprechung ergibt sich die Pflicht, die nationale Regelung in § 1 Abs. 1a UStG in Übereinstimmung mit Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL (= Art. 19 MwStSystRL) und den darin enthaltenen autonomen gemeinschaftsrechtlichen Begriffen auszulegen und entgegenstehende Auslegungsergebnisse zu § 75 AO bei der Auslegung der umsatzsteuerlichen Vorschrift nicht mehr zu verwerten (, Zita Modes Sàrl NWB UAAAB-79462, und , BStBl 2007 II S. 730). Die nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen setzt zwar voraus, dass die übertragenen Vermögensgegenstände die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen; es ist aber unschädlich, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert. Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand ist keine eigenständige Voraussetzung für die Nichtsteuerbarkeit, sondern im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht (, BStBl 2008 II S. 165). Die Lieferung eines weder vermieteten noch verpachteten Grundstücks ist im Regelfall keine Geschäftsveräußerung im Ganzen, da sie nicht zur Übertragung eines Unternehmensteils, mit dem eine selbständige Tätigkeit fortgeführt werden kann, sondern zur Übertragung eines einzelnen Vermögensgegenstands führt. Fehlt es an weiteren Faktoren (z. B. bestehende Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks), kann kein „Geschäftsbetrieb” angenommen werden (, BStBl 2008 II S. 447).

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks auf den Mieter stellt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen dar, da der Erwerber die wirtschaftliche Tätigkeit des Veräußerers (Vermietung des Grundstücks) nicht fortführt. Die Vermietungstätigkeit des Veräußerers geht mit der Übertragung nicht auf den Erwerber über, weil der Erwerber die bisher durch den Veräußerer ausgeübte unternehmerische Vermietungstätigkeit mit dem bestehenden Mietvertrag, dessen Partei er auf der Mieterseite selbst war, nicht fortführen konnte. Denn der Erwerber nutzt das Grundstück - wie zuvor als Mieter - nun als Eigentümer selbst, vermietet es aber nicht. Die Nutzung eines zu Eigentum erworbenen Grundstücks im Rahmen des eigenen Unternehmens als Wohn- und Werkstättengebäude für Behinderte ist auch keine bloße Änderung des Zuschnitts oder Modernisierung eines bisherigen Vermietungsunternehmens, sondern etwas vollständig anderes ( NWB DAAAD-03276).

Die Übertragung verpachteter/vermieteter (Gewerbe-)Immobilien unter Fortführung des Pacht-/Mietvertrags durch den Erwerber ist eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (, BStBl 2004 II S. 802). Voraussetzung ist aber, dass der Erwerber die wirtschaftliche Tätigkeit des Veräußerers fortführen kann. Dies ist nicht erfüllt, wenn der Veräußerer ein auf ein Großprojekt beschränktes Bauträgerunternehmen, das mit Errichtung, Vermietung und Verkauf des Gebäudekomplexes abgeschlossen ist, und der Erwerber ein andersgeartetes Unternehmen (Vermietungsunternehmen) betreibt (, BStBl 2007 II S. 61) oder wenn Gegenstand der Übertragung ein zu bebauendes Grundstück ist, das der Veräußerer unter der Bedingung der Fertigstellung des Bauvorhabens vermietet hat, und somit im Zeitpunkt der Veräußerung kein hinreichend verfestigtes durch den Erwerber fortführbares Vermietungsunternehmen bestand (, BStBl 2009 II S. 254). Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen durch Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks liegt auch dann vor, wenn dieses nur teilweise vermietet oder verpachtet ist, die nicht genutzten Flächen aber zur Vermietung oder Verpachtung bereitstehen, da hinsichtlich dieser Flächen auf die Fortsetzung der bisherigen Vermietungsabsicht abzustellen ist. Für die Fortführung einer selbständigen wirtschaftlichen Vermietungstätigkeit durch den erwerbenden Unternehmer reicht es aus, wenn dieser einen Mietvertrag übernimmt, der eine nicht unwesentliche Fläche der Gesamtnutzfläche des Grundstücks umfasst (, DStR 2009 S. 1804).

Überträgt ein Vermietungsunternehmer das Eigentum an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück zur Hälfte auf seinen Ehegatten, liegt darin eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn das Grundstück alleiniger Vermietungsgegenstand war (, BStBl 2008 II S. 65). Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt auch dann vor, wenn der bisherige Alleineigentümer eines Grundstücks, das er bisher teilweise steuerpflichtig vermietete und teilweise für eigenunternehmerische Zwecke nutzte, einen Miteigentumsanteil auf seinen Sohn überträgt; der Gegenstand der Geschäftsveräußerung im Ganzen beschränkt sich auf den vermieteten Grundstücksteil (, BStBl 2008 II S. 448). Wenn der Erwerber einer verpachteten Gewerbeimmobilie, der anstelle des Veräußerers in den Pachtvertrag eingetreten ist, anschließend wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Pächters auf Pachtzahlungen verzichtet und mit dem Pächter vereinbart, dass die Zahlungen wieder aufzunehmen sind, wenn sich die finanzielle Situation des Pächters deutlich verbessert, kann i. d. R. nicht bereits eine unentgeltliche nichtunternehmerische Tätigkeit angenommen werden, da der Unternehmer nur vorübergehend auf das Entgelt für seine Umsätze verzichtet. Eine derartige Übertragung einer verpachteten Gewerbeimmobilie kann eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen sein, da das erworbene Unternehmen mangels Beendigung des Pachtvertrags auch fortführbar war (, BStBl 2005 II S. 849). Die Veräußerung eines mit Hallen bebauten Grundstücks, das (im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft) vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen vermietet war und durch ein anderes Betriebsgrundstück ersetzt wurde, ist demgegenüber keine nichsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen, sondern die Veräußerung eines einzelnen Anlagegegenstands, da das Hallengrundstück für sich kein fortführbarer Betrieb ist (, BStBl 2007 II S. 730). Auch die bloße Verpachtung der wesentlichen Grundlagen dürfte für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht ausreichen (vgl. , BStBl 1980 II S. 258). Werden allerdings verpachtete Gegenstände nach Beendigung der Pacht veräußert, kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen, wenn diese Gegenstände die wesentliche Betriebsgrundlage darstellen (, BStBl 1961 III S. 322). Wird das Unternehmen bzw. der Betrieb in gepachteten Räumen mit gepachteten Maschinen unterhalten, gehört das Pachtrecht zu den wesentlichen Grundlagen. Es ist durch den Veräußerer auf den Erwerber zu übertragen, indem er ihm die Möglichkeit einräumt, mit dem Verpächter einen Pachtvertrag abzuschließen, so dass der Erwerber die dem bisherigen Betrieb dienenden Räume usw. unverändert nutzen kann (, BStBl 1969 II S. 303). Der EuGH geht auch bei der Übertragung der Rechte aus einem für 125 Jahre geschlossenen Pachtvertrag an einem (verpachteten) Geschäftsgebäude durch eine Versicherungsgesellschaft von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs aus (, Abbey National NWB QAAAB-72794). Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs oder Teilbetriebs vgl. auch NWB DAAAB-92600.

Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb (sog. Teilunternehmen) liegt vor, wenn er wirtschaftlich selbständig ist (d. h. einen für sich lebensfähigen Organismus bildet), unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens betrieben wird und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde darstellt (Abschn. 5 Abs. 3 Satz 2 UStR). Das Abstellen auf das ertragsteuerliche Teilbetriebskriterium einer nach den Verhältnissen des Veräußerers zu beurteilenden Selbständigkeit dürfte u. E. für die Umsatzsteuer zu eng sein. Maßgeblich ist lediglich, dass mit dem übertragenen selbständigen Unternehmensteil eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Hiervon abzugrenzen ist jedoch die bloße Übertragung von Gegenständen wie der Verkauf eines Warenbestands, die keine Veräußerung eines Unternehmensteils darstellt (, Zita Modes Sàrl NWB UAAAB-79462). Nicht Voraussetzung ist, dass mit dem Unternehmen oder mit dem in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Teil in der Vergangenheit bereits Umsätze erzielt wurden; die Absicht, Umsätze erzielen zu wollen, muss jedoch anhand objektiver, vom Unternehmer nachzuweisender Anhaltspunkte spätestens im Zeitpunkt der Übergabe bestanden haben (Abschn. 5 Abs. 3 Satz 3 UStR). Veräußert ein Transportunternehmer, der Güterbeförderungen mit mehreren Kraftfahrzeugen betreibt, einen dem Güterverkehr dienenden Lastzug und verzichtet er auf die Konzession zugunsten des Erwerbers, liegt keine Übereignung eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebs vor. Liegt einkommensteuerrechtlich eine Teilbetriebsveräußerung (R 139 Abs. 3 EStR) vor, kann umsatzsteuerlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen werden. Bei der Veräußerung einer von mehreren Taxikonzessionen kann ein gesondert geführter Betrieb vorliegen ( NWB XAAAD-22608).

Umsatzsteuerrechtlich besteht die Geschäftsveräußerung aus einer Vielzahl von einzelnen Leistungen (z. B. Übertragung der Besitzposten wie Grundstücke, Maschinen, Geschäftseinrichtungen, Waren, Forderungen, Firmenwert), die grds. in einem geschäftlichen Akt ausgeführt werden (, BStBl 1978 II S. 241). Auch die Übereignung in mehreren Akten (zeitlich versetzte Kausalgeschäfte) ist als eine Geschäftsveräußerung im Ganzen anzusehen, wenn die einzelnen Teilakte in einem engen sachlichen, wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und der Wille auf den Erwerb des Unternehmens gerichtet ist bzw. die Übertragung des ganzen Vermögens auf einen Erwerber zur Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit – insbesondere auch für den Erwerber – offensichtlich ist (, BStBl 1982 II S. 483, und v. - V R 17/01, BStBl 2004 II S. 626). Aus dem (BStBl 2004 II S. 626) ergibt sich aber nicht im Umkehrschluss, dass eine Geschäftsveräußerung im Ganzen dann nicht vorliegt, wenn im Rahmen einer Geschäftsveräußerung einzelne Betriebsgrundlagen nicht auf den Fortführer übertragen werden ( NWB UAAAC-94755). Die Nichtsteuerbarkeit bezieht sich nicht auf die Geschäftsveräußerung als solche, sondern auf die einzelnen Umsätze im Rahmen dieser Geschäftsveräußerung. Umsätze sind im Fall der unentgeltlichen Geschäftsveräußerung die einer Lieferung gleichgestellte unentgeltliche Wertabgabe (früher: Eigenverbrauch) und im Fall der entgeltlichen Geschäftsveräußerung die Lieferung der Besitzposten. Zu den nicht steuerbaren Geschäftsveräußerungen gehört auch die Übertragung des Vermögens einer Gesellschaft nach dem UmwG.

Die Nichtsteuerbarkeit beschränkt sich ausdrücklich auf die Fälle, in denen der Erwerber Unternehmer ist und die Gegenstände in sein Unternehmen überführt. Dies gilt allerdings auch dann, wenn der Erwerber mit dem Erwerb des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs seine unternehmerische Tätigkeit erst beginnt oder diese nach dem Erwerb in veränderter Form fortführt. Nach § 1 Abs. 1a UStG tritt der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers. Damit wird die umsatzsteuerrechtliche Einzelrechtsnachfolge durch den Erwerber geregelt; der Erwerber wird nicht Gesamtrechtsnachfolger. Dies bedeutet z. B., dass Entscheidungen im Rahmen gesetzlicher Wahlrechte (z. B. eine Option nach § 9 UStG), die der Veräußerer getroffen hat, zunächst für den Erwerber weitergelten. Auch hinsichtlich der Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG tritt der Erwerber in die Rechtsposition des Veräußerers ein. Ergänzend zu § 1 Abs. 1a UStG bestimmt § 15a Abs. 10 UStG, dass der für das Wirtschaftsgut maßgebliche Berichtigungszeitraum bei einer Geschäftsveräußerung nicht unterbrochen wird (Tz. 251, f). Nach § 15a Abs. 10 Satz 2 UStG ist der Veräußerer ausdrücklich verpflichtet, dem Erwerber die für die Durchführung der Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung ist kein Verwendungsumsatz i. S. des § 15 Abs. 2 UStG (, BStBl 2003 II S. 430; Tz. 246). Wird für eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen Umsatzsteuer in einer Rechnung offen ausgewiesen, darf diese vom Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Als Vorsteuer abziehbar ist nur der für einen Umsatz von Gesetzes wegen geschuldete Steuerbetrag. Dies entspricht der richtlinienkonformen Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG (, BStBl 1998 II S. 695) und gilt nicht erst für Sachverhalte nach der Veröffentlichung des erwähnten BFH-Urteil (v. - V R 85/01 NWB LAAAA-70729). Seit dem 1. 1. 2004 ist zu beachten, dass der unrichtige Steuerausweis in den Fällen des § 1 Abs. 1a UStG nur noch nach den Regeln des unberechtigten Steuerausweises berichtigungsfähig ist (§ 14c Abs. 1 Satz 3 UStG; vgl. Tz. 227).

Nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG ist u. a. Voraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung, dass für die Lieferung an den Wiederverkäufer Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird. Diese Voraussetzung ist allerdings nicht erfüllt, wenn die Gegenstände im Rahmen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen erworben wurden und der Geschäftsveräußerer für diese Gegenstände zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Der erwerbende Unternehmer tritt nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG auch insoweit an die Stelle des Geschäftsveräußerers (, DStR 2003 S. 1837; vgl. Tz. 319).

Hinsichtlich der umstrittenen Frage des Vorsteuerabzugs des Veräußerers aus Eingangsumsätzen im Zusammenhang mit einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (Übertragung eines Gesamtvermögens) bringt das , Abbey National NWB QAAAB-72794, Klarheit. Der EuGH hat entschieden, dass in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat von der in Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL (= Art. 19 MwStSystRL) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens als nicht steuerbaren Umsatz zu behandeln, die Ausgaben des Übertragenden für Leistungen, die er zur Durchführung der Übertragung in Anspruch nimmt, zu seinen allgemeinen Kosten gehören, die einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit aufweisen. Führt der Übertragende sowohl zum Vorsteuerabzug berechtigende als auch den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze aus, könne er deshalb nach Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-RL (= Art. 173 MwStSystRL) nur den Teil der Vorsteuern abziehen, die auf die erstgenannten Umsätze entfallen. Weisen jedoch die verschiedenen Dienstleistungen, die der Übertragende für die Durchführung der Übertragung in Anspruch genommen hat, einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einem klar abgegrenzten Teil seiner wirtschaftlichen Tätigkeit auf, so dass die Kosten dieser Dienstleistungen zu den allgemeinen Kosten dieses Unternehmensteils gehören, und sind alle Umsätze dieses Unternehmensteils umsatzsteuerpflichtig, könne der Unternehmer die gesamte Vorsteuer aus den Eingangsumsätzen abziehen. Der EuGH bestätigt mit dem Urteil zunächst seine ständige Rechtsprechung, dass das Vorsteuerabzugsrecht nur entsteht, wenn die bezogenen Umsätze direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen zusammenhängen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen. Es dürfen also nur die Vorsteuerbeträge abgezogen werden, die die verschiedenen Kostenelemente eines besteuerten Umsatzes unmittelbar belasten (vgl. , Midland Bank, UR 2000 S. 342). Dies ist nicht der Fall, wenn die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens nach Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-RL (= Art. 19 MwStSystRL) als nicht steuerbarer Umsatz behandelt wird. Die Umsätze des begünstigten Erwerbers sind unmaßgeblich. Die Kosten der mit der Übertragung im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen gehören jedoch zu den allgemeinen Kosten des Unternehmens. Sie weisen mit diesen einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang auf und berechtigen insoweit grds. zum anteiligen Vorsteuerabzug (Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-RL = Art. 173 MwStSystRL). Ausgehend von diesen gefestigten Grundsätzen hat der EuGH nunmehr seine Rechtsprechung dahingehend fortentwickelt, dass auch allgemeine Kosten, die zu einem klar abgegrenzten Unternehmensteil gehören, einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Unternehmensteil aufweisen. In diesem Fall ist die gesamte auf den Eingangsumsätzen lastende Vorsteuer abzugsfähig, wenn dort nur zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze ausgeführt werden. Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts, festzustellen, ob diese Kriterien vorliegen. Der EuGH bestätigt damit vom Grundsatz her die Verwaltungsauffassung, dass es darauf ankommt, in welchem Umfang der Veräußerer vor der Geschäftsveräußerung vorsteuerschädliche bzw. vorsteuerunschädliche Umsätze ausgeführt hat. Unbeantwortet bleibt allerdings auch nach dem EuGH-Urteil, welcher Zeitraum für diese Beurteilung maßgebend sein soll. Die Verwaltung geht hier von dem Besteuerungszeitraum bis zur Veräußerung, ggf. unter Einbeziehung des vorherigen Zeitraums, aus (vgl. NWB RAAAA-86208; NWB BAAAA-86141). Die teils im Schrifttum vertretenen Auffassungen, wonach dem Veräußerer mangels Ausschlusstatbestand in § 15 Abs. 2 UStG stets der volle Vorsteuerabzug zustehe (vgl. Schlienkamp, UR 1994 S. 93; Wienands/Bahns, UR 1999 S. 265), das Vorsteuerabzugsrecht nur dem Erwerber zustehe (Ammann, UR 1998 S. 98, 285) bzw. auf die Verwendungsumsätze des Erwerbers abzustellen sei (im Ansatz Ammann, UR 1998 S. 98, 285; Lippross, Umsatzsteuer, 20. Aufl., S. 226; Reiß, UR 1996 S. 357), entsprechen nicht dem EuGH-Urteil.

Der EuGH hat entschieden, dass eine Vorgründungsgesellschaft, deren einziger Ausgangsumsatz – entsprechend dem Gesellschaftszweck – die Übertragung der bezogenen Leistungen im Rahmen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen an die neu gegründete Kapitalgesellschaft ist, zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen berechtigt ist (, Faxworld Vorgründungsgesellschaft NWB IAAAB-72574, und , BStBl 2005 II S. 155). Was den Umfang des Vorsteuerabzugsrechts angeht, stellt der EuGH im vorliegenden Fall in Abgrenzung zum Urteil v. - Rs. C-408/98, Abbey National NWB QAAAB-72294 – mangels steuerbarer Ausgangsumsätze der Vorgründungsgesellschaft – auf die Verhältnisse beim Begünstigten der Übertragung – also der später gegründeten Kapitalgesellschaft – ab. Sofern die Kapitalgesellschaft sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze erbringt, ist der Vorsteuerabzug bei der Vorgründungsgesellschaft entsprechend aufzuteilen.

Zu den umsatzsteuerrechtlichen Problemen bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen vgl. Birkenfeld, NWB F. 7 S. 5951 NWB HAAAA-74381; Hidien, UVR 2009 S. 11; Sikorski, NWB F. 7 S. 5279 NWB KAAAA-74354; Jorde/Grünwald, BB 2004 S. 743; Klein, DStR 2005 S. 1961; Robisch, UStB 2004 S. 57; Schmidt/Wänger, NWB F. 7 S. 6057 NWB FAAAA-74386; Sikorski, NWB F. 7 S. 5955 NWB BAAAA-74383; Weimann, UVR 2003 S. 225, und Winter UR 2003 S. 278. Zu der Geschäftsveräußerung im Ganzen bzw. zur Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs im Lichte der jüngsten EuGH-Rechtsprechung vgl. Forster, UVR 2004 S. 214. Zur Geschäftsveräußerung im Ganzen vgl. Hundt-Eßwein, UStB 2005 S. 205 und UStB 2008 S. 285; NWB GAAAB-44115; NWB JAAAB-88221, NWB BAAAC-19517 und NWB WAAAC-91448. Zur Vereinfachung von Grundstücksumsätzen - Option trotz etwaiger Geschäftsveräußerung - durch § 13b UStG vgl. Siebert, UStB 2005 S. 96. Zur Grundstücksübertragung zwischen Angehörigen vgl. NWB IAAAB-92591 und v. - S 7109 NWB BAAAC-32402, wobei die umsatzsteuerliche Beurteilung des Sachverhalts 3 durch das inzwischen ergangene o. g. (BStBl 2008 II S. 65) überholt ist, sowie NWB FAAAC-83815.

Tz. 21 Räumlicher Anwendungsbereich (Inland/Ausland)

§ 1 Abs. 2 UStG

Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStG sind nur steuerbar, wenn sie im Inland ausgeführt werden. Bei der Einfuhr nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG muss der Gegenstand vom Drittlandsgebiet in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg gelangen, damit die Einfuhr steuerbar ist. Inland ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des von der Schweiz umgebenen Gebiets der Gemeinde Büsingen am Hochrhein, der Insel Helgoland, der Freihäfen (vgl. aber auch Tz. 22), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze (im Bereich des Küstenmeeres ist die deutsche Hoheitsgrenze durch Proklamation der Bundesregierung mit Wirkung v. von bis dahin 3 auf 12 Seemeilen ausgedehnt worden, BGBl 1994 I S. 3428) und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG). Der Begriff „Freihafen” wurde durch das StÄndG 2003 mit Wirkung v. durch die Worte „Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Zollverwaltungsgesetzes (Freihäfen)” ersetzt. Damit wird die umsatzsteuerliche Terminologie an das Zollrecht angepasst (vgl. hierzu auch Schröder, UVR 2004 S. 259). Im UStG wird eine Legaldefinition des Begriffs „Freihafen” eingefügt. Entsprechend den Gewohnheiten im Rechts- und Geschäftsverkehr wird der Begriff „Freihafen” im UStG – allerdings inhaltlich geändert – weiter verwendet. Im Ergebnis wird der Begriff ”Freihafen” auf die Freizone des Kontrolltyps I beschränkt. Seit dem sieht das EG-Zollrecht neben dem herkömmlichen Freizonentyp einen weiteren Typ (Kontrolltyp II) vor, der hinsichtlich der Förmlichkeiten und der Art der Überwachung dem Zolllagerrecht angenähert und anders als die traditionelle Freizone nicht von einer zollamtlich überwachten Begrenzung (Zollzaun) umgeben ist (Art. 168a ZK). Die zollamtliche Überwachung einer Freizonengrenze soll nur bei Freizonen des herkömmlichen Typs i. S. des Art. 167 Abs. 3 ZK i. V. mit Art. 799 Buchst. a ZK-DVO, d. h. des Kontrolltyps I, stattfinden. Durch die Änderung im UStG wird den vorgenannten zollrechtlichen Änderungen Rechnung getragen. Die Freizonen des Kontrolltyps I werden weiterhin umsatzsteuerrechtlich als Drittlandsgebiet behandelt und die Freizonen des neuen Typs i. S. des Art. 168a ZK i. V. mit Art. 799 Buchst. b ZK-DVO, d. h. des Kontrolltyps II, werden umsatzsteuerrechtlich als Inlandsgebiet betrachtet. Die aufgrund der fehlenden räumlichen Begrenzung bestehende Missbrauchsanfälligkeit der Freizonen des Kontrolltyps II soll durch die Zuordnung zum umsatzsteuerrechtlichen Inland eingeschränkt und Besteuerungslücken bei Umsätzen mit Gemeinschaftswaren geschlossen werden. Damit soll auch dem jeweiligen wirtschaftlichen Interesse an der Einrichtung von den zollrechtlichen Bestimmungen unterfallenden Freizonen sowohl mit umsatzsteuerrechtlichem Drittlands- als auch mit Inlandsstatus entsprochen werden. Freihäfen sind bestimmte Teile der Häfen Bremen, Bremerhaven, Cuxhaven, Deggendorf, Duisburg, Emden, Hamburg und Kiel, die vom übrigen deutschen Teil des Zollgebiets der EU getrennt sind. Durch die Beschränkung des Begriffs „Freihafen” auf die Freizone des Kontrolltyps I sind die Häfen Deggendorf und Duisburg (Freizonen des Kontrolltyps II) ab dem als Inland zu behandeln. Bestimmte Umsätze in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie gelten als im Inland ausgeführt (§ 1 Abs. 3 UStG, Tz. 23, 24). Zur Steuerbarkeit von Umsätzen (Restaurationsumsätzen – sonstige Leistungen – und Kioskumsätzen – Lieferungen) auf dem Bodensee vgl. , BStBl 1998 II S. 278, und v. - V R 30/01, BStBl 2003 II S. 441, und generell Siebert/Fäßler, UStB 2005 S. 155. Der Luftraum über dem Inland sowie Flugplätze, Botschaften, Gesandtschaften, Konsulate anderer Staaten und Einrichtungen von Truppen fremder Staaten gehören selbst bei bestehender Exterritorialität zum Inland.

Ausland ist das Gebiet, das nicht zum Inland gehört. Das Ausland umfasst das Drittlandsgebiet und das übrige Gemeinschaftsgebiet (Tz. 22). Zum Ausland gehören auch die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG vom Inland ausgenommenen Gebiete. Auch die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg gehören zum Ausland in diesem Sinne, wobei aber die Einfuhr in diese Gebiete der deutschen EUSt unterliegt.

Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, kommt es für die Umsatzbesteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Das Besteuerungsrecht bei der Umsatzsteuer knüpft streng an die Territorialität an.

Tz. 22 Gemeinschaftsgebiet/Drittlandsgebiet

§ 1 Abs. 2a UStG

Das Gemeinschaftsgebiet umfasst die gemeinschaftsrechtlichen Inlandsgebiete aller EU-Mitgliedstaaten. Neben dem umsatzsteuerlichen Inlandsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (Tz. 21) sind dies die Gebiete der folgenden Staaten (übriges Gemeinschaftsgebiet): Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich zuzüglich des Fürstentums Monaco, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal einschließlich Madeira und der Azoren, Schweden, Spanien einschließlich der Balearen und Vereinigtes Königreich (mit England, Schottland, Wales und Nordirland) zuzüglich der Insel Man. Ab dem gehört auch das Gebiet der folgenden Staaten zum übrigen Gemeinschaftsgebiet (, BStBl 2004 I S. 480): Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Allerdings wird die Anwendung des Besitzstands in den Teilen Zyperns ausgesetzt, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt (d. h. im „türkischen Teil” Zyperns), bis der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig über die Aufhebung der Aussetzung entscheidet (Art. 1 des Protokolls Nr. 10 über Zypern der Beitrittsakte). Faktisch gehört damit nur der „griechische Teil” Zyperns zum übrigen Gemeinschaftsgebiet, während der „türkische Teil” Zyperns Drittlandsgebiet bleibt. Für die mehrwertsteuerliche Behandlung werden die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs auf Zypern Akrotiri und Dhekalia (britische Militärbasen im „griechischen Teil” Zyperns) wie zypriotisches Gemeinschaftsgebiet behandelt (Zweiter Teil des Anhangs des Protokolls Nr. 3 über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern). Hinsichtlich der Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs auf Zypern Akrotiri und Dhekalia bedarf es u. E. noch einer Anpassung von § 1 Abs. 2a UStG. Ab dem gehört zudem das Gebiet von Rumänien und Bulgarien zum übrigen Gemeinschaftsgebiet (vgl. zu den umsatzsteuerlichen Auswirkungen durch den Beitritt dieser beiden Staaten zur EU , BStBl 2007 I S. 208, und Maunz/Zugmaier, DStR 2007 S. 61).

Vom Inlandsgebiet des jeweiligen EU-Mitgliedstaats und damit vom Gemeinschaftsgebiet ausgenommen sind die Gebiete Grönland und die Färöer (Dänemark), die Åland-Inseln (Finnland), die überseeischen Departements Guadeloupe, Guyana, Martinique und Réunion sowie die überseeischen Gebiete Neukaledonien und zugehörige Gebiete, Wallis und Futuna, Französisch-Polynesien, die französischen Süd- und Antarktisgebiete sowie als französische Gebietskörperschaften Mayotte, Saint-Pierre und Miquelon (Frankreich), der Berg Athos (Griechenland), die britischen Länder und Gebiete in Übersee, die Selbstverwaltungsgebiete der Kanalinseln Jersey – Jersey, Les Ecrehou und Les Minquers – und Guernsey – Guernsey, Alderney, Sark, Brechou, Herm, Jethou und Lithou –, die britischen Hoheitszonen auf Zypern – Akrotiri und Dhekelia (mit Besonderheit ab dem ) – sowie die überseeischen Länder und Gebiete – Anguilla, die Kaimaninseln, die Falklandinseln, Südgeorgien und die Sandwich-Inseln, die Turks- und Caicosinseln, die britischen Jungferninseln, Montserrat, Pitcairn, St. Helena und Nebengebiete, das britische Antarktis-Territorium sowie das britische Territorium im Indischen Ozean – (Vereinigtes Königreich), Livigno, Campione d'Italia, San Marino und der zum italienischen Hoheitsgebiet gehörende Teil des Luganer Sees (Italien), die überseeischen Gebiete Aruba und Niederländische Antillen – Bonaire, Curacao, Sint Maarten, Saba und Sint Eustatius – (Niederlande), die Kanarischen Inseln – Gran Canaria, Fuerteventura, Lanzarote, Teneriffa, Gomera, La Palma und Hierro –, Ceuta und Melilla (Spanien). Diese Gebiete werden umsatzsteuerlich wie Drittlandsgebiet behandelt. Die britischen Hoheitszonen auf Zypern – Akrotiri und Dhekelia – sind allerdings ab dem kein umsatzsteuerliches Drittlandsgebiet mehr; Umsätze, deren Herkunfts- oder Bestimmungsort dort liegt, werden wie Umsätze behandelt, deren Herkunfts- oder Bestimmungsort in der Republik Zypern liegt (Zweiter Teil des Anhangs des Protokolls Nr. 3 über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern).

Die deutschen Freihäfen gehören gemeinschaftsrechtlich zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und damit zum Gemeinschaftsgebiet (Art. 3 Abs. 1–3 der 6. EG-RL = Art. 5 f. MwStSystRL). Aufgrund einer Protokollerklärung zu Art. 16 der 6. EG-RL (= Art. 164 f. MwStSystRL) dürfen die deutschen Freihäfen aber – entsprechend der Regelung im UStG (Tz. 21) – weiterhin als Ausland behandelt werden. Folglich ist eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung zwar auch gegeben, wenn sie in einem deutschen Freihafen beginnt und in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats endet oder umgekehrt. Da die Freihäfen aber nicht zum umsatzsteuerlichen Inland gehören (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG), ist eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung, die in einem deutschen Freihafen beginnt und für das Unternehmen des Auftraggebers ausgeführt wird, nicht steuerbar (Abschn. 42d Abs. 3 UStR; Tz. 79).

Zum Drittlandsgebiet gehören die Gebiete, die nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehören, z. B. auch EFTA-Staaten – Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz –, die Gebiete der Staaten, die mit der EU assoziiert sind, die internationalen Gewässer, die weder zum Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten noch der Drittstaaten gehören, sowie Andorra, Gibraltar, der Vatikan und der „türkische Teil” Zyperns.

Tz. 23 Letztverbrauch in Freihäfen usw.

Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden (kein umsatzsteuerliches Inland, vgl. Tz. 21), sind wie solche im Inland zu behandeln, um einen umsatzsteuerlich unbesteuerten Letztverbrauch in diesen Gebieten zu vermeiden:

a)

Lieferungen von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in diesen Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels jeweils durch Nichtunternehmer (Private, Hoheitsbereich der öffentlichen Hand) bestimmt sind, sind steuerbar (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG). So sind z. B. steuerbar die entgeltliche Abgabe von nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmten Speisen und Getränken und dergleichen an Letztverbraucher in Kantinen oder auf Schiffen (z. B. Fährschiffen) in den vorbezeichneten Gebieten, der Verkauf von Tabakwaren aus Automaten in Freihäfen und die Errichtung von Bauwerken für Hoheitsverwaltungen. Andere Warenverkäufe an Nichtunternehmer an Bord von Schiffen (sog. Mitbringsel) in den bezeichneten Gebieten unterliegen regelmäßig nicht der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG, da diese nicht zum Gebrauch oder Verbrauch in diesen Gebieten bestimmt sind (Schlienkamp, UR 1995 S. 1). In diesen Fällen ist aber § 3e UStG zu beachten (vgl. Tz. 86).

Steuerbar ist ferner die Lieferung von Gegenständen, z. B. Inventar, Seekarten, Treib- und Schmierstoffe, Proviant an private Schiffseigentümer zur Ausrüstung und Versorgung von Wasserfahrzeugen (z. B. Sportboote, Jachten, Behördenfahrzeuge zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben) in den bezeichneten Gebieten oder an andere Nichtunternehmer zur Ausrüstung und Versorgung von anderen Beförderungsmitteln (z. B. Pkw), auch wenn sie außerhalb dieser Gebiete eingesetzt werden. Nicht steuerbar sind Lieferungen von Gegenständen (auch Pkw, Boote) in den bezeichneten Gebieten an Nichtunternehmer zum Gebrauch oder Verbrauch außerhalb dieser Gebiete, soweit es sich dabei nicht um Ausrüstungen und Versorgungsgüter für Beförderungsmittel handelt. Nicht steuerbar sind Lieferungen in den bezeichneten Gebieten an Abnehmer, die die Gegenstände für ihr Unternehmen in diesen Gebieten oder außerhalb dieser Gebiete verwenden.

Die Regelung ist durch das JStG 2007 erweitert worden. Zum einen werden auch die innergemeinschaftlichen Erwerbe in die Umsätze einbezogen, die – unter den weiteren Voraussetzungen – wie Umsätze im Inland zu behandeln sind. Zum anderen gilt die Regelung nun auch in den Fällen, in denen der Abnehmer die Gegenstände ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet. Diese Ergänzung stellt sicher, dass Leistungsbezüge unternehmerisch tätiger Leistungsempfänger, welche den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze ausführen, auch in den bezeichneten Gebieten mit Umsatzsteuer belastet werden. So werden ungerechtfertigte Steuervorteile vermieden. Die Änderungen treten am (Tag nach der Verkündung des JStG 2007) in Kraft, vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6807 NWB WAAAC-33325; Köhler/Brockmann, NWB F. 2 S. 9191 NWB OAAAC-31323).

b)

Sonstige Leistungen in den bezeichneten Gebieten sind steuerbar (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UStG), wenn sie nicht für das Unternehmen des Auftraggebers ausgeführt werden (z. B. entgeltliche Abgabe von zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmten Speisen und Getränken an Letztverbraucher in Kantinen oder auf Schiffen, Beförderungen für private Zwecke, Reparaturen an privatgenutzten Pkw oder Wassersportfahrzeugen, Veranstaltungen von Wassersport-Lehrgängen in den vorbezeichneten Gebieten). Bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen mit Kraftfahrzeugen von und zu den bezeichneten Gebieten und zwischen diesen Gebieten sind die Streckenanteile in diesen Gebieten als inländische Beförderungsstrecken anzusehen (§ 6 UStDV). Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen, die sich ausschließlich auf das Inland und die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete erstrecken, sind die Streckenanteile in diesen Gebieten als inländische Beförderungsstrecken anzusehen (§ 7 Abs. 1 UStDV). Weitere Besonderheiten ergeben sich aus § 7 Abs. 2–4 UStDV (vgl. Tz. 75, 76).

Die Regelung ist durch das JStG 2007 erweitert worden. Sie gilt nun auch in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger die sonstigen Leistungen ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nr. 8– 27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet. Diese Ergänzung stellt sicher, dass Leistungsbezüge unternehmerisch tätiger Leistungsempfänger, welche den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze ausführen, auch in den bezeichneten Gebieten mit Umsatzsteuer belastet werden. So werden ungerechtfertigte Steuervorteile vermieden. Die Änderung tritt am 19. 12. 2006 (Tag nach der Verkündung des JStG 2007) in Kraft, vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6807 NWB WAAAC-33325; Köhler/Brockmann, NWB F. 2 S. 9191 NWB OAAAC-31323).

c)

Die den Lieferungen und sonstigen Leistungen gleichgestellten unentgeltlichen Wertabgaben (früher: Eigenverbrauch) in den bezeichneten Gebieten sind steuerbar (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStG). Die Regelung findet nur Anwendung, wenn der Unternehmer seinen Sitz oder eine Betriebsstätte in den bezeichneten Gebieten hat (§ 3f UStG; s. Tz. 87).

d)

Der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen durch eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, in den bezeichneten Gebieten ist steuerbar (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 UStG). Die erworbenen Gegenstände müssen zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sein. Steuerbar sind z. B. der Erwerb von Inventar, Seekarten, Treib- und Schmierstoffen durch die öffentliche Hand im hoheitlichen Bereich. Nicht steuerbar ist der innergemeinschaftliche Erwerb in den bezeichneten Gebieten durch eine juristische Person zum Gebrauch oder Verbrauch außerhalb dieser Gebiete, soweit es sich dabei nicht um Ausrüstungen oder Versorgungsgüter für Beförderungsmittel handelt.

Die Regelung ist durch das JStG 2007 aufgehoben worden. Der Regelungsinhalt der Vorschrift wird durch die Neufassung von § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG im JStG 2007 miterfasst. Die Änderung tritt am (Tag nach der Verkündung des JStG 2007) in Kraft, vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6807 NWB WAAAC-33325; Köhler/Brockmann, NWB F. 2 S. 9191 NWB OAAAC-31323).

e)

Der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs in den bezeichneten Gebieten durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 UStG genannten Erwerber (z. B. Kleinunternehmer, Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, juristische Person, die Nichtunternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, bzw. Unternehmer, der den Gegenstand nicht für sein Unternehmen erwirbt, oder Private) ist steuerbar (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 UStG).

Die Befreiungsvorschriften und Steuervergünstigungen bleiben unberührt. Lieferungen und sonstige Leistungen i. S. der Buchst. a und b in den bezeichneten Gebieten an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb i. S. des Buchst. a (ab ) bzw. d (bis ) in den bezeichneten Gebieten gelten als Umsätze an den Hoheitsbereich der öffentlichen Hand und damit als steuerbare Umsätze, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen (z. B. Bescheinigungen der Abnehmer) glaubhaft macht, dass seine Umsätze für das Unternehmen (Betrieb gewerblicher Art) des Bestellers ausgeführt worden sind.

Tz. 24 Freihafenveredelungsverkehr; Freihafenlagerung; freier Verkehr

§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und 5 UStG

Wie Umsätze im Inland zu behandeln sind die ein- oder mehrmaligen Lieferungen von Gegenständen im Freihafen (und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie; vgl. Tz. 21), die sich im Zeitpunkt des Umsatzes in einem zollamtlich bewilligten Freihafenveredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung befinden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a UStG). Der Freihafenveredelungsverkehr i. S. des § 12b EUStBV dient der Veredelung von Gemeinschaftswaren, die in einem Freihafen be- oder verarbeitet und anschließend einfuhrumsatzsteuerfrei in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg eingeführt werden. Die Freihafenlagerung i. S. des § 12a EUStBV betrifft Gemeinschaftswaren, die nach der vorübergehenden Aufbewahrung im Freihafen einfuhrumsatzsteuerfrei in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg gelangen. Die Freihafenlagerung kann zugelassen werden, wenn im Freihafen für den Außenhandel geschaffene Anlagen ansonsten wirtschaftlich nicht ausgenutzt werden können und der Freihafen durch die Lagerung seinem Zweck nicht entfremdet wird. Ein Beispiel für eine steuerbare Lieferung enthält Abschn. 15 Abs. 2 UStR. Steuerbare Lieferungen liegen nicht vor, wenn der Gegenstand der Lieferung nicht in das Inland gelangt oder wenn die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer auf anderen Vorschriften als den §§ 12a oder 12b EUStBV beruht (Abschn. 15 Abs. 3 UStR).

Wie Umsätze im Inland zu behandeln sind Lieferungen von Gegenständen in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten, die sich im Zeitpunkt des Umsatzes einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b UStG). Vgl. Beispiel in Abschn. 15 Abs. 4 UStR. Dadurch werden insbesondere in Abholfällen technische Schwierigkeiten beim Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer vermieden.

Als Umsätze im Inland gelten sonstige Leistungen in einem Freihafen (und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie), die im Rahmen eines zollamtlich bewilligten Freihafenveredelungsverkehrs oder einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung ausgeführt werden (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UStG). Es werden insbesondere die sonstigen Leistungen des Veredelers, des Lagerhalters und des Beförderungsunternehmers erfasst. So sind z. B. Beförderungen der veredelten Gegenstände aus dem Freihafen in das Inland insgesamt steuerbar und aufgrund des § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 UStG auch insgesamt steuerpflichtig.

Tz. 25 Innergemeinschaftlicher Erwerb

§ 1a UStG

a) Überblick

Ab ersetzt die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb bei gewerblichen Importen aus anderen EU-Mitgliedstaaten die bis dahin geltende Einfuhrumsatzsteuer. Der wichtigste Anwendungsfall des innergemeinschaftlichen Erwerbs liegt vor, wenn ein Gegenstand aus einem anderen Mitgliedstaat im Wege einer innergemeinschaftlichen Lieferung an den deutschen Erwerber in das Inland gelangt. Der Lieferer muss grds. ein mit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des anderen Mitgliedstaats auftretender Unternehmer sein. Der Erwerber muss ebenfalls bestimmte Qualifikationen erfüllen. Für eine bestimmte Gruppe von Erwerbern ist die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs davon abhängig, dass die sog. Erwerbsschwelle überschritten oder für die Erwerbsbesteuerung optiert wird. Diese Erwerbsschwelle gilt nicht für neue Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtige Waren. Der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge muss darüber hinaus von jeder Person – auch von einer Privatperson – versteuert werden (vgl. Tz. 28). Der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland setzt nicht voraus, dass die korrespondierende Lieferung im anderen Mitgliedstaat auch tatsächlich steuerfrei ist. Der innergemeinschaftliche Erwerb ist ein unabhängig von der Behandlung der innergemeinschaftlichen Lieferung bestehender eigenständiger Steuertatbestand.

Der innergemeinschaftliche Erwerb unterliegt nur dann der Umsatzsteuer, wenn der Leistungsort im Inland liegt (vgl. Tz. 85) und keine Steuerbefreiung eingreift (vgl. Tz. 143). Die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG grds. als Vorsteuer abziehbar (vgl. Tz. 238). Der Sondertatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens von Gegenständen innerhalb eines Unternehmens ist durch gesetzliche Fiktion (§ 1a Abs. 2 UStG) einem innergemeinschaftlichen Erwerb gegen Entgelt gleichgestellt (vgl. Tz. 26). Besonderheiten gelten für den innergemeinschaftlichen Erwerb im Rahmen von Dreiecksgeschäften (vgl. Tz. 320) und durch diplomatische Missionen und Streitkräfte (vgl. Tz. 29).

Der Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung der Gegenstände, in dem ein innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen erfolgt, nimmt seine Besteuerungskompetenz unabhängig von der mehrwertsteuerlichen Behandlung des Umsatzes im Mitgliedstaat des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände wahr. Ein etwaiger vom Lieferer der Gegenstände gestellter Antrag auf Berichtigung der in Rechnung gestellten und gegenüber dem Mitgliedstaat des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände erklärten Steuer wird von diesem Mitgliedstaat nach seinen nationalen Vorschriften bearbeitet (Art. 21 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rats v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1 –, der mit Wirkung v. gilt; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799).

b) Lieferung aus einem anderen Mitgliedstaat in das Inland

Ein innergemeinschaftlicher Erwerb in Deutschland setzt insbesondere voraus, dass ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats in das Inland oder in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (z. B. Freihäfen) gelangt (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Ein solches Gelangen liegt vor, wenn die Beförderung oder Versendung durch den Lieferer oder durch den Abnehmer oder durch einen vom Lieferer oder Abnehmer beauftragten Dritten im Gebiet des anderen Mitgliedstaats beginnt und im Inland endet. Dies gilt auch dann, wenn die Beförderung oder Versendung im Drittlandsgebiet beginnt und der Gegenstand im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats der EUSt unterworfen wird, bevor er in das Inland gelangt. Kein Fall des innergemeinschaftlichen Erwerbs liegt daher vor, wenn die Ware aus einem Drittland im Wege der Durchfuhr durch das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats in das Inland gelangt und erst hier einfuhrumsatzsteuerrechtlich zum freien Verkehr abgefertigt wird. Gelangt der Gegenstand von einem Mitgliedstaat über ein Drittland ins Inland (z. B. Italien – Schweiz – Deutschland), liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland vor.

Die Beförderung einer Yacht nach deren Erwerb in einem anderen Mitgliedstaat ist beendet, wenn die Yacht ihren Bestimmungsort erreicht hat. In diesem Mitgliedstaat liegt unter den weiteren Voraussetzungen ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Die Beurteilung, wo eine Beförderung endet, ist das Ergebnis einer Tatsachenwürdigung; Anhaltspunkte können sich aus der sog. „Ausklarierung” oder der Eintragung des Heimathafens ergeben. Die sich an das Ende der Beförderung anschließende erstmalige Verwendung durch den Abnehmer hat auf den Bestimmungsort grds. keinen Einfluss (, BStBl 2007 II S. 424).

Es muss sichergestellt sein, dass zwischen der Lieferung und der Warenbewegung ein ausreichender Zusammenhang besteht, da die Warenbewegung „bei der Lieferung” erfolgen muss. Ein ausreichender Zusammenhang liegt jedenfalls dann noch vor, wenn der Gegenstand nach Ausführung der Lieferung zunächst noch im Ursprungsland auf Veranlassung des Erwerbers be- oder verarbeitet wird, bevor er ins Bestimmungsland befördert wird (Umkehrschluss aus § 6a Abs. 1 Satz 2 UStG).

Der Erwerbstatbestand setzt eine entgeltliche Lieferung voraus (zum Begriff „Gegenstand der Lieferung” vgl. Abschn. 24 Abs. 1 UStR), wobei dies auch eine Werklieferung sein kann. Hierbei ist allerdings Voraussetzung, dass das fertige Werk Gegenstand der grenzüberschreitenden Warenbewegung ist. Bei sog. Montagelieferungen, bei denen das fertige Werk erst im Bestimmungsland entsteht, liegt kein Fall der Erwerbsbesteuerung durch den Abnehmer vor, da nicht das fertige Werk Gegenstand der grenzüberschreitenden Warenbewegung ist. Geht der Liefergegenstand beim Transport zum Erwerber unter, liegt u. E. nur dann ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat vor, wenn der Gegenstand nach dem Grenzübertritt untergeht. Geht er vor dem Grenzübertritt unter, mangelt es an der grenzüberschreitenden Warenbewegung, so dass im Bestimmungsland kein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegen kann.

c) Lieferer

Der (ausländische) Lieferer muss Unternehmer (kein Kleinunternehmer) sein und die Lieferung im Rahmen seines Unternehmens tätigen (§ 1a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Dabei ist auf die Voraussetzungen im Ursprungsmitgliedstaat abzustellen. Aus der Sicht des Erwerbers kann diese Voraussetzung als erfüllt angesehen werden, wenn der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats verwendet, in der Rechnung keine ausländische Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ausweist und auf die in dem anderen Mitgliedstaat geltende Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen hinweist.

d) Erwerber

Erwerber ist im Rahmen des Umsatzgeschäfts der Abnehmer der innergemeinschaftlichen Lieferung des (i. d. R. im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen) Lieferers. Der Erwerber muss entweder ein Unternehmer sein, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt (auch eine juristische Person des öffentlichen oder des privaten Rechts, die den Gegenstand für ihr Unternehmen erwirbt), oder eine juristische Person des öffentlichen oder des privaten Rechts, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Der Erwerb für das Unternehmen setzt eine Zuordnungsentscheidung durch den Unternehmer voraus. Durch die Angabe seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gibt der Erwerber zu erkennen, dass er den Liefergegenstand für sein Unternehmen erwerben will. Verzichtet er auf die Angabe seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, bringt er zum Ausdruck, dass er den Gegenstand nicht für sein Unternehmen erwerben will. Auf der Seite des leistenden Unternehmers liegt in diesem Fall keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor. Zu beachten ist, dass der Unternehmer nach , Armbrecht (BStBl 1996 II S. 392) ein Wahlrecht hat, ob er einen einheitlichen Gegenstand, den er sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendet, ganz oder teilweise seinem Unternehmen zuordnet. Dies gilt nach Auffassung der Verwaltung auch für gemischt genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter, wobei die Verwaltung davon ausgeht, dass der Unternehmer ein bewegliches Wirtschaftsgut grds. seinem Unternehmen zuordnet (Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Buchst. c UStR 2000). An dieser Unterstellung der Zuordnung kann nicht länger festgehalten werden. Der BFH hat entschieden, dass ein Unternehmer, der einen Gegenstand zur teils unternehmerischen und teils nichtunternehmerischen Nutzung erwirbt, diesen Gegenstand entweder insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen kann; schließlich kann er ihn entsprechend dem unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (, BStBl 2003 II S. 813). Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für und die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung zum Unternehmen. Gibt es keine Beweisanzeichen für die Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (, BStBl 2003 II S. 815). Eine Zuordnung zum Unternehmen scheidet u. E. allerdings aus, wenn die Lieferung nach ihrem Charakter nur für eine nichtunternehmerische Verwendung in Betracht kommt. Die Verwaltung hat ihre Auffassung zur Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen unter Bezugnahme auf die o. g. BFH-Rechtsprechung zwischenzeitlich geändert (, BStBl 2004 I S. 451). Danach gelten für alle Gegenstände, deren Anschaffung, Einlage oder Herstellung nach dem erfolgt, unter Aufhebung der entgegenstehenden Grundsätze in Abschn. 192 Abs. 21 UStR 2000 folgendes:

  • Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage eines Gegenstands. Der Leistungsbezug muss in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Unternehmers stehen. Eine Verwendung des Gegenstands in der jeweiligen Sphäre muss objektiv möglich und auch durchführbar sein. Kein Wahlrecht hinsichtlich der Zuordnung zum Unternehmen besteht bei Gegenständen, die ausschließlich für unternehmerische oder nichtunternehmerische Zwecke genutzt werden. Ein Unternehmer, der einen Gegenstand anschafft oder herstellt, den er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (z. B. zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf diesen Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen, wenn er ihn zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke nutzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).

  • Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung zum Unternehmen. Ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden. Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Unternehmer im Einzelfall Gegenstände für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erworben hat, ist eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Sachverhalts, zu denen die Art der betreffenden Gegenstände und der zwischen dem Erwerb der Gegenstände und ihrer Verwendung für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Unternehmers liegende Zeitraum gehören, zu beurteilen ist (z. B. beim An- und Verkauf des Gegenstands tritt Unternehmer unter seinem Firmennamen auf; betriebliche oder private Versicherung des Gegenstands). Unter Umständen kann auch die bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung ein Indiz für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung sein. Zwar ist die Wahrnehmung von Bilanzierungspflichten für die umsatzsteuerrechtliche Zuordnung nicht maßgeblich, jedoch kann z. B. der Umstand, dass der Unternehmer einen Gegenstand nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt, obwohl die Voraussetzungen dafür gegeben sind, ein Indiz dafür sein, dass er es auch umsatzsteuerrechtlich nicht seinem Unternehmen zuordnen wollte.

  • Gibt es keine derartigen Beweisanzeichen für eine Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden.

Erwirbt der Unternehmer einen Teil der Gegenstände für sein Unternehmen und den anderen Teil für seinen nichtunternehmerischen Bereich, muss er dies dem Lieferanten gegenüber deutlich machen. In diesem Fall müssen u. E. zwei getrennte Rechnungen erstellt werden. Bei einem Unternehmer (einschließlich der juristischen Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts, die den Gegenstand für ihr Unternehmen erwerben), der ganz oder zum Teil zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist der innergemeinschaftliche Erwerb unabhängig von einer Erwerbsschwelle steuerbar. Die juristischen Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts, die nicht Unternehmer sind oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben, sowie ein Kreis bestimmter Unternehmer (sog. Schwellenerwerber) haben dagegen den innergemeinschaftlichen Erwerb – mit Ausnahme neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren – nur beim Überschreiten der Erwerbsschwelle zu versteuern (vgl. Tz. 25, e).

e) Erwerbsschwelle

Bei folgendem Personenkreis (sog. Schwellenerwerber) liegt ein steuerbarer innergemeinschaftlicher Erwerb nur vor, wenn der Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Erwerbe aus allen EU-Mitgliedstaaten – mit Ausnahme der Erwerbe neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren – über der Erwerbsschwelle von 12.500 € liegt (§ 1a Abs. 3 UStG) oder wenn zur Erwerbsbesteuerung optiert wird (§ 1a Abs. 4 UStG):

  • Unternehmer, der nur steuerfreie Umsätze ausführt, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen (werden neben den genannten Umsätzen auch steuerpflichtige oder nicht den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze bewirkt, unterliegen die innergemeinschaftlichen Erwerbe ohne Rücksicht auf eine Schwelle der Besteuerung);

  • Unternehmer (Kleinunternehmer), für dessen Umsätze Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird (dies gilt nicht, wenn der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 UStG zur Regelbesteuerung optiert hat);

  • Unternehmer (pauschalierender Land- und Forstwirt), der den Gegenstand zur Ausführung von Umsätzen verwendet, für die die Umsatzsteuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 UStG festgesetzt ist (vgl. hierzu NWB AAAAA-86338; , UR 2003 S. 256; NWB PAAAC-97259), oder

  • juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt (maßgebend für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Erwerbe in Bezug auf die Erwerbsschwelle sind nur die im nichtunternehmerischen Bereich bewirkten Erwerbe).

Bei den Schwellenerwerbern unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Mineralöle, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren) unabhängig von der Erwerbsschwelle stets der Erwerbsbesteuerung (§ 1a Abs. 5 UStG), sofern die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 UStG vorliegen. Bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs ist zu beachten, dass das Tatbestandsmerkmal „Lieferung durch einen Unternehmer” (§ 1a Abs. 1 Nr. 3 UStG) auch dann erfüllt ist, wenn diese Lieferung durch einen Privaten erfolgt, da dieser für die Lieferung des neuen Fahrzeugs „wie ein Unternehmer behandelt wird” (§ 2a UStG). Folglich liegt auch in diesen Fällen ein zu besteuernder innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Wird bei anderen Lieferungen als neue Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren die Erwerbsschwelle nicht überschritten, tritt an die Stelle der Erwerbsbesteuerung die Besteuerung des Lieferers nach Maßgabe der Versandhandelsregelung des § 3c UStG (vgl. Tz. 84).

Die Erwerbsbesteuerung unterbleibt, wenn die Erwerbsschwelle von 12.500 € im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten wurde und zu erwarten ist, dass sie auch im laufenden Kalenderjahr nicht überschritten wird (§ 1a Abs. 3 Nr. 2 UStG). Für das laufende Kalenderjahr kommt es lediglich auf eine sachgerechte Prognose zu Beginn des Jahrs an. Bei Erwerben im Vorjahr von unter 12.500 € kann daher die Erwerbsbesteuerung im laufenden Kalenderjahr unterbleiben, auch wenn die tatsächlichen innergemeinschaftlichen Erwerbe – entgegen der sachgerechten Prognose – im Laufe des Jahres die Grenze von 12 500 € überschreiten. Einzubeziehen sind alle Bezüge von Gegenständen (§ 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG) und das unternehmensinterne Verbringen (§ 1a Abs. 2 UStG, vgl. Tz. 26), die einen innergemeinschaftlichen Erwerb darstellen bzw. ohne die Sonderregelung darstellen würden, mit Ausnahme der Erwerbe neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren. Maßgeblich sind die Nettoentgelte, so dass vom Lieferer ggf. ausgewiesene ausländische Umsatzsteuer auszuscheiden ist.

f) Verzicht auf die Erwerbsschwelle

Der Erwerber kann gegenüber dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung der Erwerbsschwelle verzichtet (§ 1a Abs. 4 UStG). Er unterliegt dann unabhängig von der Höhe seiner Erwerbe in jedem Fall der Erwerbsbesteuerung nach § 1a UStG. Für die Erklärung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Da die Erklärung gegenüber dem Finanzamt erfolgen muss, reicht ein Auftreten des Abnehmers mit einer ihm erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gegenüber dem Lieferer allerdings nicht aus ( NWB PAAAC-97259). In diesen Fällen wird das Finanzamt den Erwerber auffordern, Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abzugeben. Durch die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. der Umsatzsteuer-Jahreserklärung verzichtet der Unternehmer auf die Anwendung des § 1a Abs. 3 UStG. Kommt der Unternehmer dieser Aufforderung nicht nach, liegen die Voraussetzungen für einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland nicht vor, so dass auch die Lieferung an den deutschen Erwerber im übrigen Gemeinschaftsgebiet nach Art. 28c Teil A Buchst. a der 6. EG-RL (= Art. 138 f. MwStSystRL) nicht als umsatzsteuerfrei behandelt werden darf (, UR 2003 S. 256). Die Optionserklärung bindet den Erwerber mindestens für zwei Kalenderjahre und kann nicht auf bestimmte Mitgliedstaaten beschränkt werden.

Zur Erwerbsbesteuerung pauschalierender Landwirte vgl. NWB PAAAC-97259).

g) Besonderheiten bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Juristische Personen des öffentlichen Rechts haben grds. alle in ihrem Bereich vorgenommenen innergemeinschaftlichen Erwerbe zusammenzufassen. Bei den großen Gebietskörperschaften Bund und Länder können auch einzelne Organisationseinheiten (z. B. Ressorts, Behörden, Ämter) für ihre innergemeinschaftlichen Erwerbe als Steuerpflichtige behandelt werden. Dabei wird aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen, dass die Erwerbsschwelle überschritten ist. In diesem Fall können die einzelnen Organisationseinheiten eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten.

h) Erwerb neuer Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtiger Waren

Der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge unterliegt bei jedem Erwerber – auch bei Privatpersonen (vgl. Tz. 28) – und unabhängig von einer Erwerbsschwelle der Besteuerung. Bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren (Mineralöle, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren) ist bei allen in Buchst. d bezeichneten Erwerbern unabhängig von einer Erwerbsschwelle die Erwerbsbesteuerung vorzunehmen.

Tz. 26 Unternehmensinternes Verbringen als innergemeinschaftlicher Erwerb

§ 1a Abs. 2 UStG

a) Innergemeinschaftliches Verbringen

Verbringt ein Unternehmer einen Gegenstand seines Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, gilt dieser Vorgang als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt (§ 1a Abs. 2 UStG). Der Verbringenstatbestand ist auf Unternehmer beschränkt. Ist der verbringende Unternehmer ein sog. Schwellenunternehmer (vgl. Tz. 25, e), ist der Verbringenstatbestand nur als innergemeinschaftlicher Erwerb steuerbar, wenn dieser Unternehmer die Erwerbsschwelle überschritten oder zur Erwerbsbesteuerung optiert hat. Der verbringende Unternehmer, der im Ausgangsmitgliedstaat Lieferer ist (vgl. § 3 Abs. 1a UStG), gilt im Inland als Erwerber. Dem innergemeinschaftlichen Erwerb steht im anderen Mitgliedstaat eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gegenüber (vgl. § 3 Abs. 1a i. V. mit § 6a Abs. 2 UStG).

Ein Verbringen ist innergemeinschaftlich, wenn der Gegenstand auf Veranlassung des Unternehmers (durch Befördern oder Versenden) vom Ausgangsmitgliedstaat in das Inland (Bestimmungsmitgliedstaat) gelangt. Es setzt voraus, dass der Gegenstand im Ausgangsmitgliedstaat bereits dem Unternehmen zugeordnet war (z. B. dort erworben oder hergestellt wurde) und sich bei Beendigung der Beförderung oder Versendung im Inland weiterhin in der Verfügungsmacht des Unternehmers befindet. Der innergemeinschaftliche Erwerb wird nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes und ohne Umsatzsteuer, bemessen (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG).

b) Nicht nur vorübergehende Verwendung im Inland


Die Erwerbsbesteuerung setzt voraus, dass der Gegenstand zu einer nicht nur vorübergehenden Verwendung durch den Unternehmer in das Inland gelangt. Davon ist stets auszugehen, wenn der Gegenstand im inländischen Unternehmensteil dem Anlagevermögen zugeführt oder dort als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoff verarbeitet oder verbraucht wird. Auch ein Verbringen mit einer konkreten Verkaufsabsicht (z. B. Verbringen auf ein Auslieferungslager oder Konsignationslager) gilt als nicht nur vorübergehend. Eine Reihe anderer Mitgliedstaaten behandelt das Verbringen in ein Konsignationslager – entgegen der eindeutigen EG-Rechtslage – unter unterschiedlichen Voraussetzungen nicht als innergemeinschaftliches Verbringen, sondern nimmt bei Auslieferung an den Abnehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung (anstatt einer Inlandslieferung) an. Die OFD Karlsruhe hat zu der Frage Stellung genommen, wie sich der deutsche Unternehmer in diesen Fällen verhalten kann ( NWB IAAAA-86477). Vgl. zu den Problemen aufgrund von Vereinfachungsregelungen in einzelnen Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Konsignationslagern auch Keller, UR 2000 S. 61, und Müller-Lee, UStB 2003 S. 238. Sollen die Gegenstände im Inland außerhalb einer Betriebsstätte, z. B. auf einem Wochenmarkt, durch den Unternehmer veräußert werden (d. h. der Abnehmer steht bei Beginn des Verbringens noch nicht fest), kann der innergemeinschaftliche Erwerb aus Vereinfachungsgründen auf die tatsächlich verkaufte Warenmenge beschränkt werden.

Kein innergemeinschaftliches Verbringen liegt unter Beachtung der Regelung in Art. 28a Abs. 5 Buchst. b und Abs. 7 der 6. EG-RL (= Art. 17 und Art. 23 MwStSystRL) vor, wenn die Verwendung des Gegenstands im Inland

  • ihrer Art nach nur vorübergehend ist, wobei es auf die Dauer der tatsächlichen Verwendung im Bestimmungsmitgliedstaat nicht ankommt (z. B. Verwendung von Baumaterial bei einer inländischen Werklieferung, Verbringen im Rahmen einer Vermietungsleistung in das Inland, Ausführung von Reparaturleistungen an einem in das Inland verbrachten Gegenstand) oder

  • befristet ist (Vorgang, für den bei einer entsprechenden Einfuhr aus dem Drittland wegen vorübergehender Verwendung eine vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben bestehen würde). Fälle der vorübergehenden Verwendung mit einer Verwendungsfrist von 24 Monaten gibt es z. B. bei Waren, die auf Ausstellungen, Messen, Kongressen und ähnlichen Veranstaltungen ausgestellt werden oder bei der Überlassung von Werbematerial für den Fremdenverkehr. Weitere Beispiele für eine befristete Verwendung ergeben sich aus Abschn. 15b Abs. 12 UStR.

Vgl. zur Frage einer vorübergehenden Verwendung in den Fällen der Materialbeistellung durch den Unternehmer zu einer an ihn ausgeführten Werklieferung , UR 2008 S. 831.

In diesen Fällen sind aber die Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 4a und 4b UStG zu beachten. Zur Frage der umsatzsteuerlichen Folgen, wenn Gegenstände der vorübergehenden oder befristeten Verwendung im Bestimmungsmitgliedstaat untergehen oder entgegen der ursprünglichen Absicht verkauft werden oder bei der befristeten Verwendung die Fristen überschritten werden, vgl. Abschn. 15b Abs. 11 und 13 UStR.

c) Entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 8 UStG

Kein Fall des Verbringenstatbestands nach § 1a Abs. 2 UStG liegt grds. dann vor, wenn der Gegenstand im Rahmen einer im Ausgangsmitgliedstaat steuerbaren Lieferung in das Inland gelangt, d. h. wenn der Abnehmer bei Beginn des Transports im Ausgangsmitgliedstaat bereits feststeht und der Gegenstand an ihn unmittelbar ausgeliefert wird. Vor dem konnte in diesen Fällen der Lieferort in das Inland verlagert werden, wenn der Lieferer die Einfuhrumsatzsteuer übernahm. Aus Vereinfachungsgründen kann dieses Verfahren in der Weise fortgeführt werden, dass der liefernde Unternehmer im Inland einen innergemeinschaftlichen Erwerb aufgrund eines Verbringens (und die anschließenden Lieferungen an die Abnehmer) versteuert, sofern es sich um eine größere Abnehmerzahl handelt und die beteiligten Steuerbehörden im Ausgangsmitgliedstaat und im Inland mit dieser Behandlung einverstanden sind. Dieses Verfahren ist auf Fälle beschränkt, in denen einem Lieferanten aus einem anderen Mitgliedstaat eine größere Zahl von Abnehmern im Inland gegenüberstehen; es kommt z. B. in Betracht, wenn Großhändler im grenznahen Raum eine Vielzahl von Kleinabnehmern beliefern. In anderen Fällen ist es nicht anwendbar, da dadurch die Binnenmarktregelungen ausgehebelt würden.

Wegen weiterer Einzelheiten zum innergemeinschaftlichen Verbringen vgl. Abschn. 15b UStR.

Tz. 27 Passive Lohnveredelung als innergemeinschaftlicher Erwerb

§ 1a Abs. 2 Nr. 2 UStG a. F.

Der zum durch Fiktion einem innergemeinschaftlichen Erwerb gegen Entgelt gleichgestellte Sondertatbestand der Inanspruchnahme einer innergemeinschaftlichen funktionsändernden Lohnveredelung (§ 1a Abs. 2 Nr. 2 UStG a. F.) ist mit Wirkung v. aufgehoben worden. Dafür ist die Regelung für die Be- und Verarbeitung bzw. die Begutachtung beweglicher körperlicher Gegenstände (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG) ergänzt worden (vgl. Tz. 70).

Tz. 28 Innergemeinschaftlicher Erwerb neuer Fahrzeuge

§ 1b UStG

Der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge wird ab dem umfassend besteuert, und zwar auch bei solchen Personen, die sonst nicht zum Kreis der Erwerbsbesteuerer gehören. Nach § 1b Abs. 1 UStG ist der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch einen Erwerber, der weder ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt, noch eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts ist, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, ein innergemeinschaftlicher Erwerb. Die Vorschrift gilt damit in erster Linie für Privatpersonen, aber auch nichtunternehmerische Personenzusammenschlüsse oder Unternehmer, die das neue Fahrzeug nicht für ihr Unternehmen erwerben. Ob ein Unternehmer das Fahrzeug seinem Unternehmen oder seinem Privatbereich zuordnet, ergibt sich aus seiner Zuordnungsentscheidung, die sich aufgrund der objektiven Gegebenheiten ergibt. Auch hier ist zu beachten, dass der Unternehmer nach , Armbrecht (BStBl 1996 II S. 392) ein Wahlrecht hat, ob er einen einheitlichen Gegenstand, den er sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendet, ganz oder teilweise seinem Unternehmen zuordnet. Zu den danach für alle Gegenstände, deren Anschaffung, Einlage oder Herstellung nach dem erfolgt, geltenden Grundsätzen vgl. Tz. 25, d). Für kritische Anmerkungen zur EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Zuordnung von Anlagegenständen zum Unternehmen vgl. Stadie, UR 2004 S. 597.

Teilt der Unternehmer das neue Fahrzeug auf, verwirklicht er sowohl einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a UStG als auch nach § 1b UStG mit unterschiedlicher verfahrensmäßiger Behandlung. Die sonstigen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG gelten auch für diesen Personenkreis (vgl. Tz. 25). Zur Auslegung des Begriffs „bei der Lieferung” im Zusammenhang mit dem innergemeinschaftlichen Erwerb eines neuen Fahrzeugs vgl. , UR 2002 S. 184. Die Umsatzsteuer wird in einem besonderen Verfahren (Fahrzeugeinzelbesteuerung, vgl. Tz. 254, 261) erhoben. Fahrzeuge i. S. der Vorschrift sind

a)

motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 ccm oder einer Leistung von mehr als 7,2 kW (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Dazu gehören insbesondere Pkw, Lkw, Motorräder, Motorroller, Mopeds, Wohnmobile und Caravane. Nicht dazu rechnen Wohnwagen, Packwagen und andere Anhänger ohne eigenen Motor, die nur vom Kraftfahrzeug mitgeführt werden können, und selbstfahrende Arbeitsmaschinen und land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen, die nach ihrer Bauart oder ihrer besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt oder geeignet sind. Ein Landfahrzeug gilt als neu, wenn entweder seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt oder wenn es im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als 6 000 km zurückgelegt hat (§ 1b Abs. 3 Nr. 1 UStG).

b)

Wasserfahrzeuge mit einer Länge von mehr als 7,5 m (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG). Dazu gehören z. B. größere Motorboote und Segeljachten. Ein Wasserfahrzeug gilt als neu, wenn entweder seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt oder wenn es im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als 100 Betriebsstunden auf dem Wasser zurückgelegt hat (§ 1b Abs. 3 Nr. 2 UStG).

c)

Luftfahrzeuge, deren Starthöchstmasse (zulässiges Gesamtgewicht beim Aufstieg) mehr als 1 550 kg beträgt (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG). Dazu gehören in erster Linie Sportflugzeuge, nicht jedoch sog. Ultraleicht-Flugzeuge. Ein Luftfahrzeug gilt als neu, wenn entweder seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt oder wenn es im Zeitpunkt des Erwerbs nicht länger als 40 Betriebsstunden (Flugstunden) genutzt worden ist (§ 1b Abs. 3 Nr. 3 UStG).

Da der Fahrzeugbegriff hier für mehrere Vorschriften des UStG zentral definiert ist, wird klargestellt, dass die Definition nicht für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) und die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen (§ 4 Nr. 17 Buchst. b UStG) gilt (§ 1b Abs. 2 Satz 2 UStG).

Vgl. zum innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge und zur Fahrzeugeinzelbesteuerung auch , UR 2003 S. 510.

Tz. 29 Besonderheiten beim innergemeinschaftlichen Erwerb durch diplomatische Missionen, zwischenstaatliche Einrichtungen und Streitkräfte

§ 1c UStG

§ 1c UStG enthält auf der einen Seite eine Einschränkung des Erwerbstatbestands, indem die genannten Einrichtungen – soweit sie nicht Unternehmer sind – aus der Erwerbsbesteuerung nach § 1a UStG (vgl. Tz. 25) insgesamt ausgenommen werden. Auf der anderen Seite wird der Erwerbstatbestand aber ausgeweitet, da die Streitkräfte in bestimmten Fällen – obwohl sie keine Unternehmer sind – in die Erwerbsbesteuerung nach § 1a Abs. 2 UStG (innergemeinschaftliches Verbringen; vgl. Tz. 26) einbezogen werden. Die Regelungen sind im systematischen Zusammenhang mit § 4 Nr. 7 UStG zu sehen.

a)

Ständige diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen, zwischenstaatliche Einrichtungen und Streitkräfte anderer Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags sind vom innergemeinschaftlichen Erwerb i. S. des § 1a UStG ausgenommen (§ 1c Abs. 1 UStG). Sie gelten nicht als Erwerber i. S. des § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG. Dies hat zur Folge, dass diesen Einrichtungen grds. keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen ist, bei Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten an diese Einrichtungen der Ort der Lieferung unter den Voraussetzungen des § 3c UStG in das Inland verlagert wird und diese Einrichtungen nur beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge der Erwerbsbesteuerung nach § 1b UStG unterliegen. Soweit die genannten Einrichtungen aus anderen Gründen Unternehmer sind und den Gegenstand für ihr Unternehmen erwerben (z. B. Kasinos), gilt die Ausnahmeregelung nicht.

b)

Das Verbringen eines Gegenstands durch die deutschen Streitkräfte aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland für den Gebrauch oder Verbrauch dieser Streitkräfte oder ihres zivilen Begleitpersonals gilt als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt i. S. des § 1a Abs. 2 UStG, wenn die Lieferung des Gegenstands an die deutschen Streitkräfte im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder die Einfuhr durch diese Streitkräfte nicht der Besteuerung unterlegen hat (§ 1c Abs. 2 UStG).

Tz. 30 Unternehmer – Begriff und Bedeutung

§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG

Der Unternehmer (im Gemeinschaftsrecht als Steuerpflichtiger bezeichnet) ist als Steuersubjekt die zentrale Rechtsfigur bei der Umsatzsteuer. Er ist wesentliches Tatbestandsmerkmal bei den wichtigsten Steuertatbeständen des UStG. Nur ein Unternehmer kann steuerbare Lieferungen oder sonstige Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführen. An die Eigenschaft des Unternehmers sind weitere wesentliche Rechtsfolgen geknüpft:

  • Der Unternehmer ist, von Sonderfällen abgesehen, Schuldner der Umsatzsteuer für die von ihm ausgeführten Umsätze nach § 13a Abs. 1 UStG. Er ist verpflichtet, gem. § 18 UStG Umsatzsteuererklärungen und -Voranmeldungen abzugeben und Zahlungen zu leisten.

  • Nur ein Unternehmer ist nach § 15 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Er darf nur die von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

  • Nur bei einem Umsatz an einen Unternehmer kann auf bestimmte Steuerbefreiungen nach § 9 UStG verzichtet werden.

Nach der gesetzlichen Definition des § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (vgl. Tz. 31) selbständig (vgl. Tz. 32) ausübt. Dabei wird unter einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen verstanden. Die Unternehmereigenschaft ist hiernach nicht von einer bestimmten Rechtsform abhängig. Neben den natürlichen und juristischen Personen können alle Arten von Personenzusammenschlüssen, insbesondere die Personengesellschaft des Handelsrechts (OHG, KG) und die GbR, Unternehmer sein. Rechtsfähigkeit im zivilrechtlichen Sinn ist nicht erforderlich (, BStBl 1993 II S. 734; , BStBl 1994 II S. 671). Für die Unternehmereigenschaft einer Personengesellschaft ist es unerheblich, ob ihre Gesellschafter Mitunternehmer i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind. Für den Gesellschafter begründet seine Eigenschaft als Mitunternehmer im einkommensteuerrechtlichen Sinne noch keine Unternehmereigenschaft nach dem UStG. Auch lose Zusammenschlüsse können Unternehmereigenschaft besitzen, wenn sie als solche nach außen in Erscheinung treten. Dies gilt z. B. für Arbeitsgemeinschaften mit Umsätzen an Dritte, für die Belegschaft oder den Betriebsrat mit dem ständigen Verkauf von Waren an Betriebsangehörige, für Personenzusammenschlüsse zum Betrieb von Kantinen, Kasinos, Erholungsheimen, für Einkaufsringe, für nach außen auftretende Rechtsanwaltsgemeinschaften mit den Notariatsgeschäften ihrer Mitglieder.

Das Umsatzsteuerrecht kennt keine Haushaltsbesteuerung oder Zusammenveranlagung. Daher können bei Ehepaaren jeder Partner für sich und die Ehegattengemeinschaft als solche Unternehmer sein. Vermieten Ehegatten mehrere in ihrem Bruchteilseigentum stehende Grundstücke, ist die jeweilige Bruchteilsgemeinschaft ein gesonderter Unternehmer, wenn aufgrund unterschiedlicher Beteiligungsverhältnisse im Vergleich mit den anderen Bruchteilsgemeinschaften eine einheitliche Willensbildung nicht gewährleistet ist (, BStBl 1993 II S. 734). Ehegatten, die auf einem in ihrem Miteigentum stehenden Grundstück ein Wohngebäude errichten, sind als Empfänger der Bauleistungen anzusehen, wenn die Ehegattengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit handelt und als solche keine unternehmerische Tätigkeit ausübt (vgl. , BStBl 2007 II S. 13).

Jedes unternehmerfähige Gebilde kann teils Unternehmer, teils Nichtunternehmer sein. Dies gilt vor allem für Vereine, Forschungsbetriebe oder ähnliche Einrichtungen, die neben echten Mitgliederbeiträgen und Zuschüssen auch Entgelte für Lieferungen oder sonstige Leistungen vereinnahmen (vgl. zu gemeinnützigen Körperschaften NWB MAAAC-80259). Aber auch Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften können einen nichtunternehmerischen Bereich besitzen (, BStBl 1985 II S. 176). Partielle Unternehmereigenschaft kann auch bei teilweise unselbständig tätigen natürlichen Personen gegeben sein (vgl. Tz. 33). Eine Werbegemeinschaft ist Unternehmer, so weit die Aufwendungen der Mitglieder Leistungsentgelte (keine echten Mitgliederbeiträge) sind (, BStBl 1986 II S. 153).

Wird ein gesetzlicher Amtswalter über eine Vermögensmasse bestellt, ist dies grds. auf die Unternehmereigenschaft ohne Einfluss. Wird ein Unternehmen durch den Zwangsverwalter im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit nach § 152 Abs. 1 ZVG, durch den vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzverwalter geführt, ist nicht der Amtsinhaber der Unternehmer, sondern der Inhaber der Vermögensmasse, für die der Amtsinhaber tätig wird. Wegen der Einzelheiten zur Stellung des Unternehmers im Insolvenzverfahren vgl. Rondorf, NWB F. 7 S. 5391 ff. Ein Erbe bleibt Unternehmer, wenn ein zum Nachlass gehörendes Unternehmen vom Testamentsvollstrecker für den Erben fortgeführt wird. Führt der Testamentsvollstrecker jedoch ein Handelsgeschäft als Treuhänder der Erben im eigenen Namen weiter, ist er der Unternehmer (, BStBl 1991 II S. 191). Ein Testamentsvollstrecker, der über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl von Handlungen vornimmt, wird regelmäßig nachhaltig und damit unternehmerisch tätig; dies gilt auch bei einer „Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung”. Die unternehmerische Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers unterliegt auch dann der Umsatzsteuer, wenn sie aus privatem Anlass aufgenommen wurde; die Rechtsprechung des EuGH zur „nur gelegentlichen” Ausführung von Umsätzen durch Nutzung privater Gegenstände kann hierzu nicht erweiternd angewendet werden (vgl. , BStBl 2007 II S. 148). Die von einem für eine Rechtsanwaltskanzlei als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt ausgeführten Umsätze sind im Wege einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Kanzlei zuzurechnen. Dies gilt sowohl für einen – ausschließlich als Insolvenzverwalter tätigen – angestellten Rechtsanwalt als auch für einen an der Kanzlei als Gesellschafter beteiligten Rechtsanwalt. Es findet insofern kein Leistungsaustausch zwischen der Rechtsanwaltskanzlei und dem Rechtsanwalt statt (vgl. NWB ZAAAD-23773).

Innengesellschaften, die ohne eigenes Vermögen, ohne Betrieb, ohne Rechtsfähigkeit und ohne Firma bestehen, sind mangels Auftreten nach außen keine Unternehmer. Nur die an ihnen beteiligten Personen oder Personenzusammenschlüsse können Unternehmer sein. Nichtunternehmer sind ferner reine Interessengemeinschaften (z. B. Bürogemeinschaften von Rechtsanwälten), Meta-Verbindungen, die – typische oder atypische – stille Gesellschaft, eine nur zur Verwirklichung der privaten Jagdinteressen ihrer Mitglieder gegründete Personengesellschaft, der Vorstandsvorsitzende einer Kassenärztlichen Vereinigung, der als ihr Organwalter keine geschäftliche Betätigung gegenüber Dritten erbringt (, BStBl 1983 II S. 156).

Wem eine Leistung als Unternehmer zuzurechnen ist, richtet sich danach, wer dem Leistungsempfänger gegenüber als Schuldner der Leistung auftritt. Bei Schein- oder Strohmanngeschäften kann die Leistung auch einer anderen als der nach außen auftretenden Person zuzurechnen sein (, BStBl 1995 II S. 275). Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Rechtsgeschäft zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger wusste oder davon ausgehen musste, dass der als Leistender Auftretende (Strohmann) keine eigene Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft eingehen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern wollte (, BStBl 2004 II S. 622).

Wenn der Erwerber einer verpachteten Gewerbe-Immobilie, der anstelle des Veräußerers in den Pachtvertrag eingetreten ist, anschließend wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Pächters auf Pachtzinszahlungen verzichtet und mit dem Pächter vereinbart, dass die Zahlungen wieder aufzunehmen sind, wenn sich die finanzielle Situation des Pächters deutlich verbessert, kann i. d. R. nicht bereits eine unentgeltliche nichtunternehmerische Tätigkeit angenommen werden (vgl. , BStBl 2005 II S. 849).

Tz. 31 Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit

§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG

a) Grundsätzliches

Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht fehlt, Gewinn zu erwirtschaften, oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Es muss sich um Leistungen im wirtschaftlichen Sinne handeln. Leistungen, die ausschließlich die Privatsphäre berühren, sind nicht steuerbar, z. B. die Unterhaltung von Sparkonten oder das Eigentum an Wertpapieren außerhalb des Unternehmens einer natürlichen Person.

Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nachhaltig ausgeübt, wenn sie auf Dauer zur Erzielung von (Leistungs-)Entgelten angelegt ist (, BStBl 1991 II S. 776). Maßgebend ist das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall. Die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale müssen anhand eines Kriterienkatalogs gegeneinander abgewogen werden, wobei folgende Kriterien für Nachhaltigkeit sprechen: Mehrjährige Tätigkeit, planmäßiges Handeln, auf Wiederholung angelegte Tätigkeit, Ausführung mehr als nur eines Umsatzes, Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses, langfristige Duldung eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis, Intensität des Tätigwerdens, Beteiligung am Markt, Auftreten wie ein Händler, Unterhalten eines Geschäftslokals sowie Auftreten nach außen, z. B. gegenüber Behörden. Nachhaltigkeit ist danach zu bejahen z. B. bei Vereinsfestlichkeiten, bei sog. Saison-Unternehmern, bei der Erledigung nur eines Auftrags durch eine Arbeitsgemeinschaft oder bei einer Verwaltungs- oder einer Auseinandersetzungs-Testamentsvollstreckung, die sich über mehrere Jahre erstreckt (auch wenn sie aus privatem Anlass vorgenommen wird). Auf die Gründe wiederholter Handlungen und auf die Zeitabstände zwischen ihnen kommt es nicht an. Nachhaltig tätig werden u. a. Richter i. R., die mehrfach Rechtsgutachten erstatten; Personen, die von Zeit zu Zeit schiedsrichterliche Aufgaben oder mehrere Vormundschaften neben- oder nacheinander übernehmen; Grundstückseigentümer, die einmalig einen Nießbrauch an ihrem Grundstück bestellen, sowie Gesellschafter einer GbR, die nur einen Gegenstand an die Gesellschaft vermieten (, BStBl 1992 II S. 269). Nachhaltig ist i. d. R. auch die entgeltliche Unterlassung von Wettbewerb über einen längeren Zeitraum von z. B. fünf Jahren, wobei die vereinbarte Vergütung bereits ein Indiz für das wirtschaftliche Gewicht der Tätigkeit darstellt (vgl. , BStBl 2004 II S. 472). Nicht erforderlich ist ein enger Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit des Steuerpflichtigen oder die Absicht, in weiteren Fällen gegen Vergütung ein Wettbewerbsverbot einzugehen. Eine Kommanditgesellschaft, die nachhaltig mit der Absicht, Einnahmen zu erzielen, eine Pferdezucht betreibt, ist Unternehmer, auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht fehlt (vgl. , NWB KAAAD-22378).

Nicht nachhaltig tätig ist dagegen ein Angehöriger einer Automobilfabrik mit dem Verkauf des sog. Jahreswagens, auch wenn die Behaltefrist des Fahrzeugs im Ausnahmefall kürzer als ein Jahr ist. Auch bei einem einmaligen Gelegenheitsgeschäft (Verkauf nur eines gebrauchten Pkw durch einen angestellten Kraftfahrzeugverkäufer an einen ausländischen Abnehmer) ist keine Nachhaltigkeit gegeben. Tritt dagegen eine – im Übrigen nichtunternehmerisch tätige – Person als An- und Verkäufer mehrerer neuer Kraftfahrzeuge auf, kann die Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit nicht allein unter Berufung darauf verneint werden, es habe sich um private Gefälligkeiten gehandelt (, BStBl 1996 II S. 109).

Der Betreiber einer Anlage zur Stromgewinnung im Privathaushaltsbereich ist nachhaltig tätig, wenn die Anlage unter §§ 311 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes fällt und der erzeugte Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird. Vgl. hierzu Abschn. 18 Abs. 5 UStR. Ein in ein Einfamilienhaus eingebautes Blockheizkraftwerk, mit dem neben Wärme auch Strom erzeugt wird, der ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, dient der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung. Eine solche Tätigkeit begründet – unabhängig von der Höhe der erzielten Einnahmen – die Unternehmereigenschaft des Betreibers, auch wenn dieser daneben nicht anderweitig unternehmerisch tätig ist (vgl. NWB JAAAD-17978). Ist der Betreiber der Stromgewinnungsanlage als Unternehmer anzuerkennen, ist er berechtigt, die Anlage insgesamt seinem Unternehmen zuzuordnen, weil sie ausschließlich unternehmerischen Zwecken dient. Dem Betreiber steht dann unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG der uneingeschränkte Vorsteuerabzug aus der Anschaffung und dem laufenden Betrieb der Stromgewinnungsanlage zu, sofern die Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG nicht zur Anwendung kommt. Zur Unternehmereigenschaft beim Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme (z. B. Fotovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke) vgl. im Einzelnen NWB OAAAD-15467). Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des sog. Direktverbrauchs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ab dem (§ 33 Abs. 2 EEG) vgl. S7124, BStBl I 2009 S. 523. Danach wird die gesamte vom Anlagenbetreiber aus solarer Strahlungsenergie erzeugte Elektrizität an den Netzbetreiber geliefert. Dies gilt entsprechend der Regelung zur sog. kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung in Abschn. 42n Abs. 1 Satz 3 UStR unabhängig davon, wo die Elektrizität tatsächlich verbraucht wird und ob sich der Vergütungsanspruch des Anlagenbetreibers nach § 33 Abs. 1 EEG oder nach § 33 Abs. 2 EEG richtet. Der Anlagenbetreiber ist mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1UStG unternehmerisch tätig. Eine dachintegrierte Photovoltaikanlage ist kein wesentlicher Gebäudebestandteil. Folglich hat der Betreiber nicht die Möglichkeit, ein ansonsten nichtunternehmerisch genutztes Gebäude insgesamt dem Unternehmensvermögen zuzuordnen (vgl. dazu im Einzelnen , USt-Kartei HE, § 15 UStG, S 7300, Karte 42; vgl. zur Nutzung einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach eines selbstgenutzten EFH auch NWB YAAAC-88012). Ein Vorsteuerabzug aus den gesamten Herstellungskosten des Gebäudes kommt daher nicht in Betracht. Bei der Vermietung von sog. Freizeitgegenständen (z. B. Wohnmobile, Segelboote) sind alle Umstände ihrer Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob sie tatsächlich eine nachhaltige Tätigkeit begründet. Eine nur gelegentliche Vermietung eines im Übrigen privat genutzten Wohnmobils durch den Eigentümer ist nicht nachhaltig. Zur Beurteilung, ob es zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vermietet wird, vgl. , BStBl 1997 II S. 368. Für eine Nachhaltigkeit kann es in diesen Fällen aber sprechen, wenn die entgeltliche Tätigkeit bei Würdigung der Gesamtumstände als planmäßig ausgeübt angesehen werden kann und geeignet ist, auf Dauer einen Überschuss abzuwerfen.

Nachhaltig ist nur die auf Entgelt gerichtete Tätigkeit. Auf die Angemessenheit des Entgelts kommt es nicht an. Umsätze zu Selbstkosten oder zu einem nicht kostendeckenden Entgelt sprechen nicht gegen eine nachhaltige Tätigkeit. Die entgeltlichen Umsätze müssen entweder tatsächlich ausgeführt oder zumindest ernsthaft beabsichtigt sein. Die bloße Erklärung der Absicht, entgeltliche Leistungen ausführen zu wollen, reicht nicht aus, die Unternehmereigenschaft zu begründen. Zur Unternehmereigenschaft bei Vorbereitungshandlungen für eine beabsichtigte unternehmerische Tätigkeit, die nicht zu entgeltlichen Umsätzen führt, vgl. Tz. 35.

Wer Privatvermögen in mehreren gleichartigen Akten veräußert, handelt nur dann als Unternehmer, wenn die Veräußerungen nicht mehr seinem privaten Eigenleben zuzuordnen sind. Diese Voraussetzung erfüllt insbesondere derjenige, der sich wie ein Händler verhält, weil er An- und Verkäufe planmäßig mit auf Güterumschläge gerichteter Absicht tätigt. Kein Unternehmer ist daher der aus privaten Neigungen sammelnde Briefmarkensammler, der Einzelstücke oder Sammlungen ganz oder teilweise veräußert oder tauscht (, BStBl 1987 II S. 744), und der Münzsammler mit seinen entsprechenden Tätigkeiten (, BStBl 1987 II S. 752).

Die Versteigerung von UMTS-Lizenzen durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist keine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. von Art. 9 MwStSystRL und fällt somit nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie (, T-Mobile Austria GmbH u. a. NWB LAAAC-49576, und , Hutchison 3G UK Ltd u. a. NWB VAAAC-49577). Der EuGH begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Tätigkeit in der Erteilung von Konzessionen besteht, die es den diese Konzessionen erhaltenden Unternehmern erlaubt, von den damit verbundenen Nutzungsrechten in der Weise Gebrauch zu machen, dass sie ihre Dienstleistungen auf dem Mobilfunkmarkt öffentlich gegen Entgelt anbieten. Für diese Tätigkeit ist sowohl nach der entsprechenden EG-Richtlinie als auch dem nationalen Gesetz ausschließlich der betreffende Mitgliedstaat zuständig. Die Lizenzerteilung stellt sich somit als notwendige Vorbedingung für den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern zum Mobilfunkmarkt dar. Sie verkörpert selbst keine Teilnahme der zuständigen nationalen Behörde an diesem Markt. Es sind ausschließlich die betreffenden Unternehmer als Inhaber der zugeteilten Rechte, die auf dem Mobilfunkmarkt tätig sind und die Lizenzen nutzen, um daraus nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Daher ist die Lizenzversteigerung der Natur der Sache nach keine Tätigkeit von Wirtschaftsteilnehmern. Dass die betreffenden Unternehmer ihre Nutzungsrechte für Funkfrequenzen später übertragen können, ist unerheblich. Eine solche Übertragung ist abgesehen davon, dass sie der Kontrolle der für die Frequenzzuteilung zuständigen nationalen Regulierungsbehörde unterliegt, nicht mit der Erteilung einer behördlichen Konzession vergleichbar. Wenn die zuständige nationale Behörde eine solche Konzession erteilt, beteiligt sie sich also nicht an der Nutzung des in den Nutzungsrechten für Funkfrequenzen bestehenden Gegenstands, um daraus nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Mit dem betreffenden Zuteilungsverfahren übt sie ausschließlich eine ihr ausdrücklich übertragene Kontroll und Regelungstätigkeit in Bezug auf die Nutzung des elektromagnetischen Spektrums aus. Unerheblich ist es auch, wenn die Zuteilung der Lizenzen gegen Zahlung eines Entgelts geschieht.

b) Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen

Nach , BStBl 2007 I S. 211, ist das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen keine unternehmerische Tätigkeit (vgl. Floridienne SA und Berginvest SA, EuGHE 2000, I - 9567 NWB WAAAB-72578; Cibo Participations SA, EuGHE 2001, I - 6663 NWB FAAAB-79399, und , EDM, EuGHE 2004 I - 4295 NWB HAAAB-72865) i. S. von Art. 9 MwStSystRL. Wer sich an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beteiligt, übt zwar eine „Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen” aus. Gleichwohl ist er im Regelfall nicht Unternehmer i. S. des UStG, weil Dividenden und andere Gewinnbeteiligungen aus Gesellschaftsverhältnissen nicht als umsatzsteuerrechtliches Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs anzusehen sind (vgl. , BBL, EuGHE 2004 I - 10157 NWB MAAAB-79469). Soweit daneben eine weitergehende Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, die für sich die Unternehmereigenschaft begründet, ist diese vom nichtunternehmerischen Bereich zu trennen.

Dieser Grundsatz gilt für alle Unternehmer gleich welcher Rechtsform (vgl. , BStBl 1985 II S. 176). Auch Erwerbsgesellschaften können daher gesellschaftsrechtliche Beteiligungen im nichtunternehmerischen Bereich halten. Dies bedeutet, dass eine Holding, deren Zweck sich auf das Halten und Verwalten gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen beschränkt und die keine Leistungen gegen Entgelt erbringt (sog. Finanzholding), nicht Unternehmer i. S. des § 2 UStG ist. Demgegenüber ist eine Holding, die mit einer einheitlichen Leitung aktiv in das laufende Tagesgeschäft ihrer Tochtergesellschaften eingreift (sog. Führungs- oder Funktionsholding), unternehmerisch tätig.

Wird eine Holding nur gegenüber einigen Tochtergesellschaften geschäftsleitend tätig, während sie Beteiligungen an anderen Tochtergesellschaften lediglich hält und verwaltet (sog. gemischte Holding), hat sie sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich. Das Erwerben, Halten und Veräußern einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung stellt nur dann eine unternehmerische Tätigkeit dar (vgl. , Harnas & Helm, EuGHE 1997, I - 745),

  • soweit Beteiligungen i. S. eines gewerblichen Wertpapierhandels gewerbsmäßig erworben und veräußert werden und dadurch eine nachhaltige, auf Einnahmeerzielungsabsicht gerichtete Tätigkeit entfaltet wird (vgl. , BStBl 1987 II S. 512, und , EDM, EuGHE 2004, I - 4295 NWB HAAAB-72865) oder

  • wenn die Beteiligung nicht um ihrer selbst willen (bloßer Wille, Dividenden zu erhalten) gehalten wird, sondern der Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit (z. B. Sicherung günstiger Einkaufskonditionen, Verschaffung von Einfluss bei potenziellen Konkurrenten, Sicherung günstiger Absatzkonditionen) dient (vgl. , Régie dauphinoise, EuGHE 1996, I - 3695), oder

  • soweit die Beteiligung, abgesehen von der Ausübung der Rechte als Gesellschafter oder Aktionär, zum Zweck des unmittelbaren Eingreifens in die Verwaltung der Gesellschaften, an denen die Beteiligung besteht, erfolgt (vgl. , Polysar Investments Netherlands, EuGHE 1991, I - 3111). Die Eingriffe müssen dabei zwingend durch unternehmerische Leistungen i. S. der § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 UStG erfolgen, z. B. durch das entgeltliche Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen an die jeweilige Beteiligungsgesellschaft.

Das Innehaben einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung stellt demnach, abgesehen von den Fällen des gewerblichen Wertpapierhandels, nur dann eine unternehmerische Tätigkeit dar, wenn die gesellschaftsrechtliche Beteiligung im Zusammenhang mit einem unternehmerischen Grundgeschäft erworben, gehalten und veräußert wird, es sich hierbei also um Hilfsgeschäfte handelt. Dabei reicht nicht jeder beliebige Zusammenhang zwischen dem Erwerb und Halten der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Haupttätigkeit aus. Es muss zwischen der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Haupttätigkeit ein erkennbarer und objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen. Das ist der Fall, wenn die Aufwendungen für die gesellschaftsrechtliche Beteiligung zu den Kostenelementen der Umsätze aus der Haupttätigkeit gehören (vgl. , Kretztechnik AG, EuGHE 2005, I - 4357 NWB MAAAB-72833, und , BStBl II 1997 S. 552).

Unternehmer, die neben ihrer unternehmerischen Betätigung auch Beteiligungen an anderen Gesellschaften halten, können diese Beteiligungen grds. nicht dem Unternehmen zuordnen. Bei diesen Unternehmern ist deshalb eine Trennung des unternehmerischen Bereichs vom nichtunternehmerischen Bereich geboten. Wird eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung nicht im unternehmerischen Bereich gehalten, ist der Inhaber der Beteiligung auch nicht zum Vorsteuerabzug aus den mit der Beteiligung zusammenhängenden Aufwendungen berechtigt. Dieser Grundsatz gilt für alle Unternehmer gleich welcher Rechtsform (vgl. , BStBl 1985 II S. 176). Auch Erwerbsgesellschaften können daher gesellschaftsrechtliche Beteiligungen im nichtunternehmerischen Bereich halten.

Eindeutige Kriterien, unter denen jeweils von einer unternehmerischen Veranlassung des Leistungsbezugs im Zusammenhang mit dem Halten der Beteiligung auszugehen ist, sind in Anwendung der EuGH-Rechtsprechung

  • die Tätigkeit von Finanzinvestoren, die Beteiligungen an (sanierungsreifen) Gesellschaften erwerben, um sie nach erfolgter Sanierung wieder zu veräußern, oder

  • das Halten von Beteiligungen aus Gründen, die der Förderung einer beabsichtigten oder bestehenden unternehmerischen Tätigkeit dienen (strategische Gründe wie z. B. die Sicherung günstiger Einkaufs- oder Absatzkonditionen), oder

  • die Ausführung unternehmerischer Grundumsätze durch die Holding gegenüber den Tochtergesellschaften gegen Entgelt (z. B. Dienstleistungen wie Management, Buchhaltung, EDV-Service, Ausreichung von Darlehen).

c) Leistungen von Gesellschaftern an ihre Gesellschaft

Abweichend von der früheren Rechtsprechung kann auch der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft Unternehmer sein. Nach dem (BStBl 2003 II S. 36) begründet die Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeit für eine Personengesellschaft allgemein die Unternehmereigenschaft, wenn sie auf einen Leistungsaustausch gerichtet ist (Ausführung gegen Sonderentgelt) und selbständig ausgeübt wird. Nach den (BStBl 2003 I S. 68) und (BStBl 2003 I S. 68) sind die dem Urteil entgegenstehenden Regelungen der UStR 2000 ab dem nicht mehr anzuwenden. Nach Meinung des BMF darf es sich bei den Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen nicht um solche handeln, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden. Juristische Personen als Gesellschafter-Geschäftsführer führen die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an die Gesellschaft grds. selbständig aus. Sie können nur dann nicht selbständig sein, wenn im Ausnahmefall ein Organschaftsverhältnis vorliegt (vgl. Korn/Strahl, NWB F. 7 S. 6021, Nr. 1). Auch natürliche Personen sind mit der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung grds. selbständig, sofern sie nicht so in die Gesellschaft eingegliedert sind, dass sie deren Weisungen verpflichtet sind (z. B. durch arbeitsvertragliche Regelungen, Anstellungsvertrag). Die vorstehenden Grundsätze gelten auch bei Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen in (Bau-)Arbeitsgemeinschaften. Geschäftsführungsleistungen eines GmbH-Geschäftsführers können ebenfalls als unternehmerisch (selbständig i. S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG) zu beurteilen sein. Die Organstellung des GmbH-Geschäftsführers steht dem nicht entgegen (Änderung der Rechtsprechung, vgl. , BStBl 2005 II S. 730).

Zum Merkmal der Selbständigkeit natürlicher und juristischer Personen sowie zu den Voraussetzungen für die Annahme eines Leistungsaustauschs bei Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft vgl. ausführlich und mit Beispielen , BStBl 2007 I S. 503; s. hierzu Tz. 15, b, aa.

d) Factoring

Auch beim echten Factoring (Forderungsankauf mit voller Übernahme des Ausfallrisikos) kann der Factor abweichend vom (BStBl 1982 II S. 200) Unternehmer sein. Nach dem , MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring-GmbH, EuGHE 2003, I - 06729 NWB BAAAB-72708, übt ein Wirtschaftsteilnehmer, der Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos aufkauft und seinen Kunden dafür Gebühren berechnet, eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. der Art. 2 und 4 der 6. EG-RL (= unternehmerische Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 UStG) aus. Im Falle des echten Factoring liegt eine unternehmerische Tätigkeit des Forderungskäufers (Factor) vor, wenn seine Dienstleistung im Wesentlichen darin besteht, dass der Forderungsverkäufer (Anschlusskunde) von der Einziehung der Forderung und dem Risiko ihrer Nichterfüllung entlastet wird.

Im Fall des unechten Factoring (der Anschlusskunde wird aufgrund eines dem Factor zustehenden Rückgriffsrechts bei Ausfall der Forderung nicht vom Ausfallrisiko der abgetretenen Forderung entlastet) gilt das Gleiche, wenn der Factor den Forderungseinzug übernimmt. Im Fall des Forderungskaufs ohne Übernahme des tatsächlichen Forderungseinzugs durch den Forderungskäufer (Forderungseinzug durch den Forderungsverkäufer in eigenem Namen und für fremde Rechnung) übt der Forderungskäufer unabhängig davon, ob ihm ein Rückgriffsrecht gegen den Forderungsverkäufer zusteht oder nicht, zwar unter den weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG eine unternehmerische Tätigkeit aus; diese ist jedoch keine Factoringleistung i. S. des o. g. EuGH-Urteils. Das gilt insbesondere für die Abtretung von Forderungen in den Fällen der stillen Zession, z. B. zur Sicherung im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, oder für den entsprechend gestalteten Erwerb von Forderungen „a forfait”, z. B. bei Transaktionen im Rahmen sog. „Asset-Backed-Securities (ABS)”- Modelle.

Beim Forderungskauf mit Übernahme des tatsächlichen Einzugs und ggf. des Ausfallrisikos durch den Forderungskäufer erbringt der Forderungsverkäufer (Anschlusskunde) mit der Abtretung seiner Forderung keine Leistung an den Factor (, BStBl 2004 II S. 667). Vielmehr ist der Anschlusskunde Empfänger einer Leistung des Factors. Vgl. zum Factoring im Einzelnen Abschn. 18 Abs. 9–12 UStR und (BStBl 2004 I S. 737).

Tz. 32 Selbständigkeit

Unternehmer ist nur, wer seine Tätigkeit selbständig ausübt. Das UStG definiert den Begriff der Selbständigkeit nicht, sondern enthält in § 2 Abs. 2 UStG lediglich Aussagen dazu, wann eine Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt wird. Dabei wird zwischen der Nichtselbständigkeit natürlicher Personen (Tz. 33) und der als Organschaft bezeichneten Unselbständigkeit juristischer Personen (vgl. Tz. 34) unterschieden.

Nicht rechtsfähige Personenvereinigungen können lediglich als kollektive Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern zwecks Anbietung der Arbeitskraft gegenüber einem gemeinsamen Arbeitgebern unselbständig sein. Dieser in Abschn. 17 Abs. 5 UStR angesprochene Fall kommt in der Praxis kaum vor. Eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist stets selbständig, auch wenn sie von einem anderen Unternehmer wirtschaftlich abhängig ist (früher: organschaftsähnliches Verhältnis). Regionale Untergliederungen (Landes-, Bezirks-, Ortsverbände) von Großvereinen sind neben dem Hauptverein selbständige Unternehmer, wenn sie über eigene satzungsgemäße Organe (Vorstand, Mitgliederversammlung) verfügen und über diese auf Dauer nach außen im eigenen Namen auftreten sowie eine eigene Kassenführung haben. Eine besondere Satzung ist nicht erforderlich, wenn sich Zweck, Aufgaben und Organisation der Untergliederungen aus der Satzung des Hauptvereins ergeben (Abschn. 17 Abs. 7 UStR).

Tz. 33 Selbständigkeit oder Unselbständigkeit natürlicher Personen

§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nichtselbständig ausgeübt, so weit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Diese Definition trifft insbesondere auf Arbeitnehmer zu, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen. Wie sich aus § 1 Abs. 3 LStDV ergibt, schließt die Arbeitnehmereigenschaft die Unternehmereigenschaft aus, d. h. eine bestimmte Tätigkeit kann nur entweder selbständig oder nichtselbständig ausgeübt werden. Die Frage der Selbständigkeit oder Unselbständigkeit natürlicher Personen ist für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (, BStBl 1972 II S. 810). Dies gilt jedoch nicht, wenn Vergütungen für die Ausübung einer bei Anwendung dieser Grundsätze nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ertragsteuerrechtlich aufgrund der Sonderregelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu Gewinneinkünften umqualifiziert werden. Geschäftsführungsleistungen eines GmbH-Gesellschafters können als selbständig zu beurteilen sein. Die Organstellung des Geschäftsführers steht dem nicht entgegen (vgl. , BStBl 2005 II S. 730). Eine natürliche Person, die aufgrund eines Arbeitsvertrags mit einer Gesellschaft, deren einziger Gesellschafter, Geschäftsführer und Mitarbeiter sie im Übrigen ist, seine Tätigkeiten sämtlich im Namen und auf Rechnung dieser Gesellschaft ausführt, ist nicht als Steuerpflichtiger (Unternehmer) anzusehen (vgl. , van der Steen NWB AAAAC-65288). Das gilt insbesondere dann, wenn der Betreffende für sein Auftreten als Geschäftsführer der Gesellschaft und für seine Tätigkeit im Rahmen der Geschäfte der Gesellschaft gegenüber Dritten kein wirtschaftliches Risiko trägt.

Ob Selbständigkeit oder Unselbständigkeit anzunehmen ist, richtet sich grds. nach dem Innenverhältnis zum Auftraggeber. Aus dem Außenverhältnis zur Kundschaft lassen sich im Allgemeinen nur Beweisanzeichen herleiten. Dabei kommt es nicht allein auf die vertragliche Bezeichnung, die Art der Tätigkeit oder die Form der Entlohnung an. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Es müssen die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Umstände gegeneinander abgewogen werden; die gewichtigeren Merkmale sind dann für die Gesamtbeurteilung maßgebend (, BStBl 1996 II S. 493). Unselbständig kann auch sein, wer nach außen wie ein Kaufmann auftritt, z. B. ein „vorgeschobener” Händler (, BStBl 1987 II S. 746).

Eine natürliche Person ist hiernach als selbständig anzusehen, soweit sie eine Tätigkeit auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung ausübt. Weitere Anhaltspunkte für Selbständigkeit können sein, wenn die natürliche Person ihrerseits eigene Arbeitnehmer beschäftigt, Ort, Zeit und Art der Tätigkeit frei bestimmt, das Kostenrisiko trägt, die Höhe der Vergütungen selbst bestimmt, keiner Aufsicht und keinen Weisungen unterworfen ist, keine Urlaubsregelung besteht und keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall beansprucht werden kann. Ein Arbeitnehmer kann mit der Vermietung seines Pkw an den Arbeitgeber selbständig (unternehmerisch) tätig werden. Ob die Mietzahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ertragsteuerrechtlich als Arbeitlohn qualifiziert werden können, spielt umsatzsteuerrechtlich keine Rolle (, BStBl 2008 II S. 443). Unternehmer sind selbständig tätig und daher im Regelfall nicht sozialversicherungspflichtig (vgl. zur Unternehmereigenschaft eines „festen freien Mitarbeiters” einer Rundfunkanstalt).

Beispiele für Selbständigkeit:

Selbständig sind Arztvertreter; Assessoren als amtlich bestellte Vertreter eines Notars; Aufsichtsratsmitglieder, auch als Arbeitnehmervertreter; Berufssportler (ausgenommen Vertragsfußballspieler), wie Berufsboxer und Berufsrennfahrer, soweit sie ihre Arbeitskraft nicht einem Auftraggeber für längere Zeit und mehrere Veranstaltungen ausschließlich zur Verfügung zu stellen haben; i. d. R. Filmautoren, -komponisten und Fachberater bei Film- und Fernsehproduzenten. Selbständig sind Handelsvertreter, die in der Zeiteinteilung und Ausgestaltung ihrer geschäftlichen Betätigung frei sind, auch wenn sie nicht für andere oder bestimmte andere Firmen tätig sein dürfen, bei Kreditverkäufen sowie hinsichtlich Berichterstattung und Rechnungslegung an bestimmte Weisungen gebunden sind, zu Besprechungen oder zur Unterrichtung herangezogen werden; selbständige Handwerksmeister mit ihren ehrenamtlichen Nebentätigkeiten oder mit nebenberuflicher Lehrtätigkeit, soweit diese ohne feste Eingliederung in den Lehrplan und -körper wöchentlich oder monatlich nur wenige Stunden beansprucht; Hausgewerbetreibende; die Tätigkeit eines Honorarprofessors ohne Lehrauftrag; Kapellmeister, die eigene Konzerte veranstalten oder eine Kapelle musikalisch leiten und organisatorisch führen; angestellte Krankenhausärzte hinsichtlich einem von der Krankenanstalt unabhängigen Liquidationsrecht; Lotsen (, BStBl 2006 II S. 94); sonst unselbständige Orchestermusiker insoweit, als sie gelegentlich für ihren Arbeitgeber künstlerisch tätig werden und diese Tätigkeit nicht zu den Nebenpflichten aus dem Dienstvertrag gehört (, BStBl 1972 II S. 212); freie Mitarbeiter beim Rundfunk und Fernsehen (, BStBl 1990 I S. 638); i. d. R. die Mitwirkung eines Synchronsprechers an der Synchronisierung eines ausländischen Spielfilms (, BStBl 1979 II S. 131; , BStBl 1981 II S. 706); Versicherungsvertreter unter den in R 134 Abs. 1 EStR bezeichneten Voraussetzungen.

Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die allein aufgrund des § 7 Abs. 4 SGB IV festgestellt wird (sog. Scheinselbständigkeit), steht der Annahme einer steuerlichen selbständigen Tätigkeit nicht entgegen. Arbeitnehmerähnliche Selbständige i. S. des § 2 Nr. 9 SGB VI sind steuerlich regelmäßig selbständig tätig. Ein Kommanditist ist als Mitglied eines Beirats, dem vor allem Zustimmungs- und Kontrollrechte übertragen sind, gegenüber der Gesellschaft selbständig tätig (, BStBl 1995 II S. 150). Fahrlehrer, denen keine Fahrschulerlaubnis erteilt ist, können im Verhältnis zu dem Inhaber der Fahrschule selbständig tätig sein, wenn sie gegen eine tätigkeitsbezogene Vergütung unterrichten (, BStBl 1997 II S. 188). Zur Selbständigkeit bzw. Unselbständigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Personengesellschaft vgl. oben Tz. 31.

Ein Rundfunkermittler, der im Auftrag einer Rundfunkanstalt Schwarzhörer aufspürt, ist selbständig, wenn die Höhe seiner Einnahmen weitgehend von seinem eigenen Arbeitseinsatz abhängt und er auch im Übrigen – insbesondere bei Ausfallzeiten – ein Unternehmerrisiko in Gestalt des Entgeltrisikos trägt (, BStBl 2003 II S. 217). Auch die von den staatlichen Lotteriegesellschaften bestallten Lotterieeinnehmer sind hinsichtlich ihrer Losverkäufe für die Lotteriegesellschaften als selbständige Unternehmer anzusehen. Sie haben neben den bisher versteuerten Erlösen aus dem Verkauf von Gewinnlisten auch die zufließenden Vertriebs- und Erfolgsprovisionen und die sog. Fallgelderträge/Absprunggewinne der Umsatzsteuer zu unterwerfen (, NWB EN-Nr. 799/2002).

Typisch für die Unselbständigkeit ist die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit. Im Einzelnen können für die Unselbständigkeit insbesondere folgende Merkmale sprechen: Persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Überstundenvergütung, zeitlicher Umfang der Dienstleistungen, Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, kein Unternehmerrisiko, keine Unternehmerinitiative, kein Kapitaleinsatz, keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist.

Beispiele für Unselbständigkeit:

Unselbständig ist ein Apotheker insoweit, als er als Urlaubsvertreter eines anderen selbständigen Apothekers gegen Entgelt tätig wird (, BStBl 1979 II S. 414); ein Arzt insoweit, als er während zeitlich festgelegter Stunden werktäglich bei einem Gesundheitsamt gegen eine feste Monatsvergütung mit Anspruch auf Jahresurlaub tätig ist oder neben einer Praxis als nicht vollbeschäftigter Sozialhilfearzt aufgrund eines förmlichen Angestelltenverhältnisses beschäftigt wird oder eine Tätigkeit als Musterungsvertragsarzt ausübt, oder insoweit, als er als Schlachthoftierarzt nach Ort, Zeit und Art der Tätigkeit in den Organismus eines gemeindlichen Schlachthofbetriebs eingegliedert ist; ein unselbständiger Oberarzt in einer Universitätsklinik auch insoweit, als er den Klinikdirektor vertritt (, BStBl 1972 II S. 213); Beamte mit ihren Nebentätigkeiten nach den Nebentätigkeitsverordnungen; Filmschaffende (Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Regieassistenten und sonstige Mitarbeiter) in der Film- und Fernsehproduktion (z. B. , BStBl 1972 II S. 88); Handlungsgehilfen dann, wenn sie von den Weisungen ihres Dienstherrn weitestgehend abhängig sind (nach Vertrag: Urlaubsanspruch, Teilnahme an den sozialen Einrichtungen im Krankheitsfall, i. d. R. kein Schriftverkehr mit Kunden und keine Inkassovollmacht, kein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB; , BStBl 1970 II S. 474); Heimarbeiter; Künstler und Angehörige von verwandten Berufen, die auf Spielzeit- oder Teilspielzeitvertrag bei Theaterunternehmen angestellt sind; Lehrkräfte in Abendschulen oder nicht vollbeschäftigte Dozenten an einer Ingenieurschule, wenn den Vertragsverhältnissen ein Tarifvertrag zugrunde liegt, der u. a. insbesondere die Abgeltung von Feiertagen und eine angemessene Urlaubsvergütung vorsieht; Musiker und andere Unterhaltungskünstler, die für Gastwirte und ähnliche Veranstalter tätig werden; Personen, die im Rahmen eines Arbeitnehmer-Überlassungsvertrags tätig sind (, BStBl 1988 II S. 804); Rundfunksprecher, der einer Rundfunkanstalt auf Dauer zur Verfügung steht; Versicherungsvertreter als Schadenssachbearbeiter im sich einzuordnenden Innendienst, auch wenn sie hinsichtlich Eigenvermittlungen selbständig sind; i. d. R. das geschäftsführende Vorstandsmitglied einer rechtsfähigen Familienstiftung.

Natürliche Personen können z. T. selbständig, z. T. unselbständig sein. In Krankenanstalten angestellte Ärzte sind insoweit selbständig tätig, als ihnen für die Behandlung von Patienten ein Liquidationsrecht zusteht. Arbeitnehmervertreter, die hauptberuflich unselbständig sind, üben als Mitglied eines Aufsichtsrats einer AG eine selbständige Tätigkeit aus (, BStBl 1972 II S. 810). Ist eine Tätigkeit, die Merkmale der Nichtselbständigkeit trägt, der eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit (Haupttätigkeit) nachgeordnet und steht sie mit ihr in einem engen sachlichen Zusammenhang, wird sie als Nebentätigkeit ebenfalls der unternehmerischen Betätigung zugeordnet (z. B. nebenberufliche Lehrtätigkeit von Handwerksmeistern an Berufs- oder Meisterschulen, Tätigkeit eines Steuerberaters als Mitglied einer staatlichen Prüfungskommission). Wird die Haupttätigkeit dagegen nicht selbständig ausgeübt, kann die Nebentätigkeit durchaus selbständig sein (z. B. nebenamtliche Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers, fachschriftstellerische Tätigkeit eines Beamten). Nebenberuflich tätige Lehrkräfte an Schulen oder Lehrgängen mit einem allgemein feststehenden und nicht nur von Fall zu Fall aufgestellten Lehrplan sind selbständig tätig, wenn sie in den Schul- oder Lehrgangsbetrieb nicht fest eingegliedert sind und die Lehrtätigkeit nur einen geringen Umfang hat.

Tz. 34 Unselbständigkeit juristischer Personen (Organschaft)

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG

a) Grundsätzliches

Eine im allgemeinen Rechtsverkehr selbständige juristische Person ist umsatzsteuerrechtlich nichtselbständig, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. Diese Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft sind nicht in vollem Umfang identisch mit den Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft; sie sind daher für jede Steuerart gesondert zu prüfen. Beteiligte an einer Organschaft sind der Organträger (Mutter- oder Obergesellschaft) sowie eine oder mehrere Organgesellschaften (Organe oder Tochtergesellschaften). Die Organschaft umfasst nur den unternehmerischen Bereich der Organgesellschaft. Organträger kann jeder Unternehmer sein. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts kann nur mit ihrem Unternehmensbereich (Betriebe gewerblicher Art) Organträger sein. Die die Unternehmereigenschaft begründenden entgeltlichen Leistungen könne auch gegenüber einer Gesellschaft erbracht werden, mit der als Folge dieser Leistungstätigkeit eine organschaftliche Verbindung entsteht (vgl. , BStBl 2003 II S. 375). Eine Mehr-Mütter-Organschaft kennt das Umsatzsteuerrecht nicht. Als Organgesellschaften kommen nur juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht (, BStBl 1974 II S. 312). Eine GmbH, die an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, ist mit ihren Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen zwar grds. selbständig (, BStBl 1979 II S. 288), im Ausnahmefall wird jedoch im Hinblick auf das (BStBl 2003 II S. 36) eine Organschaft nicht ausgeschlossen (vgl. Korn/Strahl, NWB F. 7 S. 6021, Nr. 1).

Eine Organgesellschaft kann nicht gleichzeitig in Unternehmen verschiedener Organträger eingegliedert sein (keine Mehrmütterorganschaft im Umsatzsteuerrecht). Die Organschaft muss zur Bildung eines einzigen Unternehmens führen. Damit ist eine Eingliederung eines Leistungsanbieters in die Unternehmen mehrerer Gesellschafter (z. B. Banken oder Krankenhäuser) nicht zu vereinbaren (vgl. ).

Eine Kapitalgesellschaft ist stets selbständig, wenn sie nicht nach § 2 Abs. 2 UStG in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert ist; dies gilt insbesondere hinsichtlich ihrer gegen Entgelt ausgeübten Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen gegenüber einer Personengesellschaft (, BStBl 2003 II S. 36). Auch das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Geschäftsführer führt nicht zur Unselbständigkeit. Die Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft bestimmen sich allein nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Die aktienrechtliche Abhängigkeitsvermutung nach § 17 AktG hat insoweit keine Bedeutung (, BStBl 2008 II S. 451).

b) Voraussetzungen

Merkmale der Organschaft sind die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung des Organs in das Unternehmen des Organträgers. Es ist nicht erforderlich, dass alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausgeprägt sind; Organschaft kann auch gegeben sein, wenn die Eingliederung auf einem dieser drei Gebiete nicht vollkommen, dafür aber auf den anderen Gebieten um so eindeutiger ist, so dass sich die Eingliederung aus dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ergibt. Bei deutlicher Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung kann eine wirtschaftliche Eingliederung und damit eine Organschaft schon bei mehr als nur unerheblichen Geschäftsbeziehungen vorliegen (, BStBl 2009 II S. 256).

Bei der Gesamtwürdigung kommt der finanziellen Eingliederung i. d. R. ein Übergewicht zu. Unter finanzieller Eingliederung ist nach Verwaltungsauffassung und ständiger Rechtsprechung der Besitz der entscheidenden Anteilsmehrheit an der Organgesellschaft zu verstehen, die es ermöglicht, Beschlüsse in der Organgesellschaft durchzusetzen (vgl. Abschn. 21 Abs. 4 Satz 1 UStR sowie , BStBl 2005 II S. 671). Es ist ausreichend, wenn die finanzielle Eingliederung mittelbar über eine nichtunternehmerisch tätige Tochtergesellschaft des Organträgers erfolgt, die dadurch jedoch nicht Bestandteil des Organkreises wird. Entsprechen die Beteiligungsverhältnisse den Stimmrechtsverhältnissen, ist die finanzielle Eingliederung gegeben, wenn die Beteiligung mehr als 50 % beträgt. Bei der sog. Einheits-GmbH & Co. KG (100%ige Beteiligung der KG an der GmbH) liegt regelmäßig Organschaft vor. In bestimmten Fällen ist die finanzielle Eingliederung auch im Wege mittelbarer Beteiligung möglich. So steht es der Annahme einer finanziellen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft nicht entgegen, wenn sich die Anteile nicht im Besitz der Personengesellschaft, sondern der Gesellschafter der Personengesellschaft befinden. Die maßgebliche Beteiligung von stillen Gesellschaftern einer OHG an einer GmbH muss bei der Beurteilung einer finanziellen Eingliederung der GmbH in die OHG im Wege mittelbarer Beteiligung jedoch außer Betracht bleiben (, BStBl 1980 II S. 20). Es reicht auch nicht aus, wenn die notwendige qualifizierte Stimmenmehrheit in der juristischen Person nur mit Hilfe eines Minderheitsgesellschafters erreicht werden kann (, BStBl 2002 II S. 167). Es muss stets ein Verhältnis der Über- und Unterordnung vorliegen. Werden die Anteile zweier Kapitalgesellschaften ausschließlich von natürlichen Personen im Privatvermögen gehalten, ist keine der beiden Gesellschaften in das Gefüge des anderen Unternehmens eingegliedert; es handelt sich vielmehr um gleichgeordnete Schwestergesellschaften (, BStBl 1997 II S. 441). Im Gegensatz zur wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung ist es bei der finanziellen Eingliederung nicht möglich, dass diese schwächer ausgeprägt ist; sie liegt entweder vor oder nicht. Eine unvollkommene finanzielle Eingliederung kann es nicht geben (vgl. NWB VAAAB-90462; Revision eingelegt, Az. des BFH: V R 26/06). Von der finanziellen Eingliederung kann weder weder auf die organisatorische noch auf die wirtschaftliche Eingliederung geschlossen werden (vgl. , BStBl 2008 II S. 905).

Wirtschaftliche Eingliederung bedeutet, dass die Organgesellschaft nach dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem, es fördernd und ergänzend, wirtschaftlich tätig ist. Es wird eine wirtschaftlich einheitliche Gesamtkonzeption zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft verlangt. Es genügt schon, dass ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang i. S. einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist; eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Organgesellschaft vom Organträger ist nicht erforderlich (, BStBl 2004 II S. 434). Voraussetzung ist jedoch, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft dem unternehmerischen bereich des Anteilseigners zugeordnet werden kann. Für eine wirtschaftliche Eingliederung spricht, wenn die Organgesellschaft die Erzeugnisse des Organträgers vertreibt oder wenn Wareneinkauf, Lieferung der Rohstoffe und Preisfestsetzung durch den Organträger erfolgen. Die wirtschaftliche Eingliederung braucht nicht daran zu scheitern, dass die Tochtergesellschaft einen Teil ihrer Erzeugnisse auf dem freien Markt absetzt, wenn der Fremdanteil ihres Absatzes im Durchschnitt der Jahre nicht überwiegt. Ist jedoch eine Produktionsgesellschaft vom Organträger gezielt zur Versorgung eines bestimmten Markts gegründet worden, kann ihre wirtschaftliche Eingliederung auch dann gegeben sein, wenn zwischen ihr und dem Organträger Warenbewegungen nur in geringem Umfang oder überhaupt nicht vorkommen. Bei einer Betriebsaufspaltung in eine Besitzgesellschaft (Personengesellschaft) und in eine Betriebsgesellschaft (Kapitalgesellschaft) und Verpachtung des Betriebsvermögens von der Personengesellschaft an die Kapitalgesellschaft ist die erforderliche Eingliederung der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft als gegeben anzusehen. Das gilt auch dann, wenn nur das Betriebsgrundstück ohne andere Anlagegegenstände an die Betriebsgesellschaft verpachtet wird (, BStBl 1994 II S. 129). Die wirtschaftliche Eingliederung wird nicht aufgrund von Liquiditätsproblemen der Organtochter beendet. Die wirtschaftliche Eingliederung aufgrund der Vermietung eines Grundstücks, das die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet, entfällt, wenn für das Grundstück Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet wird (vgl. NWB UAAAD-23766).

Die organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn der Organträger durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt, dass in der Tochtergesellschaft sein Wille auch tatsächlich ausgeführt wird. Sie setzt in aller Regel die personelle Verflechtung der Geschäftsführungen des Organträgers und der Organgesellschaft voraus (vgl. , BStBl 2008 II S. 905).Die Tochtergesellschaft darf Beschlüsse nicht fassen können, die der Obergesellschaft zuwiderlaufen. Ausreichende Merkmale für eine organisatorische Eingliederung sind insbesondere die Führung der Bücher beider „Firmen” in denselben Räumen von denselben Angestellten; die Genehmigung des Finanzplans und der Investitionen durch die betriebswirtschaftliche Abteilung des Organträgers; die Personalunion der Geschäftsführer in beiden Gesellschaften; der gemeinsame Vorstand und Aufsichtsrat bei der beherrschten AG und der Muttergesellschaft oder weitgehende Personengleichheit in Vorstand und Aufsichtsrat; Personengleichheit der Direktoren und Prokuristen. Nicht gegen eine organisatorische Eingliederung spricht es, wenn die Organgesellschaft eine eigene Buchhaltung und eigene Einkaufs- und Verkaufsabteilungen besitzt, da dies dem Willen des Organträgers entsprechen kann (, BStBl 1959 III S. 376). Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass der Organträger eine von seinem Willen abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft verhindern kann ( NWB YAAAC-71465). Der aktienrechtlichen Abhängigkeitsvermutung aus § 17 AktG kommt keine Bedeutung im Hinblick auf die organisatorische Eingliederung zu (vgl. , BStBl 2008 II S. 905).

Die Organschaft endet grds. bei einer Insolvenz des Organträgers oder der Organgesellschaft. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters enden. Das Insolvenzverfahren steht der Organschaft grds. so lange nicht entgegen, als dem vorläufigen Insolvenzverwalter eine vom Willen des Vorstands abweichende Willensbildung beim Organträger nicht möglich ist. Die Insolvenz braucht sich nicht auf die Organgesellschaft zu erstrecken (, BStBl 1999 II S. 258). Wird das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich, ist der Vorsteuerabzug nicht gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem im Zeitpunkt des Uneinbringlichwerdens bestehenden Unternehmen – dem früheren Organ – zu berichtigen (vgl. , BStBl 2007 II S. 848).

Zu den Rechtsfolgen bei Beendigung einer Organschaft vgl. auch NWB NAAAC-53170 sowie S7105.

c) Wirkungen der Organschaft

Durch die Organschaft wird die Organgesellschaft umsatzsteuerrechtlich zu einem unselbständigen Unternehmensteil des Organträgers. Leistungen zwischen Organträger und Organgesellschaft oder zwischen Organgesellschaften desselben Organträgers sind als unternehmensinterne Vorgänge nicht steuerbar, auch wenn gegenseitig Rechnungen ausgestellt und Vergütungen (z. B. Pachtzins) gezahlt werden. Gesondert berechnete Umsatzsteuer für interne Vorgänge darf der Empfänger nicht als Vorsteuer abziehen. Sie wird andererseits vom Leistenden nicht gem. § 14c Abs. 2 UStG geschuldet (Abschn. 183 Abs. 4 UStR). Die Umsätze der Organgesellschaften an fremde Dritte (Außenumsätze) sind solche des Organträgers. Die in Rechnungen anderer Unternehmer an die Organgesellschaften gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ist beim Organträger als Vorsteuer abziehbar. Zuständig für den gesamten Organkreis ist das Finanzamt, in dem sich die Geschäftsleitung des Organträgers befindet (§ 21 AO). Die Organgesellschaften haften für die Umsatzsteuer des Organträgers (§ 73 AO). Es besteht kein Wahlrecht für den Eintritt der Rechtsfolgen einer umsatzsteuerlichen Organschaft (dies sehen weder das UStG noch das Gemeinschaftsrecht vor; , BStBl 2009 II S. 256).

d) Beschränkung der Organschaft auf das Inland

Die Wirkungen der Organschaft (s. oben Tz. 34, c) sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Sie bestehen nicht im Verhältnis der inländischen zu den ausländischen Unternehmensteilen sowie zwischen den ausländischen Unternehmensteilen. Die inländischen Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Unternehmensteile sind Organträger, Organgesellschaften sowie rechtlich unselbständige Betriebsstätten.

Ist der Organträger im Inland ansässig, umfasst sein Unternehmen neben ihm selbst seine inländischen Organgesellschaften und Betriebsstätten sowie die inländischen Betriebsstätten seiner inländischen und ausländischen Organgesellschaften. Die ausländischen Organgesellschaften werden vom Unternehmen des inländischen Organträgers abgetrennt. Sie können im Verhältnis zum inländischen Organträger und zu Dritten sowohl Umsätze ausführen als auch Leistungsempfänger sein.



Ist der Organträger im Ausland ansässig, ist die Gesamtheit seiner inländischen Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln. Der wirtschaftlich bedeutendste inländische Unternehmensteil gilt als der Unternehmer und damit als der Steuerschuldner i. S. des § 13a Abs. 1 UStG. Wirtschaftlich bedeutendster Unternehmensteil kann grds. nur eine im Inland ansässige juristische Person (Organgesellschaft) sein. Wegen weiterer Einzelheiten s. Abschn. 21a Abs. 7 UStR. Der ausländische Organträger und seine ausländischen Organgesellschaften bilden jeweils gesonderte Unternehmen. Sie können damit an die inländischen Unternehmensteile Umsätze ausführen und Empfänger von Leistungen dieser Unternehmensteile sein.

Tz. 35 Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft

Die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten Tätigwerden zur späteren Bewirkung von Umsätzen, also nicht mit dem ersten Leistungsaustausch. Hierzu gehören auch Vorbereitungshandlungen, z. B. Wareneinkauf vor Betriebseröffnung. Vorbereitungshandlungen können jedoch auch dann bereits die Unternehmereigenschaft begründen, wenn es nicht zu einer Betriebseröffnung kommt und die Unternehmensgründung erfolglos bleibt. Voraussetzung ist, dass die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen ernsthaft beabsichtigt ist und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Die frühere Rechtsprechung des BFH zum sog. erfolglosen Unternehmer ist nicht mehr anzuwenden. Als Nachweis für die Ernsthaftigkeit sind Vorbereitungshandlungen anzusehen, die ihrer Art nach offensichtlich unternehmensbezogen sind, insbesondere der Erwerb umfangreichen Inventars (z. B. Maschinen- oder Fuhrpark), der Wareneinkauf vor Betriebseröffnung, die Anmietung oder die Errichtung von Geschäfts-, Büro- oder Lagerräumen, der Erwerb eines Grundstücks, die Anforderung einer Rentabilitätsstudie, die Beauftragung eines Architekten und die Durchführung einer größeren Anzeigenaktion. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall.

Bei Vorbereitungshandlungen, die ihrer Art nach sowohl zur unternehmerischen als auch zur nichtunternehmerischen Verwendung bestimmt sein können (z. B. Erwerb eines Computers oder eines Pkw), kann regelmäßig deren Ernsthaftigkeit oder Unternehmensbezogenheit und damit die Unternehmereigenschaft nicht abschließend beurteilt werden. Die Finanzämter gewähren daher den Vorsteuerabzug nur im Rahmen einer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO stehenden oder einer nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufigen Steuerfestsetzung.

Eine dritte Kategorie bilden Vorbereitungshandlungen, die ihrer Art nach typischerweise zur nichtunternehmerischen Verwendung oder Nutzung bestimmt sind (z. B. der Erwerb eines Wohnmobils, Segelschiffs oder eines sonstigen Freizeitgegenstands). Bei solchen Vorbereitungshandlungen geht die Finanzverwaltung nicht davon aus, dass eine unternehmerische Tätigkeit ernsthaft beabsichtigt ist. Hier ist die Unternehmereigenschaft davon abhängig, dass es später tatsächlich zur Ausführung entgeltlicher Leistungen (z. B. durch nachhaltige Vermietung der Freizeitgegenstände, vgl. Tz. 31) kommt. Solange dies nicht feststeht, lehnt die Finanzverwaltung die Unternehmereigenschaft ab und setzt die Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 4 AO aus.

In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn eine neue Tätigkeit im Rahmen eines bereits bestehenden Unternehmens aufgenommen wird und die Vorbereitungshandlungen für diese Tätigkeit nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit stehen. Besteht dagegen ein solcher Zusammenhang, sind erfolglose Vorbereitungshandlungen stets der unternehmerischen Sphäre zuzuordnen.

Die Unternehmereigenschaft geht nicht durch Erbfolge auf den Erben über. Vielmehr muss der Erbe seinerseits die Voraussetzungen einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit erfüllen, um umsatzsteuerlich Unternehmer zu werden.

Die Unternehmereigenschaft endet mit dem letzten Tätigwerden, nicht bereits mit der Unterbrechung, Einstellung oder Abmeldung des Gewerbebetriebs. Die Unternehmereigenschaft wird nicht beendet, wenn den Umständen zu entnehmen ist, dass der Unternehmer die Absicht hat, das Unternehmen weiterzuführen oder in absehbarer Zeit wieder aufleben zu lassen (z. B. bei Saisonbetrieben). Beendet werden kann die Unternehmereigenschaft z. B. durch eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (vgl. Tz. 20), durch eine Überführung des gesamten Betriebsvermögens in das Privatvermögen oder durch Einzelveräußerung der Gegenstände des Betriebsvermögens an verschiedene Abnehmer. Letztlich jedoch erlöschen Unternehmen und Unternehmereigenschaft erst, wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem aufgegebenen Betrieb im Zusammenhang stehen (, BStBl 1993 II S. 696). Im Ausnahmefall kann eine aufgelöste GmbH auch nach ihrer Löschung im Handelsregister noch Umsätze im Rahmen ihres Unternehmens ausführen, z. B. bei der Verwertung von vorher sicherungsübereigneten Gegenständen (, BStBl 1994 II S. 483).

Tz. 36 Das Unternehmen

§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG

Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Es besteht aus der Summe sämtlicher Betriebsteile (Zweigniederlassungen, Betriebsstätten, Organgesellschaften usw.) und sämtlicher Tätigkeitsbereiche (gewerbliche, freiberufliche, landwirtschaftliche Tätigkeit usw.). Sie können örtlich weit auseinanderliegen, den verschiedensten Wirtschaftszweigen zuzuordnen sein, vom Unternehmer gepachtet sein, unter unterschiedlichen Firmenbezeichnungen nach außen in Erscheinung treten, organisatorisch oder wirtschaftlich für sich bestehen. Die Summe der steuerbaren Umsätze aus allen Unternehmensteilen und Tätigkeitsbereichen stellt den Gesamtumsatz des Unternehmers dar. Innerhalb des einheitlichen Unternehmens ist umsatzsteuerrechtlich ein Leistungsaustausch nicht möglich.

Der Gegenstand des Unternehmens umfasst neben den Grundgeschäften auch die Hilfsgeschäfte, die die Haupttätigkeit mit sich bringt (, BStBl 1988 II S. 622). Ein Hilfsgeschäft ist auch bei fehlender Nachhaltigkeit steuerbar (, BStBl 1991 II S. 35), z. B. die einmalige Führung einer Vormundschaft durch einen Rechtsanwalt. Der Verkauf von Vermögensgegenständen fällt ohne Rücksicht auf die Nachhaltigkeit in den Rahmen des Unternehmens, wenn der Gegenstand zum unternehmerischen Bereich des Veräußerers gehörte. Steuerbare Hilfsgeschäfte sind insbesondere der Verkauf unternehmerisch genutzter Maschinen oder Kraftfahrzeuge, von Unternehmensinventar und von Abfällen aus dem Unternehmensbereich. Zum unternehmerischen Bereich einer Forstbetriebsgemeinschaft in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins vgl. .

Nicht zum Unternehmen gehören bei natürlichen Personen (Einzelunternehmern) der private, persönliche Lebensbereich (Privatsphäre), bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Hoheitsbereich (vgl. Tz. 43) sowie bei ideellen Personenvereinigungen (z. B. Sportvereinen) der satzungsmäßige, durch echte Mitgliederbeiträge abgegoltene Vereinsbereich. Ein nichtunternehmerischer Bereich ist bei Unternehmern jeder Rechts- und Organisationsform, also auch bei den Erwerbsgesellschaften (OHG, KG, AG, GmbH) möglich (, BStBl 1985 II S. 176). Hilfsgeschäfte, die der Betrieb des nichtunternehmerischen Bereichs bei Vereinen und Erwerbsgesellschaften mit sich bringt, sind auch dann nicht steuerbar, wenn sie wiederholt oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeführt werden. Solche Hilfsgeschäfte sind z. B. die Veräußerung von Gegenständen aus dem nichtunternehmerischen Bereich, die Überlassung des Telefons und von im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzten Kraftfahrzeugen an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung.

Tz. 37 Juristische Personen des öffentlichen Rechts

§ 2 Abs. 3 UStG

Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist zwischen der umsatzsteuerrechtlich relevanten Betätigung im Unternehmen und der nicht unternehmerischen – vorzugsweise hoheitlichen – Tätigkeit zu unterscheiden. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts führt unternehmerische Tätigkeiten aus, wenn sie – auf privatrechtlicher Grundlage – im eigenen Namen gegen Entgelt Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt (vgl. NWB UAAAC-97240). Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG (Tz. 38), ihrer land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Tz. 42) und der in § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG bezeichneten Bereiche (Tz. 40) gewerblich oder beruflich tätig. Nur die in diesen Betrieben bzw. Bereichen ausgeführten Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer. Andere Leistungen sind nichtsteuerbar, auch wenn sie nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt bewirkt werden, es sei denn, die Behandlung als nichtsteuerbar würde zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen (, BStBl 1999 II S. 418). Nach Meinung des BFH ist das umsatzsteuerliche Gemeinschaftsrecht, insbesondere die sog. Wettbewerbsklausel des Art. 13 Abs. 1 MwStSystRL bei der Auslegung des § 2 Abs. 3 UStG zu berücksichtigen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Einrichtungen, deren öffentlich-rechtliche Eigenschaft durch Reichs-, Bundes- oder Landesrecht zuerkannt, durch staatlichen Hoheitsakt verliehen worden ist oder sich aus Gewohnheitsrecht ergibt. Wegen Einzelheiten s. Abschn. 23 Abs. 1 UStR. Wird eine der Art nach hoheitliche Tätigkeit nicht von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, sondern von Unternehmern des privaten Rechts (z. B. von sog. beliehenen Unternehmern) ausgeübt, ist sie stets steuerbar (, BStBl 1995 II S. 559, vgl. auch Tz. 41). Eine juristische Person des öffentlichen Rechts wird mit der Verpachtung ihrer Eigenjagd im Rahmen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gem. § 2 Abs. 3 UStG gewerblich oder beruflich tätig (vgl. , BStBl 2006 II S. 280, Nachfolgeentscheidung zu , Stadt Sundern NWB FAAAB-79454). Die Frage des BFH, ob eine von einem Bundesland eingerichtete sog. Milchquoten-Verkaufsstelle, die Anlieferungs-Referenzmengen gegen Entgelt an Milcherzeuger überträgt, die Unternehmereigenschaft besitzt, hat der EuGH verneint (vgl. , Götz; vgl. auch Nachfolgeurteil des NWB WAAAC-88899). Zur Unternehmereigenschaft einer von Krankenkassen gebildeten Genossenschaft (vgl. ).

Ein (privatrechtlicher) Unternehmer, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb steht und der geltend macht, diese Einrichtung werde für die Tätigkeiten, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübt, nicht oder zu niedrig zur Mehrwertsteuer herangezogen, kann sich daher vor dem nationalen Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits gegen die nationale Steuerverwaltung wie dem des Ausgangsfalls auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-RL berufen (vgl. , Feuerbestattungsverein Halle NWB PAAAB-88621). Als Konsequenz aus dieser Entscheidung muss eine Umsatzbesteuerung der öffentlichen Einrichtung herbeigeführt werden, wenn die Tatsachenfeststellung ergibt, dass der privatrechtliche Unternehmer durch eine Nichtbesteuerung des öffentlichen Konkurrenten (Behandlung als Nichtunternehmer) Wettbewerbsnachteile erleidet. Zur Umsatzbesteuerung der von der öffentlichen Hand betriebenen Krematorien vgl. NWB ZAAAC-85275

Zur Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die langfristig Büroräume und Pkw-Stellplätze an Dritte vermietet, hat der EuGH entschieden, dass die Mitgliedstaaten eine ausdrückliche Regelung vorsehen müssen, um sich auf die in Art. 13 Abs. 2 MwStSystRL vorgesehene Befugnis berufen zu können, die Tätigkeiten der Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nach der Richtlinie steuerbefreit sind, als Tätigkeiten zu behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Diese Voraussetzung einer ausdrücklichen Regelung im deutschen Recht, die die Vermögensverwaltung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts als nicht umsatzsteuerbar ansieht, ist mit § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nicht erfüllt. Einrichtungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, gelten nicht nur dann als Unternehmer, wenn ihre Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zulasten ihrer privaten Wettbewerber führen würde, sondern auch dann, wenn derartige Verzerrungen zu ihren eigenen Lasten auftreten würden (vgl. , BFH/NV 2009 S. 1222).

Tz. 38 Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Die Abgrenzung richtet sich nach dem Körperschaftsteuerrecht (§ 4 KStG). Ein Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist jede Einrichtung, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dient und sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person des öffentlichen Rechts wirtschaftlich heraushebt (das äußere Bild eines Gewerbebetriebs hat). Eine wirtschaftliche (nicht der Ausübung öffentlicher Gewalt dienende) Tätigkeit ist anzunehmen, wenn sich die juristische Person des öffentlichen Rechts in den wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und dabei eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach nicht wesentlich von der Tätigkeit eines privaten Unternehmens unterscheidet. Bei der Frage, ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, sind die verschiedenen Tätigkeiten der juristischen Person des öffentlichen Rechts für sich zu beurteilen. Die gewerbliche Betätigung kann im Rahmen einer verselbständigten Abteilung ausgeübt, aber auch innerhalb des allgemeinen Betriebs miterledigt werden. Merkmale einer ausreichenden wirtschaftlichen Selbständigkeit der Einrichtung können z. B. sein eine besondere Leitung, ein geschlossener Geschäftskreis, eine eigene Buchführung, auch wenn die Bücher bei einer anderen Verwaltung geführt werden. Betriebsmittel oder Personal können sowohl im hoheitlichen als auch im wirtschaftlichen Bereich eingesetzt werden. Übersteigt der Jahresumsatz aus der wirtschaftlichen Betätigung den Betrag von 130.000 €, ist dies ein wichtiges Anzeichen für die Selbständigkeit der ausgeübten Tätigkeit.

Die wirtschaftliche Tätigkeit muss von einigem Gewicht sein. Ein gewichtiger Anhaltspunkt dafür ist in der Tatsache zu sehen, dass der Jahresumsatz 30.678 € nachhaltig übersteigt. In der Regel kann deshalb bei diesem Jahresumsatz davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit von einigem Gewicht ist. Dagegen kommt es auf das Verhältnis der Einnahmen aus der wirtschaftlichen Tätigkeit zum Gesamthaushalt der juristischen Person des öffentlichen Rechts für das Gewicht der ausgeübten Tätigkeit nicht an. Wird die Umsatzgrenze im Einzelfall nicht erreicht, ist ein Betrieb gewerblicher Art nur anzunehmen, wenn hierfür besondere Gründe vorgetragen werden. Solche Gründe sind insbesondere dann gegeben, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihrer Tätigkeit zu Unternehmen der Privatwirtschaft unmittelbar in Wettbewerb tritt (Abschn. 6 Abs. 5 KStR). Ein Betrieb gewerblicher Art kann auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts selbst sein, z. B. eine öffentlich-rechtliche Sparkasse. Über die Anwendung der Umsatzgrenzen von 130.000 € und 30.678 € ist bei der Umsatzsteuer und bei der Körperschaftsteuer einheitlich zu entscheiden.

Veräußerungen von Betrieben gewerblicher Art sind unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar (vgl. Tz. 20).

Als Betriebe gewerblicher Art kommen insbesondere in Betracht Einrichtungen, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen, öffentliche Badeanstalten, botanische Gärten, Büchereien, die Unterhaltung von Campingplätzen, Ratskeller, i. d. R. gemeindliche Kurverwaltungen, die Kurtaxen und Kurförderungsabgaben erheben, Leihanstalten, Museen, Orchester, Unterhaltung von bewachten Parkplätzen und Parkhäusern, Sportanlagen, Überlassung von Standplätzen an Beschicker von Wochenmärkten, zoologische Gärten, gemeindeeigene Zucht- und Nutzviehmärkte. Eine Gemeinde kann Parkanlagen und Wege, soweit diese öffentlich-rechtlich gewidmet sind, nicht dem Kurbetrieb als Betrieb gewerblicher Art zuordnen. Ein gemeindliches Parkhaus ist auch dann Betrieb gewerblicher Art, wenn die Gemeinde sich mit einer Benutzungssatzung der Handlungsformen des öffentlichen Rechts bedient (, BStBl 1993 II S. 380). Zu weiteren Fällen der gemeindlichen Parkraumüberlassung vgl. Tz. 43.

Rehabilitationsbetriebe der öffentlich-rechtlichen Träger der Sozialversicherung können Betriebe gewerblicher Art sein, wenn sie Mitglieder anderer Versicherungen oder Privatpersonen entgeltlich mitbehandeln und die Anzahl dieser Behandlungen 5 % der insgesamt behandelten Fälle übersteigt. Selbstversorgungsbetriebe (z. B. Bäckereien, Druckereien, Kraftfahrzeugwerkstätten, Tankstellen, Beschaffungsstellen) sind umsatzsteuerlich nicht zu erfassen, wenn sie ausschließlich für die eigene juristische Person des öffentlichen Rechts tätig werden. Führt ein Selbstversorgungsbetrieb nachhaltig auch Umsätze an Dritte aus und ist der Umsatz an Dritte von einigem Gewicht (nachhaltig mehr als 30.678 € im Jahr), unterliegen diese Umsätze an Dritte der Besteuerung.

Als Betrieb gewerblicher Art gilt auch die Verpachtung eines solchen Betriebs. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die Einrichtung beim Verpächter einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würde: Maßgebend für die Gewichtigkeitsgrenze sind die Umsätze des Pächters. Ist für die Führung eines Betriebs größeres Inventar erforderlich, ist dessen Verpachtung nur steuerbar, wenn Inventarstücke vom Verpächter beschafft und dem Pächter zur Nutzung überlassen sind. Das gilt auch dann, wenn das mitverpachtete Inventar nicht vollständig ist, jedoch die Führung eines bescheidenen Betriebs gestattet. Als Betriebe gewerblicher Art können z. B. in Betracht kommen die Verpachtung eines Campingplatzes mit seinen wesentlichen Einrichtungen, auch wenn der Pächter noch weitere Gegenstände von untergeordneter Bedeutung beschafft; von Ratskellern mit ausreichendem Inventar; von Kantinen, Friseurstuben und ähnlichen Betreuungseinrichtungen mit den wesentlichen Einrichtungsgegenständen durch die Bundeswehr gegen Pachtzins. Steuerbar ist ferner die Verpachtung von Kiesgruben mit den für die Ausbeutung erforderlichen Maschinen, von Lichtspieltheatern einschließlich Bestuhlung und Vorführgeräten. Die Überlassung einzelner Rechte ist nicht steuerbar, z. B. die Einräumung eines Wegebenutzungsrechts gegen Zahlung einer Konzessionsabgabe. Öffentliche Bibliotheken, die ihren Besuchern ausschließlich unentgeltlich Informationsquellen zur Nutzung überlassen, sind nicht unternehmerisch tätig. Ist eine derartige Nutzungsüberlassung allerdings nur ein Teilbereich der Tätigkeit einer öffentlichen Bibliothek, die ansonsten Bücher und andere Medien gegen Entgelt überlässt, ist die Tätigkeit der öffentlichen Bibliothek insgesamt ein Betrieb gewerblicher Art.

Tz. 39 Personalgestellungen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts

Setzt eine juristische Person des öffentlichen Rechts Bedienstete ihres Hoheitsbereichs in eigenen Betrieben gewerblicher Art ein (Innenleistungen) oder stellt sie Bedienstete aus ihrem Hoheitsbereich an den Hoheitsbereich einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts ab (Amtshilfe), sind die Personalgestellungen nicht steuerbar. Stellt ein geistlicher Schulorden mit öffentlich-rechtlicher Eigenschaft seine Mitglieder an staatliche oder gemeindliche Schulträger zu Lehrzwecken ab, ist seine Leistung hoheitlicher Natur und nicht steuerbar.

Stellt eine juristische Person des öffentlichen Rechts Bedienstete aus ihrem Hoheitsbereich den Betrieben gewerblicher Art anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtlichen Unternehmen entgeltlich zur Verfügung, ist die Personalgestellung (soweit von einigem Gewicht i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) ein einheitlicher Betrieb gewerblicher Art. Eine steuerbare Leistung im Rahmen eines bestehenden Betriebs gewerblicher Art ist gegeben, wenn dieser Betrieb eigene Arbeitnehmer an privatrechtliche Unternehmer oder an einen Betrieb gewerblicher Art einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts entgeltlich gestellt, ebenso wenn er Bedienstete an einen Hoheitsbetrieb einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts abstellt und ihm die Personalkostenerstattung unmittelbar zufließt. Die Personalgestellung kann jedoch dem hoheitlichen Bereich zugeordnet werden (nicht steuerbar), sofern der Bedienstete zunächst in den Hoheitsbereich zurückberufen, von dort abgestellt und der Erstattungsbetrag dem Hoheitsbereich zufließt. Stellt die juristische Person des öffentlichen Rechts aus einem eigenen Betrieb gewerblicher Art Personal an den eigenen Arbeitsbereich ab, ist dann keine unentgeltliche Wertabgabe anzunehmen, wenn beim Personaleinsatz eine eindeutige Trennung vorgenommen wird. Vgl. hierzu die Beispiele in Abschn. 23 Abs. 15 UStR.

Tz. 40 Gewerbliche oder berufliche Tätigkeiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts kraft Gesetzes

§ 2 Abs. 3 Satz 2 UStG

Als gewerbliche oder berufliche Tätigkeiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gelten stets – auch wenn die Voraussetzungen eines Betriebs gewerblicher Art oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht erfüllt sind –

  • die Tätigkeit der Notare im Landesdienst und der Ratschreiber im Land Baden-Württemberg, soweit Leistungen ausgeführt werden, für die nach der Bundesnotarordnung die Notare zuständig sind;

  • die Abgabe von Brillen und Brillenteilen einschließlich der Reparaturarbeiten durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung an Mitglieder und Nichtmitglieder sowie die entsprechenden unentgeltlichen Wertabgaben;

  • die Leistungen der Vermessungs- und Katasterbehörden bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Landesvermessung und des Liegenschaftskatasters mit Ausnahme der Amtshilfe. Amtshilfe ist z. B. die Überlassung von Unterlagen an die Grundbuchämter und Finanzämter, nicht dagegen Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts, denen nach Landesgesetzen keine Vermessungsaufgaben als eigene Aufgaben obliegen. Die Steuerpflicht beschränkt sich auf hoheitliche Vermessungen, deren Ergebnisse zur Fortführung des Liegenschaftskatasters bestimmt sind (Teilungsvermessungen, Grenzfeststellungen und Gebäudeeinmessungen). Alle übrigen hoheitlichen Leistungen (z. B. die Führung und Neueinrichtung des Liegenschaftskatasters sowie Auszüge und Abschriften hiervon) sind grds. nicht steuerbar. Nicht steuerbar sind auch unentgeltliche Wertabgaben in Form von Vermessungsleistungen für den Hoheitsbereich der eigenen Trägerkörperschaft. Werden von den Vermessungs- und Katasterbehörden wirtschaftliche Tätigkeiten von einigem Gewicht in der Form eines Betriebs gewerblicher Art (Tz. 38) ausgeübt, sind sie nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG steuerbar, z. B. Verkauf von Landkarten, Leistungen auf dem Gebiet der Planung, Anfertigung von Bebauungsplänen und ingenieurtechnische Vermessungsleistungen. Die entgeltliche Erteilung von Auszügen aus dem Liegenschaftskataster durch Vermessungs- und Katasterbehörden gilt entgegen Abschn. 23 Abs. 7 Satz 3 und 4 UStR nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 UStG als unternehmerische Tätigkeit, soweit in dem betreffenden Bundesland nach den jeweiligen landesrechtlichen Gegebenheiten eine entgeltliche Erteilung von Auszügen aus dem Liegenschaftskataster auch durch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure rechtlich und technisch möglich ist. Dies gilt jedoch nicht, soweit öffentlich bestellte Vermessungsingenieure nach den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen lediglich als Erfüllungsgehilfen der Vermessungs- und Katasterbehörden tätig werden. Soweit Gemeinden Auszüge aus dem Liegenschaftskataster erteilen, gelten sie als Vermessungs- und Katasterbehörden i. S .von § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 UStG (vgl. , BStBl 2008 I S. 382). Zur Behandlung der Vermessung einer Liegenschaft und der Erteilung von Auszügen aus dem Liegenschaftskataster durch die Vermessungs- und Katasterverwaltung, öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und Gemeinden vgl. auch 7106 NWB NAAAC-80305;

  • die Tätigkeit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, soweit Aufgaben der Marktordnung, der Vorratshaltung und der Nahrungsmittelhilfe wahrgenommen werden. (die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gilt nur insoweit nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 UStG 1993 als Unternehmerin, als sie selbst Umsätze ausführt; sie ist aus der Übernahme von Schweinen im Rahmen von Sondermaßnahmen nach Ausbruch der Schweinepest nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn sie die Schweine nicht durch Umsätze für ihr Unternehmen verwendete, sondern lediglich in Tierkörperbeseitigungsanstalten entsorgen ließ, vgl. NWB UAAAC-97240).

Tz. 41 Betriebe in privatrechtlicher Form; Übertragen von Hoheitsaufgaben auf andere

Werden Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts in eine privatrechtliche Form gekleidet (z. B. GmbH, AG), sind sie grds. selbständige Unternehmer (eigene Rechts- und Steuerträger). Sie können unselbständige Teile einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nur sein, wenn sie in deren Unternehmensbereich (Betrieb gewerblicher oder land- und forstwirtschaftlicher Art) organschaftlich eingegliedert sind (Tz. 34). Tätigkeiten, die der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben dienen, können grds. eine wirtschaftliche Eingliederung in den Unternehmensbereich nicht begründen (keine Organschaft, Abschn. 23 Abs. 19 UStR).

Überträgt eine juristische Person des öffentlichen Rechts eigene Hoheitsaufgaben auf einen dritten Unternehmer (sowohl die Aufgaben als solche als auch ihre Durchführung, sog. Beleihung), unterliegt der dritte Unternehmer mit seiner Leistung der Umsatzsteuer, weil eine hoheitliche Tätigkeit nur die dazu berufene juristische Person des öffentlichen Rechts selbst erfüllen kann (, BStBl 1978 II S. 80). Steuerbar sind z. B. die Technischen Überwachungsvereine (TÜV) mit ihren gesetzlich vorgeschriebenen Kraftfahrzeuguntersuchungen; die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure; die Tierleichenbeseitigungen durch private Tierkörperbeseitigungsbetriebe; die Tätigkeiten selbständiger Bezirksschornsteinfegermeister; Untersuchungen durch selbständige Nahrungsmittelchemiker; Beurkundungen durch Notare; der Betrieb einer Rettungswache durch beliehene Unternehmer des privaten Rechts. Der beliehene Unternehmer erbringt in diesen Fällen die Leistungen unmittelbar an den Bürger; Leistungsbeziehungen zur juristischen Person des öffentlichen Rechts bestehen i. d. R. nicht. Anders ist die Situation bei gesetzlichen Pflichtaufgaben, bei denen nicht die Aufgabe als solche, sondern nur ihre Durchführung auf Dritte übertragen wird. Schaltet z. B. eine Kommune bei der Hausmüllentsorgung (kommunale Pflichtaufgabe nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Krw-/AbfG) einen privaten Unternehmer ein, erbringt dieser steuerbare Leistungen an die Kommune, die ihrerseits nicht steuerbare Leistungen gegenüber dem Bürger im Rahmen eines Hoheitsbetriebs ausführt (vgl. auch Tz. 43). Zur Übertragung abfallrechtlicher Entsorgungspflichten auf Dritte nach dem KrW-/AbfG vgl. NWB BAAAC-57717).

Tz. 42 Land- und forstwirtschaftliche Betriebe von juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich ihrer Nebenbetriebe (wegen der Begriffe vgl. Tz. 306, 309) von juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterliegen unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Gewicht der Umsatzbesteuerung nach den Durchschnittssätzen des § 24 Abs. 1 UStG (Tz. 299) oder wahlweise nach den allgemeinen Bestimmungen des UStG (§ 24 Abs. 4 UStG; Tz. 311). Die Umsatzgrenze von 30 678 € gilt hier nicht. Land- und forstwirtschaftliche Arbeitsbetriebe von Strafvollzugsanstalten erfüllen nicht steuerbare hoheitliche Aufgaben.

Tz. 43 Hoheitsbetriebe

Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), werden nicht unternehmerisch tätig. Lässt sich eine Tätigkeit nicht klar dem hoheitlichen oder dem wirtschaftlichen Bereich zuordnen, ist auf die überwiegende Zweckbestimmung der Tätigkeit abzustellen. Eine überwiegend hoheitliche Zweckbestimmung liegt nur vor, wenn die beiden Tätigkeitsbereiche derart ineinander greifen, dass eine genaue Abgrenzung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, wenn also die wirtschaftliche Tätigkeit unlösbar mit der hoheitlichen Tätigkeit verbunden ist und eine Art Nebentätigkeit im Rahmen der einheitlichen, dem Wesen nach hoheitlichen Betätigung darstellt (, BStBl 1977 II S. 813).

Ausübung der öffentlichen Gewalt ist eine Tätigkeit, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehaltlich ist. An diesem Merkmal fehlt es, wenn sie sich durch ihre Einrichtungen in den wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Betätigung eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet (, BStBl 1970 II S. 519). Öffentliche Gewalt wird insbesondere ausgeübt, wenn es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen jedoch Zwangs- und Monopolrechte nicht aus.

Zu den Hoheitsbetrieben gehören z. B. Anstalten zur Lebensmitteluntersuchung, zur Leichenverbrennung, zur Straßenreinigung; ferner Forschungsanstalten, Friedhöfe, Schlachthöfe und Wetterwarten; Arbeitsbetriebe von Strafvollzugsanstalten; gemeindliche Schlachtviehmärkte. Den Hoheitsbetrieben zuzuordnen sind Tätigkeiten der Gerichtsvollzieher (Landesbeamte) bei Versteigerungen und freihändigen Verkäufen innerhalb und außerhalb der Zwangsvollstreckung; Priesterseminare durch den bischöflichen Stuhl zur Ausbildung von Geistlichen; Forschung und Lehrtätigkeit der Universitäten; Unterbringung und Verpflegung von Zöglingen in öffentlich-rechtlichen Heimen und Pflegeanstalten unter Zwangsverhältnissen.

Eine Gemeinde, die aufgrund der StVO Parkplätze durch Aufstellung von Parkscheinautomaten oder Parkuhren gegen Parkgebühren überlässt, handelt insoweit im Rahmen eines Hoheitsbetriebs und nicht als Unternehmer. Dagegen erfüllt sie mit der gebührenpflichtigen Überlassung von Parkplätzen, die auf eigenem oder gepachtetem Grund und Boden unterhalten werden, die Merkmale eines Betriebs gewerblicher Art, weil ein Privatunternehmer – ohne von der Gemeinde damit betraut zu sein – die Unterhaltung eines bewachten Parkplatzes ebenfalls wahrnehmen könnte; Entsprechendes gilt für den Betrieb einer Tiefgarage (, BStBl 2004 II S. 431).

Einrichtungen zur Abführung und Beseitigung von Abwässern und Abfällen werden herkömmlicherweise als Hoheitsbetriebe angesehen. Zwar können die Entsorgungsleistungen teilweise auf Dritte übertragen werden. Die Hausmüllentsorgung bleibt jedoch eine nicht übertragbare Aufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften. Die bloße Möglichkeit der Übertragung auf Dritte reicht für die Annahme einer konkreten Wettbewerbssituation, bei der eine Nichtbesteuerung der Kommunen zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen könnte, nicht aus. Die geänderte abfallrechtliche Situation führt aber zu unterschiedlichen Leistungsbeziehungen, wenn tatsächlich Dritte eingeschaltet werden. Bedient sich die kommunale Gebietskörperschaft bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushalten eines sog. eingeschalteten Unternehmers, sind dessen Leistungen steuerpflichtig; sie können aber nicht gegenüber dem Bürger, sondern nur gegenüber dem Hoheitsträger erbracht werden. Wird die Entsorgung von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen oder die Abführung von Abwasser auf Dritte übertragen, kontrahiert der Dritte unmittelbar mit den Abfallerzeugern; die Gebietskörperschaft ist in die Leistungskette nicht eingeschaltet. Liegt ein der Abfallentsorgung dienender Hoheitsbetrieb vor, ist auch die entgeltliche Abgabe der Abfälle selbst oder der aus den Abfällen gewonnenen Stoffe oder Energie diesem Hoheitsbetrieb zuzuordnen oder als hoheitliches Hilfsgeschäft anzusehen. Eine wirtschaftliche Tätigkeit, die unter den Voraussetzungen der Tz. 38 zur Annahme eines Betriebs gewerblicher Art führt, liegt allerdings dann vor, wenn die veräußerten Stoffe oder die veräußerte Energie nicht überwiegend aus Abfällen gewonnen werden. Bei der Abgrenzung ist vom Brennwert der eingesetzten Abfälle und sonstigen Brennstoffe auszugehen.

Die Verwertung bzw. Veräußerung von Material oder Gegenständen (z. B. Verkauf gebrauchter Maschinen durch den städtischen Schlachthof) aus dem hoheitlichen Bereich (sog. Hilfsgeschäfte) ist dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen.

Wird im Hoheitsbetrieb zugleich eine funktionell abgrenzbare, sich innerhalb des Gesamtbetriebs wirtschaftlich heraushebende gewerbliche oder berufliche Tätigkeit von einigem Gewicht entfaltet, ist insoweit ein Betrieb gewerblicher Art anzunehmen. Das kann z. B. zutreffen auf den Betrieb eines Erholungsheims einer Kirchengemeinde, auf den Verkauf von Blumen und auf Grabpflegeleistungen eines öffentlich-rechtlichen Friedhofträgers oder auf bestimmte Personalgestellungen (Tz. 39).

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten erfüllen mit ihren Hör- und Fernsehsendungen sowie mit der entgeltlichen Überlassung von Programmen, Filmen, Platten und Tonbändern an andere öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten nichtsteuerbare öffentlich-rechtliche Aufgaben. Sie unterliegen dagegen der Umsatzsteuer mit Umsätzen im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (z. B. Kantinen, Werbehörfunk, Werbefernsehen).

Die staatlichen Materialprüfungsanstalten oder Materialprüfungsämter üben neben ihrer hoheitlichen Tätigkeit vielfach auch Tätigkeiten wirtschaftlicher Natur aus, z. B. entgeltliche Untersuchungs-, Beratungs- und Begutachtungsleistungen für private Auftraggeber. Unter den Voraussetzungen der Tz. 38 sind in diesen Fällen insoweit Betriebe gewerblicher Art anzunehmen.

Zu den gemeindlichen Schwimmbädern vgl. Abschn. 23 Abs. 17 UStR.

Die bloße Vermögensverwaltung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts wird körperschaftsteuerlich grds. nicht als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen und damit im Ergebnis den Hoheitsbetrieben zugeordnet. Zur Vermögensverwaltung gehören z. B. die Anlage von Geld auf Sparkonten gegen Zinsen, die Beteiligung an Kapitalgesellschaften, die Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung von Grundbesitz, die zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten. Dabei handelt es sich i. d. R. um Leistungen, die bei einem Unternehmer des privaten Rechts umsatzsteuerrechtlich unter eine Steuerbefreiungsvorschrift fallen würden (z. B. § 4 Nr. 8, 9, 12 UStG). Im Hinblick hierauf ist die Nichtbesteuerung der Vermögensverwaltung umsatzsteuerlich grds. nicht zu beanstanden, vorausgesetzt, die Nichtbesteuerung führt nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen (, BStBl 1999 II S. 418). Im Fall einer Marktgemeinde, die eine Gaststätte ohne Inventar an einen privaten Unternehmer vermietet hatte, wurden keine größeren Wettbewerbsverzerrungen angenommen, weil innerhalb der Gemeinde und ihrer Umgebung keine anderen Gaststätten ohne Inventar vermietet worden sind.

Amtshilfe i. S. des Verwaltungsrechts führt nicht automatisch zur Annahme eines Hoheitsbetriebs. Eine solche Amtshilfe liegt vor, wenn eine Behörde auf Ersuchen einer anderen Behörde außerhalb eines Weisungsverhältnisses vorübergehend zur Erfüllung der Aufgaben der ersuchenden Behörde durch Handlungen rechtlicher oder tatsächlicher Art Beistand leistet. Mit der Amtshilfe dürfen keine Amtshandlungen übernommen werden, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgaben obliegen. Steuerrechtlich kommt es auf die Rechtsnatur der in Amtshilfe übernommenen Tätigkeit an. Eine ihrem Inhalt nach wirtschaftliche Tätigkeit wird auch nicht dadurch zur Ausübung hoheitlicher Gewalt, dass sie im Wege der Amtshilfe gegenüber einem anderen Hoheitsträger erfolgt (z. B. , BStBl 1990 II S. 95). Danach sind Blutalkoholuntersuchungen durch öffentliche Einrichtungen im Auftrag von Strafverfolgungsbehörden wirtschaftliche Tätigkeiten im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art. Nichtsteuerbare Leistungen dürften dann vorliegen, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts Bedienstete aus dem eigenen Hoheitsbereich an den Hoheitsbereich einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Erfüllung von hoheitlichen Aufgaben, die nicht von einem privaten Unternehmer ausgeführt werden können, gestellt (vgl. Tz. 39).

Tz. 44 Das Unternehmen der juristischen Person des öffentlichen Rechts

Das Unternehmen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts umfasst – im Gegensatz zum Körperschaftsteuerrecht – die Gesamtheit aller als gewerblich oder beruflich bestimmten Tätigkeiten, Betriebe gewerblicher Art und land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Die Umsätze hieraus sind zusammenzufassen. Leistungen zwischen den Betrieben gewerblicher oder land- und forstwirtschaftlicher Art sind als unternehmensinterne Vorgänge (Innenumsätze) nicht steuerbar. Umsätze an die Hoheitsverwaltung ihrer juristischen Person des öffentlichen Rechts sind grds. als unentgeltliche Wertabgaben (Tz. 50) steuerbar. Die Steuerbarkeit entfällt jedoch, wenn ein unter eine Steuerbefreiung fallender Unternehmensteil (z. B. Krankenhaus i. S. des § 4 Nr. 16 UStG) Gegenstände in den Hoheitsbereich überführt, denn diese Gegenstände haben nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG).

Unentgeltliche Sachzuwendungen und sonstige Leistungen eines gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betriebs für den privaten Bedarf seines Personals sind nach Maßgabe des § 3 Abs. 1b Nr. 2 und des § 3 Abs. 9a UStG (Tz. 50) steuerbar. Werden für diese Zuwendungen unangemessen niedrige Entgelte verlangt, ist die Umsatzsteuer nach einer Mindestbemessungsgrundlage zu berechnen (§ 10 Abs. 5 UStG, Tz. 188).

Tz. 45 Unternehmereigenschaft der EWIV

Der ECOFIN-Rat hat am 17. 10. 2005 die VO (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL verabschiedet – mit Wirkung v. (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1). Durch die Verordnung werden erstmals Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL aufgrund der neuen Rechtsgrundlage in Art. 29a der 6. EG-RL erlassen. Die Durchführungsvorschriften dienen der einheitlichen Anwendung der 6. EG-RL in den Mitgliedstaaten und sind sowohl für die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission als auch den EuGH rechtlich bindend. Die Vorschriften sind ausschließlich vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung an rechtsverbindlich und berühren nicht die Gültigkeit der von den Mitgliedstaaten in der Vergangenheit (d. h. bis zum Inkrafttreten der Verordnung) angenommenen Rechtsvorschriften und Auslegungen.

Grundlage der Durchführungsverordnung ist die RL 2004/7/EG des Rates v. zur Änderung der RL 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem bezüglich des Verfahrens zur Annahme von Ausnahmeregelungen und der Zuweisung von Durchführungsbefugnissen (ABl EG 2004 Nr. L 27 S. 44), mit der die entsprechende Rechtsgrundlage in die 6. EG-RL aufgenommen worden war (Art. 29a), wonach der Rat auf Vorschlag der EU-Kommission einstimmig die zur Durchführung der 6. EG-RL erforderlichen Maßnahmen beschließt. Die Durchführungsvorschriften sind in den einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht. Einer Transformation in das deutsche Umsatzsteuerrecht bedarf es daher nicht.

Art. 2 der Verordnung bestimmt, dass eine Einrichtung in der Rechtsform der Europäischen Wirtschaftsvereinigung (EWIV) unter gegebenen Voraussetzungen die Unternehmereigenschaft besitzen kann. Dies entspricht geltender Verwaltungsauffassung, vgl. insbesondere Abschn. 22 UStR.

Tz. 46 Fahrzeuglieferer

§ 2a UStG

Wer im Inland ein neues Fahrzeug (Tz. 28) liefert, das bei der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt, wird für diese Lieferung wie ein Unternehmer behandelt, auch wenn er insoweit die Voraussetzungen des § 2 UStG nicht erfüllt. Privatpersonen und aus ihrem Privatbereich liefernde Unternehmer tätigen zwar in diesen Fällen eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, können jedoch für den eigenen vorangegangenen Erwerb des Neufahrzeugs den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 4a UStG beanspruchen (Tz. 249). Sie müssen dazu eine Umsatzsteuer-Voranmeldung und eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung beim Finanzamt einreichen (Tz. 257, 259).

Tz. 47 Begriff der Lieferung

§ 3 Abs. 1 UStG

Gem. § 3 Abs. 1 UStG befähigt der Unternehmer (oder in seinem Auftrag ein Dritter) durch eine Lieferung den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Art. 5 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) definiert als Lieferung eines Gegenstands die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Keine Lieferung ist also die Verwendung/Nutzung von Gegenständen (dazu Tz. 61). Zum Lieferbegriff vgl. auch von Streit/Korf, UR 2008 S. 410.

Der gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Begriff „Lieferung eines Gegenstands” bezieht sich nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch das jeweilige nationale (Zivil-)Recht vorgesehenen Formen, sondern umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands, die den Abnehmer ermächtigt, über den Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre er sein Eigentümer, auch wenn das rechtliche Eigentum nicht übertragen wird (, Safe, UR 1991 S. 289; , BStBl 2003 II S. 953 – Grundstückslieferung ohne Eigentumsübergang). Damit übereinstimmend stellt der BFH darauf ab, ob Substanz, Wert und Ertrag des Gegenstands übertragen werden (z. B. , BStBl 2000 II S. 153). Erst wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Lieferung grds. ausgeführt (Zeitpunkt der Lieferung). Nach diesen Kriterien ist eine Grundstücksübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt keine Lieferung, weil dem bisherigen Eigentümer der Ertrag verbleibt ( NWB TAAAB-03174, Nichtanwendung durch BMF). Trotz zivilrechtlicher Übereignung kann eine umsatzsteuerliche Lieferung noch nicht vorliegen, wenn dem neuen Eigentümer die wirtschaftliche Substanz und der Wert des Gegenstands nicht endgültig zusteht (Übereignung von Grundstücken mit Rückübereignungsverpflichtung) und er nur mit Zustimmung des bisherigen Eigentümers über ihn verfügen kann (, BStBl 2007 II S. 63).

So bewirkt nach , Auto Lease Holland BV (BStBl 2004 II S. 573) eine Vereinbarung, dass der Pkw-Leasingnehmer das Fahrzeug für Rechnung des Leasinggebers betankt, keine Kraftstofflieferung an letzteren, weil er keine Verfügungsbefugnis über den Kraftstoff hat; es handelt sich um einen Finanzierungsvertrag (sonstige Leistung). Die Verwaltung hat die Rechtsprechung des EuGH-Urteils Rs. C-185/01 und die Nachfolgeentscheidung des (BStBl 2004 II S. 571) zu den Kraftstofflieferungen im Kraftfahrzeugleasingbereich mit dem (BStBl 2004 I S. 605) umgesetzt. Die Grundsätze dieses Schreibens sind auch außerhalb des Kraftfahrzeugleasingbereichs in vergleichbaren Fällen anzuwenden (vgl. NWB TAAAD-08106).

Diebesgut kann (ohne Eigentumsübertragung) geliefert werden. Bei Eigentumsvorbehalt wird der Gegenstand bereits mit der Übergabe geliefert, unabhängig von der vollständigen Kaufpreiszahlung gem. § 449 BGB (, BStBl 1971 II S. 34). Sicherungsübereignung bewirkt noch keine Lieferung. Erst mit der Veräußerung des Sicherungsguts durch den Sicherungsnehmer kommt es zu zwei Lieferungen – Sicherungsnehmer an Erwerber, zugleich Sicherungsgeber an Sicherungsnehmer – (, BStBl 1997 II S. 585, sowie im Konkurs des Sicherungsgebers NWB OAAAB-34372). Dabei ist es gleichgültig, ob der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut dadurch verwertet, dass er es selbst veräußert, oder dadurch, dass der Sicherungsgeber es im Auftrag und für Rechnung des Sicherungsnehmers veräußert. Falls der Sicherungsgeber es übernimmt, das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers zu verkaufen, führt er an den Käufer eine entgeltliche Lieferung aus. Zudem greift § 3 Abs. 3 UStG ein. Zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt. Gleichzeitig erstarkt die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer. Es liegt ein Dreifachumsatz vor ( , BStBl 2006 II S. 931, und , BStBl 2006 II S. 933; vgl. hierzu Bonertz, UR 2007 S. 241, und kritisch von Streit, UStB 2007 S. 46). Die Grundsätze der BFH-Urteile zur Veräußerung eines zur Sicherung übereigneten Gegenstands durch den Sicherungsgeber im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des Sicherungsnehmers, sind auf nach dem ausgeführte Umsätze anzuwenden. Soweit die Ausführungen in Abschn. 2 Abs. 1 Satz 2–4 UStR 2005 dem entgegenstehen, sind sie gem. (BStBl 2006 I S. 794) ab dem nicht mehr anzuwenden; sie gelten hingegen weiterhin im Fall der Veräußerung eines zur Sicherung übereigneten bzw. verpfändeten Gegenstands im Namen und für Rechnung des Sicherungsnehmers bzw. Pfandleihers. Abschn. 2 Abs. 1 Satz 5 und 6 UStR 2005 bleibt auch bei Anwendung der Urteilsgrundsätze unberührt. Vgl. zur Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände auch Rondorf, NWB 2009 S. 2477.

Auch bei rechtsgeschäftlicher Verpfändung (§ 1205 Abs. 1 Satz 1 BGB) kommt es erst bei Pfandverwertung zu zwei Lieferungen. Hingegen führt Zwangsvollstreckung im Wege öffentlicher Versteigerung bzw. freihändigen Verkaufs durch Vollstreckungsorgane des Lands nur zu einer Lieferung (des Eigentümers an den Erwerber, nicht auch des Eigentümers an das Land).

Im Zusammenhang mit der Abgabe von Saatgut kommen vielfältige Leistungen vor, die sonstige Leistungen (vgl. Tz. 61) oder Lieferungen sein können (, BStBl 2006 I S. 240): Bei der Abgabe von Vorstufen- oder Basissaatgut (technisches Saatgut) im Rahmen von Vermehrerverträgen erfolgt die Verschaffung der Verfügungsmacht mit schuldrechtlichen Einschränkungen. Das Saatgut wird dabei zum Zweck der Vermehrung durch Anbau sowie gegebenenfalls vorherige Aufbereitung übergeben, eine Weitergabe oder Vermarktung ist hingegen untersagt. Die Verfügungsmacht an dem durch Vermehrung neu gewonnenen Saatgut wird vielmehr nach Anerkennung als Zertifiziertes Saatgut (Z-Saatgut) wiederum dem Züchter oder einem Vertriebsorganisationsunternehmen (VO-Unternehmen) verschafft, welche die anschließende Vermarktung selbst übernehmen. Sowohl die Abgabe des Basissaatguts zur Vermehrung als auch die Abgabe des Zertifizierten Saatguts stellen sich in diesem Fall als Lieferungen dar. Auch die Abgabe von sog. Zertifiziertem Saatgut durch Züchter oder Vertriebsorganisationsunternehmen (z. B. an Landwirte zur Produktion von Konsumgetreide oder an Handelsunternehmen) ist eine Lieferung. Eine spätere Verwendung des daraus gewonnenen Ernteguts zum Nachbau in Ausübung des Landwirteprivilegs (vgl. Tz. 61) ist für diese Beurteilung unbeachtlich.

Beim „sale-and-lease-back”-Verfahren kann der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums an dem Leasinggut durch den Leasingnehmer an den Leasinggeber eine bloße Sicherungs- und Finanzierungsfunktion zukommen mit der Folge, dass weder diese Übertragung noch die Rückübertragung des Eigentums vom Leasinggeber an den Leasingnehmer umsatzsteuerlich als Lieferung zu behandeln ist. Die Frage nach den umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen kann auch insoweit grds. nur auf der Grundlage der konkreten vertraglichen Vereinbarung und deren tatsächlicher Durchführung beantwortet werden (, BStBl 2006 II S. 727). Von einer bloßen Sicherungs- und Finanzierungsfunktion (Kreditgewährung des Leasinggebers an den Leasingnahmer) ist insbesondere auszugehen, wenn über die Rückvermietung eine Ratenkauf- oder Mietkaufvereinbarung geschlossen wird, aufgrund derer das zivilrechtliche Eigentum mit Ablauf der Vertragslaufzeit wieder auf den Leasingnehmer zurückfällt (Abschn. 25 Abs. 6 Satz 2 UStR). Im Übrigen weist das BMF (, UR 2006 S. 662) darauf hin, dass der BFH im Urteil V R 22/03 nicht über einen typischen, sondern über einen speziell gelagerten Fall eines „sale-and-lease-back”-Geschäfts entschieden habe. Der BFH habe insbesondere auch klargestellt, dass eine einheitliche Beurteilung aller Erscheinungsformen des Leasings nicht möglich ist, weil Elemente mehrerer zivilrechtlicher Vertragstypen in unterschiedlicher Gewichtung verbunden sind. Maßgeblich für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung seien die vertraglichen Vereinbarungen und deren Durchführung. Dies bedeute in der Praxis, dass eine Einzelfallprüfung erforderlich bleibe. Vgl. zu den Konsequenzen aus dem Urteil auch Hummel, UR 2007 S. 757, Klein, DStR 2008 S. 2348, Slapio/Bosche, BB 2006 S. 2165, und Vosseler, DStR 2007 S. 188. Das BMF hat die Grundsätze für die umsatzsteuerliche Behandlung von sale-and-lease-back-Geschäften dann nochmals im Schreiben v. - S 7100 (BStBl 2008 I S. 1084) dargestellt. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der grenzüberschreitenden Vermietung beweglicher Gegenstände (Lease-in-/Lease-out-Transaktionen) und des „sale-and-lease-back”-Verfahrens vgl. auch , UR 2009 S. 466.

Nach dem Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) erhalten Anlagenbetreiber i. S. des EEG die erhöhte Einspeisevergütung auch für Elektrizität, die tatsächlich in ihrem eigenen Netz oder in dem Netz eines Dritten verbraucht und nicht physisch in das Netz des Netzbetreibers eingespeist wird. Diese „Elektrizität” wird dem Netzbetreiber lediglich kaufmännisch-bilanziell, d. h. als rechnerisch durch Zählerstände ermittelter Posten, angeboten (§ 4 Abs. 5 EEG). Unter der Voraussetzung, dass ein Stromlieferungsvertrag abgeschlossen wurde, ist der Netzbetreiber zur Zahlung der Vergütung nach dem EEG auch in diesem Fall verpflichtet. Die nach § 4 Abs. 5 EEG kaufmännisch-bilanziell eingespeiste Elektrizität wird auch umsatzsteuerrechtlich vom Anlagenbetreiber an den Netzbetreiber geliefert. Die Einspeisevergütung ist Entgelt für die kaufmännisch-bilanziell eingespeiste Elektrizität ( NWB QAAAC-36616). Hinsichtlich der Anforderungen an die Stromzähler zur Ermittlung der Menge des eingespeisten bzw. des privat verbrauchten Stroms vgl. , StEd 2009 S. 491. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung im Fall einer von der öffentlichen Hand betriebenen Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien vgl. ergänzend NWB AAAAC-43800.

Für nach dem erstmals installierte Anlagen zur Elektrizitätsgewinnung aus solarer Strahlungsenergie (Photovoltaikanlagen) mit einer installierten Leistung von nicht mehr als 30 kW soll durch § 33 Abs. 2 EEG ein Anreizsystem geschaffen werden, den eigenen Elektrizitätsverbrauch zeitlich an die eigene Produktion anzupassen, um so die öffentlichen Elektrizitätsnetze zu entlasten. Der Netzbetreiber ist nach §§ 8, 16 und 18 ff. EEG wie bisher zur Abnahme, Weiterleitung und Verteilung sowie Vergütung der gesamten vom Anlagenbetreiber aus solarer Strahlungsenergie erzeugten Elektrizität verpflichtet. Soweit die erzeugte Energie vom Anlagenbetreiber nachweislich dezentral verbraucht wird (sog. Direktverbrauch), kann sie mit dem nach § 33 Abs. 2 EEG geltenden Betrag vergütet werden. Nach § 18 Abs. 3 EEG ist die Umsatzsteuer in den im EEG genannten Vergütungsbeträgen nicht enthalten. Umsatzsteuerrechtlich wird die gesamte vom Anlagenbetreiber aus solarer Strahlungsenergie erzeugte Elektrizität an den Netzbetreiber geliefert. Dies gilt – entsprechend der Regelung zur sog. kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung in Abschn. 42n Abs. 1 Satz 3 UStR – unabhängig davon, wo die Elektrizität tatsächlich verbraucht wird und ob sich der Vergütungsanspruch des Anlagenbetreibers nach § 33 Abs. 1 EEG oder nach § 33 Abs. 2 EEG richtet. Soweit der Anlagenbetreiber bei Inanspruchnahme der Vergütung nach § 33 Abs. 2 EEG Elektrizität dezentral verbraucht, liegt umsatzsteuerrechtlich eine (Rück-)Lieferung des Netzbetreibers an ihn vor. Die Einspeisevergütung ist in jedem Fall Entgelt für Lieferungen des Anlagenbetreibers und kein Zuschuss (, BStBl 2009 I S. 523). Vgl. hierzu auch , UR 2009 S. 394 und v. 2. 6. 2009 - S 7104, StEd 2009 S. 491.

Tz. 48 Gegenstand einer Lieferung

Unter den Begriff des „körperlichen Gegenstands” können nach Art. 5 Abs. 2 der 6. EG-RL (= Art. 15 Abs. 1 MwStSystRL) auch Elektrizität, Gas, Wärme, Kälte und ähnliche Sachen fallen. Dies entspricht der deutschen Praxis, die bewegliche und unbewegliche Gegenstände sowie Wirtschaftsgüter, die wie Sachen umgesetzt werden, wie alle Arten von Energie (Abschn. 24 UStR), aber auch Firmenwert und Kundenstamm eines Unternehmens einbezieht (, BStBl 1989 II S. 430).

Zur Übertragung von Wertpapieren und Anteilen hat die Finanzverwaltung (, BStBl 2006 I S. 793) im Hinblick auf das NWB MAAAB-72833, Stellung genommen. Danach handelt es sich bei Aktien um Wertpapiere, die einen nichtkörperlichen Gegenstand repräsentieren und deren Ausgabe keine Lieferung darstellt. Ausführlich s. Tz. 61.

Nach Art. 5 Abs. 3 der 6. EG-RL (= Art. 15 Abs. 2 MwStSystRL) können die Mitgliedstaaten ferner bestimmte Rechte an Grundstücken als Gegenstand behandeln (vgl. zu den Gestaltungsmöglichkeiten , Stichting Goed Wonen NWB UAAAB-72732).

Die Bestellung/Übertragung eines Erbbaurechts an einem Grundstück wird allerdings vom , BStBl 1988 II S. 744) nicht als Lieferung, sondern als Einräumung eines dauernden Nutzungsrechts behandelt (ebenso , Van Tiem, UR 1991 S. 75, dieses schließt aber eine Behandlung als Lieferung nicht aus, sofern damit nicht die Nichtsteuerbarkeit – einmaliges, nicht nachhaltiges Geschäft – bezweckt wird). Die Verwaltung wendet jedenfalls die Befreiung gem. § 4 Nr. 9 UStG – für Umsätze, die unter das GrEStG fallen – an (Abschn. 71 UStR). Zur Beurteilung der Übertragung eines Erbbaurechts als Entnahme s. Tz. 50, a. Auch die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück hat der BFH bislang nicht als Lieferung, sondern als sonstige Leistung (Rechtsübertragung) angesehen, andererseits darauf die Steuerbefreiung für Grundstücksumsätze gem. § 4 Nr. 9 UStG angewandt (, BStBl 1995 II S. 30).

Kein körperlicher Gegenstand einer Lieferung sind Devisen als gesetzliches Zahlungsmittel (, First National Bank of Chicago NWB OAAAB-72614). Überlässt eine Werbeagentur einer Gemeinde einen mit Werbeaufdrucken versehenen Pkw im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes zur Nutzung mit dem Recht, ihn nach Ablauf von fünf Jahren ohne Zahlung eines Entgelts zu erwerben, liegt eine Lieferung (und keine sonstige Leistung) vor (, BStBl 2008 II S. 909; vgl. hierzu auch Klein, DStR 2008 S. 2348, Thieme, DB 2008 S. 2103, und NWB SAAAC-91445).

Ob bestimmte Umsätze, die aus ineinandergreifenden Tätigkeiten bestehen, Lieferungen oder sonstige Leistungen (Dienstleistungen) sind, richtet sich nach ihrem Wesen (, Faaborg-Gelting Linien, BStBl 1998 II S. 282). Nach diesem Urteil sind sog. Restaurant-Umsätze – die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr – als Dienstleistung zu beurteilen, weil die Dienstleistungen überwiegen und nur ein Teil in der Lieferung der Nahrungsmittel besteht. Dagegen ist der Umsatz von Nahrungsmittel „zum Mitnehmen” Lieferung. Ausführlich zu Restaurationsumsätzen s. Abschn. 25a UStR. Der bloße Ölwechsel bei Kraftfahrzeugen ist Lieferung, der Ölwechsel im Rahmen einer Inspektion kann Teil einer einheitlichen sonstigen Leistung sein (, BStBl 2000 II S. 14). Gegenstand einer Grundstückslieferung ist der Zustand des Grundstücks im vertraglich vereinbarten Zustand. Sog. Freimachung und Verfüllung eines Baugrundstücks gehören (als sonstige Leistung) zur Lieferung i. S. von § 4 Nr. 9 UStG, nicht hingegen bauvorbereitende Leistungen (, BStBl 2000 II S. 278). Eine Leistung, die in der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels besteht, ist als Lieferung eines Gegenstands anzusehen, wenn das Kabel im Anschluss an vom Lieferer durchgeführte Funktionsprüfungen auf den Kunden übertragen wird, der dann als Eigentümer darüber verfügen kann, der Preis des Kabels den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten dieser Leistung ausmacht und die Dienstleistungen des Lieferers sich auf die Verlegung des Kabels beschränken, ohne dieses der Art nach zu verändern oder den besonderen Bedürfnissen des Kunden anzupassen (, Aktiebolaget NN NWB CAAAC-42434). Umsätze aus dem Verkauf von Listen mit persönlichen Angaben von kontaktsuchenden Personen (sog. Kontaktlisten), die für eine unbestimmte Anzahl von Interessenten hergestellt werden, sind Lieferungen von Druckerzeugnissen (, DB 2009 S. 1968). Die Beurteilung solcher gebündelter Leistungen als Lieferung oder sonstige Leistung ist im Wesentlichen für den Ort der Leistung (Vermeidung von Doppelbesteuerung), für Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung maßgeblich (vgl. auch die Ausführungen in Tz. 10, a und 61).

Von Interesse ist ferner die Abgrenzung einer sog. steuerbaren (Rück-)Lieferung zur nichtsteuerbaren Rückgängigmachung einer Lieferung. Bei Letzterer beseitigt der Lieferungsempfänger das der Hinlieferung zugrunde liegende Umsatzgeschäft – oder er beruft sich auf dessen Unwirksamkeit – und gibt den Gegenstand in Rückabwicklung zurück (, BStBl 1995 II S. 756). Letzteres gilt auch bei Erfüllungsablehnung durch den Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO, die zu einer Umsatzsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG führt (vgl. , BStBl 2003 II S. 953). Vgl. zur Umsatzsteuererhebung während des Insolvenzverfahrens Wenzel, NWB F. 7 S. 6763 NWB WAAAB-97426.

Tz. 49 Verbringen eines Gegenstands

§ 3 Abs. 1a UStG

Als entgeltliche Lieferung gilt das Verbringen eines Gegenstands aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung (nicht nur vorübergehende Verwendung). Die Vorschrift korrespondiert mit dem innergemeinschaftlichen Erwerb gem. § 1a Abs. 2 UStG (s. Tz. 26). Sie fingiert also einen an sich nichtsteuerbaren (unentgeltlichen) Innenumsatz als steuerbare Lieferung. Bemessungsgrundlage ist der Einkaufspreis des Gegenstands zzgl. Nebenkosten (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG). Die Regelung kompensiert den Wegfall der Einfuhrbesteuerung im Gemeinschaftsgebiet.

Verbringen zu seiner Verfügung kann auch anzunehmen sein, wenn der Unternehmer Waren aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet in Verkaufsabsicht bringt. Die konkrete Absicht, den Gegenstand im anderen Mitgliedstaat unverändert weiterzuliefern, ist keine „nur vorübergehende Verwendung” (vgl. Abschn. 15b Abs. 6 UStR).

Beispiel:

Der niederländische Blumenhändler N befördert im eigenen Lkw Blumen nach Köln, um sie dort auf dem Wochenmarkt zu verkaufen. Die nicht verkauften Blumen nimmt er am selben Tag wieder mit.

N bewirkt in Bezug auf die verkauften Blumen einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 2 UStG in Deutschland. Er muss den Verkauf der Blumen als Inlandslieferung versteuern. Das Verbringen der nicht verkauften Blumen muss nicht als innergemeinschaftlicher Erwerb i. S. von § 1a Abs. 2 UStG, ihr Zurückbringen nicht als innergemeinschaftliche Lieferung i. S. von § 3 Abs. 1a i. V. mit § 6a Abs. 2 UStG behandelt werden.

Tz. 50 „Gleichgestellte” Entnahmen und unentgeltliche Zuwendungen

§ 3 Abs. 1b UStG

Ab trat an die Stelle des steuerbaren „Eigenverbrauchs” – § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG a. F. – die richtlinienkonforme Gleichstellung bestimmter „unentgeltlicher” Entnahmevorgänge mit Lieferungen gegen Entgelt durch § 3 Abs. 1b UStG (zu den unentgeltlichen sonstigen Leistungen – insbesondere Verwendung von Unternehmensgegenständen – durch § 3 Abs. 9a UStG, s. unten Tz. 63). Besonderheit der Neuregelung ist, dass grds. zwar nur die Abgabe von Gegenständen und sonstigen Leistungen für Zwecke außerhalb des Unternehmens steuerbar ist, dass aber auch die (unentgeltliche) Abgabe von Gegenständen für unternehmerische Zwecke (z. B. Werbegegenstände) steuerbar ist; für die unentgeltliche Abgabe sonstiger Leistung für unternehmerische Zwecke fehlt eine entsprechende Regelung (s. unten Tz. 63). Keine unentgeltliche Wertabgabe liegt bei Umsätzen (z. B. Abgabe von Mahlzeiten in der Kantine an das Personal) gegen ein unter den Selbstkosten liegendes Entgelt vor (vgl. , Hotel Scandic Gåsabäck AB NWB HAAAB-72800).

Voraussetzung dieser Besteuerung ist, dass der Gegenstand zuvor (bei Erwerb/Herstellung oder später, z. B. durch Einlage) dem Unternehmen zugeordnet wurde (s. oben Tz. 9) und durch Vorsteuerabzug steuerentlastet wurde (s. unten Tz. 50, d). Die Regelung soll sicherstellen, dass ein Unternehmer, der einen Gegenstand aus seinem Unternehmen für nichtunternehmerische Zwecke entnimmt oder verwendet, und ein gewöhnlicher Verbraucher (Privatmann oder sonstiger Nichtunternehmer), der einen Gegenstand gleicher Art kauft, gleich behandelt werden.

Deshalb verlangt die Vorschrift z. B., dass ein Unternehmer, der beim Kauf eines seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstands die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen konnte, mit Umsatzsteuer belastet wird, wenn er den Gegenstand aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf entnimmt und so gegenüber einem gewöhnlichen Verbraucher, der bei Erwerb des Gegenstands Umsatzsteuer zahlt, keinen ungerechtfertigten Vorteil hat (vgl. , de Jong, UR 1994 S. 209).

a) Entnahme

Einer Lieferung gegen Entgelt wird nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG gleichgestellt „die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen”.

Entnahme des Gegenstands setzt grds. eine entsprechende Entscheidung des Unternehmers voraus (ausdrücklich oder schlüssig), derzufolge er die vorherige Zuordnung des Gegenstands zu seinem Unternehmen objektiv nachvollziehbar aufhebt. Diese nationale Rechtspraxis bestätigt auch der EuGH. Der Diebstahl von Waren (aus einem Steuerlager) stellt keine „Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt” i. S. des Art. 2 der 6. EG-RL (= Art. 2 MwStSystRL) dar und kann als solcher – auch nicht auf der Grundlage einer Ermächtigung nach Art. 27 der 6. EG-RL (= Art. 395 MwStSystRL) zur Erleichterung der Kontrolle – daher nicht der Umsatzsteuer unterliegen (, British American Tobacco International Ltd. und Newman Shipping & Agency Company NV NWB OAAAB-72815). Da kein der Umsatzsteuer unterliegender Umsatz gegeben ist, führt die „Unentgeltlichkeit” demgemäß auch nicht zu einer Entnahme des Gegenstands beim Bestohlenen (vgl. Wagner, UVR 2005 S. 390).

Es gibt keine sog. „Zwangsentnahme” aufgrund bloßer Änderung der Nutzungsverhältnisse des Gegenstands im Unternehmen (z. B. der zunächst überwiegende unternehmerische Nutzungsanteil eines Pkw wird in einem Besteuerungszeitraum unwesentlich gegenüber der Privatnutzung, vgl. , BStBl 1988 II S. 649). Ebenso wenig führt der Totalschaden eines Kraftfahrzeugs (während der Privatnutzung) zur Entnahme, vgl. (BStBl 1980 II S. 309).

Die Entnahme setzt – entsprechend der Lieferung – voraus, dass Substanz, Wert und Ertrag des Gegenstands dem Unternehmen aufgrund der Änderung der Zuordnung entzogen werden. Danach ist z. B. eine unentgeltliche Grundstücksübertragung (Eltern an Kinder) unter Nießbrauchsvorbehalt keine Entnahme ( NWB TAAAB-03174, Nichtanwendung durch BMF). Andererseits kann eine Verwendungsüberlassung durch Bestellung eines unentgeltlichen lebenslangen Nießbrauchs zugunsten eines 65-jährigen Berechtigten eine Entnahme sein (, BStBl 1988 II S. 205). Auch die unentgeltliche Übertragung eines Erbbaurechts ist Entnahme.

Eine Grundstücksentnahme (falls das Grundstück steuerpflichtig mit Vorsteuerabzug für das Unternehmen erworben wurde) war nach ursprünglicher Verwaltungsauffassung nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei (, BStBl 2004 I S. 469). Von dieser Haltung ist die Verwaltung aber durch das (BStBl 2008 I S. 895) abgerückt vgl. hierzu Sikorski NWB F. 7 S. 7121 NWB VAAAC-93398). Nunmehr vertritt die Verwaltung die Auffassung, dass über die Gleichstellungsfiktion des Art. 16 MwStSystRL grds. auch die Steuerbefreiungsvorschriften auf Entnahmen anwendbar sind, sofern im Einzelfall die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, an die das Gesetz die Anwendung der Steuerbefreiung knüpft. Für den Fall einer nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UStG steuerbaren Entnahme eines Grundstücks aus dem Unternehmen bedeutet dies, dass die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG unabhängig davon Anwendung findet, ob mit der Entnahme ein Rechtsträgerwechsel am Grundstück verbunden ist. Die neuen Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Die entgegenstehenden Aussagen des Abschn. 71 Abs. 1 Satz 1 UStR und des (BStBl 2004 I S. 469) sind nicht mehr anzuwenden. Für vor dem bewirkte Entnahmen von Grundstücken aus dem Unternehmen wird es nicht beanstandet, wenn sich ein Unternehmer auf die entgegenstehenden Aussagen des Abschn. 71 Abs. 1 Satz 1 UStR und des beruft.

Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, sind alle mit der Entnahme verfolgten Zwecke des Unternehmers, die außerhalb seiner beruflichen und gewerblichen Tätigkeit liegen. Ob damit unternehmerische Zwecke einer anderen Person gefördert werden (z. B. des Empfängers einer Schenkung aus dem Unternehmen), spielt keine Rolle. Unentgeltliche Geschäftsübertragung (z. B. in vorweggenommener Erbfolge) war vor Einführung von § 1 Abs. 1a UStG steuerbare Entnahme der einzelnen Unternehmensgegenstände, weil diese das Unternehmen des Übertragenden verließen (, BStBl 1987 II S. 655).

Kommt es auch nach einer klar nachgewiesenen Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen noch gelegentlich zu unternehmerischer Verwendung, ändert das an der Zuordnungsänderung nichts (z. B. der Unternehmer nutzt einen aus dem Unternehmen ausgesonderten PC zu Hause gelegentlich für unternehmerische Korrespondenz).

b) Unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands für privaten Bedarf

Nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UStG wird einer entgeltlichen Lieferung gleichgestellt die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Die Vorschrift betrifft sog. Sachzuwendungen an das Personal, sofern sie unentgeltlich erfolgen (vgl. hierzu auch Rondorf, NWB F. 7 S. 7077 NWB VAAAC-80405). Ob die Sachzuwendung entgeltlich gegeben wird – nämlich neben dem Barlohn als Gegenleistung für die Arbeitsleistung –, ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen (s. oben Tz. 11). Dazu muss zwischen der Sachzuwendung und der Arbeitsleistung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen.

Die unentgeltliche Zuwendung von Arbeitskleidung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ist keine unentgeltliche Wertabgabe, wenn sie durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist (und somit keine Leistung für den privaten Bedarf des Personals vorliegt). Dies ist der Fall, wenn mögliche private Bedürfnisse der Arbeitnehmer durch betriebliche Belange verdrängt werden, da die Arbeitskleidung als typische Berufskleidung vorrangig aus unternehmerischen Gründen (insbesondere aus Gründen der gebotenen Gesundheitshygiene oder des Arbeitsschutzes) überlassen werden (vgl. , BStBl 2009 II S. 426, sowie , BStBl 2009 II S. 428, und NWB KAAAC-92236; in diesem Sinne auch , Danfoss, AstraZeneca/Skatteministeriet NWB KAAAD-72748).

Die Nichtbesteuerung von Aufmerksamkeiten ist gemeinschaftsrechtlich nur bei gelegentlichen Geschenken von geringem Wert (bis zu 40 €) unbedenklich. Aufmerksamkeiten sind Sachzuwendungen des Arbeitgebers, die auch im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen (s. Abschn. 12 Abs. 3 UStR; R 73 Abs. 1 LStR). Das sind z. B. Blumen, Bücher, Genussmittel bis zu 40 €; zur Ausgabe von Warengutscheinen an das Personal vgl. A NWB TAAAA-82104.

c) Andere unentgeltliche Zuwendungen

Die Regelung des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG ist problematisch, weil sie auch unentgeltliche Zuwendungen für unternehmerische Zwecke (Werbegegenstände, Incentive-Leistung von Gegenständen) beim Unternehmer besteuert und damit den bei Erwerb der Gegenstände/Leistungen in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug rückgängig macht. Als umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser Zuwendungen hätte sich besser ihre Einbeziehung in die Gemeinkosten des Unternehmers angeboten. Der Umfang des Vorsteuerabzugs aus ihrem Erwerb hätte sich nach den allgemeinen Ausgangsumsätzen gerichtet.



Die Verwaltung sieht folgende Abgrenzungen unentgeltlicher Zuwendungen von entgeltlichen Lieferungen vor (, BStBl 2000 I S. 1185; vgl. Abschn. 24b Abs. 9–18 UStR; zur Besteuerung von Zugaben nach dem , Kuwait Petroleum (GB) Ltd NWB TAAAA-96808, vgl. Lippross, UR 2006 S. 142):

  • ein Unternehmer überlässt dem Besteller zum vereinbarten Preis für 20 Kühlschränke 21 Kühlschränke (zusätzlicher gleicher Gegenstand). Es handelt sich „bei wirtschaftlicher Betrachtung” auch hinsichtlich des zusätzlichen Stücks um eine entgeltliche Lieferung;

  • ein Unternehmer überlässt dem Besteller zum vereinbarten Preis für 20 Kühlschränke zusätzlich ein Mikrowellengerät ohne Berechnung (zusätzlicher anderer Gegenstand). Auch hier wird „bei wirtschaftlicher Betrachtung” eine insgesamt entgeltliche Lieferung angenommen.

Als regelmäßig entgeltliche Lieferung werden behandelt die unberechnete Abgabe

  • von Bierdeckeln, Aschenbechern und Gläsern durch eine Brauerei an einen Gastwirt im Rahmen einer Getränkelieferung;

  • von Autozubehör (Fußmatten, Warndreieck) durch Fahrzeughändler an Käufer;

  • von Mobilfunkgeräten (Handy) durch Anbieter an Kunden, der gleichzeitig einen längerfristigen Netzbenutzervertrag abschließt. Entsprechendes gilt bei der unentgeltlichen Abgabe von Hardwarekomponenten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines längerfristigen Netzbenutzungsvertrags, vgl. Tz. 10, a und 72, b (12) und (14);

  • von Sachprämien der Zeitungsverlage an Neuabonnenten mit längerfristigem Abonnement;

  • von Sachprämien an Altkunden für die Vermittlung von Neukunden;

  • von Sachprämien eines Automobilherstellers an das Verkaufspersonal eines Vertragshändlers zur Belohnung für besondere Verkaufserfolge (Incentive-Leistung).

Die Annahme entgeltlicher Gesamt-Leistung (ohne dass ein berechnetes Entgelt für die Zusatzstücke vorliegt) bewirkt zwar im Ergebnis keine zusätzliche Belastung des zuwendenden Unternehmers durch Kompensation des Vorsteuerabzugs auf den Zuwendungsgegenstand. Die „wirtschaftliche Betrachtung” ist andererseits u. E. umsatzsteuerrechtlich kein geeignetes Kriterium, insbesondere um zu entgeltlicher Zuwendung zu kommen. Maßgebend sind die vertraglichen Vereinbarungen.

Der Begriff „unentgeltliche Zuwendung” setzt nicht lediglich die Unentgeltlichkeit einer Lieferung voraus, sondern verlangt darüber hinaus, dass der Zuwendende dem Empfänger zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft. Einen solchen Vermögensvorteil verschafft ein Unternehmer der Bundesrepublik Deutschland, wenn er auf eigene Kosten auf deren Grundbesitz einen Kreisverkehr errichtet (, BStBl 2008 II S. 721 ).

Ausgenommen von der Steuerbarkeit der unternehmerischen Zuwendungen sind nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG

  • Geschenke von geringem Wert; derartige Geschenke liegen vor, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Kalenderjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 40 € – Nettobetrag ohne Umsatzsteuer – nicht übersteigen.

  • Warenmuster; es handelt sich hierbei um Gegenstände, die eine bestimmte Art bereits hergestellter Waren darstellen oder die Modelle von Waren sind, deren Herstellung vorgesehen ist. Ausgenommen sind jedoch gleichartige Erzeugnisse, die in solchen Mengen demselben Empfänger abgegeben werden, dass sie insgesamt gesehen keine Muster im handelsüblichen Sinne darstellen.

d) Besteuerungsverbot bei vorsteuerbelasteter Entnahme

Die Besteuerungsvoraussetzung, „dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben”, ist für die Besteuerung der Entnahmen aus dem Unternehmen ein wesentliches Systemkriterium. Aufgrund der Einbeziehung nicht abziehbarer Vorsteuer, die auf dem entnommenen Gegenstand „noch ruht”, in die Bemessungsgrundlage der Entnahme käme es zur Umsatzsteuerkumulation. Diese widerspricht der Neutralität der Umsatzsteuer (s. oben Tz. 6.). Der Anwendungsbereich des sog. Besteuerungsverbots ist inzwischen durch den EuGH im Wesentlichen geklärt (, C-323/99, Fischer, Brandenstein, EuGHE 2001, I - 04049 NWB ZAAAB-72726; , BStBl 2002 II S. 551, und , BStBl 2002 II S. 557). Die Entnahme eines Gegenstands (z. B. Pkw) ist nicht zu besteuern, wenn der Unternehmer ihn ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug (z. B. von Privat) erworben (und gleichwohl seinem Unternehmen zugeordnet) hatte. Das gilt auch dann (für den Gegenstand selbst), wenn an dem Gegenstand später Arbeiten ausgeführt wurden, die zum Vorsteuerabzug berechtigt (z. B. Wartung, Reparaturen) und zum Einbau von Bestandteilen geführt haben (z. B. Austausch von Teilen); in diesem Fall unterliegen nur die Bestandteile der Entnahmebesteuerung.

Bestandteile in diesem Sinn sind (z. B. bei einem Pkw) diejenigen gelieferten Gegenstände, die aufgrund ihres Einbaus in den Pkw ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren haben und die ferner zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt haben. Solche werterhöhenden Gegenstände können z. B. ein Austauschmotor oder ein Katalysator sein. Nicht werterhöhend, sondern nur werterhaltend sind z. B. neue Scheibenwischer oder Autobatterien.

Keine Bestandteile sind leicht vom Pkw zu trennende Gegenstände, die unabhängig von diesem verkauft werden können (z. B. Autoradio, Autotelefon), und insbesondere Dienstleistungen (sonstige Leistungen), einschließlich derjenigen, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind (z. B. Ölwechsel).

Ob die nachträglichen Arbeiten zu einer dauernden – bei Entnahme des Gegenstands noch nicht verbrauchten – Werterhöhung geführt haben, ist nach (BStBl 2002 II S. 551) grds. vereinfachend – z. B. anhand von üblichen Marktübersichten für Gebrauchtfahrzeuge – zu ermitteln.

Tz. 51 Kommissionsgeschäft

§ 3 Abs. 3 UStG

Die Regelung in § 3 Abs. 3 UStG, dass beim Kommissionsgeschäft (§ 383 HGB) zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vorliegt, und dass bei der Verkaufskommission der Kommissionär und bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer gilt, entspricht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der 6. EG-RL (= Art. 14 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL), der klarstellt, dass als Lieferung gilt „die Übergabe eines Gegenstands aufgrund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission”.

Kennzeichnend für das Kommissionsgeschäft ist, dass der Kommissionär in eigenem Namen, aber für Rechnung des Kommittenten (fremde Rechnung) tätig wird. Die Regelung des Kommissionsgeschäfts nimmt somit statt der Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Geschäftsherrn (Kommittenten) zwei Lieferungen an, der Kommissionär wird jeweils als Eigenhändler behandelt:

  • Bei der Verkaufskommission liefert der (verkaufende) Kommittent an den Kommissionär, dieser liefert (im eigenen Namen) an den (kaufenden) Erwerber (Dritter).

  • Bei der Einkaufskommission empfängt der Kommissionär (im eigenen Namen) die Lieferung des veräußernden Dritten und liefert im eigenen Namen an den erwerbenden Kommissionär weiter.

Besteuerungsgrundlage für das Kommissionsgeschäft ist das Lieferungsentgelt, nicht die Provision. Eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär liegt erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsguts an den Abnehmer vor (, BStBl 1987 II S. 278)

Auch im Rahmen der Verwertung von Sicherungsgut kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Kommissionsgeschäft vorliegen (vgl. Tz. 47). Falls der Sicherungsgeber es übernimmt, das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers zu verkaufen, führt er an den Käufer eine entgeltliche Lieferung aus. Zudem greift § 3 Abs. 3 UStG ein. Zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt. Gleichzeitig erstarkt die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer. Es liegt ein Dreifachumsatz vor (, BStBl 2006 II S. 931, und , BStBl 2006 II S. 933; vgl. hierzu Bonertz, UR 2007 S. 241, und kritisch von Streit, UStB 2007 S. 46). Zur Stellungnahme der Finanzverwaltungs s. , BStBl 2006 I S. 794, vgl. hierzu Tz. 47. Vgl. zur Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände auch Rondorf, NWB 2009 S. 2477.

Vgl. zu den Kommissionsgeschäften im Umsatzsteuerrecht auch Storg, UR 2005 S. 142. Zu den Auswirkungen von Leistungsstörungen bei der Abwicklung umsatzsteuerlicher Kommissionsgeschäfte vgl. Hahne, UR 2007 S. 677.

Tz. 52 Handeln im eigenen oder fremden Namen – Abgrenzung zur Vermittlung

Das Umsatzsteuerrecht folgt für die Bestimmung des Leistenden und der Leistungsbeziehungen grds. den zivilrechtlichen Vereinbarungen. Maßgebend ist also allgemein, in wessen Namen gehandelt wird. Daran knüpft auch die sog. Ladenrechtsprechung an, derzufolge derjenige, der im eigenen Laden Waren des täglichen Bedarfs verkauft, umsatzsteuerrechtlich grds. Eigenhändler und nicht Vermittler/Agent ist (, BStBl 1970 II S. 511). Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die EuGH-Rechtsprechung zu vestehen, dass der Kraftfahrzeugleasingnehmer, der mit einer Kreditkarte des Leasinggebers tankt, Empfänger der Benzinlieferung im eigenen Namen ist (vgl. das , BStBl 2004 II S. 571).

Dagegen ist bei Handeln in fremdem Namen die Leistung dem Vertretenen zuzurechnen. Der Ladeninhaber führt dann gegenüber dem Vertretenen (nur) eine Vermittlungsleistung aus, die Lieferung wird dem Vertretenen zugerechnet. Tritt der Ladeninhaber nicht ausdrücklich im fremden Namen auf, kann es sich auch aus den Umständen ergeben, z. B. in einem Secondhandladen. Der Name des Vertretenen muss nicht bei Vertragsabschluss genannt werden, es reicht aus, dass der Vertretene nach den jeweiligen Vorkehrungen bestimmbar ist (, BStBl 2000 II S. 361). Zu Eigenhandel oder Vermittlung beim Verkauf von Gebrauchtwaren in Secondhandläden vgl. auch NWB GAAAC-60591.

Tz. 53 Handeln unter fremden Namen

Auftreten des Leistenden „unter fremden Namen” kann – wenn es berechtigt war – wie Handeln im fremden Namen wirken und die Annahme einer Vermittlung zulassen. Lässt sich bei Auftreten – und Abrechnen – unter fremden Namen der angegebene Leistende nicht (leicht) ermitteln, ist die Leistung dem Handelnden zuzurechnen (vgl. NWB FAAAA-67754), ebenso, wenn damit – zur Steuerumgehung – der wirklich Leistende verdeckt werden soll (, BStBl 2004 II S. 627).

Tz. 54 Werklieferung

§ 3 Abs. 4 UStG

Als Werklieferung behandelt § 3 Abs. 4 UStG sonstige Leistungen zur Herstellung eines Werks unter Verwendung selbst beschaffter Hauptstoffe (d. h. nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen). Die Regelung ist u. E. nur deklaratorisch, soweit der Werkunternehmer neben seiner Arbeitsleistung auch die Gestellung sämtlicher Stoffe übernimmt. Damit liefert er ohnehin das fertige Werk. Gegebenenfalls ist nach dem Wesen der Leistung unter Abwägung der Lieferungs- und Dienstleistungselemente zu entscheiden (vgl. zu sog. Restaurationsumsätzen: , Faaborg-Gelting Linien, BStBl 1998 II S. 282). Als Fiktion einer Lieferung wirkt sie also nur, wenn der Auftraggeber zusätzliche Stoffe bereitstellt. Gemeinschaftsrechtlich konnte diese Regelung aus dem früheren Recht gem. Art. 5 Abs. 5 a. F. der 6. EG-RL beibehalten werden. Ab lässt Art. 5 Abs. 5 der 6. EG-RL (= Art. 14 Abs. 3 MwStSystRL) nur noch die Behandlung bestimmter Bauleistungen als Lieferung zu.

Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG sind unter „Zutaten” und „sonstige Nebensachen” Lieferungen zu verstehen, die bei der Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsbetrachters nicht das Wesen des Umsatzes bestimmen ( , BStBl 2006 II S. 98). Vgl. zu dem BFH-Urteil auch Küffner/Zugmaier, NWB F. 7 S. 6545 NWB RAAAB-66201.

Die sog. Materialbeistellung durch den Auftraggeber zur Werklieferung scheidet nach der Praxis aus dem Leistungsaustausch aus; das Material geht nicht in die Verfügungsmacht des Werkunternehmers über. Beschafft der Werkunternehmer hingegen die Stoffe für Rechnung des Bestellers als Kommissionär, also im Weg einer Lieferung, liegt insgesamt eine Lieferung vor (Abschn. 27 Abs. 2–4 UStR). Verwendet der Werkunternehmer nicht die beigestellten Stoffe, sondern andere, ist unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 10 UStG (Bemessung des Entgelts nach Art eines Werklohns) eine Werkleistung anzunehmen (s. unten Tz. 64).

Tz. 55 Gehaltslieferung

§ 3 Abs. 5 UStG

Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen. Es bleibt somit ein bestimmter Teil vom Leistungsaustausch ausgenommen. Seine Hin- und Rückgabe ist nicht steuerbar.

Ist die Rückgabe der Nebenprodukte nicht fest vereinbart und nimmt der Lieferer nur gelegentlich eine jeweils benötigte Menge zurück, stellen die Übergabe des ganzen Gegenstands und die Rückgabe der Nebenprodukte jeweils Lieferung und Rücklieferung dar (s. oben Tz. 48).

Tz. 56 Ort und Zeitpunkt der Lieferung

Der Ort der Lieferung ist wesentliches Kriterium zur Bestimmung, ob die Lieferung im Inland oder im Ausland ausgeführt wird; aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Art. 8 der 6. EG-RL (= Art. 31 f. MwStSystRL) gibt es in der EU nur einen einheitlich bestimmten Lieferungsort zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Der Zeitpunkt der Lieferung ist wichtig für das Besteuerungsverfahren, insbesondere für die Entstehung der Steuer beim Leistenden und die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger (vgl. Art. 10 Abs. 2 und Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL = Art. 63 f. und Art. 167 MwStSystRL; § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 15 Abs. 1 UStG). Grds. ist eine Lieferung dann ausgeführt, wenn die Verfügungsmacht am Lieferungsgegenstand verschafft ist (s. oben Tz. 47). Dieser Zeitpunkt der Lieferung gilt aber nur, wenn nichts anderes bestimmt ist. Besondere Bestimmungen ergeben sich aus den Regelungen zum Ort der Lieferung: Gem. § 3 Abs. 5a UStG richtet sich der Ort der Lieferung „vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3f UStG sowie – ab dem § 3g UStG nach den Absätzen 6 bis 8”.

Unzutreffend ist die Gesetzesbegründung zum UStÄndG 1997 (BGBl 1996 I S. 1851), wonach der Zeitpunkt der jeweiligen Lieferung ohne Verknüpfung mit der Regelung des Lieferungsorts sich nach dem Zivilrecht richten soll (vgl. u. a. Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 161c ff.). Für die Bestimmung des Zeitpunkts der Lieferung gibt es nur umsatzsteuerrechtliche Kriterien.

Durch das UStÄndG 1997 wurde der Ort der Lieferung ab in § 3 Abs. 6–8 UStG im Wesentlichen nach der Reihenfolge in Art. 8 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 31 f. MwStSystRL) geregelt.

Tz. 57 Beförderungs- und Versendungslieferung

§ 3 Abs. 6 UStG

In § 3 Abs. 6 UStG ist als Grundfall der Ort bei Beförderungs- und Versendungslieferungen geregelt. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Diese Fiktion der Ausführung und des Orts ist zugleich eine Fiktion des Zeitpunkts der Lieferung.

Anders als im vorherigen Rechtszustand gehört jetzt auch das Abholen durch den Abnehmer zu den Beförderungs- und Versendungslieferungen. Der Abnehmer wurde in die Regelung einbezogen.

Befördern ist jede Fortbewegung des Lieferungsgegenstands durch den Lieferer oder Abnehmer selbst oder einen unselbständigen Erfüllungsgehilfen. Versenden ist die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten.

Die Fiktion des § 3 Abs. 6 UStG greift nicht ein, wenn der Lieferungsgegenstand nach Beförderungsbeginn vom Lieferer noch einer Behandlung unterzogen wird, die seine Marktgängigkeit ändert. Dann ist i. d. R. für Zeitpunkt und Ort der Lieferung des fertigen Gegenstands die Verschaffung der Verfügungsmacht maßgebend (§ 3 Abs. 7 UStG).

Beispiel:

Einzelteile einer Maschinenanlage werden zum Abnehmer befördert und vom Lieferer dort zusammengebaut. § 3 Abs. 6 UStG bleibt hingegen anwendbar, wenn nach Beförderung oder Versendung der Abnehmer selbst die Be- oder Verarbeitung vornimmt.

Eine Leistung, die in der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels besteht, das zwei Mitgliedstaaten verbindet und teilweise außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft liegt, ist als Lieferung eines Gegenstands anzusehen. Der Ort der Lieferung bestimmt sich anteilig nach der Länge des sich auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet befindlichen Kabels (sowohl in Bezug auf den Preis für den Kabel und das übrige Material als auch in Bezug auf die Kosten der mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen). Der nicht auf das jeweilige Inland eines EU-Mitgliedstaats entfallende Teil der Lieferung ist nicht steuerbar (, Aktiebolaget NN NWB CAAAC-42434).

Ferner greift § 3 Abs. 6 UStG nur ein, wenn bei Beginn der Beförderung/Versendung des Lieferungsgegenstands der Abnehmer feststeht (, BStBl 1987 II S. 278). Verpflichtung zur Übergabe und Berechtigung zur Annahme des Gegenstands gemäß der zivilrechtlichen Geschäftsvereinbarung ergeben sich grds. aus den anlässlich des Transports ausgestellten Papieren (z. B. Frachtbrief). Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung war hierzu in Versendungsfällen erforderlich, dass der Abnehmer sich aus den Frachtunterlagen ergibt (, BStBl 1967 III S. 101) oder der Name des Abnehmers dem Spediteur bekannt ist (, BFH/NV 1995 S. 555). Diese enge Auslegung hat der BFH nun aufgegeben. Eine Lieferung gilt auch dann als am Ort des Beginns der Versendung ausgeführt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG), wenn die Person des inländischen Abnehmers dem mit der Versendung Beauftragten im Zeitpunkt der Übergabe der Ware nicht bekannt ist, aber mit hinreichender Sicherheit leicht und einwandfrei aus den unstreitigen Umständen, insbesondere aus Unterlagen, abgeleitet werden kann. Darüber hinaus hat der BFH klargestellt, dass dem auch nicht entgegensteht, dass die Ware von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Erwerber herausgegeben wird – Vermerk: „shipment on hold” – (, BStBl 2009 II S. 552; vgl. hierzu auch Köster-Böckenförde, BB 2009 S. 650, und Matheis, UVR 2009 S. 89). Die Urteilgrundsätze dürften auch in Beförderungsfällen durch den Lieferer oder seine Arbeitnehmer gelten.

Steht der Abnehmer für eine Lieferung des Gegenstands bei Beginn der Beförderung/Versendung noch nicht fest, richten sich Ort und Zeitpunkt der Lieferung grds. nicht nach Beförderungs-/Versendungsbeginn, sondern nach dem Ort der Übergabe des Gegenstands (Verschaffung der Verfügungsmacht) an den dann vorhandenen Abnehmer. Werden Waren vom Unternehmer aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet in Verkaufsabsicht gebracht, kann § 3 Abs. 1a UStG (s. oben Tz. 49) erfüllt sein – Verbringen zu seiner Verfügung. Die konkrete Absicht, den Gegenstand im anderen Mitgliedstaat unverändert weiterzuliefern, ist keine „nur vorübergehende Verwendung” (vgl. Abschn. 15b Abs. 6 UStR). Zum Kauf auf Probe vgl. Tz. 59.

Tz. 58 Reihengeschäfte

§ 3 UStG verwendet den Begriff „Reihengeschäft” (§ 3 Abs. 2 UStG a. F.) seit der Fassung ab nicht mehr, in der Praxis wird er aber auf die in § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 UStG n. F. genannten Sachverhalte angewendet (Abschn. 31a UStR). Ein Sonderfall des Reihengeschäfts ist das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft gem. § 25b UStG (s. unten Tz. 320). U. E. hätte man diese deutsche Reihengeschäftsregelung, die so in Art. 8 der 6. EG-RL (= Art. 31 f. MwStSystRL) keine Stütze hat, besser ganz aufgegeben. Auf die Beispiele zu der komplizierten „Vereinfachungsregelung” in Abschn. 31a UStR wird verwiesen.

Voraussetzung ist, dass mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt (das kann auch ein beauftragter Dritter – Lohnveredeler, Lagerhalter – sein).

Beispiel

(Vgl. Abschn. 31a Abs. 4 UStR):

Unternehmer D 1 in Köln bestellt bei dem Großhändler D 2 in Hamburg eine dort nicht vorrätige Maschine. D 2 gibt die Bestellung an den Hersteller DK in Dänemark weiter. DK befördert die Maschine mit eigenem Lkw nach Köln und übergibt sie dort D 1.

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Das unmittelbare Gelangen i. S. von § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG (durch eine Beförderung/Versendung durch ein Reihengeschäft) fehlt, wenn mehrere beteiligte Unternehmer befördern oder versenden (sog. gebrochene Beförderung/Versendung, vgl. Abschn. 31a Abs. 4 UStR).

Folge des Reihengeschäfts ist, dass die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen ist (§ 3 Abs. 6 Satz 5 UStG). Nur diese eine Lieferung ist die Beförderungs- oder Versendungslieferung.

Im Beispiel werden nacheinander zwei Lieferungen ausgeführt (DK an D 2 und D 2 an D 1). Wird – wie hier – die Beförderung durch den ersten Unternehmer in der Reihe vorgenommen, ist die Beförderung der ersten Lieferung zuzuordnen. Ort dieser Lieferung ist gem. § 3 Abs. 6 Satz 5 i. V. mit Satz 1 UStG Dänemark. Diese Lieferung (allein) ist gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG steuerfrei. Die zweite Lieferung D 2 an D 1 ist keine Beförderungslieferung, sondern eine sog. ruhende Lieferung (s. unten Tz. 59). Ihr Ort ist gem. § 3 Abs. 7 UStG der der Verschaffung der Verfügungsmacht, also der Übergabeort Köln.

Beispiel

(Vgl. Abschn. 31a Abs. 8 UStR):

Unternehmer SP aus Spanien bestellt eine Maschine bei dem Unternehmer D 1 in Kassel. D 1 bestellt die Maschine seinerseits bei dem Großhändler D 2 in Bielefeld. D 2 wiederum gibt die Bestellung an den Hersteller F in Frankreich weiter. SP holt die Maschine bei F in Frankreich ab und befördert sie unmittelbar nach Spanien.

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Die Beförderung ist der dritten Lieferung (D 1 an SP) zuzuordnen, weil SP als letzter Abnehmer in der Reihe die Beförderung vornimmt (Abholfall). Nur für diese Lieferung gilt die Bestimmung des Orts gem. § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG i. V. mit Satz 1 UStG (Frankreich; Beginn der Beförderung). Die erste Lieferung (F an D 2) und die zweite Lieferung (D 2 an D 1) sind sog. ruhende Lieferungen. Für sie gilt § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG; denn sie gehen der Beförderung voran. Ort der Lieferung ist hier ebenfalls Frankreich, gemäß dem Beginn der Beförderung.

Der EuGH hat über die Regelung zum Ort der Lieferung bei Reihengeschäften (und Dreiecksgeschäften) in der 6. EG-RL/MwStSystRL entschieden (NWB TAAAB-83177; vgl. hierzu Möhlenkamp/Masuch, UR 2009 S. 268). Die Auslegung durch den EuGH entspricht der nationalen Gesetzeslage, die daher richtlinienkonform ist.

Tz. 59 Ort der „ruhenden” Lieferung

§ 3 Abs. 7 UStG

Wird der Gegenstand nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zurzeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Insoweit ist nicht nur der Grundfall für Zeitpunkt und Ort der Lieferung geregelt (Übergabeort des Gegenstands), sondern auch der Ort für die Fälle, in denen die Verfügungsmacht z. B. durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 BGB), durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB) oder durch Übergabe von Traditionspapieren (Ladeschein, Lagerschein, Konnossement, §§ 444, 475c, 647 HGB) verschafft wird.

Der Ort der Lieferung bei einem Kauf auf Probe (§ 454 BGB) ist nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG zu beurteilen. Es findet keine Versendung des Gegenstands der Lieferung statt, da erst mit der Billigung durch den Kunden nach der Probe die Lieferung erfolgt und so ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung des Gegenstands und dem Kaufpreis entsteht (, BStBl 2009 II S. 490; vgl. auch Abschn. 177 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStR; Tz. 205 und Matheis, UVR 2009 S. 89).

Energie (Wärme, Gas, Elektrizität) und Wasser in Leitungen oder Rohren werden am Ort des Zählers geliefert; als Zeitpunkt solcher Lieferungen wird (bei Sukzessivlieferungsverträgen) der Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums angesehen; zwischenzeitliche Abschlagszahlungen führen zwar zur vorgezogenen Steuerentstehung, nicht aber zu einem anderen Lieferungszeitpunkt (vgl. Abschn. 177 Abs. 2 UStR; NWB GAAAA-79380: Gas wird im Netz zwar bewegt, aber nicht befördert). Der Rat hat am die RL 2003/92/EG zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich der Vorschriften über den Ort der Lieferung von Gas und Elektrizität verabschiedet (ABl EU Nr. L 260/2003 S. 8), die zum in nationales Recht umgesetzt wurde. Zu der ab dem 1. 1. 2005 geltenden Neuregelung der Ortsvorschriften für die Lieferung von Gas und Elektrizität vgl. Tz. 88. Im Hinblick auf die unterschiedliche Behandlung bestimmter Fälle von grenzüberschreitenden Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität in den EU-Mitgliedstaaten vor der Umsetzung der o. g. Richtlinie hat das BMF für Unternehmer, die bis zum ausgeführte Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität als bewegte Lieferung behandelt haben, eine Vereinfachungsregelung getroffen (vgl. Tz. 88).

Tz. 60 Lieferungsort bei bestimmten Einfuhrfällen

§ 3 Abs. 8 UStG

Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Abweichend von § 3 Abs. 6 UStG liegt der Ort der Lieferung im Inland. Dadurch wird erreicht, dass der Umsatz mit der Umsatzsteuer belastet wird, die für Lieferungen im Inland gilt (vgl. Abschn. 31 UStR).

Beispiel:

Unternehmer B in Bern liefert Gegenstände, die er selbst befördert, an seinen Abnehmer K in Köln.

Lässt B die Gegenstände in den freien Verkehr überführen und entrichtet er demzufolge die Einfuhrumsatzsteuer (Lieferkondition „verzollt und versteuert”), gilt der Ort der Lieferung als im Inland gelegen. B hat im Inland den Umsatz zu versteuern. Er ist aber zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, weil er für sein Unternehmen eingeführt hat.

Lässt hingegen K die Gegenstände in den freien Verkehr überführen (Lieferkondition „unversteuert und unverzollt”) und entrichtet er dementsprechend die Einfuhrumsatzsteuer, ist Ort der Lieferung Bern (§ 3 Abs. 6 UStG). K kann die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer i. S. des § 3 Abs. 8 UStG ist auch derjenige, dessen Umsätze zwar gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerbar, aber gem. § 5 UStG steuerfrei sind (, BStBl 2008 II S. 153). Das Urteil betrifft einen deutschen Versandhändler, der seine Kunden in Deutschland über ein Versandlager im Drittland belieferte. Für sog. Kleinsendungen, die nach § 5 UStG i. V. mit § 1 Abs. 1 EUStBV und Art. 27 ZollbefreiungsVO von der Einfuhrumsatzsteuer befreit sind, bestimmten die AGB des Versandhändlers, dass die Versendung der Waren im Namen und für Rechnung der Kunden durchgeführt werde. In der Folge ging der Versandhändler davon aus, dass die den Kleinsendungen zugrunde liegenden Lieferungen gem. § 3 Abs. 6 UStG im Drittland ausgeführt worden seien. Der BFH hat entschieden, dass die in den AGB enthaltende Klausel gem. § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil geworden ist und deshalb keine hinreichende Vertretungsmacht gegenüber der Zollverwaltung begründet. Da somit die Ware tatsächlich vom Versandhändler angemeldet worden ist, verlagert sich der Ort der Kleinsendungen über § 3 Abs. 8 UStG nach Deutschland. Dabei ist unerheblich, dass aufgrund der bestehenden Befreiung tatsächlich keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt. Denn Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer i. S. des § 3 Abs. 8 UStG ist auch derjenige, dessen Umsätze zwar gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerbar, aber gemäß § 5 UStG steuerfrei sind. Nach dem (BStBl 2008 I S. 295) ist das Urteil auch über den entschiedenen Einzelfall hinaus in allen vergleichbaren offenen Fällen anzuwenden. Dies gilt insbesondere, wenn der leistende Unternehmer die Lieferung unter Berufung auf die Steuerschuldnerschaft des Abnehmers für die Einfuhrumsatzsteuer als nicht im Inland steuerbar behandelt, und dies nicht mittels einer entsprechenden Klausel in den AGB des liefernden Unternehmers begründet, sondern beispielsweise mit einem vorgedruckten Hinweis auf dem Bestellschein o. Ä.).

Tz. 61 Begriff der sonstigen Leistung/Dienstleistung

§ 3 Abs. 9 UStG

Sonstige Leistungen sind gem. § 3 Abs. 9 UStG „Leistungen, die keine Lieferungen sind”. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen. Dies entspricht im Wesentlichen dem Begriff der Dienstleistung i. S. von Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 24 f. MwStSystRL). Die Dienstleistung kann nach der Richtlinienbestimmung unter anderem bestehen

  • in der Abtretung eines unkörperlichen Gegenstands, gleichgültig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht;

  • in der Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung oder einen Zustand zu dulden;

  • in der Ausführung eines Diensts aufgrund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes.

Sonstige Leistungen sind somit alle Arten von Dienst- und Werkleistungen (s. unten Tz. 64). Auch die Nutzungsüberlassung von Gegenständen (Vermietung, Verpachtung, i. d. R. auch Nießbrauchs- und Erbbaurechtsbestellung, s. oben Tz. 48 zur Abgrenzung von der Lieferung) und der Verzicht auf solche Nutzungsrechte sind sonstige Leistungen (z. B. Verzicht auf Recht aus Mietvertrag, , Lubbock Fine, BStBl 1995 II S. 480), ebenso das Unterlassen von Wettbewerb (, BStBl 1986 II S. 874), oder die Tätigkeit einer Prostituierten (, BStBl 1987 II S. 653). Der Verzicht auf die Ausübung des Amts als Testamentsvollstrecker gegen „Entschädigung bzw. Schadensersatz” kann eine sonstige Leistung sein (, BStBl 2004 II S. 854; die gegen das BFH-Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, , StEd 2005 S. 322). Die besondere Erwähnung von Leistungen der Verwertungsgesellschaften und der Urheber in § 3 Abs. 9 Satz 3 UStG hat nur klarstellende Bedeutung.

Zur Übertragung von Wertpapieren und Anteilen hat die Finanzverwaltung (, BStBl 2006 I S. 793) im Hinblick auf das NWB MAAAB-72833 Stellung genommen. Danach handelt es sich bei Aktien um Wertpapiere, die einen nichtkörperlichen Gegenstand repräsentieren und deren Ausgabe keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung darstellt. Das Wesen einer Aktie besteht darin, dem Eigentümer ein Anteilsrecht an einem Teil des Kapitals – und nicht etwa an einzelnen, bestimmten körperlichen Gegenständen oder dem Gegenstand „Aktie” an sich – einzuräumen. Daher sind Übertragungen von Aktien stets als sonstige Leistung zu beurteilen, unabhängig davon,

  • ob die Aktie als effektives Stück übertragen oder in einem Sammeldepot verwahrt wird, oder

  • ob oder in welchem Umfang mit dem Besitz der Aktie die Ausübung eines Stimmrechts verbunden ist, oder

  • ob das Unternehmen, an dessen Kapital die Aktie verbrieft ist, an einer Börse notiert ist.

Die Regelung des Abschn. 24 Abs. 1 UStR, wonach auch solche Wirtschaftsgüter geliefert werden können, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, ist daher auf die Übertragung von Anteilen an Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nicht mehr anzuwenden. Wie bereits die Übertragung von Beteiligungen an einer Personengesellschaft und an einer GmbH sind auch diese Übertragungen künftig als sonstige Leistung i. S. von § 3 Abs. 9 UStG zu beurteilen. Bei der Übertragung von Wertpapieren anderer Art (z. B. von Fondsanteilen und festverzinslichen Wertpapieren) ist entsprechend zu verfahren. Diese Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Berufen sich Unternehmer hinsichtlich von ihnen vor dem ausgeführter Übertragungen von Wertpapieren auf die Regelung des Abschn. 24 Abs. 1 UStR 2005 oder die insoweit entgegenstehenden Regelungen des NWB QAAAB-52537, ist dies nicht zu beanstanden. Zum Leistungsort vgl. Tz. 72, b (6).

Beabsichtigt ein Unternehmer, die ihm von der deutschen Emissionshandelsstelle zugeteilten Emissionsberechtigungen i. S. des § 3 Abs. 4 TEHG an andere Unternehmer (z. B. Banken) zu verkaufen, und vereinbart er zeitgleich den Rückkauf der Emissionsberechtigungen gleicher Art und Menge zu einem bestimmten Termin zu einem um die eine Zinskomponente erhöhten Kaufpreis (Pensionsgeschäft i. S. des § 340b HGB), liegen umsatzsteuerlich zwei entgeltliche sonstige Leistungen (Verkauf und Rückkauf der Emissionsberechtigungen) vor ( NWB OAAAC-32334. Zum Leistungsort vgl. Tz. 72, b (1).

Kauft ein Unternehmer von einem Waldbesitzer Holz und beauftragt dieser den Holzkäufer mit der Fällung, Aufarbeitung und Rückung des Holzes (sog. Selbstwerbung), kommt sowohl ein tauschähnlicher Umsatz (Waldarbeiten gegen Lieferung des Holzes mit Baraufgabe) als auch eine bloße Holzlieferung in Betracht. Im Einzelnen s. Tz. 66.

Bei der Durchführung von Stromspotgeschäften mit negativem Kaufpreis gibt der Energieversorger überschüssige, d. h. nicht mehr (zu einem positivem, ggf. mit erheblichem Abschlag gegenüber dem Marktpreis versehenen Preis) veräußerbare, Mengen an Elektrizität an einen Dritten in Verbindung mit einer Zuzahlung ab, um sich eigene (höhere) Aufwendungen zu ersparen (z. B. für das Zurückfahren der eigenen Produktionsanlagen). In diesen Fällen ist insgesamt eine sonstige Leistung „Abnahme von Strom” durch den Abnehmer des überschüssigen Stroms anzunehmen, da der wirtschaftliche Gehalt des Geschäfts nicht in der Verschaffung der Verfügungsmacht am abgegebenen Strom liegt, sondern diese vielmehr vollständig durch die „Abnahmeleistung” überlagert wird ( NWB AAAAC-43800). Zum Leistungsort vgl. Tz. 68.

Die Beurteilung der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle als sonstige Leistung unter bestimmten Voraussetzungen durch § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG beruht auf dem , Faaborg-Gelting Linien (BStBl 1998 II S. 282). Darin entschied der EuGH (zur Klärung eines einheitlichen Leistungsorts für solche Leistungen z. B. im grenzüberschreitenden Fährverkehr), dass bei den sog. Restaurationsumsätzen die Dienstleistungsanteile gegenüber den Lieferungselementen prägend seien. Das UStG hatte diese Leistungen zuvor als Lieferungen behandelt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 UStG a. F.). § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG regelt typisierend, dass Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden, wenn sie nach den Umständen der Abgabe dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Abgabeort in einem räumlichen Zusammenhang steht, und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden. Zur Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung bei Restaurationsumsätzen vgl. auch die Fundstellen in Tz. 86 und Abschn. 25a UStR. Die Abgabe von Speisen durch einen Mahlzeitendienst, der Mittagessen auf eigenem Geschirr an Einzelabnehmer in deren Wohnung ausgibt und das Geschirr endreinigt, ist eine sonstige Leistung. Bei der Beurteilung, ob das Dienstleistungselement der Abgabe von fertig zubereiteten Speisen das Lieferelement qualitativ überwiegt, sind nur solche Dienstleistungen zu berücksichtigen, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind (, BStBl 2007 II S. 480). Eine sonstige Leistung (und keine Lieferung von Speisen) liegt ferner vor, wenn im Rahmen einer Gesamtbetrachtung das Dienstleistungselement i. S. einer Bewirtungssituation überwiegt. Dies ist bei der Ausgabe von warmem Mittagessen an Schüler insbesondere dann der Fall, wenn der Unternehmer nach dem Essen die Tische und das Geschirr abräumt und reinigt (, BStBl 2007 II S. 482). Die Abgabe von fertig zubereiteten Speisen aus einem Imbisswagen ist eine Dienstleistung, wenn aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers das Dienstleistungselement der Speisenabgabe überwiegt; dagegen ist die bloße Abgabe von fertig zubereiteten Speisen aus einem Imbisswagen „zum Mitnehmen” eine Lieferung. Bei der Beurteilung, ob das Dienstleistungselement der Abgabe von fertig zubereiteten Speisen überwiegt, sind nur solche Dienstleistungen zu berücksichtigen, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind (, BStBl 2007 II S. 487).

Der Wortlaut des § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG ist nicht in vollem Umfang richtlinienkonform. Aus der EuGH-Rechtsprechung (, Volkswirt Weinschänken GmbH NWB AAAAB-79460) ergibt sich, dass nicht jede Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle eine Dienstleistung ist (, BStBl 2007 II S. 480, und , BStBl 2007 II S. 487). Es sei folglich nicht ausgeschlossen, dass Liefervorgänge zu Unrecht umqualifiziert würden. Vgl. zu den Auswirkungen der neuen EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle auch Obermair/Schrader, NWB F. 7 S. 6919 NWB XAAAC-45917 und 7100 NWB XAAAC-80306.

§ 3 Abs. 9 Satz 4 UStG, der die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle als sonstige Leistung definiert, und § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG, der bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von einer Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle auszugehen ist, wurden durch das JStG 2008 aufgehoben. Die Änderung tritt am (Tag nach der Verkündung des JStG 2008) in Kraft, vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6949, und Weber, BB 2007 S. 2603. Aufgrund der Aufhebung von § 3 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStG richtet sich auch im Bereich der Restaurationsumsätze die Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen künftig nach den für alle einheitlichen Leistungen geltenden allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen: Überwiegen die Lieferelemente qualitativ, handelt es sich insgesamt um eine Lieferung. Bei einem qualitativen Überwiegen der Elemente einer sonstigen Leistung wird dagegen insgesamt eine sonstige Leistung angenommen. Der wirtschaftliche Gehalt der Leistung muss im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ermittelt werden. Dies entspricht der BFH-Sichtweise und auch der MwStSystRL, die keine besonderen Vorschriften zur Bestimmung des Leistungsinhalts von Restaurationsumsätzen enthält. Auch der EuGH bestimmt den Inhalt einer Leistung im Restaurationsbereich ausschließlich nach allgemeinen Grundsätzen. Die Rechtsänderung dient nach der Gesetzesbegründung nur der Klarstellung, da die Verwaltung in der Vergangenheit § 3 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStG bereits i. S. der BFH-Rechtsprechung gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt und angewendet habe. Zu Entwicklung, Stand und Perspektiven der Umsatzbesteuerung der Lebensmittel- und Gastronomiebranche vgl. auch Kube, UR 2008 S. 288 und zur Speisezubereitung im Umsatzsteuerrecht Heidner, UR 2009 S. 217; kritisch zur extensiven Auslegung des Dienstleistungsbegriffs im Zusammenhang mit Restaurationsumsätzen Lippross, DStR 2009 S. 1466..

Mit (BStBl 2008 I S. 949) hat das BMF zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung Stellung genommen und dies durch zahlreiche Beispiele erläutert (vgl. hierzu auch Dorau/Heidler, UR 2008 S. 793, und Flückiger, UR 2008 S. 799). Die Regelungen dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Sofern bisher ergangene Anweisungen - insbesondere in Abschn. 25a UStR - dem entgegenstehen, sind sie nicht mehr anzuwenden. Beruft sich der Unternehmer für vor dem 1. 1. 2009 ausgeführte Umsätze auf eine danach für ihn günstigere Besteuerung, wird dies nicht beanstandet. Nach dem BMF-Schreiben gelten folgende Grundsätze gleichermaßen für Imbissstände wie für Verpflegungsleistungen in Schulen und Kantinen, Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen, bei Leistungen von Catering-Unternehmen (Partyservice) und Mahlzeitendiensten („Essen auf Rädern”):

  • Verzehrfertig zubereitete Speisen können sowohl im Rahmen einer ggfs. ermäßigt besteuerten Lieferung als auch im Rahmen einer nicht ermäßigt besteuerten sonstigen Leistung abgegeben werden. Nach der EuGH- und BFH-Rechtsprechung liegt eine sonstige Leistung vor, wenn aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers das Dienstleistungselement der Speisenabgabe qualitativ überwiegt. Bei der Beurteilung, ob das Dienstleistungselement der Abgabe von fertig zubereiteten Speisen qualitativ überwiegt, sind nur solche Dienstleistungen zu berücksichtigen, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind. Die Zubereitung der Speisen ist bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht zu berücksichtigen, weil sie die notwendige Vorstufe der Vermarktung zubereiteter Speisen darstellt. Ein für die Annahme einer Lieferung schädliches qualitatives Überwiegen der Dienstleistungselemente ist dagegen stets anzunehmen, wenn sich der leistende Unternehmer nicht auf die Ausübung der Handels- und Verteilerfunktion des Lebensmittelhandels und -handwerks beschränkt (vgl. , BStBl 1989 II S. 210). Jedes einzelne über die Vermarktung hinausgehende Leistungselement führt insgesamt zur Annahme einer Dienstleistung.

  • Insbesondere die folgenden Elemente sind nicht notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbunden und führen zur Annahme einer sonstigen Leistung:

    • Zur Verfügung stellen von Verzehreinrichtungen (z. B. Räumlichkeiten, (Steh-)Tische, Bänke oder Stühle). Dies gilt jedoch nicht, soweit diese Verzehreinrichtungen tatsächlich nicht genutzt, d. h. die Speisen lediglich „zum Mitnehmen” abgegeben werden (vgl. , BStBl 2007 II S. 487);

    • Servieren der Speisen oder Gestellung von Bedienungs- oder Kochpersonal oder Portionieren einschließlich Ausgeben der Speisen vor Ort;

    • Nutzungsüberlassung von Geschirr oder Besteck oder Reinigung bzw. Entsorgung der überlassenen Gegenstände (vgl. , BStBl 2007 II S. 480).

  • Die genannten Elemente führen auch dann zur Annahme einer sonstigen Leistung, wenn sie von Dritten im Rahmen eines zwischen dem die Speise abgebenden Unternehmer und dem Dritten abgestimmten Gesamtkonzepts erbracht werden (z. B. im Rahmen von Bietergemeinschaften). Dabei gilt der Leistungsempfänger nicht als Dritter. Die Erbringung solcher Dienstleistungselemente durch den Leistungsempfänger ist unschädlich.

  • Die Abgabe von Speisen und Getränken bei Veranstaltungen und Aufführungen mit Sitzplätzen ist dann eine sonstige Leistung, wenn die Bestuhlung für den Verzehr von Speisen speziell ausgestattet ist, da mit dem Bereitstellen einer derartigen Bestuhlung Dienstleistungen gegenüber dem Besucher erbracht werden, die den bestimmungsgemäßen Verzehr an Ort und Stelle ermöglichen.

  • Folgende Elemente sind hingegen notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbunden und im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nicht zu berücksichtigen:

    • Übliche Nebenleistungen (z. B. Portionieren und Abgabe „über die Verkaufstheke”, Verpacken, Anliefern - auch in Einweggeschirr-, Beigabe von Einwegbesteck);

    • Bereitstellung von Papierservietten (vgl. , BStBl 2007 II S. 487);

    • Abgabe von Senf, Ketchup, Mayonnaise oder Apfelmus;

    • Bereitstellung von Abfalleimern an Kiosken, Verkaufsständen, Würstchenbuden usw.;

    • Bereitstellung von Einrichtungen und Vorrichtungen, die in erster Linie dem Verkauf von Waren dienen (z. B. Verkaufstheken und -tresen sowie Ablagebretter an Kiosken, Verkaufsständen, Würstchenbuden usw.);

    • bloße Erstellung von Leistungsbeschreibungen (z. B. Speisekarten oder -pläne);

    • Erläuterung des Leistungsangebots.

Nach Ergehen des BMF-Schreibens hat der BFH entschieden, dass die Zubereitung von Lebensmitteln zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen verzehrfertigen Gegenstand nicht notwendig mit dessen Vermarktung verbunden ist ( NWB KAAAD-13964; vgl. hierzu auch , StEd 2009 S. 362 und Fink, NWB 2009 S. 2143 ff. NWB TAAAD-23856) und deshalb bei der für die Abgrenzung von Dienstleistungen und Lieferungen erforderlichen Gesamtbetrachtung dem Dienstleistungsbereich zuzurechnen (, DStRE 2009 S. 1005). Diese Aussage steht möglicherweise im Widerspruch zu den Regelungen des o. g. BMF-Schreibens. Das BMF wird die sich aus dem Urteil ergebenden Konsequenzen analysieren und bei sich ergebender Notwendigkeit eine neue Verwaltungsanweisung herausgeben (Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Nicolette Kressl auf eine Schriftliche Frage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll - DIE LINKE -, BT-Drs. 16/13061, S. 22 f.). Ein qualitatives Überwiegen der Dienstleistung setzt über die Aufbereitung von Lebensmitteln hinaus wenigstens ein weiteres Dienstleistungselement – wie z.B. das Zurverfügenstellen von Verzehrmöglichkeiten – voraus (, DStRE 2009 S. 1005).

Im Zusammenhang mit der Abgabe von Saatgut kommen vielfältige Leistungen vor, die Lieferungen (vgl. Tz. 47) oder sonstige Leistungen sein können (, BStBl 2006 I S. 240): Erfolgt die Aufbereitung von sog. technischem Saatgut (vgl. Tz. 47) zum Zwecke der anschließenden Vermehrung durch Reinigen, Beizen, Sortieren und dgl. weder im Rahmen eines sog. Vertriebsorganisationsvertrags (VO-Vertrag) noch im Rahmen eines sog. Vermehrervertrags durch die damit beauftragten Unternehmer selbst, sondern durch einen dritten Unternehmer, erbringt dieser mit der Aufbereitung eine sonstige Leistung (zum Leistungsort vgl. Tz. 70, b). Zahlungen, die z. B. von Vertriebsorganisationsunternehmen für die Überlassung von Vorstufen- oder Basissaatgut im Rahmen von VO-Verträgen, d. h. zum Zweck der Produktion und des Vertriebs des daraus herzustellenden sog. Zertifizierten Saatguts, an den Inhaber des Sortenschutzes gezahlt werden (Züchteranteile, Z-Lizenzen), sind insgesamt Entgelt („Lizenzgebühren”) für eine nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung als sonstige Leistung zu beurteilende Leistung des Sortenschutzinhabers, welche in der Überlassung des Rechts, eine Saatgutsorte zu produzieren und zu vermarkten, und der Überlassung des hierzu erforderlichen Saatguts besteht (zum Leistungsort vgl. Tz. 72, b (1). Nachbaugebühren i. S. des § 10a Abs. 2 ff. SortSchG, die ein Landwirt dem Inhaber des Sortenschutzes zu erstatten hat, werden als Entgelt für eine sonstige Leistung des Sortenschutzinhabers gezahlt, welche in der Duldung des Nachbaus durch den Landwirt besteht. Durch die gesetzliche Anordnung der Duldungsleistung (Landwirteprivileg) wird deren Steuerbarkeit nicht berührt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG); zum Leistungsort vgl. Tz. 72, b (8).

Bei sog. „komplexen” oder „gebündelten” sonstigen Leistungen (also solche, die aus einer verbundenen Mehrheit von sonstigen Leistungen, ggf. mit Lieferungsanteilen, bestehen), ist häufig hinsichtlich des Leistungsorts, einer Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung das „Wesen” der Leistung zu bestimmen. Dabei ist nach der EuGH-Rechtsprechung ggf. zu beachten, dass einerseits jede Dienstleistung i. d. R. als eigene, selbständige Leistung zu betrachten ist, dass andererseits aber eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung nicht künstlich aufgespalten werden darf („Sicht des Durchschnittsverbrauchers”, z. B. bei Sportstättennutzung, , BStBl 2001 II S. 658; grenzüberschreitender Abfallbeseitigung, , Kommission/Frankreich, UVR 2001 S. 142 mit Anm. Wagner). Vgl. hierzu im Übrigen die Ausführungen in Tz. 10, a und 48.

Nach Art. 3 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257) gilt mit Wirkung v. Folgendes:

  • Der Verkauf einer Option, der in den Anwendungsbereich von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-RL (= Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL) fällt, ist eine sonstige Leistung. Diese Dienstleistung ist von den der Option zugrunde liegenden Umsätzen zu unterscheiden.

  • Baut ein Unternehmer die ihm vom Empfänger seiner Dienstleistung sämtlich zur Verfügung gestellten Teile einer Maschine nur zusammen, ist diese Leistung eine sonstige Leistung.

Tz. 62 Vermittlung oder Eigenhandel

Ob eine Tätigkeit Vermittlungsleistung oder Lieferung (Eigenhandel) ist, richtet sich nach der BFH-Rechtsprechung nach dem Auftreten nach außen (gegenüber dem Leistungsempfänger). Wer erkennbar im fremden Namen handelt, schließt das Umsatzgeschäft als Vertreter (Geschäftsbesorger oder Vermittler) ab (s. oben Tz. 52). Auch nach (noch nicht abschließend definierter) gemeinschaftsrechtlicher Verwendung des Begriffs Vermittlung (vgl. , CSC NWB BAAAB-72666) handelt es sich bei der Vermittlungstätigkeit um eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Sie kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheit zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck dieser Tätigkeit ist es, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat. Dabei ist es aber nicht notwendig, dass der Vermittler zu einer der beiden den Vertrag schließenden Parteien, in einem Vertragsverhältnis steht und mit beiden Parteien unmittelbar in Kontakt tritt (, Volker Ludwig NWB PAAAC-49579). Für den Vermittlungsbegriff reicht es nach dem EuGH-Urteil künftig aus, dass bestimmte Vorleistungen (auch sog. Untervermittlungen) mit dem Ziel der Anbahnung von Vertragsabschlüssen letztlich zu Vertragsabschlüssen führen. Allerdings muss die Leistung ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt. Dienstleistungen, die sich lediglich auf die Erteilung von Informationen (z. B. über ein Finanzprodukt) beschränken, erfüllen den Vermittlungsbegriff nicht. Eine Vermittlungstätigkeit liegt erst dann vor, wenn deren Rolle darin besteht, auf den Abschluss eines Geschäfts hinzuwirken und dessen Konditionen auszuhandeln. Vgl. zur EuGH-Rechtsprechung auch , BStBl 2007 I S. 947, sowie Schick/Franz, BB 2008 S. 1483. Die Vermittlung von Versicherungsverträgen ist auch dann steuerfrei, wenn der Versicherungsmakler oder -vertreter zu den Parteien des Versicherungs- oder Rückversicherungsvertrags, zu dessen Abschluss er beiträgt, keine unmittelbare Verbindung, sondern nur eine mittelbare Verbindung über einen anderen Steuerpflichtigen unterhält, der selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien steht und mit dem der Versicherungsmakler oder -vertreter vertraglich verbunden ist (, J.C.M. Beheer NWB YAAAC-76416; vgl. hierzu auch Schick/Franz, BB 2008 S. 1483).

Besondere Schwierigkeiten hatte die Umsatzsteuerpraxis mit der Einordnung u. a. in Fällen des Gebrauchtwagenhandels. Im Ergebnis ist dieser durch die Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG für den Gebrauchtwarenhandel „bereinigt”. Die Vorschrift geht nicht von Agentur, sondern von Eigenhandel aus. Vgl. zur Abgrenzung zwischen Vermittlungsleistungen und Eigengeschäften beim Verkauf von Gebrauchtwagen NWB GAAAC-54179. Zu Eigenhandel oder Vermittlung beim Verkauf von Gebrauchtwaren in Secondhandläden vgl. auch Tz. 52. Die Beschaffung von Theaterkarten durch Theatergemeinden und Volksbühnenvereine kann je nach Ausgestaltung des Sachverhalts als Veranstaltungs- oder Vermittlungsleistung anzusehen sein ( NWB IAAAC-97847; vgl. auch Tz. 65).

Tz. 63 Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt

§ 3 Abs. 9a UStG

§ 3 Abs. 9a UStG setzt (seit ) Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-RL (= Art. 26 MwStSystRL) um und löst den bisherigen „Eigenverbrauch” i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG a. F. ab. Die Regelung soll die Gleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen und Endverbraucher sicherstellen (s. oben Tz. 50) und verhindern, dass ein zu privaten Zwecken verwendeter Betriebsgegenstand und eine vom Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken unentgeltlich erbrachte Dienstleistung nicht besteuert werden (z. B. , Fillibeck KG NWB QAAAA-96955).

Nach § 3 Abs. 9a UStG werden einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für nichtunternehmerische Zwecke oder die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für nichtunternehmerische Zwecke oder jeweils für den privaten Bedarf seines Personals (vgl. hierzu auch Rondorf, NWB F. 7 S. 7077 NWB VAAAC-80405). Keine unentgeltliche Wertabgabe liegt bei Umsätzen (z. B. Abgabe von Mahlzeiten in der Kantine an das Personal) gegen ein unter den Selbstkosten liegendes Entgelt vor (vgl. , Hotel Scandic Gåsabäck AB NWB HAAAB-72800).

Abweichend von § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG erfasst § 3 Abs. 9a UStG keine unentgeltlichen sonstigen Leistungen auch für unternehmerische Zwecke (z. B. Werbeleistungen).

a) Verwendung eines Gegenstands

Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt wird gleichgestellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

Die Anwendung der Vorschrift setzt nicht voraus, dass die private Nutzung durch den Unternehmer oder sein Personal erfolgt. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es auf eine Nutzung für Zwecke an, die außerhalb des Unternehmens liegen. Hierzu gehört z. B. auch eine Nutzungsüberlassung eines Pkw an eine Gesellschafterin. Es kommt also insoweit nicht darauf an, ob die Privatnutzung durch den Unternehmer, sein Personal oder eine dem Unternehmen nahestehende Person erfolgt ( NWB QAAAC-79268).

Es muss sich, wie nach § 3 Abs. 1b UStG (s. oben Tz. 50), um einen dem Unternehmen zugeordneten Gegenstand handeln. Die Verwendung eines dem Privatvermögen zugeordneten Gegenstands ist nicht steuerbar. Ebenfalls gilt das Besteuerungsverbot einer Privatverwendung, wenn der Gegenstand nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat.

Die Ausnahme gem. § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG bei der Verwendung eines Fahrzeugs, bei dessen Anschaffung usw. Vorsteuerbeträge nur zu 50 % abziehbar waren, wurde ab aufgehoben. Allerdings soll sie nach der (an sich unverständlichen) Übergangsregelung in § 27 Abs. 5 UStG offenbar für Fahrzeuge weitergelten, die bis dahin angeschafft wurden. Hat ein Unternehmer im Jahr 2000 die ihm bei der Anschaffung eines sowohl betrieblich als auch privat genutzten Pkw in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß der damals geltenden Vorschrift des § 15 Abs. 1b UStG (nur) in Höhe von 50 % als Vorsteuer abgezogen und macht er im Jahr 2003 einen Teil der ursprünglich nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge gem. § 15a UStG nachträglich geltend, muss er die in diesem Jahr erfolgte private Verwendung des Pkw versteuern; die im Jahr 2003 vorgenommene Vorsteuerberichtigung hat zur Folge, dass der in § 3 Abs. 9a UStG angeordnete Ausschluss der privaten Verwendung nicht gilt (, BStBl 2007 II S. 801).

Verwendung des Gegenstands durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, kann durch ihn selbst (private Nutzung des Unternehmens-PC) oder durch unentgeltliche Überlassung an andere Personen erfüllt werden (gleich ob Angehörige, Freunde oder Fremde), soweit damit keine unternehmerischen Zwecke (z. B. Werbung) verfolgt werden.

Stellt eine juristische Person des öffentlichen Rechts ein gemeindliches Schwimmbad, welches sie im Rahmen ihres Betriebs gewerblicher Art vollumfänglich dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat, dem Hoheitsbereich zur Verfügung, liegt eine steuerbare Leistung in Form einer unentgeltlichen Wertabgabe vor, die im Rahmen einer Vereinfachungsregelung nach dem im öffentlichen Badeverkehr erhobenen Entrittsgeldern bemessen werden kann ( NWB UAAAC-40419).

Die Erwähnung auch der (unentgeltlichen) Überlassung eines Unternehmensgegenstands für den privaten Bedarf des Personals in der Vorschrift dient u. E. nur der Klarstellung. Dieser Bereich bringt allerdings häufig zwei Streitfragen mit sich, nämlich

  • handelt es sich bei der Verwendungs-Zuwendung um (zusätzlichen) Arbeitslohn neben dem Barlohn für die Arbeitsleistung (d. h. ist die Überlassung entgeltlich) und

  • handelt es sich um eine aus unternehmerischen Gründen gewährte sonstige Leistung (diese ist – anders als unternehmerische Gegenstands-Zuwendungen i. S. von § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG, s. Tz. 50 – systemgerecht nicht steuerbar, Gemeinkostenbereich des Unternehmers)?

Die Grundsätze sind weitgehend (auch gemeinschaftsrechtlich) geklärt. Der Teufel steckt im Detail (vgl. , BStBl 2002 II S. 616, und , BStBl 2001 I S. 251). Zur nicht steuerbaren „Aufmerksamkeit” vgl. oben Tz. 50, b.

Eine Leistung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt nur vor, wenn bzw. soweit der Unternehmer diese "ausführt", d. h. die Leistung seinem Willen entspricht. Das ernsthafte gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochene Verbot, ein zur Verfügung gestelltes betriebliches Fahrzeug privat zu nutzen, kann eine sonstigte Leistung in Form einer Nutzungsüberlassung ausschließen. Ob ein solches Verbot ernsthaft ist, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. NWB YAAAD-08058).

Sammelbeförderung ist dann keine Dienstleistung gegen Entgelt, wenn ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer unentgeltlich und ohne konkrete Verknüpfung mit der Arbeitsleistung oder dem Lohn von der Wohnung zur Arbeitsstätte ab einer bestimmten Entfernung befördert; insbesondere dient die Beförderung weniger dem privaten Bedarf des Personals, wenn die Erfordernisse des Unternehmens im Hinblick auf besondere Umstände (wie z. B. die Schwierigkeit, andere geeignete Verkehrsmittel zu benutzen) es gebieten, dass die Beförderung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übernommen wird; vgl. , Fillibeck KG NWB QAAAA-96955, s. auch NWB TAAAB-39933 und , BStBl 2009 II S. 423; vgl. zum letztgenannten Urteil auch Jacobs, BB 2008 S. 1545. Zur Arbeitnehmer-Sammelbeförderung vgl. auch NWB CAAAC-88939. Die Unterbringung der Arbeitnehmer bei dienstlicher Auswärtstätigkeit ist regelmäßig keine steuerbare Leistung, da sie regelmäßig unentgeltlich (sie ist selten entgeltlich für die Arbeitsleistung, wie z. B. bei Vereinbarung von Kost und Logis) und überdies im Interesse des Unternehmens gewährt wird (, BStBl 2002 II S. 616). „Unentgeltliche” Gewährung von Verpflegung an die Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber wird z.T. als entgeltliche (, BStBl 1998 II S. 279), z. T. als unentgeltliche Leistung beurteilt (, BStBl 1998 II S. 589). Die Frage ist streitanfällig (vgl. , BStBl 2002 II S. 616). Zu den unentgeltlichen Wertabgaben beim Pkw-Gemeinschaftsleasing (RentSharing), bei dem der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ein Fahrzeug gemeinsam anmieten, vgl. , UR 2007 S. 315).

Generell ist zu berücksichtigen, dass die Besteuerung von Sachzuwendungen beim Arbeitgeber gem. § 3 Abs. 9a UStG zwar unversteuerten Endverbrauch vermeidet, soweit man von Leistungen für den privaten Bereich ausgeht (im Vergleich zu Dritten, die mit Umsatzsteuer belastet würden; der Arbeitnehmer scheidet mangels Entgeltzahlung als „Endverbraucher” i. S. der Umsatzsteuer aus). Andererseits spricht aber die betriebliche Nähe der Vorgänge dafür, regelmäßig von Gemeinkosten des Unternehmers auszugehen; die Besteuerung führt dann zu einer systemwidrigen Kompensierung des Vorsteuerabzugs des Arbeitgebers für die unternehmerisch veranlassten Aufwendungen.

Zur Bemessungsgrundlage unentgeltlicher Verwendung von Unternehmensgegenständen s. , BStBl 2004 I S. 468. Für ab 1. 7. 2004 angeschaffte/hergestellte Gegenstände sollen die Anschaffungs-/Herstellungskosten abweichend von der ertragsteuerlichen AfA auf den Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG verteilt (d. h. jährlich mit 1/5 oder 1/10) angesetzt werden (vgl. Tz. 185). Eine entsprechende gesetzliche Regelung wurde durch das EURLUmsG v. mit Wirkung v. eingefügt. Der EuGH hat diese Handhabung bestätigt (NWB RAAAC-09459; vgl. hierzu auch Küffner/Zugmaier NWB F. 7 S. 6789 NWB PAAAC-17350). Soweit sich das zuvor erlassene als „Interpretation” des bisherigen Kostenbegriffs bei sog. Seeling-Fällen Rückwirkung auf vor dem 1. 7. 2004 liegende „offene” Besteuerungszeiträume beilegt, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage (, BStBl 2007 II S. 676; vgl. auch Hippke, NWB F. 7 S. 6925 NWB KAAAC-49786). Zu den Konsequenzen aus diesem Urteil vgl. , BStBl 2007 I S. 690, und OFD Koblenz, Kurzinfo v. - S 7206 A NWB TAAAC-84026.

b) Unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung

Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt wird außerdem gleichgestellt die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Unter diese Regelung fällt insbesondere die unentgeltliche Überlassung von Arbeitnehmern des Unternehmens für private Zwecke des Unternehmers (Haus- oder Gartenarbeiten, Chauffeur für private Reise; vgl. , BStBl 1993 II S. 885; , Fillibeck KG NWB QAAAA-96955).

Die unentgeltliche Überlassung von Arbeitskleidung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ist keine unentgeltliche Wertabgabe, wenn sie durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist (und somit keine Leistung für den privaten Bedarf des Personals vorliegt). Dies ist der Fall, wenn mögliche private Bedürfnisse der Arbeitnehmer durch betriebliche Belange verdrängt werden, da die Arbeitskleidung als typische Berufskleidung vorrangig aus unternehmerischen Gründen (insbesondere aus Gründen der gebotenen Gesundheitshygiene oder des Arbeitsschutzes) überlassen werden (vgl. , BStBl 2009 II S. 426, sowie , BStBl 2009 II S. 428 und NWB KAAAC-92236; in diesem Sinne auch , Danfoss, AstraZeneca/Skatteministeriet NWB KAAAD-72748).



Hat eine AG hat ihre Aufsichtsratsmitglieder, die auch als Arbeitnehmer für die AG tätig sind (Vorstandsmitglieder, Führungskräfte), arbeitsvertraglich verpflichtet, ihre erhaltenen Aufsichtsratsvergütungen zu melden, damit eine Anrechnung dieser Vergütung bei der Auszahlung der Tantiemen vorgenommen werden kann, führt dies im Falle des Verzichts auf die Aufsichtsratsvergütung mit der Folge, dass dadurch eine Kürzung der Tantiemen nicht mehr vorzunehmen ist, führt dies nicht zu einer unentgeltlichen Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG). Den Aufsichtsratsmitgliedern steht vielmehr weiterhin eine Vergütung für diese Tätigkeit zu, die in der unterlassenen Kürzung der Tantiemen besteht. Die Bemessungsgrundlage für die Aufsichtsratstätigkeit richtet sich somit nach der satzungsgemäßen Aufsichtsratsvergütung ( NWB PAAAB-90584, und OFD Münster, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 9 v. NWB QAAAC-60553).

Die unentgeltliche Lieferung von Mahlzeiten in Betriebskantinen an Geschäftspartner anlässlich von in den Räumlichkeiten der fraglichen Unternehmen stattfindenden Sitzungen ist keine unentgeltliche Wertabgabe, wenn sich – was vom vorlegenden Gericht festzustellen ist – aus objektiven Umständen ergibt, dass diese Mahlzeiten für strikt geschäftliche Zwecke abgegeben werden. Hingegen ist die unentgeltliche Lieferung von Mahlzeiten durch ein Unternehmen an sein Personal in seinen Räumlichkeiten eine unentgeltliche Wertabgabe, es sei denn, dass die Erfordernisse des Unternehmens die Gewährleistung der Kontinuität und des ordnungsgemäßen Ablaufs von Arbeitssitzungen – was ebenfalls vom vorlegenden Gericht zu beurteilen ist – es notwendig machen, dass die Lieferung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber sichergestellt wird (, Danfoss, AstraZeneca/Skatteministeriet NWB KAAAD-72748). Nieskens zieht hieraus die Folgerung, dass es insoweit weder auf die Begründung einer Annehmlichkeit noch auf die Wertgrenze von 40 € ankommt (Abschn. 12 Abs. 3 Satz 4 UStR), um die Besteuerung auszuschließen (EU-UStB 2009 S. 3).

Tz. 64 Werkleistung

§ 3 Abs. 10 UStG

Für die eigenständige Beschreibung von Voraussetzungen für die Annahme einer sog. Werkleistung gibt es in Art. 6 der 6. EG-RL (= Art. 24 f. MwStSystRL) keine Grundlage (vgl. auch § 3 Abs. 4 UStG zur Werklieferung). Auch wenn die Vorschrift als Fiktion formuliert ist, lässt sich ihr lediglich indizielle Wirkung beimessen. Gemeinschaftsrechtlich ist das „Wesen” eines Umsatzes als Lieferung oder sonstige Leistung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der verschiedenen Leistungselemente zu bestimmen (vgl. , Faaborg-Gelting Linien, BStBl 1998 II S. 282).

Die Regelung stammt noch aus der „wirtschaftlichen” Sicht der Umsätze im sog. „Umtauschgeschäft” (Umtauschbäckereien, -buttereien, -käsereien, -müllereien, -spinnereien, -mostereien). Solche Leistungen des Umtauschgewerbes sind keine Tauschgeschäfte (§ 3 Abs. 12 UStG). Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, anstelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt (, BStBl 1967 III S. 235), gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstands berechnet wird. Auch nach der (damaligen) Rechtsprechung wurden keine Werkleistungen, sondern Lieferungen und Rücklieferungen angenommen,

  • wenn der Auftragnehmer seinen Preis unter Ausnutzung von Marktpreisschwankungen handelsmäßig und spekulativ festsetzte, z. B. eine Molkerei die Preise für die Rückgabebutter jeweils den steigenden oder fallenden Marktpreisen anpasste;

  • wenn der Unternehmer nicht gleichartige (dem empfangenen Stoff nicht entsprechende) Gegenstände zurückgab, z. B. Roggen gegen Weizenmehl oder Weizenbrot;

  • wenn der Unternehmer die hingegebenen Stoffe nicht selbst verarbeitete, sondern hiermit einen anderen beauftragte oder nur Handel mit den Erzeugnissen trieb.

Tz. 65 Besorgungsleistungen – Leistungskommission

§ 3 Abs. 11 UStG

§ 3 Nr. 11 UStG regelt eindeutig die Leistungskommission (unsinnigerweise mit abweichendem Wortlaut zu Art. 6 Abs. 4 der 6. EG-RL = Art. 28 MwStSystRL). Danach gilt: Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

Im Ergebnis werden – wie nach Art. 6 Abs. 4 der 6. EG-RL (= Art. 28 MwStSystRL) – Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, so behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten oder erbracht hätten.

Der BFH entnahm diese Wirkung bereits zuvor der „Besorgungs-Vorschrift” des § 3 Abs. 11 UStG (i. d. F. ab 1980) und gab ihr damit einen erheblich weiteren Anwendungsbereich als nach bisheriger Praxis (s. Abschn. 32 UStR; s. auch z. B. , BStBl 2004 II S. 310, und , BStBl 2004 II S. 315). § 3 Abs. 11 UStG betrifft nicht nur den Leistungseinkauf (der Besorger bezieht von einem Dritten sonstige Leistungen für Rechnung des „anderen”), sondern auch für den Leistungsverkauf (der Besorger erbringt im eigenen Namen, aber für Rechnung des „anderen” eine sonstige Leistung an den Dritten). Personenbezogene Merkmale der besorgten Leistung sind auf die Besorgungsleistung nicht übertragbar (z. B. § 19 UStG).

Beispiele:

Ein Treuhänder übernimmt die Anlage von Geldern für Rechnung der Geldgeber im eigenen Namen. – Kauft er Forderungen, ist diese besorgte Leistung steuerfrei (§ 4 Nr. 8 Buchst. c UStG). Die Befreiungsvorschrift erfasst auch die Besorgungsleistung zwischen Geldgeber und Treuhänder. Verkauft der Treugeber Forderungen an Dritte (steuerfrei), ist auch eine entsprechende steuerfreie Besorgungsleistung anzunehmen. Systemgerecht muss dann die Besorgungsleistung als Leistung (Forderungsübertragung) des Treugebers an den Treuhänder gesehen werden; anderenfalls würden dem Besorger (Treuhänder) zwei Umsätze zugeordnet: die besorgte Forderungsübertragung des Treuhänders (im eigenen Namen) an den Dritten und eine Geschäftsbesorgung des Treuhänders an den Treuhänder.

Die Eigentümer von Ferienhäusern schließen sich zu einer GbR zusammen, die die Verwaltung und die Vermietung der Ferienwohnungen im eigenen Namen, aber für Rechnung des jeweiligen Eigentümers durchführt. Die für die (durch die GbR) besorgte Leistung (Vermietung) geltenden Vorschriften sind auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.

Ausführlich zu § 3 Abs. 11 UStG und zur Dienstleistungskommission i. S. des Art. 6 Abs. 4 der 6. EG-RL (= Art. 28 MwStSystRL) hat das (BStBl 2004 I S. 446) Stellung genommen. § 3 Abs. 11 UStG regelt für die Fälle, in denen ein Unternehmer (Auftragnehmer) in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, dass diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht gilt. Die Leistungseinkaufs- und Leistungsverkaufskommission werden nunmehr gleichbehandelt, also unabhängig davon, ob das Erbringen oder das Beschaffen einer sonstigen Leistung in Auftrag gegeben wird. Die Vorschrift fingiert dabei eine Leistungskette. Sie behandelt den Auftragnehmer im Rahmen der Dienstleistungskommission als Leistungsempfänger und zugleich Leistenden.

Bezüglich des Leistungseinkaufs führt dies zu folgender Leistungskette:


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Auftraggeber
(Besorgungsleistung)
Auftragnehmer
Dritter
sonstige Leistung
sonstige Leistung

Im Fall des Leistungsverkaufs führt die Fiktion in der Leistungsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu folgender Leistungsrichtung:


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Auftraggeber
(Besorgungsleistung)
Auftragnehmer
Dritter
sonstige Leistung
sonstige Leistung

Die beiden Leistungen (d. h. die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung) werden bezüglich ihres Leistungsinhalts gleich behandelt. Die Leistungen werden zum selben Zeitpunkt erbracht.

Im Übrigen ist jede der beiden Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsbeziehung gesondert für sich nach den allgemeinen Regeln des UStG zu beurteilen. Personenbezogene Merkmale der an der Leistungskette Beteiligten sind für jede Leistung innerhalb einer Dienstleistungskommission gesondert in die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung einzubeziehen. Dies kann z. B. für die Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften von Bedeutung sein (vgl. z. B. § 4 Nr. 19 Buchst. a UStG) oder für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung, wenn er davon abhängig ist, ob die Leistung an einen Unternehmer oder einen Nichtunternehmer erbracht wird. Die Steuer kann nach § 13 UStG für die jeweilige Leistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen (z. B. wenn der Auftraggeber der Leistung die Steuer nach vereinbarten und der Auftragnehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet). Außerdem ist z. B. zu berücksichtigen, ob die an der Leistungskette Beteiligten Nichtunternehmer, Kleinunternehmer (§ 19 UStG), Land- und Forstwirte, die für ihren Betrieb die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, sind.

Beispiel:

Der Bauunternehmer G besorgt für den Bauherrn B die sonstige Leistung des Handwerkers C, für dessen Umsätze die Umsatzsteuer gemäß § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird.

Das personenbezogene Merkmal – Kleinunternehmer – des C ist nicht auf den Bauunternehmer G übertragbar. Die Leistung des G an B unterliegt dem allgemeinen Steuersatz.

Die zivilrechtlich vom Auftragnehmer an den Auftraggeber erbrachte Besorgungsleistung bleibt umsatzsteuerrechtlich ebenso wie beim Kommissionsgeschäft nach § 3 Abs. 3 UStG unberücksichtigt. Der Auftragnehmer erbringt im Rahmen einer Dienstleistungskommission nicht noch eine (andere) Leistung (Vermittlungsleistung). Der Auftragnehmer darf für die vereinbarte Geschäftsbesorgung keine Rechnung erstellen. Eine solche Rechnung, in der die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist, führt zu einer Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG. Soweit der Auftragnehmer im eigenen Namen für fremde Rechnung auftritt, findet § 25 UStG keine Anwendung.

Beispiel 1 (Leistungseinkaufskommission):

Der im Inland ansässige Spediteur G besorgt für den im Inland ansässigen Unternehmer B im eigenen Namen und für Rechnung des B die inländische Beförderung eines Gegenstands von München nach Berlin. Die Beförderungsleistung bewirkt der im Inland ansässige Unternehmer C.

Da G in die Erbringung einer Beförderungsleistung eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.


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B
 
 
G
 
 
C
Beförderungsleistung
Beförderungsleistung

Die Leistungskette wird fingiert. Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. C erbringt an G eine im Inland steuerpflichtige Beförderungsleistung (§ 3b UStG). G hat gegenüber B ebenfalls eine im Inland steuerpflichtige Beförderungsleistung abzurechnen.

Beispiel 2 (Leistungseinkaufskommission):

Spediteur G besorgt für den in Frankreich ansässigen Unternehmer B im eigenen Namen und für Rechnung des B die Beförderung eines Gegenstands von Paris nach München. Die Beförderungsleistung bewirkt der im Inland ansässige Unternehmer C. G und C verwenden jeweils ihre deutsche, B seine französische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer


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B
 
 
G
 
 
C
Beförderungsleistung
Beförderungsleistung

Die Leistungskette wird fingiert. Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. C erbringt an G eine in Deutschland steuerbare Beförderungsleistung (§ 3b Abs. 3 Satz 2 UStG). G hat gegenüber B eine nach § 3b Abs. 3 Sätze 1 und 2 UStG in Frankreich steuerbare Beförderungsleistung abzurechnen.

Beispiel 3 (Leistungsverkaufskommission):

Der im Inland ansässige Eigentümer E eines im Inland belegenen Ferienhauses beauftragt G mit Sitz im Inland im eigenen Namen und für Rechnung des E, Mieter für kurzfristige Ferienaufenthalte in seinem Ferienhaus zu besorgen.

Da G in die Erbringung sonstiger Leistungen (kurzfristige – steuerpflichtige – Vermietungsleistungen gem. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gelten die Leistungen als an ihn und von ihm erbracht.


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E
 
 
G
 
 
Mieter
kurzfristige Vermietungsleistungleistung
kurzfristige Vermietungsleistungleistung

Die Leistungskette wird fingiert. Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. Die Vermietungsleistungen des E an G sind im Inland steuerbar (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UStG) und als kurzfristige Vermietungsleistungen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) steuerpflichtig. G erbringt steuerbare und steuerpflichtige Vermietungsleistungen an die Mieter (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UStG, § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG).

Beispiel 4 (Leistungsverkaufskommission):

Sachverhalt wie in Beispiel 3, jedoch befindet sich das Ferienhaus des E in Belgien.

Die Vermietungsleistungen des E an G und die Vermietungsleistungen des G an die Mieter sind im Inland nicht steuerbar. Der Ort der sonstigen Leistungen ist gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UStG Belgien (Belegenheitsort). Die Besteuerung von E und G in Belgien erfolgt nach belgischem Recht.

Beispiel 5 (Leistungsverkaufskommission):

Sachverhalt wie in Beispiel 3, jedoch ist G Unternehmer mit Sitz in Belgien.

Die Vermietungsleistungen des E an G und die Vermietungsleistungen des G an die Mieter sind im Inland steuerbar (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UStG) und als kurzfristige Vermietungsleistungen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) steuerpflichtig. G muss sich in Deutschland für Zwecke der Umsatzbesteuerung registrieren lassen, soweit die Mieter Nichtunternehmer sind. Ist ein Mieter Unternehmer oder juristische Person des öffentlichen Rechts, schuldet dieser als Leistungsempfänger die Steuer, auch wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen worden ist (§ 13b Abs. 1 und 2 UStG).

Beispiel 6 (Leistungsverkaufskommission):

Ein nicht im Inland ansässiges Kreditinstitut K (ausländischer Geldgeber) beauftragt eine im Inland ansässige GmbH G mit der Anlage von Termingeldern im eigenen Namen für fremde Rechnung bei inländischen Banken.

Da G als Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung (Kreditgewährungsleistung i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG) eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt, gilt die Leistung als an sie und von ihr erbracht.


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K
 
 
G
 
 
inländische Banken
Anlage von Termingeldern
Anlage von Termingeldern
(steuerfreie Kreditgewährung)
(steuerfreie Kreditgewährung)

Die Leistungskette wird fingiert. Die zivilrechtlich vereinbarte Geschäftsbesorgungsleistung ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. K erbringt an G und G an die inländischen Banken durch die Kreditgewährung im Inland steuerbare (§ 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG), jedoch steuerfreie Leistungen (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG).

Die vorstehenden Grundsätze zur Leistungsverkaufskommission, die im Ergebnis den Grundsätzen der o. g. BFH-Rechtsprechung entsprechen, können bei allen noch nicht unanfechtbaren Steuerfestsetzungen uneingeschränkt berücksichtigt werden; nach Eintritt der Unanfechtbarkeit können sie nur berücksichtigt werden, soweit die Steuerfestsetzung noch korrigiert werden kann (vgl. im Einzelnen dazu Nr. 8 AEAO vor §§ 172–177 ). Von Seiten der Verwaltung wird nicht beanstandet, wenn in den Fällen der Leistungsverkaufskommission bis zum 31. 12. 2003 von einer Geschäftsbesorgungsleistung des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber und von einer sonstigen Leistung des Auftragnehmers gegenüber dem Dritten ausgegangen wird. Vgl. zur Neuregelung auch Storg, UR 2005 S. 142. Zu den Auswirkungen von Leistungsstörungen bei der Abwicklung umsatzsteuerlicher Kommissionsgeschäfte vgl. Hahne, UR 2007 S. 677.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen von Sanierungsträgern nach § 157 BauGB gilt Folgendes (, BStBl 2005 I S. 938; vgl. hierzu auch Schrader, UVR 2006 S. 29):

  • Erbringen Sanierungsträger nach § 157 BauGB, die ihre Aufgaben nach § 159 Abs. 1 BauGB im eigenen Namen und für Rechnung der auftraggebenden Körperschaften des öffentlichen Rechts (Gemeinden) als deren Treuhänder erfüllen, Leistungen nach § 157 BauGB und beauftragen sie zur Erbringung dieser Leistungen andere Unternehmer, gelten mit Einführung der Grundsätze der Dienstleistungskommission des § 3 Abs. 11 UStG ab dem die von den beauftragten Unternehmern erbrachten Leistungen als an den Sanierungsträger und von diesem an die treugebende Gemeinde erbracht.

  • Ist der beauftragte Unternehmer im Ausland ansässig, ist für diese Leistung der Sanierungsträger Steuerschuldner (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 UStG). Ist die an den Sanierungsträger erbrachte Leistung eine Bauleistung i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, ist der Sanierungsträger als Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er selbst derartige Bauleistungen nachhaltig erbringt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG; Tz. 212).

  • Für Leistungen, die auf einem bis zur Bekanntgabe des BMF-Schreibens im BStBl folgenden Tag () abgeschlossenen Sanierungsvertrag beruhen und für die der Sanierungsträger als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Satz 1 oder 2 UStG ist, enthält das BMF-Schreiben im Hinblick auf die bislang nicht beanstandete Besteuerungspraxis eine Übergangsregelung.

Die Spielumsätze in einem Spielkasino sind grds. dem Inhaber der Spielkasinokonzession zuzurechnen. Fungiert dieser als „Strohmann” für einen Dritten („Hintermann”), liegt ein Kommissionsgeschäft nach § 3 Abs. 11 UStG vor mit der Folge, dass sowohl die besorgte Leistung (die Umsätze des Konzessionsinhabers an die Spieler) als auch die Besorgungsleistung (die – fingierten – Umsätze des „Hintermanns” an den Konzessionsinhaber) als steuerfrei behandelt werden können (, BStBl 2006 II S. 278).

Die Beschaffung der Betreuung auf der Reise durch die Vorlage einer Reisebestätigung (voucher) – sog. Visabestätigung (Verpflichtung gegenüber den Touristen zur Erbringung vielfältiger Leistungen, z. B. Beistandsleistungen im Krankheitsfall) – für Reisen in die Länder der GUS, die von Referenzunternehmen (große Reisebüros oder Hotels) der Reiseländer ausgestellt werden, durch einen sog. selbständigen Konsularservice stellt eine gegenüber der bloßen Beschaffung des Touristenvisums eigene, selbständige Leistung dar, die deshalb umsatzsteuerlich nicht das Schicksal der Beschaffung des Touristenvisums teilt. Die Besorgung der Betreuungsleistung hat für den Reisenden gegenüber der schlichten Beschaffung der Reisepapiere eine eigenständige Bedeutung, und zwar auch dann, wenn diese Leistungen nicht konkret in Anspruch genommen werden (müssen), weil schon mit der Bereithaltung als Ansprechpartner eine Leistung erbracht wird, die einem „Schutzbrief” vergleichbar ist. Erbringt der Konsularservice die Besorgung der Betreuungsleistung gegenüber Endverbrauchern, findet § 25 UStG Anwendung. Werden die Leistungen an andere Unternehmer erbracht, greift § 25 UStG nicht. Der Konsularservice erbringt mit der Beschaffung der „Visabestätigung” Besorgungsleistungen i. S. des § 3 Abs. 11 UStG in der Form des Leistungseinkaufs. Nach dieser Vorschrift sind die für die besorgten Leistungen geltenden Vorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden. In diesen Fällen bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistungen – wie hier der Beistandsleistungen des Referenzunternehmens – nach dem Ort von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 UStG). Da das Referenzunternehmen sein Unternehmen im Drittlandsgebiet betreibt, sind diese Leistungen im Inland nicht steuerbar. Auf die Besorgungsleistungen des Konsularservices sind nach § 3 Abs. 11 UStG die für die besorgte Leistung geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, so dass auch die Besorgungsleistungen des Konsularservices nicht steuerbar sind (, BStBl 2006 II S. 788).

Nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) besteht für die Teilnehmernetzbetreiber (z. B. Deutsche Telekom AG) die Pflicht, auch über Leistungen anderer Netzbetreiber (sog. Verbindungsnetzbetreiber) im Interconnectionsverfahren oder anderer Diensteanbieter abzurechnen. Unter den weiteren Voraussetzungen gelten nach § 45h Abs. 4 TKG für Zwecke der Umsatzsteuer die Leistungen der Verbindungsnetzbetreiber oder Diensteanbeiter als vom Teilnehmernetzbetreiber in eigenem Namen und für fremde Rechnung an den Endkunden erbracht. Damit werden durch das TKG die tatbestandlichen Voraussetzungen der Dienstleistungskommission i. S. des § 3 Abs. 11 UStG herbeigeführt, mit der Folge, dass die Leistung vom Verbindungsnetzbetreiber oder Diensteanbieter an den Teilnehmernetzbetreiber und vom Teilnehmernetzbetreiber an den Endkunden als erbracht gilt ( NWB NAAAC-47737 mit weitergehenden Ausführungen).

Die Beschaffung von Theaterkarten durch Theatergemeinden und Volksbühnenvereine kann je nach Sachverhalt so gestaltet sein, dass umsatzsteuerlich eine Dienstleistungskommission angenommen werden kann ( NWB IAAAC-97847; vgl. auch Tz. 62).

Ein angestellter Rechtsanwalt ist, wenn er sich als Insolvenzverwalter betätigt, Unternehmer. Gegenüber seinem Arbeitgeber liegt ein Fall der Dienstleistungskommission vor, so dass zwei Leistungsverhältnisse existieren. Der Insolvenzverwalter ist sowohl Leistender gegenüber dem Insolvenzschuldner als auch Leistungsempfänger gegenüber der ihn anstellenden Rechtsanwaltssozietät (Obermair, NWB F. 7 S. 6979 NWB RAAAC-72140). Die Verwaltung sieht dies allerdings nach dem Ergebnis der Erörterungen zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zunächst (lediglich) partiell anders (, DB 2008 S. 1408):

  • Der angestellte Rechtsanwalt wird in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter unternehmerisch tätig; ihm sind die Umsätze aus der Tätigkeit zuzurechnen (unerheblich ist, dass die Vergütungsansprüche an den Arbeitgeber abgetreten sind oder im Wege des abgekürzten Zahlungswegs unmittelbar auf ein Konto des Arbeitgebers gelangen).

  • Zwischen dem Arbeitgeber (Rechtsanwaltssozietät) und dem angestellten Rechtsanwalt (Insolvenzverwalter) liegt kein Leistungsaustausch vor, da diese Leistungsbeziehungen durch das Arbeitsverhältnis überlagert werden.

Nach erneuter Erörterung zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt für die umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen eines in einer Rechtsanwaltskanzlei als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalts nunmehr Folgendes (, BStBl 2009 I S. 864):

  • Die von einem für eine Rechtsanwaltskanzlei als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt ausgeführten Umsätze der Kanzlei zuzurechnen. Dies gilt sowohl für einen angestellten als auch für einen an der Kanzlei als Gesellschafter beteiligten Rechtsanwalt, selbst wenn dieser ausschließlich als Insolvenzverwalter tätig ist und im eigenen Namen handelt. Die Rechtsanwaltskanzlei rechnet über diese Umsätze im eigenen Namen und unter Angabe ihrer eigenen Steuernummer ab (§ 14 Abs. 4 UStG).

  • Es findet insofern kein Leistungsaustausch zwischen der Rechtsanwaltskanzlei und dem Rechtsanwalt statt.

  • Für vor dem ausgeführte Leistungen wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers – nicht beanstandet, wenn der für die Rechtsanwaltskanzlei tätige Rechtsanwalt seine Tätigkeiten als Insolvenzverwalter im eigenen Namen abrechnet bzw. abgerechnet hat.

Vgl. zur Änderung der Verwaltungsauffassung auch OFD Frankfurt a.M., Verfügung v. - S 7104 A, StEd 2009 S. 426 und Siebert, UStB 2009 S. 266.

Tz. 66 Tausch/tauschähnlicher Umsatz

§ 3 Abs. 12 UStG

Zu der Tauschregelung des UStG gibt es keine ausdrückliche Grundlage in der 6. EG-RL/MwStSystRL. Sie wird dort als von den allgemeinen Grundsätzen der Leistung gegen Entgelt umfasst und auch (anders als in § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG) bei der Besteuerungsgrundlage (Art. 11 Teil A Abs. 1 der 6. EG-RL = Art. 73 f. MwStSystRL) nicht besonders erwähnt (s. dazu , Bertelsmann AG NWB VAAAA-96803). Zur Bemessungsgrundlage s. unten Tz. 184). Tausch ist Lieferung gegen Lieferung, tauschähnlicher Umsatz ist sonstige Leistung gegen Lieferung oder sonstige Leistung. Von einem Tausch mit Baraufgabe spricht man, wenn eine Partei neben ihrer Lieferung/sonstigen Leistung noch einen zusätzlichen Geldbetrag für die Lieferung/sonstige Leistung des anderen zahlt (vgl. zum Austauschverfahren in der Kraftfahrzeugwirtschaft Abschn. 153 Abs. 3 UStR). Voraussetzung für die Annahme eines Tauschs oder eines tauschähnlichen Umsatzes ist, dass sich zwei entgeltliche Leistungen gegenüberstehen, die lediglich durch die Modalität der Entgeltsvereinbarung (Tausch) miteinander verknüpft sind (, BStBl 2009 II S. 493).

Steuerbar ist der jeweilige Umsatz nach den allgemeinen Grundsätzen: Bei einem Tausch zwischen Unternehmer und Nichtunternehmer (z. B. Arbeitnehmer) ist nur der Tauschumsatz des Unternehmers steuerbar (z. B. die unentgeldtliche Pkw-Überlassung durch den Unternehmer an den angestellten Geschäftsführer zur Privatnutzung, , BStBl 1999 II S. 580 oder die entgeltliche, aber nicht kostendeckende Pkw-Überlassung an einen Arbeitnehmer zur Privatnutzung, NWB MAAAD-00214).

Kauft ein Unternehmer von einem Waldbesitzer Holz und beauftragt dieser den Holzkäufer mit der Fällung, Aufarbeitung und Rückung des Holzes (sog. Selbstwerbung), kommt sowohl ein tauschähnlicher Umsatz (Waldarbeiten gegen Lieferung des Holzes mit Baraufgabe) als auch eine bloße Holzlieferung in Betracht. Entscheidend ist, ob nach dem Inhalt der zugrunde liegenden Vereinbarung der Unternehmer (Holzkäufer) dem Waldbesitzer mit den vereinbarten Arbeiten einen in Geld ausdrückbaren Vorteil zuwendet und das Entgelt des Waldbesitzers in der Holzlieferung (mit Baraufgabe) bestehen soll, oder ob die dem Holzkäufer durch die Waldarbeiten entstehenden Kosten lediglich bei ihm Gestehungskosten für den Erwerb des Holzes sein sollen (, BStBl 2004 II S. 675; s. auch Tz. 12).

Verpflichten sich die Mitglieder von Arbeitsgemeinschaften oder Konsortien (z. B. im Baugewerbe) jeweils zur Durchführung bestimmter Arbeiten mit einem bestimmten Wert, fehlt es an einer Gegenleistung (die jeweilige Tätigkeit der anderen Mitglieder ist keine solche). Überschreitet die Leistung eines Mitglieds den festgelegten Anteil und zahlen die anderen Mitglieder dafür eine Vergütung, liegt (nur) insoweit eine steuerbare Tauschleistung vor (vgl. , EDM NWB HAAAB-72865).

Nach § 3 Abs. 1 Krw-/AbfG gelten als Abfall alle beweglichen Sachen, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Abfälle in diesem Sinne sind nach den Vorgaben des Krw-/AbfG zu entsorgen. Daneben bestehen für bestimmte Abfallgruppen besondere Entsorgungspflichten aufgrund einzelgesetzlicher Regelungen, z. B. für Altfahrzeuge, Altglas, Altholz, Altöl, Bioabfall, gebrauchte Batterien und Akkumulatoren, gewerblichen Abfall, Elektro- und Elektronikgeräte, Klärschlamm, Verpackungen und tierische Nebenprodukte. Beauftragt ein Abfallerzeuger oder -besitzer einen Dritten mit der ordnungsgemäßen Entsorgung seines Abfalls, erbringt der Dritte mit der Übernahme und Erfüllung der Entsorgungspflicht eine sonstige Leistung i. S. von § 3 Abs. 9 UStG, sofern der Entsorgung eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt; hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn über die Entsorgung ein Entsorgungsnachweis ausgestellt wird. Ist dem zur Entsorgung überlassenen Abfall ein wirtschaftlicher Wert beizumessen (sog. werthaltiger Abfall), liegt ein tauschähnlicher Umsatz (Entsorgungsleistung gegen Lieferung des Abfalls) - ggf. mit Baraufgabe - vor, wenn nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Vertragspartner der überlassene Abfall die Höhe der Barvergütung für die Entsorgungsleistung oder die übernommene Entsorgung die Barvergütung für die Lieferung des Abfalls beeinflusst hat (vgl. , BStBl 2008 I S. 992 mit weitergehenden Ausführungen über die Anwendung der Grundsätze des tauschähnlichen Umsatzes bei der Abgabe werthaltiger Abfälle). Vgl. hierzu Tiedtke, UR 2009 S. 447.

Verpflichtet sich ein Unternehmer gegenüber dem Betreiber eines Kaufhauses zur Reinigung der Kundentoiletten und räumt ihm dieser im Gegenzug die Möglichkeit ein, die freiwillig gezahlten Nutzungsentgelte oder „Trinkgelder” zu vereinnahmen, liegt ein tauschähnlicher Umsatz (Reinigung von Kundentoiletten gegen Überlassung der von Nutzern freiwillig gezahlten Beträge) vor. Das Entgelt für die Reinigungsleistungen bestimmt sich nach dem Wert der Möglichkeit, die freiwilligen Zahlungen der Toilettennutzer zu vereinnahmen. Dieser Wert entspricht den tatsächlichen Zahlungen der Toilettennutzer ( NWB LAAAC-95273). Vgl. hierzu Tiedtke, UR 2009 S. 447.

Der bloße Umtausch eines Lieferungsgegenstands (z. B. wegen Mängel) ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. An die Stelle des zunächst gelieferten Gegenstands tritt – in Erfüllung der noch bestehenden Vertragspflicht – ein anderer Gegenstand.

Tz. 67 Ort der sonstigen Leistung

§ 3a UStG

Als Leistungsorte können in Betracht kommen der Sitzort des Unternehmers bzw. der Betriebsstätte (Tz. 68), der Belegenheitsort eines Grundstücks (Tz. 69), der Tätigkeitsort (Tz. 70), der Ort des vermittelten Umsatzes (Tz. 71), der Sitzort des Leistungsempfängers (Tz. 72) und der Wohnsitz des Nichtunternehmers (Tz. 73). § 1 UStDV enthält Sonderfälle des Leistungsorts für Leistungen von oder an Drittlandsunternehmer (Tz. 74). Bedient sich der Unternehmer bei Ausführung einer sonstigen Leistung eines anderen Unternehmers als Erfüllungsgehilfen, der die sonstige Leistung im eigenen Namen und für eigene Rechnung ausführt, ist der Ort der Leistung für jede dieser Leistungen für sich zu bestimmen (Abschn. 41 UStR). Der Ort der Beförderungsleistungen und der damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen (einschließlich Vermittlungsleistungen) ist in § 3b UStG (Tz. 75) geregelt. Der Ort der einer sonstigen Leistung gleichgestellten unentgeltlichen Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a UStG) richtet sich nach § 3f UStG (Tz. 87). Vgl. zum Ort der sonstigen Leistung auch Sikorski, NWB F. 7 S. 6903.

Tz. 68 Sitzort des Unternehmers

§ 3a Abs. 1 UStG

Eine sonstige Leistung wird grds. an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (vgl. §§ 8, 9, 10, 21 AO). Werden die für die sonstige Leistung erforderlichen einzelnen Arbeiten ganz oder überwiegend durch Angehörige oder Einrichtungen einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt sie als Ort der sonstigen Leistung. Das Umsatzgeschäft braucht die Betriebsstätte nicht selbst abgeschlossen zu haben. § 3a Abs. 1 UStG enthält die Grundregel für die Ortsbestimmung der sonstigen Leistungen, die aber durch die vorrangig anzuwendenden Ortsbestimmungen nach § 3a Abs. 2–5 UStG, § 1 UStDV, §§ 3b und 3f UStG zur Auffangregel wird (vgl. , Dudda, BStBl 1998 II S. 313).

§ 3a Abs. 1 UStG regelt u. a. den Leistungsort für den Umsatz einer Betriebsstätte an einen Dritten. Sie gilt aber nicht für Umsätze zwischen dem Sitz des Unternehmens und einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen rechtlich unselbständigen Betriebsstätte dieses Unternehmens, da insoweit nicht steuerbare Innenumsätze vorliegen (, FCE Bank plc NWB PAAAB-83174).

Wird eine unter § 3a Abs. 1 UStG fallende sonstige Leistung durch eine Betriebsstätte ausgeführt, gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG die Betriebsstätte (und nicht der Sitz des leistenden Unternehmers) als Leistungsort. § 3a Abs. 1 UStG legt damit den Vorrang der Betriebsstätte vor dem Sitz fest. Die dem § 3a Abs. 1 UStG zugrunde liegende gemeinschaftsrechtliche Vorschrift in Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 43 MwStSystRL) enthält eine derartige Vorrangstellung der Betriebsstätte (feste Niederlassung) gegenüber dem Sitz nicht. Diese stehen vielmehr auf einer Stufe. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 43 MwStSystRL) hat der Sitz des Unternehmens bei sonstigen Leistungen als umsatzsteuerlicher Anknüpfungspunkt grds. Vorrang vor der Betriebsstätte. Die Betriebsstätte kommt nur dann als Anknüpfungspunkt in Betracht, „wenn die Anknüpfung an den Sitz des Unternehmens nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führt oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hat” (vgl. 168/84, Berkholz, UR 1985 S. 226; v. - Rs. C-231/94, Faaborg-Gelting Linien, BStBl 1998 II S. 282, und v. - Rs. C-390/96, Lease Plan NWB MAAAA-96696). Unter dem Gesichtspunkt „steuerlich sinnvolle Lösung” hat der EuGH u. E. zutreffend entschieden, bei sonstigen Leistungen eines Reiseveranstalters, der von einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen festen Niederlassung aus Reiseleistungen erbringt, an diese Niederlassung (und nicht dem Sitz) anzuknüpfen (, DFDS, UR 1997 S. 179).

In Anwendung der o. a. EuGH-Rechtsprechung ist der BFH dazu übergegangen, § 3a Abs. 1 UStG – entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift im UStG– nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 43 MwStSystRL) richtlinienkonform auszulegen und den Unternehmenssitz als vorrangigen Anknüpfungspunkt bei der Ortsbestimmung für sonstige Leistungen anzusehen (, BStBl 1999 II S. 108, und NWB BAAAA-63678; vgl. hierzu Lange, UR 1999 S. 149; kritisch Schlienkamp, UR 1997 S. 117 und kritisch Vellen, Umsatzsteuer-Kongress-Bericht 1999/2000 S. 13, 46 ff.). Die Verwaltung hat sich der Rechtsauffassung des BFH durch Übernahme der Rechtsprechung in Abschn. 33 Abs. 1 Satz 11 UStR 2000 zwar zunächst angeschlossen, dies aber durch BMF-Schreiben später wieder zurückgenommen (, BStBl 2002 I S. 288). Damit hält die Verwaltung – entgegen dem BFH – am Vorrang der Betriebsstätte vor dem Sitz fest.

Eine Legaldefinition der Betriebsstätte fehlt im UStG. Im – zwischenzeitlich aufgehobenen – Abschn. 33 Abs. 1 Satz 4 UStR 2000 wurde auf § 12 AO verwiesen. Nach dieser Vorschrift ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (vgl. Beispiele in § 12 Abs. 2 AO). Die dem § 3a Abs. 1 UStG zugrunde liegende gemeinschaftsrechtliche Vorschrift in Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 43 MwStSystRL) verwendet statt des Begriffs „Betriebsstätte” den Begriff „feste Niederlassung”, allerdings auch ohne weitere Definition. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL = Art. 43 MwStSystRL (vgl. 168/84, Berkholz, UR 1985 S. 226; , Faaborg-Gelting Linien, BStBl 1998 II S. 282, und , Lease Plan NWB MAAAA-96696) liegt eine feste Niederlassung nur vor, „wenn die Niederlassung den erforderlichen Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln aufweist, einen hinreichenden Grad an Beständigkeit hat und beides zusammen eine autonome Erbringung der entsprechenden sonstigen Leistungen ermöglicht”. Dies dürfte u. E. gegeben sein, wenn die feste Niederlassung über eine Anzahl von Beschäftigten verfügt, von ihr aus Verträge abgeschlossen werden können, die Rechnungslegung und Aufzeichnungen dort erfolgen und betriebliche Entscheidungen getroffen werden. Eine feste Niederlassung verneint hat der EuGH beim grenzüberschreitenden Leasing, wenn die Leasinggesellschaft im Mitgliedstaat des Leasings nicht über eigenes Personal verfügt; das Leasing alleine führt nicht zu einer festen Niederlassung (, ARO Lease, EuGHE 1997, I - 04383 NWB SAAAB-72630, und , Lease Plan NWB MAAAA-96696). In den anderen Entscheidungen zu Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 43 MwStSystRL) brauchte sich der EuGH mit der Frage der Betriebsstätte aufgrund des Vorrangs des Sitzes nicht auseinander zu setzen. Im Zusammenhang mit dem Vorsteuer-Vergütungsverfahren hat der EuGH den Niederlassungsbegriff im Hinblick auf die Tätigkeit von Speditionsunternehmen weiter konkretisiert. Diese Ausführungen sind u. E. auch bei der Bestimmung des Leistungsortes zu beachten. Für Speditionsunternehmen verlangt eine feste Niederlassung danach zumindest ein Büro, in dem die Verträge abgefasst und die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung getroffen werden können, und einen Stellplatz für die Transportfahrzeuge. Dagegen soll die bloße Zulassung der Transportfahrzeuge nicht auf eine feste Niederlassung im Zulassungsstaat hinweisen. Weiter soll eine feste Einrichtung, die nur dazu verwendet wird, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten vorzunehmen (z. B. Anwerben von Personal oder Ankauf von für die Durchführung der Unternehmertätigkeit erforderlichen Sachmitteln) keine feste Niederlassung sein (, Planzer Luxemburg Sàrl NWB ZAAAC-53756). Es bestehen Bedenken, ob der AO-rechtliche Begriff „Betriebsstätte” und der gemeinschaftsrechtliche Begriff „feste Niederlassung” immer deckungsgleich sind. Sollten Diskrepanzen auftreten, ist der Begriff „Betriebsstätte” im UStG unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 43 MwStSystRL) richtlinienkonform auszulegen. Dieser Auffassung folgt nunmehr auch die Verwaltung. Sie hat Abschn. 33 Abs. 1 Satz 4 UStR 2000 zwischenzeitlich aufgehoben (, BStBl 2002 I S. 288) und sich damit hinsichtlich des Begriffs der „Betriebsstätte” im UStG von der Bestimmung in § 12 AO gelöst.

Beispiele für unter § 3a Abs. 1 UStG fallende sonstige Leistungen enthält Abschn. 33 Abs. 4 UStR. Daneben sind die tierärztlichen Leistungen (, Linthorst, UR 1997 S. 217), die Tätigkeit als Schiedsrichter bei Streitigkeiten (, von Hoffmann NWB NAAAB-72581) und die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker und Vermögensverwalter – auch wenn diese Tätigkeit von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ausgeübt wird – (, BStBl 2003 II S. 734 und v. - V R 62/05, BStBl 2008 II S. 900) sowie die Tätigkeit als Nachlasspfleger (, BStBl 2008 II S. 900) zu nennen. Auch nach der EuGH-Rechtsprechung bestimmt sich der Leistungsort eines Testamentsvollstreckers nach § 3a Abs. 1 UStG (, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Bundesrepublik Deutschland NWB RAAAC-66062). Der Leistungsort der einheitlichen Leistung einer „bankmäßigen Vermögensverwaltung” richtet sich nach Auffassung der Verwaltung nach § 3a Abs. 1 UStG, vgl. Tz. 72, b, (6).

Der Leistungsort von Restaurationsleistungen im Zusammenhang mit Reiseleistungen (als Reisevorleistungen, als Eigenleistungen oder im Rahmen von Kettengeschäften) bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG ( NWB QAAAC-44379 einschließlich Ausführungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, wenn Mitgliedstaaten entgegen der EG-rechtlichen Vorgabe die Margenbesteuerung auch auf Reiseleistungen zwischen Unternehmern anwenden). Diese Auffassung hat allerdings nach dem (NWB TAAAD-17979) keinen Bestand mehr. Danach handelt es sich bei der Verpflegung von Hotelgästen (auch Halb- oder Vollpension) um eine Nebenleistung zur Übernachtungsleistung, die als Teil der Gesamtleistung am Belegenheitsort des Hotels nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG steuerbar ist (Tz. 69). Dies gilt auch dann, wenn es sich um Leistungen eines Reiseorganisators gegenüber anderen Unternehmern handelt. Damit entfällt die Problematik der Doppelbesteuerung in diesen Fällen.

Außerdem ist der Sitzort des Unternehmers der Leistungsort bei der Vermietung von Beförderungsmitteln, da diese sonstige Leistung von der Regelung nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 11 UStG ausdrücklich ausgenommen ist (Ausnahme: § 1 UStDV findet Anwendung, Abschn. 42 Abs. 3 UStR, vgl. Tz. 74). Als Beförderungsmittel sind Gegenstände anzusehen, deren Hauptzweck auf die Beförderung von Personen und Gütern gerichtet ist und die sich auch tatsächlich fortbewegen (Abschn. 33a Abs. 2 UStR). Zu den Beförderungsmitteln gehören auch Auflieger, Sattelanhänger und Fahrzeuganhänger (vgl. , UR 1999 S. 263), ebenso Elektro-Caddywagen, Transportbetonmischer, Boote, Sport- und Segelflugzeuge, Wohnmobile und Wohnwagen (vgl. dazu jedoch: Abschn. 34 Abs. 4 UStR). Keine Beförderungsmittel sind dagegen z. B. Bagger, Planierraupen, Kräne, Transportbänder, Gabelstapler, Elektrokarren, Rohrleitungen, Schwimmrammen, Container, militärische Kampffahrzeuge und -flugzeuge (ausgenommen Versorgungsfahrzeuge). Die Überlassung von betrieblichen Kraftfahrzeugen durch Arbeitgeber an ihre Arbeitnehmer zur privaten Nutzung sowie die Überlassung eines Rundfunk- und Fernsehübertragungswagens oder eines sonstigen Beförderungsmittels inländischer und ausländischer Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts untereinander gelten ebenfalls als Vermietung von Beförderungsmitteln (, BStBl 2001 I S. 489). Zur Vercharterung einer Segel- oder Motorjacht mit Besatzung bei nicht festgelegter Route vgl. Abschn. 33a Abs. 4 UStR. Mit der Überlassung des Netzes für die Strom- oder Gasdurchleitung erbringt der jeweilige Netzbetreiber eine sonstige Leistung (keine Beförderungsleistung, da der Leistende kein Beförderungsmittel einsetzt), deren Leistungsort sich nach § 3a Abs. 1 UStG richtet ( NWB GAAAA-79380). Der Rat hat aber am die RL 2003/92/EG zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich der Vorschriften über den Ort der Lieferung von Gas und Elektrizität verabschiedet (ABl EU Nr. L 260/2003 S. 8), die zum in nationales Recht umgesetzt wurde (s. auch Tz. 59). Durch die Richtlinie und die entsprechende nationale Vorschrift wird u. a. bestimmt, dass der Zugang zu diesen Fernleitungsnetzen, die Übertragungs- und Fernleitungsleistungen selbst und damit unmittelbar verbundene sonstige Leistungen ab dem in den Anwendungsbereich von § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 UStG fallen (Tz. 72).

Komplexe Leistungen im Bereich der Müllbeseitigung (Einsammeln, Sortieren, Befördern, Beseitigen von Abfällen) fallen – zumindest, wenn sie grenzüberschreitend erbracht werden – unter die Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 1 UStG (, Kommission/Frankreich NWB VAAAB-79453). Die Verwaltung geht demgegenüber offensichtlich davon aus, dass sich der Leistungsort in diesen Fällen grds. nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG bestimmt (vgl. NWB SAAAB-92592 und NWB QAAAD-19308). Der Ort der Ausführung von Entsorgungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwertung von Verkaufsverpackungen bestimmt sich nur in Ausnahmefällen (Abschluss einer sog. Markenrechts- bzw. Zeichennutzungsvereinbarung ohne gleichzeitige Übernahme der Entsorgungsverpflichtung) nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 1 UStG. In den übrigen Fällen liegt entweder eine Leistung eigener Art vor, die in der abstrakten Übernahme der Entsorgungsverpflichtung besteht und deren Ort sich nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt, oder eine einheitliche Entsorgungsdienstleistung, die als Nebenleistung die Nutzung des Markenrechts bzw. -zeichens beinhaltet und insgesamt unter die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG fällt ( NWB MAAAD-19305). Auch die Leistungen bei der Güteüberwachung von Mineralstoffen im Straßenbau (Bündel aus Materialprüfungen, Begutachtungen für den Straßenbau, Lagerstättenuntersuchungen, allgemeinen Ingenieurleistungen und fachbezogenen Beratungen) sind als einheitliche sonstige Leistung eigener Art zu behandeln, deren Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG zu bestimmen ist (, UR 2003 S. 359). Die Vermietung eines Flugsimulators ist keine Vermietung eines beweglichen körperlichen Gegenstands i. S. des § 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG ( NWB YAAAB-24319). Die Frage, ob diese Leistung unter § 3a Abs. 1 UStG oder § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. Tz. 69) fällt, lässt der BFH in der Entscheidung allerdings ausdrücklich offen, da im Streitfall beide Vorschriften zum gleichen Besteuerungsort führt. Die Gesamtkonzeption einer Ferienanlage einschließlich der Feststellung der Rahmenbedingungen (Ausstattung, Vertrieb, Betriebsführung, Transportwege, Finanzierung usw.) ist keine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, sondern fällt unter § 3a Abs. 1 UStG ( NWB VAAAB-44204). Die Leistungen eines Bestattungsunternehmers im Zusammenhang mit einer Überführung ins Drittland (Beschaffung des Sargs und dessen Ausstattung, Einsargung, Inlandstransport, Überführung ins Ausland einschließlich der Abwicklung der erforderlichen Formalitäten) sind bis zur Einsargung des Leichnams selbständig zu beurteilende Leistungen (und keine Nebenleistungen zur Transportleistung), die vom Dienstleistungselement bestimmt sind und deren Leistungsort sich nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt. Der Beurteilung als selbständige Leistung steht nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige Leistungen nicht oder nur zum Teil gesondert abrechnet ( NWB VAAAB-55295). Die Besorgung einer im Inland nicht steuerbaren Leistung (hier: Besorgung von ausländischen Warenterminkontrakten) ist unter den Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 UStG im Inland steuerbar, wenn neben der eigentlichen Besorgung weitere Leistungen von wirtschaftlichem Gewicht erbracht werden und die Leistungsfaktoren so ineinander greifen, dass eine eigenständige, nicht aufteilbare Leistung vorliegt ( NWB SAAAB-70219). Soweit sie eine einheitliche Dienstleistung darstellen, fallen sonstige Leistungen, die im Rahmen einer Bestattung erbracht werden, unter § 3a Abs. 1 UStG (Art. 4 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1 –, der mit Wirkung v. gilt; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257). Der Leistungsort der sonstigen Leistung „Abnahme von Strom” bei der Durchführung von Stromspotgeschäften (vgl. Tz. 61) bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG ( NWB AAAAC-43800).

Für Reisen in die Länder der GUS stellen sog. Referenzunternehmen (große Reisebüros oder Hotels) der Reiseländer eine Reisebestätigung (voucher) – sog Visabestätigung – aus. Hiermit verpflichten sie sich gegenüber den Touristen zur Erbringung vielfältiger Leistungen (z. B. Beistandsleistungen im Krankheitsfall). Der Ort für die Beistandsleistungen des Referenzunternehmens bestimmt sich gemäß § 3a Abs. 1 UStG nach dem Ort, von dem aus das Referenzunternehmen sein Unternehmen betreibt (vgl. , BStBl 2006 II S. 788; vgl. auch Tz. 65).

Liegt der Schwerpunkt der Leistung eines Abschleppunternehmers in dem Bergen eines Fahrzeugs (vgl. Tz. 10 b), richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG. Die Anwendung von § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG kommt nicht in Betracht (vgl. Tz. 70 b). Handelt es sich bei der Leistung eines Abschleppunternehmers um eine Leistung besonderer Art (vgl. Tz. 10 b), bei der weder das Bergen noch das Abschleppen für die Gesamtleistung prägend ist, richtet sich der Leistungsort ebenfalls nach § 3a Abs. 1 UStG (LFD Thüringen, Verfügung v. - S 7117 A NWB GAAAD-02893).

Tz. 69 Belegenheitsort eines Grundstücks

§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG

Eine sonstige Leistung (einschließlich Werkleistung) im engen Zusammenhang mit einem Grundstück (auch Meeresboden) wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Diese Ortsregelung geht der Regelung in § 3a Abs. 1 und 3 i. V. mit Abs. 4 UStG – zumindest bis zum aufgrund der eindeutigen Vorschrift in § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG – vor. § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG ist durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) mit Wirkung vom ersatzlos gestrichen worden. Zu den Auswirkungen dieser Änderung vgl. Tz. 72. § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG geht der Ortsregelung in § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG vor ( NWB UAAAC-50113). Zum Grundstück rechnen auch seine wesentlichen Bestandteile (§ 94 BGB). Der Belegenheitsort ist ferner maßgebend für sonstige Leistungen an Scheinbestandteilen (§ 95 BGB) im engen Zusammenhang mit einem Grundstück, jedoch nicht für sonstige Leistungen am Zubehör (§ 97 BGB). Die sonstige Leistung steht in einem engen Zusammenhang mit einem Grundstück, wenn sie sich nach den tatsächlichen Umständen überwiegend auf die Bebauung, Verwertung, Nutzung oder Unterhaltung des Grundstücks selbst bezieht. Die Frage, wann eine sonstige Leistung „im Zusammenhang” mit einem Grundstück erbracht wird, ist durch die EuGH-Rechtsprechung geklärt ( NWB QAAAA-67143).

Unter die Vorschrift fallen insbesondere sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 UStG bezeichneten Art (also auch die dort ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommenen sonstigen Leistungen), sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken, sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken dienen, sowie die Begutachtung von Grundstücken. In engem Zusammenhang mit einem Grundstück steht auch die Vermittlung von Vermietungen von Grundstücken, Wohnungen, Ferienhäusern, Hotelzimmern. Weitere Beispiele enthält Abschn. 34 UStR. Zur Vermietung eines Flugsimulators und zur Gesamtkonzeption einer Ferienanlage vgl. Tz. 68.

Die Einräumung der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei in Form einer entgeltlichen Übertragung von Fischereikarten stellt eine Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dar (NWB JAAAC-09453).

Bei der Überlassung von Standflächen auf Messen und Ausstellungen durch die Veranstalter an die Aussteller bzw. zwischengeschaltete Durchführungsgesellschaften handelt es sich um sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (vgl. auch , BStBl 1995 II S. 151, und NWB OAAAA-70634). Auch die weiteren vom Veranstalter erbrachten sonstigen Leistungen sind entweder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück oder können als solche angesehen werden (vgl. Abschn. 34a Abs. 2 Satz 2 UStR 2005). Der , Gillan Beach Ltd. NWB VAAAB-83172) hat dann aber entschieden, dass eine umfassende Leistung, die der Veranstalter einer Messe oder Ausstellung den Ausstellern gegenüber erbringt, unter Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der 6. EG-RL = Art. 52 Buchst. a MwStSystRL (= § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStGOrt der tatsächlichen Tätigkeit) fällt. Mit „umfassender Leistung” ist offensichtlich eine einheitliche Leistung gemeint, die sich aus verschiedenen Einzelleistungen zusammensetzt, die alle für sich genommen nicht so herausragen, dass sie der Gesamtleistung das Gepräge geben können. Im Übrigen ist zu beachten, dass das EuGH-Urteil nur das Erbringen eines Leistungsbündels betrifft. Erbringen daher Aussteller ihre Leistungen einzeln, dürfte der Leistungsort weiter nach der Belegenheit des Grundstücks zu bestimmen sein. Dem folgt nun die Verwaltung in den UStR 2008. Werden vom Veranstalter neben der Überlassung von Standflächen weitere Leistungen an die Aussteller erbracht und handelt es sich dabei um eine einheitliche Leistung, ist diese sonstige Leistung als ähnliche Tätigkeit nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG anzusehen, so dass sich der Leistungsort nach dem Tätigkeitsort bestimmt (Abschn. 34a Abs. 2 Satz 1 und 2 UStR). Auch der BFH wendet das EuGH-Urteil nur auf komplexe, eine Vielzahl verschiedenster Dienstleistungen umfassende Messeleistungen an; werden neben der Überlassung von Standplätzen nur unwesentliche Nebenleistungen (Stromversorgung, Reinigung, Musikdarbietungen) erbracht, sei die EuGH-Rechtsprechung nicht einschlägig (vgl. , BStBl 2009 II S. 60).

Werden die Leistungen vom Veranstalter als selbständige Leistungen einzeln (Abschn. 34a Abs. 3 UStR) oder von einem anderen Unternehmer als dem Veranstalter (Abschn. 34a Abs. 6 UStR) erbracht, ist zu differenzieren. Zum Ort der sonstigen Leistungen bei Messen und Ausstellungen vgl. im Einzelnen Abschn. 34a UStR. An der Beurteilung des Erstellens und Betreuens von Messeständen als Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück ändert sich auch aufgrund des , Flanders Expo SA NWB CAAAB-72819, nichts. In dem entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob als Leistungen auf dem Gebiet der Werbung auch Leistungen anzusehen sind, die dem Werbetreibenden mittelbar über einen Dritten erbracht werden, der sie wiederum dem Werbetreibenden berechnet, und ob diese Bestimmung anwendbar ist, wenn der Werbetreibende keinen Gegenstand herstellt, in dessen Preis die Kosten der erbrachten Leistung eingehen. Bei den in Rede stehenden Leistungen handelte es um die Errichtung von zwei Messeständen, deren Reinigung während der Ausstellung und die Bereitstellung von Personal für den Materialtransport umfassten. Das vorlegende Gericht unterstellte hierbei, dass es sich bei den genannten Leistungen um Werbeleistungen handelt. Der EuGH hat sich bei der Beantwortung der Vorlagefrage streng an die Vorlagefrage gehalten und ist nicht darauf eingegangen, ob es sich bei diesen Leistungen tatsächlich um Werbeleistungen handelt. Er hat aber seine Zweifel deutlich gemacht, dass die durch das vorlegende Gericht vorgenommene Qualifizierung tatsächlich zutrifft (Tz. 15). Aus dem EuGH-Urteil folgt deshalb nicht, dass das Erstellen und Betreuen von Messeständen eine Werbeleistung ist (so auch Huschens, UVR 2009 S. 126); dies bestätigt auch das später ergangene o. g. , Gillan Beach Ltd. NWB VAAAB-83172, aus dem sich jedenfalls konkludent ergibt, dass die Veranstaltung einer Messe keine Leistung auf dem Gebiet der Werbung ist.

Bei der Verpflegung von Hotelgästen (auch Halb- oder Vollpension) handelt es sich um eine Nebenleistung zur Übernachtungsleistung, die als Teil der Gesamtleistung am Belegenheitsort des Hotels nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG steuerbar ist. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Leistungen eines Reiseorganisators gegenüber anderen Unternehmern handelt ( NWB TAAAD-17979).

Baut ein Unternehmer die ihm vom Empfänger seiner Dienstleistung sämtlich zur Verfügung gestellten Teile einer Maschine nur zusammen, ist diese Leistung eine sonstige Leistung. Werden die zusammengebauten Gegenstände Bestandteil eines Grundstücks, bestimmt sich der Ort nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (Art. 3 Abs. 2 und Art. 5 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1 –, die mit Wirkung v. gelten; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257).

Tz. 70 Ort der Tätigkeit

§ 3a Abs. 2 Nr. 3 UStG

Die nachstehend genannten sonstigen Leistungen werden – vorbehaltlich der Möglichkeit der Ortsverlagerung durch Verwenden einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei bestimmten Leistungen – dort ausgeführt, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird. Hierunter fallen nur Tätigkeiten, die in einem positiven Tun bestehen. Maßgebend ist dabei nicht, wo der Erfolg eintritt oder die sonstige Leistung sich auswirkt, sondern wo die entscheidenden Bedingungen zum Erfolg gesetzt werden. Diese Ortsregelung geht der Regelung in § 3a Abs. 1 und 3 i. V. mit Abs. 4 UStG – zumindest bis zum aufgrund der eindeutigen Vorschrift in § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG – vor. § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG ist durch das StVergAbG mit Wirkung v. ersatzlos gestrichen worden. Zu den Auswirkungen dieser Änderung vgl. Tz. 72.

a) Kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen


Der Tätigkeitsort ist maßgebend für die jeweilige (einzelne) kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistung einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistung unerlässlich sind. Auf die Nationalität oder den Wohnsitz des leistenden Unternehmers kommt es nicht an. So sind z. B. im Inland ansässige Artisten mit ihren Darbietungen, Berufssportler mit ihrer Teilnahme an Veranstaltungen, Professoren mit ihren Vorträgen nicht steuerbar, soweit sie im Ausland auftreten. Steuerbar sind z. B. jeweils im Ausland ansässige Dirigenten mit Soloauftritten im Inland, Filmschauspieler oder Quizmaster als Gäste in einer deutschen Fernsehsendung mit Live-Charakter, Schriftsteller mit Vorlesungen im Inland, die Erstellung eines wissenschaftlichen Gutachtens im Inland, wenn es nach seinem Zweck keine konkrete Entscheidungshilfe für den Auftraggeber darstellt, also keine Beratungsleistung (§ 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG) ist (vgl. Abschn. 36 Abs. 4 UStR). Bei der Übertragung von Nutzungsrechten an Urheberrechten und ähnlichen Rechten wird der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 1 UStG bestimmt (vgl. Abschn. 36 Abs. 3 UStR).

Der , Dudda, BStBl 1998 II S. 313; s. hierzu , BStBl 1998 I S. 579) hat entschieden, dass tontechnische Leistungen, die im Zusammenhang mit künstlerischen oder unterhaltenden Leistungen i. S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-RL = Art. 52 MwStSystRL (= § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG) unerlässlich sind, selbst unter Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-RL (= Art. 52 MwStSystRL) fallen. Schließlich ist § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG durch das StBereinG 1999 ergänzt worden („sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind”), vgl. Langer, DB 2000 S. 244. Die Voraussetzung, dass diese mit der Haupttätigkeit zusammenhängenden Tätigkeiten für diese „unerlässlich” sein müssen, geht über den Wortlaut der Richtlinienvorschrift hinaus, entspricht aber dem Tenor des EuGH-Urteils. Darüber hinaus ist – entsprechend der Vorgabe der 6. EG-RL/MwStSystRL – neben dem Begriff „künstlerisch” auch der Begriff „kulturell” eingefügt worden. Hierdurch ergeben sich jedoch keine Auswirkungen, da die kulturellen Tätigkeiten bisher bereits unter den Begriff „künstlerisch” subsumiert wurden. Unter Berücksichtigung der Grundsätze der o. g. EuGH-Rechtsprechung fällt nach Auffassung von Beiser (UVR 2004 S. 48) auch die Tätigkeit von Sporttrainern, die Sportler auf deren weltweiten Tourneen begleiten und umfassend betreuen, in den Anwendungsbereich von § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst a UStG. Dienstleitungen, die darin bestehen, der Allgemeinheit gegen Entgelt die Benutzung lizenzierter Geldspielautomaten zu ermöglichen, die in Spielhallen eines Mitgliedstaats aufgestellt sind, sind als Tätigkeiten auf dem Gebiet der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten i. S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der 6. EG-RL = Art. 52 Buchst. a MwStSystRL (= § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst a UStG) anzusehen, so dass der Ort dieser Leistungserbringung der Ort ist, an dem sie tatsächlich bewirkt werden (, RAL NWB BAAAB-72828).

Eine umfassende Leistung, die der Veranstalter einer Messe oder Ausstellung den Ausstellern gegenüber erbringt, fällt – entgegen den Aussagen in Abschn. 34a UStR 2005 (vgl. Tz. 69) – hinsichtlich der Ortbestimmung unter § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG (, Gillan Beach Ltd. NWB VAAAB-83172). Mit „umfassender Leistung” ist offensichtlich eine einheitliche Leistung gemeint, die sich aus verschiedenen Einzelleistungen zusammensetzt, die alle für sich genommen nicht so herausragen, dass sie der Gesamtleistung das Gepräge geben können. Zu beachten ist aber, dass das EuGH-Urteil nur das Erbringen eines Leistungsbündels betrifft. Erbringen daher Aussteller ihre Leistungen einzeln, dürfte der Leistungsort weiter nach der Belegenheit des Grundstücks zu bestimmen sein (vgl. Tz. 69). Die Verwaltung trägt dem EuGH-Urteil in Abschn. 34a UStR nunmehr Rechnung. Auch der BFH wendet das EuGH-Urteil nur auf komplexe, eine Vielzahl verschiedenster Dienstleistungen umfassende Messeleistungen an; werden neben der Überlassung von Standplätzen nur unwesentliche Nebenleistungen (Stromversorgung, Reinigung, Musikdarbietungen) erbracht, sei die EuGH-Rechtsprechung nicht einschlägig (vgl. , BStBl 2009 II S. 60).

Für Unternehmer (Tournee-Veranstalter, örtliche Veranstalter, Konzertdirektionen, Gastspieldirektionen o. Ä.), die die bezeichneten Tätigkeiten arrangieren und im eigenen Namen durchführen, gilt als Dienstleistungsort der Ort, an dem die Veranstaltungen jeweils stattfinden. Agenturen, die Künstler usw. oder Gastspiele lediglich vermitteln, führen dagegen Vermittlungsleistungen i. S. des § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG aus (vgl. Tz. 71).

b) Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände

Arbeiten (z. B. Werkleistungen – nicht aber Werklieferungen –, Sonderfälle der Leistung nach § 3 Abs. 10 UStG, vgl. Tz. 64, Entsorgungsleistungen – nicht aber komplexe Leistungen im Bereich der Müllbeseitigung, die unter die Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 1 UStG fallen, vgl. Tz. 68, – und Wartungsleistungen) an beweglichen körperlichen Gegenständen (z. B. Anlagen, Maschinen, Pkw) sowie die Begutachtung dieser Gegenstände (z. B. durch Kraftfahrzeugsachverständige) werden grds. an dem Ort der Tätigkeit ausgeführt (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG). Bei den Arbeiten muss es sich um „lediglich körperliche Eingriffe” in die beweglichen körperlichen Gegenstände handeln, die „grds. nicht wissenschaftlicher oder intellektueller Natur” sind. Deshalb unterliegen die tierärztlichen Leistungen nicht der Besteuerung am Tätigkeitsort, sondern der Ortsregelung nach § 3a Abs. 1 UStG (vgl. Tz. 68). Bei der Begutachtung beweglicher Gegenstände durch Sachverständige hat § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG – zumindest bis zum aufgrund der eindeutigen Vorschrift in § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG – Vorrang vor § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 3 UStG, so dass es in diesen Fällen auf die Verhältnisse beim Leistungsempfänger nicht ankommt. § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG ist durch das StVergAbG mit Wirkung v. ersatzlos gestrichen worden. Zu den Auswirkungen dieser Änderung vgl. Tz. 72. Bei Werkleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (z. B. Reparaturen an einem Gebäude oder an Maschinen als wesentliche Bestandteile oder Scheinbestandteile eines Grundstücks) wird die Leistung am Belegenheitsort des Grundstücks erbracht (vgl. Tz. 69).

Der BFH hat dem EuGH zur Auslegung dieser Ortsregelung u. a. folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (, BStBl 2009 II S. 563; Az. beim EuGH: C-156/09):

  • Ist das einem Menschen entnommene Knorpelmaterial („Biopsat”), welches einem Unternehmer zum Zwecke der Zellvermehrung und anschließenden Rückgabe als Implantat für den betroffenen Patienten überlassen wird, ein „beweglicher körperlicher Gegenstand” im Sinne dieser Bestimmung?

  • Sind das Herauslösen der Gelenkknorpelzellen aus dem Knorpelmaterial und die anschließende Zellvermehrung „Arbeiten” an beweglichen körperlichen Gegenständen im Sinne dieser Bestimmung?

Die Verwaltung geht offensichtlich – entgegen dem , Kommission/Frankreich NWB VAAAB-79453 (vgl. Tz. 68) – weiterhin davon aus, dass sich der Leistungsort bei der Müllbeseitigung (Sammlung, Verwertung, Vermarktung und zum Teil auch weitere damit zusammenhängende Tätigkeiten – z. B. Transport –) grds. nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG bestimmt (vgl. NWB SAAAB-92592 und NWB QAAAD-19308). Der Ort der Ausführung von Entsorgungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwertung von Verkaufsverpackungen bestimmt sich nur in Ausnahmefällen (Abschluss einer sog. Markenrechts- bzw. Zeichennutzungsvereinbarung ohne gleichzeitige Übernahme der Entsorgungsverpflichtung) nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 1 UStG. In den übrigen Fällen liegt entweder eine Leistung eigener Art vor, die in der abstrakten Übernahme der Entsorgungsverpflichtung besteht und deren Ort sich nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt, oder eine einheitliche Entsorgungsdienstleistung, die als Nebenleistung die Nutzung des Markenrechts bzw. -zeichens beinhaltet und insgesamt unter die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG fällt ( NWB MAAAD-19305).

Erfolgt die Aufbereitung von sog. technischem Saatgut (vgl. Tz. 61) zum Zwecke der anschließenden Vermehrung durch Reinigen, Beizen, Sortieren und dgl. weder im Rahmen eines Vertriebsorganisationsvertrags (sog. VO-Vertrag) noch im Rahmen eines Vermehrervertrags durch die damit beauftragten Unternehmer selbst, sondern durch einen dritten Unternehmer, erbringt dieser mit der Aufbereitung eine sonstige Leistung, deren Ort sich nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG bestimmt (, BStBl 2006 I S. 240).

Liegt der Schwerpunkt der Leistung eines Abschleppunternehmers in dem Bergen eines Fahrzeugs (vgl. Tz. 10 b), richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG (vgl. Tz. 68). Die Anwendung von § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 1 UStG kommt nicht in Betracht. Hierzu wäre Voraussetzung, dass das Bergen als "Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen" anzusehen wäre. Dieser Begriff erfasst insbesondere Werkleistungen in Gestalt der Bearbeitung oder Verarbeitung von beweglichen Gegenständen. Grds. ist hierzu eine Veränderung des beweglichen körperlichen Gegenstands erforderlich. Das Bergen eines Fahrzeugs, das ein beweglicher körperlicher Gegenstand i. S. des § 90 BGB ist, ist keine derartige Leistung, weil dadurch das Fahrzeug nicht körperlich verändert wird. Handelt es sich bei der Leistung eines Abschleppunternehmers um eine Leistung besonderer Art (vgl. Tz. 10 b), bei der weder das Bergen noch das Abschleppen für die Gesamtleistung prägend ist, richtet sich der Leistungsort ebenfalls nach § 3a Abs. 1 UStG. Wird ein liegen gebliebenes Fahrzeug durch den Betreiber einer Kfz-Werkstatt abgeschleppt und anschließend auch durch diesen in Stand gesetzt, ist die Reparaturleistung als Haupt- und das Abschleppen als Nebenleistung anzusehen. In diesem Fall bestimmt sich der Ort der einheitlichen Leistung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG. Bei Leistungen an ausländische Unternehmer kommt eine Ortsverlagerung in Betracht (s.u.). Das Gleiche gilt, wenn der Betreiber der Kfz-Werkstatt im eigenen Namen und auf eigene Rechung einen anderen Unternehmer mit dem Abschleppen beauftragt und die entstandenen Kosten zusammen mit dem Entgelt für die Reparatur weiterberechnet (LFD Thüringen, Verfügung v. - S 7117 A NWB GAAAD-02893).

Gem. § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und 3 UStG hat der Leistungsempfänger die Möglichkeit, den Leistungsort durch Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom Tätigkeitsort weg zu verlagern. Hierzu muss der Leistungsempfänger beim Leistungsbezug gegenüber dem leistenden Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat (als dem Tätigkeitsstaat) erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwenden (vgl. hierzu Tz. 79 und Sikorski, NWB F. 7 S. 6903). Macht der Leistungsempfänger von dieser Möglichkeit Gebrauch, gilt die sonstige Leistung nicht als im Tätigkeitsstaat, sondern als in dem Mitgliedstaat bewirkt, der dem Unternehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, unter der er die sonstige Leistung in Anspruch genommen hat. Die Möglichkeit der Ortsverlagerung durch Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gilt jedoch in diesen Fällen nicht, wenn der Gegenstand im Anschluss an die sonstige Leistung in dem Mitgliedstaat verbleibt, in dem der leistende Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig geworden ist. Das heißt, der Gegenstand der Be- oder Verarbeitung bzw. der Begutachtung muss wieder in den Mitgliedstaat, aus dem er kommt, zurückgelangen oder in einen anderen Mitgliedstaat oder das Drittland gelangen (vgl. Kraeusel, UVR 1995 S. 225 ff.).

Baut ein Unternehmer die ihm vom Empfänger seiner Dienstleistung sämtlich zur Verfügung gestellten Teile einer Maschine nur zusammen, ist diese Leistung eine sonstige Leistung. Außer in den Fällen, in denen die zusammengebauten Gegenstände Bestandteil eines Grundstücks werden, bestimmt sich der Ort nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG (Art. 3 Abs. 2 und Art. 5 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1 –, die mit Wirkung v. gelten; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257).

Tz. 71 Ort der Vermittlungsleistung

§ 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG

Eine Vermittlungsleistung wird nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG abweichend von § 3a Abs. 1 UStG grds. dort erbracht, wo der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. Der Begriff „Vermittlung” ist ein eigenständiger Gemeinschaftsbegriff. Danach handelt es sich bei der Vermittlung um eine selbständige sonstige Leistung, die im „Verhandeln mit beiden Parteien mit dem Ziel, einen Vertrag zustande zu bringen” besteht (, BStBl 1995 II S. 427; NWB ZAAAA-63550; , CSC Financial Services NWB BAAAB-72666; vgl. Tz. 62). Dabei ist es aber nicht notwendig, dass der Vermittler zu einer der beiden den Vertrag schließenden Parteien in einem Vertragsverhältnis steht und mit beiden Parteien unmittelbar in Kontakt tritt (, Volker Ludwig NWB PAAAC-49579). Zum Vermittlungsbegriff des EuGH s. auch Tz. 62. Die BFH-Rechtsprechung, nach der Vermittlungsleistung ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Vermittler einerseits und einem der Unternehmer, zwischen denen der Umsatz vermittelt wird, andererseits vorliegen muss und es nicht ausreicht, dass der Vermittler im Auftrag eines Dritten das Erforderliche veranlasst, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen (, BStBl 2003 II S. 958), ist damit überholt (, DStR 2008 S. 403). Abzustellen ist immer auf den Umsatz, den der Leistungsempfänger des Vermittlers bewirkt. Die Regelung ist nicht auf die Vermittlung innergemeinschaftlicher Umsätze beschränkt, sondern gilt grds. für alle Vermittlungsleistungen. Zur Abgrenzung zwischen Marketing und Werbung einerseits sowie Vermittlung andererseits vgl. NWB AAAAC-72111.

Beispiele:

Unternehmer U mit Sitz in Wien vermittelt die Lieferung einer Maschine im Auftrag des F in Deutschland an S in Spanien. Die Maschine wird von Deutschland nach Spanien befördert. Ort der Lieferung des F ist nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG Deutschland. Ort der Vermittlungsleistung ist nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG ebenfalls Deutschland.

Unternehmer U mit Sitz in Wien vermittelt im Auftrag des S die Lieferung einer Maschine durch F in Deutschland an S in Spanien. Die Maschine wird von Deutschland nach Spanien befördert. S verwirklicht einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Spanien (vgl. § 3d Satz 1 UStG). Ort der Vermittlungsleistung ist nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG ebenfalls Spanien, da für die Bestimmung des Leistungsorts der Vermittlung auf den durch den Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung bewirkten Umsatz (innergemeinschaftlicher Erwerb) abzustellen ist.

Kommt durch die Vermittlungsleistung kein Umsatz zustande, richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG, da die zur Bestimmung des Orts der Vermittlungsleistung notwendige vorrangige Bestimmung des Leistungsorts für den vermittelten Umsatz nicht möglich ist. Die Vermittlung einer nicht steuerbaren Leistung zwischen Nichtunternehmern wird allerdings an dem Ort erbracht, an dem die vermittelte Leistung ausgeführt wird (Abschn. 37 Abs. 2 UStR unter Hinweis auf das , Lipjes NWB IAAAB-79466). Dem EuGH-Urteil lag ein Fall zugrunde, in dem ein in den Niederlanden ansässiger Unternehmer für Rechnung einer in den Niederlanden ansässigen Privatperson den Kauf einer in Frankreich liegenden Yacht vermittelt hatte. Der Verkäufer war eine französische Privatperson. Die Vermittlungsleistung ist also nicht auf das Zustandekommen eines umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschs gerichtet. Nach der EuGH-Entscheidung bestimmt sich in diesem Fall der Ort der Vermittlungsleistung nach Art. 28b Teil E Abs. 3 der 6. EG-RL = Art. 44 MwStSystRL (= § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG). Die Vorschrift sei nicht so auszulegen, dass sie nur Vermittlungsleistungen betrifft, deren Empfänger ein Unternehmer oder eine nicht umsatzsteuerpflichtige juristische Person ist. Die Vorschrift findet demnach auch Anwendung bei der Vermittlung von Verkäufen zwischen Privatpersonen. Der Ort des Vermittlungsumsatzes ist demnach dort, wo der betreffende vermittelte „Umsatz” ausgeführt wird. Für die Bestimmung des Orts, an dem der der Vermittlungsleistung zugrunde liegende Umsatz ausgeführt worden ist, ist nach der EuGH-Entscheidung Art. 28b Teile A und B der 6. EG-RL (= Art. 33 f. und 40 f. MwStSystRL) heranzuziehen. Dabei geht der EuGH offensichtlich davon aus, dass der Käufer im vorliegenden Fall einen innergemeinschaftlichen Erwerb tätigt.

Verwendet der Empfänger der Vermittlungsleistung (Auftraggeber) gegenüber dem Vermittler eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat (als dem, in dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird) erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, gilt die Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG in dem Mitgliedstaat als ausgeführt, der diese Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ausgegeben hat (vgl. hierzu Tz. 79 und Sikorski, NWB F. 7 S. 6903 NWB EAAAC-43628). Der Leistungsempfänger der Vermittlungsleistung hat hierdurch die Möglichkeit, den Leistungsort zu verlagern. Dies gilt allerdings nur, wenn der vermittelte Umsatz nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG in einem Mitgliedstaat (nicht Drittland) bewirkt wird, da § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG ausdrücklich die Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats verlangt. Kommt durch die Vermittlungsleistung kein Umsatz zustande, findet auch § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 UStG keine Anwendung, da dieser seinerseits voraussetzt, dass die Ortsbestimmung ansonsten nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG erfolgen würde. Es bleibt insoweit bei der Leistungsortbestimmung nach § 3a Abs. 1 UStG.

§ 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt als allgemeine Regelung nicht für die Vermittlung von innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen und die damit zusammenhängenden (selbständigen) Nebentätigkeiten. Der Ort dieser Leistungen ist in § 3b Abs. 5 und 6 UStG geregelt (Tz. 81). Die Vorschrift gilt ebenfalls nicht für die Vermittlung der in § 3a Abs. 4 UStG genannten Leistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 10 UStG). Der Ort der Leistung bestimmt sich in diesen Fällen nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 UStG bzw. nach § 3a Abs. 1 UStG und ggf. § 1 UStDV. Schließlich ist der Ort einer Vermittlungsleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dort, wo das Grundstück liegt (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG); § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG geht insoweit der Ortsregelung in § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG vor ( NWB UAAAC-50113).

Tritt der Reisende von dem Reisevertrag zurück und schreibt der Reiseveranstalter dem Reisebüro einen Teil der Stornogebühren gut (Stornoprovision), handelt es sich um das Entgelt für die Leistung des Reisebüros, die als Vermittlungsleistung anzusehen ist und deshalb unter die Ortsregelung nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG fällt, auch wenn der Hauptzweck der Tätigkeit des Reisebüros (Vermittlung der Reise) nicht erreicht wurde (LFD Thüringen, Verfügung v. - S 7419 A, UR 2008 S. 237).

Vgl. zum Ort der Vermittlungsumsätze bei Nichtunternehmern Petzold, UR 2004 S. 461, zum Ort der Vermittlungsleistung Reiß, UR 2005 S. 593, zur Vermittlung von „Nichtumsätzen” Weimann, UStB 2006 S. 26 und generell zum Ort der Vermittlungsleistung Korf, UVR 2009 S. 153.

Tz. 72 Ort des Leistungsempfängers

§ 3a Abs. 3 und 4 UStG

In bestimmten Fällen ist als Ort der sonstigen Leistung – abweichend von § 3a Abs. 1 UStG – der Ort anzusehen, an dem der Leistungsempfänger ansässig ist. Hierfür müssen persönliche und sachliche Voraussetzungen gegeben sein.

a) Persönliche Voraussetzungen

Ist der Empfänger einer der in § 3a Abs. 4 UStG (vgl. Tz. 72, b) bezeichneten Leistungen ein Unternehmer und ist die Leistung für sein Unternehmen bestimmt, wird sie dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 3 Satz 1 UStG). Ist die sonstige Leistung ausschließlich oder überwiegend für die Betriebsstätte des Unternehmers bestimmt (vgl. Abschn. 38 Abs. 2–4 UStR), ist Leistungsort stattdessen der Ort der Betriebsstätte (§ 3a Abs. 3 Satz 2 UStG). Zur Auslegung des Begriffs „Betriebsstätte” gelten hier u. E. die Ausführungen in Tz. 68 entsprechend, obwohl alle bisherigen EuGH-Entscheidungen nur die Betriebsstätte des leistenden Unternehmers (und nicht die des Leistungsempfängers) betreffen. Zum Einkauf von Beratungsleistungen über eine Betriebsstätte im Ausland und zur Auslegung des § 3a Abs. 3 Satz 2 UStG vgl. auch Schreib, UR 2007 S. 437. Ob eine Leistung für das Unternehmen vorliegt, ergibt sich aus der Zuordnungsentscheidung durch den Leistungsempfänger (vgl. hierzu Tz. 25 und 28, wobei die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei § 3a Abs. 3 und 4 UStG keine Rolle spielt). Überlässt z. B. ein im Drittlandsgebiet ansässiger Unternehmer einem im Inland ansässigen Unternehmer Know-how für dessen Unternehmen im Inland, wird der Umsatz im Inland ausgeführt und ist somit steuerbar.

Ist der Empfänger einer der in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten Leistungen kein Unternehmer und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittland, wird der Umsatz dort ausgeführt, wo der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat (§ 3a Abs. 3 Satz 3 UStG). Übernimmt z. B. ein im Inland ansässiger Unternehmer die Datenverarbeitung für den Hoheitsbereich einer im Drittland befindlichen juristischen Person des öffentlichen Rechts, wird die sonstige Leistung im Drittland ausgeführt; sie ist somit im Inland nicht steuerbar.

Ist der Empfänger einer der in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten Leistungen kein Unternehmer oder zwar Unternehmer, die Leistung jedoch nicht für sein Unternehmen bestimmt, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Gemeinschaftsgebiet (d. h. Inland oder anderer Mitgliedstaat, § 1 Abs. 2a UStG), wird der Umsatz dort ausgeführt, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (vgl. Abschn. 38 Abs. 1 Satz 3 und 38 Abs. 5 UStR). Insoweit verbleibt es bei der Regelung des § 3a Abs. 1 UStG. Eine Ausnahme enthält § 1 Abs. 1 UStDV (Tz. 74). Steuerbar ist z. B. die Beratungsleistung eines im Inland ansässigen Sachverständigen für eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Privatperson (auch öffentliche Hand).

Die ausdrückliche Regelung in den UStR 2000, dass in den Fällen, in denen die Bestimmung des Leistungsorts davon abhängt, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist, es darauf ankommt, dass die Leistung für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt ist, wurde in den UStR gestrichen. Fraglich ist, ob die Verwaltung nun davon ausgeht, dass in den Fällen der Ortbestimmung nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 UStG beim Bezug durch einen Unternehmer ungeachtet, ob er die Leistung für seinen unternehmerischen oder privaten Bereich bezieht, immer von einer Verlagerung an den Ort auszugehen ist, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 3 UStG). Diese eindeutige Aussage treffen die UStR jedenfalls nicht (vgl. hierzu Korn, UR 2006 S. 309).

Für diese Annahme spricht neben der Streichung der Regelung, dass die Bundesregierung im Rahmen ihrer Beteiligung an dem u. g. EuGH-Verfahren genau diese Auffassung vertreten hat (vgl. Monfort, DStR 2008 S. 2458); gegen diese Annahme spricht die Beibehaltung von Abschn. 38 Abs. 5 Satz 2 UStR, wonach eine in § 3a Abs. 4 UStG bezeichnete sonstige Leistung eines ausländischen Unternehmers an einen Unternehmer im Inland, der diese Leistung nicht für sein Unternehmen bezieht, im Inland nicht steuerbar ist. Klarheit in dieser Rechtsfrage bringt aber das NWB PAAAC-96008). In dem Urteil hat der EuGH entschieden, dass Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL und Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL dahin auszulegen sind, dass derjenige, der bei einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen Beratungsdienstleistungen in Anspruch nimmt und selbst gleichzeitig wirtschaftliche Tätigkeiten und außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinien liegende Tätigkeiten ausübt, als Steuerpflichtiger anzusehen ist, selbst wenn die Dienstleistungen nur für Zwecke der letztgenannten Tätigkeiten genutzt werden. In dem Verfahren ging es um eine durch einen Arbeitgeberverband und eine Gewerkschaft gegründete Stiftung schwedischen Rechts (= juristische Person). U. E. gelten die Urteilsgrundsätze aber auch bei natürlichen Personen (vgl. hierzu auch Monfort, DStR 2008 S. 2458). Damit besteht u. E. Klarheit, dass in den Fällen der Ortbestimmung nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 UStG beim Bezug durch einen Unternehmer ungeachtet, ob er die Leistung für seinen unternehmerischen oder privaten Bereich bezieht, immer von einer Verlagerung an den Ort auszugehen ist, an dem der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 3 UStG).

Eine eindeutige Regelung enthalten die UStR allerdings für die in § 3a Abs. 4 UStG genannten Leistungen, die sowohl für den unternehmerischen als auch privaten Bereich des Leistungsempfängers erbracht werden. Für diese ist der Leistungsort einheitlich nach § 3a Abs. 3 UStG zu bestimmen (Abschn. 38 Abs. 1 Satz 4 UStR).

Ergeben sich nach § 3a Abs. 2 und 3 UStG unterschiedliche Leistungsorte, hat § 3a Abs. 2 UStG (außer für die in § 3a Abs. 4 Nr. 10 UStG genannten Vermittlungsleistungen) – zumindest bis zum aufgrund der eindeutigen Vorschrift in § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG a. F. – Vorrang. Führt z. B. ein Ingenieur sonstige Leistungen für einen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer oder Nichtunternehmer aus, die im Zusammenhang mit einem Grundstück im Inland stehen, wird die Leistung am Ort des Grundstücks ausgeführt. § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG a. F. ist allerdings durch das StVergAbG mit Wirkung v. ersatzlos gestrichen worden. Nach der Gesetzesbegründung war § 3a Abs. 3 Satz 4 UStG lediglich deklaratorisch (zustimmend Weimann, UVR 2003 S. 314) und zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der ebenfalls zu diesem Zeitpunkt eingeführten neuen Regelung in § 3a Abs. 3a UStG (vgl. Tz. 73) aufzuheben. Die Auswirkung dieser Streichung wird aber im Schrifttum unterschiedlich bewertet. Nach Langer (DB 2003 S. 1187) war die Regelung nur von Bedeutung, wenn eine sonstige Leistung Leistungsmerkmale verschiedener Leistungen aufweist, die in § 3a Abs. 2 oder 3 UStG i. V. mit Abs. 4 UStG genannt sind. In diesem Fall muss der Unternehmer – sowohl nach alter als auch neuer Rechtslage – feststellen, welcher Leistungsinhalt der Leistung dass Gepräge gibt. Insoweit genügte es trotz der Vorrangstellung von § 3a Abs. 2 UStG nicht, dass ein Leistungsanteil unter § 3a Abs. 2 UStG fällt, um den Leistungsort nach dieser Vorschrift zu bestimmen. Zudem sieht auch das Gemeinschaftsrecht keine Vorrangstellung zwischen § 3a Abs. 2 und 3 UStG vor, so dass eine richtlinienkonforme Auslegung der gestrichenen Vorschrift zum gleichen Ergebnis geführt hätte, das jetzt ohne die Vorschrift erzielt wird. Der Auffassung (vgl. Schneider, StW 2003 S. 194), dass aufgrund der Streichung nunmehr § 3a Abs. 3 UStG dem § 3a Abs. 2 UStG vorgeht, kann u. E. aber nicht zugestimmt werden. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Streichung zu einer gewissen Unsicherheit führt. Jedenfalls war bisher klar, dass im o. g. Beispiel die Leistung dort zu besteuern war, wo das Grundstück belegen ist. Nach der Streichung erscheint dies u. E. nicht mehr ganz so offensichtlich. Es stellt sich nun im Einzelfall die Frage, welche Vorschrift als lex specialis vorgeht. In der Praxis werden sich schon bald Auslegungsfragen ergeben.

b) Sachliche Voraussetzungen

Der Sitzort des Leistungsempfängers kommt beim Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen nur dann als Ort der sonstigen Leistung in Betracht, wenn es sich um folgende – in § 3a Abs. 4 UStG – abschließend aufgeführte Leistungen handelt:


(1)

Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten. Diese sonstigen Leistungen ergeben sich u. a. aufgrund der in Abschn. 39 Abs. 1 UStR genannten Gesetze (vgl. auch Abschn. 39 Abs. 2 UStR). Hierunter fallen auch Leistungen beim Transfer von Fußballspielern (FinMin Sachsen, Erlass v. - S 7062, UVR 1999 S. 197), der Verkauf von „Ökopunkten” im Zusammenhang mit der Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen für die mit der Bebauung von Grundstücksflächen verbundenen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild ( NWB KAAAC-40418) und die Übertragung der Berechtigung i. S. des § 3 Abs. 4 TEHG (Befugnis, eine bestimmte Menge Treibhausgase emittieren zu dürfen) im Handel mit Emmissionszertifikaten (, BStBl 2005 I S. 494). Vgl. hierzu auch Sobotta, NWB F. 7 S. 6409 NWB KAAAB-44653, und Birgel, UVR 2005 S. 229. Zahlungen, die z. B. von sog. Vertriebsorganisationsunternehmen für die Überlassung von Vorstufen- oder Basissaatgut (vgl. Tz. 61) im Rahmen von Vertriebsorganisationsverträgen, d. h. zum Zweck der Produktion und des Vertriebs des daraus herzustellenden sog. Zertifizierten Saatguts, an den Inhaber des Sortenschutzes gezahlt werden (sog. Züchteranteile, Z-Lizenzen), sind insgesamt Entgelt („Lizenzgebühren”) für eine sonstige Leistung des Sortenschutzinhabers, welche in der Überlassung des Rechts, eine Saatgutsorte zu produzieren und zu vermarkten, und der Überlassung des hierzu erforderlichen Saatguts besteht; der Ort dieser nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung insgesamt als Dienstleistung zu beurteilenden Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 UStG (, BStBl 2006 I S. 240). Der Ort der Ausführung von Entsorgungsdienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwertung von Verkaufsverpackungen bestimmt sich nur in Ausnahmefällen (Abschluss einer sog. Markenrechts- bzw. Zeichennutzungsvereinbarung ohne gleichzeitige Übernahme der Entsorgungsverpflichtung) nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 1 UStG (OFD Frankfurt a.M., Verfügung v. - S 7117 A NWB MAAAD-19305); vgl. im Übrigen Tz. 68 und 70 Buchst. b. Die Erteilung des Rechts zur Fernsehübertragung von Fußballspielen durch in einem Drittland ansässige Organisationen an in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige fällt in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift (Art. 7 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1 –, der mit Wirkung v. gilt; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257).

(2)

Sonstige Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und Werbeagenturen (Beispiele enthält Abschn. 39 Abs. 3–8 UStR). Der Begriff „Werbung” ist weit auszulegen; allein der Charakter der Leistung ist maßgebend. Er gilt nicht nur für Leistungen auf dem Gebiet der Werbung, die der Dienstleistende einem umsatzsteuerpflichtigen Werbetreibenden unmittelbar erbringt und in Rechnung stellt, sondern auch für Leistungen, die dem Werbetreibenden mittelbar erbracht und einem Dritten in Rechnung gestellt werden, der sie dem Werbetreibenden berechnet (, SPI NWB KAAAB-72556). Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Werbetreibende selbst keine Ware oder Dienstleistung herstellt, in deren Preis die Kosten der Werbeleistung eingehen könnten (, Design Concept NWB CAAAB-72819). Dass die Leistung z. B. zunächst an eine Werbeagentur und dann an den Kunden geht, ist für die Einordnung beider Leistungen als Werbeleistungen unerheblich (, Athesia Druck NWB HAAAD-22006). Der Leistungsort ist dann grds. für jede Leistung gesondert zu bestimmen, so dass es allein auf den Leistenden und den Leistungsempfänger im konkreten Leistungsverhältnis ankommt (unerheblich sind also Umsätze, die zeitlich danach stattfinden). Die gewerbliche Ausrichtung von Veranstaltungen (z. B. Produktpräsentationen, Kongressveranstaltungen) können unter die Vorschrift fallen, wenn die Leistungen auf dem Gebiet der Werbung dem Leistungsbündel das Gepräge geben ( NWB HAAAA-86447).

(3)

Sonstige Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung (vgl. dazu Abschn. 39 Abs. 9–14 UStR). Entscheidend ist, dass die betreffenden Leistungen zu den Leistungen gehören, die hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen der ausgeführten Berufe erbracht werden. Allein die Tatsache, dass einem der bezeichneten Berufsträger wegen seiner berufsspezifischen Kenntnisse oft bestimmte Tätigkeiten übertragen werden, reicht nicht aus, wenn es sich dabei nicht um Leistungen handelt, die hauptsächlich und gewöhnlich von dem bezeichneten Beruf ausgeführt werden (, Linthorst, UR 1997 S. 217). Hierbei kann es bei der Erstellung von Gutachten zu Abgrenzungsproblemen kommen (vgl. Tz. 70). Nicht unter die Vorschrift fällt die Tätigkeit eines Hochschulprofessors als Schiedsrichter bei Streitigkeiten (, von Hoffmann NWB NAAAB-72581; vgl. Tz. 68) und die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker und Vermögensverwalter – auch wenn diese Tätigkeit von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ausgeübt wird – (, BStBl 2003 II S. 734 und v. 3. 4. 2008 - V R 62/05, BStBl 2008 II S. 900) sowie die Tätigkeit als Nachlasspfleger (, BStBl 2008 II S. 900). Auch nach der EuGH-Rechtsprechung bestimmt sich der Leistungsort eines Testamentsvollstreckers nicht nach § 3a Abs. 3 UStG i. V. mit Abs. 4 Nr. 3 UStG (, Kommission der Europäischen Gemeinschaft/Bundesrepublik Deutschalnd NWB RAAAC-66062).Dass mit der Testamentsvollstreckung unter Umständen auch in Bezug auf einzelne Maßnahmen eine beratende Leistung erforderlich sein kann, ist ohne Bedeutung, denn es genügt nicht schon, wenn die Leistungen eines Unternehmers auch Leistungen i. S. des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG umfassen, da § 3a Abs. 4 UStG voraussetzt, dass die bezeichneten Leistungen die Hauptleistung sind (, BStBl 1999 II S. 102). Mit „ähnlichen Leistungen” sind ausschließlich Leistungen gemeint, die irgendeiner (nicht aller) der in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Tätigkeiten ähnlich sind. Dies ist dann der Fall, wenn beide Tätigkeiten dem gleichen Zweck dienen (, von Hoffmann NWB NAAAB-72581). Zur Bestimmung des Leistungsorts bei einer „bankmäßigen Vermögensverwaltung” vgl. unten (6). Textübersetzungen fallen in den Anwendungsbereich der Vorschrift (Art. 6 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1 –, der mit Wirkung v. gilt; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799). Dies gilt auch für sonstige Leistungen, die in der Beantragung oder Vereinnahmung von Vorsteuervergütungsbeträgen nach der 8. RL bestehen (Art. 8 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. ; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799).

(4)

Datenverarbeitung (vgl. insbesondere zum Begriff „Datenverarbeitung” Abschn. 39 Abs. 15 UStR).

(5)

Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen, soweit diese sonstigen Leistungen nicht bereits unter § 3a Abs. 4 Nr. 1, 3 und 4 UStG fallen (vgl. Abschn. 39 Abs. 16 UStR). Unter den Begriff „Überlassung von Informationen” subsumiert die Verwaltung – bis zum – auch alle im elektronischen Geschäftsverkehr erbrachten sonstigen Leistungen (Dienstleistungen) einschließlich der Umsätze mit digitalisierten oder virtuellen Gütern. Durch das StVergAbG ist mit Wirkung v. für die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen ein neuer Tatbestand in § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG geschaffen worden, so dass ab diesem Zeitpunkt § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG für diese Leistungen nicht mehr einschlägig ist. Dies gilt auch für die Überlassung von Standard- oder Individual-Software per Modem oder Internet. Die Ortsregelung gilt aber weiterhin für die Überlassung nicht standardisierter Software (Individual-Software), die speziell nach den Anforderungen des Anwenders erstellt wird, oder die eine vorhandene Software den Bedürfnissen des Anwenders individuell anpasst, sofern diese auf nicht elektronischem Weg (z. B. auf einem Datenträger) übermittelt wird. Die Überlassung von Individual-Software kann in Ausnahmefällen eine sonstige Leistung i. S. des § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG sein, wenn die Hauptleistung in der Einräumung eines Verwertungsrechts besteht. Normalerweise besteht die Hauptleistung aber in der Programmerstellung selbst und der Überlassung von Software zur Benutzung und damit nicht in der Einräumung eines Verwertungsrechts (, BStBl 2002 II S. 114; NWB TAAAA-79393; Karte 14, DB 2003 S. 2359; vgl. zur Abgrenzung, in welchen Fällen die Übertragung der Verwertungsrechte als leistungsbestimmend anzusehen ist, NWB JAAAC-38782). Der Verkauf von Standard-Software auf Datenträgern und von Updates auf Datenträgern fällt als Lieferung von Gegenständen nicht unter die Regelung in § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Umsätze mit Software ist aber ein neues EuGH-Urteil zu beachten (, Levob Verzekeringen BV, OV Bank NV NWB AAAAB-79447), aus dem sich Folgendes ergibt:

Bei einem Umsatz, bei dem ein Steuerpflichtiger einem Verbraucher eine zuvor entwickelte und in den Verkehr gebrachte, auf einem Datenträger gespeicherte Standard-Software überlässt und anschließend an die besonderen Bedürfnisse dieses Erwerbers anpasst, liegt eine einheitliche Leistung auch dann vor, wenn dafür zwei getrennte Preise gezahlt werden. Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 24 f. MwStSystRL) ist dahin auszulegen, dass diese einheitliche Leistung als „Dienstleistung” einzustufen ist, wenn die fragliche Anpassung weder unbedeutend noch nebensächlich, sondern vielmehr von ausschlaggebender Bedeutung ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn diese Anpassung angesichts von Umständen wie ihrem Umfang, ihren Kosten oder ihrer Dauer entscheidend dafür ist, dass der Erwerber eine auf ihn zugeschnittene Software nutzen kann. Diese einheitliche Leistung fällt unter Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der 6. EG-RL = Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (= § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG). Die Reaktion der Verwaltung auf dieses Urteil bleibt abzuwarten.

Unter die Vorschrift des § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG fallen auch die Leistungen von Detekteien (, UR 2000 S. 129) und Erbenermittlern.

(6)

Finanzumsätze, Versicherungsschutz und bestimmte Edelmetallumsätze (vgl. dazu Abschn. 39 Abs. 16, Abschn. 57–68, 73 und 74 UStR). Zur Auslegung der in der – der nationalen Vorschrift zugrunde liegenden – gemeinschaftsrechtlichen Regelung enthaltenen Begriffe „Bank- und Finanzumsätze” vgl. auch , BBL NWB MAAAB-79469. Darunter fallen nicht nur Finanzdienstleistungen (z. B. Verwaltung des Portefeuilles einer Investmentgesellschaft), sondern auch die sich auf Investmentvermögen beziehenden Verwaltungsdienstleistungen, für die eine rechtliche oder faktische Entscheidungsbefugnis kennzeichnend ist. Die Übertragung von Wertpapieren und Anteilen ist eine sonstige Leistung (vgl. Tz. 61), deren Leistungsort sich nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG bestimmt (, BStBl 2006 I S. 793). Der Begriff „Geldforderungen” in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG 1993 umfasst bei richtlinienkonformer Auslegung auch Geschäfte mit Warenforderungen wie Optionen im Warentermingeschäft, so dass sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 i. V. mit Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG bestimmt (vgl. , BStBl 2007 II S. 68). In der ab dem geltenden Fassung des § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG ergibt sich dies schon aus dem Wortlaut der Vorschrift.

Die Regelung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG ist durch das JStG 2007 erweitert worden. Sie gilt nun – über den bisherigen Anwendungsbereich (in § 4 Nr. 8 Buchst. a–g und Nr. 10 UStG genannte Umsätze sowie die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten) hinausgehend – auch für die in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG genannten Umsätze (Verwaltung von Sondervermögen nach dem Investmentgesetz und Verwaltung von Versorgungseinrichtungen i. S. des Versicherungsaufsichtsgesetzes). Damit erfolgt eine Anpassung an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Die Änderung tritt am (Tag nach der Verkündung des JStG 2007) in Kraft; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6807 NWB WAAAC-33325; Köhler/Brockmann, NWB F. 2 S. 9191 NWB OAAAC-31323).

Mit hat der BFH zur Bestimmung des Leistungsorts bei einer „bankmäßigen Vermögensverwaltung” Folgendes entschieden (, BStBl 2008 II S. 993; vgl. auch Englisch, UR 2008 S. 219, de Weerth, DB 2008 S. 550, Hahne, UR 2008 S. 222, Philipowski, UR 2008 S. 225, Sedlmaier, UR 2008 S. 227, Vellen, UStB 2008 S. 63, Wäger, DStR 2008 S. 253):

  • Die Regelung über den Leistungsort in § 3a Abs. 4 UStG umfasst, anders als die gemeinschaftsrechtliche Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL (Art. 56 Abs. 1 MwStSystRL), nicht alle Bank- und Finanzumsätze.

  • Die „bankmäßige Vermögensverwaltung” im Sinne einer Verwaltung von aus Wertpapieren und Termingeldern bestehenden Vermögen nach eigenem Ermessen wird entweder vom Begriff der Bank- und Finanzumsätze i. S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL (Art. 56 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL) umfasst oder fällt als Leistung von Beratern u. a. unter die Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der 6. EG-RL (Art. 56 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL).

Der BFH kommt in der Urteilsbegründung – über den Urteilstenor hinausgehend – zu dem Ergebnis, dass sich der Leistungsort nicht nach § 3a Abs. 1 UStG (Sitz des leistenden Unternehmers) bestimmt, sondern nach § 3a Abs. 3 UStG i. V. mit Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG (Sitz des Leistungsempfängers). Zu den in § 3a Abs. 4 UStG aufgezählten – hier allein in Betracht kommenden – Leistungen gehören nach Nr. 6 Buchst. a „die sonstigen Leistungen der in § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und Nr. 10 bezeichneten Art”. Hier von Bedeutung sind die Befreiungstatbestände in § 4 Nr. 8 Buchst. c, e und f UStG. Im Folgenden vergleicht der BFH die nationale Ortsregelung mit der gemeinschaftsrechtlichen Grundlage und kommt zu dem Ergebnis, dass § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG mit der Verweisung auf § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und Nr. 10 UStG die Regelung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL, die „Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze ...” betrifft, nicht zutreffend umsetzt. Während die nationale Regelung den Ort der Leistung mittels einer Verweisung auf Befreiungsvorschriften bestimmt, regelt die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift den Ort der Leistung in diesem Zusammenhang umfassend einheitlich für „Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze” ohne auf die Steuerbefreiungen Bezug zu nehmen. Bei der weiteren Prüfung kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass gleichwohl beide Regelungen im vorliegenden Fall zum selben Ergebnis führen, da die in Rede stehenden Leistungen in § 4 Nr. 8 Buchst. c, e und h UStG bezeichnet sind. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG (u. a. Steuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz) ist zwar erst durch das JStG 2007 mit Wirkung vom in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG aufgenommen worden, allerdings ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber mit der Erweiterung der Vorschrift eine Anpassung an die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift angestrebt hat. § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG ist deshalb auch für den Streitzeitraum (1989–1992) richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass auch die in § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG beschriebenen Leistungen von der Ortsregelung umfasst sind. Diese Auffassung erscheint unproblematisch; sie wird auch bereits im Schrifttum vertreten (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 3a Rz. 188.1). Das Urteil dürfte aber eine Reihe von Fragen aufwerfen. Dem BFH dürfte zwar zuzustimmen sein, dass auch nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL die in Rede stehenden Leistungen am Ort des Leistungsempfängers erbracht werden. Für entgeltlich erbrachte Dienst-, Informations- und Beratungsleistungen für Investmentgesellschaften, die beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung zur Bildung und Verwaltung von Portefeuilles, die sich aus Wertpapieren zusammensetzen, hat der EuGH (gleichlautend auch der BFH im Urteilstenor) insoweit entschieden, es sei für die Frage des Leistungsorts unerheblich, ob und inwieweit es sich nur um Beratungsumsätze i. S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der 6. EG-RL oder um Umsätze handele, für die eine rechtliche und wirtschaftliche Entscheidungsbefugnis kennzeichnend sei und deshalb Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL Anwendung finde (vgl. auch , Banque Bruxelles Lambert SA (BBL) NWB MAAAB-79469, Rz. 46 und 47 sowie , CSC Financial Services Ltd, EuGHE 2001, I-10237 NWB BAAAB-72666). Allerdings stellt der BFH in der Begründung auf die Anwendung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL ab und trifft insoweit nicht nur eine Entscheidung zur Ortsregelung, sondern auch – insbesondere unter Einbeziehung der Ausführungen zum möglichen Vorsteuerausschluss – weit reichende Entscheidungen zur Anwendung der dort genannten Befreiungsregelungen auf die in Rede stehenden Umsätze. Die Verwaltung teilt diese Einschätzung nicht. In ihrem Nichtanwendungserlass v. - S 7117 f (BStBl 2008 I S. 1086) macht die Verwaltung deutlich, dass sich der Leistungsort der einheitlichen Leistung „Vermögensverwaltung” nach § 3a Abs. 1 UStG richtet (vgl. hierzu Hahne, DStR 2009 S. 94).

Mit hat der BFH nunmehr dem EuGH u. a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die gegen einen vom Erwerber zu entrichtenden Kaufpreis erfolgende Übernahme eines Lebensrückversicherungsvertrags, auf dessen Grundlage der Erwerber des Vertrags die durch den bisherigen Versicherer ausgeübte steuerfreie Rückversicherungstätigkeit mit Zustimmung des Versicherungsnehmers übernimmt und nunmehr anstelle des bisherigen Versicherers steuerfreie Rüchversicherungsleistungen gegenüber dem Versicherungsnehmer erbringt, als Versicherungs- oder Bankumsatz im Sinne v. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL anzusehen ist (, BStBl 2008 II S. 772).

(7)

Gestellung von Personal.

(8)

Verzicht auf Ausübung eines der in (1) bezeichneten Rechte. Hierunter fallen Nachbaugebühren i. S. des § 10a Abs. 2 ff. SortSchG, die ein Landwirt dem Inhaber des Sortenschutzes zu erstatten hat (vgl. Tz. 61). Diese werden als Entgelt für eine sonstige Leistung des Sortenschutzinhabers gezahlt, welche in der Duldung des Nachbaus durch den Landwirt besteht (, BStBl 2006 I S. 240).

(9)

Verzicht auf die völlige oder teilweise Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit. Hierunter fallen z. B. der Verzicht eines Handelsvertreters, in bestimmten Gebieten Geschäfte zu vermitteln; eines Eigenhändlers, in bestimmten Gebieten seine Waren oder bestimmte Waren abzusetzen; die Einstellung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugunsten eines anderen; das Unterlassen des Wettbewerbs in abgegrenzten Gebietsteilen.

(10)

Vermittlung der in § 3a Abs. 4 UStG bezeichneten Leistungen. Entscheidend sind die Verhältnisse beim Empfänger der Vermittlungsleistung und nicht beim Empfänger der vermittelten Leistung. In den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen sowohl Vermittlungsleistungen von Vermittlern, die im Namen und für Rechnung des Empfängers der vermittelten sonstigen Leistung handeln, als auch Vermittlungsleistungen von Vermittlern, die im Namen und für Rechnung des Erbringers der vermittelten sonstigen Leistung handeln (Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288/1 –, der mit Wirkung v. gilt; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257).

(11)

Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel (zum Leistungsort bei der Vermietung von Beförderungsmitteln vgl. Tz. 68, 74). Zur Vermietung eines Flugsimulators s. Tz. 68. Anhänger und Sattelanhänger sowie Eisenbahnwaggons sind Beförderungsmittel i. S. dieser Vorschrift (Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1 –, der mit Wirkung v. gilt; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257).

(12)

Sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation (vgl. Abschn. 39a UStR; kritisch dazu Hoffmann, DB 1998 S. 848). Auch nach der Einfügung des neuen Tatbestands in § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG für die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen durch das StVergAbG bleibt die bloße Gewährung des Zugangs zum Internet und zum World Wide Web über den hinaus eine Telekommunikationsdienstleistung. Wird der Zugang zum Internet und zum World Wide Web im Rahmen eines Internet Service-Pakets angeboten, geht die Verwaltung – entgegen ihrer bisherigen Auffassung (vgl Abschn. 39a Abs. 6 UStR 2000) – ab dem offensichtlich von einer einheitlichen Leistung aus, die unter § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG fällt (, BStBl 2003 I S. 375). Die UStR enthalten allerdings widersprüchliche Aussagen zu den Internet Service-Paketen. Während Abschn. 39a Abs. 6 UStR weiterhin grds. von gesondert zu beurteilenden Leistungen ausgeht, handelt es sich nach Abschn. 39c Abs. 3 Nr. 11 UStR um eine einheitliche Dienstleistung, die unter § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG fällt. Zur Abwicklung von Telekommunikationsdienstleistungen im Interconnection-Verfahren ab dem vgl. NWB SAAAA-86358 (befristete Übergangsregelung bis ), v. , UVR 1999 S. 380 (Aufhebung der Befristung), NWB KAAAB-52539 (Fortführung dieser Praxis auch nach Änderung des § 14 UStG zum ) und v. - S 7281 A NWB KAAAB-52539 (Fortführung dieser Praxis bis auf weiteres auch über den hinaus); zur Zusammenarbeit von Telekommunikationsleistungs- und Diensteanbietern (0180er- und 0190er-Nummern) vgl. (DB 2000 S. 1893); zur Behandlung von Telefonkarten und anderen Zahlungskarten vgl. NWB QAAAA-86470; zur Behandlung von Calling Cards vgl. , DStR 2009 S. 1852; zur Behandlung von Leistungen mit sog. Startpaketen und Guthabenkarten im Mobilfunk vgl. , BStBl 2001 I S. 1010, und Jungbluth/Keisinger, NWB F. 7 S. 5505 NWB IAAAA-74372; zur Behandlung der Leistungen beim Vertrieb von Calling-Cards vgl. NWB AAAAA-86714. Zur umsatzsteuerlichen Beurteilung der Zusammenarbeit von Teilnehmernetzbetreibern und anderen Netzbetreibern (sog. Verbindungsnetzbetreiber) im Interconnectionsverfahren oder anderen Diensteanbietern bei der Abrechnung gegenüber Endkunden vgl. NWB NAAAC-47737; s. auch Tz. 65.

Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Abgabe von Hardwarekomponenten (z. B. Modem, Router) im Zusammenhang mit dem Abschluss eines längerfristigen Netzbenutzungsvertrags (z. B. DSL-Abonnement) kommt es im Wesentlichen darauf an, ob für die Hardwarekomponente eigenständige Entgelte verlangt werden oder nicht ( NWB VAAAB-73854):

  • Die unentgeltliche Abgabe von Hardwarekomponenten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines längerfristigen Netzbenutzungsvertrags ist nach den Grundsätzen des Abschn. 24b Abs. 18 UStR keine unentgeltliche Wertabgabe, sondern eine unselbständige Nebenleistung zu der (einheitlichen) sonstigen Leistung, die hier in einer Telekommunikationsleistung oder einer auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistung besteht. Dem Durchschnittsverbraucher kann hierbei kein isoliertes Interesse an der Abgabe der Hardwarekomponente unterstellt werden; sie dient lediglich als Mittel zur Inanspruchnahme der eigentlich gewünschten sonstigen Leistung.

  • Anders verhält es sich bei der (teil-)entgeltlichen Abgabe von Gegenständen im Zusammenhang mit dem Abschluss längerfristiger Verträge (z. B. Netzbenutzungs- oder Zeitschriftenabonnements). Insoweit liegen zwei gesondert zu beurteilende selbständige Hauptleistungen vor. Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers wird dies daraus deutlich, dass dieser bereit ist, für die Abgabe des Gegenstands ein Entgelt zu entrichten. Insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der teilweise zur Auswahl stehenden Gegenstände sowie der zum Teil nicht unerheblichen Zuzahlungen zu deren Erlangung kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass derartige Abgaben die andere Leistung lediglich abrunden und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen.

(13)

Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen. Die Vorschrift ist durch das StVergAbG mit Wirkung v. neu in § 3a Abs. 4 UStG eingefügt worden. Damit wird die am verabschiedete RL 2002/38/EG zur Änderung der 6. EG-RL bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie bestimmter elektronisch erbrachter Dienstleistungen (ABl EG 2002 Nr. L 128 S. 41; vgl. Vellen, UR 2003 S. 53) in nationales Recht umgesetzt (vgl. auch Huschens, NWB F. 7 S. 6065 NWB PAAAC-74387). Weder die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift noch das UStG enthalten eine Definition der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen. Aufgrund der Entstehungsgeschichte der Einbeziehung der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-RL (= Art. 56 MwStSystRL) ist der Begriff „Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen” u. E. aber eng auszulegen. Er beschränkt sich auf die elektronischen Übertragungsvorgänge selbst (vgl. Vellen, UR 2003 S. 53). Damit spricht alles dafür, dass unter den Begriff „Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen” lediglich die im Rundfunk und Fernsehen bewirkten Dienstleistungen fallen, die in Deutschland – unter Zugrundelegung einer weiten Interpretation des Begriffs „Telekommunikationsdienstleistungen” in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 9. Gedankenstrich der 6. EG-RL (= Art. 56 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) – ohnehin bereits unter den Begriff „sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation” i. S. des § 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG subsumiert werden (z. B. Übertragung von Signalen via Rundfunk und Fernsehen; vgl. Abschn. 39a UStR). Andere Mitgliedstaaten haben den Begriff „Telekommunikationsdienstleistungen” offensichtlich enger ausgelegt. Die neue Ortsregelung findet u. E. z. B. auf die Einräumung oder Übertragung von Sende- und Verwertungsrechten, die Überlassung von technischem Gerät, die Überlassung eines Rundfunk- oder Fernsehübertragungswagens oder eines sonstigen Beförderungsmittels und die Überlassung von Räumlichkeiten für Aufnahme- oder Sendezwecke keine Anwendung. Hier bleibt es u. E. bei den bisher geltenden Ortsregelungen (vgl. , BStBl 2001 I S. 489). Das (BStBl 2003 I S. 375) zu der Begriffsbestimmung „Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen” Stellung genommen, wobei es aber vornehmlich um die Abrenzung zu den „auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen” geht. Danach sind „Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen” Rundfunk- und Fernsehprogramme, die über Kabel, Antenne oder Satellit verbreitet werden. Dabei ist es unbeachtlich, wenn die Verbreitung gleichzeitig über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erfolgt. Wird dagegen ein Rundfunk- und Fernsehprogramm nur über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz verbreitet, handelt es sich um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung (§ 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG). Die Bereitstellung von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung ist ebenfalls eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung. Hierunter fällt der Web-Rundfunk, der ausschließlich über das Internet oder ähnliche elektronische Netze und nicht gleichzeitig über Kabel, Antenne oder Satellit verbreitet wird.

(14)

Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen. Die Vorschrift ist durch das StVergAbG mit Wirkung v. neu in § 3a Abs. 4 UStG eingefügt worden. Auch hier enthält weder die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift noch das UStG eine Definition der „auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen”. Anhang L der 6. EG-RL (= Anhang II MwStSystRL) enthält lediglich eine beispielhafte – nicht abschließende – Aufzählung von Dienstleistungen, die unter den Begriff „auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen” fallen. Der Mehrwertsteuer-Ausschuss hat am eine Leitlinie zur Bestimmung der „auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen” und zur Abgrenzung dieser Leistungen gegenüber anderen Leistungen verabschiedet (vgl. Weber, UVR 2003 S. 197). Die in dem Leitfaden enthaltenen Aussagen bilden die Grundlage für das (BStBl 2003 I S. 375), in dem die Verwaltung u. a. zur Definition des Begriffs „auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen” Stellung nimmt. Danach ist eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung eine Leistung, die über das Internet oder ein elektronisches Netz, einschließlich Netze zur Übermittlung digitaler Inhalte, erbracht wird und deren Erbringung aufgrund der Merkmale der sonstigen Leistung in hohem Maße auf Informationstechnologie angewiesen ist; d. h. die Leistung ist im Wesentlichen automatisiert, wird nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erbracht und wäre ohne Informationstechnologie nicht möglich. Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen umfassen damit im Wesentlichen digitale Produkte (z. B. Software und zugehörige Änderungen oder Updates), Dienste, die in elektronischen Netzen eine Präsenz zu geschäftlichen oder persönlichen Zwecken vermitteln oder unterstützen (z. B. Website, Webpage), von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet oder ein elektronisches Netz auf der Grundlage spezifischer Dateneingabe des Leistungsempfängers, sonstige automatisierte Dienstleistungen, für deren Erbringung das Internet oder ein elektronisches Netz erforderlich ist (z. B. Dienstleistungen, die von Online-Markt-Anbietern erbracht und die z. B. über Provisionen und andere Entgelte für erfolgreiche Vermittlungen abgerechnet werden).

Entsprechendes ergibt sich aus Art. 11 und Anhang I der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. 17. 10. 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257), die mit Wirkung v. gelten. Hier fehlen allerdings die klaren Abgrenzungen und Einordnungen bezüglich Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, die einerseits ausschließlich über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz und andererseits gleichzeitig auf herkömmlichem Weg übertragen werden.

Erstellt ein Unternehmer aufgrund der von einem Kunden online gemachten Angaben ebenfalls online mit allenfalls minimaler menschlicher Beteiligung eine statistische Prognose der Lebenserwartung oder einen „Sex-Check”, liegt – unter Zugrundelegung der o. g. Kriterien – eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung vor ( NWB BAAAC-83316).

Zur Überlassung von Standard-Software per Modem oder Internet ab dem vgl. auch , DB 2003 S. 2359.

Bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Abgabe von Hardwarekomponenten (z. B. Modem, Router) im Zusammenhang mit dem Abschluss eines längerfristigen Netzbenutzungsvertrags (z. B. DSL-Abonnement) kommt es im Wesentlichen darauf an, ob für die Hardwarekomponente eigenständige Entgelte verlangt werden oder nicht. Ausführlich s. Tz. 72, b (12).
Zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand beim Bezug von Internetdienstleistungen vgl. Baldauf, DStZ 2009 S. 107.

(15)

Gewährung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsnetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen. Dies gilt in Bezug auf Gas für alle Druckstufen und in Bezug auf Elektrizität für alle Spannungsstufen. Die neue Ortsregelung für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung für bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Lieferung von Gas über das Erdgasnetz oder von Elektrizität ist mit Wirkung v. durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (EURLUmsG) aufgenommen worden. Damit wird die RL 2003/92/EG des Rates zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich der Vorschriften über den Ort der Lieferung von Gas und Elektrizität v. (ABl EU 2003 Nr. L 260 S. 8) in nationales Recht umgesetzt. Die betroffenen Leistungen sind nicht näher definiert. Hierunter fallen z. B. die Vorhaltung von Kraftwerks- bzw. Speicherkapazitäten, die Kompression, die Mischung und andere Systemdienstleistungen, die vielfältiger Art sind. Diese Leistungen werden ausschließlich zwischen Unternehmern erbracht.

Weiterführende Aussagen zu diesen Leistungen enthält das (BStBl 2005 I S. 849).

Die Abnahme von Überkapazitäten an Strom bei der Durchführung von Stromspotgeschäften (vgl. Tz. 61) ist eine sonstige Leistung, aber keine Leistung, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zugang zu Elektrizitätsnetzen, der Fernleitung oder der Übertragung von Strom über diese Netze steht. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG ( NWB AAAAC-43800).

Vgl. zur Neuregelung des grenzüberschreitenden Handels mit Gas oder Elektrizität auch Huschens NWB F. 7 S. 6385 NWB QAAAB-41268; Sobotta, NWB F. 7 S. 6533 NWB AAAAB-60933; Birgel, UVR 2005 S. 172; Nieskens, UR 2005 S. 57; Schlecker/Lang, UVR 2005 S. 100; Vellen, UR 2005 S. 133; Wäger, UStB 2004 S. 424, Weber, DStZ 2005 S. 109; Zwingel/Koslowski, IStR 2005 S. 268.

Tz. 73 Wohnsitz des Nichtunternehmers

§ 3a Abs. 3a UStG

Wird eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung (§ 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG) von einem im Drittland ansässigen Unternehmer an einen Nichtunternehmer (kein Unternehmer) bewirkt, der seinen Wohnsitz oder Sitz im Gemeinschaftgebiet (d. h. Inland oder anderer Mitgliedstaat, § 1 Abs. 2a UStG) hat, wird diese sonstige Leistung abweichend von § 3a Abs. 1 UStG dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Die Regelung geht damit § 3a Abs. 1 UStG vor. § 1 UStDV findet bei den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen keine Anwendung. Auf die Nutzung oder Auswertung kommt es – anders als in den Fällen des § 1 UStDV (vgl. Tz. 74) – nicht an. Die Nutzung oder Auswertung am Wohnsitz oder Sitz wird unterstellt. Die neue Ortsregelung gilt auch dann, wenn eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung tatsächlich von einer sich im Drittlandsgebiet befindlichen Betriebsstätte eines Unternehmers an einen Nichtunternehmer mit Wohnsitz oder Sitz in der EU ausgeführt wird. Damit erfolgt grds. eine systemgerechte Umsatzbesteuerung dieser Leistungen am Verbrauchsort.

Die Ortsregelung gilt für Leistungen an Empfänger, die keine Unternehmer sind. Unter Berücksichtigung der Verwaltungsauffassung zu § 3a Abs. 3 und 4 UStG (vgl. Tz. 72) muss die Ortsregelung konsequenterweise damit auch in den Fällen anzuwenden sein, in denen der Empfänger zwar Unternehmer ist, die Leistung aber nicht für sein Unternehmen bezogen wird. Ansonsten käme es in diesen Fällen – aufgrund mangelnden Zusammenspiels zwischen § 3a Abs. 3 und 3a UStG – nicht zu einer systematisch zutreffenden Besteuerung am Verbrauchsort. Ob eine Leistung für das Unternehmen vorliegt, ergibt sich aus der Zuordnungsentscheidung durch den Leistungsempfänger (vgl. hierzu Tz. 25 und 28, wobei die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei § 3a Abs. 3a UStG keine Rolle spielt). Zur Auslegung des Begriffs „Betriebsstätte” gelten hier u. E. die Ausführungen in Tz. 68 entsprechend. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage in der Gesetzesbegründung, dass ein im Drittland befindlicher Server jedenfalls für umsatzsteuerliche Zwecke nicht als Betriebsstätte anzusehen ist, u. E. zutreffend, da es insoweit u. a. an der notwendigen Peronalausstattung des Servers durch den – die auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung bewirkenden – Unternehmer mangelt.

Tz. 74 Sonderfälle des Orts der sonstigen Leistung

§ 1 UStDV

§ 1 UStDV legt den Ort der sonstigen Leistung aufgrund der Ermächtigungsgrundlage in § 3a Abs. 5 UStG für abschließend genannte Dienstleistungen abweichend von der allgemeinen Regelung in § 3a Abs. 1 UStG (d. h. Voraussetzung ist, dass sich der Ort der sonstigen Leistung – auch bei den in § 3a Abs. 4 UStG genannten Leistungen – ohne die Sonderregelung tatsächlich nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt) fest. Die übrigen Ortsbestimmungen gehen § 1 UStDV vor. Zur Auslegung des Begriffs „Betriebsstätte” gelten hier u. E. die Ausführungen in Tz. 68 entsprechend.

§ 1 Abs. 1 UStDV betrifft die Ortsverlagerung vom Drittland in das Inland. Erbringt ein im Drittlandsgebiet ansässiger Unternehmer oder eine dort belegene Betriebsstätte eine in § 3a Abs. 4 Nr. 1–11 UStG bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts, soweit diese nicht Unternehmer ist (d. h. die juristische Person ist nicht Unternehmer oder die Leistung wird für den nicht unternehmerischen Bereich bezogen; ansonsten gilt § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG), gilt die Leistung als im Inland ausgeführt, sofern die empfangene Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Bei Leistungen an andere Nichtunternehmer (Privatpersonen) erfolgt keine Ortsverlagerung. Eine entsprechende Ortsverlagerung gilt für sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG), der Rundfunk- und Fernsehleistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 13 UStG) und die Vermietung von Beförderungsmitteln. Hier ist allerdings nicht Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Bei diesen Leistungen greift die Ortsverlagerung unter den weiteren Voraussetzungen auch, wenn die Leistungen an andere Nichtunternehmer (Privatpersonen) erbracht werden. Von einer Nutzung oder Auswertung im Inland ist nach der Lebenserfahrung jedenfalls auszugehen, soweit Entgelte für durch Drittlandsunternehmer an im Inland ansässige Nichtunternehmer ausgeführte Telekommunikationsleistungen auf inländischen Konten eingegangen sind ( NWB BAAAC-83316). § 1 Abs. 1 UStDV findet bei den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen keine Anwendung; hier gilt die Regelung in § 3a Abs. 3a UStG (vgl. Tz. 73).

§ 1 Abs. 2 UStDV betrifft die Ortsverlagerung vom Inland in das Drittland. Vermietet ein im Inland ansässiger Unternehmer oder eine im Inland belegene Betriebsstätte ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug an einen im Drittland ansässigen Unternehmer, gilt die Leistung als im Drittland ausgeführt, sofern das Fahrzeug für das Unternehmen bestimmt ist und im Drittland genutzt wird.

Die Leistungen eines Aufsichtsratsmitglieds werden am Sitz der Gesellschaft genutzt oder ausgewertet. Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, werden dort genutzt oder ausgewertet, wo sie wahrgenommen werden (Abschn. 42 Abs. 1 Satz 3 UStR). Dies bestätigt der EuGH in seinem Urteil v. - Rs. C-1/08, Athesia Druck (NWB HAAAD-22006), wonach die tatsächliche Nutzung oder Auswertung einer Werbeleistung in dem Land erfolgt, von dem aus die Werbebotschaften verbreitet werden.. Beispiele für Ortsverlagerungen enthält Abschn. 42 Abs. 2 und 3 UStR.

Tz. 75 Ort einer Beförderungsleistung, die keine innergemeinschaftliche Güterbeförderung ist

§ 3b Abs. 1 UStG; §§ 27 UStDV

Eine Beförderungsleistung wird dort ausgeführt, wo die Beförderung tatsächlich bewirkt wird (d. h. Beförderungsstrecke, auf der die Beförderung stattfindet). Die Ansässigkeit des leistenden Unternehmers ist ohne Bedeutung. Die Regelung ist beschränkt auf Personenbeförderungen und andere als innergemeinschaftliche Güterbeförderungen. Die Vorschrift findet nur Anwendung, wenn es sich bei den Beförderungsleistungen um selbständige Leistungen handelt. Liegen dagegen unselbständige Nebenleistungen vor, teilen sie auch hinsichtlich des Leistungsorts das Schicksal der Hauptleistung (Abschn. 29 UStR). Zu Leistungen eines Bestattungsunternehmers im Zusammenhang mit einer Überführung ins Drittland s. Tz. 68.

Überwiegt der Beförderungscharakter der Leistung eines Abschleppunternehmers (also das Abschleppen, vgl. Tz. 10 b) bestimmt sich der Leistungsort grds. nach § 3b Abs. 1 UStG (LFD Thüringen, Verfügung v. - S 7117 A NWB GAAAD-02893).

Auf die Art des Beförderungsmittels kommt es nicht an. Der Ort der Besteuerung innergemeinschaftlicher Güterbeförderungen und damit zusammenhängender Leistungen ist in § 3b Abs. 3–6 UStG gesondert geregelt (Tz. 79, 80). Bei der Besorgung einer Beförderungsleistung (z. B. durch einen Spediteur) liegt der Ort der Besorgungsleistung dort, wo der Beauftragte (z. B. Frachtführer) die Beförderung ausführt (§ 3 Abs. 11 UStG). Lässt der beauftragte Unternehmer die Beförderung durch einen Subunternehmer ausführen, führen beide Unternehmer ihre Leistung dort aus, wo der Subunternehmer die Beförderung bewirkt. Die Sonderregelung über die Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 Abs. 1 UStG) bleibt jedoch unberührt (vgl. Beispiel in Abschn. 42a Abs. 1 UStR).

Für die grenzüberschreitenden Beförderungen i. S. des § 3b Abs. 1 UStG gilt: Steuerbar ist nur der Teil der Beförderungs- oder Besorgungsleistung, der auf das Inland entfällt, d. h. die Beförderungsleistung ist in einen steuerbaren und einen nicht steuerbaren Anteil aufzuteilen (vgl. Tz. 77). Von einer Aufteilung ist in den Fällen abzusehen, in denen grenzüberschreitende Beförderungen aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 3b Abs. 1 Satz 3 UStG mit kurzen in- oder ausländischen Strecken insgesamt als steuerbar oder nicht steuerbar zu behandeln sind (§§ 27 UStDV). Dies ist gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden (, Kommission/Frankreich, HFR 1991 S. 376).

Führt im grenzüberschreitenden Beförderungsverkehr, der von im Inland oder im Ausland ansässigen Unternehmern durchgeführt wird, die Verbindungsstrecke zwischen zwei Orten im Ausland über das Inland, ist die Gesamtbeförderung oder deren Besorgung als nicht steuerbare Leistung anzusehen, wenn die Verbindungsstrecke den nächsten oder verkehrstechnisch günstigsten Weg darstellt und der Streckenanteil im Inland 30 km nicht überschreitet (§ 2 UStDV; Abschn. 42a Abs. 5 und 6 UStR). Die Regelung gilt nicht für Personenbeförderungen im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen. Für den grenzüberschreitenden Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen hat § 7 UStDV Vorrang (Tz. 76).

Im grenzüberschreitenden Personen- und Güterbeförderungsverkehr (ausgenommen der Linienpersonenverkehr mit Kraftfahrzeugen) durch im Inland oder im Ausland ansässige Unternehmer ist die Verbindungsstrecke zwischen zwei Orten im Inland, die über das Ausland führt, insgesamt als Beförderungsstrecke im Inland anzusehen, wenn der ausländische Streckenanteil nicht länger als 10 km ist (§ 3 UStDV; Abschn. 42a Abs. 7 und 8 UStR). Die Beförderungsleistung ist ungeteilt steuerbar. § 7 UStDV hat wiederum Vorrang (Tz. 76).

Im grenzüberschreitenden Personenbeförderungsverkehr mit Schienenbahnen gelten als inländische Beförderungsstrecken die von Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Inland betriebenen Anschlussstrecken (ab Grenze bis zu den vertraglich festgelegten Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen im Ausland) sowie Schienenbahnstrecken in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten. Die von ausländischen Eisenbahnverwaltungen im Inland betriebenen Anschlussstrecken (ab Grenze bis zu den im Inland befindlichen Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen) sind als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen (§ 4 UStDV; Abschn. 42a Abs. 9 UStR).

Bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr (Verkehr mit Taxen, Ausflugsfahrten, Ferienzielreisen, Mietomnibus- und Mietwagenverkehr, §§ 4649 PBefG) mit im Inland oder im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeuge oder deren Besorgung gelten Streckenanteile im Inland von nicht mehr als 10 km in einer Fahrtrichtung als ausländische Beförderungsstrecken. Die Regelung gilt nicht für Personenbeförderungen von und zu bzw. zwischen den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten (§ 5 UStDV; Abschn. 42a Abs. 10 UStR).

Bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Gelegenheits- und Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, die von im Inland oder im Ausland ansässigen Unternehmern von und zu den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten sowie zwischen diesen Gebieten ausgeführt werden, sind die Streckenanteile in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten ohne Rücksicht auf ihre Länge als Beförderungsstrecken im Inland anzusehen (§ 6 UStDV; vgl. auch Abschn. 42a Abs. 11 UStR).

Tz. 76 Ort der sonstigen Leistung beim grenzüberschreitenden Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen

§ 7 UStDV

Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen jeder Art, die lediglich im Inland und in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ausgeführt werden, sind die Streckenanteile in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten als Beförderungsstrecken im Inland anzusehen (§ 7 Abs. 1 UStDV). Diese Beförderungen sind insgesamt steuerbar, und zwar unabhängig davon, ob sie z. B. für unternehmensfremde Zwecke des Auftraggebers oder für dessen Unternehmen ausgeführt werden. Beispiele enthält Abschn. 42a Abs. 12 UStR.

Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen, die in inländischen Häfen (auch Freihafen und Insel Helgoland, § 7 Abs. 4 UStDV) beginnen und enden, sind anzusehen

  • ausländische Streckenanteile als Beförderungsstrecken im Inland, wenn die Streckenanteile im Ausland nicht länger als 10 km sind;

  • Streckenanteile im Inland und in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten als ausländische Beförderungsstrecken, wenn die ausländischen Streckenanteile länger als 10 km und die Streckenanteile im Inland und in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten nicht länger als 20 km sind (§ 7 Abs. 2 UStDV). Beispiele enthält Abschn. 42a Abs. 13 und 14 UStR.

Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, die zwischen ausländischen Seehäfen oder zwischen einem inländischen Seehafen (auch Freihafen und Insel Helgoland, § 7 Abs. 4 UStDV) und einem ausländischen Seehafen durchgeführt werden, sind inländische Beförderungsstrecken als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen und Beförderungen in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten nicht wie Umsätze im Inland zu behandeln (§ 7 Abs. 3 UStDV). Beispiele enthält Abschn. 42a Abs. 15 UStR.

Bei grenzüberschreitenden Beförderungen im Fährverkehr über den Rhein, die Donau, die Elbe, die Neiße und die Oder sind die inländischen Beförderungsstrecken als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen (§ 7 Abs. 5 UStDV). Beispiele enthält Abschn. 42a Abs. 16 UStR.

Tz. 77 Aufteilung der Bemessungsgrundlage bei grenzüberschreitenden Beförderungen i. S. des § 3b Abs. 1 UStG

Bei einer grenzüberschreitenden Beförderungsleistung ist nur der Teil steuerbar, der – unter Beachtung der §§ 27 UStDV – auf das Inland entfällt. Da die Umsatzsteuer nur auf den steuerbaren Teil erhoben wird, ist Bemessungsgrundlage nur das Entgelt, das auf den steuerbaren Teil entfällt. Bei Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen, die bei der Ein- und Ausreise eine Grenze zu einem Drittland überqueren, ist für den Streckenanteil im Inland (also nur bezogen auf den steuerbaren Teil) ein Durchschnittsbeförderungsentgelt maßgebend (§ 10 Abs. 6 UStG; § 25 UStDV). In allen übrigen Fällen ist das auf den steuerbaren Leistungsteil entfallende tatsächlich vereinbarte oder vereinnahmte Entgelt zu ermitteln. Dies gilt auch bei Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen, die bei der Ein- und Ausreise eine Grenze zu einem Drittland überqueren, wenn der Unternehmer nach Ablauf des Besteuerungszeitraums beantragt, die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften zu berechnen (§ 16 Abs. 5b UStG). Zu diesem Zweck ist der Gesamtpreis im Verhältnis der Längen der inländischen und ausländischen Streckenanteile – einschließlich sog. Leerkilometer – aufzuteilen. Unter Leerkilometern sind dabei nur die während der Beförderungsleistung ohne zu befördernde Personen zurückgelegten Streckenanteile zu verstehen. Die Hin- bzw. Rückfahrt vom bzw. zum Betriebshof - ohne zu befördernde Personen - ist nicht Teil der Beförderungsleistung und damit auch nicht bei der Aufteilung der Streckenanteile zu berücksichtigen ( NWB CAAAC-70418).

Das auf den Streckenanteil im Inland entfallende Entgelt kann nach der Formel Nettobeförderungspreis für die Gesamtstrecke mal Anzahl der km des Streckenanteils im Inland durch Anzahl der km der Gesamtstrecke ermittelt werden. Bei Personenbeförderungen kann der Unternehmer das Entgelt für den steuerbaren Teil der Beförderung auch auf der Grundlage des Bruttobeförderungspreises für die Gesamtstrecke ermitteln. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. Abschn. 42a Abs. 3 und 4 UStR. Ein anderer Aufteilungsmaßstab als das Verhältnis der zurückgelegten Strecken kann nicht angewendet werden (, Reisebüro Binder NWB JAAAB-72565; , BStBl 1998 II S. 523).

Tz. 78 Ort der Leistung, die im Zusammenhang mit einer Güterbeförderung steht

§ 3b Abs. 2 UStG

Selbständige Leistungen zu Güterbeförderungen sind insbesondere das Beladen, Entladen, Umschlagen und Lagern von Gegenständen. Dazu gehören auch alle anderen Leistungen, die mit der Beförderung eines Gegenstands in engem Zusammenhang stehen, z. B. das Ausbessern der Verpackung, das Gestellen von Flaschenzügen, Gewichtsprüfungen, Kennzeichnungen, Plombieren, Probeziehen, Sortieren, Umpacken, Wiegen. Diese sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird. Die Ausführungen unter Tz. 70 gelten sinngemäß. Handelt es sich bei diesen Leistungen dagegen um unselbständige Nebentätigkeiten, teilen sie auch hinsichtlich des Leistungsorts das Schicksal der Hauptleistung (Abschn. 29 UStR). Dies ist der Fall, wenn diese Leistungen vom Beförderungsunternehmer selbst erbracht werden.

Werden derartige selbständige Leistungen zu innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen erbracht, ist die Verlagerung des Leistungsorts durch Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer möglich (vgl. Tz. 80).

Tz. 79 Ort der innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen

§ 3b Abs. 3 UStG

Eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung ist nach § 3b Abs. 3 Satz 1 UStG eine Beförderung, die im Gebiet eines Mitgliedstaats beginnt (Abgangsort) und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats endet (Ankunftsort), wobei An- und Abfahrten des Beförderungsunternehmers vor Übernahme bzw. nach Abgabe des Frachtguts unmaßgeblich sind. Der Ort der Beförderungsleistung ist abweichend von § 3b Abs. 1 UStG grds. der Abgangsort. Der innergemeinschaftlichen Güterbeförderung ist gleichgestellt die Beförderung eines Gegenstands, die im Gebiet desselben Mitgliedstaats beginnt und endet (sog. Vor- und Nachlauf), wenn diese Beförderung unmittelbar mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung im Zusammenhang steht (§ 3b Abs. 3 Satz 3 UStG).

Die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung sind für jeden Beförderungsauftrag gesondert zu prüfen, sie müssen sich aus den im Beförderungsgewerbe üblichen Unterlagen (z. B. Frachtbrief oder Speditionsauftrag) ergeben (Abschn. 42d Abs. 1 Satz 4 UStR). Eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung liegt auch dann vor, wenn die Beförderungsstrecke über Drittlandsgebiet – z. B. Beförderung von Stuttgart nach Mailand über die Schweiz – oder noch über weitere Mitgliedstaaten – z. B. Beförderung von Köln nach London über Belgien – führt (Abschn. 42d Abs. 1 Satz 5 UStR). Endet oder beginnt eine Güterbeförderung aus einem oder in einen anderen Mitgliedstaat in einem deutschen Freihafen, liegt eine innergemeinschaftliche Güterbeförderung vor, da die deutschen Freihäfen zum Gemeinschaftsgebiet gehören. Beginnt die innergemeinschaftliche Güterbeförderung in einem deutschen Freihafen und wird sie für das Unternehmen des Auftraggebers ausgeführt, ist sie aber nicht steuerbar, da die deutschen Freihäfen nicht zum umsatzsteuerlichen Inland gehören (Abschn. 42d Abs. 3 UStR; vgl. Tz. 21–23). Beispiele innergemeinschaftlicher Güterbeförderungen enthält Abschn. 42d Abs. 4 UStR.

Der Abgangsort ist nicht Ort der Beförderungsleistung, wenn der Leistungsempfänger dem Beförderungsunternehmer den Auftrag unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats (als dem des Beginns der Beförderung) erteilt (vgl. auch Sikorski, NWB F. 7 S. 6903). In diesem Fall gilt die Leistung als in dem Gebiet des anderen Mitgliedstaats ausgeführt (§ 3b Abs. 3 Satz 2 UStG). Das wird regelmäßig das Ankunftsland sein. Da die Vor- und Nachläufe den innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen gleichgestellt sind, besteht die Möglichkeit der Verlagerung durch Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auch für diese.

Beispiel:

Unternehmer U aus Bonn beauftragt den deutschen Spediteur S unter Angabe seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, eine Ware aus Paris nach Bonn zu transportieren. Leistungsort ist nicht der Abgangsort Paris; wegen der Angabe der deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch U hat S die gesamte Transportleistung vielmehr in Deutschland zu versteuern. Hätte U einen französischen Spediteur beauftragt, wäre U als Leistungsempfänger Steuerschuldner (§ 13b Abs. 2 UStG).

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer muss vom Leistungsempfänger verwendet werden. Das ist grds. derjenige, in dessen Auftrag die Leistung ausgeführt wird. Aus Vereinfachungsgründen kann bei den Leistungen nach § 3b Abs. 3–6 UStG (und nur hier) der Rechnungsempfänger als Leistungsempfänger angesehen werden. Zu den unfreien Versendungen ab vgl. § 30a UStDV (Tz. 213). Besitzt der Leistungsempfänger Umsatzsteuer-Identifikationsnummern mehrerer Mitgliedstaaten, ist ihm freigestellt, welche er verwendet. Der Leistungsempfänger „verwendet” die ihm erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, indem er sie dem leistenden Unternehmer mitteilt. Dies soll in einem branchenüblichen Dokument festgehalten werden. Das „Verwenden” einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer setzt ein positives Tun des Leistungsempfängers, i. d. R. bereits beim Vertragsabschluss, voraus. Eine im Briefkopf eingedruckte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder eine in einer Gutschrift des Leistungsempfängers formularmäßig eingedruckte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer reicht allein nicht aus, damit sich der Leistungsort in den Mitgliedstaat verlagert, der dem Leistungsempfänger die eingedruckte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat (Abschn. 42c Abs. 3 Satz 2 und 5 UStR). Es ist aber denkbar, dass z. B. bei mündlichem Abschluss eines Beförderungsauftrags eine Erklärung über die Verwendung einer bestimmten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer abgegeben und diese in einer Telefonnotiz festgehalten wird. Gleiches gilt, wenn bei einer Abrechnung mit Gutschrift statt des formularmäßigen Vordrucks die verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer – wie die übrigen Positionen der Gutschrift auch – im Einzelfall eingetragen wird (, UR 2005 S. 402; vgl. hierzu von Streit, UStB 2005 S. 383). Darüber hinaus ist von einer Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auszugehen, wenn bei der erstmaligen Erfassung der Stammdaten eines Kunden zusammen mit der für diesen Zweck erfragten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zusätzlich die Erklärung des Kunden aufgenommen wird, dass diese Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei allen zukünftigen Einzelaufträgen verwendet werden soll, sofern nicht im Einzelfall eine ausdrückliche abweichende Erklärung ergehe (OFD Düsseldorf, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 18/2005 NWB HAAAB-61236). Im Einzelfall ist es weiterhin unschädlich, eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nachträglich zu verwenden oder durch eine andere zu ersetzen. In diesem Fall müssen die sich daraus ergebenden umsatzsteuerlichen Konsequenzen gezogen werden. Der leistende Unternehmer seinerseits hat die ihm mitgeteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Hinblick auf die Gewährleistung einer zutreffenden Besteuerung nach § 90 Abs. 2 AO zu prüfen. Die Möglichkeit hierzu bietet das Bestätigungsverfahren nach § 18e UStG (Tz. 273). Vgl. im Einzelnen die weiteren Ausführungen in Abschn. 42c UStR. Die dort festgelegten Grundsätze müssen nach Sinn und Zweck der Regelungen zur Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung über die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht nur bei der Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen Anwendung finden. Vielmehr sind sie entsprechend auch bei allen anderen sonstigen Leistungen anzuwenden, bei denen die Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung maßgeblich sein kann (, UR 2005 S. 402; Abschn. 42c Abs. 4 UStR).

Der BFH hat dem EuGH zur Verlagerung des Leistungsortes durch Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Dienstleistung dem Empfänger bereits dann „unter seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erbracht” worden ist, wenn diese in der Rechnung des Erbringers der Dienstleistung angeführt ist, ohne dass eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über ihre Verwendung getroffen wurde (, BStBl 2009 II S. 563; Az. beim EuGH: C-156/09). Der Vorlagefrage liegen zwar Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen zugrunde, allerdings stellt sich für die innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen aufgrund identischer Bestimmungen im nationalen Recht und im Gemeinschaftsrecht die gleiche Frage. Hintergrund der Frage sind unterschiedliche Formulierungen im nationalen Recht und im Gemeinschaftsrecht. Das Gemeinschaftsrecht erfordert, dass der Empfänger der Dienstleistungen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in einem anderen Mitgliedstaat hat und ihm die Dienstleistung unter dieser Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erbracht wurde. Der Wortlaut der Bestimmung könnte ohne weiteres dahin verstanden werden, dass die Dienstleistung bereits immer dann unter dieser Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erbracht wurde, wenn der Leistungserbringer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers in seiner Rechnung angibt. Die nationale Vorschrift verlangt zwar, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer „verwendet”. Dieser Begriff lasse Raum für die Annahme, dass der Leistungsempfänger hinsichtlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aktiv tätig werden muss und die bloße Angabe im Briefkopf des Leistungsempfängers bei der Erteilung des Auftrags nicht ausreicht. Nach Auffassung des BFH ist es jedoch zweifelhaft, ob der deutsche Gesetzeswortlaut und die ergänzende Verwaltungsanweisung (vgl. Abschn. 42c Abs. 3 UStR), wonach die „Verwendung” grds. eine ausdrückliche Vereinbarung vor Ausführung der Leistung zwischen Leistungserbringer und -empfänger erforderlich macht, die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe zutreffend umsetzt und der Zweck der Vorschrift eine derartige Auslegung erfordert.

Der Leistungsempfänger muss die vollständige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwenden. Hierzu gehört auch das zur Kennung des Mitgliedstaats, der diese Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, vorangestellte Präfix nach dem internationalen Standardcode ISO-3166 Alpha 2 (Länderkennung). Dieses lautet z. B. für Belgien BE. Fehlt die Angabe der richtigen Länderkennung, ist die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht existent und es kann nicht zu einer Ortsverlagerung kommen ( NWB BAAAB-69115).

Der Abgangsort ist immer dann Ort der Beförderungsleistung, wenn der Leistungsempfänger keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hat (Privatpersonen oder Unternehmer i. S. des § 1a Abs. 3 UStG unterhalb der Erwerbsschwelle) bzw. sie nicht verwendet oder eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abgangsstaats verwendet.

Eine gebrochene innergemeinschaftliche Güterbeförderung liegt vor, wenn an einer Güterbeförderung, die in verschiedenen Mitgliedstaaten beginnt und endet, mehrere Beförderungsunternehmer beteiligt sind und die Beförderungsstrecke sich auf mehrere Beförderungsunternehmer aufteilt. Voraussetzung ist allerdings, dass einem Beförderungsunternehmer ein Auftrag für die Güterbeförderung über die Gesamtstrecke erteilt wird und dieser sich bei der Durchführung der Beförderung mehrerer Beförderungsunternehmer nacheinander bedient (vgl. Abschn. 42e Abs. 1 Satz 1 UStR). Jede Beförderungsleistung ist in diesem Fall für sich zu beurteilen. Bei einer gebrochenen innergemeinschaftlichen Güterbeförderung sind nicht nur die Beförderungen als innergemeinschaftliche Güterbeförderungen anzusehen, bei denen Abgangsort und Ankunftsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten liegen. Auch Beförderungsleistungen, die der innergemeinschaftlichen Güterbeförderung vorangehen oder sich daran anschließen (Vor- und Nachläufe) und sich auf einen Mitgliedstaat beschränken, sind als innergemeinschaftliche Güterbeförderungen anzusehen (§ 3b Abs. 3 Satz 3 UStG). Dies gilt auch für einem Vor- oder Nachlauf vor- oder nachgehende Güterbeförderungen, die sich auf einen Mitgliedstaat beschränken, wenn die Strecken von einem Auftrag für die gesamte Beförderung erfasst sind. Unterbrechungszeiten oder sonstige Leistungen i. S. des § 3b Abs. 2 UStG an dem beförderten Gegenstand zwischen der eigentlichen innergemeinschaftlichen Güterbeförderung und den Vor- und Nachläufen sind unschädlich. Der enge Zusammenhang zwischen innergemeinschaftlicher Güterbeförderung und den Vor- und Nachläufen ist vom leistenden Unternehmer in einem branchenüblichen Dokument oder einer besonderen Bescheinigung nachzuweisen. Wegen der Einzelheiten vgl. Abschn. 42e Abs. 1 und 2 UStR mit Beispielen. Zu den Fällen der Frachtnachnahme im Zusammenhang mit gebrochenen innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen vgl. Abschn. 42e Abs. 3 UStR.

Tz. 80 Ort der Leistung, die im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung steht

§ 3b Abs. 4 UStG



Das Beladen, Entladen, Umschlagen, Lagern und ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstands im Zusammenhang stehende Leistungen (vgl. Tz. 78) sind als unselbständige Nebentätigkeiten zur Güterbeförderung anzusehen, wenn sie vom Beförderungsunternehmer selbst erbracht werden. Diese Leistungen teilen das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung (Güterbeförderung) und werden dort ausgeführt, wo die Hauptleistung ausgeführt wird (Abschn. 29 UStR). Werden diese Leistungen von einem anderen Unternehmer erbracht, handelt es sich um selbständige Leistungen, deren Besteuerungsort sich grds. nach § 3b Abs. 2 UStG (Tätigkeitsstaat) richtet (vgl. Tz. 78). Stehen diese Leistungen mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung oder mit deren Vor- und Nachläufen im Zusammenhang und verwendet der Leistungsempfänger gegenüber dem leistenden Unternehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats (als des Tätigkeitsstaats), gelten diese Leistungen als in diesem Mitgliedstaat ausgeführt (§ 3b Abs. 4 UStG). Dies gilt auch, wenn der Empfänger dieser Leistungen mit dem Empfänger der innergemeinschaftlichen Güterbeförderung oder deren Vor- oder Nachläufen nicht identisch ist. Vgl. hierzu auch Sikorski, NWB F. 7 S. 6903 NWB EAAAC-43628.

Beispiel:

Unternehmer U in Bonn beauftragt unter Angabe seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer einen in Paris ansässigen Unternehmer mit der Entladung eines aus Bonn gekommenen Lkw. Leistungsort wäre grds. Paris, weil der Unternehmer hier tätig geworden ist. Da Auftraggeber U aber seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat, gilt die Leistung nach § 3b Abs. 4 UStG als in Deutschland ausgeführt. U ist Steuerschuldner (§ 13b Abs. 2 UStG).

Weitere Beispiele enthält Abschn. 42f Abs. 4 UStR. Der Zusammenhang zwischen den sonstigen Leistungen, die im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung stehen, und der innergemeinschaftlichen Güterbeförderung oder deren Vor- oder Nachläufen ist vom leistenden Unternehmer durch Angabe des Abgangs- und Bestimmungsorts der Gesamtbeförderung in einem branchenüblichen Dokument oder einer besonderen Bescheinigung nachzuweisen (vgl. Abschn. 42f Abs. 3 UStR). Zum Begriff des Leistungsempfängers und zur Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in diesen Fällen vgl. Tz. 79.

Tz. 81 Ort der Vermittlung einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung und einer sonstigen Leistung, die im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung steht

§ 3b Abs. 5 und 6 UStG

Die Vermittlung einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung oder deren Vor- oder Nachläufe wird nach § 3b Abs. 5 Satz 1 UStG grds. dort ausgeführt, wo die Beförderung des Gegenstands beginnt ( Abgangsort). Dies gilt unabhängig davon, wie sich der Ort der Beförderungsleistung nach § 3b Abs. 3 UStG bestimmt. Verwendet der Leistungsempfänger gegenüber dem Vermittler die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats (als dem des Abgangsorts), gilt die Leistung davon abweichend als in diesem Mitgliedstaat ausgeführt (§ 3b Abs. 5 Satz 2 UStG). Vgl. hierzu auch Sikorski, NWB F. 7 S. 6903 NWB EAAAC-43628.

Beispiel:

Unternehmer U aus Bonn beauftragt unter Angabe seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer einen holländischen Agenten, einen Gütertransport von Amsterdam nach Bonn zu vermitteln. Ort dieser Vermittlungsleistung wäre grds. der Abgangsort des Gütertransports, also Amsterdam. Da U aber seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, gilt die Leistung als in Deutschland ausgeführt. U ist Steuerschuldner (§ 13b Abs. 2 UStG). – Weitere Beispiele vgl. Abschn. 42g Abs. 1 UStR.

Die Vermittlung einer sonstigen Leistung i. S. des § 3b Abs. 2 UStG im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung oder deren Vor- oder Nachläufen wird nach § 3b Abs. 6 Satz 1 UStG grds. dort ausgeführt, wo diese Leistung selbst ausgeführt wird (Tätigkeitsort). Dies gilt unabhängig davon, wie sich der Ort der selbständigen Leistung nach § 3b Abs. 2 und 4 UStG bestimmt. Verwendet der Leistungsempfänger gegenüber dem Vermittler die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats (als des Tätigkeitsstaats), gilt die sonstige Leistung dagegen als in diesem Mitgliedstaat ausgeführt (§ 3b Abs. 6 Satz 2 UStG). Vgl. Beispiel in Abschn. 42g Abs. 2 UStR.

Zum Begriff des Leistungsempfängers und zur Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in diesen Fällen vgl. Tz. 79.

Tz. 82 Ort der Besorgung einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung und einer sonstigen Leistung, die im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung steht

Der Ort der Besorgung einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung bestimmt sich nach § 3b Abs. 3 UStG. Der Ort der Besorgung einer mit einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung oder deren Vor- oder Nachläufen zusammenhängenden sonstigen Leistung richtet sich nach § 3b Abs. 2 und 4 UStG. Wegen der Besorgungsleistungen s. Tz. 65.

Tz. 83 Besteuerungsverfahren bei innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen und damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen

Bei im Inland erbrachten innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen und damit zusammenhängenden Leistungen ist grds. der leistende Unternehmer Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Die Umsätze sind im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach §§ 16 und 18 Abs. 1–4 UStG zu versteuern. Werden die Umsätze allerdings von einem im Ausland ansässigen Unternehmer erbracht, schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn er Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistung für den unternehmerischen oder den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird (§ 13b Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit Abs. 2 UStG). Der leistende Unternehmer muss in diesem Fall eine Rechnung ohne offenen Ausweis von Umsatzsteuer ausstellen, in der er auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen hat (§ 14a Abs. 5 UStG). Die Umsätze sind vom Leistungsempfänger im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach §§ 16 und 18 Abs. 1–4a UStG zu versteuern.

Werden innergemeinschaftliche Güterbeförderungen und damit zusammenhängende Leistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbracht, entspricht das Verfahren dem in Deutschland. Steuerschuldner ist grds. der leistende Unternehmer (Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL = Art. 193 MwStSystRL). Ist jedoch der leistende Unternehmer in diesem Mitgliedstaat nicht ansässig, schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn er in diesem Mitgliedstaat umsatzsteuerlich erfasst ist (Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL = Art. 194 MwStSystRL). In diesen Fällen darf in der Rechnung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen leistenden Unternehmers keine Umsatzsteuer offen ausgewiesen werden.

Tz. 84 Ort der Lieferung bei innergemeinschaftlichen Beförderungs- und Versendungslieferungen an bestimmte Abnehmer

§ 3c UStG

a) Allgemeines

Wer Letztverbraucher in einem anderen Mitgliedstaat durch Beförderung oder Versendung beliefert, hat diese Lieferungen grds. im Bestimmungsland zu versteuern. Dies wird durch eine besondere Bestimmung des Orts der Lieferung in § 3c UStG ( Versandhandelsregelung, die aber nicht auf den eigentlichen Versandhandel begrenzt ist) erreicht, die für alle Fälle gilt, in denen ein Gegenstand – ausgenommen ein neues Fahrzeug (§ 3c Abs. 5 Satz 1 UStG) – im Wege der Versendung oder Beförderung an solche Abnehmer aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet (Tz. 22) in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (Tz. 21, 23) geliefert wird, die dort keinen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern haben (Anwendung der Versandhandelsregelung und Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs schließen sich aus; zur Erwerbsbesteuerung vgl. Tz. 25). Die Lieferung (auch Werklieferung, nicht aber Montagelieferung, vgl. Tz. 25) gilt abweichend von § 3 Abs. 6 UStG grds. dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung endet (§ 3c Abs. 1 Satz 1 UStG). Wird der Gegenstand vom Abnehmer abgeholt oder veranlasst dieser die Versendung, verbleibt es bei der Besteuerung im Ursprungsland. § 3c UStG findet auch in den Fällen Anwendung, in denen der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat, wenn er ihn in einem Mitgliedstaat zum freien Verkehr abfertigen lässt, bevor er in einen anderen Mitgliedstaat gelangt (§ 3c Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Lieferort verlagert sich – außer bei der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (§ 3c Abs. 5 Satz 2 UStG) – nur dann in das Bestimmungsland, wenn die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Lieferschwelle überschritten wird (§ 3c Abs. 3 UStG). Wird die Lieferschwelle nicht überschritten, kann der Unternehmer zur Besteuerung im Bestimmungsland optieren (§ 3c Abs. 4 UStG). Die Verlagerung des Lieferorts gilt für Versendungs- oder Beförderungslieferungen vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet und in umgekehrter Richtung. Vgl. zur Bestimmung des Lieferorts nach § 3c UStG Klein, UVR 2004 S. 121.

Hierzu ist auch Art. 22 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257) zu beachten, der Durchführungsvorschriften zur Versandhandelsregelung enthält. Diese Durchführungsvorschriften gelten mit Wirkung v. unmittelbar, ohne dass es einer Umsetzung in nationales Recht bedarf. Die Durchführungsvorschriften zur Versandhandelsregelung entsprechen – bis auf eine Ausnahme (Behandlung des Umsatzes mit dem die Lieferschwelle überschritten wird, vgl. insoweit Tz. 84, c) – der nationalen Gesetzeslage.

b) Voraussetzungen für die Verlagerung des Lieferorts

Erforderlich ist, dass der liefernde Unternehmer die Beförderung oder Versendung veranlasst hat und die Ware dabei in einen anderen Mitgliedstaat gelangt. Der Lieferort verlagert sich in den Mitgliedstaat, in dem die Ware ankommt, wenn die Lieferungsempfänger zu einem bestimmten Abnehmerkreis gehören. Dieser umfasst nach § 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG in erster Linie Privatpersonen (einschließlich Unternehmer, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen beziehen) und die in § 1c Abs. 1 UStG bezeichneten Einrichtungen (vgl. Tz. 29). Die weiteren in § 3c Abs. 2 Nr. 2 UStG bezeichneten Abnehmer sind im Inland mit dem Erwerberkreis (Schwellenerwerber) identisch, der nach § 1a Abs. 3 UStG die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des innergemeinschaftlichen Erwerbs nicht erfüllt und nicht für die Erwerbsbesteuerung optiert hat. Im Einzelnen sind dies Unternehmer mit ausschließlich steuerfreien Umsätzen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen; Kleinunternehmer; pauschalierende Land- und Forstwirte; juristische Personen, die Nichtunternehmer sind oder die Gegenstände nicht für ihr Unternehmen erwerben. Soweit die Schwellenerwerber in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, darf die vom jeweiligen Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle nicht überschritten sein. Die Erwerbsschwellen in den anderen Mitgliedstaaten betragen (vgl. Abschn. 42j UStR):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Belgien
11.200
Niederlande
10.000
Bulgarien
20.000
BGN
Österreich
11.000
Dänemark
80.000
DKK
Polen
10.000
Estland
160.000
EEK
Portugal
8.978
Finnland
10.000
Rumänien
10.000
Frankreich
10.000
Schweden
90.000
SEK
Griechenland
10.000
Slowakei
10.000
Irland
41.000
Slowenien
10.000
Italien
8.263
Spanien
10.000
Lettland
7.000
LVL
Tschechien
10.000
Litauen
35.000
LTL
Ungarn
10.000
Luxemburg
10.000
Vereinigtes Königreich
61.000
GBP
Malta
10.000
Zypern
6.000
CYP

Der maßgebliche Zeitpunkt für den Umrechnungskurs ist der Tag des Beitritts der betreffenden Staaten.

Der Lieferer kann davon ausgehen, dass die Voraussetzung in Bezug auf den Abnehmerkreis nach § 3c UStG als erfüllt gilt, wenn der Abnehmer das Geschäft ohne Angabe seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer abwickelt. Zur Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vgl. Tz. 79.

c) Lieferschwelle

Die Verlagerung des Lieferorts ist ferner davon abhängig, dass die Lieferungen des Unternehmers an den genannten Abnehmerkreis in den jeweiligen Mitgliedstaat (d. h. mitgliedstaatbezogene Ermittlung) die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Lieferschwelle überschreiten. Für Versendungsumsätze aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland beträgt die Lieferschwelle nach § 3c Abs. 3 Nr. 1 UStG 100.000 €. Hat der Gesamtbetrag der Entgelte für Versendungsumsätze (Betrag ohne Umsatzsteuer) an den genannten Abnehmerkreis im Inland diese Lieferschwelle im vorangegangenen Kalenderjahr überstiegen oder überschreitet sie im laufenden Kalenderjahr, befindet sich der Lieferort für diese Umsätze im Inland. In die Berechnung sind nur Versendungs- oder Beförderungsumsätze an den genannten Abnehmerkreis im Inland – ausgenommen neue Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtige Waren – einzubeziehen.

Wird bei Versendungsumsätzen eines deutschen Unternehmers an den genannten Abnehmerkreis in einem anderen Mitgliedstaat die dort maßgebliche Lieferschwelle im vorangegangenen Kalenderjahr oder im laufenden Kalenderjahr überschritten, sind diese Umsätze in dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Wird die Lieferschwelle nicht überschritten, sind die Lieferungen im Ursprungsland, aus deutscher Sicht also im Inland, zu versteuern. Die Lieferschwelle ist für jeden Mitgliedstaat gesondert zu berechnen. In die Berechnung sind nur Versendungs- oder Beförderungsumsätze an den genannten Abnehmerkreis in diesem Mitgliedstaat – ausgenommen neue Fahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtige Waren – einzubeziehen. Die maßgebenden Lieferschwellen in den anderen Mitgliedstaaten betragen (vgl. Abschn. 42j UStR):


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Belgien
35.000
Niederlande
100.000
Bulgarien
70.000
BGN
Österreich
100.000
Dänemark
280.000
DKK
Polen
35.000
Estland
550.000
EEK
Portugal
31.424
Finnland
35.000
Rumänien
35.000
Frankreich
100.000
Schweden
320.000
SEK
Griechenland
35.000
Slowakei
35.000
Irland
35.000
Slowenien
35.000
Italien
27.889
Spanien
35.000
Lettland
24.000
LVL
Tschechien
35.000
Litauen
125.000
LTL
Ungarn
35.000
Luxemburg
100.000
Vereinigtes Königreich
70.000
GBP
Malta
35.000
Zypern
20.000
CYP

Der maßgebliche Zeitpunkt für den Umrechnungskurs ist der Tag des Beitritts der betreffenden Staaten.

Die ab in Bezug auf die Umsätze des laufenden Jahrs in § 3c Abs. 3 Satz 1 UStG enthaltene Prognoseentscheidung war nicht EG-konform und wurde durch das StBereinG 1999 mit Wirkung v. durch die vorbeschriebene Regelung ersetzt. Nach der neuen Regelung kommt es zu einer Ortsverlagerung in den Bestimmungsmitgliedstaat, sobald die Lieferschwelle im laufenden Kalenderjahr überschritten wird und zwar für alle Umsätze, die nach dem Zeitpunkt des Überschreitens der Lieferschwelle bewirkt werden (keine Berichtigung für Umsätze bis zum Überschreiten der Lieferschwelle). Der Umsatz, mit dem die Lieferschwelle überschritten wird, unterliegt noch im Ursprungsland der Besteuerung (vgl. BT-Drucks. 14/1655). Wurde die Lieferschwelle bereits im vorangegangenen Kalenderjahr überschritten, gilt die Ortsverlagerung nach § 3c UStG im darauf folgenden Kalenderjahr in Bezug auf diesen Mitgliedstaat ab dem ersten Umsatz.

Die nationale Rechtsauffassung, dass der Umsatz, mit dem die Lieferschwelle überschritten wird, noch im Ursprungsland der Besteuerung unterliegt, ist ab dem obsolet. Art. 22 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1; vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6799 NWB NAAAC-19257) regelt eindeutig, dass der Versandhandelsumsatz, mit dem die Lieferschwelle überschritten wird, bereits im Bestimmungsland (und nicht mehr im Ursprungsland) zu besteuern ist. Diese Durchführungsvorschrift gilt mit Wirkung v. unmittelbar, ohne dass es einer Umsetzung in nationales Recht bedarf. Sie geht dem nationalen Recht vor.

d) Option zur Besteuerung im Bestimmungsland

Der Unternehmer, der mit seinen Beförderungs- und Versendungsumsätzen nicht die jeweilige Lieferschwelle des Bestimmungsmitgliedstaats überschreitet, kann auf die Anwendung der Vorschriften über die Lieferschwelle verzichten (d. h. zur Besteuerung im Bestimmungsland optieren). Die Option kann für jeden Mitgliedstaat einzeln erklärt werden. Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit Gebrauch, hat er alle Beförderungs- und Versendungsumsätze an den genannten Abnehmerkreis im Bestimmungsland zu versteuern. Er ist an die Option, die er gegenüber dem zuständigen Finanzamt im Ursprungsland zu erklären hat, für mindestens zwei Kalenderjahre gebunden. Zur Optionserklärung vgl. Tz. 25. Die Optionsentscheidung sollte auch dem Finanzamt im Bestimmungsland mitgeteilt werden.

e) Ausnahmen

Die Gesamtregelung des § 3c UStG gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge. Wird ein neues Fahrzeug in einen anderen Mitgliedstaat geliefert, wird die Lieferung unter den weiteren Voraussetzungen stets im Ursprungsland als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei gestellt; der Erwerb wird stets – auch bei dem Abnehmerkreis i. S. des § 3c Abs. 2 UStG – im Bestimmungsland der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs unterworfen (vgl. Tz. 25, 28).

Bei Beförderungs- und Versendungsumsätzen mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren (Mineralöl, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren) in einen anderen Mitgliedstaat an den genannten Abnehmerkreis gilt weder die Regelung über die Schwellenunternehmer noch über die Lieferschwelle. Beförderungs- und Versendungsumsätze mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren an Schwellenunternehmer unterliegen im Bestimmungsmitgliedstaat stets der Erwerbsbesteuerung (vgl. Tz. 25), so dass insoweit § 3c UStG keine Anwendung findet. Da die Lieferschwelle keine Anwendung findet, unterliegen Beförderungs- und Versendungsumsätze mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren an Privatpersonen (einschließlich Unternehmer, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen beziehen) und die in § 1c Abs. 1 UStG bezeichneten Einrichtungen immer (auch bei nur niedrigen Beträgen) der Besteuerung im Bestimmungsland nach § 3c UStG. Der ausländische Unternehmer kann im Inland die Regelung für Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht in Anspruch nehmen.

Tz. 85 Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs

§ 3d UStG

Der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs liegt nach § 3d Satz 1 UStG grds. immer dort, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (Ankunftsort). Es kommt nicht darauf an, ob die Beförderung oder Versendung durch den Lieferer oder den Erwerber veranlasst wird. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm nicht der Mitgliedstaat des Beförderungsendes, sondern ein anderer Mitgliedstaat erteilt hat, gilt der Erwerb so lange (auch) in dem Gebiet dieses (anderen) Mitgliedstaats nach § 3d Satz 2 UStG als bewirkt, bis der Erwerber die Besteuerung im Mitgliedstaat des Beförderungsendes nachweist (zur Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vgl. Tz. 79). Erbringt der Erwerber diesen Nachweis, wird eine etwaige Besteuerung im Inland nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG wieder rückgängig gemacht. Weitere Erläuterungen enthält Abschn. 42k UStR.

Beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft (vgl. Tz. 320) bewirkt der mittlere Unternehmer (erster Abnehmer) einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 3d Satz 1 UStG in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, und zugleich nach § 3d Satz 2 UStG in dem Mitgliedstaat, unter dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer er auftritt. Wird die Steuerschuld für die (Inlands-)Lieferung des ersten Abnehmers wirksam nach § 25b Abs. 2 UStG auf den letzten Abnehmer übertragen, gilt der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abnehmers nach § 25b Abs. 3 UStG im Ankunftsmitgliedstaat (§ 3d Satz 1 UStG) und – unter der Voraussetzung, dass er seiner Erklärungspflicht für die Zusammenfassende Meldung (ZM) nach § 18a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG in Bezug auf die von ihm bewirkte (Inlands-)Lieferung nachkommt – auch in dem Mitgliedstaat, unter dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer er aufgetreten ist (§ 3d Satz 2 UStG), als besteuert. Zur Rückgängigmachung einer etwaigen Erwerbsbesteuerung i. S. des § 3d Satz 2 UStG im Inland nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG muss der erste Abnehmer nachweisen, dass die Voraussetzungen des § 25b Abs. 3 UStG erfüllt sind und er seinen Erklärungspflichten für die Zusammenfassende Meldung nachgekommen ist.

Tz. 86 Ort der Lieferung während einer Beförderung an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn

§ 3e UStG

Nach § 3e Abs. 1 UStG wird der Ort der Lieferung von Gegenständen an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn (nicht erfasst: z. B. Reisebus) an den Abgangsort des jeweiligen Beförderungsmittels im Gemeinschaftsgebiet verlagert. Abgangsort ist der erste Ort innerhalb des Gemeinschaftsgebiets, an dem Reisende in das Beförderungsmittel einsteigen können (§ 3e Abs. 2 Satz 2 UStG). Diese Regelung weicht von dem Grundsatz des § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG ab, nach dem eine Lieferung dort ausgeführt wird, wo sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Sie geht als Sonderregelung den allgemeinen Regelungen zur Bestimmung des Lieferorts nach § 3 Abs. 6–8 UStG vor (§ 3 Abs. 5a UStG). Findet § 3e UStG keine Anwendung (weil die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind), kommen die allgemeinen Regelungen zur Bestimmung des Lieferorts zur Anwendung, auch wenn es sich um eine Lieferung während einer Beförderung an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn handelt.

Restaurationsumsätze werden aufgrund der EuGH-Rechtsprechung (, Faaborg-Gelting Linien, BStBl 1998 II S. 282) durch eine entsprechende klarstellende Rechtsänderung im Rahmen des Gesetzes zur Datenermittlung für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils am Umsatzsteueraufkommen und zur Änderung steuerlicher Vorschriften mit Wirkung v. als sonstige Leistungen eingestuft (§ 3 Abs. 9 Satz 4 UStG). Inhaltlich ist damit für § 3e UStG keine Änderung eingetreten: Für Restaurationsleistungen i. S. des § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG findet die Vorschrift keine Anwendung, wohl aber für Speisen und Getränke, die nicht zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden und für Lieferungen anderer Gegenstände. Zur Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung bei Restaurationsumsätzen vgl. auch die Fundstellen in Tz. 61 und Abschn. 25a UStR. Zum Bereithalten besonderer Vorrichtungen zum Verzehr an Ort und Stelle vgl. , BStBl 1999 I S. 1039, und v. - S 7100, UR 2000 S. 219; zur Umsatzbesteuerung der Restaurationsumsätze durch einen Imbissstand vgl. , BStBl 2000 II S. 482; zur Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen bei Kioskbetreibern und Partyservice-Unternehmern vgl. NWB YAAAA-88177; zur Behandlung von Restaurationsleistungen im Darreichungsbereich vgl. , UR 2002 S. 279; zur Besteuerung von Restaurationsumsätzen bei Außer-Haus-Verkauf vgl. NWB QAAAB-53869; zur Lieferung von Sparmenüs im Außer-Haus-Verkauf vgl. , UR 2005 S. 572; zur Behandlung von Restaurationsleistungen im Zusammenhang mit Kettengeschäften vgl. NWB CAAAB-53382, und NWB QAAAC-44379; zur Umsatzbesteuerung der Restaurationsumsätze vgl. NWB ZAAAB-42801 und v. - 7100 NWB XAAAC-80306; zur Umsatzbesteuerung der Restaurationsumsätze in sog. Multiplexkinos vgl. OFD Düsseldorf, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 1/2005 NWB YAAAB-41906; kritisch gegenüber der Verwaltungsauffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen eines Partyservice-Unternehmers, Wesselbaum-Neugebauer, DStR 2004 S. 16.

§ 3 Abs. 9 Satz 4 UStG, der die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle als sonstige Leistung definiert, und § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG, der bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von einer Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle auszugehen ist, wurden durch das JStG 2008 aufgehoben. Die Änderung tritt am (Tag nach der Verkündung des JStG 2008) in Kraft, vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6949 NWB UAAAC-66317, und Weber, BB 2007 S. 2603. Künftig richtet sich auch im Bereich der Restaurationsumsätze die Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen nach den für alle einheitlichen Leistungen geltenden allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen (vgl. Tz. 61). Liegen danach Lieferungen vor, findet § 3e UStG Anwendung. Für sonstige Leistungen gilt § 3e UStG demgegenüber nicht.

Die Lieferung der Gegenstände muss „während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets” erfolgen. Beförderung i. S. des § 3e Abs. 2 Satz 1 UStG ist jede Beförderung zwischen dem Abgangsort und dem Ankunftsort des (Personen-)Beförderungsmittels im Gemeinschaftsgebiet (d. h. sowohl Abgangsort als auch Ankunftsort liegen im Gemeinschaftsgebiet) ohne Zwischenaufenthalt im Drittlandsgebiet (z. B. ein Flug von Helsinki nach München über polnisches Hoheitsgebiet ohne Zwischenlandung in Polen). Beförderung in diesem Sinne ist aber auch der Teil einer Beförderung im Gemeinschaftsgebiet, deren Abgangs- bzw. Ankunftsort außerhalb des Gemeinschaftsgebiets liegen bzw. der nach oder vor einem Zwischenaufenthalt im Drittlandsgebiet erfolgt. Als Abgangs- (und damit Ort der Lieferung) bzw. Ankunftsort gilt in diesen Fällen der erste Ort im Gemeinschaftsgebiet, an dem Reisende in das Beförderungsmittel einsteigen, bzw. der letzte Ort im Gemeinschaftsgebiet, an dem Reisende das Beförderungsmittel verlassen können. Auch in diesem Fall liegt eine Abgabe während einer Beförderung im Gemeinschaftsgebiet nur insoweit vor, als sowohl der Abgangs- als auch der Ankunftsort bezogen auf die Teilbeförderung beide innerhalb der Gemeinschaft liegen. Hin- und Rückfahrt gelten jeweils als gesonderte Beförderungen.

Der Begriff „Zwischenaufenthalt außerhalb des Gemeinschaftsgebiets” ist weder in der nationalen Regelung noch in der dieser zugrunde liegenden Gemeinschaftsregelung in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL/MwStSystRL definiert. In der Literatur wird angenommen, dass es sich um einen Haltepunkt handeln muss, an dem Reisende planmäßig zusteigen bzw. das Beförderungsmittel verlassen können (Schlienkamp/Huschens in Plückebaum/Malitzky, § 3e Rn. 87; Langer in Reiß/Kraeusel/Langer, § 3e Rn. 19; Reiß in Rau/Dürrwächter, § 3e Rn. 21). Aufenthalte, bei denen Reisende lediglich das Beförderungsmittel kurzfristig verlassen können (z. B. für eine Besichtigung), stellen damit keine Zwischenaufenthalte i. S. des § 3e Abs. 2 Satz 1 UStG dar.

Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des BFH ( NWB PAAAB-16329, vgl. hierzu auch Jorczyk, IStR 2004 S. 447) hat der EuGH klargestellt, dass Aufenthalte eines Schiffs in Häfen von Drittländern, bei denen die Reisenden das Schiff, und sei es nur für kurze Zeit, verlassen können, „Zwischenaufenthalte außerhalb der Gemeinschaft” i. S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL (= Art. 37 MwStSystRL) sind. Die Möglichkeit des endgültigen Zu- oder Ausstiegs von Reisenden ist damit keine Voraussetzung für einen „Zwischenaufenthalt außerhalb der Gemeinschaft” i. S. der Vorschrift (, Köhler, BStBl 2007 II S. 150). Die Entscheidung des EuGH ist widersprüchlich (vgl. Vellen, UStB 2005 S. 327). Bei isolierter Betrachtung des o. g. Urteilstenors handelt es sich um „Zwischenaufenthalte außerhalb der Gemeinschaft” i. S. des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL (= Art. 37 MwStSystRL) mit der Folge, dass keine Abgabe während einer Beförderung im Gemeinschaftsgebiet vorliegt, da Abgangs- und Ankunftsort nicht beide innerhalb des Gemeinschaftsgebiets liegen. Bei Betrachtung der sehr knapp gehaltenen Urteilsgründe kommen dann aber erhebliche Bedenken auf, ob der EuGH eine Entscheidung mit einer derart weitreichenden Konsequenz überhaupt treffen wollte. In der entscheidenden Rn. 26 führt der EuGH aus: „Im Licht der Systematik und des Zwecks des Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL (= Art. 37 MwStSystRL) ist daher festzustellen, dass jede Lieferung von Gegenständen, die auf einem Schiff während eines Zwischenaufenthalts außerhalb der Gemeinschaft erfolgt, als außerhalb des Anwendungsbereichs der 6. EG-RL/MwStSystRL getätigt gilt; die steuerliche Behandlung der Lieferung von Gegenständen unterliegt in diesem Fall der Besteuerungskompetenz des Staates des Orts des Zwischenaufenthalts”. Danach wären im Fall eines Zwischenaufenthalts im Drittlandsgebiet nur die Lieferungen an Bord während des Aufenthalts des Schiffs nicht am Abgangsort, sondern im Drittlandsgebiet steuerbar. Für alle anderen, während der Beförderung bewirkten Lieferungen (vor und nach dem Zwischenaufenthalt), bliebe es bei der Steuerbarkeit am Abgangsort. Der BFH hat die EuGH-Entscheidung in seiner Nachfolgeentscheidung entsprechend eingeschränkt ausgelegt (, BStBl 2007 II S. 139). Der BFH hat entschieden, dass Lieferungen von Gegenständen während einer Kreuzfahrt an Bord eines Schiffs grds. steuerbar sind, wenn die Kreuzfahrt in Deutschland beginnt und dort oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet endet. Ausgenommen von der Steuerbarkeit seien lediglich Lieferungen während eines Zwischenaufenthalts des Schiffs in Häfen von Drittländern, bei denen die Reisenden das Schiff, und sei es auch nur für kurze Zeit, verlassen können. Ein solcher Zwischenaufenthalt führt also nicht dazu, dass die Regelung des § 3e UStG (Abgangsort als Ort der Lieferung) nicht anwendbar ist. Vielmehr wird diese Regelung lediglich während eines solchen Zwischenaufenthalts ausgesetzt. Ausgenommen aus der Besteuerung am Abgangsort sind also lediglich Lieferungen während eines Zwischenaufenthalts des Schiffs im Drittland, bei dem die Reisenden das Schiff – und sei es nur für kurze Zeit – verlassen können, sowie während des Aufenthalts des Schiffs im Hoheitsgebiet dieses Staats (Abschn. 42l Satz 2 UStR).

Nicht erforderlich ist, dass sich das Beförderungsmittel zum Lieferzeitpunkt im Gemeinschaftsgebiet befindet. Die Lieferung selbst kann auch außerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgen, soweit die Beförderung zwischen einem Abgangsort und einem Ankunftsort innerhalb der Gemeinschaft erfolgt ( NWB FAAAA-79230).

Tz. 87 Ort der unentgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen

§ 3f UStG

Ort der unentgeltlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen i. S. von § 3 Abs. 1b und 9a UStG ist der Ort des Unternehmens oder der Betriebsstätte. Die Vorschrift beruht auf der Erwägung, dass Wertabgaben aus dem Unternehmen am Sitz des Unternehmens/der Betriebsstätte stattfinden. Weitere Erläuterungen enthält Abschn. 42m UStR.

Gemeinschaftsrechtlich gibt es keine entsprechende ausdrückliche Regelung. Als Spezialregelung geht § 3f UStG den allgemeinen Ortsregelungen der §§ 33e UStG vor. Das dürfte auch gemeinschaftsrechtlich bei unentgeltlicher Lieferung und Verwendung von Gegenständen (§ 3 Abs. 1b und § 9a Nr. 1 UStG) unproblematisch sein. Bei anderen sonstigen Leistungen gehen möglicherweise die dem Art. 9 Abs. 2 der 6. EG-RL (= Art. 45 f. MwStSystRL) entsprechenden Vorschriften vor (vgl. Sölch/Ringleb, UStG, § 3f Rn. 4 und 12):

Beispiel:

Der Unternehmer setzt zur Errichtung seines Ferienhauses in Italien Arbeitnehmer aus seinem inländischen Bauunternehmen ein. Für diese andere sonstige Leistung i. S. von § 3 Abs. 9a UStG ist der Ort gem. § 3f UStG das Inland, gem. Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL (= Art. 45 MwStSystRL) aber Italien (Ort, an dem das Grundstück belegen ist).

Es dürfte jedoch bislang eine sehr theoretische Erwägung sein, „Eigenverbrauch” in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Unternehmenssitzes (in dem die Steueranmeldung erfolgt) erfassen zu können. Ggf. müsste der Unternehmer nur für diese „gleichgestellte” Leistung eine Steueranmeldung abgeben.

Tz. 88 Ort der Lieferung von Gas oder Elektrizität

§ 3g UStG

§ 3g UStG regelt die Bestimmung des Orts der Lieferung von Gas oder Elektrizität. Damit ist die RL 2003/92/EG des Rates zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich der Vorschriften über den Ort der Lieferung von Gas und Elektrizität vom (ABl EU 2003 Nr. L 260 S. 8) in nationales Recht umgesetzt. Danach gilt bei einer Lieferung von Gas über das Erdgasnetz oder von Elektrizität an einen Unternehmer, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Gegenstände in deren Lieferung besteht und dessen eigener Verbrauch dieser Gegenstände von untergeordneter Bedeutung ist (Wiederverkäufer von Gas oder Elektrizität), als Lieferort der Ort, wo der Abnehmer sein Unternehmen betreibt. Wird allerdings die Lieferung an die Betriebsstätte eines derartigen Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend (§ 3g Abs. 1 UStG). Eine Lieferung erfolgt an eine Betriebsstätte, wenn sie ausschließlich oder überwiegend für diese bestimmt ist; Abschn. 38 Abs. 2 UStR gilt sinngemäß. Dementsprechend ist auf die Bestellung durch und die Abrechnung für Rechnung der Betriebsstätte abzustellen (, BStBl 2005 I S. 849). Die Regelung gilt unabhängig davon, wie der Wiederverkäufer die gelieferten Gegenstände tatsächlich verwendet. Somit gilt diese Regelung auch für die für den eigenen Verbrauch des Wiederverkäufers gelieferte Menge. Dies ist insbesondere von Bedeutung bei der Verwendung für eigene Zwecke in eigenen ausländischen Betriebsstätten und ausländischen Betriebsstätten des Organträgers; auch insoweit verbleibt es bei der Besteuerung im Sitzstaat, soweit nicht unmittelbar an die ausländische Betriebsstätte geliefert wird.

Bei einer Lieferung von Gas über das Erdgasnetz oder von Elektrizität an andere als die oben bezeichneten Abnehmer (d. h. an Abnehmer, die keine Wiederverkäufer sind) gilt als Ort der Lieferung der Ort, wo der Abnehmer (Unternehmer oder Privater) die Gegenstände tatsächlich nutzt oder verbraucht. Der Ort des tatsächlichen Verbrauchs ist normalerweise der Ort, wo sich der Zähler des Abnehmers befindet. Soweit die Gegenstände von diesem Abnehmer nicht tatsächlich genutzt oder verbraucht werden, gelten sie als an dem Ort genutzt oder verbraucht, wo der Abnehmer seinen Sitz, eine Betriebsstätte, an die die Gegenstände geliefert werden, oder seinen Wohnsitz hat (§ 3g Abs. 2 UStG). Im Ergebnis führt dies dazu, dass im Fall des Weiterverkaufs von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität für den Erwerb dieser Gegenstände stets das Empfängerortprinzip gilt. Da Gas und Elektrizität allenfalls in begrenztem Umfang gespeichert werden, steht regelmäßig bereits bei Abnahme von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität fest, in welchem Umfang ein Wiederverkauf erfolgt. Auf die Lieferung von Gas oder Elektrizität, deren Lieferungsort sich nach § 3g Abs. 1 oder 2 UStG bestimmt, sind die Vorschriften über den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1a Abs. 2 UStG) und das einer Lieferung gleichgestellte innergemeinschaftliche Verbringen (§ 3 Abs. 1a UStG) nicht anzuwenden (§ 3g Abs. 3 UStG).

Als Wiederverkäufer i. S. der Vorschrift wird ein Unternehmer angesehen, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität im Wiederverkauf dieser Gegenstände besteht. Maßgebend ist dabei nicht die Gesamttätigkeit des Wiederverkäufers, sondern nur dessen Tätigkeit in der Sparte „Kauf von Gas oder Elektrizität”. Darüber hinaus muss der Verbrauch dieses Unternehmers zu eigenen (unternehmerischen oder nichtunternehmerischen) Zwecken von untergeordneter Bedeutung sein. Weiterführende Aussagen zur Wiederverkäufereigenschaft enthält das (BStBl 2005 I S. 849). Weitere Zweifelsfragen klärt das NWB IAAAC-26297.

Beim Bilanzkreisausgleich wird durch den Übertragungsnetzbetreiber durch Einspeisung und Ausspeisung von Energie die Spannung innerhalb des Übertragungsnetzes auf einem Niveau gehalten, damit eine möglichst verlustfreie Durchleitung der Elektrizität möglich ist. Neben dem eigentlichen Energiepreis (Primärenergiepreis) beinhaltet der den angeschlossenen Übertragungsnetzbetreibern in Rechnung gestellte Betrag auch die Regelleistung des Übertragungsnetzbetreibers. Dieses Entgelt (Regelenergiepreis) deckt alle entstehenden Betriebskosten ab und ist damit wesentlich höher als der Primärenergiepreis. Die Abgabe von Energie im Rahmen des Bilanzkreis- oder Regelzonenausgleichs vollzieht sich daher nicht als eigenständige Lieferung, sondern ist vielmehr als Nebenleistung zum Bilanz- bzw. Regelzonenausgleich anzusehen. Dementsprechend bleibt sie bei der Beurteilung der Wiederverkäufereigenschaft unberücksichtigt (NWB OAAAB-92054 und NWB IAAAC-26297).

Den Netzbetreibern entstehen im Einzelfall je nach tatsächlicher Durchleitung in unterschiedlicher Höhe Kosten für die (gegenüber den Stromhändlern) unentgeltliche Durchleitung von Energie. Um diese Kosten gleichmäßig auf alle Netzbetreiber und letztendlich auf alle Kunden zu verteilen, wird ein Differenzausgleich gezahlt. Dieser Differenzausgleich ist nicht mit einer tatsächlichen Leistung verbunden, insbesondere ist die Ausgleichszahlung keiner tatsächlichen Netzbelastung konkret zurechenbar. Der Differenzausgleich zwischen den Netzbetreibern ist somit umsatzsteuerrechtlich unbeachtlicht. Soweit hierüber bislang mit gesondertem Steuerausweis abgerechnet wurde, wird dies für Abrechnungszeiträume, die vor dem enden, nicht beanstandet (NWB OAAAB-92054, und NWB IAAAC-26297).

Bezüglich der Lieferung von Gas ist die Anwendung der Sonderregelung auf Lieferungen über das Erdgasnetz beschränkt. Die Sonderregelung findet damit z. B. keine Anwendung auf den Verkauf von Erdgas in Flaschen, die Befüllung von Gastanks mittels Tanklastzügen oder andere Gastypen, die nicht über das Erdgasnetz geliefert werden. Sie findet aber in Bezug auf Gas für alle Druckstufen und in Bezug auf Elektrizität auf alle Spannungsstufen Anwendung.

Die neue Ortsregelung für die Lieferung von Gas oder Elektrizität geht einher mit einer Einfuhrbefreiung (vgl. Tz. 144), einer besonderen Ortsregelung für mit der Lieferung von Gas oder Elektrizität unmittelbar zusammenhängenden sonstigen Leistungen (vgl. Tz. 72) und einer Ausdehnung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (vgl. Tz. 212). Vgl. zur Neuregelung des grenzüberschreitenden Handels mit Gas oder Elektrizität auch Huschens NWB F. 7 S. 6385 NWB QAAAB-41268; Sobotta, NWB F. 7 S. 6533 NWB AAAAB-60933; Birgel, UVR 2005 S. 172; Nieskens, UR 2005 S. 57; Schlecker/Lang, UVR 2005 S. 100; Vellen, UR 2005 S. 133; Wäger, UStB 2004 S. 424, Weber, DStZ 2005 S. 109, und Zwingel/Koslowski, IStR 2005 S. 268.

Im Hinblick auf die unterschiedliche Behandlung bestimmter Fälle von grenzüberschreitenden Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität in den EU-Mitgliedstaaten vor der Umsetzung der RL 2003/92/EG des Rates zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich der Vorschriften über den Ort der Lieferung von Gas und Elektrizität v. (ABl EU 2003 Nr. L 260 S. 8) hat die Finanzverwaltung eine Vereinfachungsregelung getroffen. Sie gilt für Unternehmer, die bis zum ausgeführte Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität als bewegte Lieferung behandelt haben. Die Einzelheiten entfällt das (BStBl 2005 I S. 849).

Nach dem Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) erhalten Anlagenbetreiber i. S. des EEG die erhöhte Einspeisevergütung auch für Elektrizität, die tatsächlich in ihrem eigenen Netz oder in dem Netz eines Dritten verbraucht und nicht physisch in das Netz des Netzbetreibers eingespeist wird. Diese „Elektrizität” wird dem Netzbetreiber lediglich kaufmännisch-bilanziell, d. h. als rechnerisch durch Zählerstände ermittelter Posten, angeboten (§ 4 Abs. 5 EEG). Unter der Voraussetzung, dass ein Stromlieferungsvertrag abgeschlossen wurde, ist der Netzbetreiber zur Zahlung der Vergütung nach dem EEG auch in diesem Fall verpflichtet. Die nach § 4 Abs. 5 EEG kaufmännisch-bilanziell eingespeiste Elektrizität wird auch umsatzsteuerrechtlich vom Anlagenbetreiber an den Netzbetreiber geliefert. Die Einspeisevergütung ist Entgelt für die kaufmännisch-bilanziell eingespeiste Elektrizität ( NWB QAAAC-36616). Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der sog. kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung im Fall einer von der öffentlichen Hand betriebenen Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien vgl. ergänzend NWB AAAAC-43800.

Zur Durchführung von Stromspotgeschäften mit negativem Kaufpreis s. auch Tz. 61.

Zur Lieferortbestimmung bei der Lieferung von Kissengas in einer Gaskaverne vgl. Nebeling, UR 2008 S. 459.

III. Steuerbefreiungen und Steuervergütungen

Tz. 89 Grenzüberschreitende Güterbeförderungen

§ 4 Nr. 3 Buchst. a UStG

Eine Beförderung von Gegenständen ist grenzüberschreitend, wenn die Beförderung sich sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstreckt (§ 3b Abs. 1 Satz 3 UStG). Von der Steuerbefreiung der grenzüberschreitenden Güterbeförderungen sind innergemeinschaftliche Güterbeförderungen (die Beförderung beginnt und endet in dem Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten) mit dem Wegfall der Einfuhrumsatzsteuer innerhalb der EU seit dem ausgenommen (vgl. , BStBl 1994 I S. 321). Sie werden als einheitliche, unteilbare Leistung (§ 3b Abs. 3 UStG) besteuert (Tz. 79). Spediteuren und anderen Unternehmern, die steuerfreie Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 3 UStG ausführen (z. B. Frachtführern, Verfrachtern, Lagerhaltern und Umschlagunternehmern) kann auf Antrag ein Verfahren zur erleichterten Trennung der Bemessungsgrundlagen gestattet werden (vgl. dazu , BStBl I 2009 S. ▪).

Steuerfrei sind die grenzüberschreitenden Beförderungen (auch das Schieben und Schleppen im Schiffsverkehr) von Gegenständen mit eigenen, gemieteten oder gecharterten Fahrzeugen jeder Art (Kraftfahrzeuge, Luftfahrzeuge, Eisenbahn, Schiff, Floß, Rohrleitung) und die Beförderungen im internationalen Eisenbahnverkehr. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass die Leistungen im Inland steuerbar sind. Eine Leistung ist im Inland steuerbar, wenn der Ort der Leistung (insbesondere nach § 3b UStG) im Inland liegt. Die bezeichneten Umsätze müssen weiterhin umsatzsteuerrechtlich selbständig zu beurteilende Leistungen (Hauptleistungen) sein. Die Beförderungsleistung muss entweder den alleinigen Gegenstand des Umsatzgeschäfts bilden oder bei Zusammentreffen mit anderen Leistungen eine selbständige Hauptleistung darstellen. Ist die Leistung nur eine unselbständige Nebenleistung zu einer Hauptleistung, teilt sie deren umsatzsteuerrechtliches Schicksal. Vortransporte zu sich anschließenden Luftbeförderungen sind keine unselbständigen Nebenleistungen. Hingegen ist die Beförderung im Eisenbahngepäckverkehr als unselbständige Nebenleistung zur Personenbeförderung anzusehen. Zum Eisenbahngepäckverkehr zählt auch der „Auto-im-Reisezugverkehr” (vgl. Abschn. 45 Abs. 1 UStR). Nebenleistungen sind i. d. R. auch die Beförderungen des Reisegepäcks von Reisenden in Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen. Ist die Beförderung nur ein Teil oder nur eine Nebenleistung einer Warenlieferung, liegt wirtschaftlich ein einheitlicher Vorgang vor und die Beförderung teilt umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung. Die Beförderungskosten sind dann ein Teil des Lieferungsentgelts. Das gilt unter diesen Umständen selbst dann, wenn Lieferungen und Beförderungsleistungen getrennt entgegengenommen worden sein sollten und wenn für die beiden Arten der Geschäftsvorfälle getrennte Rechnungen erteilt wurden.

Steuerfrei sind aufgrund § 3 Abs. 11 UStG auch Leistungen im Rahmen der sog. Dienstleistungskommission (Tz. 65), wenn es sich bei den an den Unternehmer und von ihm als erbracht geltenden Leistungen um grenzüberschreitende Güterbeförderungen oder um Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr i. S. des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG handelt (vgl. Abschn. 32 UStR).

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 5 UStG auch Vermittlungsleistungen, wenn es sich bei den vermittelten Leistungen um grenzüberschreitende Güterbeförderungen oder um Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr i. S. des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG handelt. Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn der Unternehmer in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt. Diese Tätigkeit ist abzugrenzen von anderen ähnlichen Leistungen, wie z. B. der Nachweisleistung i. S. von § 652 BGB (Mäkler-Nachweis), Werbeleistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG), Leistungen im Rahmen der Dienstleistungskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) und Eigen- bzw. Kommissionsgeschäfte. Steuerfrei können auch Vermittlungsleistungen sein, die nicht unter § 4 Nr. 5 UStG fallen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die Lieferung von Waren vermittelt wird, die von einem inländischen Zolllager in den einfuhrumsatzsteuerrechtlich freien Verkehr gelangen (vgl. Beispiel 5 in Abschn. 47 Abs. 8 UStR).

Schaltet ein Frachtführer (Hauptfrachtführer) im Fall einer grenzüberschreitenden Güterbeförderung mehrere Unterfrachtführer ein, sind die Beförderungsleistung des Hauptfrachtführers und desjenigen Unterfrachtführers, der die grenzüberschreitende Beförderung durchführt, grenzüberschreitend i. S. des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG. Beförderungsleistungen im Inland durch andere Unterfrachtführer, die diesen Beförderungen vorangehen oder sich ihnen anschließen, sind steuerpflichtig, soweit sie nicht andere sonstige Leistungen i. S. des § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG sind. Spediteure sind in den Fällen des Selbsteintritts, der Spedition zu festen Kosten – Übernahmesätzen – sowie des Sammelladungsverkehrs umsatzsteuerrechtlich als Beförderer anzusehen. Beim Selbsteintritt führt der Spediteur die Beförderung selbst aus (§ 458 HGB). Bei Spedition zu festen Kosten hat sich der Spediteur mit dem Auftraggeber über einen bestimmten Satz der Beförderungskosten geeinigt (§ 459 HGB). Sammelladungsverkehr ist gegeben, wenn der Spediteur die Versendung des Gegenstands zusammen mit den Gegenständen anderer Auftraggeber bewirkt, und zwar aufgrund eines für seine Rechnung über eine Sammelladung geschlossenen Frachtvertrags (§ 460 HGB).

Im Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen ist verkehrsrechtlich davon auszugehen, dass den Frachtbriefen jeweils besondere Beförderungsverträge zugrunde liegen und dass es sich bei der Durchführung dieser Verträge jeweils um selbständige Beförderungsleistungen handelt. Dementsprechend ist auch umsatzsteuerrechtlich jede frachtbriefmäßig gesondert behandelte Beförderung als selbständige Beförderungsleistung anzusehen.

Tz. 90 Grenzüberschreitende Güterbeförderungen und andere sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Einfuhr

§ 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG

Steuerfrei nach § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind insbesondere die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen und die Beförderungen im internationalen Eisenbahnverkehr bis zum ersten Bestimmungsort in der Gemeinschaft sowie Güterbeförderungen, die im Anschluss an eine Beförderung zu einem weiteren Bestimmungsort im Gemeinschaftsgebiet durchgeführt werden, z. B. durch Rollfuhrunternehmer vom Flughafen, Binnenhafen oder Bahnhof zum Empfänger oder aufgrund einer nachträglichen Verfügung. § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist auch anwendbar auf den Umschlag und die Lagerung von eingeführten Gegenständen. Als Umschlag wird das Umladen von Gütern von einem Beförderungsmittel auf ein anderes bzw. das Be- und Entladen des Beförderungsmittels am Beginn bzw. Ende der Beförderung angesehen. Umschlagsleistungen sind im Prinzip alle Leistungen, die unmittelbar mit der Benutzung der entsprechenden Anlagen und Vorrichtungen zusammenhängen. § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist des Weiteren anwendbar auf die handelsüblichen Nebenleistungen, die bei grenzüberschreitenden Güterbeförderungen oder bei den vorbezeichneten Leistungen vorkommen. Dazu gehören u. a. Warenmessungen, Warenqualitätsuntersuchungen, Ziehen von Warenproben, Anmelden zur Abfertigung zum freien Verkehr, Erledigung sonstiger Zollformalitäten, Liegegelder bei der Verlängerung der Lade- oder Löschzeit bei Schiffen, Wiegeleistungen, Beeisung von Kühltransporten, Plombieren, Verpackungsleistungen wie z. B. seetaugliche Verpackung von Gegenständen für Zwecke der Beförderung zur See, Gestellung von Packarbeitern, Verleih von Packmitteln oder etwa Decken, Krangebühren, Hafengebühren, Ufergelder und Kaigelder, Warenuntersuchungen, z. B. von Rohstoffen aus Übersee im Ankunftshafen, etwa Untersuchungen (Analysen) von Öl- und Fettproben, Arbitrage (durch Sachverständige vorgenommene Schiedsuntersuchung über Warenmängel mit verbindlicher Wirkung). Unter § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG fallen schließlich auch die Besorgung all dieser Leistungen sowie Vermittlungsleistungen, für die die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG nicht in Betracht kommt.

Die genannten Leistungen müssen sich auf Gegenstände der Einfuhr beziehen. Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in die Gemeinschaft verbracht wird (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG; Art. 30 MwStSystRL). Die Einfuhr der Gegenstände muss nicht notwendigerweise im Inland (Deutschland) erfolgen, sondern kann auch in einem anderen EU-Mitgliedstaat bewirkt werden. Ein Gegenstand der Einfuhr ist im Hinblick auf den Einfuhrbegriff somit ein Gegenstand, der aus dem Drittlands- in das Gemeinschaftsgebiet gelangen soll, sich daher im Zustand der Einfuhr befindet und zu diesem Zweck z. B. befördert, umgeschlagen oder gelagert wird. Von einem Gegenstand der Einfuhr kann nicht mehr die Rede sein, sobald der Gegenstand zoll- und einfuhrumsatzsteuerlich zum freien Verkehr abgefertigt ist. Auf den Sitz oder Wohnsitz des Auftraggebers kommt es bei den Leistungen nicht an, sie müssen also nicht an einen ausländischen Auftraggeber bewirkt werden.

Die Kosten für die sonstigen Leistungen müssen in der Bemessungsgrundlage für die Einfuhr enthalten sein (§ 11 UStG), d. h. die Leistungen müssen bereits über die Einfuhrumsatzsteuer besteuert werden. Diese Voraussetzung ist in den Fällen erfüllt, in denen die Kosten einer Leistung nach § 11 Abs. 1 oder 2 UStG und/oder § 11 Abs. 3 Nr. 3 und 4 UStG Teil der Bemessungsgrundlage für die Einfuhr geworden sind. Dies ist auch bei Gegenständen der Fall, deren Einfuhr nach den für die Einfuhrumsatzsteuer geltenden Vorschriften befreit ist (z. B. Umzugs- oder Messegut). Bei grenzüberschreitenden Beförderungen von einem Drittland in das Gemeinschaftsgebiet werden die Kosten für die Beförderung der eingeführten Gegenstände bis zum ersten Bestimmungsort im Gemeinschaftsgebiet in die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer einbezogen (§ 11 Abs. 3 Nr. 3 UStG). Beförderungskosten zu einem weiteren Bestimmungsort im Gemeinschaftsgebiet sind ebenfalls einzubeziehen, sofern dieser weitere Bestimmungsort im Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer bereits feststeht (§ 11 Abs. 3 Nr. 4 UStG). Dies gilt auch für die auf inländische oder innergemeinschaftliche Beförderungsleistungen und andere sonstige Leistungen entfallenden Kosten im Zusammenhang mit einer Einfuhr (Abschn. 47 Abs. 7 UStR).

Aus den Belegen muss sich ergeben, dass die Kosten für die Leistung in der Bemessungsgrundlage für die Einfuhr enthalten sind. Aus Vereinfachungsgründen wird jedoch bei Leistungen an ausländische Auftraggeber auf den Nachweis durch Belege verzichtet, wenn das Entgelt für die einzelne Leistung weniger als 100 € beträgt und sich aus der Gesamtheit der beim leistenden Unternehmer vorhandenen Unterlagen keine berechtigten Zweifel daran ergeben, dass die Kosten für die Leistung Teil der Bemessungsgrundlage für die Einfuhr sind. Als Belege kommen insbesondere in Betracht: zollamtliche Belege, schriftlicher Speditionsauftrag, Bordero, Doppel des Versandscheins. Dieser Belegnachweis führt in der Praxis zu Problemen, da er vielfach tatsächlich nicht erbracht werden kann. Insbesondere Unterfrachtführer sind regelmäßig nicht im Besitz zollamtlicher Belege. Gem. NWB XAAAC-47819 ist in diesen Fällen wie folgt zu verfahren: Liegen alle Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vor (einschließlich der buch- und belegmäßigen Nachweise), ist die Steuerbefreiung zwingend in Anspruch zu nehmen. Ist es dem leistenden Unternehmer jedoch nicht möglich, die entsprechenden Nachweise für die Steuerbefreiung zu führen, ist der Umsatz zwingend steuerpflichtig. Erfolgt die Beförderung und die Zollabfertigung durch verschiedene Beauftragte, wird in den Fällen, in denen der belegmäßige Nachweis nicht mittels zollamtlichem Beleg nach Abschn. 47 Abs. 4 Nr. 1 UStR geführt werden kann, als ausreichender Nachweis auch eine Bestätigung des Verzollungsspediteurs auf einem der in Abschn. 47 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 UStR genannten Belege anerkannt, wenn der Verzollungsspediteur in dieser eigenhändig unterschriebenen Bestätigung versichert, dass es sich bei den beförderten Gegenständen um Gegenstände der Einfuhr handelt, die zollamtlich abgefertigt wurden und die Beförderungskosten (des Beförderungsspediteurs) in der Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer enthalten sind. S. auch , BStBl 2005 I S. 834.

Bei Nachläufen im Eisenbahnfrachtverkehr im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung oder eine Beförderung im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr kann der Nachweis über die Einbeziehung der Beförderungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr durch – in Abschn. 47 Abs. 6 UStR abgedruckte – Bescheinigungen auf dem Frachtbrief erbracht werden, wenn der Absender im Ausland außerhalb der Gebiete des § 1 Abs. 3 UStG ansässig ist und die Beförderungskosten von ihm bezahlt werden.

Nicht befreit sind die Beförderungen aus einem Freihafen in das Inland, wenn sich die beförderten Gegenstände in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung (vgl. §§ 12a, 12b EUStBV) befinden bzw. befunden haben (§ 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 UStG).

Tz. 91 Grenzüberschreitende Beförderungen und andere sonstige Leistungen im unmittelbaren Zusammenhang mit Gegenständen der Ausfuhr oder Durchfuhr

§ 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG

Unter § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG fallen grenzüberschreitende Beförderungen von Gegenständen und Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr, wenn sie sich auf Gegenstände der Ausfuhr oder auf solche eingeführten Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren nach Orten im Drittlandsgebiet befördert werden. Zu den Zollverfahren nach Art. 4 Nr. 16 Buchst. b Zollkodex (ZK) gehören auch die sog. Versandverfahren. Dies ist der Oberbegriff für Verfahren wie z. B. das gemeinschaftliche/gemeinsame Versandverfahren oder das internationale Versandverfahren mit Carnet-TIR. Der Zollkodex unterteilt die Verfahren in externe und interne Versandverfahren (Art. 91 ff. und 163 ff. ZK). Im externen Versandverfahren werden zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten Nichtgemeinschaftswaren befördert, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben, anderen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen. In diesem Verfahren werden auch Gemeinschaftswaren befördert (vgl. Art. 91 Abs. 1 ZK). Das externe Versandverfahren gilt unbeschadet der besonderen Bestimmungen für die Beförderung von Waren, die sich in einem Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung (Art. 91 Abs. 3 ZK) befinden. Externe Versandverfahren sind bei der Beförderung von Nichtgemeinschaftswaren Nichterhebungsverfahren (Art. 84 Abs. 1 Buchst. a ZK). Das externe Versandverfahren endet, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren der Bestimmungszollstelle gestellt werden. Externe Versandverfahren finden also im Wesentlichen für die Beförderung von Drittlandswaren Anwendung, die sich in der Gemeinschaft nicht im zollrechtlichen freien Verkehr befinden.

Für die Steuerbefreiung kommen weiterhin in Betracht

  • inländische und innergemeinschaftliche Vortransporte, die einer grenzüberschreitenden Güterbeförderung oder einer Beförderung im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr vorangehen,

  • der Umschlag und die Lagerung von Gegenständen vor ihrer Ausfuhr oder im Laufe des Versandverfahrens, in diesem Zusammenhang vorkommende handelsübliche Nebenleistungen (vgl. Tz. 90)

  • sowie die Besorgung dieser Leistungen.

Als Gegenstände der Ausfuhr oder der Durchfuhr sind auch solche Gegenstände anzusehen, die sich vor der Ausfuhr im Rahmen einer Bearbeitung oder Verarbeitung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 UStG oder einer Lohnveredelung i. S. des § 7 UStG befinden. Die Steuerbefreiung erstreckt sich somit auch auf sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf diese Gegenstände beziehen.

Der Begriff Gegenstand der Ausfuhr ist nicht bedeutungsgleich mit dem Begriff der Ausfuhrlieferung. Zollrechtlich ist eine Ausfuhr ein Verbringen einer Ware in das Drittland. Dabei ist nicht Voraussetzung, dass diese Ware auch im Drittland verbleibt. Daraus folgt, dass eine grenzüberschreitende Beförderungsleistung auch dann steuerfrei ist, wenn die beförderten Gegenstände nicht im Zusammenhang mit einer steuerfreien Ausfuhrlieferung stehen (z. B. bei Umzugsgut). Es kommt nicht darauf an, ob es sich um eine „handelsübliche Nebenleistung” zu einer Güterbeförderung als Hauptleistung handelt. Für eine derartige Einschränkung besteht nach dem Wortlaut der Regelung kein Anhaltspunkt. Erforderlich ist jedoch ein unmittelbarer Bezug der Leistung zu Gegenständen der Ausfuhr. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn sich die Leistungen unmittelbar nur auf Beförderungsmittel beziehen, die Gegenstände der Ausfuhr transportieren, nicht aber auf die mit diesen Fahrzeugen beförderten Ausfuhrgegenstände (vgl. NWB AAAAC-79966, zur Organisation und Bewirtschaftung von Park- und Stauflächen für an- und abfahrende für Zwecke der zolltechnischen Abwicklung an der polnisch-deutschen Grenze).

Eine grenzüberschreitende Beförderung i. S. des § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG ist auch dann gegeben, wenn der Gegenstand vom Inland über einen anderen EG-Mitgliedstaat ins Drittlandsgebiet befördert wird. Auch wenn ein Unternehmer im Zusammenhang mit einer derartigen Beförderung den Gegenstand auf einer Teilstrecke vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, ist diese Leistung steuerfrei, wenn der Unternehmer die Ausfuhr des Gegenstands durch Belege nachweisen kann.

Folgende sonstige Leistungen sind nicht als Leistungen anzusehen, die sich unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr oder solche Gegenstände beziehen, die sich in einem externen Versandverfahren befinden:


  • Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit der Ausfuhr oder dem Versandverfahren. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 5 UStG ist möglich;

  • Leistungen, die sich im Rahmen einer Ausfuhr oder eines Versandverfahrens nicht auf die Gegenstände, sondern auf die Beförderungsmittel beziehen, vgl. dazu Abschn. 48 Abs. 2 UStR.

Bei einer Leistung, die sich unmittelbar auf einen Gegenstand der Ausfuhr oder auf einen eingeführten Gegenstand bezieht, der im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert wird, ist die Ausfuhr oder Wiederausfuhr durch Belege im Inland nachzuweisen (§ 20 Abs. 1 und 3 UStDV). Dieser Nachweis ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Als Ausfuhrbelege kommen insbesondere in Betracht Belege mit einer Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle, Versendungsbelege oder sonstige in §§ 911 UStDV genannte handelsübliche Belege. Zum Nachweis der Ausfuhr oder Wiederausfuhr bei Vortransporten im Luft- und Eisenbahnfrachtverkehr vgl. Abschn. 48 Abs. 5 und 6 UStR, zum Nachweis bei Leistungen im Zusammenhang mit Containern ausländischer Auftraggeber vgl. Abschn. 48 Abs. 9 UStR.

Aus den Belegen muss sich eindeutig und leicht nachprüfbar die Ausfuhr oder Wiederausfuhr des Gegenstands (§ 20 Abs. 1 UStDV) ergeben. Als Belege kommen insbesondere in Betracht: Frachturkunden, Ladeschein und Konnossement, schriftlicher Speditions-/Transportauftrag, Bordero, Doppel des Versandscheins, Ausfuhrbelege. In bestimmten Fällen (z. B. Güterbeförderungen in Freizonen) lässt sich aus den o. g. Belegen nicht immer erkennen, ob tatsächlich ein Ausfuhrfall vorliegt. In derartigen Fällen kann der Nachweis ergänzend durch ein Dokument des auftraggebenden Spediteurs/Hauptfrachtführers geführt werden, in dem dieser nach bestem Wissen und Gewissen versichert, dass sich die Beförderung aufgrund seiner Unterlagen, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind, unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr oder Wiederausfuhr bezieht. Zur Form dieser Versicherung gelten folgende Erleichterungen ( NWB XAAAC-47819): Auf die eigenhändige Unterschrift des auftraggebenden Spediteurs/Hauptfrachtführers kann verzichtet werden, wenn die für den Spediteur/Hauptfrachtführer zuständige Oberfinanzdirektion bzw. oberste Finanzbehörde dies genehmigt hat und in dem Beleg auf die Genehmigungsverfügung unter Angabe von Datum und Aktenzeichen hingewiesen wird.

  • Rechnen Spediteur/Hauptfrachtführer und Unterfrachtführer die Güterbeförderung durch Gutschrift ab, reicht es aus, wenn die Gutschrift neben der Abrechnung über die steuerfreie Güterbeförderung die o. g. Versicherung enthält.

  • Transportaufträge, die per Telefax übermittelt werden, können als Belegnachweis nur anerkannt werden, wenn die Übertragung – in Anlehnung an Tz. 2.2.3.1 des BStBl 2004 I S. 258 – von Standard-Telefax an Standard-Telefax erfolgt. Voraussetzung für die Anerkennung als ausreichender Belegnachweis ist, dass der ausstellende Spediteur/Hauptfrachtführer einen Ausdruck in Papierform aufbewahrt und der Unterfrachtführer den eingehenden Transportauftrag in ausgedruckter Form aufbewahrt. Sollte das Telefax auf Thermopapier ausgedruckt sein, ist es durch Kopiervorgang auf Papier zu konservieren. Bei allen anderen Telefax-Übertragungsformen sowie bei Übermittlung des Transportauftrags per E-Mail ist eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung für einen ausreichenden Belegnachweis erforderlich, um die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten zu gewährleisten.

  • Wird ein Transportauftrag im EDI-Verfahren übermittelt, kann als Belegnachweis die zusätzlich übermittelte Zusammenfassung der einzelnen Transportaufträge in Papierform oder in elektronischer Form, wenn diese mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde, anerkannt werden. Voraussetzung für die Anerkennung der im EDI-Verfahren übermittelten Transportaufträge ist, dass über den elektronischen Datenaustausch eine Vereinbarung nach Art. 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission v. über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl EG Nr. L 338 S. 98) besteht, in der der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

Tz. 92 Beförderungen von und nach den Regionen Azoren und Madeira

§ 4 Nr. 3 Buchst. b UStG

Nach § 4 Nr. 3 Buchst. b UStG sind steuerfrei die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden. Diese Regionen gehören zum portugiesischen Hoheitsgebiet und damit zum Gemeinschaftsgebiet. Bei einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung bestimmt sich der Ort der Leistung grds. nach dem Abgangsort (§ 3b Abs. 3 Satz 1 UStG). Verwendet jedoch der Leistungsempfänger gegenüber dem Beförderungsunternehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines EU-Mitgliedstaats, der nicht der EU-Mitgliedstaat ist, in dem der Abgangsort liegt (z. B. eine von Portugal vergebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für eine Beförderung von Deutschland nach den Azoren durch einen in Deutschland ansässigen Unternehmer), gilt die Beförderungsleistung als in dem Gebiet des anderen EU-Mitgliedstaats ausgeführt (§ 3b Abs. 3 Satz 2 UStG). Die hier in Rede stehenden Beförderungsleistungen können daher z. B. auch nach portugiesischem Recht (oder nach dem Recht eines anderen EU-Mitgliedstaats) umsatzsteuerfrei sein.

Tz. 93 Sonstige Leistungen im unmittelbaren Zusammenhang mit Gegenständen, deren vorübergehende Verwendung zollamtlich genehmigt worden ist

§ 4 Nr. 3 Buchst. c UStG

Nach § 4 Nr. 3 Buchst. c UStG sind auch sonstige Leistungen steuerbefreit, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2 UStG) ist. Sonstige Leistungen können alle im Zusammenhang mit der vorübergehenden Verwendung eingeführter Gegenstände erbrachte Leistungen sein, z. B. Leistungen der Messespediteure für ausländische Messeaussteller, Lagerung von Gegenständen, Leistungen im Zusammenhang mit einem Messeaufbau, Reparatur-/Instandsetzungsarbeiten. Für die eingeführten Gegenstände muss zollamtlich eine vorübergehende Verwendung bewilligt worden sein. Hiermit ist das entsprechende Zollverfahren gemeint. Die Vorschriften für die vorübergehende Verwendung von Nichtgemeinschaftswaren im Zollgebiet der Gemeinschaft sind in den Art. 137–144 ZK und in den Art. 553–584 der Durchführungs-Verordnung zum Zollkodex (ZK-DVO) enthalten. Nach Bewilligung einer vorübergehenden Verwendung können Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft bestimmt sind, unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendet werden (vgl. Art. 137 ZK). Voraussetzung ist, dass die Waren – abgesehen von einer Wertminderung durch die Verwendung – keine Veränderungen erfahren haben; d. h. insbesondere, dass an den Waren keine Be- oder Verarbeitungen vorgenommen werden dürfen. Allerdings schließt die Bewilligung des Verwendungsverkehrs alle sich anlässlich der Verwendung ergebenden Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten – auch durch Dritte – ein. Die vorübergehende Verwendung wird z. B. für Ausstellungsgut (Messen), Werbematerial, Warenmuster oder Berufsausrüstung bewilligt. Die Steuerbefreiung hat damit in erster Linie Bedeutung für Leistungen der Messespediteure für ausländische Messeaussteller. Weitere Voraussetzung der Steuerbefreiung ist, dass die zollamtliche Bewilligung für eine vorübergehende Verwendung der eingeführten Gegenstände in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG bezeichneten Gebieten erteilt worden ist, also im Inland und in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg. Die nach § 4 Nr. 3 Buchst. c UStG begünstigte sonstige Leistung muss an einen ausländischen Auftraggeber i. S. des § 7 Abs. 2 UStG als Leistungsempfänger erbracht werden. Der aus dem Umsatzgeschäft Berechtigte und Verpflichtete muss also ein ausländischer Auftraggeber sein. Steuerpflichtig sind sonstige Leistungen i. S. des § 4 Nr. 3 Buchst. c UStG, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.

Tz. 94 Ausnahmen von der Steuerbefreiung für sonstige Leistungen nach § 4 Nr. 3 UStG

Nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 3 UStG fallen Be- oder Verarbeitungen von Gegenständen einschließlich der Werkleistungen i. S. von § 3 Abs. 10 UStG. Diese Leistungen können aber nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 7 UStG steuerbefreit sein. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 UStG ist ausgeschlossen für die umsatzsteuerrechtlich selbständigen Umsätze, die in § 4 Nr. 8 (Geld- und Kapitalverkehr), Nr. 10 und 11 UStG (Versicherungsleistungen) bezeichnet sind. Das gilt nicht für unselbständige Nebenleistungen zu einer steuerfreien Beförderung oder zu einer steuerfreien Besorgung einer Beförderung, z. B. für die Besorgung einer Versicherung von zu befördernden Gegenständen durch den Unternehmer, der auch die Beförderung der versicherten Gegenstände durchführt oder besorgt.

Tz. 95 Buchmäßiger Nachweis bei sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der Einfuhr oder Ausfuhr

§ 21 UStDV

Der Unternehmer hat die jeweiligen Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 UStG im Inland buchmäßig nachzuweisen. Sie müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus seiner Buchführung zu ersehen sein. Der Buchnachweis ist neben dem Belegnachweis die zweite materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 3 UStG. Kann der Buchnachweis nicht geführt werden, wird die Steuerbefreiung nicht gewährt. Regelmäßig sollen aufgezeichnet werden Art und Umfang der sonstigen Leistung, Name und Anschrift des Auftraggebers, Tag der sonstigen Leistung, das vereinbarte oder das vereinnahmte Entgelt und der Tag der Vereinnahmung, in Einfuhrfällen die Einbeziehung der Kosten für die Leistung in die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr, in Fällen der Ausfuhr oder des externen Versandverfahrens die Ausfuhr oder Wiederausfuhr der Gegenstände.

Tz. 96 Lieferungen von Gold an Zentralbanken

§ 4 Nr. 4 UStG

Unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4 UStG fallen Goldlieferungen sowohl an die Deutsche Bundesbank als auch an die Europäische Zentralbank. Die Steuerbefreiung erstreckt sich ferner auf Goldlieferungen, die an Zentralbanken anderer Staaten oder an die den Zentralbanken entsprechenden Währungsbehörden anderer Staaten bewirkt werden. Es ist hierbei nicht erforderlich, dass das gelieferte Gold in das Ausland gelangt (Abschn. 51 UStR). Die Steuerbefreiung bezieht sich einerseits nur auf Lieferungen, andererseits nur auf sog. Währungsgold und nicht auf sog. Anlagegold. Hierfür gilt die mit Wirkung v. eingeführte Steuerbefreiung nach § 25c UStG (vgl. Tz. 308). Gelangt das Gold im Rahmen der Lieferung in einen anderen EU-Mitgliedstaat oder in ein Drittland, kommt die Steuerbefreiung nicht nach § 4 Nr. 4 UStG, sondern nach § 6a bzw. § 6 UStG in Betracht.

Tz. 97 Umsatzsteuerlagerregelung

§ 4 Nr. 4a UStG

Nach § 4 Nr. 4a UStG sind die folgenden Umsätze steuerfrei: die Lieferungen der in der Anlage 1 zum UStG bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die vorangegangene Lieferung, den vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die vorangegangene Einfuhr. Das gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Dem steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach § 4 Nr. 4a Buchst. b UStG begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen.

Unter die Steuerbefreiung fallen auch die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.

Wegen weiterer Einzelheiten s. § 4 Nr. 4a UStG und , BStBl 2004 I S. 242.

Tz. 98 Lieferungen, die Einfuhren vorangehen

§ 4 Nr. 4b UStG

Nach § 4 Nr. 4b UStG ist die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen steuerfrei, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den vor der Einfuhr liegenden Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Durch die Regelung werden Lieferungen von Gegenständen befreit, die sich in einem Zollverfahren (Nichterhebungsverfahren) befinden, wenn der Abnehmer der Lieferung oder ein späterer Abnehmer dieses Verfahren beendet. Eine Besteuerung wird durch die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer sichergestellt. Unternehmer, die nur Drittlandswaren liefern, die sich nicht im zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr befinden, müssen sich nicht im Inland für Umsatzsteuerzwecke erfassen lassen. Zu den Nichtgemeinschaftswaren gehören nach Art. 4 Nr. 8 ZK auch Waren, die aus der gemeinsamen Be- oder Verarbeitung von Gemeinschafts- und Nichtgemeinschaftsware entstehen. Nach Art. 114 Abs. 1 Buchst. a ZK werden grds. nur Nichtgemeinschaftswaren in das Verfahren der aktiven Veredelung nach dem Nichterhebungsverfahren übergeführt, bei der Veredelung verwendete Gemeinschaftswaren aber nicht. Durch das „Hinzufügen” von Nichtgemeinschaftswaren verlieren die Gemeinschaftswaren allerdings ihren zollrechtlichen Status „Gemeinschaftswaren” und werden zu Nichtgemeinschaftswaren. Gelangt das Endprodukt in den Wirtschaftskreislauf der EU (z. B. durch Abfertigung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr), entstehen Einfuhrabgaben. Soweit der Unternehmer, der den Gegenstand eingeführt hat, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann er unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Die Lieferung des im Rahmen der aktiven Veredelung bearbeiteten Gegenstands ist nach § 4 Nr. 4b UStG umsatzsteuerfrei, wenn der Abnehmer der Lieferung oder dessen Beauftragter den Gegenstand einführt. Zu Einzelheiten s. , BStBl 2004 I S. 242.

Tz. 99 Steuerfreie Vermittlungsleistungen

§ 4 Nr. 5 UStG

Steuerfrei ist die Vermittlung folgender Umsätze:

  • Ausfuhrlieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 UStG); damit ist die Vermittlung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) nicht steuerfrei;

  • Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 4 Nr. 1 Buchst. a, § 7 UStG);

  • Umsätze für die Seeschifffahrt und die Luftfahrt (§ 4 Nr. 2, § 8 UStG);

  • grenzüberschreitende Beförderungen von Gegenständen und andere Beförderungen und damit im Zusammenhang stehende sonstige Leistungen (§ 4 Nr. 3 UStG);

  • Lieferungen von Gold an Zentralbanken (§ 4 Nr. 4 UStG);

  • Umsätze im Rahmen der Umsatzsteuer-Lagerregelung (§ 4 Nr. 4a UStG);

  • Lieferungen, die einer Einfuhr vorangehen (§ 4 Nr. 4b UStG);

  • Lieferungen und sonstige Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf bestimmten Bahnhöfen und Betriebsstrecken (§ 4 Nr. 6 Buchst. a UStG);

  • Lieferungen bestimmter eingeführter Gegenstände an im Drittlandsgebiet ansässige Abnehmer (§ 4 Nr. 6 Buchst. c UStG);

  • bestimmte Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland (§ 4 Nr. 6 Buchst. d UStG);

  • Abgabe von Speisen und Getränken im Seeverkehr zwischen inländischen und ausländischen bzw. zwischen ausländischen Seehäfen (§ 4 Nr. 6 Buchst. e UStG);

  • Umsätze an NATO-Vertragsparteien (§ 4 Nr. 7 Buchst. a UStG);

  • Umsätze an die in einem anderen Mitgliedstaat stationierten NATO-Streitkräfte (§ 4 Nr. 7 Buchst. b UStG);

  • Umsätze an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen (§ 4 Nr. 7 Buchst. c UStG);

  • Umsätze an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige zwischenstaatliche Einrichtungen (§ 4 Nr. 7 Buchst. d UStG);

  • grenzüberschreitende Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen (§ 4 Nr. 5 Buchst. b UStG);

  • Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden (§ 4 Nr. 5 Buchst. c UStG);

  • Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 UStG als im Inland ausgeführt zu behandeln sind (§ 4 Nr. 5 Buchst. d UStG).

Der Vermittler (z. B. Handels- oder Schiffsmakler) kann für einen im Inland oder im Ausland ansässigen Auftraggeber (Geschäftsherr) tätig werden. Hierunter fallen auch gelegentliche Vermittlungen eines Unternehmers. Die Anerkennung einer Tätigkeit als Vermittlungsleistung erfordert ein Handeln im fremden Namen für fremde Rechnung. Das muss den Beteiligten gegenüber deutlich zum Ausdruck kommen. Für die Annahme einer Vermittlungsleistung reicht es aus, dass der Unternehmer eine Vermittlungsvollmacht, keine Abschlussvollmacht besitzt (vgl. § 84 HGB). Als „Vermitteln” kann es nicht angesehen werden, wenn jemand nur irgendeine Bedingung für den Abschluss des Vertrags setzt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermittler Verbindungen zum Dritten aufnimmt und auf diesen einwirkt, einen Vertrag mit dem Auftraggeber zu schließen (vgl. , BStBl 1995 II S. 427). Handelsübliche Nebenleistungen sind im Rahmen des § 4 Nr. 5 UStG nur steuerfrei, wenn sie als unselbständige Teile einer steuerfreien Vermittlungsleistung anzusehen sind, z. B. die Übernahme des Inkassos oder der Entrichtung der Eingangsabgaben durch den Vermittler. Vermittlungsleistungen liegen auch dann vor, wenn der Unternehmer als Untervertreter eines Generalvertreters tätig wird, vorausgesetzt, der Untervertreter bewirkt seine Leistungen im Einvernehmen mit dem Leistungsträger. Wird der Untervertreter lediglich im Auftrag des Generalvertreters ohne Einvernehmen mit dem Leistungsträger tätig, erbringt er keine Vermittlungsleistung, sondern eine andere sonstige Leistung. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB ist Gegenleistung für bereits erbrachte Vermittlungsleistungen. Er ist die zusätzliche Vergütung für die vor dem Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste und keine Vergütung für eine – gegenüber der Vermittlungsleistung – selbständige Leistung des Handelsvertreters. Sind die Vermittlungsleistungen, für die der Handelsvertreter die Ausgleichszahlung erhält, steuerfrei (z. B. nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG für im Ausland bewirkte Geschäfte), erfasst die Steuerbefreiung auch den Ausgleichsanspruch als (zusätzlichen) Entgeltbetrag.

Eine steuerfreie Vermittlung liegt nur vor, wenn die Leistung an eine Vertragspartei erbracht wird und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird; der Leistung muss also ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem leistenden Unternehmer und einer Vertragspartei zugrunde liegen. Für das Vorliegen einer Vermittlungsleistung reicht nicht aus, dass der leistende Unternehmer im Auftrag eines Dritten das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen (vgl. , BStBl 2003 II S. 958). Der Begriff der Vermittlung ist in § 4 UStG einheitlich auszulegen. Unter Berücksichtigung des BFH-Urteils V R 5/03 können daher insbesondere Untervermittlungsumsätze nicht mehr nach § 4 UStG steuerbefreit sein, es sei denn, die besondere Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 11 UStG ist einschlägig. (vgl. , BStB 2004 I S. 1199).

Tz. 100 Vermittlungsleistungen der Reisebüros

§ 4 Nr. 5 Satz 2 UStG

Steuerfrei sind auch Vermittlungsleistungen der Reisebüros, die unter § 4 Nr. 5 UStG fallen. Nicht steuerfrei ist allerdings die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Vermittelt das Reisebüro die Reiseleistungen im Auftrag des Leistungsträgers (Regelfall, vgl. nachfolgenden Absatz), ist nur die Vermittlung solcher Tätigkeiten nicht steuerfrei, für die das Reisebüro dem Reisenden ein gesondertes Entgelt berechnet, z. B. einen Zuschlag zu dem vom Leistungsträger geforderten Entgelt oder gesonderte Kosten (z. B. Telefon- oder Telexkosten, Visabeschaffungsgebühren, besondere Bearbeitungsgebühren).

Steuerfrei ist insbesondere die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für sog. Leistungsträger (z. B. Hotels, Beförderungsunternehmer), meist auf der Grundlage international geltender Übereinkommen. Das gilt auch für ein Reisebüro als Untervertreter eines Generalvertreters, sofern es seine Leistungen im Einvernehmen mit dem Leistungsträger bewirkt. Es ist unerheblich, von wem das Reisebüro die Provision erhält (Leistungsträger, zentrale Verrechnungsstelle) oder ob es die Provision in der vertraglich zulässigen Höhe selbst berechnet und dem Leistungsträger nur den Preis abzüglich der Provision überweist. Als steuerfreie Vermittlungsleistungen der Reisebüros an die Leistungsträger kommen z. B. in Betracht die Vermittlung von grenzüberschreitenden Personenbeförderungen (ggf. einschließlich der Ausgabe von Fahrausweisen) mit Flugzeugen oder Seeschiffen, die Vermittlung von Personenbeförderungen im Drittland mit Beförderungsmitteln jeder Art (ggf. einschließlich der Ausgabe von Fahrausweisen), vgl. § 4 Nr. 5 Buchst. b und c UStG. Die Vermittlung von ausländischen Unterkünften ist nicht steuerbar, da der Ort der Leistung nicht im Inland liegt.

Erbringen Reiseveranstalter Reiseleistungen im eigenen Namen i. S. des § 25 Abs. 1 UStG, bestimmt sich der Ort der Reiseleistungen nach § 3a Abs. 1 UStG, also nach dem Sitz des Reiseveranstalters oder nach einer Betriebsstätte, von wo aus die Reiseleistung erbracht wird. Das gilt auch dann, wenn sich die jeweilige Reiseleistung ausschließlich aus einer oder mehreren der in § 4 Nr. 5 Buchst. b und c UStG bezeichneten Leistungen zusammensetzt. Die Vermittlung einer solchen Reiseleistung durch ein Reisebüro wird nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG dort erbracht, wo die Reiseleistung selbst erbracht wird, also an dem Ort, wo der Reiseveranstalter sein Unternehmen betreibt oder wo sich dessen Betriebsstätte befindet, von wo die Reiseleistung erbracht wird. Hat der Reiseveranstalter seinen Sitz in Deutschland, ist die Vermittlungsleistung des Reisebüros deshalb steuerbar. Hat der Reiseveranstalter seinen Sitz oder seine Betriebsstätte im Ausland (in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittland), ist die Vermittlung einer Reiseleistung nicht steuerbar. Die Vermittlung von Reiseleistungen (§ 25 UStG), die im Inland steuerbar sind, ist steuerpflichtig. Es handelt sich, auch wenn die Reise ins Drittlandsgebiet führt, insbesondere nicht um einen Umsatz i. S. des § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG, der ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt wird. Die Vermittlung einer Reiseleistung ist auch dann steuerpflichtig, wenn sich die betreffende Reiseleistung aus einer oder mehreren in § 4 Nr. 5 Buchst. b und c UStG bezeichneten Leistungen zusammensetzt.

Aus Vereinfachungsgründen kann der Verkauf von Einzelflugtickets (Linienflugscheine, IT-Flugscheine, Weichwährungstickets und Charterflugscheine) für grenzüberschreitende Flüge durch Reisebüros oder Tickethändler (Consolidators) als steuerfreie Vermittlungsleistung behandelt werden (vgl. Abschn. 53a UStR). Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Hat z. B. das Reisebüro oder der Consolidator bei der Fluggesellschaft ein festes Kontingent an Flugtickets abgenommen, um sie mit anderen Leistungen als Pauschalreisen anzubieten, und verkauft er ein Restkontingent als Einzeltickets, liegt insoweit keine Vermittlungsleistung vor. Das Reisebüro wird in diesen Fällen als Einzelhändler tätig, mit der Folge, dass diese Leistungen steuerpflichtig sind. Reisebüros/Tickethändler müssen daher beim Erwerb der Flugtickets entscheiden, ob sie die Tickets einzeln „veräußern” oder zusammen mit anderen Leistungen in einem „Paket” anbieten wollen.

Soweit der Reiseveranstalter eine Reiseleistung mit eigenen Mitteln erbringt, besteht eine entsprechende Vermittlungsleistung des Reisebüros nicht in der Vermittlung einer Reiseleistung i. S. des § 25 Abs. 1 UStG, sondern in der Vermittlung von Einzelleistungen. Das gilt auch, wenn die vermittelten Leistungen in einer Summe angeboten werden und die Reisebüros für die Vermittlung dieser Leistungen eine einheitliche Provision erhalten. Die Reisebüros können die Provision für die teils nichtsteuerbare und teils steuerfreie Vermittlungsleistung in solchen Fällen in einer Summe aufzeichnen und sie hierbei entweder insgesamt den nichtsteuerbaren oder insgesamt den nach § 4 Nr. 5 (Buchst. b oder c) UStG steuerfreien Vermittlungsleistungen zuordnen. Das gilt auch in den Fällen, in denen der Reiseveranstalter zwar eine Pauschalreise unter Inanspruchnahme von Reisevorleistungen in eigenem Namen durchführt, diese aber nicht unter § 25 Abs. 1 UStG fällt, weil sie an einen anderen Unternehmer ausgeführt wird (vgl. Abschn. 53 Abs. 5 UStR). Zu weiteren Vereinfachungsregelungen hinsichtlich der Abrechnung der Vermittlungsleistungen von Reisebüros vgl. , BStBl 2000 I S. 458, und , BStBl 2001 I S. 98.

Durch Umstellung der Vertriebstrukturen sind bei einigen Luftverkehrsunternehmen die bisherigen Agenturverträge i. d. R. ab dem durch Vereinbarungen nach einem sog. Nullprovisionsmodell ersetzt worden. Die Reisebüros haben danach beim Verkauf von Flugscheinen keinen Anspruch auf (Grund-)Provision oder sonstiges Entgelt gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen mehr; z. T. ist eine Vermittlungstätigkeit für das Luftverkehrsunternehmen ausdrücklich ausgeschlossen. Werden Reisebüros beim Verkauf von Flugscheinen im Rahmen eines solchen Nullprovisionsmodells tätig, wird die Vermittlungsleistung gegenüber dem Reisenden erbracht. Hierfür erheben die Reisebüros von den Reisenden regelmäßig als Gebühren bezeichnete Beträge (z. B. sog. Service-Fee). Zu Einzelheiten der steuerlichen s. , BStBl 2006 I S. 308.

Tz. 101 Buchmäßiger Nachweis bei steuerfreien Vermittlungen

§ 22 UStDV

Der Unternehmer hat die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen des § 4 Nr. 5 UStG buchmäßig nachzuweisen. Der Buchnachweis und seine eindeutige, leichte Nachprüfbarkeit sind materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Regelmäßig aufgezeichnet werden soll die Vermittlung, der vermittelte Umsatz, der Tag der Vermittlung, Name und Anschrift des Unternehmers, der den vermittelten Umsatz ausgeführt hat, sowie das für die Vermittlung vereinbarte oder vereinnahmte Entgelt. Es reicht aus, wenn die erforderlichen Merkmale für den vermittelten Umsatz in den Aufzeichnungen festgehalten werden. In den Fällen des § 4 Nr. 5 Buchst. a UStG sollen sich die Aufzeichnungen auch darauf erstrecken, dass der vermittelte Umsatz unter eine der Steuerbefreiungen des § 4 Nr. 1 Buchst. a, 2–4, 6 und 7 UStG fällt. Dementsprechend sind in den Fällen des § 4 Nr. 5 Buchst. b und c UStG auch der Ort und in den Fällen des Buchst. b zusätzlich die Art des vermittelten Umsatzes aufzuzeichnen. Werden Einfuhrlieferungen vermittelt, genügen Angaben darüber, dass der Liefergegenstand im Zuge der Lieferung vom Drittland in das Inland gelangt ist.

Zum Nachweis der Richtigkeit dieser Aufzeichnungen sind im Allgemeinen schriftliche Angaben des Auftraggebers oder schriftliche Bestätigungen mündlicher Angaben des Auftraggebers durch den Vermittler über das Vorliegen der maßgeblichen Merkmale erforderlich. Der Nachweis kann auch durch geeignete Unterlagen über das vermittelte Geschäft geführt werden, wenn daraus der Zusammenhang mit der Vermittlungsleistung hervorgeht. Bei einer mündlich vereinbarten Vermittlungsleistung kann der Nachweis auch dadurch geführt werden, dass der Vermittler, z. B. das Reisebüro, den Vermittlungsauftrag seinem Auftraggeber, z. B. dem Beförderungsunternehmer, auf der Abrechnung oder dem Überweisungsträger bestätigt (Abschn. 54 Abs. 2 und 3 UStR).

Tz. 102 Bestimmte Umsätze der Eisenbahnen des Bundes an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland

§ 4 Nr. 6 Buchst. a UStG

Steuerfrei sind die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland. Es handelt sich hierbei insbesondere um die Überlassung von Anlagen und Räumen, um Personalgestellungen und um Lieferungen von Betriebsstoffen, Schmierstoffen und Energie.

Tz. 103 Lieferungen von eingeführten Gegenständen, deren vorübergehende Verwendung zollamtlich genehmigt worden ist, an im Drittland ansässige Abnehmer

§ 4 Nr. 6 Buchst. c UStG

Steuerfrei sind die Lieferungen einfuhrumsatzsteuerfrei eingeführter Gegenstände an im Drittland, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, ansässige Abnehmer. Dadurch wird erreicht, dass diese Gegenstände während der Dauer ihrer vorübergehenden Verwendung im Inland aus Vereinfachungsgründen nicht besteuert werden. Voraussetzung ist die zollamtlich bewilligte vorübergehende Verwendung (vgl. dazu Tz. 93). Diese Bewilligung muss auch nach der Lieferung gelten. Die Befreiung gilt nicht für die Lieferung von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der Abnehmer der Lieferung ein im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG, ansässiger Abnehmer ist. Der Abnehmer muss dort seinen Wohnort oder Sitz haben.

Tz. 104 Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland

§ 4 Nr. 6 Buchst. d UStG

Steuerfrei sind Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden.

Tz. 105 Restaurationsumsätze an Bord von Seeschiffen

§ 4 Nr. 6 Buchst. e UStG

Steuerfrei ist die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt zwischen einem inländischen und einem ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen sind auch die Freihäfen und die Häfen auf der Insel Helgoland. Die Steuerbefreiung bezieht sich in erster Linie auf den Fährverkehr zwischen deutschen und ausländischen Seehäfen. Sie umfasst die entgeltliche und die unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle an Passagiere und an die Arbeitnehmer, sofern die Abgabe eine selbständige Leistung ist. Nicht befreit ist die Lieferung von Speisen und Getränken. Zur Abgrenzung vgl. Tz. 48, 61.

Tz. 106 Leistungen an Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags sowie an ständige diplomatische Missionen, berufskonsularische Vertretungen und zwischenstaatliche Einrichtungen in anderen Mitgliedstaaten

§ 4 Nr. 7 UStG

Steuerfrei nach § 4 Nr. 7 Buchst. a UStG sind die Lieferungen (ausgenommen neue Fahrzeuge) und sonstigen Leistungen an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, die nicht unter das Offshore-Steuerabkommen, das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut und das Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen. Darunter fallen insbesondere wehrtechnische Gemeinschaftsprojekte der NATO-Partner, bei denen der Generalunternehmer im Inland ansässig ist. Die Befreiung umfasst auch Lieferungen von Rüstungsgegenständen.

Befreit nach § 4 Nr. 7 Buchst. b UStG sind diese (im Inland steuerbaren) Leistungen, wenn sie an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags (ausgenommen die Streitkräfte dieses Mitgliedstaats, z. B. im Vereinigten Königreich die britischen Streitkräfte) ausgeführt werden. Sind die NATO-Streitkräfte nicht in einem anderen EU-Mitgliedstaat stationiert, kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 7 Buchst. b UStG nicht in Betracht, gegebenenfalls jedoch nach Buchst. a. Der Gegenstand der Lieferung muss in den anderen Mitgliedstaat gelangen.

Befreit sind nach § 4 Nr. 7 Buchst. c und d UStG die Lieferungen (ausgenommen neue Fahrzeuge) und die sonstigen Leistungen an die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässigen ständigen diplomatischen Missionen, berufskonsularischen Vertretungen und zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder. In den Fällen der Lieferung muss der Gegenstand vom Unternehmer oder Abnehmer in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats befördert oder versendet werden. Der Kreis der begünstigten Leistungsempfänger ergibt sich aus den Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen bzw. aus den Übereinkommen über die Gründung der internationalen Einrichtungen bzw. die Festlegung ihres Sitzes. Der Umfang der Steuerbegünstigung ergibt sich für diplomatische Missionen und konsularische Einrichtungen i. d. R. aus gegenseitigen Vereinbarungen des Entsende- und des Akkreditierungsstaats. Für internationale Einrichtungen sind die steuerlichen Vergünstigungen in Privilegienprotokollen bzw. den Sitzstaatabkommen festgelegt.

Die Befreiung nach § 4 Nr. 7 Buchst. b–d UStG ist von den Voraussetzungen abhängig, die in dem Mitgliedstaat gelten, in dem die begünstigte Einrichtung oder Person ansässig ist (Gastmitgliedstaat). Der leistende Unternehmer hat diese Voraussetzungen durch eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem EU-einheitlichem Muster nachzuweisen (, BStBl 1994 I S. 218), die ihm die begünstigte Einrichtung oder Person aushändigt. Die Bescheinigung wird von der zuständigen Behörde des Gastmitgliedstaats oder wenn sie hierzu ermächtigt ist, von der begünstigten Einrichtung oder Person selbst ausgestellt. Werden im umgekehrten Fall Lieferungen oder sonstige Leistungen von einem anderen Mitgliedstaat aus an im Inland ansässige begünstigte Einrichtungen oder Personen ausgeführt, sind die in der Bundesrepublik geltenden Voraussetzungen für die Steuerbefreiung in dem anderen Staat maßgebend. Entsprechende Bescheinigungen erteilt – soweit erforderlich – das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).

Tz. 107 Steuerfreier Geld- und Kapitalverkehr

§ 4 Nr. 8 UStG

Bestimmte Umsätze im Geld- und Kapitalverkehr sind steuerfrei. Die Steuerbefreiung können nicht nur Kreditinstitute, sondern alle Unternehmer beanspruchen, die Umsätze der nachfolgenden Buchst. a–i ausführen. Eine Befreiung für bestimmte Goldumsätze ergibt sich aus der in § 25c UStG enthaltenen Sonderregelung für Anlagegold (Tz. 321).

a) Gewährung und Vermittlung von Krediten

Steuerfrei ist die Gewährung von Krediten und die Kreditbereitschaft einschließlich der Lombard- und Diskontgeschäfte gegen Zahlung eines besonderen Entgelts (Zinsen, Provisionen, Damnum, Gebühren usw.). Die Steuerbefreiung erfasst auch die unmittelbar mit der Kapitalnutzung zusammenhängenden Nebenleistungen, insbesondere den Auslagenersatz, z. B. Fernsprechgebühren, Portokosten, Schreib- und Buchungsgebühren, Auskunftsgebühren, Schätzgebühren und Fahrtkosten für die Besichtigung und Wertfeststellung des Sicherungsobjekts (, BStBl 1970 II S. 645), Nichtabnahmeentschädigungen und Vorfälligkeitsentschädigungen bei Nichtabnahme eines Hypothekendarlehens oder bei dessen vorzeitiger Rückzahlung – soweit nicht Schadensersatz vorliegt – (, BStBl 1980 II S. 538). Eine steuerfreie Kreditgewährung ist die Hingabe von Darlehen (und die Kreditbereitschaft) durch Bausparkassen aufgrund von Bausparverträgen gegen Zinsen, Verwaltungsgebühren, Abschluss- und Zuteilungsgebühren. Der Verkauf von Bausparvorratsverträgen durch Banken ist als einheitliche Leistung (Umsatz von Geldforderungen) nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfrei (s. Tz. 107). Als selbständige Leistungen steuerpflichtig sind die Herausgabe eines Nachrichtenblatts, die Bauberatung und die Bauaufsicht. Eine steuerfreie Kreditgewährung ist der Pfandleihkredit eines privaten oder öffentlichen Leihamts gegen Kapitalzinsen und Unkostenvergütungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher. Darunter fallen z. B. Kosten für die Schätzung des Pfandobjekts, für seine Aufbewahrung und Versicherung. Nicht dazu gehören die Kosten der Verwertung des Pfandgegenstands. Das Vorlegen des Kaufpreises durch einen Handelsvertreter für seinen Geschäftsherrn, der ihm dafür Skonti zahlt, ist eine steuerfreie Kreditgewährung.

Zur Behandlung der Leistungen im Zusammenhang mit Factoring vgl. im Einzelnen , BStBl 2004 I S. 737.

Eine steuerfreie Kreditgewährung liegt nicht vor, wenn einem Unternehmer Geld für dessen Unternehmen oder zur Durchführung einzelner Geschäfte gegen Beteiligung am Gewinn und Verlust zur Verfügung gestellt wird.

Steuerfrei ist ferner die Vermittlung von Krediten. Der Begriff der Vermittlung ist bei entsprechenden Umsätzen der in § 4 Nr. 8 und 11 UStG bezeichneten Art einheitlich auszulegen (vgl. , BStBl 2009 I S. 773). Unter die Kreditvermittlung fallen alle seine Erscheinungsformen, insbesondere die Vermittlung von Hypotheken, Schuldscheindarlehen, Grundpfandrechten. Eine steuerfreie Vermittlung von Krediten i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG führt nur aus, wer als Mittelsperson einer Vertragspartei die Gelegenheit zum Abschluss eines Kreditvertrags nachweist oder sonst als Mittelsperson das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Kreditvertrag schließen. Wer lediglich einen Teil der mit einem Kreditvertrag verbundenen Sacharbeit übernimmt oder lediglich einem anderen Unternehmer Vermittler zuführt und diese betreut, erbringt insoweit keine steuerfreie Vermittlungsleistung. Die Steuerbefreiung einer Kreditvermittlung setzt nicht voraus, dass es tatsächlich zur Kreditvergabe gekommen ist. Unbeschadet dessen erfüllen bloße Beratungsleistungen den Begriff der Vermittlung nicht (vgl. , BStBl 2007 I S. 947). Darf der Vermittler vereinbarungsgemäß in die Kreditanträge der Kreditkunden einen höheren Zins einsetzen, als die Bank ohne Einschaltung eines Vermittlers verlangen würde (Packing), ist die Zinsdifferenz das Entgelt für eine steuerfreie Vermittlungsleistung des Kreditvermittlers gegenüber der Bank.

Die Frage einer etwaigen Steuerbefreiung der Untervermittlung bei der Vermittlung von Krediten ist vom EuGH entschieden worden. Auf Vorabentscheidungsersuchen des NWB KAAAB-76937 hat der EuGH entschieden (vgl. , Volker Ludwig NWB PAAAC-49579), dass es sich bei der Tätigkeit des Untervertreters, die in Kreditvermittlung und Beratung besteht, um eine einheitliche Leistung handelt. Da der Untervertreter im Ausgangsfall nur für die Vermittlung, nicht aber für die Beratung vergütet werde, sei die Vermittlungsleistung als Hauptleistung und die Beratung grds. als bloße Nebenleistung anzusehen. Aufgrund des (BStBl 2004 I S. 1199) wurde es nicht beanstandet, wenn Vermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. b–g UStG (also nicht nach Buchstabe a) – bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen – als steuerfrei beurteilt worden sind bzw. werden, obwohl die vom BFH geforderte Voraussetzung, dass die Leistung an eine Partei des Vertrags erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird, nicht erfüllt ist. Diese Nichtbeanstandungsregelung war auf weiteres verlängert worden (, BStBl 2005 I S. 1043). Nach dem EuGH-Urteil ist festzustellen, dass die BFH-Auffassung bzw. die Umsetzung des , CSC Financial Services Ltd, EuGH 2001, I - 10237 NWB BAAAB-72666, unzutreffend war. Der EuGH hat entschieden, dass der Begriff der Vermittlung ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts ist. Er bezieht sich auf eine Tätigkeit einer Mittelsperson, die nicht Partei eines Vertrags über ein Finanzprodukt ist und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die im Rahmen solcher Verträge erbracht werden. Die Vermittlungstätigkeit ist eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Steuerbefreiung davon abhängt, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer Partei des Kreditvertrags besteht. Vielmehr ist auf die Art der erbrachten Leistung und ihren Zweck abzustellen. Eine Vermittlungsleistung kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Allerdings kann eine Kreditvermittlung (insoweit wiederholt der EuGH frühere Rechtsprechung) nur dann als von der Steuer befreiter Umsatz qualifiziert werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes ist, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt. Dagegen handelt es sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie z. B. der Erteilung von Informationen an die andere Partei oder der Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung der Wertpapiere, die Gegenstand des Vertrags sind. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein wie der Anbieter des Finanzprodukts und ist daher keine Mittelsperson, die nicht den Platz einer Vertragspartei einnimmt. Nach dieser Rechtsprechung des EuGH können sog. Untervermittlungsleistungen bei Kreditvermittlungen ebenfalls umsatzsteuerfrei sein; eine steuerfreie Kreditvermittlung setzt auch nicht voraus, dass ein Kontakt des Erbringers der Vermittlungsleistung zu beiden Vertragspartnern bestanden haben muss. Die insoweit abweichende nationale Rechtsauffassung – Abschn. 57 Abs. 8 UStR 2005 unter Hinweis auf die (BStBl 1995 II S. 427) und (BStBl 2003 II S. 958) sowie (BStBl 2006 II S. 282) – ist nicht mehr aufrecht zu erhalten (vgl. , BStBl 2007 I S. 947).

Steht die Kreditgewährung im Zusammenhang mit einer Warenlieferung, kann sie Nebenleistung zur Lieferung (nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfrei) sein. Bei Teilzahlungsgeschäften mit Eigenfinanzierung rechnen die dem Kunden berechneten Kreditzinsen dann nicht zum Entgelt für die Lieferung, wenn die Teilzahlung gegen jeweils gesondert vereinbartes und berechnetes Entgelt nach den Grundsätzen des § 4 Verbraucherkreditgesetz bewilligt wird. Die Teilzahlungszuschläge sind in diesem Fall das Entgelt für eine gesondert zu beurteilende Kreditleistung (, BStBl 1981 II S. 197). Diese Grundsätze sind auch in anderen Fällen anzuwenden, in denen der Unternehmer im Zusammenhang mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung einen Kredit gewährt. Die Kreditgewährung ist jedoch nur dann als gesonderte Leistung anzusehen, wenn eine eindeutige Trennung zwischen dem Kreditgeschäft und dem Hauptgeschäft (Lieferung oder sonstige Leistung) vorliegt. Dazu müssen das Hauptgeschäft und die Kreditgewährung mit den dafür aufzuwendenden Entgelten bei Abschluss des Gesamtgeschäfts gesondert vereinbart worden sein. Das für das gesamte Umsatzgeschäft vereinbarte Entgelt kann nicht nachträglich entsprechend aufgeteilt werden. Ferner muss in der Vereinbarung über die Kreditgewährung auch der Jahreszins angegeben werden, die Entgelte für die beiden Leistungen müssen getrennt abgerechnet werden.

Als Entgelt für gesonderte Kreditleistungen können auch Stundungs- und Zielzinsen angesehen werden. Kontokorrentzinsen sind stets Entgelt für eine Kreditgewährung, wenn zwischen den beteiligten Unternehmern ein echtes Kontokorrentverhältnis i. S. des § 355 HGB vereinbart worden ist. Bietet ein Unternehmer in seinen Zahlungsbedingungen die Gewährung von Skonto auf den ausgezeichneten Preis bei vorzeitiger Zahlung an und macht der Leistungsempfänger davon Gebrauch, führt der Skonto zu einer Entgeltminderung. Nimmt der Leistungsempfänger jedoch keinen Skonto in Anspruch und entrichtet er den Kaufpreis erst mit Ablauf der Zahlungsfrist, bewirkt der Unternehmer insoweit keine Kreditleistung. Im Versandhandel liegt auch dann eine einheitliche Warenlieferung (nicht zum Teil eine steuerfreie Kreditgewährung) vor, wenn der Käufer von der ihm eingeräumten Möglichkeit der Ratenzahlung Gebrauch macht und dadurch einen Barzahlungsrabatt in Höhe von 3 % des Katalogpreises einbüßt (, BStBl 1993 II S. 360). Entgeltminderungen, die sowohl auf steuerpflichtige Umsätze als auch auf die im Zusammenhang damit erbrachten steuerfreien Kreditgewährungen entfallen, sind anteilig dem jeweiligen Umsatz zuzuordnen.

Tritt der Verkäufer die Kaufpreisrestforderung zu einem festen Preis an einen anderen ab (z. B. an eine Bank), ist die Abtretung als Umsatz von Geldforderungen (s. Tz. 107) steuerfrei. Provisionen des Kunden an die Bank sind das Entgelt für eine steuerfreie Kreditgewährung. Schließt der Käufer allein oder mit dem Händler neben dem Kaufvertrag einen Kreditvertrag mit einem Finanzierungsinstitut ab (Teilzahlungsgeschäft mit Fremdfinanzierung), sind die Kreditkosten beim Händler kein Teil des Entgelts für die Lieferung.

Die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten ist seit nur steuerfrei, wenn sie eine Nebenleistung zur Kreditgewährung darstellt.

b) Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln und deren Vermittlung

Steuerfrei sind die Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln (kursgültige Münzen und Banknoten, auch in fremder Währung) sowie deren Vermittlung. Hiervon ausgenommen sind gesetzliche Zahlungsmittel, die wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt, d. h. als Waren gehandelt werden. Das trifft allgemein zu auf Goldmünzen in fremder Währung, sofern deren Umsatz nicht nach § 25c UStG steuerfrei ist (vgl. Tz. 321), sowie auf andere Münzen und Banknoten (in Euro oder in fremder Währung), wenn sie mit einem höheren Wert als ihrem Nennwert umgesetzt werden. Die Umsätze von Sammlermünzen unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen dem ermäßigten Steuersatz (vgl. Nr. 54 Buchst. c der Anlage 2 zum UStG).

Das Sortengeschäft (Geldwechselgeschäft) fällt auch dann unter die Befreiung, wenn die fremde Währung auf Wunsch des Käufers in kleiner Stückelung ausgezahlt wird und hierfür ein vom gültigen Wechselkurs abweichender Kurs berechnet wird oder Verwaltungszuschläge erhoben werden. Die Umwechslung oder der Umtausch von Geldsorten gegen Provisionen ist daher steuerfrei (Abschn. 59 Abs. 3 UStR).

Der ECOFIN-Rat hat am 17. 10. 2005 die VO (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL verabschiedet – mit Wirkung v. (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1). Durch die Verordnung werden erstmals Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL aufgrund der neuen Rechtsgrundlage in Art. 29a der 6. EG-RL erlassen. Die Durchführungsvorschriften dienen der einheitliche Anwendung der 6. EG-RL in den Mitgliedstaaten und sind sowohl für die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission als auch den EuGH rechtlich bindend. Die Vorschriften sind ausschließlich vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung an rechtsverbindlich und berühren nicht die Gültigkeit der von den Mitgliedstaaten in der Vergangenheit (d. h. bis zum Inkrafttreten der Verordnung) angenommenen Rechtsvorschriften und Auslegungen. Art. 15 der Verordnung regelt, dass die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 4 der 6. EG-RL (Umsätze mit Devisen, Banknoten und Münzen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind; entspricht § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG) keine Anwendung auf „Platin Nobels” findet. Die Regelung entspricht geltender Verwaltungsauffassung (vgl. Abschn. 59 Abs. 1 UStR).

c) Umsätze im Geschäft mit Forderungen und deren Vermittlung

Steuerfrei sind die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze. Hierzu rechnen insbesondere entgeltliche Forderungsabtretungen (z. B. beim echten Factoring), die Indossierung von Wechseln oder Schecks, die entgeltliche Übertragung von Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldforderungen, die Veräußerung eines Bausparvorratsvertrags, Nebenentgelte im Zusammenhang mit Umsätzen von Geldforderungen (z. B. Spesen, Porti, Fernsprechgebühren im bankmäßigen Wechsel- und Scheckgeschäft). Optionsgeschäfte mit Geldforderungen (auch mit Devisen) fallen ebenfalls unter die Befreiung (Abschn. 60 Abs. 4 UStR).

Keine Geldforderungen sind Sachforderungen (Forderungen auf geldwerte Berechtigung zur Ausführung oder zum Empfang von Umsätzen), z. B. die Veräußerung von abschöpfungsfreien Einfuhranrechten. Die Einziehung von Forderungen, z. B. durch Inkassobüros, ist von der Befreiung ausdrücklich ausgenommen. Dazu gehört auch der Aufkauf von Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos (, MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring-GmbH, EuGHE 2003, I - 6729 NWB BAAAB-72708). Bei Geschäften mit Warenforderungen (z. B. Optionen im Warentermingeschäft) handelt es sich ebenfalls um Umsätze im Geschäft mit Forderungen (vgl. , BStBl 2007 II S. 68, zum Begriff der „Geldforderungen”). Optionsgeschäfte auf Warenterminkontrakte sind nur dann nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfrei, wenn die Optionsausübung nicht zu einer Warenlieferung führt.

d) Umsätze im Einlagengeschäft usw.

Steuerfrei sind Umsätze im Einlagengeschäft. Darunter fallen z. B. Kontenauflösungen, Kontensperrungen, der Verkauf von Heimsparbüchsen, das Überlassen von Schließfächern, die Bearbeitung von Wohnungsbauprämienanträgen durch Bausparkassen und andere Institute gegen Gebühren. Steuerfrei sind ferner Umsätze im Kontokorrentverkehr sowie im Zahlungs- und Überweisungsverkehr. Hierzu rechnen die mit der Führung von Giro-, Lohn- oder Gehaltskonten zusammenhängenden Leistungen; Leistungen, die im Barzahlungsverkehr und im bargeldlosen Zahlungsverkehr anfallen (z. B. Ausführung von Überweisungsaufträgen und von Daueraufträgen, der Lastschriftverkehr, das Einlösen von Schecks, die Ausgabe von Scheckheften, der Firmeneindruck auf Zahlungs- und Überweisungsvordrucke, die Anfertigung von Kontoabschriften und Fotokopien). Die Steuerfreiheit der Umsätze im Zahlungsverkehr hängt nicht davon ab, dass der Unternehmer ein Kreditinstitut i. S. des § 1 Abs. 1 KWG betreibt (, BStBl 1998 II S. 106). Steuerfrei ist ebenfalls das Inkasso von Handelspapieren. Das sind Wechsel, Schecks, Quittungen und ähnliche Dokumente i. S. der „Einheitlichen Richtlinien für das Inkasso von Handelspapieren” der Internationalen Handelskammer. Die Befreiung erstreckt sich auch auf die Vermittlung der genannten Umsätze.

Umsätze im Überweisungsverkehr liegen nur dann vor, wenn die erbrachten Dienstleistungen eine Weiterleitung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen. Hierzu reicht die Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung nicht aus. Die Abgrenzung richtet sich danach, ob die Verantwortung des Leistenden sich nicht nur auf technische Aspekte, sondern auf die spezifischen und wesentlichen Elemente eines solchen Umsatzes erstreckt. Allein die Übertragung der Angaben auf den von den Banken übermittelten körperlichen Belegen für die EDV-mäßige Bearbeitung erfüllt die Voraussetzungen der rechtlichen und finanziellen Änderungen nicht. Entscheidend ist die Art der Leistung. Ob der Kunde oder die Bank Leistungsempfänger ist und wem gegenüber abgerechnet wird, ist ohne Bedeutung (vgl. , BStBl 2007 II S. 19).

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG gilt für die Leistungen der durch Outsourcing entstandenen Rechenzentren nicht, wenn sie die ihnen übertragenen Vorgänge sämtlich nur EDV-technisch abwickeln. Allerdings können Leistungen eines Rechenzentrums (Rechenzentrale) an Banken dann als Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr sowie im Zahlungs- und Überweisungsverkehr nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei sein, wenn diese Leistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der in dieser Vorschrift genannten Umsätze erfüllt. Das Betreiben eines automatisierten Überweisungssystems, das die Prüfung und Freigabe einzelner Überweisungsaufträge ermöglicht und die Kundenweisung dadurch umsetzt, dass der Überweisungsbetrag vom Konto des Bankkunden abgebucht und der Bank des Begünstigten gutgeschrieben wird, kann als Leistung im Überweisungsverkehr steuerfrei sein. Dass das Rechenzentrum hierbei aufgrund der inhaltlichen Vorgaben der Bank für die Ausführung der Kundenweisung keine dispositiven Entscheidungen zu treffen hat, ist unerheblich (vgl. , BStBl 2008 II S. 777).

e) Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren usw.

Steuerfrei sind die Umsätze von Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze. Wertpapiere sind z. B. Aktien, Kuxe, andere Anteile an Kapitalgesellschaften, Zertifikate über Shares, Aktienanteile, Genussscheine, Bezugsrechte auf Dividendenwerte, Kommanditanteile an einer GmbH & Co KG. Keine Wertpapiere sind sog. unvollkommene Inhaberpapiere (z. B. Fahrkarten) und die qualifizierten Legitimationspapiere (z. B. Pfandscheine), Lotterielose, Einfuhranrechte.

Die steuerfreie Vermittlung der Umsätze von Wertpapieren erfasst die sog. Botengeschäfte, bei denen der Unternehmer die Effektenumsätze im Namen und für Rechnung eines Dritten (Kunde, befreundete Bank) abschließt. Erhält ein Vermögensverwalter von einer Bank Provisionen für den An- und Verkauf von Wertpapieren im Namen und für Rechnung seines Mandanten, führt er an die Bank steuerfreie Wertpapierumsätze aus (, BStBl 2003 II S. 730).

Steuerfrei sind die Optionsgeschäfte mit Wertpapieren und deren Vermittlung (vgl. auch , BStBl 2007 II S. 68). Gegenstand des Optionsgeschäfts (Terminhandel) ist das Recht, eine bestimmte Anzahl von Wertpapieren innerhalb einer bestimmten Frist jederzeit zu einem festen Preis fordern (Kaufoption) oder liefern (Verkaufsoption) zu können. Die Steuerbefreiung umfasst den Abschluss von Optionsgeschäften und die Übertragung von Optionsrechten. Nicht steuerfrei ist eine während der Optionsfrist gegen besonderes Entgelt ausgeübte Kursbeobachtung.

Steuerfrei sind die sonstigen Leistungen im Emissionsgeschäft, z. B. Börseneinführungen von Wertpapieren, die Vermittlungstätigkeit der Kreditinstitute beim Absatz von Bundesschatzbriefen, die Übernahme und Platzierung von Neu-Emissionen. Die Beschaffung von Anschriften interessierter Wertpapieranleger fällt nicht unter die Befreiung.

Die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren (Depotgeschäft) ist von der Befreiung ausdrücklich ausgenommen. Das Depotgeschäft umfasst neben der Verwahrung von Wertpapieren sämtliche Formen ihrer Verwaltung, z. B. die Anfertigung von Depot-, Erträgnis- und Steuerkurswertaufstellungen, Depotübertragungen, das Inkasso von Zins- und Dividendenscheinen, Mitteilungen an Depotkunden nach § 128 AktG, die Vertretung bei Generalversammlungen.

Der Handel mit Treibhausgas-Emissionsberechtigungen (Übertragung von Rechten und damit auch von Berechtigungen i. S. des § 3 Abs. 4 TEHG) ist steuerpflichtig und unterliegt dem allgemeinen Steuersatz. Für Umsätze mit Derivaten von solchen Berechtigungen, die in börsengehandelten Wertpapieren verbrieft sind, kommt allerdings die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG in Betracht (vgl. , BStBl 2005 I S. 494.

Kontinuitätsprovisionen können Entgelt für steuerfreie Vermittlungsleistungen sein (vgl. NWB JAAAC-49114).

f) Umsätze und Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen

Steuerfrei sind die Umsätze und deren Vermittlung von Anteilen, die nicht in Wertpapieren verkörpert sind, z. B. an einer GmbH, OHG, KG, GbR, Partenreederei, Genossenschaft. Dazu rechnet auch die Vermittlung einer stillen Beteiligung (§ 230 HGB). Bei Kapitalgesellschaften sind in dem gleichzeitigen Wechsel sämtlicher Gesellschafter steuerfreie Umsätze von Gesellschaftsanteilen bzw. Wertpapieren zu sehen. Eine Publikums-KG tätigt dadurch, dass ihr Treuhandkommanditist zahlreiche Anleger an seinem Anteil beteiligt, steuerfreie Umsätze. Gleiches gilt, wenn die Anleger neben der Kommanditeinlage auch an einer stillen Beteiligung der Treuhandkommanditisten beteiligt sind. Auch die Umsätze mit Anteilen an einer atypisch stillen Gesellschaft sind steuerfrei (, BStBl 1996 II S. 250). Nicht unter die Befreiung fallen die entgeltliche Nießbraucheinräumung an GmbH-Anteilen, Quotenkäufe anlässlich von Kontingentierungszusammenschlüssen, die Beschaffung von Anschriften interessierter Kapitalanleger für einen Anlageberater, die Überlassung von Anteilen zur treuhänderischen Verwaltung (, BStBl 1998 II S. 413) sowie die Vermittlung von Mitgliedschaften in einem Idealverein.

Eine Personengesellschaft erbringt bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bar- oder Sacheinlage an diesen keinen steuerbaren Umsatz und damit auch keinen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfreien Umsatz (vgl. , BStBl 2004 II S. 1022). Das gilt auch für die Ausgabe von neuen Aktien zur Aufbringung von Kapital und die Aufnahme von atypisch stillen Gesellschaftern.

Zum Vorliegen einer Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften s. , BStBl 2003 II S. 618. Wer lediglich einem Anlageberater Anschriften von interessierten Kapitalanlegern beschafft, bewirkt keine Vermittlung i. S. des § 4 Nr. 8 UStG (, BStBl 1989 II S. 339). Die Vermittlung von erstmalig ausgegebenen Gesellschaftsanteilen ist steuerbar und steuerfrei (vgl. , Lipjes, EuGHE 2004, I - 5879 NWB IAAAB-79466). § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG enthält keine allgemeine Steuerbefreiung für Leistungen beim Vertrieb von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen, sondern erfasst nur die Vermittlung von Umsätzen mit derartigen Anteilen. Die steuerfreie Vermittlung muss sich auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen (vgl. , BStBl 2009 II S. 554; vgl. zur Anwendung des BFH-Urteils auch , BStBl 2009 I S. 773).

Gemeinsames Merkmal der nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG als Vermittlung steuerfreien Nachweis-, Verhandlungs- oder Kontaktaufnahmetätigkeit ist das Handeln gegenüber individuellen Vertragsinteressenten. Marketing- und Werbeaktivitäten, die darin bestehen, dass sich ein Vertriebsunternehmen nur in allgemeiner Form an die Öffentlichkeit wendet, sind mangels Handelns gegenüber individuellen Vertragsinteressenten keine Vermittlung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG. Marketing, Werbung und Vermittlung sind nicht aufgrund des bloßen Ziels, den Verkauf von Fondsanteilen zu fördern, Teil einer einheitlichen Leistung, wenn der Marketing- und Werbetätigkeit durch die Gestaltung von Emissionsprospekten und durch Schulungs- und Auskunftstätigkeiten, die der allgemeinen Produktinformation dienen, eigenständiger Charakter zukommt (, BStBl 2008 II S. 638).

Die Steuerfreiheit für die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG erfordert keine unmittelbare Beauftragung durch eine der Parteien des vermittelten Vertrags. Die Steuerfreiheit für die Vermittlung setzt eine Tätigkeit voraus, die einzelne Vertragsabschlüsse fördert. Eine der Art nach geschäftsführende Leitung einer Vermittlungsorganisation ist keine „Vermittlung” im Sinne von § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG (, BStBl 2008 II S. 641 – Änderung der Rechtsprechung; der BFH hat damit seine alte Rechtsprechung zur Umsatzsteuerpflicht bei der Untervermittlung von Krediten, die auch für die Untervermittlung von Fondsanteilen galt, aufgegeben. Untervermittler können umsatzsteuerfreie Leistungen beim Vertrieb derartiger Bank- und Finanzdienstleistungen erbringen. Die Untervermittlung weist die Besonderheit auf, dass der Vermittler nicht von einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages, sondern von einen anderen Vermittler beauftragt wird. Mit seinem Urteil folgt der BFH der Rechtsprechung des , Volker Ludwig NWB PAAAC-49579).

g) Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze

Steuerfrei ist die Übernahme und Vermittlung von Verbindlichkeiten, soweit hierin nicht lediglich (wie im Regelfall) eine Entgeltzahlung zu sehen ist; die Übernahme von Einlagen bei der Zusammenlegung von Kreditinstituten; die Übernahme und deren Vermittlung von Bürgschaften und anderen Sicherheiten, u. a. von Bankbürgschaften, Zoll- und Frachtbürgschaften, Bürgschaftsversicherungen, Kautionsversicherungen, Garantieverpflichtungen. Nicht steuerfrei ist die selbständige Verwaltung von Bürgschaften. Der EuGH hat das Vorabentscheidungsersuchen des NWB PAAAB-73454 entschieden, dass unter den Begriff der „Übernahme von Verbindlichkeiten” gem. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der 6. EG-RL nur Geldverbindlichkeiten fallen und nicht auch andere – geldwerte – Verbindlichkeiten, z. B. Dienstleistungsverpflichtungen (, Velvet & Steel Immobilien NWB SAAAC-44575).

Ein Garantieversprechen ist steuerfrei, wenn es ein vom Eigenverhalten des Garantiegebers unabhängiges Risiko abdeckt. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn lediglich garantiert wird, eine aus einem anderen Grund geschuldete Leistung vertragsgemäß auszuführen. Leistungen persönlich haftender Gesellschafter, für die eine unabhängig vom Gewinn bemessene Haftungsvergütung gezahlt wird, sind nicht steuerfrei, weil ein ggf. haftender Gesellschafter über seine Geschäftsführungstätigkeit unmittelbaren Einfluss auf das Gesellschaftsergebnis – und damit auf die Frage, ob es zu einem Haftungsfall kommt – hat.

h) Verwaltung von Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz usw.

Steuerfrei ist die Verwaltung von Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz. Der Geschäftsbereich von Kapitalanlagegesellschaften ist darauf gerichtet, das bei ihnen eingelegte Geld im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Einleger nach dem Grundsatz der Risikomischung in den gesetzlich zugelassenen Vermögensgegenständen gesondert vom eigenen Vermögen in bestimmten Investmentvermögen anzulegen und über die sich hieraus ergebenden Rechte der Anteilinhaber Urkunden (Anteilscheine) auszustellen. Als Investmentvermögen kommen Geldmarkt-, Wertpapier-, Beteiligungs-, Investmentfondsanteil-, Grundstücks- sowie gemischte Wertpapier- und Grundstücks- oder Altersvorsorge-Investmentvermögen in Betracht. Für die Verwaltung dieses Vermögens erhalten die Kapitalanlagegesellschaften eine Vergütung und den Ersatz für Aufwendungen (Entgelt für die steuerfreie Verwaltung). Die laufende Überwachung des Grundstücksbestands durch die Depotbank fällt nicht hierunter. Steuerfrei sind auch Tätigkeiten im Rahmen der Verwaltung von Investmentvermögen, die nach § 16 InvG von der Kapitalanlagegesellschaft auf ein anderes Unternehmen ausgelagert worden sind. Zur Unternehmereigenschaft bei Kapitalanlagegesellschaften und deren Sondervermögen bzw. bei Investmentaktiengesellschaften und deren Teilgesellschaftsvermögen vgl. OFD Frankfurt/m, Verfügung v. 16. 6. 2009 - S 7104.

Zur steuerfreien Verwaltung gehören auch Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung der Investmentvermögen eines außenstehenden Verwalters, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung dieser Investmentvermögen spezifisch und wesentlich sind. Die rein materiellen oder technischen Dienstleistungen, wie z. B. die Zurverfügungstellung eines Datenverarbeitungssystems, sind nicht befreit (vgl. , Abbey National, EuGHE 2006, I - 4027 NWB BAAAB-83572). Die laufende Überwachung und Kontrolle der Vermögensgegenstände durch die Depotbank sowie die Verwahrung der Vermögensgegenstände sind nicht steuerfrei.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG kommt nicht nur für Leistungen der Kapitalanlagegesellschaft selbst in Betracht, sondern bei richtlinienkonformer Auslegung auch für Leistungen eines außenstehenden Verwalters ( NWB PAAAC-69476). Vgl. dazu aber Nichtanwendungserlass der Verwaltung für Portfolioverwaltung durch , BStBl 2008 I S. 1086. Danach handelt es sich bei der Vermögensverwaltung (Portfolioverwaltung) um eine einheitliche Leistung, die steuerpflichtig ist. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG kommt nicht in Betracht, weil die Vermögensverwaltung (Portfolioverwaltung) nicht zu den nach den genannten Vorschriften begünstigten Umsätzen gehört. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG kommt nur dann in Betracht, wenn tatsächlich Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz verwaltet wird.

Die Befreiung gilt ferner für die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen i. S. des Versicherungsaufsichtsgesetz es (Einrichtungen, die Leistungen im Todes- oder Erlebensfall, bei Arbeitseinstellung oder bei Minderung der Erwerbsfähigkeit vorsehen). Einzelleistungen an die jeweilige Versorgungseinrichtung, die keine unmittelbare Verwaltungstätigkeit darstellen (z. B. Erstellung eines versicherungsmathematischen Gutachtens) fallen dagegen nicht unter die Steuerbefreiung. Vgl. hierzu , BStBl 1997 I S. 1046.

i) Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen

Steuerfrei sind die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen (insbesondere Briefmarken, Sonderbriefmarken, Invalidenmarken, Steuermarken) zum aufgedruckten Wert, auch bei aufgedruckten Sonderzuschlägen (z. B. Zuschlag bei Wohlfahrtsmarken). Im Inland postgültige Briefmarken können befreiungsunschädlich auch zu einem Preis unter dem aufgedruckten Wert verkauft werden. Nicht steuerfrei ist der Verkauf ausländischer Wertzeichen dieser Art, außer Kurs befindlicher Wertzeichen (z. B. abgestempelte Briefmarken) sowie der Umsatz von gültigen amtlichen Wertzeichen (als Sammlungsstücke) zu einem höheren als dem aufgedruckten Wert. Der Postwertzeichenverkauf durch die Deutsche Post AG ist sowohl nach § 4 Nr. 8 Buchst. i UStG als auch nach § 4 Nr. 11b UStG steuerfrei.

Tz. 108 Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen

§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG

Steuerfrei sind Umsätze von Grundstücken, die unter das GrEStG fallen, auch wenn die Vorgänge nicht grunderwerbsteuerpflichtig sind. Steuerbare Rechtsvorgänge des GrEStG sind insbesondere Grundstückskaufverträge, andere Rechtsvorgänge mit Anspruch auf Übereignung, Grundstückstausch, Auflassungen, Eigentumsübergang, wenn kein Rechtsgeschäft vorangegangen ist, Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründen, die Entnahme von Grundstücken für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. Zu den Grundstücken gehören ihre wesentlichen Bestandteile (insbesondere Gebäude, ungeschlagene Bäume). Den Grundstücken gleich stehen Erbbau- und Erbpachtrechte (ihre Bestellung und Übertragung ist steuerfrei), Gebäude auf fremdem Boden, das Wohnungs- und Teileigentum.

Nicht zu den Grundstücken rechnen Mineralgewinnungsrechte, sonstige Gewerbeberechtigungen, Dauerwohnrechte (vgl. aber Tz. 121), das Zubehör (z. B. Inventar eines Geschäfts, Büroeinrichtung eines Freiberuflers, Vieh eines landwirtschaftlichen Betriebs) sowie Maschinen und Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Der Begriff der Betriebsvorrichtungen ist für den Bereich der Umsatzsteuer in gleicher Weise auszulegen wie für den Bereich des Bewertungsrechts. Der entgeltliche Verzicht auf das an einem Grundstück eingeräumte Ankaufsrecht ist nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei (, BStBl 2009 II S. 499).



Wird ein Grundstück zusammen mit Gegenständen (z. B. Zubehör, Betriebsvorrichtungen) und Rechten (z. B. Gewerbeberechtigungen), die nicht dem Grundstück zuzurechnen sind, zu einem Gesamtpreis veräußert, ist das Gesamtentgelt in dem Verhältnis aufzuteilen, in dem der gemeine Wert des Grundstücks (steuerfrei) zu dem Wert der anderen Gegenstände und Rechte (steuerpflichtig) steht. Steuerpflichtig sind die entgeltliche Erstellung eines Gebäudes auf dem Grundstück des Bauherrn und die Um- und Ausbauten an gewerblich genutzten Mieträumen durch Mieter gegen Entgelt. Für die Grunderwerbsteuer können mehrere von dem Grundstückserwerber mit verschiedenen Personen (z. B. Kaufvertrag mit dem bisherigen Grundstückseigentümer, Werkverträge mit Bauunternehmern und Bauhandwerkern) abgeschlossene Verträge als ein einheitliches, auf den Erwerb von fertigem Wohnraum gerichtetes Vertragswerk anzusehen sein (, BStBl 1983 II S. 55). Die Umsatzsteuer folgt dieser Bündelung nicht, sondern betrachtet die Leistungsbeziehungen gesondert (, BStBl 1993 II S. 316). Die gegenüber dem Grundstückserwerber erbrachten Leistungen der Architekten, der einzelnen Bauunternehmer und der Bauhandwerker fallen in diesen Fällen nicht unter die Steuerbefreiung. Ist auf der Leistungsseite nur ein Unternehmer vorhanden, kann die Steuerbefreiung jedoch für die Gesamtlieferung einschließlich der Bauleistungen (Mitplanung und Baubetreuung) in Betracht kommen, wenn nach den Umständen ein bebautes Grundstück geliefert wird. Ist Liefergegenstand jedoch nicht das bebaute Grundstück, sondern überträgt der Veräußerer des unbebauten Grundstücks dem Erwerber lediglich sog. bauvorbereitende Leistungen, insbesondere Architektenleistungen in Bezug auf die Baugenehmigung und die Rohbauerstellung, gegen ein besonderes Entgelt, werden diese zusätzlichen Leistungen nicht von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG erfasst (, BStBl 2000 II S. 278). Die Übertragung eines zu bebauenden Grundstücks kann auch dann zu einer einheitlichen Leistung führen, wenn im Rahmen einer Organschaft der Organträger das Gründstück übereignet, während die Baumaßnahmen von einer Organgesellschaft durchzuführen sind (, BStBl 2009 II S. 256). Beim Verkauf eines neu errichteten Gebäudes ist der über eine einfache „Grundausstattung” hinausgehende Einbau von zusätzlichen Treppen, Wänden, Fenstern, Duschen sowie die Errichtung von Garagen und Freisitzüberdachungen durch den Verkäufer jedenfalls dann ein Bestandteil der steuerfreien Grundstückslieferung, wenn das Gebäude dem Erwerber in dem gegenüber der „Grundausstattung” höherwertigen Zustand übergeben wird (, BStBl 2008 II S. 697).

Unter die Steuerbefreiung fallen die Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück, die Lieferung von auf fremdem Boden errichteten Gebäuden nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit, die Übertragung eines Betriebsgrundstücks zur Vermeidung einer drohenden Enteignung und die Umsätze von Grundstücken und von Gebäuden nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz.

Unter die Steuerbefreiung fällt z. B. auch die Entnahme von Betriebsgrundstücken für private Zwecke (unentgeltliche Wertabgaben). Die gegenteilige zur Steuerpflicht von Entnahmen führende Auffassung nach dem (BStBl 2004 I S. 469) und Abschn. 71 Abs. 1 Satz 1 UStR wird von der Verwaltung nicht aufrecht erhalten, vgl. , BStBl 2008 I S. 895. Damit gilt die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG unabhängig davon, ob mit der Entnahme ein Rechtsträgerwechsel am Grundstück verbunden ist. Ein insgesamt steuerfreier einheitlicher Grundstücksumsatz kann nicht nur bei der Veräußerung eines bereits bebauten Grundstücks vorliegen, sondern auch dann, wenn derselbe Veräußerer in zwei getrennten Verträgen ein Grundstück veräußert und die Pflicht zur Erstellung eines schlüsselfertigen Büro- und Geschäftshauses übernimmt. Leistungsgegenstand ist in diesem Fall ein noch zu bebauendes Grundstück (vgl. NWB OAAAD-24095).

Die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Umsätze können unter den Voraussetzungen des § 9 UStG als steuerpflichtig behandelt werden (Option, vgl. Tz. 176). Bei den der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG unterliegenden Land- und Forstwirten ist die Option ausdrücklich ausgeschlossen. Die Verkäufe von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken sind daher zwingend nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei, ohne dass der Pauschalsteuersatz in Rechnung gestellt werden kann.

Die Grunderwerbsteuer, die ein Grundstückserwerber vereinbarungsgemäß zahlt, erhöht das Entgelt für die Grundstückslieferung nicht ( NWB KAAAB-81748 - Änderung der Rechtsprechung). Das diese Rechtsprechung aufgreifende , BStBl 2007 II S. 285 ist mit der Veröffentlichung im BStBl in allen offenen Fällen anzuwenden. Die insoweit entgegenstehenden Regelungen in Abschn. 149 Abs. 7 Satz 5 und 6 UStR 2005 sowie das Beispiel hierzu, wonach bei einer Grundstücksveräußerung die Hälfte der gesamtschuldnerisch von Erwerber und Veräußerer geschuldeten Grunderwerbsteuer zum Entgelt für die Grundstücksveräußerung gehört, wenn die Parteien des Grundstückskaufvertrags vereinbaren, dass der Erwerber die Grunderwerbsteuer allein zu tragen hat, sind ab dem Datum der Veröffentlichung dieses Urteils im BStBl nicht mehr anwendbar. Die Verwaltung beanstandet es nicht, wenn sich Erwerber und Veräußerer hinsichtlich bis zum abgeschlossener Grundstückskaufverträge auf die bisherige Regelung des Abschn. 149 Abs. 7 Satz 5 und 6 UStR 2005 berufen. Bei Grundstückskaufverträgen, für die nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, reicht es aus, wenn sich der Erwerber auf die bisherige Regelung beruft (vgl. , BStBl 2007 I S. 716).

Tz. 109 Umsätze, die der Rennwett- und Lotteriesteuer unterliegen; Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken

§ 4 Nr. 9 Buchst. b UStG

Steuerfrei sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) fallenden Umsätze. Ausgenommen sind Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen die Steuer allgemein nicht erhoben wird. Ein Steuererlass im Einzelfall schließt die Umsatzsteuerbefreiung nicht aus.

Der Rennwettsteuer unterliegt der Abschluss von Wetten bei Pferderennen an Totalisatoren oder bei Buchmachern, soweit die Buchmacher die Wetten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abschließen oder durch einen Buchmachergehilfen abschließen lassen. Der Zuschlag zum Wetteinsatz und die Wettscheingebühr sind unselbständige Teilentgelte der steuerfreien Wettumsätze, obgleich sie nicht zur Bemessungsgrundlage für die Rennwettsteuer gehören. Nicht steuerfrei sind Wetten im fremden Namen durch Buchmacher (Vermittlungswetten).

Gegenstand der Lotteriesteuer sind die im Inland für eigene Rechnung veranstalteten öffentlichen Lotterien und Ausspielungen. Sie gelten als öffentlich, wenn die für die Genehmigung zuständige Behörde sie als genehmigungspflichtig ansieht. Hierzu rechnen insbesondere Klassenlotterien, Losbrieflotterien, öffentliche Tombolen, Fußballtoto, Zahlenlotto, Prämien- und Gewinnsparen. Steuerschuldner der Lotteriesteuer ist der Veranstalter der Lotterie oder der Ausspielung. Lässt ein Wohlfahrtsverband eine ihm genehmigte Lotterie von einem gewerblichen Lotterieunternehmen durchführen, ist Veranstalter der Verband (nicht der Lotterieunternehmer). Die Umsatzsteuerbefreiung beschränkt sich auf die Losumsätze. Tätigt der Veranstalter daneben andere Leistungen, z. B. Verkauf von Gewinnlisten, Totozeitschriften und von anderen Drucksachen, ist er damit steuerpflichtig. Unter die Befreiungsvorschrift fallen nicht Lotterieeinnehmer (Kollekteure) mit dem Verkauf von Losen im eigenen Namen oder mit der Vermittlung von Umsätzen im Namen und für Rechnung des Veranstalters. Preisausschreiben (Einräumung einer Gewinnaussicht) in Zeitschriften sind Nebenleistungen der Zeitschriftenlieferung und nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG. Steuerpflichtig sind die nicht unter das RennwLottG fallenden Kartenglücksspiele, Geldautomatenspiele, Roulette und rouletteähnliche Spiele, Geschicklichkeitsspiele, wie Preisskat, -kegeln, -schießen.

Zur Frage, ob Geldspielautomatenumsätze und die Veranstaltung entgeltlicher Kartenspiele unter unmittelbarer Berufung auf das Gemeinschaftsrecht steuerfrei gestellt werden können, s. und C-462/02, Linneweber, EuGHE 2005, I - 1131 NWB LAAAB-72829). Der EuGH hat entschieden, dass eine Umsatzsteuerbefreiung von Glücksspielen in zugelassenen öffentlichen Spielbanken EG-rechtlich unzulässig ist, wenn gleichzeitig solche Umsätze außerhalb der Spielbanken umsatzsteuerpflichtig sind. Die zeitliche Wirkung dieser Entscheidung ist ausdrücklich unbeschränkt, d. h. auf alle noch offenen Steuerfälle anzuwenden. In seinem Nachfolgeurteil hat der BFH entschieden, ein Aufsteller von Geldspielautomaten kann sich auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL in dem Sinne berufen, dass die Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG keine Anwendung findet ( , BStBl 2005 II S. 617). Durch Art. 2 i. V. mit Art. 4 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen v. (BGBl 2006 I S. 1095) sind in § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG aufgrund des EuGH-Urteils die Wörter „sowie die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind” gestrichen worden, und zwar mit Wirkung v. (Tag nach der Verkündung des Gesetzes). Damit sind ab dem sind alle Spielbankumsätze umsatzsteuerpflichtig. An der bisherigen Steuerpflicht der Geldspielumsätze außerhalb der Spielbanken ändert sich nichts. Mit der Gesetzesänderung soll eine Gleichbehandlung von Glücksspielen mit Geldeinsatz in zugelassenen öffentlichen Spielbanken und gleichartiger Umsätze außerhalb der Spielbanken erreicht werden. Es ist aus Sicht des BFH jedoch noch nicht geklärt, ob diese Gesetzesänderung mit der Richtlinienbestimmung des Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL (ab : Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) insoweit vereinbar ist, als nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG „sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz” i. S. der Richtlinienbestimmung von der Steuerbefreiung ausgenommen sind (vgl. , BStBl 2007 II S. 850; gleicher Ansicht NWB BAAAC-57156). Der BFH hat inzwischen den EuGH um Vorabentscheidung gebeten, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass den Mitgliedstaaten eine Regelung gestattet ist, nach der nur bestimmte (Renn-)Wetten und Lotterien von der Steuer befreit und sämtliche „sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz” von der Steuerbefreiung ausgenommen sind (, BStBl 2009 II S. 434).

Ein sich aus dem , Karlheinz Fischer, EuGHE 1998, I - 3369 NWB WAAAB-72698 und dem und , Linneweber, EuGHE 2005, I - 1131 NWB LAAAB-72829) möglicherweise ergebender Schadensersatzanspruch könnte allenfalls die Schäden abdecken, die nach Ergehen dieser Urteile durch die – möglicherweise gemeinschaftsrechtswidrige – Aufrechterhaltung der Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG entstanden sind (, BStBl 2006 II S. 96).

Veranstalter von Glücksspielen können sich – für die Zeit vor dem – unmittelbar auf die Steuerfreiheit ihrer Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL in dem Sinne berufen, dass die Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG keine Anwendung findet. Dies gilt für Glücksspiele aller Art, auch wenn sie unerlaubt betrieben werden. Allerdings kommt die Berufungsmöglichkeit nicht für bereits bestandskräftige Steuerfestsetzungen in Betracht. S. hierzu , BStBl 2007 II S. 433, und , BStBl 2007 II S. 436). Die Spielumsätze sind grds. dem Inhaber der Spielkasinokonzession zuzurechnen. Fungiert dieser als „Strohmann” für einen Dritten („Hintermann”), liegt ein Kommissionsgeschäft nach § 3 Abs. 11 UStG vor mit der Folge, dass sowohl die besorgte Leistung (die Umsätze des Konzessionsinhabers an die Spieler) als auch die Besorgungsleistung (die – fingierten – Umsätze des „Hintermanns” an den Konzessionsinhaber) als steuerfrei behandelt werden können ( , BStBl 2006 II S. 278). Call-Center-Dienstleistungen, die an einen Organisator von Telefonwetten erbracht werden und die die Annahme der Wetten im Namen des Wettorganisators durch das Personal des Erbringers dieser Dienstleistungen einschließen, sind keine steuerfreien Wettumsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-RL (vgl. , United Utilities NWB NAAAB-90482).

Ein „Glücksspiel mit Geldeinsatz” erfordert die Einräumung einer Gewinnchance an den Leistungsempfänger (Spieler) und im Gegenzug die Hinnahme des Risikos durch den Leistenden (Geräteaufsteller), die Gewinne auszahlen zu müssen. Die Gewinnchance muss in der Chance auf einen Geldgewinn bestehen. Spiele, die dem Spieler lediglich die Möglichkeit einräumen, seinen Geldeinsatz wiederzuerlangen (sog. „Fun-Games”), erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. , BStBl 2009 II S. 64).

Lotteriesteuerfrei, damit steuerpflichtig sind Ausspielungen, bei denen Ausweise nicht erteilt werden oder bei denen der Gesamtpreis der Lose den Wert von 650 € nicht übersteigt, wenn der Veranstalter nicht Gewerbetreibender ist oder wenn die Gewinne nicht in barem Geld (ganz oder teilweise) bestehen. Lotteriesteuer wird nicht erhoben für eine behördlich genehmigte Lotterie oder Ausspielung zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken bis zum Gesamtwert von 40 000 € oder für eine behördlich genehmigte andere Lotterie oder Ausspielung bis zum Gesamtwert von 164 €.

Tz. 110 Leistungen aufgrund eines Versicherungsverhältnisses

§ 4 Nr. 10 Buchst. a UStG

Steuerfrei sind Leistungen aufgrund eines Versicherungsverhältnisses i. S. des VersStG (Rechtsverhältnisse zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer). Das gilt auch, wenn die Zahlung des Entgelts nicht der Versicherungssteuer unterliegt, z. B. für Leistungen aus Versicherungs- und Rückversicherungsverträgen, die wegen Fehlens der in § 1 Nr. 1–4 VersStG genannten Voraussetzungen nicht der Versicherungsteuer unterliegen. In Betracht kommen Versicherungen von Personen, beweglichen und unbeweglichen Sachen, von Rechten und von Gegenseitigkeitsvereinbarungen auf innergesellschaftlicher Grundlage i. S. von § 2 Abs. 1 VersStG. Es ist für die Befreiung unbeachtlich, ob der Versicherungsnehmer im Inland oder außerhalb des Inlands ansässig ist und ob der versicherte Gegenstand sich im Zeitpunkt der Begründung des Versicherungsverhältnisses im Inland oder außerhalb dieses Gebiets befindet, auch wenn das Besteuerungsrecht bei der Versicherungsteuer einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem Drittstaat zusteht.

Als steuerfreie Umsätze sind insbesondere anzusehen die Übernahme des Wagnisses (Versicherungsschutz) und Sachleistungen des Versicherers bei Eintritt des Versicherungsfalls. Das Entgelt (die Gegenleistung) setzt sich zusammen aus dem Versicherungsentgelt (z. B. Prämien, Beiträge, Vorschüsse, Nachschüsse, Eintrittsgelder) und aus Entgelten für unselbständige Nebenleistungen (z. B. Gebühren für die Anfertigung des Versicherungsscheins, für die Prämieneinziehung, Regulierungskosten, Aufnahmegebühren, der Ersatz sonstiger barer Auslagen). Selbständige Sonderleistungen des Versicherers sind steuerpflichtig, z. B. die Ausstellung einer Ersatzurkunde.

Nicht als ein Versicherungsverhältnis gilt ein Vertrag, durch den der Versicherer sich verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten. Die Bürgschafts- und Personenkautionsversicherungen sind deshalb nicht nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei (vgl. aber Tz. 107, g). Bei der sog. Abonnentenversicherung (unselbständige Nebenleistung) bildet die Prämie, die der Verlag vom Bezieher einzieht, mit dem Bezugspreis das einheitlich der Umsatzsteuer zu unterwerfende Entgelt für die Lieferung der Zeitschrift (Hauptleistung). Die Veräußerung beschädigter Versicherungsgegenstände, die der Versicherungsnehmer einer Sachversicherung dem Versicherer zur Verwertung überlässt, ist steuerpflichtig.

Tz. 111 Verschaffung von Versicherungsschutz

§ 4 Nr. 10 Buchst. b UStG

Steuerfrei sind die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird. Versicherungsschutz verschafft ein Unternehmer, der mit einem Versicherungsgeber einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließt. Der Versicherungsschutz umfasst alle Versicherungsarten (s. auch Abschn. 74 Abs. 1 UStR). In Betracht kommen insbesondere Versicherungen (auch Gruppenversicherungen) durch Unternehmer für ihre Arbeitnehmer oder für sie tätige Handelsvertreter, durch Vereine für ihre Mitglieder, durch Genossenschaften für ihre Genossen, durch andere Vereinigungen oder durch Berufsverbände für ihre Gesellschafter bzw. Mitglieder. Durch den Versicherungsvertrag muss der begünstigte Dritte oder bei Lebensversicherungen auf den Todesfall der Bezugsberechtigte das Recht erhalten, im Versicherungsfall die Versicherungsleistung unmittelbar oder mittelbar über den zwischengeschalteten Unternehmer vom Versicherungsunternehmen zu fordern. Bei der Frage, ob ein Versicherungsverhältnis vorliegt, ist von den Grundsätzen des VersStG auszugehen.

Garantieentgelte, die Gebrauchtwagenhändler im Zusammenhang mit dem Pkw-Verkauf erheben, können Entgelte für die Verschaffung eines Versicherungsschutzes i. S. des § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG oder für die Übernahme einer anderen Sicherheit i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG sein (, BStBl 2003 II S. 378, und , BStBl 2003 II S. 445). Schließt der Händler mit einem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten (des Gebrauchtwagenkäufers) ab, ist keine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige, nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG steuerfreie Leistung anzunehmen. Ein vom Reiseveranstalter obligatorisch angebotener Abschluss einer Reiserücktrittskostenversicherung für die Kunden kann eine selbständige steuerfreie Leistung neben der unter § 25 fallenden Reiseleistung sein (vgl. , BStBl 2006 II S. 935.

Tz. 112 Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler

§ 4 Nr. 11 UStG

Steuerfrei sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder -makler. Dies können natürliche Personen oder Vereinigungen, selbständige Untervertreter oder Gelegenheitsvertreter sein. Begünstigt sind die Vermittlung von Versicherungen einschließlich deren Verwaltung und damit zusammenhängender Nebenleistungen. Zu ihren Entgelten rechnen Fixa, Abschluss-, Verlängerungs-, Zusatz- und Folgeprovisionen, Bonifikationen, Gratifikationen, Reklamezuschüsse, Vergütungen für das Inkasso und für die Verwaltung von Versicherungsverträgen, für Schadensregulierungen, Auslagenersatz, der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Die Befreiungsvorschrift kann nicht auf Berufe angewendet werden, die ähnliche Tätigkeitsmerkmale aufweisen. So sind u. a. nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 11 UStG Bankvertreter mit ihren nicht in Versicherungsvermittlungen bestehenden Tätigkeiten.

Gegenstand der Steuerbefreiung der Versicherungsvertreter und -makler sind jeweils bestimmte, näher charakterisierte Leistungen. Es sind solche Leistungen befreit, die für die jeweilige Berufsgruppe charakteristisch, also berufstypisch, sind. Voraussetzung für das Eingreifen der Steuerbefreiung für Leistungen aus der Tätigkeit als Versicherungsmakler ist daher, dass die erbrachte Leistung zu denen gehört, die das Berufsbild des Versicherungsmaklers prägen.In Fällen einer sog. Honorarberatung ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Zwar darf diese seit der Änderung der Gewerbeordnung auch durch Versicherungsmakler durchgeführt werden. Der Sache nach handelt es sich aber nicht um eine spezifische Maklertätigkeit, sondern vielmehr um eine Form der Rechtsberatung.

Zur Tätigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler i. S. von § 4 Nr. 11 UStG gehört es, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen. Die Begriffe des Versicherungsvertreters und Versicherungsmaklers i. S. des § 4 Nr. 11 UStG sind richtlinienkonform nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL und nicht handelsrechtlich nach den Begriffen des Versicherungsvertreters und Handelsmaklers i. S. von § 92 und § 93 HGB auszulegen (vgl. NWB IAAAC-65404 Änderung der Rechtsprechung - zu den Umsätzen eines sog. Werbeagenten). Die Steuerfreiheit für die Tätigkeit als Versicherungsvertreter setzt voraus, dass die Leistungen des Unternehmers die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlung – die am Abschluss der Versicherung interessierten Personen zusammenzuführen – erfüllen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn ein Unternehmer dem Versicherungsvertreter am Abschluss von Versicherungen interessierte Kunden benennt und bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem benannten Kunden eine sog. „Zuführungsprovision” erhält (vgl. ).

Sog. Backoffice-Tätigkeiten sind nicht als von Versicherungsmaklern und -vertretern erbrachte Dienstleistungen anzusehen (vgl. , Arthur Andersen NWB GAAAB-72835; hierbei hat der EuGH im Wesentlichen auf sein Urteil v. - Rs. C-8/01, Taksatorringen NWB BAAAB-72867, zurückgegriffen. Nach diesem Urteil gehören zu den Dienstleistungen von Versicherungsmaklern und -vertretern nur Dienstleistungen der Makler und Vertreter, die zugleich mit dem Versicherer und den Versicherten in Verbindung stehen).

Steuerfrei sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter. Zum begünstigten Tätigkeitsbereich zählen die Vermittlung von Bausparverträgen und deren Verwaltung, die Werbung, Bestands- und Kundenpflege, die Beratung über Finanzierungs- und Steuervorteilsmöglichkeiten. Zu der steuerfreien Tätigkeit eines Kreditinstituts als Bausparkassenvertreter gehört auch die im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit übernommene Bewilligung und Auszahlung der Bauspardarlehen. Sonderleistungen (z. B. Grundstücksvermittlung, Bauaufsicht) sind steuerpflichtig.

Die Umsätze des jeweiligen Berufsangehörigen müssen für seinen Beruf charakteristisch (berufstypisch) sein. Zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gehört z. B. auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbständigen Vermittlern (z. B. durch Generalagenten). Die Zahlung erfolgsabhängiger Vergütungen (Superprovisionen) ist ein Beweisanzeichen, dass berufstypische Leistungen erbracht werden (, BStBl 1999 II S. 253). Nicht zur berufstypischen (steuerfreien) Tätigkeit eines Versicherungsmaklers gehört die ausschließlich verwaltende Tätigkeit für Versicherungsunternehmen. Von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG sind Hilfsgeschäfte ausgeschlossen. Nicht zu der berufstypischen Tätigkeit gehört die Honorarberatung durch Versicherungsmakler. Zwar darf diese seit der Änderung der Gewerbeordnung auch durch Versicherungsmakler durchgeführt werden, der Sache nach handelt es sich aber nicht um eine spezifische Maklertätigkeit, sondern um eine Form der Rechtsberatung. Diese Tätigkeit prägt nicht das Berufsbild des Versicherungsmaklers, sondern das der rechtsberatenden Berufe, insbesondere das des Rechtsanwalts.

Bestandspflegeleistungen in Form von nachwirkender Vertragsbetreuung, z. B. durch Hilfen bei Modifikationen oder Abwicklung von Verträgen, die gegen Bestandspflegeprovision erbracht werden, sind berufstypisch und somit ebenfalls steuerfrei.

Eine steuerfreie Vermittlung liegt nur vor, wenn die Leistung an eine Vertragspartei erbracht wird und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Der Leistung muss also ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem leistenden Unternehmer und einer Vertragspartei zugrunde liegen. Der Begriff der Vermittlung ist bei entsprechenden Umsätzen der in § 4 Nr. 8 und 11 UStG bezeichneten Art einheitlich auszulegen (vgl. , BStBl 2009 I S. 773, s. hierzu auch Tz. 107, a).

Zu den wesentlichen Aspekten einer steuerfreien Versicherungsvermittlungstätigkeit gehört, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzuführen. Das bloße Erheben von Kundendaten erfüllt nicht die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlungstätigkeit. Allgemein sind Unterstützungsleistungen für die Ausübung der dem Versicherer selbst obliegenden Aufgaben steuerpflichtig. Auch Dienstleistungen wie z. B. die Festsetzung und Auszahlung von Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter gehören nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Auch die Betreuung, Überwachung oder Schulung von nachgeordneten selbständigen Vermittlern kann zur berufstypischen Tätigkeit eines Bausparkassenvertreters, Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers gehören. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer, der die Leistungen der Betreuung, Überwachung oder Schulung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen. Die Regelung des (BStBl 2008 I S. 948), in diesem Zusammenhang, wonach es bei Verwendung von Standardverträgen und standardisierten Vorgängen genügt, dass der Unternehmer durch die einmalige Prüfung und Genehmigung der Standardverträge und standardisierten Vorgänge mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, ist nicht mehr auf Umsätze anzuwenden, die nach dem bewirkt werden (, BStBl 2009 I S. 773; vgl. auch , BStBl 2009 II S. 554).

Tz. 113 Umsätze der Deutsche Post AG

§ 4 Nr. 11b UStG

Steuerfrei sind die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutsche Post AG aufgrund der gesetzlichen Exklusivlizenz nach §§ 51 ff. PostG sowie die Universaldienstleistungen i. S. der Post-UniversaldienstleistungsVO (BGBl 1999 I S. 2418). In der Praxis werden dazu gerechnet die Leistungen im Bereich der „gelben” Post, insbesondere Brief-, Paket-, Päckchenzustellung, Postwertzeichenverkauf, Postzeitungsdienst. Der Verkauf von Schreibwaren, Verpackungsmaterialien usw. ist steuerpflichtig. Die der Steuerbefreiung unterfallenden Postuniversaldienstleistungen können von den Mitgliedstaaten in Anlehnung an Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG (sog. Postrichtlinie, ABl EG 1998 Nr. L 15, 14) definiert werden. Dienstleistungen öffentlicher Posteinrichtungen, deren Bedingungen einzelvertraglich ausgehandelt werden, unterliegen nicht der Steuerbefreiung. Diese ist jedoch auch dann zu gewähren, wenn die öffentliche Posteinrichtung nur einen Teil der Universaldienstleistungen erbringt (vgl. , BFH/NV 2009 S. 1056).

Tz. 114 Vermietung und Verpachtung von Grundstücken

§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG

Steuerfrei sind die Vermietung (Untervermietung) und die Verpachtung (Unterverpachtung) von Grundstücken und Grundstücksteilen. Auf die Vertragsdauer eines Mietverhältnisses kommt es grds. nicht an (Ausnahmen vgl. Tz. 118). Der Begriff des Grundstücks stimmt mit dem Grundstücksbegriff des BGB überein (, BStBl 1992 II S. 108). Zum Grundstück gehören neben dem Grund und Boden seine wesentlichen Bestandteile (z. B. Gebäude, Gebäudeteile, Garagen, Hofräume, Frucht- und Baumbestände), nicht das Zubehör (z. B. Inventar). Der Vermietung eines Grundstücks gleichzusetzen ist der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gegen eine Abschlagszahlung (, Lubbock Fine, BStBl 1995 II S. 480). Die Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG von der Steuerbefreiung ausdrücklich ausgenommen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind (Tz. 108, 118, d).

Die Begriffe „Vermietung” und „Verpachtung” sind ausschließlich nach bürgerlichem Recht auszulegen. Eine Grundstücksvermietung liegt vor, wenn dem Mieter während der Vertragsdauer der Gebrauch eines Grundstücks gewährt wird. Das setzt voraus, dass dem Mieter eine Grundstücksfläche in der Weise zur Verfügung gestellt wird, dass er daran ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch oder Mitgebrauch ausüben kann (, BStBl 1992 II S. 209). Keine Vermietung, sondern eine steuerpflichtige Leistung aus einem Vertrag besonderer Art (Tz. 117) liegt demnach vor, wenn Personen die Benutzung einer Sportanlage jeder Art (z. B. Schwimmbad) im Rahmen des allgemeinen Sport-(z. B. Bade-)betriebs gegen Eintrittsgeld gestattet ist.

Wegen der Steuerbefreiung für die Übertragung, Bestellung und Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken vgl. Tz. 121.

Keine Grundstücksvermietung ist die Vermietung von Baulichkeiten, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden und daher keine Bestandteile des Grundstücks sind, z. B. die Vermietung von Baubuden, Kiosken, Tribünen und ähnlichen Einrichtungen. Allerdings stellt die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, eine steuerfreie Vermietungsleistung dar, auch wenn dieses Gebäude nach Beendigung des Mietvertrags entfernt und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden soll (, Maierhofer, EuGHE 2003, I - 563 NWB UAAAB-72719).

Soweit die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks/Gebäudes für nichtunternehmerische Zwecke steuerbar ist, ist diese nicht einer steuerfreien Grundstücksvermietung gleichgestellt (vgl. , BStBl 2004 II S. 371, und , BStBl 2004 I S. 469).

Tz. 115 Reine Miet- und Pachtverträge

Reine Miet- und Pachtverträge sind in vollem Umfang steuerfrei, z. B. die Vermietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen (Läden, Wohnungen, Einzelzimmer) für Wohnzwecke oder zur gewerblichen Nutzung gegen Mietzins und ggf. verlorene Baukostenzuschüsse. Steuerfrei sind auch die üblichen Nebenleistungen, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Vermietung oder Verpachtung stehen, z. B. bei der Vermietung von Bürohäusern die Beheizung der Räume, die Warmwasserversorgung, die Überlassung von Aufzügen (soweit nicht Betriebsvorrichtungen), die zentrale Reinigung der Flure, Treppen und sonstigen Zugangswege, nicht dagegen die Berechtigung zur Benutzung der zentralen Fernsprech- und Fernschreibanlage; im Bereich der Wohnraumvermietung die Raumbeheizung, Wasser- und Warmwasserversorgung, Treppenhausbeleuchtung, Fahrstuhlüberlassung, die Überlassung von Waschvorrichtungen (Waschmaschinen, Heißlufttrockner, Bügelmaschinen), die vom Vermieter einer Wohnanlage vertraglich übernommene Balkonbepflanzung. Keine steuerfreien Nebenleistungen sind die Lieferungen von Heizgas und Heizöl. Die Lieferung von Strom durch den Vermieter ist Nebenleistung bei einer Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (vgl. , BStBl 2009 I S. 821) bzw. bei einer langfristigen Campingplatzvermietung (vgl. , BStBl 2009 II S. 615). Der Mietzins setzt sich zusammen aus der reinen Miete und den Nebenkosten (Versicherungen, Steuern, Müllabfuhr, Wasser und Wasserableitungen usw.), soweit sie der Mieter anteilig zu tragen hat. Verträge über die entgeltliche Überlassung von Grundstücken zur Ablagerung von Abfällen können steuerfreie Mietverträge sein (Abschn. 79 Abs. 2 UStR). Mietverträge sind ferner die Überlassung von Abstellflächen in einem Bootshaus, von Wasser- und Landliegeplätzen für Sportboote, von Dauerparkplätzen in einem Parkhaus. Leistungen aus diesen Mietverträgen sind jedoch aufgrund der Ausnahmeregelung für Fahrzeugabstellplätze steuerpflichtig (vgl. Tz. 118, b).

Steuerfreie Pachtverträge sind auch die Verpachtung von Wiesen zur Grasnutzung; i. d. R. Verträge zum Abbau und zur Gewinnung von im Grundstück vorhandenen Bodenschätzen, z. B. Kies, Sand, Kalk, Torf, und zwar selbst dann, wenn das Entgelt nach der Abbaumenge bemessen wird.

Tz. 116 Gemischte Verträge

Gemischte Verträge sind in einen steuerfreien (Vermietung des Grundstücks mit seinen üblichen Nebenleistungen) und einen steuerpflichtigen Entgeltsteil (Mitüberlassung von Zubehör, Betriebsvorrichtungen, Rechten und dgl.) – erforderlichenfalls durch Schätzung – aufzuteilen, wenn der steuerpflichtige Leistungsteil im Verhältnis zur reinen Miete nicht unwesentlich ist. Nicht unter die Steuerbefreiung fallen z. B. die Überlassung von lebendem und totem Inventar bei der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs; die Gebrauchsüberlassung von Betriebsvorrichtungen bei der Verpachtung einer Fabrikanlage; die Zurverfügungstellung der Bestuhlung und des Flügels bei der Vermietung eines Musiksaals; die pflegerische Betreuung und Versorgung bei der Überlassung von Wohnraum in einem Altenheim. Die Leistung ist insgesamt steuerpflichtig, wenn – wie i. d. R. bei Volksfesten – das andere Gewerbe überwiegt. Bei der Überlassung von Sportanlagen jeder Art handelt es sich nach neuer Erkenntnis i. d. R. um insgesamt steuerpflichtige Leistungen aufgrund von Verträgen besonderer Art (vgl. Tz. 117).

Die Überlassung von Standplätzen durch den Veranstalter von Wochenmärkten an die Markthändler kann als einheitliche (steuerfreie) Vermietungsleistung anzusehen sein (vgl. , BStBl 2009 II S. 60, unter Verweis auf , BStBl 2001 II S. 658; danach ist allein maßgebend, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, und wenn dies zutrifft, ob das Vermietungselement prägend ist). Der BFH hatte bereits im Urteil v. 31. 5. 2001 - V R 97/98 (BStBl II S. 658) an den vielfach differenzierten Auslegungsgrundsätzen zu § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG bei der Überlassung von Sportanlagen nicht mehr festgehalten und stellt in NWB GAAAC-74131 klar, dass diese Entscheidung allgemein für die Beurteilung einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG gilt. Demnach ist die frühere Rechtsprechung des BFH (z. B. , BStBl III 1960 S. 261, und v. - V 120/64, BStBl II 1969 S. 94) wonach bei Wochenmärkten, Jahrmärkten und ähnlichen Veranstaltungen ein gemischter Vertrag vorliegen konnte, bei dem das Entgelt in einen auf die steuerfreie Grundstücksvermietung und in einen auf die steuerpflichtige Leistung besonderer Art aufzuteilen war, überholt. Für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ist entscheidend, ob eine einheitliche Leistung vorliegt, und wenn dies zutrifft, ob die Vermietungsteilleistung prägend ist. Soweit Abschnitt 80 Abs. 1 und 3 UStR der aktuellen Rechtsprechung entgegensteht, ist er nicht mehr anzuwenden. Abschnitt 81 Abs. 2 Nr. 3 UStR findet weiterhin uneingeschränkt Anwendung. Für vor dem ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn die Zurverfügungstellung von Standplätzen auf Märkten und die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen – Leistungen besonderer Art – umsatzsteuerlich gesondert beurteilt werden und nur die Grundstücksvermietung als steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG behandelt wird (vgl. , BStBl 2009 I S. 69).

Tz. 117 Verträge besonderer Art

Eine Leistung aus einem Vertrag besonderer Art ist ungeteilt steuerpflichtig. Ein solcher Vertrag liegt vor, wenn er im Wesentlichen ein einheitliches, unteilbares anderes Rechtsverhältnis, nicht eine Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks zum Inhalt hat. So sind z. B. insgesamt steuerpflichtig die Einräumung des Rechts auf Verkehrsräumen, an Anschlagsäulen, an Außen- und Innenflächen eines Gebäudes Reklame zu betreiben; die Überlassung von Freiflächen oder Ständen in Hallen unter besonderen Auflagen zur Schaustellung gewerblicher Erzeugnisse im Rahmen einer Ausstellung; die Gewährung des Rechts zur Aufstellung von Spiel- und Warenautomaten; die Überlassung von Teilflächen eines Festplatzes unter bestimmten Auflagen an Gewerbetreibende, Schausteller usw. zur Aufstellung von Verkaufsständen, Schankzelten, Schaubuden, Karussells und dgl. durch einen Verein für die Dauer eines von ihm veranstalteten Schützenfests; der Abschluss eines Tankstellenvertrags (Tankstellenagenturvertrags) mit beherrschender Bedeutung und eines untergeordneten Tankstellengrundstücksmietvertrags, die beide eine Einheit bilden, zwischen denselben Beteiligten.

Lagergeschäfte und die Verwahrung von Gegenständen sind keine steuerfreien Grundstücksvermietungen. Ihr wesentlicher Vertragsinhalt ist die Übernahme der Obhut des gelagerten Guts. Steuerpflicht besteht z. B., wenn ein Unternehmer neben der Raumüberlassung die Lagerung und Aufbewahrung von Gütern (Lagergeschäft, §§ 416 ff. HGB) übernommen hat. Bei der Überlassung von Kühlräumen steht nicht die Nutzung des Raums, sondern das Kühlen und Verwahren der Ware im Vordergrund (ungeteilt steuerpflichtig).

Die Überlassung von Sportanlagen jeglicher Art (z. B. Golf-, Tennis-, Squash-, Schwimm-, Schieß- oder Kegelanlagen) im Rahmen von Benutzerverträgen ist nach (BStBl 2001 II S. 658) als einheitliche steuerpflichtige Leistung besonderer Art anzusehen. Sie ist regelmäßig nicht steuerbefreit (vgl. NWB UAAAC-57780). Die Leistung ist nicht durch eine Grundstücksüberlassung unter Ausschluss anderer Benutzer (Vermietungsleistung) geprägt, sondern durch die Möglichkeit, das Einrichtungsangebot des Anlagenbetreibers mit oder ohne Nutzung der Spielflächen in Anspruch zu nehmen. Der BFH hat die frühere Rechtsprechung und Verwaltungspraxis aufgegeben. Durch das Gesetz zur Sicherstellung einer Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung von Alt-Sportanlagen v. (BGBl 2002 I S. 3441) wird den Betreibern der Sportanlagen die Möglichkeit eingeräumt, die neue Rechtsprechung erst ab dem anzuwenden (§ 27 Abs. 6 UStG). Bis zu diesem Zeitpunkt kann somit noch nach den in Abschn. 86 UStR geregelten Aufteilungsgrundsätzen verfahren werden. Wegen weiterer Anwendungsmodalitäten vgl. ausführlich Rondorf, NWB F. 7 S. 5481 NWB OAAAC-74370, sowie , BStBl 2003 I S. 279). Allerdings ist die langfristige Vermietung eines Turnhallengebäudes an einen Verein, der steuerfreie Leistungen ausführt, nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn abgesehen von der Überlassung von Betriebsvorrichtungen keine weiteren Leistungen ausgeführt werden (vgl. NWB GAAAD-19025)

Bei Miet- und Pachtverträgen über Grundstücke, auf denen der Mieter/Pächter Garagen nach §§ 312–314 ZGB – DDR – errichtet hat, liegt aufgrund der zivilrechtlichen Sonderstellung des Nutzers der Garagen in diesen Fällen eine steuerfreie Vermietung/Verpachtung von Grundstücksflächen vor. Die Umsatzsteuerbefreiung gilt auch für den Fall, dass ein Dritter die errichteten Baulichkeiten erwirbt, sofern der Dritte im Zuge eines dreiseitigen Vertrags den alten Vertrag des Nutzers mit Zustimmung des Grundstückseigentümers „übernimmt” (vgl. Ziffer 4 des Merkblatts des BMJ zum Nutzerwechsel bei Erholungs- und Garagengrundstücken in den neuen Bundesländern).

Tz. 118 Ausnahmen von der Steuerbefreiung

a) Beherbergungsumsätze

Nicht befreit ist die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Kurzfristig ist eine Vermietung, wenn sie nach der Absicht des Vermieters nicht länger als sechs Monate dauern soll. In Betracht kommen kurzfristige Beherbergungen in Hotels, Gaststätten, Pensionen; ferner die nachhaltige Vermietung von Zimmern in Kur-, Bade- und Erholungsorten durch Wohnhausbesitzer oder Wohnungsmieter zur kurzfristigen Aufnahme von Gästen und Urlaubern. Ein gaststättenähnliches Verhältnis wird jedoch nicht vorausgesetzt. Entscheidend ist die Absicht des Unternehmers, die Räume nicht auf Dauer und damit nicht für einen dauernden Aufenthalt i. S. der §§ 8 und 9 AO zur Verfügung zu stellen. Wird ein Teil der in einem Gebäude befindlichen Räume längerfristig, der andere Teil nur kurzfristig vermietet, ist die Befreiung auf den eindeutig abgrenzbaren längerfristig vermieteten Teil beschränkt. Werden dieselben Räume wahlweise zur lang- oder kurzfristigen Beherbergung von Fremden angeboten, sind sämtliche Umsätze steuerpflichtig. Gleiches gilt bei der Überlassung von Räumen einer Pension an Saison-Arbeitnehmer, wenn die Räume wahlweise zur kurzfristigen Beherbergung von Gästen oder des Saison-Personals bereitgehalten werden.

Für die Beurteilung der Absicht des Vermieters, lang- oder kurzfristig zu vermieten, sind in erster Linie die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter zu prüfen. Für eine kurzfristige Beherbergung spricht, wenn der Mietvertrag kurzfristig, z. B. mit einer Kündigungsfrist von drei Tagen, gekündigt werden kann ( NWB DAAAB-35138). Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Mietverträge mit täglicher Kündigung immer als kurzfristig zu werten. Maßgebend ist stets der Vertrag mit dem unmittelbaren Mieter. Daher findet die Steuerbefreiung Anwendung, wenn der Vermieter Wohn- und Schlafräume längerfristig an einen anderen Unternehmer vermietet, der in den Räumen seine Geschäftsfreunde lediglich kurzfristig beherbergt. Dies gilt auch bei der Unterbringung von Asylbewerbern, Asylanten sowie Aus-, Um- und Übersiedlern, bei denen der Vermieter vertragliche Vereinbarungen oft nicht mit den jeweils aufgenommenen Personen, sondern mit Einrichtungen der öffentlichen Hand, Wohlfahrtsverbänden oder ähnlichen Institutionen abschließt. Vermietet ein Beherbergungsunternehmer Räume an eine Gemeinde, die darin Asylanten unterbringt oder ihrerseits an Asylanten weitervermietet, richtet sich die Beurteilung der Kurzfristigkeit allein nach den Umständen der Vermietung an die Gemeinde. Wird das Mietverhältnis mit dem vorerwähnten Personenkreis unmittelbar begründet, kann ggf. auch die tatsächliche Verweildauer des Mieters berücksichtigt werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Vermieter trotz der für eine Laufzeit von weniger als sechs Monaten abgeschlossenen Verträge aufgrund der örtlichen Wohnraumsituation und der üblicherweise langen Dauer der Anerkennungsverfahren bei Asylbewerbern von vornherein davon ausgehen musste, dass die tatsächliche Verweildauer mehr als sechs Monate betragen würde (z. B. , EFG 1999 S. 48).

b) Vermietung von Fahrzeugabstellplätzen

Von der Befreiung ausgenommen ist die – kurz- oder langfristige – Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen. Abstellplätze sind z. B. Einzelgaragen, Flächen in Großgaragen oder im Freien für Kraftfahrzeuge, aber auch Abstellplätze in Bootshäusern oder Wasser- und Landliegeplätze für Sportboote. Auch ein sonst anderweitig genutztes Grundstück (z. B. eine landwirtschaftliche Weidefläche), das aus besonderem Anlass (z. B. zu einer Sport- oder Festveranstaltung) nur vorübergehend für das Abstellen von Fahrzeugen genutzt wird, gehört zu den Abstellplätzen. Fahrzeuge sind vor allem Beförderungsmittel (auch Fahrzeuganhänger sowie Elektro-Caddywagen), aber auch andere Gegenstände, die sich tatsächlich fortbewegen, rechnen dazu (z. B. Bagger, Gabelstapler, Mähdrescher). Eine Vermietung von Fahrzeugabstellplätzen liegt vor, wenn ein Unternehmer dem Besitzer eines Fahrzeugs den Gebrauch einer Abstellfläche überlässt. Ob der Mieter die überlassene Stellfläche tatsächlich als Abstellplatz für Fahrzeuge oder für andere Zwecke (z. B. zum Lagern von Gütern) nutzt, ist unmaßgeblich. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG gilt für die Vermietung eines Parkplatz-Grundstücks auch dann, wenn der Mieter dort zwar nicht selbst parken will, aber entsprechend der Vereinbarung im Mietvertrag das Grundstück Dritten zum Parken überlässt (vgl. , BStBl 2006 II S. 731).

Die Abstellplatzvermietung ist jedoch dann steuerfrei, wenn sie als unselbständige Nebenleistung zu einer steuerfreien Grundstücksvermietung (z. B. einer Wohnungsvermietung) anzusehen ist. Wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer Nebenleistung ist ein räumlicher Zusammenhang zwischen Grundstück und Abstellplatz. Es ist unschädlich, wenn die steuerfreie Grundstücksvermietung und die Stellplatzvermietung zivilrechtlich in getrennten Verträgen vereinbart werden, vorausgesetzt der Vermieter ist in beiden Fällen gleich. Wegen weiterer Einzelheiten und Beispiele vgl. Abschn. 77 UStR.

c) Kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen

Nicht steuerfrei ist die kurzfristige (tatsächliche Benutzung weniger als sechs Monate) Vermietung von Flächen auf Campingplätzen. Bei längerfristigen Verträgen kommt die Befreiung nur in Betracht, soweit eine Grundstücksvermietung vorliegt. Das ist der Fall, wenn dem Benutzer eines Campingplatzes der Gebrauch einer Campingfläche gewährt wird (Abschn. 78 Abs. 1 UStR). Die langfristige Vermietung von als Campingplätzen erschlossenen Grundstücken ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Vorschrift verletzt nicht das Gemeinschaftsrecht, vgl. , BStBl 2009 II S. 63). Die Überlassung der üblichen Gemeinschaftseinrichtungen (insbesondere Wasch- und Duschräume, Toiletten, Wasserzapfstellen, elektrische Anschlüsse, Kinderspielplätze) teilt das Schicksal der Vermietungsleistungen. Dies gilt auch dann, wenn für sie ein besonderes Entgelt gezahlt wird oder wenn sie nicht für alle Benutzer gemeinschaftlich, sondern gesondert für einzelne Benutzer bereitgehalten werden. Selbständige Leistungen anderer Art (z. B. Verleih von Booten, Wasserski, Sportgeräten, Reitpferden, Überlassung von Sportanlagen) sind steuerpflichtig. Die Steuerbefreiung der langfristigen Vermietung von Campingflächen erstreckt sich auch auf die Lieferung von Strom (Abweichung von Abschn. 78 Abs. 3 Satz 7 i.V.m. Abschn. 76 Abs. 6 Satz 1 UStR, vgl. , BStBl 2009 II S. 615).

d) Betriebsvorrichtungen

Nicht steuerfrei sind die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Der Begriff Betriebsvorrichtungen ist bei der Umsatzsteuer in gleicher Weise auszulegen wie im Bewertungsrecht. Zum Begriff Betriebsvorrichtung und zur Abgrenzung vom Gebäude vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. - S 3190, BStBl 2006 I S. 314. S. auch Abschn. 85 UStR. Bei der Vermietung von Betriebsvorrichtungen zusammen mit Grundstücken ist das Entgelt ggf. im Wege sachgerechter Schätzung aufzuteilen.

Tz. 119 Grundstücksgleiche Berechtigungen, staatliche Hoheitsrechte

§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG

Steuerfrei ist die Verpachtung von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten. Solche grundstücksgleichen Berechtigungen sind z. B. Kohleabbaugerechtigkeiten, selbständige landesrechtliche Gewerbegerechtigkeiten (Abdeckerei-, Mühlen-, Wasserrechte), Fischereigerechtigkeiten insoweit, als sie nach Landesrecht grundstücksähnlichen Charakter haben. Nicht dazu gehören andere Fischereirechte, Jagdrechte, Apothekengerechtigkeiten und sonstige Gewerbeberechtigungen.

Steuerfrei ist ferner die Verpachtung von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen. Das sind z. B. Mineralgewinnungsrechte, Bergwerks-, Brücken-, Fähr-, Flößereirechte. Nicht befreit sind die Verpachtung des Jagdrechts sowie von Monopolen oder Regalien ohne Beziehung zum Grund und Boden.

Tz. 120 Kaufanwartschaftsverhältnisse

§ 4 Nr. 12 Buchst. b UStG

Steuerfrei ist die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung aufgrund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags (Kaufanwartschaftsverhältnisse). Der hierbei zugrunde liegende Kaufanwartschaftsvertrag und der gleichzeitig abgeschlossene Nutzungsvertrag sehen i. d. R. vor, dass dem Kaufanwärter das Grundstück bis zur Auflassung zur Nutzung überlassen wird. Das Nutzungsverhältnis wird vielfach bis zur Eintragung in das Grundbuch fortgesetzt. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass die Nutzungsgebühren auch in der Zeit zwischen Auflassung und Grundbucheintragung aufgrund des stillschweigend verlängerten Nutzungsvertrags entrichtet werden und damit nach § 4 Nr. 12 Buchst. b UStG steuerfrei sind.

Tz. 121 Dingliche Nutzungsrechte an Grundstücken

§ 4 Nr. 12 Buchst. c UStG

Steuerfrei ist die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken. Dazu gehören die in § 31 WEG bezeichneten Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte sowie der Nießbrauch (§ 1030 BGB), die Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB). Bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist es unerheblich, ob sie auf die Vornahme, die Duldung oder die Unterlassung einer Handlung im Zusammenhang mit dem Grundstück gerichtet ist. Die Bestellung von Erbbaurechten ist steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG (Tz. 108).

Bei der Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung von Strommasten für eine Überlandleitung, der Einräumung des Rechts zur Überspannung der Grundstücke und der Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur dinglichen Sicherung dieser Rechte handelt es sich um eine einheitliche sonstige Leistung, die steuerfrei ist. Der Bewilligung der Grunddienstbarkeit kommt neben der Vermietung und Verpachtung der Grundstücke in diesem Fall kein eigenständiger umsatzsteuerlicher Gehalt zu, da sie nur der Absicherung der Rechte aus dem Miet- bzw. Pachtvertrag dient. Dies gilt z. B. auch bei der Überlassung von Grundstücken zum Verlegen von Erdleitungen (z. B. Erdgas- oder Elektrizitätsleitungen) oder bei der Überlassung von Grundstücken für Autobahn- oder Eisenbahntrassen (vgl. , BStBl 2005 II S. 802).

Tz. 122 Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften

§ 4 Nr. 13 UStG

Steuerfrei sind die Leistungen von Wohnungseigentümergemeinschaften (i. S. des WEG in der jeweils geltenden Fassung) an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer (Mitglieder der Gemeinschaft), soweit sie sich auf steuerbare Sonderleistungen beziehen, und zwar auf die Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch (z. B. Waschküchenbenutzung), seine Instandsetzung und Instandhaltung, auf die sonstige Verwaltung (Umlagen für Hausmeister usw.) und auf die Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen (Warmwasser). Unter die ähnlichen Gegenstände fallen nicht Kohle, Koks, Heizöl, Gas. Gemeinschaftliches Eigentum sind das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen, die nicht im Sondereigentum eines Mitglieds der Gemeinschaft oder im Eigentum eines Dritten stehen, z. B. Fahrstuhl, Treppenhaus, Dach, Kamin, Wasserleitungen, Gas- und Heizungsanlagen. Dem Wohnungseigentümer ist der Teileigentümer (Eigentümer von Räumen, die nicht Wohnzwecken dienen) gleichgestellt. Von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind die Instandhaltung, Instandsetzung und die Verwaltung von Sondereigentum der Mitglieder oder Eigentum Dritter. Gegenstand des Sondereigentums sind insbesondere die zur Wohnung gehörenden Räume, die nichttragenden Zwischenwände, der Fußbodenbelag, die Innentüren, der Decken- und Wandputz. Auf die Befreiung kann unter den Voraussetzungen des § 9 UStG verzichtet werden.

Nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 13 UStG sind Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaft an andere Gemeinschaften oder sonstige fremde Dritte; Leistungen Dritter an die Gemeinschaft oder deren Gemeinschafter; Leistungen der Wohnungs- bzw. Teileigentümer untereinander. Nicht begünstigt sind steuerbare Leistungen anderer Zusammenschlüsse (z. B. Mieter-, Hauseigentümer-, Bauherrengemeinschaften) an ihre Mitglieder bzw. Gemeinschafter.

Tz. 123a Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin

§ 4 Nr. 14 Buchst. a UStG

a) Tätigkeit als Arzt

Steuerfrei sind (vgl. auch , BStBl 2009 I S. 756) die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, soweit sie der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dient. Auf die Rechtsform des Unternehmens kommt es nicht an. Auch ein in der Rechtsform einer GmbH oder GmbH & Co. KG betriebenes Unternehmen kann steuerfrei ärztliche Leistungen ausführen (, BStBl 2000 II S. 160; vgl. auch NWB MAAAC-64354 zu krankengymnastischen Leistungen durch eine physikalische Praxis in der Rechtsform einer GbR). Ärzte i. S. der Vorschrift sind nur Humanmediziner; die Umsätze aus der Tätigkeit als Tierarzt und die Umsätze von Gemeinschaften, deren Mitglieder Tierärzte sind, sind ausdrücklich von der Befreiung ausgenommen. Hilfsgeschäfte (z. B. der Verkauf gebrauchter Praxisgegenstände) fallen nicht unter § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG; sie können aber nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei sein (Tz. 140).

Tätigkeit als Arzt ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung „Arzt” („Ärztin”). Zur Ausübung der Heilkunde gehört grds. jede Maßnahme, die der Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen dient. Nach Auffassung des EuGH erfasst die Befreiung jedoch nur solche Leistungen, die einem therapeutischen Ziel dienen, d. h. die auf die medizinische Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen abzielen (, D/W, UR 2000 S. 432). Die Finanzverwaltung legt die Steuerbefreiung i. S. dieses EuGH-Urteils aus, und zwar unabhängig davon, um welche konkrete ärztliche Leistung es sich handelt (Untersuchung, Attest, Gutachten usw.) und für wen sie erbracht wird (Patient, Gericht, Sozialversicherung u. Ä.). Nicht unter die Befreiung fällt die Erstellung von Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung, von Gutachten über die Tatsache oder die Ursache des Todes (außer, wenn als letzte Maßnahme im Rahmen einer Heilbehandlung anzusehen), von Alkohol-Gutachten, von Gutachten über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse, von Gutachten über die Berufstauglichkeit, von Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung und in Schadensersatzprozessen, von Zeugnissen oder Gutachten über das Sehvermögen sowie von Gutachten über die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern. Ferner sind nicht steuerbefreit die ärztliche Untersuchung über die pharmakologische Wirkung eines Medikaments bei Menschen und die dermatologische Untersuchung von kosmetischen Stoffen sowie ärztliche Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz. Wegen der Einzelheiten vgl. , BStBl 2001 I S. 157, und v. - S 7170, BStBl 2001 I S. 826, sowie van Nahmen, NWB F. 7 S. 5425. Die Erstellung von Blutgruppenuntersuchungen im Rahmen der Vaterschaftsfeststellung, von antrophologisch-erbbiologischen Gutachten, von psychologischen Tauglichkeitstests, die sich ausschließlich auf die Berufsfindung erstrecken, sowie von Gutachten über die chemische Zusammensetzung des Wassers rechnen ebenfalls nicht zur steuerfreien Tätigkeit eines Arzts gerechnet. Für die Steuerbefreiung von Schönheitsoperationen reicht es nicht aus, dass sie nur von einem Arzt ausgeführt werden können. Darüber hinaus müssen solche Operationen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen (vgl. , BStBl 2004 II S. 862). Eine gesicherte Rechtsauffassung kann aus einem schlichten Verwaltungsunterlassen - wie bei der jahrelangen Nichtbesteuerung von Schönheitsoperationen - nicht hergeleitet werden ( NWB SAAAC-67521).

Eine steuerfreie Heilbehandlung setzt voraus, dass ihr Hauptziel der Schutz der Gesundheit ist. Für die Umsatzsteuerfreiheit von Supervisionsleistungen reicht es nicht aus, dass die auch bei Heilbehandlungen eingesetzten Methoden angewandt werden und diese auch der gesundheitlichen Prophylaxe dienen können (, BStBl 2005 II S. 675). Führt ein Dipl.-Oecotrophologe (Ernährungsberater) im Rahmen einer medizinischen Behandlung (aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme) Ernährungsberatungen durch, sind diese Leistungen steuerbefreit ( , BStBl 2005 II S. 669; so auch , BStBl 2005 II S. 904). Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i. S. des § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich „den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen erbringen” sollen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB V), sind grds. keine befreiten Heilbehandlungen (vgl. , BStBl 2005 II S. 904). Zur Steuerfreiheit der Leistungen eines medizinischen Versorgungszentrums (§ 95 SGB V), einer Praxisklinik und einer Managementgesellschaft (§ 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V) sowie der Personal- und Sachmittelgestellung von Krankenhäusern an Chefärzte für das Betreiben einer Praxis im Krankenhaus vgl. , BStBl 2006 I S. 405. Betriebsärztliche Leistungen, die ein Unternehmer gegenüber einem Arbeitgeber erbringt und die darin bestehen, die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG), sind – soweit die Leistungen nicht auf Einstellungsuntersuchungen entfallen – gemäß § 4 Nr. 14 UStG 1993 steuerfrei (vgl. , BStBl 2007 II S. 412). Die Steuerfreiheit der Leistungen im S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG scheitert nach Auffassung des BFH nicht daran, dass die in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 ASiG aufgeführten Leistungen unstreitig keinen therapeutischen Zwecken dienen, denn für den BFH waren die in § 3 Abs. 1 Nr. 1–4 ASiG aufgeführten Leistungen trennbar und in dem vorgelegten Mustervertrag auch einzeln aufgeschlüsselt und einzeln abgerechnet. Zur Anwendung dieses BFH-Urteils, insbesondere zu der Frage der Selbständigkeit der Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG, wenn diese im Zusammenhang mit den Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 ASiG erbracht werden, vgl. , BStBl 2007 I S. 481. Die Erstellung ärztlicher Gutachten, die der Vorbereitung der Entscheidung eines Versicherungsträgers über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dienen sollen, ist auch dann nicht steuerfrei, wenn in den Gutachten Möglichkeiten zur Rehabilitation geprüft werden (vgl. , BStBl 2008 II S. 35). Ärztlich verordnetes Funktionstraining, das von den Krankenkassen nach § 43 SGB V in Verbindung mit der „Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining” vergütet wird, kann als Heilbehandlung steuerfrei sein (vgl. NWB YAAAD-24096). Nicht umsatzsteuerfrei sind demgegenüber Leistungen, die Krankenkassen nur zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes nach § 20 SGB V übernehmen.

Auch unter Beachtung der strengeren Kriterien des , D/W, KR 2000 S. 432, rechnet jede gutachterliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einer konkreten Heilbehandlung zur steuerfreien Tätigkeit (z. B. Gutachten zur Feststellung der Behandlungsart bei einer geplanten stationären Behandlung, zur Feststellung der medizinischen Notwendigkeit einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung sowie zur Feststellung der persönlichen Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitation). Die Schwangerenberatung nach § 218b StGB über die ärztlich bedeutsamen Gesichtspunkte eines Schwangerschaftsabbruchs (medizinische Beratung) rechnet anders als die Sozialberatung zur steuerfreien ärztlichen Tätigkeit. Ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen sind als Heilbehandlungsleistungen gem. § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Hierbei ist es unerheblich, ob der Schwangerschaftsabbruch

  • ohne Feststellung einer Indikation nach der sog. „Beratungsregelung” (§ 218a Abs. 1 StGB),

  • mit medizinischer Indikationsfeststellung (§ 218a Abs. 2 StGB) oder

  • mit kriminologischer Indikationsfeststellung (§ 218a Abs. 3 StGB)

vorgenommen wurde.

Ebenso sind alle ärztlichen Leistungen zur Empfängnisverhütung sind – unabhängig von der jeweiligen Verhütungsmethode – unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Steuerfrei ist auch die Anpassung von Kontaktlinsen durch Augenärzte und die Anpassung von Hörgeräten durch Hals-, Nasen- und Ohrenärzte.

Die Steuerfreiheit erstreckt sich auch auf notwendige Nebenleistungen im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit, z. B. Wegegeld, Verweilgebühr bei Hausbesuchen, Verabreichung von Medikamenten bei Notfallbehandlungen und stationärer Aufnahme. Nicht steuerfrei ist insbesondere die Lieferung von Hilfsmitteln (z. B. Kontaktlinsen, Schuheinlagen), die entgeltliche Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten (ausgenommen im Rahmen einer Praxis- und Apparategemeinschaft, vgl. Tz. 123, d), die schriftstellerische Tätigkeit eines Arzts, auch soweit es sich dabei um Berichte in einer ärztlichen Fachzeitschrift handelt, die Vortragstätigkeit, auch wenn der Vortrag vor Ärzten im Rahmen der Fortbildung gehalten wird, sowie die Lehrtätigkeit. Nicht steuerbefreit sind z. B. auch kosmetische Leistungen von Podologinnen/Podologen in der Fußpflege und ästhetisch-plastische Leistungen, soweit ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht. Die von Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführte Hippotherapie ist steuerfrei (, BStBl 2008 II S. 647).

Die Leistungen eines Arzts aus dem Betrieb eines Krankenhauses oder einer anderen Einrichtung i. S. des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG sind auch hinsichtlich der ärztlichen Leistungen nur dann umsatzsteuerfrei, wenn die dort bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. hierzu , BStBl 2004 II S. 677). Üben Ärzte oder Angehörige der übrigen Heilberufe ihre Tätigkeit im Rahmen einer GbR aus (Gemeinschaftspraxis), können die Umsätze der Gesellschaft auch dann steuerfrei sein, wenn nicht alle Gesellschafter bzw. Anteilseigner Ärzte sind oder eine andere nach § 4 Nr. 14 UStG erforderliche berufliche Qualifikation aufweisen (, BStBl 2000 I S. 433). Heilbehandlungsleistungen einer Personengesellschaft können auch dann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sein, wenn zwar nicht die Gesellschafter, aber die Angestellten der Personengesellschaft über die für eine Heilbehandlung erforderliche Berufsqualifikation verfügen ( NWB MAAAC-64354).

b) Tätigkeit als Zahnarzt

Der Zahnarzt (auch der Dentist) ist mit seinen ärztlichen Leistungen grds. steuerfrei. Begünstigt ist auch eine Zahnarzt-GmbH (, BStBl 2000 II S. 13). Ausgenommen ist die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und anderen Waren der Zahnprothetik (aus Unterposition 902121 und 9021 29 00 ZT) sowie von kieferorthopädischen Apparaten und Vorrichtungen (aus Unterposition 902110 ZT), soweit er sie in seinem Unternehmen selbst oder durch seine Angestellten hergestellt hat. Füllungen (Inlays), Dreiviertelkronen (Onlays) und Verblendschalen für die Frontflächen der Zähne (Veneers) sind Zahnprothesen, auch wenn sie vom Zahnarzt computergesteuert im sog. Cerec-Verfahren hergestellt werden (, BStBl 1999 II S. 251). Wird der Zahnersatz teils im praxiseigenen Labor und teils durch einen selbständigen Zahntechniker hergestellt, ist nur der Leistungsteil steuerpflichtig, der auf das Unternehmen des Zahnarzts entfällt. Steuerpflicht besteht insoweit, als der Zahnarzt Modelle, Bissschablonen, Bisswälle und Funktionslöffel hergestellt hat, auch wenn die übrigen Herstellungsarbeiten von anderen Unternehmern durchgeführt werden. Das vom Zahnarzt beigestellte Material (z. B. Gold, Zähne) zur Herstellung von Zahnprothesen durch einen anderen Unternehmer ist beim Zahnarzt steuerpflichtig, weil die Beistellung insoweit einer Teilherstellung gleichzusetzen ist.

Die Zahnärzte sind berechtigt, Pauschbeträge für bestimmt Leistungen gesondert zu berechnen; vgl. Abschn. 89 Abs. 5 UStR. Die Pauschbeträge gehören zum Entgelt für steuerfreie zahnärztliche Leistungen. Steuerpflichtig sind jedoch die Lieferungen von im Unternehmen des Zahnarztes individuell hergestellten provisorischen Kronen und die vom Zahnarzt durchgeführten indirekten Unterfütterungen von Zahnprothesen.

Als Entgelt für die Lieferung oder Wiederherstellung des Zahnersatzes sind die Material- und zahntechnischen Laborkosten anzusetzen, die der Zahnarzt nach § 9 der Gebührenordnung für Zahnärzte neben den Gebühren für seine ärztliche Leistung berechnen kann.

Volle Steuerbefreiung ist für kieferorthopädische Behandlungen zu gewähren, auch soweit dabei Apparate und Vorrichtungen (z. B. Zahnspangen), die der Arzt selber hergestellt hat, überlassen werden. Werden diese jedoch geliefert (auf Dauer überlassen), kann Steuerpflicht angenommen werden, auch wenn der Zahnarzt sich das Eigentum daran vorbehalten hat (, BStBl 1998 II S. 584).

c) Andere Heilberufe

Neben den Umsätzen aus der Tätigkeit als Arzt oder als Zahnarzt sind steuerfrei die Umsätze aus der Tätigkeit als Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit (vgl. auch , BStBl 2009 I S. 756). Es muss sich um einen Heil- oder Heilhilfsberuf (Gesundheitsfachberuf) handeln. Heilpraktiker sind Personen, die berufsmäßig die Heilkunde am Menschen ausüben und Inhaber einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz sind. Bei Gesundheitsfachberufen, die in dem Katalog des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht ausdrücklich genannt sind, muss es sich um eine dem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handeln. Das Gesamtbild des zu beurteilenden Berufs muss mit dem typischen Bild des Katalogberufs in seinen wesentlichen Merkmalen vergleichbar sein. Dazu gehören die Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit, der Ausbildung, der berufsrechtlichen Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung. Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen (, BStBl 2000 I S. 433). Indiz für das Vorliegen eines entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweises ist ferner die Aufnahme von Leistungen der betreffenden Art in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (§ 92 SGB V; vgl. , BStBl 2005 II S. 227). S. auch Tz. 123, e. Wie bei den Katalogberufen kommt es auf die Rechtsform des Unternehmers nicht an (vgl. ausführlich Funk, NWB F. 7 S. 5333 NWB OAAAC-74357). Die Leistungen der ähnlichen Heilberufe sind wie diejenigen der Ärzte und Zahnärzte nur steuerfrei, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Eine beispielhafte Auflistung ähnlicher Heilberufe enthält Abschn. 90 Abs. 2 UStR. Zu dieser Personengruppe gehören z. B. auch Fachbiologen der Medizin mit zytologischen/histologischen Leistungen und Fachwissenschaftler der Medizin. Vgl. zum Umfang der ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit auch ).



Zu den ähnlichen Heilberufen zählen insbesondere: Dental-Hygienikerinnen und Dental-Hygieniker im Auftrag eines Zahnarztes (vgl. , BStBl 2005 II S. 106), Diätassistentinnen und Diätassistenten (DiätAssG), Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, denen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis erteilt ist (ErgThG), Krankenschwestern, Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger (KrPflG) sowie Altenpflegerinnen und Altenpfleger, denen die Erlaubnis nach § 1 Nr. 1 AltpflG erteilt ist oder nach § 29 AltpflG als erteilt gilt (sozialpflegerische Leistungen, z. B. Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung, sind nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei; es kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG in Betracht kommen), Logopädinnen und Logopäden, denen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis erteilt ist (LogopG), staatlich geprüfte Masseurinnen und Masseure bzw. Masseurinnen und medizinische Bademeisterinnen und Masseure und medizinische Bademeister (MPhG; die Steuerbefreiung kann von den genannten Unternehmern u. a. für die medizinische Fußpflege und die Verabreichung von medizinischen Bädern, Unterwassermassagen, Fangopackungen (, BStBl II S. 676) und Wärmebestrahlungen in Anspruch genommen werden; das gilt auch dann, wenn diese Verabreichungen selbständige Leistungen und nicht Hilfstätigkeiten zur Heilmassage darstellen.), auf dem Gebiet der Humanmedizin selbständig tätige medizinisch-technische Assistentinnen und medizinisch-technische Assistenten (MTAG, vgl. , BStBl II S. 453), Dipl. Oecotrophologinnen und Dipl. Oecotrophologen (Ernährungsberatende) im Rahmen einer medizinischen Behandlung (vgl. , BStBl 2005 II S. 669 und v. - V R 23/04, BStBl 2005 II S. 904), Orthoptistinnen und Orthoptisten, denen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis erteilt ist (OrthoptG), Podologinnen und Podologen, denen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis nach § 1 PodG erteilt ist oder nach § 10 Abs. 1 PodG als erteilt gilt, Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PsychThG), Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten, denen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis erteilt ist (RettAssG), Sprachtherapeutinnen und Sprachtherapeuten, die staatlich anerkannt und nach § 124 Abs. 2 SGB V zugelassen sind.

Nicht zu den ähnlichen Heilberufen rechnen (vgl. auch OFD Karlsruhe, Verfügung. v. - S 7170, USt-Kartei BW § 4 Nr 14, S 7170, Karte 4) insbesondere Altenpfleger, Augenoptiker, Ökotrophologen, Fachkosmetiker (auch Epilation), Familienhelfer (vgl. , EFG 1999 S. 508; die Leistungen können ggf. nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei sein), Gymnastiklehrer, Haaranalysten, Heilmagnetiseure (vgl. Niedersächsiches , EFG 1995 S. 735), Heilpädagogen (vgl. , EFG 2005 S. 1389; die Leistungen können ggf. nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei sein), Kunstpädagogen, Kunsttherapeuten, Kurpacker (vgl. , EFG 1988 S. 330), Legasthenie-Therapeuten, Logotherapeuten (vgl. , BStBl 2008 II S. 37), medizinische Strahlenschutzphysiker, Medizinphysiker (vgl. , BFH/NV 1995 S. 647), Krankenpflegehelfer, Fußpraktiker, Medizinphysiker, Musiktherapeuten (vgl. , BFH/NV 1999 S. 528), Schwesternhelferinnen, sozialpsychiatrische Kinder- und Jugendtherapeuten (die Leistungen können ggf. nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei sein), Wechseljahreberater, Yogalehrer, Orientierungs- und Mobilitätstrainer. (Die Verwaltung hält an ihrer Auffassung fest, dass eine Steuerbefreiung der Leistungen der Orientierungs- und Mobilitätslehrer für blinde und sehbehinderte Menschen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht in Betracht kommt). Das soll auch im Hinblick auf die seitdem ergangene Rechtsprechung zu § 4 Nr. 14 UStG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL gelten, da das Orientierungs- und Mobilitätstraining keine therapeutische Maßnahme zur Vorbeugung, Linderung oder Heilung einer Krankheit darstellt. Die Rehabilitationsleistungen der Orientierungs- und Mobilitätslehrer für blinde und sehbehinderte Menschen sind aber unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a. F. (ab : § 4 Nr. 16 Buchst. h oder k UStG) umsatzsteuerfrei, wenn diese Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialhilfeträgern erbracht werden.

Erstellt eine Krankenschwester (mit entsprechender Zusatzausbildung) im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung für Zwecke der Pflegeversicherung Gutachten zur Feststellung von Art und Umfang der Pflegebedürftigkeit der Versicherten, ist diese Tätigkeit weder nach dem UStG noch nach dem Gemeinschaftsrecht steuerfrei (vgl. , BStBl 2009 II S. 429; Ergänzung zu , BStBl 2000 II S. 554). Gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind Leistungen von Hebammen nur dann befreit, wenn es sich um Heilbehandlungsleistungen handelt. Bei den Leistungen sog. Familienhebammen handelt es sich nicht um medizinische Heilbehandlungs-/-beratungsleistungen, sondern um soziale Beratungsleistungen. Daher fallen diese Leistungen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Vielmehr können die über die Geburtshilfe hinausgehenden Leistungen der Familienhebammen nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei sein.

Umsätze aus Legasthenie-Behandlungen sind grds. nicht steuerfrei. Legasthenie-Behandlungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erbracht und gegenüber dem Träger für die betreffende Sozialleistung abgerechnet werden, sind nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL steuerfrei (vgl. , BStBl 2006 II S. 143). Eine Übertragung auf andere Umsätze nach SGB VIII ist möglich, soweit die Leistungen der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 2 SGB VIII) und der Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) gegenüber den Trägern für die betreffenden Sozialleistungen abgerechnet werden. Seit kommt hier die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 25 UStG in Betracht. Begünstigte Unternehmer sind insbesondere Träger der öffentlichen Jugendhilfe und andere Einrichtungen mit sozialem Charakter (vgl. auch NWB WAAAC-49704). Umsätze eines nichtärztlichen Logotherapeuten sind nicht gemäß § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei (vgl. , BStBl 2008 II S. 37).

Der Befreiung der Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steht nicht entgegen, wenn diese im Rahmen von Verträgen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung) oder der besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung nach § 73c SGB V bzw. nach anderen sozialrechtlichen Vorschriften erbracht werden.

Eine Dental-Hygienikerin kann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Umsätze im Auftrag eines Zahnarzts ausführen (vgl. , BStBl 2005 II S. 106).

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG setzt nicht voraus, dass der Unternehmer Umsätze gegenüber einem Patienten als Leistungsempfänger erbringt und mit ihm oder seiner Krankenkasse hierüber abrechnet. Nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreie Leistungen kommen auch dann in Betracht, wenn eine Rehabilitationseinrichtung aufgrund eines Versorgungsvertrags gemäß § 11 Abs. 2 SGB V, §§ 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Rehabilitationseinrichtung als auch die Leistungen der Fachkräfte an die Rehabilitationseinrichtung steuerfrei, soweit sie die in dem Versorgungsvertrag benannte Qualifikation haben (vgl. , BStBl 2005 II S. 190; vgl. auch Tz 123b).

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG gilt nicht für die Umsätze aus der Tätigkeit als Tierarzt. Dass tierärztliche Leistungen nicht unter die Befreiung fallen, entspricht auch gefestigter Rechtsprechung (vgl. 122/87 - K/Italien, EuGHE 1988 S. 2685).

Zu von einer ärztlichen Laborgemeinschaft in Auftrag gegebenen medizinischen Laboranalyse vgl. Tz. 123b.

d) Rechtsform, berufliche Befähigungsnachweise, Berufungsrechte

Werden Leistungen aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker oder aus einer anderen heilberuflichen Tätigkeit i. S. von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erbracht, kommt es für die Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift nicht darauf an, in welcher Rechtsform der Unternehmer die Leistung erbringt (vgl. , BStBl 2000 II S. 13). S. auch Tz. 123, a und Abschn. 93 UStR.

Die Umsätze einer Personengesellschaft aus einer heilberuflichen Tätigkeit sind auch dann steuerfrei, wenn die Gesellschaft daneben eine Tätigkeit i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt und ihre Einkünfte deshalb ertragsteuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu qualifizieren sind (vgl. , BStBl 1995 II S. 84).

Die Steuerbefreiung der Umsätze aus heilberuflicher Tätigkeit setzt (richtlinienkonform) voraus, dass es sich um ärztliche oder arztähnliche Leistungen handeln muss, und dass diese von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen. Das Fehlen einer berufsrechtlichen Regelung ist für sich allein kein Hinderungsgrund für die Befreiung. Vom Vorliegen eines beruflichen Befähigungsnachweises für eine ärztliche oder arztähnliche Leistung ist grds. auszugehen bei Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. der regelmäßigen Zulassung seiner Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen. Sind weder der jeweilige Unternehmer selbst noch – regelmäßig – seine Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen, kann ein Indiz für das Vorliegen eines beruflichen Befähigungsnachweises die Aufnahme von Leistungen der betreffenden Art in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (§ 92 SGB V) sein (, BStBl II 2005 S. 316, zu den Leistungen eines Heileurythmisten). Steuerfreie Leistungen kommen auch dann in Betracht, wenn eine Rehabilitationseinrichtung aufgrund eines Versorgungsvertrags gem. § 11 Abs. 2, §§ 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen der Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Rehabilitationseinrichtung als auch die Leistungen der Fachkräfte an die Rehabilitationseinrichtung steuerfrei, soweit sie die im Versorgungsvertrag benannte Qualifikation haben (vgl. , BStBl 2005 II S. 190).

Tz. 123b Umsätze der Krankenhäuser, Diagnosekliniken und ähnlichen Einrichtungen

§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG

a) Übersicht

Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze sind steuerfrei, wenn sie nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder den in Satz 2 bezeichneten Einrichtungen des privaten Rechts erbracht werden (vgl. im Einzelnen auch , BStBl 2009 I S. 756). Unter § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG fallen regelmäßig auch die Krankenhäuser des Maßregelvollzugs. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff „Einrichtungen” auch natürliche Personen. Die Leistungen sind sowohl im Bereich gesetzlicher Versicherungen steuerfrei, als auch dann, wenn kein oder ein privater Versicherungsschutz besteht. Um auszuschließen, dass eine Einrichtung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa bis gg die Steuerbefreiung für einrichtungsfremde Leistungen in Anspruch nimmt, ist die Steuerbefreiung jeweils auf den Bereich der Zulassung, des Vertrags bzw. der Regelung nach SGB beschränkt. Dies bedeutet z. B., dass eine Einrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 4 Nr. 14 Buchst. b Doppelbuchst. dd UStG), keine steuerfreien Krankenhausbehandlungen (§ 4 Nr. 14 Buchst. b Doppelbuchst. aa UStG) erbringen kann, wenn sie nicht auch über eine Zulassung nach § 108 SGB V verfügt. Als andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtungen gleicher Art i. S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL werden die Einrichtungen gem. § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 (Doppelbuchst. aa bis hh) UStG bestimmt. Bei dieser Anerkennung wird auf den jeweiligen Regelungsgehalt des SGB abgestellt. Damit hängt die Steuerbefreiung nicht von jährlich nachzuweisenden bestimmten, einrichtungsbezogenen „Sozialkriterien” ab.

aa) Zugelassene Krankenhäuser

Als Einrichtung anerkannt sind gem. § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG die zugelassenen Krankenhäuser nach § 108 SGB V, somit

  • Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,

  • Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), sowie

  • Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

Krankenhäuser, die nicht von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden und die nicht nach § 108 SGB V zugelassen sind, sind mit ihren in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG genannten Leistungen steuerpflichtig, also auch mit ihren in einer Vielzahl sonstiger Krankenhausleistungen eingebetteten ärztlichen Heilbehandlungsleistungen. Zur Steuerbefreiung eines Krankenhauses im Falle einer umsatzsteuerlichen Organschaft (vgl. ). Durch die personelle und sachliche Verflechtung und die organschaftliche Verbundenheit liegt nur eine Einrichtung vor. Soweit diese eine Einrichtung (nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus) Leistungen erbringt, die über den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen (z. B. Chefarztbehandlung, Doppel- oder Einzelzimmerbelegung), sind diese unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG ebenfalls steuerbefreit.

bb) Zentren der ärztlichen Heilbehandlung

Durch § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. bb UStG werden die Zentren der ärztlichen – auch zahnärztlichen – Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 SGB V gelten, als steuerbegünstigte Einrichtungen anerkannt. Unter diese Befreiungsvorschrift können, unabhängig von ihrer Rechtsform, z. B. medizinische Versorgungszentren, Einrichtungen von Laborärzten oder klinischen Chemikern sowie Praxiskliniken fallen. Außerdem werden hiervon alle Einrichtungen des Vierten Abschnitts des Vierten Kapitels des SGB V erfasst, für die eine Regelung nach § 115 SGBV gilt, somit z. B. auch Hochschulambulanzen nach § 117 SGB V, Psychiatrische Institutsambulanzen nach § 118 SGB V und Sozialpädiatrische Zentren nach § 119 SGB V.

cc) Einrichtungen im Bereich der Unfallversicherung

Mit § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. cc UStG werden die Einrichtungen begünstigt, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 SGB VII an der Versorgung beteiligt sind. Damit sind Einrichtungen erfasst, mit denen die Unfallversicherungsträger Verträge über die Durchführung von Heilbehandlungen nach § 34 SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung) abgeschlossen haben oder deren Beteiligung an der Durchführung von Heilbehandlungen durch Verwaltungsakt erfolgt.

dd) Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge bestehen

Mit § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. dd UStG werden die Einrichtungen erfasst, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a SGB V bestehen, also Versorgungsverträge mit Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen bzw. Versorgungsverträge mit Einrichtungen des Müttergenesungswerks oder gleichartigen Einrichtungen.

ee) Rehabilitationseinrichtungen

Mit § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. ee UStG werden medizinische Rehabilitationseinrichtungen erfasst, mit denen Verträge nach § 21 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) bestehen.

ff) Einrichtungen zur Geburtshilfe

Mit § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. ff UStG werden die Einrichtungen zur Geburtshilfe erfasst, für die Verträge nach § 134a SBG V gelten. Die Steuerbefreiung umfasst auch die Leistungen der stationären Geburtshilfe, unabhängig von einer sozialversicherungsrechtlichen Abrechnungsfähigkeit dieser Leistungen.

gg) Hospize

Hospize nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. gg UStG, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 SGB V bestehen, sind mit ihren stationären Hospizleistungen steuerbefreit. Ambulante Hospizleistungen, die unter § 4 Nr. 14 Buchst. a UstG fallen, sind nach dieser Vorschrift steuerfrei.

hh) Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 Strafvollzugsgesetz

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. hh UStG sind Einrichtungen, denen im Wege der Beleihung die Durchführung des Maßregelvollzugs übertragen wurde, als begünstigte Einrichtungen anerkannt. Die Steuerbefreiung umfasst neben den ärztlichen Behandlungsleistungen auch die Unterbringung, Verpflegung und Verwahrung der in diesen Einrichtungen untergebrachten Personen. Entsprechende Einrichtungen des öffentlichen Rechts fallen unmittelbar unter § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UstG.

b) Begriffe

Krankenhäuser sind Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Hierzu rechnen unter den bezeichneten Voraussetzungen z. B. auch Lungenheilstätten, Nervenheilanstalten, Entwöhnungsanstalten für Süchtige mit ärztlicher Betreuung, Anstalten für nicht mehr heilbar Erkrankte unter ständiger ärztlicher Beaufsichtigung, Belegkrankenhäuser, Säuglingsheime, in denen nur kranke Kinder aufgenommen werden und die unter verantwortlicher ärztlicher Leitung stehen, Einrichtungen zur Erbringung stationärer Leistungen (z. B. Tages-, Nacht- und Wochenendkliniken). Einrichtungen, in denen nur ambulante Leistungen erbracht werden, sind keine Krankenhäuser. Sie können aber unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG fallen oder eine Einrichtung ärztlicher Befunderhebung sein. Einrichtungen zur Entbindung/Geburtshilfe, die von Hebammen oder Entbindungspflegern geleitet werden, können im Ergebnis wie Krankenhäuser behandelt werden ( NWB VAAAA-86584).

Eine Einrichtung ist stets als Krankenhaus anzusehen, wenn sie ein Hochschulkrankenhaus ist oder soweit sie als Krankenhaus in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen ist oder soweit in ihr ärztliche Leistungen, Pflege, Verpflegung, Unterkunft, Nebenleistungen und ggf. sonstige Leistungen erbracht werden, die mit einem Sozialleistungsträger oder einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Kostenträger abgerechnet werden.

Diagnosekliniken und andere Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung und Diagnostik sind Einrichtungen, in denen durch ärztliche Leistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird. Nicht erforderlich ist, dass den untersuchten und behandelten Personen Unterkunft und Verpflegung gewährt werden.

Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung sind Einrichtungen, in denen durch ärztliche Leistungen der Zustand menschlicher Organe, Gewebe, Körperflüssigkeiten usw. festgestellt werden soll. Die Feststellung muss für diagnostische oder therapeutische Zwecke erfolgen. Eine Einrichtung ärztlicher Befunderhebung liegt auch dann vor, wenn z. B. Laborleistungen von medizinisch-technischem Personal unter ärztlicher Aufsicht ausgeführt werden. Gewerbliche Analyseunternehmen können daher bei entsprechender Gestaltung Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung sein. Eine aus niedergelassenen Ärzten und Krankenhausträgern bestehende Gesellschaft, die mit medizinischen Großgeräten und eigenem Personal für die Gesellschafter Untersuchungen durchführt, erbringt Leistungen der Befunderhebung (Abschn. 98 Abs. 3 UStR).

Der EuGH hat im Fall einer von einer ärztlichen Laborgemeinschaft in Auftrag gegebenen medizinischen Laboranalyse entschieden, dass die Leistung als Krankenhausbehandlung i. S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL steuerfrei ist. Die Bedingung, dass die Leistungen unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden müssen, ist nicht mit Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL vereinbar (vgl. , L. u. P. NWB FAAAB-88620, auf Vorabentscheidungsersuchen des , BStBl 2005 II S. 445). Nachfolgend dazu hat der , BStBl 2008 II S. 31) entschieden, dass ein Arzt für Laboratoriumsmedizin mit seinen medizinischen Analysen und Laboruntersuchungen, die er im Auftrag der behandelnden Ärzte oder deren Labore/Laborgemeinschaften ausführt, „ärztliche Heilbehandlungen” i. S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL bzw. „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin” i. S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL erbringt; es ist nicht erforderlich, dass diese Leistungen unmittelbar gegenüber den Patienten erbracht werden. Umsätze eines Arzts für Laboratoriumsmedizin aus medizinischen Analysen und Laboruntersuchungen im Auftrag der behandelnden Ärzte oder deren Labore/Laborgemeinschaften sind auch dann steuerfrei, wenn er sie in der Rechtsform einer GmbH erbringt und er der alleinige Gesellschafter dieser GmbH ist. Soweit solche Umsätze eines Arzts für Laboratoriumsmedizin sowohl unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980/1991/1993 aufgrund dessen Anknüpfung an den Beruf (hier als Arzt) und dessen spezifische Umsätze als auch entsprechend Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL unter die des § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG 1980/1991/1993 fallen, kann sich der Steuerpflichtige auf die für ihn günstigere Regelung des nationalen Rechts (§ 4 Nr. 14 UStG 1980/1991/1993) berufen. Nach dem (BStBl 2008 I S. 23) sind die Grundsätze dieses BFH-Urteils insofern über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden, als der BFH in den Leitsätzen 4 und 5 sowie in den nicht tragenden Urteilsgründen zu § 4 Nr. 16 UStG (i. d. F. bis ) Stellung nimmt.

Einrichtungen zur Geburtshilfe sind von Hebammen oder Entbindungspflegern geleitete Einrichtungen (Entbindungsheime, Geburtshäuser), die Wöchnerinnen Unterkunft, Pflege und Verpflegung gewähren sowie Umsätze zur Versorgung der Neugeborenen erbringen (Sozialpflege).

c) Subjektive Voraussetzungen für die Steuerbefreiung

Alle Einrichtungen, die die o. g. Merkmale erfüllen, können ohne Einschränkung die Steuerbefreiung für die mit ihnen eng verbundenen Umsätze in Anspruch nehmen, wenn sie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden. Sind die Einrichtungen in die Form einer privatrechtlichen Gesellschaft gekleidet, müssen sie die Voraussetzungen für private Krankenhäuser usw. auch dann erfüllen, wenn deren Anteile nur juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören und deren Erträge ausschließlich ihnen zufließen.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG kann nur für die unmittelbar durch den Betrieb der in der Vorschrift bezeichneten Einrichtung selbst bewirkten Umsätze beansprucht werden (vgl. , BStBl 2003 II S. 954). Umsätze der Krankenhäuser sind, auch soweit sie die ärztliche Heilbehandlung einschließen, grds. nur dann steuerfrei, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG erfüllen. Die Befreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG findet auf sie grds. keine Anwendung (, BStBl 2004 II S. 677).

d) Steuerfreie Umsätze

Steuerfrei sind die Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze. Eng verbunden sind solche Umsätze, die für die Einrichtung nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen. Die Umsätze dürfen nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein, den Einrichtungen zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stehen. Abschn. 100 Abs. 2 UStR enthält eine Aufzählung von Leistungen, die zu den eng verbundenen Umsätzen gehören. Zu den eng verbundenen Umsätzen vgl. im Einzelnen auch , BStBl 2009 I S. 756 sowie , USt-Kartei BW, § 4 Nr 16 UStG, S 7172, Karte 2.

Die Personalgestellung durch ein Krankenhaus an eine Arztpraxis kann ein mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundener, steuerfreier Umsatz sein, z. B. wenn das Krankenhaus medizinische Großgeräte der Arztpraxis durch eigenes Personal nutzen darf und im Gegenzug sein Personal zur Bedienung der Geräte auch für die Nutzung durch die Arztpraxis gegen Kostenerstattung überlässt. Ein mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundener Umsatz kann danach ausnahmsweise auch dann vorliegen, wenn die Arztpraxis nicht nur die Krankenhauspatienten, sondern auch andere Patienten versorgt. Ob ein derartiger Ausnahmefall vorliegt, kann nur unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (, BStBl 2006 II S. 481; Anschluss an , BStBl 2005 II S. 507).

Eine Aufzählung von nicht zu den eng verbundenen Umsätzen gehörenden Leistungen enthält Abschn. 100 Abs. 3 UStR. Blutalkoholuntersuchungen für gerichtliche Zwecke in Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung sowie die Abgabe ärztlicher Gutachten gegen Entgelt (wenn eine vergleichbare Leistung nicht nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei ist), rechnen eben nicht zu den steuerfreien Leistungen.

Steuerfrei sind (nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchstabe cc UStG) auch die Umsätze aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker. Das sind Personen, die den von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie e. V. entwickelten Ausbildungsgang mit Erfolg beendet haben und dies durch die von der genannten Gesellschaft ausgesprochene Anerkennung nachweisen. Ein chemisches Untersuchungsamt, das Blutalkoholuntersuchungen und toxikologische Untersuchungen durchführt, bewirkt damit keine Umsätze als klinischer Chemiker, auch wenn es von einem solchen geleitet wird.

Tz. 123cUmsätze der Einrichtungen nach § 140b Abs. 1 SGB V

§ 4 Nr. 14 Buchst. c UStG

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. c UStG werden Leistungen von Einrichtungen nach § 140b Abs. 1 SGB V begünstigt, mit denen Verträge zur integrierten Versorgung nach § 140a SGB V bestehen. Danach sind steuerfrei z. B. die Leistungen von Managementgesellschaften – Träger, die nicht selbst Versorger sind, sondern eine Versorgung durch dazu berechtigte Leistungserbringer anbieten (§ 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V) –, denen im Rahmen eines mit einer Krankenkasse geschlossenen Vertrags zur integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V die vollständige bzw. teilweise ambulante und/oder stationäre Versorgung der Mitglieder der Krankenkasse übertragen wird. Wenn in einem Vertrag zur integrierten Versorgung lediglich Steuerungs-, Koordinierungs- und/oder Managementaufgaben von der Krankenkasse auf die Managementgesellschaft übertragen werden, handelt es sich hierbei um die Auslagerung von Verwaltungsaufgaben. Solche Leistungen der Managementgesellschaft gegenüber der Krankenkasse sind weiterhin steuerpflichtig.

Tz. 123d Leistungen von Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder

§ 4 Nr. 14 Buchst. d UStG

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG sind steuerfrei die sonstigen Leistungen (nicht Lieferungen) von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG bezeichneten Berufe (z. B. Ärzte) oder Einrichtungen i. S. des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG (z. B. Krankenhäuser) sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung der (steuerfreien) Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 Buchst. a oder b UstG verwendet werden und die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert. Es sind nicht nur die Leistungen der Zusammenschlüsse von Ärzten oder Angehörigen arztähnlicher Berufe an ihre Mitglieder steuerbefreit, sondern auch die Leistungen an Mitglieder der Zusammenschlüsse von Einrichtungen i. S. des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG (z. B. Krankenhäuser) sowie von Angehörigen der in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG bezeichneten Berufe und Einrichtungen i. S. des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG (z. B. Ärzte und Krankenhäuser).

Die Steuerbefreiung setzt zwingend voraus, dass die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert. Sie darf auch entsprechend dem letzten Teilsatz in Artikel 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen und kann sich deshalb entsprechend dem bisherigen Rechtsverständnis (vgl. hierzu auch Abschnitt 94 UStR 2008) z. B. nur auf die sonstigen Leistungen der ärztlichen Praxis- und Apparategemeinschaften beziehen, nicht aber auf Fälle, in denen eine Gemeinschaft für ihre Mitglieder z. B. die Buchführung, die Rechtsberatung oder die Tätigkeit einer ärztlichen Verrechnungsstelle übernimmt. Hinsichtlich der ärztlichen Praxis- und Apparategemeinschaften ist die Steuerbefreiung begrenzt auf sonstige Leistungen, die die Gemeinschafter unmittelbar zur Ausführung ihrer steuerfreien heilberuflichen Tätigkeiten verwenden. Die Tätigkeiten der Gemeinschaften bestehen im Wesentlichen darin, medizinische Einrichtungen, Apparate und Geräte zentral zu beschaffen und sie ihren Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Ferner führen die Gemeinschaften mit eigenem medizinisch-technischen Personal Labor- und Röntgenuntersuchungen sowie andere medizinisch-technische Leistungen für ihre Mitglieder aus. Den Gemeinschaften obliegt zusätzlich die zentrale Beschaffung von Praxisräumen und ihre Überlassung zur Nutzung an die einzelnen Mitglieder. Es handelt sich hier um sonstige Leistungen, die i. d. R. unter die Steuerbefreiung für die Vermietung von Grundstücken fallen.

Durch die Ausführung steuerpflichtiger Umsätze an Nichtmitglieder wird die Steuerfreiheit der Umsätze an die Mitglieder nicht berührt (Abschn. 94 Abs. 4 UStR). Nicht unter die Befreiungsvorschrift fallen Lieferungen (z. B. medizinische Geräte, Büromaterial), die die Gemeinschaft an ihre Mitglieder ausführt, und nur mittelbar mit der heilberuflichen Tätigkeit zusammenhängende sonstige Leistungen (z. B. die Übernahme der Buchführung, der Rechtsberatung, der Tätigkeit einer ärztlichen Verrechnungsstelle). Die Befreiungsvorschrift gilt nicht für Umsätze von Gemeinschaften, deren Mitglieder Tierärzte sind.

Für die Steuerbefreiung ist es unschädlich, wenn die Gemeinschaft den jeweiligen Anteil der gemeinsamen Kosten des Mitglieds direkt im Namen des Mitglieds mit den Krankenkassen abrechnet. Die Leistungsbeziehung zwischen Gemeinschaft und Mitglied bleibt weiterhin bestehen. Der verkürzte Abrechnungsweg kann als Serviceleistung angesehen werden, die als unselbständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt. Auch Laborleistungen gemäß § 25 Abs. 3 des Bundesmantelvertrags-Ärzte, wonach die Laborgemeinschaft für den Arzt die auf ihn entfallenden Analysekosten gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung abrechnet, erfüllen hinsichtlich der dort geforderten „genauen Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten” die Voraussetzung des § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG. Beschafft und überlässt die Gemeinschaft ihren Mitgliedern Praxisräume, ist dieser Umsatz nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG befreit. Vielmehr handelt es sich hierbei um sonstige Leistungen, die in der Regel unter die Steuerbefreiung für die Vermietung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG fallen.

Tz. 124 Umsätze der gesetzlichen Sozialversicherungsträger u. Ä.

§ 4 Nr. 15 UStG

Steuerfrei sind die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II sowie der Arbeitsgemeinschaften nach § 44b Abs. 1 SGB II, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge untereinander oder an die Versicherten, Bezieher von Leistungen nach SGB II, Empfänger von Sozialhilfe und die Versorgungsberechtigten.

Gesetzliche Träger der Sozialversicherung sind die Allgemeinen Ortskrankenkassen, Betriebs- und Innungskrankenkassen, die zugelassenen Ersatzkassen, die Seekrankenkasse und die Knappschaft; die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Landerversicherungsanstalten, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, die landwirtschaftlichen Alterskassen und die Bundesagentur für Arbeit; die Berufsgenosenschaften, die Unfallkasse des Bundes, die Unfallkassen der Länder, die Gemeindeunfallversicherungsverbände und die weiteren in § 114 SGB VII genannten Unfallkassen. Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und Landkreise sowie Stellen, die die Länder als solche bestimmen (z. B. Landeswohlfahrtsverbände). Verwaltungsbehörden und sonstige Stellen der Kriegsopferversorgung und -fürsorge sind die Versorgungs- und Landesversorgungsämter, die orthopädischen Versorgungsstellen, Prüf- und Beschaffungsstellen für Medikamente und Hilfsmittel, die Fürsorge- und Hauptfürsorgestellen für Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene.

Nicht zu den begünstigten Trägern rechnen Beamtenkrankenkassen und andere Privatkrankenkassen, das Bundesbahnsozialamt, Polizeiverwaltungen mit der Gewährung von Sehhilfe und sonstiger Heilfürsorge an Polizeibeamte.

Steuerfrei sind Regelleistungen, gesetzliche Mehrleistungen, freiwillige Sachleistungen im Kulanzwege, die die bezeichneten Stellen untereinander und an die Versicherten, Sozialhilfeempfänger und an die Versorgungsberechtigten ausführen. Nicht hierunter fallen Lieferungen und sonstige Leistungen an andere Personen und Einrichtungen und Umsätze von Dritten an die Träger. Ist der begünstigte Träger eine juristische Person des öffentlichen Rechts, sind seine Umsätze nur im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art steuerbar.

Nicht steuerfrei ist die Abgabe von Brillen und Brillenteilen einschließlich der Reparaturarbeiten durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung. Zu den von der Steuerbefreiung ausgenommenen Umsätzen gehört insbesondere die entsprechende unentgeltliche Wertabgabe, also die Entnahme von Brillen und Brillenteilen sowie die Reparaturarbeiten an diesen Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens.

Schließen sich Krankenkassen zu einer Genossenschaft zusammen, die an ihre Mitglieder entgeltliche Leistungen erbringt, sind diese Leistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL nur steuerfrei, wenn es hierdurch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt (vgl. ).

Tz. 125 Gesetzliche Leistungen der Medizinischen Dienste im Bereich der Krankenversicherung

§ 4 Nr. 15a UStG

Steuerfrei sind die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (§ 282 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände. Soweit sich die Befreiung auf die Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen bezieht, hat sie im Ergebnis nur Bedeutung für die Einrichtungen in den neuen Bundesländern, die nicht juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, sondern in der Rechtsform eingetragener Vereine betrieben werden. Die Leistungen der Medizinischen Dienste bestehen aus der Erstellung von gutachtlichen Stellungnahmen für die Krankenkassen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen, zur Einleitung von Maßnahmen zur Rehabilitation oder zur Einleitung von Maßnahmen für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sowie in den anderen in § 275 SGB V bezeichneten Fällen. Die zur Finanzierung dieser Leistungen erforderlichen Mittel werden durch eine Umlage der jeweiligen Mitglieder aufgebracht, bei der es sich um ein Leistungsentgelt und nicht um einen nichtsteuerbaren Mitgliedsbeitrag handelt. Diese Leistungen werden von der Steuerbefreiung erfasst ebenso wie die gegen Kostenerstattung erbrachten Leistungen gegenüber anderen Leistungsträgern. Auch beim Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen werden bestimmte Leistungen für die Mitglieder (z. B. das Sammeln und Auswerten von Erfahrungen, die Berichterstattung über die Arbeit und Ergebnisse der Medizinischen Dienste, die Prüfung der Voraussetzungen für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis) durch Umlagen der Mitglieder abgegolten, auf die sich die Steuerbefreiung erstreckt.

Erstellt eine Krankenschwester (mit entsprechender Zusatzausbildung) im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung für Zwecke der Pflegeversicherung Gutachten zur Feststellung von Art und Umfang der Pflegebedürftigkeit der Versicherten, ist diese Tätigkeit weder nach dem UStG noch nach dem Gemeinschaftsrecht steuerfrei (vgl. , BStBl 2009 II S. 429; Ergänzung zu , BStBl 2000 II S. 554).

Tz. 126 Umsätze der mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen

§ 4 Nr. 16 UStG

a) Übersicht

Steuerfrei sind die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen, die von

  1. juristischen Personen des öffentlichen Rechts,

  2. Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 SGB V besteht,

  3. Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des SGB V, § 72 oder § 77 des SGB XI besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 i. V. mit § 44 des SGB VII bestimmt sind,

  4. Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 32 und § 42 des SGB VII bestimmt sind,

  5. Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 111 des SGB IX besteht,

  6. Einrichtungen, die nach § 142 des SGB IX anerkannt sind,

  7. Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als niedrigschwellige Betreuungsangebote nach § 45b des SGB XI anerkannt sind,

  8. Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 75 des SGB XII besteht,

  9. Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 16 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 143e Abs. 4 Nr. 2 i. V. mit § 54 Abs. 2 des SGB VII über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe, besteht,

  10. Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind, oder

  11. Einrichtungen, bei denen im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind,

erbracht werden. Leistungen, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis k erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht (vgl. im Einzelnen auch , BStBl 2009 I S. 774).

b) Umfang der Steuerbefreiung

Die Steuerbefreiung erfasst neben den Pflegeleistungen auch Betreuungsleistungen für als „hilfsbedürftig” bezeichnete Personen. Hilfsbedürftig sind alle Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Betreuung oder Pflege bedürfen. Der Betreuung oder Pflege bedürfen Personen, die krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Dies schließt auch Personen mit ein, bei denen ein Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz besteht. Die Steuerbefreiung umfasst die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, unabhängig davon, ob diese Leistungen ambulant oder stationär erbracht werden. Werden die Leistungen stationär erbracht, kommt es zudem nicht darauf an, ob die Personen vorübergehend oder dauerhaft aufgenommen werden.

Unter den Begriff der Betreuung oder Pflege fallen z. B. die in § 14 Abs. 4 SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) bzw. § 61 Abs. 5 SGB XII (Sozialhilfe) aufgeführten Leistungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei teilstationärer oder stationärer Aufnahme auch die Unterbringung und Verpflegung. Auch in den Fällen, in denen eine Einrichtung i. S. von § 4 Nr. 16 UStG für eine hilfsbedürftige Person ausschließlich Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringt, handelt es sich um mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege eng verbundene und somit steuerfreie Leistungen. Zu den begünstigten Leistungen zählen insbesondere auch Leistungen zur Betreuung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen, u. a. Leistungen der Rehabilitation wie z. B. heilpädagogische Leistungen, die der Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder dienen.

Leistungen der Betreuung hilfsbedürftiger Personen sind auch Leistungen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, z. B. die Unterrichtung im Umgang mit dem Langstock als Orientierungshilfe für blinde Menschen, sowie Leistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen zur Teilhabe am Arbeitsleben, z. B. Leistungen der Integrationsfachdienste oder Betreuungsleistungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren angegliederten Einrichtungen. Ebenso können hierzu die Leistungen zählen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII erbracht werden. Auch Pflegeberatungsleistungen nach § 7a SGB XI sind als Betreuungsleistungen anzusehen.

Die Leistungen der Altenwohnheime fallen entgegen der Regelung des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG i. d. F. bis nicht mehr generell unter die Steuerbefreiung. Altenheime sind Einrichtungen, in denen alte Menschen, die nicht pflegebedürftig, aber zur Führung eines eigenen Hausstands außerstande sind, nicht nur vorübergehend Unterkunft, Verpflegung und Betreuung erhalten. Altenwohnheime sind Einrichtungen, in denen alte Menschen, die zur Führung eines eigenen Hausstands noch imstande sind, nicht nur vorübergehend Unterkunft in abgeschlossenen Wohnungen erhalten. Pflegeheime sind Einrichtungen, in denen volljährige Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung pflegebedürftig sind, Unterkunft, Verpflegung, Betreuung und Pflege erhalten. Der Betrieb eines Heims ist der zuständigen Landesbehörde schriftlich anzuzeigen. Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen sind solche, in denen pflegebedürftige Personen zeitweise voll- oder teilstationär untergebracht und gepflegt werden (Kurzzeitpflegeheime). Durch ambulante Pflegeeinrichtungen werden kranke oder pflegebedürftige Personen in deren Wohnung gepflegt (zur Steuerfreiheit der Umsätze unter den Voraussetzungen nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG (i. d. F. bis ), die eine Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen durch Gestellung von Haushaltshilfen i. S. des § 38 SGB V erzielt, vgl. , BStBl 2009 II S. 68). Wohngemeinschaften fallen nicht darunter. Anders als beim Betrieb von Altenheimen und Pflegeheimen, in denen regelmäßig gegenüber betreuungs- oder pflegebedürftigen Heimbewohnern umfassende Leistungen entsprechend der Hilfsbedürftigkeit erbracht werden und deshalb die Vermietungsleistung hinter diesen Leistungen zurücktritt, ist beim Betrieb eines Altenwohnheims grds. nur von einer nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien Vermietungsleistung auszugehen. Wird mit den Bewohnern eines Altenwohnheims ein Vertrag über die Aufnahme in das Heim geschlossen, der neben der Wohnraumüberlassung auch Leistungen zur Betreuung oder Pflege vorsieht, wobei die Betreuungs- und Pflegeleistungen die Wohnraumüberlassung aber nicht überlagern, gilt dieser Vertrag als sog. gemischter Vertrag. Auch in diesem Fall ist die Wohnraumüberlassung grds. nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei. Die daneben erbrachten eigenständigen Leistungen der Betreuung oder Pflege sind unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei. D. h. sofern mit der Einrichtung, die Leistungen zur Betreuung oder Pflege der Bewohner einer Seniorenresidenz erbringt (das kann sowohl die Seniorenresidenz selbst sein, als auch ein anderer Unternehmer), z. B. ein Vertrag nach § 77 SGB XI mit der Pflegekasse zur Erbringung von Leistungen zur häuslichen Pflege und hauswirtschaftlichen Versorgung besteht, sind diese Leistungen auch künftig steuerfrei.

Durch die mit § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG i. d. F. bis vergleichbare „Auffangregelung” in § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG für Einrichtungen, mit denen kein Vertrag mit einem Träger der Sozialversicherung besteht, ist weiterhin die Möglichkeit gegeben, dass die Einrichtung die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Betreuungs- und Pflegeleistungen erfüllt. Die Einführung einer Vereinfachungsregelung (Vermutung der Pflegebedürftigkeit ab einer Altergrenze von 75 bzw. 80 Jahren) war rechtlich nicht möglich. Die , EFG 1993 S. 347) und Bremen (Urteil v. - 2990054 K 4, EFG 2000 S. 518) haben festgestellt, dass die Zugehörigkeit zum Personenkreis der körperlich oder geistig pflegebedürftigen Personen i. S. von § 68 Abs. 1 BSHG (neu: § 61 Abs. 1 SGB XII) nicht ab einem bestimmten Lebensalter unterstellt werden darf, da Personen, die älter als 75 Jahre sind, durchaus rüstig und nicht in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein können.

c) Begünstigte Einrichtungen

Die Betreuungs- und Pflegeleistungen sind steuerfrei, wenn sie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (wie bisher gem. § 4 Nr. 16 Buchst. a UStG) oder von anderen als mit sozialem Charakter anerkannten Einrichtungen i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL erbracht werden. Die anderen als mit sozialem Charakter anerkannten Einrichtungen werden in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b–k UStG bestimmt. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff „Einrichtungen” unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen. Deshalb können z. B. auch Familien oder einzelne Personen, die hilfsbedürftige Menschen betreuen oder pflegen, begünstigte Einrichtungen i. S. d. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b–k UStG sein. Insoweit sind anerkannt:

  • Einrichtungen, die Leistungen der Haushaltshilfe erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 132 SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung) besteht,

  • Einrichtungen, die Leistungen zur häuslichen Krankenpflege erbringen, mit denen die Krankenkassen Verträge nach § 132a SGB V einen Vertrag geschlossen hat,

  • Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI besteht,

  • Einrichtungen, die Leistungen zur häuslichen Pflege und hauswirtschaftlichen Versorgung erbringen, mit denen die zuständige Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 SGB XI geschlossen hat,

  • Einrichtungen, die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 i. V. mit § 44 SGB VII bestimmt sind,

  • Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 i. V. mit §§ 32 und 42 SGB VII bestimmt sind,

  • Integrationsfachdienste, die im Auftrag der Integrationsämtern oder Rehabilitationsträger tätig werden, wenn mit ihnen eine Vereinbarung nach § 111 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) besteht,

  • Werkstätten für behinderte Menschen und deren angegliederte Betreuungseinrichtungen, die nach § 142 SGB IX anerkannt sind, einschließlich deren Zusammenschlüsse,

  • Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als niedrigschwellige Betreuungsangebote nach § 45b SGB XI anerkannt sind,

  • Einrichtungen und Dienste, mit denen Vereinbarungen nach § 75 SGB XII mit den Trägern der Sozialhilfe bestehen,

  • Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 16 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989), nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) oder nach § 143e Abs. 4 Nr. 2 i. V. mit § 54 Abs. 2 SGB VII besteht. Die Gestellung von Betriebshelfern fällt wie bisher unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG.

  • Interdisziplinäre Frühförderstellen, die auf der Grundlage einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 Frühförderungsverordnung als fachlich geeignet anerkannt sind.

Zudem sind Einrichtungen subjektiv begünstigt, bei denen im vorangegangen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind.

Nach § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG sind Beutreuungs- oder Pflegeleistungen, die von den Einrichtungen der Buchstaben b bis k der Vorschrift (also nicht öffentliche Einrichtungen) erbracht werden, steuerfrei, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht. Ein Unternehmer, der Leistungen in verschiedenen Bereichen erbringt, z. B. neben einem nach § 72 SGB XI zugelassenen Pflegeheim auch einen Integrationsfachdienst betreibt, hat die Voraussetzung für die Steuerbefreiung auch für den zweiten Bereich gesondert nachzuweisen (Vereinbarung nach § 111 SGB IX).

d) Nachweis der Steuerbefreiung

Es ist nachzuweisen, dass die Leistungen an hilfsbedürftige Personen erbracht wurden, und zwar für jede betreute oder gepflegte Person. Als Nachweis über die Hilfsbedürftigkeit kommen die in Abschnitt 99a Abs. 9 Satz 2 UStR aufgeführten Nachweise in Betracht. Aber auch andere Belege/Aufzeichnungen, die als Nachweis eines Betreuungs- und Pflegebedarfs geeignet sind und oftmals bereits aufgrund sozialrechtlicher Vorgaben bereits vorhanden sind, z. B. Betreuungstagebücher und Pflegeleistungsaufzeichnungen der Pflegekräfte, sind denkbare Nachweisunterlagen. Ferner kann sich der Grundpflegebedarf insbesondere aus der Anerkennung einer Pflegestufe nach den §§ 14 oder 15 SGB XI oder aus einem diesbezüglichen Ablehnungsbescheid ergeben, wenn darin ein Hilfebedarf bei der Grundpflege ausgewiesen ist. Der Nachweis der Hilfsbedürftigkeit kann auch durch eine Bescheinigung über eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz i. S. des § 45a SGB XI erbracht werden.

Bei Einrichtungen, die nicht unter § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a– j UStG fallen, kommt nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG durchgängig die „Sozialgrenze” i. H. von 40 % zur Anwendung. Vgl. im Einzelnen auch , BStBl 2009 I S. 774.

e) Anwendung der Kleinunternehmerregelung

Einrichtungen, die nicht als begünstigte Einrichtungen anerkannt sind oder nur mit einem bestimmten Tätigkeitsbereich die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG erfüllen (vgl. § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG), können mit ihren übrigen Leistungen unter die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG fallen, wenn der nicht steuerbefreite Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Das gilt auch für jeden, der mit seinen Leistungen überhaupt nicht unter eine Umsatzsteuerbefreiung fällt. Unter den Voraussetzungen des § 19 UStG wird somit z. B. auch für im Rahmen eines persönlichen Budgets in der Nachbarschaft nachgefragte hauswirtschaftliche Versorgung Umsatzsteuer nicht erhoben.

Tz. 127 Lieferungen von menschlichem Blut, Organen und Frauenmilch; Krankenbeförderungen

§ 4 Nr. 17 UStG

Steuerfrei ist die Lieferung von menschlichem Blut auf allen Stufen und in jeder Form zwischen allen dafür in Betracht kommenden Einrichtungen und Personen (z. B. Ärzte). Auf die Umhüllung und auf den Zustand des Bluts (ohne oder mit Zusätzen, frisch, gefroren, getrocknet, gewaschen u. Ä.) kommt es nicht an. Das sind insbesondere Frischblutkonserven, Vollblutkonserven, Heparin-Blutkonserven, Konserven zellulärer Blutbestandteile sowie Serum- und Plasmakonserven. Nicht befreit sind die aus Mischungen von humanem Blutplasma hergestellten Plasmapräparate, insbesondere Faktoren-Präparate, Humanalbumin, Fibrinogen, Immunglobuline. Steuerfrei ist die Lieferung von menschlichen Organen jeder Art und in jedem Zustand, Teilen menschlicher Organe sowie von geeigneten Substanzen menschlichen Ursprungs zu Transplantationen; nicht jedoch von künstlichen Geräten (z. B. Schrittmacher, Prothesen, Platten, Schläuche aus synthetischen Spinnstoffen). Steuerfrei ist die Lieferung von Frauenmilch, auch gereinigt, erhitzt, tiefgekühlt, getrocknet oder anders bearbeitet.

Steuerfrei ist die Beförderung von Kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind, also durch die vorhandenen Einrichtungen die typischen Merkmale eines Krankenfahrzeugs aufweisen (z. B. Liegen, Spezialsitze). Das können sein Krankenkraftfahrzeuge, Rettungshubschrauber und Wasserfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Ausstattung speziell für den Krankentransport bestimmt sind. Serienmäßige Pkw, die lediglich mit blauem Rundumlicht und Martinshorn ausgerüstet sind, erfüllen diese Voraussetzung nicht. Die Ausstattung mit einer Trage und einer Grundausstattung für „Erste Hilfe” reicht nicht aus. Der Transport von Personen, die körperlich oder geistig behindert sind und auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen sind, fällt unter die Steuerbefreiung, ebenso die Beförderung von Personen, die wegen einer Körperbehinderung auf den Transport mit Krankenfahrzeugen angewiesen sind (z. B. Querschnittsgelähmte). Unerheblich bei einem für den Transport besonders eingerichteten Fahrzeugs ist, ob es für Zwecke einer anderweitigen Verwendung umgerüstet werden kann (vgl. , BStBl 2005 II S. 314).

Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG ist es nicht erforderlich, dass das verwendete Fahrzeug für die Beförderung von kranken und verletzten Personen dauerhaft besonders eingerichtet ist. Das Fahrzeug muss aber im Zeitpunkt der begünstigten Beförderung nach seiner gesamten Bauart und Ausstattung speziell für die Beförderung verletzter und kranker Personen bestimmt sein. Bei der Beförderung mit Fahrzeugen, die zum Zweck einer anderweitigen Verwendung umgerüstet werden können, sind die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für jede einzelne Fahrt – z. B. mittels eines Fahrtenbuchs – nachzuweisen (vgl. , BStBl 2005 I S. 710).

Zu den begünstigten Fahrzeugen rechnen nicht Fahrzeuge, die in erster Linie für die Beförderung anderer Personen bestimmt sind (z. B. Taxen). Dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall kranke oder verletzte Personen befördert werden und hierfür bestimmte Einrichtungen (z. B. schwenkbare Sitze zum besseren Ein- und Aussteigen) vorhanden sind. Die Befreiungsvorschrift verlangt weder, dass die Beförderungen aufgrund von Beförderungsverträgen erbracht werden, noch dass der Empfänger der Leistung und die beförderte Person identisch sind. Es können deshalb auch die Beförderungen von Kranken oder verletzten Personen im Rahmen von Dienstverträgen über den Betrieb einer Rettungswache befreit sein. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Rettungsdienstleistungen vgl. auch .

Die Beförderung von Notfallpatienten und die lebensrettenden Maßnahmen, die der Vorbereitung der Transportfähigkeit des Patienten dienen, stellen eine einheitliche Leistung dar, die nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfrei ist. Werden Leistungen zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Rettungsmittel und des Personals (sog. Vorhalteleistungen) von demselben Unternehmer erbracht, der die Beförderung von Notfallpatienten als Hauptleistung ausführt, teilen die Vorhalteleistungen als Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung. Eine Steuerbefreiung kommt aber nicht in Betracht, wenn Vorhalteleistungen und Hauptleistungen von verschiedenen Unternehmern erbracht werden.

Tz. 128 Umsätze der Wohlfahrtsverbände

§ 4 Nr. 18 UStG

Steuerfrei sind beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind.

Als amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege gelten die in § 23 UStDV bezeichneten Einrichtungen, einschließlich ihrer rechtlich unselbständigen Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten sowie der weitgehend in den Organismus der Spitzenverbände eingegliederten verselbständigten Gebilde.

Der zweite begünstigte Personenkreis umfasst Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (nicht natürliche Einzelpersonen), die den Spitzenverbänden als Mitglieder angeschlossen sind (mittelbare Mitgliedschaft reicht aus) und der freien Wohlfahrtspflege dienen. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für Not leidende oder gefährdete Mitmenschen. Freie Wohlfahrtspflege wird nicht durch nach Gesetz dafür berufene Träger, sondern freiwillig ausgeübt. Die Umsätze der Altenheime von Mitgliedskörperschaften dienen auch dann der freien Wohlfahrtspflege, wenn die im Altenheim aufgenommenen Personen nicht wirtschaftlich, sondern körperlich oder geistig hilfsbedürftig sind.

Freie Wohlfahrtspflege üben i. d. R. aus Anstalten, Dienste, Einrichtungen für Krankenpflege, für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie zum Zweck der Eingliederung von Behinderten, für Erziehungshilfe, Flüchtlinge, Geisteskranke, Obdachlose, Strafentlassene, Mahlzeitendienste, die im besonderen Maße Not leidenden oder gefährdeten Menschen zugute kommen, Volksküchen für Minderbemittelte u. Ä.

Die Körperschaften müssen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Wegen der Begriffe vgl. Tz. 201.

Die Leistungen der Wohlfahrtsverbände und der Mitgliedsvereinigungen müssen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Personenkreis (Leistungsempfänger) zugute kommen. Es kommt nicht darauf an, wer Vertragspartner der Wohlfahrtseinrichtung und damit Leistungsempfänger im Rechtssinne ist. Die Unmittelbarkeit wird verneint, wenn Erziehungsanstalten für andere waschen oder nähen, Behindertenheime Erzeugnisse an Dritte veräußern, die die Insassen aus arbeitstherapeutischen Gründen hergestellt haben, oder wenn Bekleidung aus eigener Altkleidersammlung an gewerbliche Unternehmen verkauft wird. Auch Leistungen einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege an andere steuerbegünstigte Körperschaften oder Behörden (z. B. Übernahme von Verwaltungsaufgaben, Nutzungsüberlassung von Telefonanlagen) kommen nicht unmittelbar hilfsbedürftigen Personen zugute und sind daher steuerpflichtig.

Studentenwerke, die Mitglieder eines amtlich anerkannten Wohlfahrtsverbands sind, können Speisen und Getränke in ihren Mensa- und Cafeteria-Betrieben nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei abgeben. Für die Abgabe alkoholischer Getränke gilt dies nur, wenn damit das Warenangebot ergänzt wird und diese Umsätze im Vorjahr nicht mehr als 5 % des Gesamtumsatzes betragen haben. Wegen der Umsätze an Nichtstudierende vgl. Tz. 201. Kolpinghäuser (Mitglieder des Deutschen Caritasverbands) können die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG nicht in Anspruch nehmen, weil die Aufnahme von Personen in das Haus ohne Rücksicht auf deren Bedürftigkeit erfolgt (keine freie Wohlfahrtspflege). Die nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) an Werkstätten für Behinderte gezahlten Pflegegelder sind als Entgelte für die Betreuungs-, Beköstigungs-, Beherbergungs- und Beförderungsleistungen anzusehen. Sie sind unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei. Umsätze des eigentlichen Werkstattbereichs fallen nicht unter die Befreiung. Sie sind steuerpflichtig mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (vgl. Tz. 201).

Die Entgelte für Leistungen der Wohlfahrtsverbände und der Mitgliedsvereinigungen müssen hinter den Entgelten zurückbleiben (sog. Preisabstandsgebot), die Erwerbsunternehmen für gleichartige Leistungen durchschnittlich verlangen. Fehlen vergleichbare Betriebe und ist die jeweilige Einrichtung vorwiegend auf Zuschüsse anderer angewiesen, ist die Steuerbefreiung ihrer begünstigten Leistungen anzuerkennen. Allerdings ist das in § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. c UStG geregelte Abstandsgebot insofern gemeinschaftsrechtswidrig, als es auch für behördlich genehmigte Preise i. S. von Art. 133 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL gilt. Wenn ein Mitgliedstaat die Steuerbefreiung durch ein Abstandsgebot begrenzen möchte, darf dieses sich nach Art. 133 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL nicht auf behördlich genehmigte Preise beziehen. Ein zu einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege gehörender und gemeinnützigen Zwecken dienender Verein kann sich für die Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung für Betreuungsleistungen unmittelbar auf die günstigere Regelung des Gemeinschaftsrechts berufen (vgl. NWB FAAAD-17975).

Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen der Wohlfahrtsverbände und ihrer Mitglieder an Personen, die bei den begünstigten Leistungen tätig sind, als Vergütung für geleistete Dienste. Vgl. Abschn. 103 Abs. 7 UStR.

Tz. 129 Parteiinterne Umsätze

§ 4 Nr. 18a UStG

Steuerfrei sind die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit sie im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung durchgeführt werden. Die Befreiung erstreckt sich auf das Zurverfügungstellen von politischem Informationsmaterial durch die Parteizentrale an die Landesverbände, ferner auf die Personalgestellung, die Übernahme von EDV-Leistungen und Buchhaltungsarbeiten sowie die Überlassung von Kraftfahrzeugen, Kopiergeräten usw. durch eine selbständige Gliederung (z. B. Landesverband) an eine andere (z. B. Bezirks- oder Ortsverband). Alle möglichen anderen Leistungen der Parteien im Rahmen ihres unternehmerischen Bereichs (z. B. Durchführung von Veranstaltungen gegen Eintrittsgeld, entgeltliche Aufnahme von Inseraten in Parteipublikationen) werden von der Befreiung nicht erfasst und sind steuerpflichtig. Die Befreiung setzt voraus, dass die Entgelte die Selbstkosten nicht übersteigen. Sie ist auf Parteien i. S. von § 2 PartG beschränkt.

Tz. 130 Umsätze der Blinden und Blindenwerkstätten

§ 4 Nr. 19 UStG

Steuerfrei sind die Umsätze (einschließlich unentgeltlicher Wertabgaben und Hilfsgeschäfte) der Blinden, die nicht mehr als zwei (blinde oder sehende) Arbeitnehmer (auch Volontäre, Praktikanten) beschäftigen (§ 4 Nr. 19 Buchst. a UStG) oder die mehr als zwei Teilzeitkräfte beschäftigen, sofern ihre Beschäftigungszeit (bezogen jeweils auf den Kalendermonat) diejenige von zwei ganztägig beschäftigten Arbeitnehmern nicht übersteigt. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge (auch Anlernlinge). Der Unternehmer hat den Nachweis der Blindheit in der gleichen Weise wie bei der Einkommensteuer für die Inanspruchnahme eines Pauschbetrags nach § 33b EStG, § 65 EStDV zu führen.

Von der Steuerbefreiung ausgenommen sind Lieferungen von Energieerzeugnissen nach § 1 Abs. 2 und 3 EnergieStG und Branntweinen (unverarbeitet oder trinkfertig), wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Branntweinsteuer zu entrichten hat.

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 19 Buchst. b UStG anerkannte Blindenwerkstätten und die anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten (§ 143 SGB IX) mit den Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren. Steuerfrei sind sie mit sonstigen Leistungen (z. B. Reparatur von Flechtarbeiten, Stimmen von Klavieren), soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben. Blindenwerkstätten sind Betriebe, in denen ausschließlich Blindenwaren hergestellt und in denen bei der Herstellung andere Personen als Blinde nur mit Hilfs- oder Nebenarbeiten (z. B. Verwaltungs- und Vertriebsaufgaben) beschäftigt werden. Die Unternehmer sind im Besitz eines Anerkennungsbescheids. Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten haben die Aufgabe, die Blinden- und Zusatzwaren zu vertreiben und Rohstoffe gemeinsam einzukaufen. Blindenwaren sind nur die folgenden Waren, die in ihren wesentlichen, das Erzeugnis bestimmenden Arbeiten von Blinden hergestellt sind: Überwiegend handgefertigte Bürsten und Besen aller Art, Korbflechtwaren sowie Rahmen- und Stuhlflechtarbeiten, Doppel-, Rippen-, Gitter- und Gliedermatten, mit Rahmen oder Handwebstühlen oder mit einfachen mechanischen Webstühlen hergestellte Webwaren, Strick-, Knüpf- und Häkelwaren und durch Handstrickmaschinen hergestellte Waren, kunstgewerbliche Waren aus Keramik, Leder, Holz, Metall und Kunststoff, Federwäscheklammern und Arbeitsschürzen aus Segeltuch, Drillich, Gummi oder Kunststoff. Unter die Steuerbefreiung fallen auch die Umsätze von solchen Blindenwaren, die nicht in der eigenen Blindenwerkstätte hergestellt sind (Abschn. 105 UStR). Als Zusatzwaren dürfen vertrieben werden Korb- und Seilerwaren, Pinsel, Matten sowie einfaches Reinigungsgerät und Putzzeug.

Tz. 131 Umsätze im kulturellen Bereich

§ 4 Nr. 20 UStG

a) Umsätze der Theater, Orchester, Kammermusikensembles und Chöre

Steuerfrei sind die Umsätze der von Gebietskörperschaften geführten Theater, Orchester, Kammermusikensembles und Chöre. Dasselbe gilt für Umsätze anderer Unternehmer mit gleichartigen Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde (i. d. R. das Kultusministerium) auf Antrag des Unternehmers oder von Amts wegen bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen wie die entsprechenden Einrichtungen von Gebietskörperschaften. Unter die Befreiung fällt die eigentliche künstlerische Leistung (z. B. Veranstaltung von Konzerten) einschließlich der üblicherweise damit verbundenen Nebenleistungen (z. B. Aufbewahrung der Garderobe, Programmverkauf). An die Bescheinigung ist der Unternehmer gebunden, solange sie vom Aussteller nicht widerrufen wird. Soweit ausländische Theater oder Orchester im Inland an verschiedenen Orten gastieren, genügt eine Bescheinigung der Behörde des Landes, in dem sie im Inland erstmalig tätig werden. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in der Vorschrift bezeichneten Umsätze. Die Bescheinigung ist ein (mit dem Widerspruch) anfechtbarer Verwaltungsakt (vgl. auch VII C 73.75, BStBl 1977 II S. 334 zu der vergleichbaren Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG). Die Bescheinigung ist zwingend zu erteilen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen (vgl. 10 C 10.05, UR 2006 S. 517, s. auch Abschnitt 114 Abs. 2 UStR).

Der Begriff der Einrichtung setzt keine bestimmte Rechtsform voraus; er kann auch natürliche Personen und Personengesellschaften umfassen (, Gregg NWB SAAAA-97507). Er schließt auch als Einzelkünstler auftretende Solisten nicht aus (, Hoffmann, ABl EU 2003 Nr. C 124 S. 1 NWB GAAAB-72579).

Ein Theater liegt vor, wenn so viele künstlerische und technische Kräfte und die zur Ausführung von Theaterveranstaltungen notwendigen technischen Voraussetzungen unterhalten werden, dass die Durchführung eines Spielplans aus eigenen Kräften in eigenen oder gemieteten Räumen möglich ist. Es genügt, dass die künstlerischen und technischen Kräfte nur für die Spielzeit eines Stücks verpflichtet werden. Theater können auch sein Freilichtbühnen, Wanderbühnen, Zimmertheater, Heimatbühnen, Puppen-, Marionetten- und Schattenspieltheater, literarische Kabaretts u. Ä. Nicht hierher gehören Filmvorführungen, Varietéaufführungen und sonstige Veranstaltungen der Kleinkunst. Steuerfrei sind die eigentlichen Theaterleistungen gegen Eintrittsgelder, das Auftreten in Fernsehstudios, die Übertragung des Rechts auf Rundfunk- und Fernsehanstalten, Theateraufführungen unmittelbar zu übernehmen oder als Aufzeichnungen auszustrahlen, die Zurverfügungstellung eines Ensembles an ein gastgebendes Theater. Steuerfrei sind auch Nebenleistungen, die mit Theaterumsätzen üblicherweise verbunden sind, z. B. Garderobeaufbewahrung, Programmverkauf, Opernglasvermietung. Die Abgabe von Speisen, Getränken und Süßwaren sind keine steuerfreien Nebenleistungen zur Theatervorstellung, wenn sie dazu bestimmt sind, dem Theater zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, und in unmittelbarem Wettbewerb zu Gaststätten und Restaurants ausgeführt werden (, BStBl 1999 II S. 145; so auch , BStBl 2005 II S. 899, sowie , BStBl 2005 II S. 910, zur Abgabe von Speisen und Getränken in einem Musical-Theater). Steuerpflichtig sind auch Umsätze aus dem Betrieb einer Theatergaststätte, die Vermietung oder Verpachtung eines Theaters oder eines Nebenbetriebs (z. B. Gaststätte, Kleiderablage), soweit nicht Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG in Betracht kommt. Der Verkauf von Tonträgern ist ebenfalls steuerpflichtig. Die Umsätze aus dem Verkauf von Tonträgern unterliegen auch nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.



Zu den Orchestern, Kammermusikensembles und Chören gehören alle Musiker- und Gesangsgruppen, die aus zwei oder mehr Mitwirkenden bestehen und von Gebietskörperschaften oder ihnen gleichgestellten Unternehmen getragen werden. Dazu gehören auch Musikergruppen aus dem Bereich der sog. Unterhaltungsmusik. Ihre Umsätze sind in demselben Umfang steuerfrei wie bei den Theatern. Die Mitwirkung von Solisten bei der Aufführung von Konzerten (z. B. Oratorienkonzerten) ist unbeachtlich, wenn der Gesamtcharakter der Darbietung als Konzert erhalten bleibt.

Steuerfrei ist die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn sie die Darbietungen mit Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbringen, die von Gebietskörperschaften oder ihnen gleichgestellten Personen geführt werden (§ 4 Nr. 20 Buchst. b UStG). Hierfür kommen insbesondere in Betracht Gemeinden ohne eigenes Theater usw., die entsprechende Vorführungen im eigenen Namen mit begünstigten Ensembles veranstalten, sowie Konzert- und Gastspieldirektionen mit ihren Theater- oder Konzertaufführungen unter Mitwirkung fremder begünstigter Ensembles. Die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten kann auch dann steuerfrei sein, wenn die Darbietungen von Einzelkünstlern erbracht werden (, BStBl 2003 I S. 424). Bei mehreren Veranstaltern (z. B. Tournee-Veranstalter und örtlicher Veranstalter) kann jeder die Steuerbefreiung beanspruchen. Vermittlungsleistungen sind nicht steuerfrei.

b) Umsätze aus dem Betrieb von Museen, botanischen und zoologischen Gärten, Tierparks, Archiven, Büchereien, von Denkmälern der Bau- und Gartenbaukunst

Die bezeichneten Umsätze sind steuerfrei, wenn die Einrichtungen von Gebietskörperschaften geführt werden. Werden sie von anderen Unternehmern geführt, müssen diese durch eine von ihnen beantragte oder von Amts wegen ausgestellte Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachweisen, dass sie die gleichen kulturellen Voraussetzungen erfüllen wie die entsprechenden Einrichtungen der Gebietskörperschaften.

Museen sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen, auch Kunstausstellungen, die der Öffentlichkeit zum Betrachten und zu den damit verbundenen kulturellen und bildenden Zwecken zugänglich gemacht werden. Nicht hierher gehören Kunstausstellungen, die Verkaufszwecken dienen und damit gewerbliche Ziele verfolgen. Verkäufe von sehr untergeordneter Bedeutung bleiben unbeachtlich. Wegen des Umfangs der steuerfreien Leistungen vgl. Abschn. 108 Abs. 3 UStR. Als Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst kommen insbesondere in Betracht Kirchen, Schlösser, unter Denkmalschutz stehende Gebäude oder andere Bauwerke, an denen allgemein ein künstlerisches, geschichtliches oder wissenschaftliches Interesse besteht, ferner Parkanlagen mit künstlerischer Ausgestaltung oder von historischer Bedeutung (nicht Bundesgartenschauen).

Bei botanischen Gärten (Anlagen, die der Pflege und Sammlung lebender Pflanzen für Zwecke der Forschung und Pflanzenkunde dienen) sind steuerfrei die Besichtigung und Führung gegen Entgelt, der Verkauf von Katalogen sowie von selbstgezogenen Pflanzen, Sträuchern, Bäumen an wissenschaftliche Institute oder an andere botanische Gärten. Zoologische Gärten sind auch Aquarien und Terrarien, nicht dagegen sog. Vergnügungsparks und Delphinarien. Wegen der typischen und damit steuerfreien Umsätze der zoologischen Gärten (Anlagen, in denen eine Vielzahl exotischer und einheimischer Tiere zur Schau gestellt, gepflegt und gezüchtet wird) und Tierparks (z. B. Wildgehege) sowie der nicht typischen und damit nicht unter die Steuerbefreiung fallenden Umsätze vgl. die Aufzählungen in Abschn. 109 Abs. 2 und 3 UStR.

Bei den Archiven (Einrichtungen, die Schriftstücke sammeln, sichten, ordnen) sind insbesondere steuerfrei die Erteilung von Auskünften, die Anfertigung von Gutachten, die Herausgabe von Büchern, die sich auf archiveigene Unterlagen stützen, die Erlaubnis, Abschriften zu fertigen, die Garderobeaufbewahrung. Die steuerfreien Umsätze der Büchereien (Einrichtungen, die entgeltlich Bücher zur Benutzung überlassen) bestehen im Wesentlichen aus dem Buchverleih, aus dem Bereitstellen von Plätzen in Leseräumen, aus dem Verkauf von Katalogen und aus den üblichen Nebenleistungen (z. B. Überziehgebühr, Garderobeaufbewahrung).

Tz. 132 Umsätze der Privatschulen und anderer allgemeinbildender und berufsbildender Einrichtungen

§ 4 Nr. 21 Buchst. a UStG

a) Begünstigte Einrichtungen

Steuerfrei sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Ersatzschulen. Sie sind nach Art. 7 Abs. 4 GG staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt und müssen in ihren Lehr- und Erziehungszielen den im Land bestehenden öffentlichen Schulen entsprechen. Der Nachweis der staatlichen Genehmigung oder der landesrechtlichen Erlaubnis kann durch eine Bescheinigung der Schulaufsichtsbehörde geführt werden. Als Ersatzschulen kommen private allgemeinbildende Schulen in Betracht, die den öffentlichen Grund-, Haupt-, Realschulen, Gymnasien oder Hochschulen entsprechen. Ersatzschulen berufsbildender Art sind z. B. Handels-, Fach-, Berufs-, Gewerbe-, Ingenieurschulen.

Steuerfrei sind ferner die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Umsätze von Ergänzungsschulen beim Vorliegen einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde (vgl. unten Buchst. b). Das sind nichtöffentliche Schulen, die keine Ersatzschulen sind und die die allgemeine Bildung oder das spezielle Wissen außerhalb des öffentlichen Schulwesens ergänzen. Ergänzungsschulen sind insbesondere Abendschulen (z. B. zur Vorbereitung auf das Abitur) sowie Schulen zur ergänzenden Berufsfortbildung und -ausbildung.

Die dritte Gruppe der begünstigten Unternehmer umfasst andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen, deren unmittelbar dem Bildungszweck dienenden Leistungen beim Vorliegen der Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde (vgl. Tz. 132, b) steuerfrei sind. Dazu rechnen alle möglichen Organisationsformen, deren Tätigkeit nicht in der gleichen umfassenden Weise ausgeübt wird wie bei einer Schule; z. B. auch Fernlehrinstitute, Fahrlehrerausbildungsstätten, Heilpraktikerschulen, Kurse zur Erteilung von Nachhilfeunterricht für Schüler und Repetitorien, die Studierende auf akademische Prüfungen vorbereiten, Arzthelferinnenlehrgänge, die mit einer Prüfung unter Mitwirkung der Ärztekammer abschließen, Musikschulen sowie Blinden- und Taubstummenschulen. Berufsbildende Einrichtungen erbringen Leistungen, die ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder Berufsfortbildung dienen. Sie müssen spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (, BStBl 2004 II S. 252). Es ist weder Voraussetzung, dass sie sich den Auszubildenden gegenüber zivilrechtlich zur Ausführung dieser Leistungen verpflichtet haben, noch dass sie einen Zahlungsanspruch gegen den Träger der Aus- oder Fortbildung haben (, BStBl 1999 II S. 578). Soweit die Bundesanstalt für Arbeit Trainingsmaßnahmen i. S. von § 49 SGB III, anerkannte Weiterbildungsmaßnahmen nach § 86 SGB III sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung nach § 97 SGB III fördert, sind die mit ihrer Durchführung beauftragten Unternehmer berufsbildende Einrichtungen i. S. der Befreiungsvorschrift (Abschn. 112 Abs. 3 UStR).

Fahrschulen können nur insoweit berufsbildende Einrichtungen sein, als sie Lehrgänge zur Ausbildung für solche Fahrerlaubnisklassen durchführen, die aus beruflichen Gründen erforderlich sind. Das sind die Klassen C, CE, D, DE, D 1, D 1 E, T und L. Als „Lehrgang” ist die dem einzelnen Fahrschüler gegenüber erbrachte Leistung anzusehen. Die Befreiung kommt auch in Betracht, wenn der Fahrschüler im Rahmen seiner Ausbildung zeitgleich neben den vorerwähnten Klassen auch die Fahrerlaubnis anderer Klassen (z. B. Klasse B) erwerben möchte (, BStBl 2000 I S. 359). Fliegerschulen können ähnlich wie Fahrschulen nur insoweit berufsbildende Einrichtungen sein, als sie unmittelbar der Ausbildung zum Berufsflugzeugführer dienende Leistungen erbringen. Weder allgemeinbildend noch berufsbildend sind Veranstaltungen und Kurse zur Pflege und Vervollkommnung einer Liebhaberei der Teilnehmer, wie z. B. Unterricht im Reiten, Fechten, Skifahren, Segelfliegen, Segeln, Tanzen. Der Verkauf von Übungsmaterial durch Fahrschulen ist eine selbständige Leistung, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Eine Jagdschule, die Schulungen zur Vorbereitung auf die Jägerprüfung durchführt, ist keine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung i. S. des § 4 Nr. 21 UStG. Eine Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift kommt daher nicht in Betracht (, BStBl 2004 II S. 252).

Auf die Rechtsform des Trägers der Einrichtung kommt es nicht an. Auch natürliche Personen oder Personenzusammenschlüsse können begünstigte Einrichtungen betreiben, wenn sie neben den personellen auch die organisatorischen und sächlichen Voraussetzungen erfüllen, um einen Unterricht zu ermöglichen. Der Träger einer Bildungseinrichtung muss selbst entgeltliche Unterrichtsleistungen gegenüber seinen Vertragspartnern (z. B. Schüler, Studenten, Berufstätige oder Arbeitgeber) im Rahmen festliegender Lehrprogramme und Lehrpläne anbieten. Unter diesen Voraussetzungen können auch Privatlehrer, die Nachhilfeunterricht erteilen, Träger einer begünstigten Bildungseinrichtung sein. Wegen der Befreiung selbständiger Lehrer an Hochschulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen s. Tz. 133.

b) Bescheinigung durch die zuständige Landesbehörde

Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen der Ergänzungsschulen und der anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen sind nur steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt (durch einen selbständig vor den Verwaltungsgerichten anfechtbaren Verwaltungsakt), dass die jeweilige Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Die Landesbehörde kann nicht nur vom Unternehmer, sondern auch von Amts wegen eingeschaltet werden (vgl. 10 C 10.05 NWB EAAAC-34556). Die Finnanzbehörden sind insoweit an die Bescheinigung unmittelbar gebunden (, BStBl 1999 II S. 147).

Welche Behörde für die Erteilung der Bescheinigung zuständig ist, richtet sich nach Landesrecht (i. d. R. die Kultusministerien oder die Ressorts für Wirtschaft und Arbeit). Erbringt der begünstigte Unternehmer seine Leistungen in mehreren Bundesländern, wird von den Finanzbehörden eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Bundeslands, in dem der Unternehmer steuerlich geführt wird, als ausreichend anerkannt. Werden die Leistungen ausschließlich außerhalb dieses Bundeslands durchgeführt, genügt eine Bescheinigung der zuständigen Behörde eines der Bundesländer, in denen der Unternehmer tätig wird. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde kann ersetzt werden bei Fahrschulen durch die Fahrschulerlaubnisurkunde oder eine andere Bescheinigung der Erlaubnisbehörde, bei den Trägern der von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten Berufsbildungsmaßnahmen durch eine Bescheinigung der Bundesanstalt für Arbeit oder des zuständigen Arbeitsamts.

c) Befreite Umsätze

Die Steuerbefreiung erstreckt sich auf Leistungen der begünstigten Einrichtungen, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen. Das sind in erster Linie die Erteilung von Unterricht (Ausbildung, Fortbildung, Umschulung), Vorführungen (Lehrfilm, Sprachlabor) und Exkursionen im Rahmen des Lehrplans. Sie müssen den Schülern und Studenten tatsächlich zugute kommen. Wer Leistungsempfänger oder Vertragspartner im Rechtssinne ist, ist nicht entscheidend. Von der Befreiung sind ausgenommen Leistungen, die dem Schul- und Bildungszweck nur mittelbar dienen, z. B. die Veräußerung von Erzeugnissen, die die Teilnehmer während des Unterrichts hergestellt haben, sowie gesellige oder sonstige Veranstaltungen, auch wenn die Erlöse daraus den begünstigten Zwecken zugeführt werden. Für die Unterbringung und Verpflegung von Schülern (Internatsleistungen) kommt die Befreiung des § 4 Nr. 23 UStG in Betracht (vgl. Tz. 136). Die Lieferungen von Lehr- und Lernmaterial sind nur steuerfrei, soweit es sich um unselbständige Nebenleistungen zur Unterrichtsleistung (z. B. zum Einsatz im Unterricht bestimmtes, von der Schule selbst entworfenes und von Dritten nicht zu beziehendes Material) handelt. Die Lehrmittel der Fernlehrinstitute (Lehrbriefe, Broschüren) sind dagegen zwingend notwendige Hilfsmittel der Bildungsarbeit, deren Abgabe nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Umsätze einer GmbH aus der Durchführung von Kursen mit dem Gegenstand „Sofortmaßnahmen am Unfallort” können nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL umsatzsteuerfrei sein (vgl. NWB QAAAC-72110 zu dem Fall einer GmbH, die solche Kurse durchgeführt hatte, die fast ausschließlich von Fahrschülern besucht wurden). Zur Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für Maßnahmen im Sinne der §§ 85 und 97 SGB III sowie ausbildungsbegleitende Hilfen (abH-Maßnahmen) gemäß § 241 SGB III vgl. .

Tz. 133 Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer an Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen

§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG

Steuerfrei sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer

  • an Hochschulen i. S. der §§ 1 und 70 Hochschulrahmengesetz (HRG) und an öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder

  • an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG (Tz. 132) erfüllen.

Begünstigt sind solche Lehrer, die nicht selbst eine Bildungseinrichtung betreiben, sondern als Honorarkraft an Schulen, Hochschulen oder ähnlichen Einrichtungen (z. B. Volkshochschulen) Unterricht erteilen. Die Tätigkeit muss regelmäßig und für eine gewisse Dauer ausgeübt werden. Einzelne Vorträge fallen nicht unter die Befreiung. Der EuGH ( NWB TAAAC-47816) hat auf Vorabentscheidungsersuchen des BFH (, BStBl 2006 II S. 147) entschieden, dass „Schul- und Hochschulunterricht” i. S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL (= Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL) nicht auf Unterricht beschränkt ist, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Der Begriff schließt (auch) andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, wenn diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Ein Privatlehrer i. S. der Richtlinienvorschrift kann nur unter folgenden Voraussetzungen unter die Steuerbefreiung fallen: Er erbringt seine Leistungen auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung, der Unterricht wird außerhalb der Bedingungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL erbracht (ob dies bedeutet, dass der Betreffende nicht in einer Bildungseinrichtung oder selbständig und auf eigene Verantwortung für eine solche tätig werden darf, bleibt zunächst unklar), zwischen dem konkreten Inhalt des Unterrichts und der Qualifikation des Unterrichtenden besteht ein Zusammenhang, eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen dem Unterrichtenden und den Teilnehmern ist nicht erforderlich. Der BFH hat in seinem Anschlussurteil v. - V R 75/03 NWB WAAAC-64355 entschieden, ein von einem Privatlehrer erteilter Schul- und Hochschulunterricht kann auch dann steuerfrei sein, wenn der Privatlehrer seine Unterrichtsleistung nicht direkt an die Schüler oder Hochschüler als Leistungsempfänger, sondern an eine Schule oder Hochschule erbringt. Der Begriff „Schul- und Hochschulunterricht” i. S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL erfasst Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sowie andere Tätigkeiten, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.

Leistungen freier Mitarbeiter an allgemein bildenden Schulen, die im Rahmen eines Ganztagsschulkonzepts erbracht werden, können nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. aa UStG als unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Unterrichtsleistungen steuerfrei sein (vgl. zu den Voraussetzungen NWB KAAAC-47443). Unterrichtsleistungen an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen sind nur dann nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei, wenn sie von einem selbständigen Lehrer persönlich – und nicht durch von diesem beauftragte selbständige Dozenten – erbracht werden (vgl. NWB BAAAC-60088).

Die Durchführung von eintägigen Fortbildungsseminaren der Bundessteuerberaterkammer für Steuerberater durch einen selbständigen Referenten gegen Entgelt ist umsatzsteuerpflichtig. § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG begünstigt nur die Träger privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, nicht aber selbständige Referenten, die an diesen Schulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen Unterricht erteilen (vgl. , Anschluss an , BStBl 1999 II S. 376).

Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG für unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen kann auch eine natürliche Person in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass ihr von der zuständigen Landesbehörde bescheinigt worden ist, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Es reicht nicht aus, dass eine derartige Bescheinigung der Bildungseinrichtung erteilt worden ist, an der die Person unterrichtet (vgl. NWB LAAAC-60089).

Der Unternehmer hat in geeigneter Weise nachzuweisen, dass er an einer Hochschule, Schule oder anderen begünstigten Einrichtung tätig ist (Abschn. 112a Abs. 3 UStR). Grds. muss der Nachweis durch eine Bestätigung der Bildungseinrichtung geführt werden. Werden die Unterrichtsleistungen an Hochschulen, an öffentlichen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen oder an Ersatzschulen erbracht, wird auf diese Bestätigung verzichtet. Die übrigen Bildungseinrichtungen dürfen den bei ihr tätigen Lehrern nur dann eine Bestätigung erteilen, wenn sie selbst über die in § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG geforderte Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde verfügen. Wegen der Angaben die die Bestätigung enthalten soll, s. Abschn. 112a Abs. 4 UStR. Die dem Schul- und Bildungszweck unmittelbar dienenden und damit steuerfreien Leistungen sind bei den selbständigen Lehrern in gleicher Weise abzugrenzen wie bei den privaten Schulen und Bildungseinrichtungen (Tz. 132). Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Sie ist für denjenigen beizubringen, der sich auf die Steuerbefreiung beruft. Ein Steuerpflichtiger kann sich nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-Richtlinie (ab : Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) berufen, wenn er nicht als „andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung” anerkannt ist (vgl. ).

Der ECOFIN-Rat hat am 17. 10. 2005 die VO (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL verabschiedet – mit Wirkung v. (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1). – Vgl. hierzu Tz. 107, b. – Art. 14 der Verordnung bestimmt, dass sonstige Leistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung, die unter Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL fallen (entspricht § 4 Nr. 21 und § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG), Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahmen umfassen, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen.

Tz. 134 Umsätze der staatlichen Hochschulen aus Forschungstätigkeit

§ 4 Nr. 21a UStG

Die Vorschrift verstieß nach dem , Kommission/Bundesrepublik Deutschland, EuGHE 2002, I - 05811 NWB JAAAB-72701 gegen die 6. EG-RL. Sie war mit Wirkung v. aufgehoben worden. Steuerfrei waren mit Wirkung v. die Leistungen staatlicher Hochschulen aus Forschungstätigkeit.

Tz. 135 Veranstaltungen wissenschaftlicher, belehrender, kultureller und sportlicher Art

§ 4 Nr. 22 UStG

a) Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art

Steuerfrei ist die Durchführung von Vorträgen, Kursen und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durch juristische Personen des öffentlichen Rechts, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, Volkshochschulen oder durch Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbands dienen (§ 4 Nr. 22 Buchst. a UStG). Die Aufzählung ist abschließend.

Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien sind Lehrstätten mit Hochschulcharakter, in denen Angehörige der Verwaltung und Wirtschaft ein möglichst umfassendes Wissen allgemeiner und beruflicher Art auf wissenschaftlicher Grundlage erhalten. Volkshochschulen sind Einrichtungen der freien oder gebundenen Erwachsenenbildung auf den verschiedensten Gebieten. Andere Einrichtungen mit gleichen Aufgaben, aber abweichenden Namen rechnen dazu. Einrichtungen der gebundenen Erwachsenenbildung (begrenzte Bildungsarbeit, z. B. auf dem Gebiet der Religion, Weltanschauung, Politik, Sozialkunde durch Konfessionen, Parteien, soziale Verbände, etwa Gewerkschaften) sind mit ihren Kursen usw. nur steuerfrei, wenn sie den Kreis der Teilnehmer nicht ausdrücklich einengen.

Wegen der Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen, vgl. Tz. 201. Als begünstigte Leistungen können z. B. in Betracht kommen Kurse, Vorträge usw. über Säuglingspflege, Nähen oder Kochen durch Mütterbildungswerke; Bildungsseminare der Studentenheimvereine; Vorträge über die gesunde Lebensweise durch Kneipp-Vereine; Erteilung von Sportunterricht an Mitglieder oder fremde Dritte durch einen gemeinnützigen Sportverein im Rahmen eines Zweckbetriebs (§ 67a AO, Abschn. 115 Abs. 3 UStR). Dem Zweck eines Berufsverbands dienen Einrichtungen, die von Berufsverbänden (z. B. Arbeitgeber-Organisationen, andere Fachverbände) betrieben werden, und Einrichtungen, die begünstigte Veranstaltungen für einen oder mehrere Berufsverbände durchführen. Als steuerfreie Leistungen dieser Einrichtungen werden insbesondere Lehrgänge und Vorträge zur beruflichen Aus- und Fortbildung von Lehrlingen, Gesellen, Buchhaltern oder sonstigen Arbeitnehmern und von Meistern in Betracht kommen.

Steuerfrei sind Vorträge (auch Aussprachen, Podiumsgespräche), Kurse (z. B. Arbeitsgemeinschaften, Sportunterricht, Lehrgänge, Seminare mit praktischen Übungen) und anderen Veranstaltungen (z. B. Exkursionen, vogelkundliche Wanderungen, Lehrfilmvorführungen, Instrumentalunterricht, auch als Einzelunterricht). Der belehrende Bereich erfasst u. a. Vorträge usw., die der Erlernung und Vervollkommnung praktischer und technischer Fähigkeiten dienen, z. B. neben Lehrgängen zur Berufsausbildung und -fortbildung (z. B. Buchhaltung, Buchführung, Betriebswirtschaftslehre) auch Kurse für Backen, Kochen, Maschinenschreiben, Nähen, Kurzschrift, Zeichnen, Modellieren, Sport. Steuerfrei sind Nebenleistungen, die üblicherweise mit den begünstigten Umsätzen verbunden sind, z. B. Garderobeaufbewahrung, Verkauf von Vorlesungsverzeichnissen. Tanzkurse, die ein gemeinnütziger Verein durchführt, sind nicht nach § 4 Nr. 22 UStG steuerbefreit. Sie können aber dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen (vgl. , BStBl 2007 II S. 16).

Die Einnahmen der Veranstaltungen müssen als weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung überwiegend (zu mehr als 50 %) zur Deckung der Kosten (Honorare und Gehälter für Mitarbeiter, Ausgaben für Büro- und Unterrichtsmaterial, Heizung, Beleuchtung, Raumunterhaltung oder -anmietung, Werbung) verwendet werden. Nicht steuerfrei sind Reisen, die vorwiegend der Erholung dienen; Darbietungen erheiternder oder geselliger Art; die Beherbergung und Beköstigung von Lehrgangsteilnehmern (vgl. aber Tz. 136); der Betrieb von Clubhäusern, Vereinsheimen, Kantinen; die Überlassung von Zubehör und Betriebsvorrichtungen im Rahmen einer Vermietung von Räumen.

Mit Inkrafttreten des Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) wurde erstmals die Möglichkeit einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen Träger, Einsatzstelle und Freiwilligem zur Durchführung des Jugendfreiwilligendienstes geschaffen. Soweit die Einsatzstellen verpflichtet sind, an den Maßnahmenträger ein Entgelt für Leistungen im Bereich der formalen Bildungsarbeit des Trägers zu leisten, können diese nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei sein (vgl. NWB CAAAD-19304 zum Leistungsaustausch im Zusammenhang mit der Durchführung des Freiwilligen Sozialen Jahres).

b) Andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen

Steuerfrei sind die nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG begünstigten Einrichtungen mit der Durchführung anderer kultureller (z. B. Musikwettbewerbe, Trachtenfeste) oder sportlicher (z. B. Sportwettkämpfe) Veranstaltungen, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG). Eine sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maßnahme (auch ohne besondere Organisationsform oder -struktur), die es aktiven Sportlern (nicht nur Vereinsmitgliedern) erlaubt, Sport zu treiben (, BStBl 1997 II S. 154). Auch Maßnahmen ohne Publikum, z. B. Training, Sportkurse oder -lehrgänge, können eine sportliche Veranstaltung sein. Sportliche Darbietungen eines Sportvereins im Rahmen einer anderen Veranstaltung fallen ebenfalls unter die Befreiung. Gleiches gilt für Sportreisen (keine Touristikreisen), wenn die sportliche Betätigung wesentlicher und notwendiger Bestandteil der Reise ist (z. B. Reise zum Wettkampfort). Keine sportlichen Veranstaltungen sind die Genehmigung von Wettkampfveranstaltungen oder von Trikotwerbung, die Ausstellung oder Verlängerung von Sportausweisen durch einen Sportverband sowie Sonderleistungen gegenüber einzelnen Personen (z. B. Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen, spezielles Training). Als Teilnehmergebühren sind solche Entgelte anzusehen, die gezahlt werden, um an den Veranstaltungen aktiv teilnehmen zu können (z. B. Startgelder, Meldegelder). Die Steuerbefreiung ist insoweit ausgeschlossen, als das Entgelt für die Veranstaltung in Eintrittsgeldern der Zuschauer besteht (Abschn. 116 Abs. 5 UStR).

Ein Luftsportverein, der seinen Mitgliedern vereinseigene Flugzeuge zur Nutzung überlässt, führt damit keine „sportliche Veranstaltung” i. S. von § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG durch. Dass ein Luftsportverein seinen Mitgliedern die Nutzung von Einrichtungen auf dem Flughafengelände ermöglicht, hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die von den Mitgliedern durchgeführten Sportflüge und ist insofern nicht Teil einer organisatorischen Maßnahme des Vereins (vgl. NWB GAAAC-58398 – Einschränkung der Rechtsprechung). Mit diesem Urteil hat der BFH die Rechtsprechung des EuGH übernommen, dass Mitgliedsbeiträge Entgelt für Leistungen eines Sportvereins an seine Mitglieder sein können. Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH und der Auffassung der Finanzverwaltung waren diese Leistungen nicht steuerbar. In der Regel ergeben sich ähnliche Ergebnisse, weil diese Umsätze eines Sportvereins häufig nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL steuerfrei sind. Ein Golf-Club, der seinen Mitgliedern die vereinseigenen Golfanlagen zur Nutzung überlässt, führt damit keine „sportliche Veranstaltung” i. S. von § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG durch. Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren können Entgelt für die Leistungen eines Sportvereins an seine Mitglieder sein ( NWB AAAAC-67044). Die Überlassung von Golfbällen und die Nutzungsüberlassung einer Golfanlage an Nichtmitglieder eines gemeinnützigen Golfvereins gegen Entgelt kann nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie (ab : Artikel 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL) steuerfrei sein. Leistungen eines gemeinnützigen Golfvereins, die den Kernbereich der Befreiung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie (ab : Artikel 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL) betreffen, sind nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie (ab : Artikel 134 MwStSystRL) von der Befreiung ausgeschlossen (vgl. NWB IAAAC-85327).

Tz. 136 Beherbergung und Beköstigung für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke oder für Zwecke der Säuglingspflege

§ 4 Nr. 23 UStG

Nach § 4 Nr. 23 UStG sind unter bestimmten Voraussetzungen u. a. Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen an Kinder- und Jugendliche bis zum 27. Lebensjahr umsatzsteuerfrei. Diese Steuerbefreiung gilt nicht, soweit eine Leistung der Jugendhilfe des SGB VIII erbracht wird. Die Leistungen nach § 2 Abs. 2 SGB VIII und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sind unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 UStG (vgl. Tz. 138) begünstigt (vgl. zur Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG auch , BStBl 2008 I S. 690)..

Steuerfrei ist die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen durch natürliche oder juristische Personen oder Personenvereinigungen, wenn sie überwiegend Jugendliche vor Vollendung des 27. Lebensjahrs für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke oder für Zwecke der Säuglingspflege bei sich aufnehmen, und zwar nur insoweit, als die Leistungen an die Jugendlichen oder an die bei ihrer Erziehung, Ausbildung, Fortbildung oder Pflege tätigen Personen (z. B. Heimleiter, Erzieher, Lehrkräfte, Kindergärtnerinnen, Säuglingsschwestern) ausgeführt werden. Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen an Personen (z. B. Hausmeister, Verwaltungsdienste, Putzfrauen, Köche, Zimmermädchen), die bei den begünstigten Leistungen tätig sind und die ihnen der Unternehmer als Vergütung für geleistete Dienste gewährt. Vertragspartner (Leistungsempfänger) kann auch ein Dritter (z. B. die Eltern des Jugendlichen, die Schulleitung, ein Verband, Verein) sein, wenn die begünstigten Leistungen dem bezeichneten Personenkreis tatsächlich zugute kommen. Steuerfrei sind auch Nebenleistungen, die üblicherweise mit den begünstigten Umsätzen und Zwecken zusammenhängen, insbesondere die Beaufsichtigung der häuslichen Schularbeiten und die Freizeitgestaltung durch Basteln, Spiele, Sport. Nicht dazu gehören der Verkauf von Bekleidung, Lehrmitteln, Erholungsreisen im vorwiegenden Interesse der Gesundheitsfürsorge. Die Durchführung von Kanutouren für Schulklassen ist keine „Aufnahme” der Jugendlichen für Erziehungszwecke, Ausbildungszwecke oder Fortbildungszwecke, wenn die Gesamtverantwortung bei den Lehrern verbleibt; die teilweise Übernahme von Betreuungsleistungen reicht insoweit nicht aus (vgl. , zu einem Unternehmer, der Kanutouren für Schulklassen im Rahmen sog. Projektwochen organisiert und dabei die Planung der Touren sowie die Reservierung der Campingplätze übernimmt).

Die Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungszwecke umfassen den beruflichen und den gesamten geistigen, sittlichen und körperlichen Bereich von Jugendlichen. Hierzu gehört u. a. auch die sportliche Erziehung. Es braucht nur einer der begünstigten Zwecke angestrebt zu werden, z. B. die sportliche Erziehung der Jugendlichen bei Lehrgängen. Werden Jugendliche, die bereits ausgebildet oder berufstätig sind, in Jugendwohnheime (auch Kolpinghäuser) aufgenommen und durch pädagogisch geschulte Personen betreut, dient die Beherbergung Erziehungszwecken. Es ist nicht erforderlich, dass den Jugendlichen Unterkunft während der Nachtzeit oder volle Verpflegung gewährt wird. So kommen als begünstigte Einrichtungen auch in Betracht Halbtags-Schülerheime, die lediglich Schüler bei den Schularbeiten beaufsichtigen und deren Freizeitgestaltung überwachen; grds. Kindergärten und Kindertagesstätten ohne Gewährung von Beköstigung. Einen Erziehungszweck erfüllen Kindergärten, Kindertagesstätten und Kinderheime nur, wenn die Aufnahmedauer des Kinds mindestens einen Monat beträgt. Bei der Aufnahme von Säuglingen zur Pflege kommt es auf die Dauer nicht an. Dem Zweck der Säuglingspflege dient auch die nur tageweise Aufnahme von Säuglingen in Tagessäuglingsheimen. Die Beherbergung und Verköstigung von Jugendlichen für ca. eine Woche in einem Urlaubsaufenthalt mit Freizeitangebot und Freizeitgestaltung erfüllt die in § 4 Nr. 23 UStG vorausgesetzte „Aufnahme zu Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungszwecken„ nicht (vgl. NWB JAAAD-05578 zu einem Ferienbauernhof).

Die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung usw. ist nur steuerfrei, wenn dem aufnehmenden Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommenen Jugendlichen obliegt (, BStBl 2001 II S. 691). Im Fall der Aufnahme zu Erziehungszwecken muss eine Einrichtung der Kinder- und Jugendbetreuung unterhalten werden. Eine solche Einrichtung kann z. B. auch ein mit staatlichen Mitteln gefördertes Jugendheim sein. Zur Anwendung dieser Grundsätze sowie zu weiteren Einzelheiten vgl. , BStBl 2001 I S. 726. Die Umsätze aus der entgeltlichen Verpflegung von Lehrern und Schülern einer Ganztagesschule durch einen privaten Förderverein sind weder nach dem UStG noch nach dem Gemeinschaftsrecht steuerfrei (vgl. , BStBl 2009 II S. 677).

Nicht der Erziehung, Aus- oder Fortbildung dienen Kantinenpächter einer berufsbildenden Einrichtung, die lediglich Speisen und Getränke an Jugendliche ohne Zusammenhang mit einer erzieherischen Betreuung abgeben, sowie Unternehmer, die Gastarbeiter und andere Arbeiter in Schlaf- und Wohnbaracken ohne ausreichende erzieherische Betreuung unterbringen (vgl. aber § 4 Nr. 12 UStG; Tz. 118, a).

Die Aufnahme von Jugendlichen vor Vollendung des 27. Lebensjahrs und die begünstigten Zwecke müssen überwiegen. Es ist aber stets nur auf den Kreis der Personen abzustellen, die zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken aufgenommen werden. Bei einem Hotelunternehmer, der an jugendliche Auszubildende Kost und Logis gewährt, bleiben für die Frage des Überwiegens die Hotelgäste und die im Hotel untergebrachten erwachsenen Arbeitnehmer außer Betracht. Maßgebend sind die Verhältnisse des jeweiligen Kalenderjahrs. Bei unterschiedlicher Dauer der Aufnahme kann die Frage, ob die Jugendlichen und die begünstigten Zwecke überwiegen, nach der Zahl der im Kalenderjahr gewährten Übernachtungen beantwortet werden. Dabei wird das Begleit-, Haus- und Küchenpersonal nicht berücksichtigt. Werden überwiegend Jugendliche zu begünstigten Zwecken aufgenommen, sind nur steuerfrei die Leistungen an diese Jugendlichen, an die Begleitpersonen und das Haus- und Küchenpersonal, nicht auch an andere. Überwiegt zahlenmäßig die Aufnahme von Personen nach Vollendung des 27. Lebensjahrs (z. B. in Erwachsenenbildungsstätten), entfällt die Steuerbefreiung insgesamt.

Vermietet ein Studentenwerk Wohnraum an Bedienstete, die in Studentenwohnheimen tätig sind, um die Unterbringung von Studenten am Hochschulort zu gewährleisten, und liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG nicht vor, sind die Vermietungsleistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL steuerfrei (, BStBl 2005 II S. 900). Erfüllen die Umsätze aus der Abgabe von Mahlzeiten an Studenten durch ein Studentenwerk nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG, sind diese Verpflegungsleistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. RL steuerfrei. Gleiches gilt für Verpflegungsleistungen an Bedienstete der Einrichtung, die zur Durchführung der Aufgaben der sozialen Betreuung und Förderung der Studenten am Hochschulort tätig sind (, BStBl 2007 II S. 846). Die Grundsätze dieser beiden BFH-Urteile sind, soweit sie die unmittelbare Berufbarkeit auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL (ab : Art. 132 Abs. 1 Buchst i MwStSystRL) betreffen, über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst i MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- oder Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Entsprechend dem , Horizon College NWB JAAAC-47815 muss sowohl die Hauptleistung als auch der mit der Hauptleistung eng verbundene Umsatz von in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL genannten Einrichtungen erbracht werden. Entgegen der Auffassung des BFH in seinen Urteilen V R 32/03 (Wohnraumvermietung) und V R 57/05 (Abgabe von Mahlzeiten) erfüllt ein Studentenwerk unter Beachtung dieses EuGH-Urteils nicht die persönlichen Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, da es nicht selbst Unterrichtsleistungen als Hauptleistungen erbringt. Dass dem Studentenwerk im Zusammenwirken mit den Hochschulen die soziale Betreuung und Förderung der Studierenden oblag, reicht nicht aus (, BStBl 2007 I S. 768). Zu den umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen und steuerlichen Auswirkungen bei den verschiedenen Vereinbarungen im Rahmen der Durchführung eines Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) und eines Freiwilligen Ökologischen Jahrs (FÖJ) vgl. NWB RAAAC-90161.

Ein Unternehmer, der Leistungen erbringt, die i. S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und h MwStSystRL eng mit der Sozialfürsorge bzw. der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden sind, kann sich unmittelbar auf die MwStSystRL berufen, soweit eine nationale Befreiungsvorschrift fehlt. Hat der Gemeinschaftsgesetzgeber selbst die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen, auf die sich der Steuerpflichtige berufen kann, nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht – wie etwa Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und h MwStSystRL – kann sich das Finanzamt nicht darauf berufen, dass nach der insoweit unvollständig umgesetzten nationalen Befreiungsvorschrift nur Leistungen gemeinnütziger Einrichtungen befreit sind. Für die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter kann auch gewürdigt werden, dass der Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Trägern der Sozialversicherung erbracht hat. Es reicht jedoch nicht, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden ist (vgl. , BStBl 2008 II S. 634, zu dem Fall von Personen, die eine zweijährige Ausbildung als „systemische Berater” abgeschlossen hatten und als Sozialarbeiter selbständig in der ambulanten Kinder-, Jugend- und Familienhilfe im Auftrag eines als gemeinnützig anerkannten Vereins tätig waren).

Tz. 137 Umsätze im Jugendherbergswesen

§ 4 Nr. 24 UStG

Steuerfrei sind folgende Unternehmer mit ihren Leistungen: das Deutsche Jugendherbergswerk, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e. V. (DJH), und die ihm angeschlossenen Landes-, Kreis- und Ortsverbände; kommunale, kirchliche und andere Träger von Jugendherbergen, die dem DJH als Mitglied angeschlossen und deren Häuser im Deutschen Jugendherbergsverzeichnis als Jugendherbergen ausgewiesen sind; die Pächter der Jugendherbergen, die von den bezeichneten Unternehmern unterhalten werden; die Herbergseltern, soweit sie einen Teil der Jugendherberge, insbesondere die Kantine, auf eigene Rechnung betreiben. Die Steuerbefreiung gilt auch für andere Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen. Ihre Unterkunftsstätten müssen nach der Satzung und ihrer tatsächlichen Durchführung überwiegend Jugendlichen dienen. Zu den hiernach begünstigten anderen Vereinigungen gehören der Touristenverein „Naturfreunde Deutschlands, Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur Bundesgruppe Deutschland e. V.”, und die ihm als Mitglieder angeschlossenen Landesverbände sowie die Pächter der von ihnen unterhaltenen Naturfreundehäuser.

Die Leistungen der begünstigten Unternehmer müssen den Satzungszwecken unmittelbar dienen. Einen Katalog der begünstigten Leistungen enthält Abschn. 118 Abs. 2 UStR. Die bezeichneten Umsätze sind steuerfrei, wenn sie bewirkt werden an Jugendliche vor Vollendung des 27. Lebensjahrs; an andere Personen, wenn sie sich in der Aus- und Fortbildung befinden und Mitglied einer geführten Gruppe sind; an Leiter und Betreuer von Gruppen, deren Mitglieder begünstigte Personen sind; an wandernde Familien mit Kindern (alle Mitglieder von Familienmitgliedsausweisen in Begleitung von eigenen oder anderen minderjährigen Kindern). Soweit die bezeichneten Leistungen in geringem Umfang (nicht mehr als 2 %) auch an nicht begünstigte Personen erbracht werden, ist die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nicht zu beanstanden. Umsätze mit alleinreisenden Erwachsenen fallen (beim Übersteigen der Bagatellgrenze von 2 %) nicht unter die Befreiung (, BStBl 1995 II S. 446).

Steuerfrei sind ferner die Lieferungen von Jugendherbergsverzeichnissen, -kalendern und -schriften, von Wimpeln und Abzeichen mit dem Emblem des DJH oder des Internationalen Jugendherbergswerks an jedermann; die Lieferungen der für den Betrieb von Jugendherbergen erforderlichen und vom Hauptverband oder von den Landesverbänden zentral beschafften Einrichtungsgegenstände an die begünstigten Jugendherbergsunternehmen.

Steuerfrei sind die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen der Jugendherbergsunternehmen an – bei den steuerfreien Leistungen tätige – Personen als Vergütung für geleistete Dienste.

Tz. 138 Leistungen im Rahmen der Jugendhilfe

§ 4 Nr. 25 UStG

§ 4 Nr. 25 UStG ist mit Wirkung v. neu gefasst worden Danach sind folgende Leistungen umsatzsteuerfrei: Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden (vgl. zur Anwendung der Steuerbefreiung , BStBl 2008 I S. 690).

Leistungen nach § 2 Abs. 2 SGB VIII sind

  • Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 1114 SGB VIII),

  • Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 1621 SGB VIII),

  • Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (§§ 2225 SGB VIII),

  • Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 2735, 36, 37, 39, 40 SGB VIII),

  • Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a37, 39, 40 SGB VIII),

  • Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (§ 41 SGB VIII).

Steuerfrei ist auch die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIII als i. S. von § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII andere Aufgabe der Jugendhilfe.

Die Steuerfreiheit der vorgenannten Leistungen setzt voraus, dass die Unternehmer, die die Leistungen erbringen, Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 69 SGB VIII) oder andere Einrichtungen mit sozialem Charakter sind. Träger der öffentlichen Jugendhilfe i. S. von § 69 SGB VIII sind die örtlichen und überörtlichen Träger. Örtliche Träger sind die Kreise und kreisfreien Städte. Landesrecht regelt, wer überörtlicher Träger ist.

Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter sind

a) von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege,

b) Einrichtungen, soweit sie

aa) für ihre Leistungen eine im SGB VIII geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII einer Erlaubnis nicht bedürfen,

bb) Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchst. a vergütet wurden

oder

cc) Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 24 Abs. 5 SGB VIII vermittelt werden können.

Der Begriff der „anderen Einrichtung mit sozialem Charakter” entspricht der Formulierung der maßgeblichen EG-rechtlichen Grundlage (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL). Auf der Grundlage der dort eingeräumten Befugnis der EU-Mitgliedstaaten werden insoweit im Rahmen einer abschließenden Aufzählung folgende Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter für Zwecke des § 4 Nr. 25 UStG anerkannt (§ 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. a und b UStG):

  • von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe;

  • die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts ;

  • die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege (insoweit abweichend von der Regelung im § 75 Abs. 3 SGB VIII: die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege; wer diese Verbände sind, bestimmt – wie bislang schon für die Anwendung des § 4 Nr. 18 UStG§ 23 UStDV);

  • Einrichtungen, soweit sie für ihre Leistungen eine im SGB VIII geforderte Erlaubnis besitzen – insoweit handelt es sich um die Erlaubnistatbestände des § 43 SGB VIII (Erlaubnis zur Kindertagespflege), § 44 Abs. 1 Satz 1 (Erlaubnis zur Vollzeitpflege), § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tags betreut werden oder Unterkunft erhalten) und § 54 SGB VIII (Erlaubnis zur Übernahme von Pflegschaften oder Vormundschaften durch rechtsfähige Vereine);

  • Einrichtungen, soweit sie für ihre Leistungen einer Erlaubnis nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII nicht bedürfen (also in bestimmten Fällen der Vollzeitpflege sowie in den Fällen des Betriebs einer Einrichtung; allerdings nur, wenn es sich um eine Jugendfreizeiteinrichtung, eine Jugendausbildungseinrichtung, eine Jugendherberge oder ein Schullandheim oder um ein landesgesetzlich der Schulaufsicht unterstehendes Schülerheim handelt. Ausgenommen sind somit die Einrichtungen, die außerhalb der Jugendhilfe liegende Aufgaben für Kinder oder Jugendliche wahrnehmen);

  • Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 69 SGB VIII) oder durch Einrichtungen nach § 4 Nr. 25 Buchst. a UStG – also anerkannte Träger der freien Jugendhilfe (§ 75 SGB VIII) vergütet werden (eine evtl. Kostenbeteiligung der Eltern nach §§ 90 ff. SGB VIII ist insoweit nicht zu berücksichtigen);

  • Einrichtungen, soweit sie Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 24 Abs. 5 SGB VIII vermittelt werden können (da der Befreiungstatbestand insoweit allein darauf abstellt, dass die Einrichtung für die Kindertagespflege vermittelt werden kann, im Einzelfall also nicht vermittelt werden muss, greift die Steuerbefreiung somit auch in den Fällen, in denen die Leistung „privat” nachgefragt wird).

Somit sind neben den Trägern der freien Jugendhilfe auch die Jugendhilfeleistungen bestimmter weiterer Einrichtungen in die Steuerbefeiung mit einbezogen. Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff „Einrichtungen” auch natürliche Personen.

Steuerfrei sind auch

  • die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG bezeichneten Leistungen stehen,

  • die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren.

Für Zwecke der Steuerbefreiung wird nicht auf „Jugendliche”, sondern auf „die von der Jugendhilfe begünstigten Personen” oder auf „Empfänger der Jugendhilfe” abgestellt. Damit können in die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen bzw. in die Beherbergung und Beköstigung in Einzelfällen auch Eltern einbezogen sein.

Zu den umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen und steuerlichen Auswirkungen bei den verschiedenen Vereinbarungen im Rahmen der Durchführung eines Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) und eines Freiwilligen Ökologischen Jahrs (FÖJ) vgl. NWB RAAAC-90161.

Tz. 139 Ehrenamtliche Tätigkeiten

§ 4 Nr. 26 UStG

Steuerfrei ist eine für juristische Personen des öffentlichen Rechts selbständig ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit, ferner unter einschränkenden Voraussetzungen eine ehrenamtliche Tätigkeit, die eine Person für den Unternehmensbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder für andere Unternehmen selbständig ausübt. Ehrenamtlich ist die Mitwirkung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, die aufgrund behördlicher Bestellung außerhalb eines haupt- oder nebenamtlichen Dienstverhältnisses stattfindet und für die lediglich eine Entschädigung besonderer Art gezahlt wird. Die Abgrenzung richtet sich nach der Bezeichnung im Gesetz und nach allgemeinem Sprachgebrauch.

Die Vorschrift ist nicht anzuwenden auf Tätigkeiten, die innerhalb des Hauptberufs mit ausgeübt werden, z. B. Mitwirkung eines Rechtsanwalts in Rechtsberatungsdiensten, ohne Rücksicht auf die Höhe der Vergütung. Die Vorschrift ist nicht anzuwenden auf ehrenamtliche Tätigkeiten, die leistungsbezogen sind, z. B. die Tätigkeit eines selbständigen Handwerksmeisters für seine Innung bei der fachlichen Leitung eines Meisterkurses gegen ein vereinbartes Honorar; die Tätigkeit im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gegen ein beachtliches Honorar. Die Umsätze aus der entgeltlichen Verpflegung von Lehrern und Schülern einer Ganztagesschule durch einen privaten Förderverein sind weder nach dem UStG noch nach dem Gemeinschaftsrecht steuerfrei (vgl. , BStBl 2009 II S. 677).

Unter einer ehrenamtlichen Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist die Ausübung eines Amts im öffentlich-rechtlichen, nichtunternehmerischen Bereich ohne Berufung in ein abhängiges Arbeitnehmerverhältnis lediglich gegen eine Aufwandsentschädigung zu verstehen. Das trifft insbesondere zu auf nicht angestellte ehrenamtliche Bürgermeister, Ratsherren, Geschworene, Schiedsmänner und Schöffen. Steuerfrei ist z. B. die nebenberufliche Tätigkeit eines Handwerksmeisters als ehrenamtliches Mitglied der Handwerkskammer; eines pensionierten Richters als Berater in bei Amtsgerichten eingerichteten Rechtsberatungsstellen. Gleiches gilt für sog. Einzelbetreuer, die Betreuungen nicht berufsmäßig durchführen.

Wird eine ehrenamtliche Tätigkeit für den Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder für ein anderes Unternehmen oder für privatrechtliche Vereinigungen selbständig ausgeübt, ist sie nur steuerfrei, wenn ihr Entgelt im Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. Ein besonderes Kennzeichen ehrenamtlicher Tätigkeit ist hier der Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung, z. B. für Selbsthilfeeinrichtungen im genossenschaftlichen Bereich oder im Verbandsbereich (, BStBl 1994 II S. 773). Das sind i. d. R. Tätigkeiten, die mit einem öffentlichen Amt vergleichbar sind, z. B. die Tätigkeiten eines Einzelhändlers als Mitglied des Aufsichtsrats einer Genossenschaft; eines Brandschätzers einer Landesbrandkasse; einer Person als Mitglied im Verwaltungsrat öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten und der Sparkassen; von Personen, die ehrenamtliche Tätigkeiten bei gemeinnützigen Einrichtungen, politischen Parteien ausüben; eines Ratsmitglieds im Aufsichtsrat einer kommunalen Eigengesellschaft. Auslagenersatz ist der Ersatz der Aufwendungen für Reise, Übernachtung und Verpflegung in tatsächlicher Höhe oder nach Pauschsätzen, die für die Einkommensteuer gelten. Die Angemessenheit einer Zeitversäumnisentschädigung ist nach den Verhältnissen des Einzelfalls (z. B. berufliche Stellung, tatsächlicher Verdienstausfall) zu beurteilen. Übersteigt das Gesamtentgelt die Summe dieser Vergütungen, besteht Umsatzsteuerpflicht in vollem Umfang.

Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen, die ein Mitglied des Vereinsvorstands gegenüber dem Verein gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erbringt, sind steuerbar. Bei Vorliegen eines eigennützigen Erwerbsstrebens liegt keine ehrenamtliche Tätigkeit nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG vor (vgl. , BStBl 2008 II S. 912. Die Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank e.G. ist keine ehrenamtliche Tätigkeit und deshalb nicht nach § 4 Nr. 26 UStG steuerfrei. Der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet nicht mehr zwischen der Aufsichtsratstätigkeit für Volksbanken und derselben Tätigkeit für andere Geschäftsbanken (vgl. ).

Tz. 140 Personalgestellungen im Bereich der Kirchen und der Landwirtschaft

§ 4 Nr. 27 UStG

a) Gestellung von Mitgliedern geistlicher Genossenschaften und Angehörigen von Mutterhäusern

Steuerfrei ist die Gestellung von Mitgliedern geistlicher Genossenschaften (z. B. Ordensgemeinschaften, Schulorden) und von Angehörigen von Mutterhäusern (z. B. Diakonissenhäusern) für gemeinnützige, mildtätige, kirchliche oder schulische Zwecke. Ob diese Zwecke verfolgt werden, ist nach den §§ 5254 AO zu beurteilen (vgl. auch Tz. 201). Begünstigt ist nur die Gestellung von Mitgliedern oder Angehörigen, nicht von Personen, die lediglich Arbeitnehmer dieser Einrichtungen sind. In Betracht kommen insbesondere die Gestellung von Schwestern an Krankenhäuser und Altenheime, von Ordensangehörigen an Kirchengemeinden oder Schulträger, z. B. als Lehrer an Schulen für die Erteilung von Unterricht jeder Art.

b) Personalgestellungen im Bereich der Landwirtschaft

Steuerfrei ist die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Tods. Darunter fallen insbesondere Leistungen land- und forstwirtschaftlicher Selbsthilfeeinrichtungen – Betriebshilfs- und Dorfhelferinnendienste –, die i. d. R. in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins betrieben werden. Die Voraussetzungen der Befreiung sind durch eine schriftliche Bestätigung des Land- und Forstwirts sowie durch Bescheinigungen oder Bestätigungen Dritter (z. B. ärztliche Bescheinigungen, Bescheinigungen der Krankenhäuser und Heilanstalten oder Bestätigungen der Sozialversicherungsträger) nachzuweisen. Steuerfrei ist ferner die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung (Berufsgenossenschaften, Krankenkassen, Rentenversicherungsträger, landwirtschaftliche Alterskassen). Überlassen die Sozialversicherungsträger es ihren Mitgliedern, die Ersatzkräfte selbst zu beschaffen und erstatten ihnen lediglich die dadurch entstehenden Kosten, kann nur die Steuerbefreiung für unmittelbare Leistungen an land- und forstwirtschaftliche Betriebe in Betracht kommen. Zur Auslegung des Begriffs „Gestellung von Betriebshelfern und Haushaltshilfen an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung” in § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG in der bis zum geltenden Fassung bzw. des Begriffs „Gestellung von Betriebshelfern an den gesetzlichen Träger der Sozialversicherung” in § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG in der ab dem geltenden Fassung vgl. , BStBl 2009 I S. 687.

Tz. 141 Lieferungen von Gegenständen ohne Vorsteuerabzug

§ 4 Nr. 28 UStG

Steuerfrei sind die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG ausgeschlossen ist. Dieser Vorsteuerausschluss erstreckt sich auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4, 7, Abs. 7 oder des § 12 Nr. 1 EStG gilt (Repräsentationsaufwendungen). Der Art nach kommen für die Steuerbefreiung nur solche Aufwendungen in Betracht, die sich auf solche Repräsentationsgegenstände beziehen, die vom Unternehmer für eine gewisse Zeit im Unternehmen genutzt werden können (z. B. Gästehäuser, Segelyachten). Die Befreiung gilt für die Lieferung dieser Gegenstände nur dann, wenn im Zeitpunkt der Lieferung die Vorsteuern für die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten einschließlich der Nebenkosten und der nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht abgezogen werden konnten (vgl. hierzu Abschn. 122 Abs. 3 und 4 UStR und die dort genannten Beispiele).

Steuerfrei sind ferner die Lieferungen von Gegenständen, wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet hat. Diese Befreiung bezieht sich insbesondere auf die Hilfsgeschäfte von Kreditinstituten, Versicherungsgesellschaften, Krankenhäusern, Ärzten, Bausparkassen- und Versicherungsvertretern, Blindenwerkstätten, Wohlfahrtsverbänden und Jugendherbergen. Die Voraussetzung der ausschließlichen Verwendung für steuerfreie Tätigkeiten muss während des gesamten Verwendungszeitraums des jeweiligen Gegenstands vorgelegen haben. Verwendet der Unternehmer die Gegenstände in nur geringfügigem Umfang (höchstens 5 %) für nicht nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfreie Tätigkeiten, ist dies für die Steuerbefreiung nicht schädlich. Voraussetzung ist jedoch, dass der Unternehmer für diese Gegenstände darauf verzichtet, einen anteiligen Vorsteuerabzug vorzunehmen.

Die Steuerbefreiung ist weder unmittelbar noch entsprechend auf sonstige Leistungen anwendbar (, BStBl 1995 II S. 746). Dies gilt auch für die einer sonstigen Leistung gleichgestellten unentgeltlichen Wertabgaben i. S. des § 3 Abs. 9a UStG. Soweit diese von einem vorherigen Vorsteuerabzug unabhängig sind, können die Wertabgaben bei Unternehmern mit ausschließlich steuerfreien Umsätzen steuerpflichtig sein (z. B. wenn ein Arzt mit ausschließlich heilberuflichen Umsätzen einen Praxismitarbeiter in seinem Haushalt einsetzt).

Tz. 142 Steuervergütung für Ausfuhren zu humanitären, karitativen oder erzieherischen Zwecken

§ 4a UStG; § 24 UStDV

Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. des KStG, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 5168 AO), insbesondere auch den in § 23 UStDV aufgeführten amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, und den juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird auf Antrag eine Steuervergütung zum Ausgleich der Steuer gewährt, die auf der an sie bewirkten Lieferung eines Gegenstands, seiner Einfuhr oder seinem innergemeinschaftlichen Erwerb lastet (§ 4a Abs. 1 UStG). Die Steuervergütung ist von bestimmten Voraussetzungen abhängig, die sämtlich erfüllt und nachgewiesen sein müssen:

  • Die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb muss steuerpflichtig gewesen sein (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG).

  • Die auf die Lieferung des Gegenstands entfallende Steuer muss in einer Rechnung gesondert ausgewiesen und mit dem Kaufpreis bezahlt worden sein (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Die Kaufpreiszahlung einschließlich Umsatzsteuer muss in voller Höhe erfolgt sein; Abschlags- oder Teilzahlungen genügen nicht. Ist in der Rechnung ein zu niedriger Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen, kann nur dieser vergütet werden. Die Vergütung ist bei einem zu hohen Steuerausweis lediglich bis zur Höhe der für den betreffenden Umsatz gesetzlich vorgeschriebenen Umsatzsteuer zu gewähren. Ausgeschlossen ist die Vergütung der Umsatzsteuer in den Fällen eines unberechtigten Steuerausweises (z. B. Lieferungen von Privatpersonen oder von Kleinunternehmern, bei denen die Umsatzsteuer nicht erhoben wird), bei steuerfreien oder unentgeltlichen Erwerben (insbesondere Sachspenden). Die Prüfung, ob dem Ausfuhrvorgang eine vergütungsberechtigte Lieferung voranging, obliegt dem Vergütungsberechtigten ( NWB CAAAA-63588).

  • Die für die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb geschuldete Steuer muss in voller Höhe entrichtet worden sein (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

  • Der erworbene oder eingeführte Gegenstand muss ins Drittlandsgebiet (Tz. 22), gelangt sein und dort verbleiben (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG). Die Ausfuhr in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (Tz. 21) – außer bei vorübergehender Freihafenlagerung nach § 12a EUStBV – genügt. Wird der Gegenstand aus der vorübergehenden Freihafenlagerung einer begünstigten Verwendung im Drittlandsgebiet zugeführt, kann die Vergütung von diesem Zeitpunkt an beansprucht werden.

  • Der Gegenstand muss im Drittlandsgebiet zu humanitären, karitativen oder erzieherischen Zwecken verwendet werden (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UStG). Der Vergütungsberechtigte braucht diese Zwecke nicht selbst zu erfüllen. Es genügt, dass er den Gegenstand einem Empfänger im Drittland übereignet, der ihn dort begünstigten Zwecken zuführt. Zu den weiteren Einzelheiten vgl. Abschn. 124 Abs. 4–7 UStR.

  • Der Erwerb, die Einfuhr oder die Ausfuhr des Gegenstands dürfen von einer Körperschaft, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, nicht im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (ausgenommen Zweckbetrieb) oder von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs vorgenommen worden sein (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UStG).

  • Sämtliche Voraussetzungen müssen nachgewiesen werden (§ 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 UStG). Ausfuhr- und Buchnachweis sind materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuervergütung. Den Nachweis, dass der Gegenstand in das Drittlandsgebiet gelangt ist, muss der Vergütungsberechtigte in der gleichen Weise wie bei Ausfuhrlieferungen führen (§ 24 Abs. 2 UStDV). Als Ausfuhrbelege kommen insbesondere Frachtbriefe, Konnossemente, Posteinlieferungsscheine oder deren Doppelstücke sowie Spediteurbescheinigungen in Betracht. Die Voraussetzungen für die Steuervergütung sind im Inland buchmäßig nachzuweisen. Regelmäßig sollen aufgezeichnet werden (§ 24 Abs. 3 UStDV): die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des ausgeführten Gegenstands, der Name und die Anschrift des Lieferers, der Name und die Anschrift des Empfängers, der Verwendungszweck im Drittlandsgebiet, der Tag der Ausfuhr des Gegenstands, die mit dem Kaufpreis für die Lieferung des Gegenstands bezahlte Steuer oder die für die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des Gegenstands entrichtete Steuer. Vgl. dazu im Einzelnen Abschn. 125 UStR.

Eine Umsatzsteuervergütung bei der Ausfuhr von Gegenständen zu humanitären, karitativen oder erzieherischen Zwecken kommt nur dann in Betracht, wenn eine entsprechende Verwendungsabsicht bereits beim Erwerb der Gegenstände feststand und die Gegenstände vor ihrer beabsichtigten Verwendung im Drittland nicht in Gebrauch waren. Eine Verwendungsabsicht der Gegenstände im Drittland muss u. E. beim Erwerb noch nicht bestehen. Für die Gewährung der Begünstigung ist es ausreichend, dass die Gegenstände mit der Absicht erworben werden, sie auch für die in § 4a UStG begünstigten Zwecke verwenden zu wollen. Die Voraussetzung, dass die Gegenstände bisher nicht in Gebrauch waren, schließt die Vergütung für bereits benutzte Gegenstände aus. Für ältere, aber unbenutzte Gegenstände bleibt damit – sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen – eine Vergütung weiterhin möglich. Eine bloße, nur gelegentliche Funktionsprüfung entsprechender Hilfsgüter (z. B. medizinisch-technischer Geräte) dürfte allerdings keine vergütungsschädliche Ingebrauchnahme darstellen.

Die Vergütung ist auf Antrag nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (zum ab zu verwendenden Vordruck vgl. , BStBl 2002 I S. 1357) zu gewähren, in dem der Antragsteller die zu gewährende Vergütung selbst zu berechnen hat (§ 4a Abs. 1 Satz 2 UStG). In einer Anlage des Antrags sind die Ausfuhren einzeln aufzuführen (Antrag kann mehrere Ansprüche umfassen) und nachträgliche Minderungen von Vergütungsansprüchen anzugeben, die der Berechtigte bereits mit früheren Anträgen geltend gemacht hat. Die Steuervergütung ist nach § 24 Abs. 1 UStDV bei dem Finanzamt einzureichen, in dessen Bezirk der Vergütungsberechtigte seinen Sitz hat, und zwar bis zum Ablauf des Kalenderjahrs, das dem Kalenderjahr folgt, in dem der Gegenstand in das Drittlandsgebiet gelangt (nicht verlängerbare Ausschlussfrist, bei der allenfalls Wiedereinsetzung nach § 110 AO in Betracht kommt). Zum weiteren Verfahren vgl. Abschn. 126 UStR.

Wiedereingeführte Gegenstände sind nicht als Rückware einfuhrumsatzsteuerfrei, wenn für die Ausfuhr eine Vergütung nach § 4a UStG gewährt worden ist (§ 12 Nr. 3 EUStBV). Vergütungsberechtigte haben deshalb bei der Wiedereinfuhr zu erklären, ob der betreffende Gegenstand zur Verwendung für humanitäre, karitative oder erzieherische Zwecke in das Drittlandsgebiet ausgeführt und dafür die Vergütung beansprucht worden ist (Abschn. 127 UStR).

Tz. 143 Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen

§ 4b UStG

Steuerbare innergemeinschaftliche Erwerbe sind nach § 4b Nr. 1 UStG steuerfrei, wenn es sich bei den erworbenen Gegenständen um Wertpapiere i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG (Tz. 107), menschliche Organe, menschliches Blut und Frauenmilch i. S. von § 4 Nr. 17 Buchst. a UStG (Tz. 127) sowie um Wasserfahrzeuge für die Seeschifffahrt (einschließlich Ausrüstungsgegenstände), die zum Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind, i. S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG handelt (Tz. 163 und 164).

Steuerfrei sind ferner nach § 4b Nr. 2 UStG Gold beim Erwerb durch Zentralbanken (Tz. 96), gesetzliche Zahlungsmittel, die nicht wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts erworben werden (Tz. 107), im Inland gültige amtliche Wertzeichen zum aufgedruckten Wert (Tz. 107) sowie Luftfahrzeuge (einschließlich Ausrüstungsgegenstände) i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend grenzüberschreitende Beförderungen oder Beförderungen auf ausschließlich im Ausland gelegenen Strecken durchführen (Tz. 166).

Auch der innergemeinschaftliche Erwerb der in § 4 Nr. 4a und 4b UStG bezeichneten Gegenstände ist nach § 4b Nr. 2 UStG steuerfrei. Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der Einführung der Steuerlagerregelung bei der Umsatzsteuer durch das StÄndG 2003 (vgl. Tz. 97, a). Bei der Lieferung aus einem anderen EU-Mitgliedstaat in ein Umsatzsteuerlager oder im Rahmen eines Zollverfahrens (Nichterhebungsverfahren) verwirklicht der Abnehmer des gelieferten Gegenstands einen innergemeinschaftlichen Erwerb. Wird ein Gegenstand aus einem anderen EU-Mitgliedstaat in ein Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert, ist ein vor der Einlagerung liegender innergemeinschaftlicher Erwerb steuerfrei (vgl. a, BStBl 2004 I S. 242).

Beispiel:

Unternehmer A aus Barcelona liefert 300 kg Oliven (Unterposition 0711 20 des Zolltarifs) an den im Inland ansässigen Unternehmer B. Die Oliven werden unmittelbar in das Umsatzsteuerlager des U im Inland eingelagert.

Die Lieferung des A an B ist als innergemeinschaftliche Lieferung in Spanien steuerfrei. B hat im Inland einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung zu unterwerfen (§ 1a Abs. 1 UStG). Dieser innergemeinschaftliche Erwerb ist steuerfrei, weil die Oliven nach dem Gelangen in das Inland in ein Umsatzsteuerlager eingelagert werden (§ 4b Nr. 2 UStG).

Die Befreiung des innergemeinschaftlichen Erwerbs ist unabhängig davon, ob die der Einlagerung vorangehende Lieferung in einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder in einem einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten innergemeinschaftlichen Verbringen zur Verfügung des Einlagerers (§ 3 Abs. 1a UStG) besteht.

Beispiel:

Der Mineralölkonzern A mit Sitz in Rotterdam versendet rohes Erdöl (Position 2709 des Zolltarifs) von Rotterdam nach Hamburg. Das Erdöl wird in Hamburg unmittelbar in das Steuerlager des U im Inland eingelagert.

Die Beförderung des Erdöls von Rotterdam nach Hamburg zur Verfügung des A ist in den Niederlanden ein einer Lieferung gleichgestelltes Verbringen aus dem niederländischen Inland in einen anderen EU-Mitgliedstaat (Deutschland). Dieses Verbringen ist einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt und steuerfrei. A hat im Inland dieses Verbringen als einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung zu unterwerfen (§ 1a Abs. 2 UStG). Dieser innergemeinschaftliche Erwerb ist steuerfrei, weil das Erdöl nach dem Gelangen in das Inland in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird (§ 4b Nr. 2 UStG).

Die Steuerfreiheit erstreckt sich weiterhin nach § 4b Nr. 3 UStG auf den Erwerb der Gegenstände, deren Einfuhr nach den für die Einfuhrumsatzsteuer geltenden Vorschriften steuerfrei wäre. Der Umfang dieser Steuerbefreiung ergibt sich zu einem wesentlichen Teil aus der EUStBV (Tz. 144). Danach ist z. B. der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen mit geringem Wert (d. h. bis zu 22 €) pro Sendung (z. B. Zeitschriften und Bücher) steuerfrei (vgl. zum innergemeinschaftlichen Erwerb von Erzeugnissen des Buchhandels durch Bibliotheken , IStR 1993 S. 474).

Schließlich ist nach § 4b Nr. 4 UStG der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen steuerfrei, die zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, für die der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 3 UStG nicht eintritt (z. B. bei einer anschließenden steuerfreien Ausfuhrlieferung, einer nicht steuerbaren Lieferung im Drittlandsgebiet oder einer innergemeinschaftlichen Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet). Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn in diesen Fällen der innergemeinschaftliche Erwerb steuerpflichtig behandelt wird (Abschn. 127a Abs. 3 Satz 2 UStR).

Tz. 144 Steuerbefreiungen bei der Einfuhr

§ 5 UStG



Wie bei den anderen Umsätzen i. S. des UStG gelten auch bei der Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland oder die österreichischen Gebiete Jungholz und Mittelberg (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) für die Einfuhrumsatzsteuer Steuerbefreiungen. Diese ergeben sich zu einem geringen Teil aus § 5 Abs. 1 UStG (gesetzliche Steuerbefreiungen). Der größte Teil der Steuerbefreiungen und sonstiger Steuervergünstigungen ist in der Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung (EUStBV) geregelt, die auf der Verordnungsermächtigung in § 5 Abs. 2 und 3 UStG beruht. Daneben sind die Sonderregelungen für den Reiseverkehr und die Kleinsendungen zu beachten.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist die Einfuhr von Wertpapieren i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG (Tz. 107), menschlicher Organe, menschlichen Bluts und Frauenmilch i. S. von § 4 Nr. 17 Buchst. a UStG (Tz. 127) sowie Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt (einschließlich Ausrüstungs- und Versorgungsgegenstände – außer Bordproviant zur Versorgung von Wasserfahrzeugen der Küstenfischerei), die zum Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind, i. S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1–3 UStG (Tz. 163 und 164), von der Einfuhrumsatzsteuer befreit.

Für die Einfuhr von Anlagegold (§ 25c Abs. 2 UStG) ist die Steuerbefreiung in § 25c Abs. 1 UStG (Tz. 321) zu beachten.

Steuerfrei sind ferner nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 UStG die Einfuhr von Gold durch Zentralbanken (Tz. 96), gesetzlichen Zahlungsmitteln, die nicht wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts eingeführt werden (Tz. 107), im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert (Tz. 107) sowie Luftfahrzeugen (einschließlich Ausrüstungs- und Versorgungsgegenstände) i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1–3 UStG, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend grenzüberschreitende Beförderungen oder Beförderungen auf ausschließlich im Ausland gelegenen Strecken durchführen (Tz. 166).

§ 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG befreit zur Vereinfachung der Abwicklung von Durchfuhrgeschäften aus einem Drittland über das Inland in einen anderen Mitgliedstaat die Einfuhr von Gegenständen, die von einem Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer (Anmelder und nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Importeure) im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung innergemeinschaftlicher Lieferungen verwendet werden. Der Schuldner der Einfuhrumsatzstsuer hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1–3 UStG nachzuweisen.

§ 5 Abs. 1 Nr. 4 UStG stellt sicher, dass die Einfuhr von in der Anlage 1 zu § 4 Nr. 4a UStG genannten Gegenständen, die in ein Umsatzsteuerlager eingelagert werden sollen, steuerfrei ist. Dabei reicht der Wille des Einführers, die eingeführten Gegenstände in ein solches Lager einzulagern, für die Gewährung der Steuerbefreiung aus (vgl. a, BStBl 2004 I S. 242).

Beispiel:

Der Unternehmer A liefert Papierrollen aus dem Drittland an den Unternehmer B (Versendung durch A). Sobald die Papierrollen in das Gemeinschaftsgebiet gelangen, werden sie von B im Inland am in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt. B beabsichtigt, die Papierrollen in ein Umsatzsteuerlager des Lagerinhabers L in Hamburg für Umsatzsteuerzwecke einzulagern. Zu einer Einlagerung kommt es aber nicht, da B noch vor der Einlagerung einen Abnehmer C findet. Die Papierrollen werden auf Wunsch des C am unmittelbar zu dessen Fertigungshalle nach Düsseldorf versendet.

Die Einfuhr der Papierrollen ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerfrei, da B beabsichtigte, die Papierrollen in ein Umsatzsteuerlager einzulagern. Die Lieferung von A an B ist im Inland nicht steuerbar, da der Lieferort im Drittlandsgebiet liegt. Die Lieferung des B an C ist steuerpflichtig, da sich der Liefergegenstand im Zeitpunkt der Lieferung nicht in einem Umsatzsteuerlager befindet und auch keine Lieferung in ein Umsatzsteuerlager vorliegt.

Wird eine Nichtgemeinschaftsware, die in ein Nichterhebungsverfahren übergeführt wurde, und sich in einem Umsatzsteuerlager befindet, im Zusammenhang mit einer Einfuhr ausgelagert, ist die der Auslagerung vorangehende Lieferung oder der innergemeinschaftliche Erwerb grds. steuerpflichtig. Die Einfuhr erfolgt zeitlich gesehen erst nach der Auslagerung. Diese Einfuhr ist grds. steuerpflichtig. Ist aber der Auslagerer gleichzeitig der Lieferer und schuldet dieser auch die Einfuhrumsatzsteuer, ist die Einfuhr – zur Vermeidung einer Doppelbelastung – nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerfrei (vgl. , BStBl 2004 I S. 242).

Beispiel:

Der Unternehmer A liefert einen Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet an den Unternehmer B in Deutschland (Versendung durch A). Sobald der Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet gelangt, wird dieser von B in ein Zolllagerverfahren übergeführt; gleichzeitig wird der Gegenstand für Umsatzsteuerzwecke in ein Umsatzsteuerlager eingelagert. Die Einlagerung erfolgt beim Lagerhalter L in Deutschland, der sowohl ein Zoll- als auch ein Umsatzsteuerlager betreibt. Danach wird der Gegenstand von B an das Versicherungsunternehmen C zu der Kondition „verzollt und versteuert” verkauft. B bittet L, die Ware in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr zu überführen und danach an C zu befördern. C ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Lieferung von B an C ist als der Auslagerung vorangehende Lieferung steuerpflichtig. C kann die ihm von B in Rechnung gestellt Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Da B die Waren in ein Zolllagerverfahren überführt hat, ist der Einfuhrtatbestand zunächst bei der Einlagerung in das Zolllager nicht erfüllt. Eine Einfuhr liegt erst vor, wenn das Lagerverfahren beendet und der Gegenstand in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt wird. Diese Einfuhr ist steuerfrei, da L für B als Lieferer den Liefergegenstand einführt und er die Einfuhrumsatzsteuer schulden würde (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 UStG).

Der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer hat die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung bei der Einfuhr nachzuweisen. Eine besondere Regelung zum Nachweis der Voraussetzungen besteht nicht. Da es für die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 UStG ausreichend ist, dass der Einführer beabsichtigt, den eingeführten Gegenstand im Anschluss an die Einfuhr in ein Umsatzsteuerlager einzulagern, muss der Einführer diese Absicht gegenüber den Zollbehörden darlegen. Außerdem hat der Einführer eine Kopie der Bewilligung des Umsatzsteuerlagers durch das Finanzamt oder eine schriftliche Bestätigung des Lagerhalters, dass diesem das Umsatzsteuerlager bewilligt worden ist, beizufügen. Den Nachweis der Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerbefreiung bei der Einfuhr nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 UStG, wenn der Gegenstand zuvor aus einem Umsatzsteuerlager ausgelagert worden ist, kann der Unternehmer zumindest durch eine Bescheinigung des Umsatzsteuerlagerhalters führen, dass der Auslagerer, der insoweit auch Einführer ist, den Gegenstand tatsächlich aus einem Umsatzsteuerlager ausgelagert hat (vgl. a, BStBl 2004 I S. 242).

Steuerfrei ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 UStG die Einfuhr von Erdgas über das Erdgasnetz und von Elektrizität. Es handelt sich insoweit lediglich um eine technische Steuerbefreiung, die den ausländischen Leistungserbringer von steuerlichen Pflichten bei der Einfuhrumsatzsteuer im Inland befreit, nicht aber zu einer Befreiung des Letztverbrauchs führt. Die Besteuerung im Inland ist durch die Besteuerung der sich an die Einfuhr anschließenden inländischen Lieferung an den Leistungsempfänger im Inland sichergestellt (vgl. Tz. 88). Zudem wird z. B. vermieden, dass für im internationalen Stromnetz anfallende grenzüberschreitende Stromflüsse vom Drittland in die EU zum Ausgleich von Spannungsschwankungen steuerliche Pflichten bei der Einfuhrumsatzsteuer zu erfüllen sind.

Aufgrund § 1 Abs. 1 der EUStBV sind die Einfuhren bestimmter Gegenstände, die nach der ZollbefreiungsVO (EWG) Nr. 918/83 (ZVO) zollfrei eingeführt werden können, von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, wobei für die Einfuhrumsatzsteuer die Zollvorschriften unter besonderer Beachtung der §§ 1a-10 EUStBV (bis : §§ 210 EUStBV) sinngemäß bzw. entsprechend Anwendung finden. Unter diese Einfuhrumsatzsteuer-Befreiung fallen z. B. Übersiedlungsgut (Art. 1 Abs. 2 Buchst. c, Art. 2–10 ZVO); Heiratsgut (Art. 11–15 ZVO); Erbschaftsgut (Art. 16–19 ZVO); Ausstattung, Schulmaterial und andere Gegenstände von Schülern und Studenten (Art. 25, 26 ZVO); kommerzielle und nicht kommerzielle Sendungen – ausgenommen alkoholische Erzeugnisse, Parfums, Toilettewasser, Tabak und Tabakwaren – aus dem Drittland in die Gemeinschaft bis 22 € (Art. 27, 28 ZVO, ab i. V. mit § 1a EUStBV); Ausrüstung verlegter Betriebe (Art. 32–38 ZVO i. V. mit § 2 EUStBV); Erzeugnisse grenzdurchschnittener Landwirtschaftsbetriebe sowie Fischfänge und Jagdergebnisse aus Grenzgewässern (Art. 39–42 ZVO i. V. mit § 3 EUStBV); Saatgut und Bewirtschaftungsmaterial für grenzdurchschnittene Landwirtschaftsbetriebe (Art. 43, 44 ZVO); Lehr-, Bildungs- und Forschungsmittel (Art. 50, 51 ZVO i. V. mit § 4 EUStBV); Versuchstiere und Forschungsgegenstände (Art. 60 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 ZVO i. V. mit § 5 EUStBV); Therapeutika und Reagenzien (Art. 61–63 ZVO); Vergleichssubstanzen für die Arzneimittelkontrolle (Art. 63c ZVO); Pharmazeutika für Sportveranstaltungen (Art. 64 ZVO); Waren für Organe der Wohlfahrtspflege (Art. 65–69 ZVO i. V. mit § 6 EUStBV); Gegenstände für Behinderte (Art. 70–78 ZVO i. V. mit § 6 EUStBV); Gegenstände für Katastrophenopfer (Art. 79–85 ZVO); Auszeichnungen und Ehrengaben (Art. 86 ZVO); Geschenke im Rahmen zwischenstaatlicher Beziehungen (Art. 87–89 ZVO); Gegenstände für Staatsoberhäupter (Art. 90 ZVO); Warenmuster oder -proben von geringem Wert (Art. 91 ZVO); Werbedrucke und Werbegegenstände (Art. 92–94 ZVO i. V. mit § 7 EUStBV); Gebrauchs- und Verbrauchsgüter für Ausstellungen (Art. 95–99 ZVO); Erprobungswaren (Art. 100–106 ZVO); Sendungen an Patentschutzstellen (Art. 107 ZVO); Werbematerial für den Fremdenverkehr (Art. 108 ZVO i. V. mit § 8 EUStBV); amtliche Veröffentlichungen und Wahlmaterial (§ 9 EUStBV); verschiedene Dokumente und Gegenstände (Art. 109 ZVO); Verpackungsmittel (Art. 110 ZVO i. V. mit § 10 EUStBV); Tierfutter (Art. 111 ZVO); Treib- und Schmierstoffe (Art. 112–116 ZVO); Waren für Gedenkstätten für Kriegsopfer (Art. 117 ZVO); Särge und Grabausschmückungen (Art. 118 ZVO).

§ 1 Abs. 2 Nr. 1 EUStBV befreit unter Beachtung von § 11 EUStBV die Einfuhr von Waren, die zur vorübergehenden Verwendung nach Art. 137–144 Zollkodex (ZK) i. V. mit Art. 553–584 ZK DVO zollfrei eingeführt werden können. Die Zollvorschriften finden sinngemäß Anwendung. Dabei handelt es sich um Drittlandswaren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind (z. B. Berufsausrüstung; Ausstellungsgut; pädagogisches Material und wissenschaftliche Ausrüstung; medizinisch-chirurgische und labortechnische Ausrüstung; Material für Katastropheneinsätze; Umschließungen; Modelle, Messgeräte, Vorführwagen; Austauschproduktionsmittel; Gegenstände zum ungewissen Verkauf; Filme und Informationsträger; persönliche Gebrauchsgegenstände der Reisenden und Waren für Sportzwecke; Werbematerial; lebende Tiere; Betreuungsgut für Seeleute; gelegentliche Einfuhren mit einer Verwendungsdauer von nicht mehr als drei Monaten im Inland oder in besonderen Situationen ohne wirtschaftliche Auswirkung; Beförderungsmittel einschließlich der ihnen beigefügten normalen Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstungen – Straßenfahrzeuge, Eisenbahnfahrzeuge, zivile Luftfahrzeuge und in der See- oder Binnenschifffahrt eingesetzte Wasserfahrzeuge, Paletten, bestimmte Behälter). Die Verwendung eines außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zugelassenen und im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung von Einfuhrabgaben in das Zollgebiet verbrachten Straßenfahrzeugs für einen unzulässigen Binnenverkehr innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft führt neben der Entstehung der Zollschuld auch zu Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer. Die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer setzt nicht voraus, dass der Binnentransport nur im umsatzsteuerrechtlichen Inland durchgeführt worden ist ( NWB YAAAB-91044). Darüber hinaus ist die (private) Einfuhr von Waren befreit, die gelegentlich und ohne gewerbliche Absicht eingeführt werden, sofern der Verwender nicht oder nicht in vollem Umfang nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und die Verwendungsdauer im Inland längstens sechs Monate beträgt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 i. V. mit § 11 Abs. 2 EUStBV).

§ 1 Abs. 2a EUStBV befreit unter Beachtung von § 12 EUStBV die Einfuhr von Waren, die als Rückwaren nach Art. 185–187 ZK i. V. mit Art. 844–856 ZK DVO zollfrei eingeführt werden können. Die Zollvorschriften finden sinngemäß Anwendung. Hierbei handelt es sich um Waren, die im Rahmen einer passiven oder aktiven Veredelung aus dem Gemeinschaftsgebiet ausgeführt wurden und danach als Rückware wiedereingeführt werden.

§ 1 Abs. 3 EUStBV befreit in sinngemäßer Anwendung der Zollvorschriften die Einfuhr von Waren, die nach §§ 12, 14–22 Zollverordnung frei von Zöllen eingeführt werden können (z. B. Verteidigungsgut; Mund- und Schiffsvorrat; Speisewagenvorräte; Bordvorräte der Luftfahrzeuge; Diplomaten- und Konsulargut; Ausstattung drittländischer Dienststellen; Betriebsstoffe für Schienenfahrzeuge, Schiffe und Luftfahrzeuge; Treibstoffe für Nutzfahrzeuge im Straßenverkehr und für Spezialcontainer).

Von der Einfuhrumsatzsteuer sind weiter befreit die Einfuhr von Gegenständen nach einer vorübergehenden Freihafenlagerung (§ 12a EUStBV) oder einer Freihafen-Veredelung (§ 12b EUStBV) sowie die Fänge deutscher Fischer (§ 13 EUStBV). In bestimmten Fällen kann die Einfuhrumsatzsteuer darüber hinaus erstattet oder erlassen werden (§ 5 Abs. 3 UStG i. V. mit § 14 EUStBV) bzw. von einer Festsetzung abgesehen werden, wenn der festzusetzende Betrag 10,23 € nicht übersteigt und die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden könnte (§ 156 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i. V. mit § 15 EUStBV).

Für sog. Reisemitbringsel ist die Einreise-Freimengen-Verordnung (EF-VO) zu beachten (Einschränkungen ergeben sich für bestimmte Personen – z. B. in grenznahen Gemeinden – aus § 3 der VO). Danach ist die Einfuhr von Waren, die Reisende gelegentlich und ausschließlich zum persönlichen Ge- und Verbrauch, für ihren Haushalt oder als Geschenk im persönlichen Reisegepäck einführen, in bestimmten Mengen- und Wertgrenzen (§ 2 der VO) von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Bei nicht in § 2 Abs. 1 Nr. 1—6 der VO genannten Waren gilt bis zum die allgemeine, einheitliche Wertgrenze von 175 €. Die EF-VO ist ab dem neu gefasst worden. Ab diesem Zeitpunkt gilt für die nicht in § 2 Abs. 1 Nr. 1—4 der EF-VO genannten Waren die allgemeine Wertgrenze von 300 €. Diese erhöht sich für Flug- und Seereisende auf 430 € und vermindert sich für Reisende unter 15 Jahren auf 175 €.

Gelegentliche Kleinsendungen nichtkommerzieller Art bis zu einem Warenwert je Sendung von insgesamt 45 € sind – vorausgesetzt, bestimmte Mengengrenzen werden nicht überschritten – nach der Kleinsendungs-Einfuhrfreimengen-Verordnung (KF-VO) von der Einfuhrumsatzsteuer befreit.

Tz. 145 Sondervorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer

§§ 5, 11 und 21 UStG

a) Steuerbefreiungen

§ 5 UStG

Steuerfrei ist die Einfuhr der in § 5 Abs. 1 UStG aufgeführten Gegenstände (vgl. dazu auch die Dienstvorschrift in der Vorschriftensammlung Stoffgebiet Zoll, Abschnitt Einfuhrumsatzsteuer (Stand: 50. Lieferung – Mai 2004). Weitere Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungen ergeben sich aus der Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung (EUStBV) v. (BGBl 1992 I S. 523), der Einreise-Freimengen-Verordnung (EF-VO) v. (BGBl 1974 I S. 3377) sowie der Kleinsendungs-Einfuhrfreimengen-Verordnung (KF-VO) v. (BGBl 1979 I S. 73). Diese Verordnungen stützen sich auf die Ermächtigungsgrundlage in § 5 Abs. 2 UStG.

Nach § 14 EUStBV kann zudem die Einfuhrumsatzsteuer unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise erstattet oder erlassen werden. Diese Möglichkeit geht auf die Ermächtigungsgrundlage in § 5 Abs. 3 UStG zurück. Vgl. zu den Steuerbefreiungen im Einzelnen Tz. 144.

b) Bemessungsgrundlage für die Einfuhr

§ 11 UStG

Der Umsatz wird bei der Einfuhr grds. nach dem Wert des eingeführten Gegenstands nach den jeweiligen Vorschriften über den Zollwert bemessen (§ 11 Abs. 1 UStG).

Ist ein Gegenstand ausgeführt, in einem Drittlandsgebiet für Rechnung des Ausführers veredelt und von diesem oder für ihn wieder eingeführt worden, wird der Umsatz bei der Einfuhr statt dessen nach dem für die Veredelung zu zahlenden Entgelt oder, falls ein solches Entgelt nicht gezahlt wird, nach der durch die Veredelung eingetretenen Wertsteigerung bemessen. Wegen weiterer Einzelheiten s. § 11 Abs. 2 UStG. Dem Zollwert i. S. des § 11 Abs. 1 UStG bzw. dem Entgelt nach § 11 Abs. 2 UStG sind bestimmte in § 11 Abs. 3 UStG aufgezählte Beträge hinzuzurechnen, soweit sie darin nicht enthalten sind.

Zur Bemessungsgrundlage gehören nicht Preisermäßigungen und Vergütungen, die sich auf den eingeführten Gegenstand beziehen und die im Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer feststehen. Für die Umrechnung von Werten in fremder Währung gelten die entsprechenden Vorschriften über den Zollwert der Waren, die in Rechtsakten des Rates oder der EU-Kommission festgelegt sind (vgl. Art. 35 ZK und Art. 168 ff. ZKDVO).

c) Besondere Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer

§ 21 UStG

Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer. Die Vorschriften für Zölle gelten sinngemäß. Ausgenommen sind die Vorschriften über den aktiven Veredelungsverkehr nach dem Verfahren der Zollrückvergütung und über den passiven Veredelungsverkehr. Abfertigungsplätze im Ausland, auf denen dazu befugte deutsche Zollbedienstete Amtshandlungen vornehmen, gehören insoweit zum Inland, ebenso hre Verbindungswege mit dem Inland, soweit auf ihnen einzuführende Gegenstände befördert werden. Zollvorschriften sind die zollrechtlichen Vorschriften des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) und der Zollverordnung (ZollV). Der Ausschluss der Zollvorschriften über die aktive Veredelung nach dem Verfahren der Zollrückvergütung bedeutet, dass bei Abfertigung zu einem solchen Verfahren die Einfuhrwaren einfuhrumsatzsteuerrechtlich regelmäßig in den freien Verkehr übergeführt werden. Die Einfuhrumsatzsteuer wird bei der Ausfuhr der Veredelungserzeugnisse nicht erstattet oder erlassen. Der Ausschluss der Zollvorschriften über die passive Veredelung von der sinngemäßen Anwendung hat zur Folge, dass passive Veredelungen für die Einfuhrumsatzsteuer nicht in Betracht kommen. Eine bewilligte passive Veredelung hat einfuhrumsatzsteuerrechtlich keine Wirkung.

Sicherheit für die Einfuhrumsatzsteuer wird unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs im Regelfall nicht verlangt, wenn Gegenstände für Unternehmen zum Vorsteuerabzug Berechtigter eingeführt werden, d. h. wenn der Anmelder oder ein anderer Unternehmer hinsichtlich der Gegenstände zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Inwieweit im Übrigen für die Einfuhrumsatzsteuer Sicherheit zu leisten ist, richtet sich nach den für den Zoll jeweils geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

Entsteht für den eingeführten Gegenstand nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer eine Zollschuld oder eine Verbrauchsteuer oder wird für den eingeführten Gegenstand nach diesem Zeitpunkt eine Verbrauchsteuer unbedingt, entsteht gleichzeitig eine weitere Einfuhrumsatzsteuer. S. auch § 21 Abs. 4 UStG.

Tz. 146 Ausfuhrlieferungen

§ 6 UStG

Ausfuhrlieferungen sind begrifflich nur in das Drittlandsgebiet möglich. Lieferungen in andere EG-Mitgliedstaaten werden als innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 6a UStG besteuert. Drittlandsgebiet ist nach § 1 Abs. 2a UStG das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist. Das Gemeinschaftsgebiet umfasst nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2a Satz 1 UStG das Inland i. S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG und das übrige Gemeinschaftsgebiet, d. h. die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der EG, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten. S. hierzu Tz. 22.

Somit gelten folgende Gebiete als Drittlandsgebiet:

  • die Hoheitsgebiete aller sog. Drittstaaten (Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft);

  • die internationalen Gewässer;

  • die vom Inland der übrigen EG-Mitgliedstaaten nach Gemeinschaftsrecht ausgenommenen Gebiete (s. hierzu Tz. 22);

  • Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, die nicht zum Inland gehören, also das Gebiet von Büsingen, die Insel Helgoland, die Freihäfen, die Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie, deutsche Schiffe und deutsche Flugzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Vgl. auch Tz. 22.

Steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG sind Ausfuhrlieferungen, wenn sie die Voraussetzungen des § 6 UStG erfüllen. Die Vorschrift enthält drei Befreiungstatbestände: Beförderung oder Versendung des Gegenstands durch den Unternehmer in das Drittland (Tz. 147), Beförderung oder Versendung des Gegenstands durch den (ausländischen) Abnehmer in das Drittland (Tz. 148), Beförderung oder Versendung des Gegenstands durch den Unternehmer oder Abnehmer in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (Tz. 149).

Tz. 147 Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch den Unternehmer in das Drittland

§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG

Eine Ausfuhrlieferung liegt vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, versendet oder befördert hat. Wegen der Begriffe „versenden” und „befördern” vgl. Tz. 57. Die Person, die die Ausfuhrlieferung tätigt, muss ein Unternehmer i. S. des § 2 UStG sein und bei der Lieferung auch als solcher handeln. Die Ausfuhrlieferung muss im Rahmen des Unternehmens bewirkt werden, also innerhalb des Gewerbes oder Berufs. Eine Ausfuhrlieferung liegt deshalb z. B. nicht vor, wenn ein Unternehmer als Privatperson ein Fahrzeug in einen Drittstaat verkauft. Dieser Vorgang ist nicht umsatzsteuerbar. Ausfuhrlieferungen können auch von Kleinunternehmern (§ 19 UStG) und pauschalierenden Landwirten (§ 24 UStG) bewirkt werden. Auf die Person des Abnehmers einer Ausfuhrlieferung kommt es in den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht an. Der Abnehmer kann Unternehmer oder Nichtunternehmer sein, seinen Wohnort oder Sitz im Inland oder Ausland haben. Der Unternehmer tätigt z. B. auch eine Ausfuhrlieferung, wenn der Abnehmer ein im Inland ansässiger Gastarbeiter, ein Angehöriger der im Inland stationierten fremden Streitkräfte, ein im Inland akkreditierter Diplomat oder das Bundesverteidigungsministerium oder das Auswärtige Amt ist und der Unternehmer den Gegenstand seiner Lieferung in das Drittlandsgebiet außerhalb der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (z. B. an Angehörige des Abnehmers oder an bundesdeutsche diplomatische Vertretungen oder Dienststellen im Drittlandsgebiet) befördert oder versendet. Die Beantwortung der Frage, ob der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand versendet hat, richtet sich ausschließlich nach der Auftragserteilung, nicht nach der Bezahlung.

Die im Transitbereich deutscher Flughäfen ausgeführten Umsätze werden im Inland ausgeführt. Der Verkauf von „Duty-Free”-Waren im Transitbereich ist nicht nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG befreit, weil der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet (, BStBl 2006 II S. 337).

Tz. 148 Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung in das Drittlandsgebiet durch den Abnehmer

§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG

Eine Ausfuhrlieferung liegt weiterhin vor, wenn der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist. Der ausländische Abnehmer kann Unternehmer oder – abgesehen von erworbenen Gegenständen zur Ausrüstung eines Beförderungsmittels, Abschn. 130 UStR (Tz. 151) – Nichtunternehmer sein. In den sog. Abholfällen kommt es auf die Zeitspanne zwischen Erwerb und Ausfuhr grds. nicht an.

Ausländischer Abnehmer ist, wer seinen Wohnort oder Sitz im Ausland (§ 1 Abs. 2 Satz 2 UStG) – also auch auf Helgoland oder in der Gemeinde Büsingen –, nicht aber in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten hat (Abschn. 129 Abs. 1 UStR). Ausländischer Abnehmer sind auch ausländische Personen, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten (z. B. Touristen, Künstler, Sportler), deutsche Auslandsbeamte mit Wohnort im staatsrechtlichen Ausland, deutsche Auslandsvertretungen und im Ausland errichtete Dienststellen der Bundeswehr, Angehörige des deutschen Entwicklungsdienstes (Lehrer, Wissenschaftler, andere Entwicklungshelfer) mit dienstlichem Wohnsitz (Wohnort) im staatsrechtlichen Ausland, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen haben. Arbeitnehmer eines ausländischen Arbeitgebers, die lediglich zur Durchführung eines bestimmten, zeitlich begrenzten Auftrags in das Inland kommen, ohne hier objektiv erkennbar den örtlichen Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen, bleiben ausländische Abnehmer. Ausländischer Abnehmer ist auch eine Zweigniederlassung oder Organgesellschaft mit Sitz im Ausland außerhalb der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, deren Unternehmer im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten ansässig ist, wenn die Zweigniederlassung oder Organgesellschaft das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abgeschlossen hat (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 UStG).

In der Regel begründet ein ausländischer Staatsangehöriger einen Wohnort im Inland, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate beträgt. Dies schließt den Nachweis nicht aus, dass im konkreten Fall ein Wohnsitz nicht begründet wurde. So bleibt z. B. bei ausländischen Touristen und bei ausländischen Mitgliedern einer ausländischen Vereinigung (z. B. Künstlergruppen, Sportmannschaften), die sich vorübergehend an stets wechselnden Orten im Inland aufhalten, die Eigenschaft als ausländischer Abnehmer auch erhalten, wenn der Aufenthalt im Inland die Frist von sechs Monaten überschreitet. Ausländische Gastarbeiter, ausländische Studenten, Mitglieder der im Inland stationierten fremden Truppen und ihre im Inland wohnenden Angehörigen sind regelmäßig keine ausländischen Abnehmer. Sie sind erst mit der endgültigen (tatsächlichen) Ausreise (Grenzübergang) als ausländischer Abnehmer anzusehen. An sie kann in Abholfällen eine steuerfreie Ausfuhrlieferung erst nach diesem Zeitpunkt erbracht werden. Maßgebend für den Zeitpunkt der Lieferung ist das Erfüllungsgeschäft, nicht das Verpflichtungsgeschäft. Kein ausländischer Abnehmer ist eine Zweigniederlassung oder Organgesellschaft mit Sitz im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten, wenn sie das Umsatzgeschäft im eigenen Namen abschließt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 UStG). Wird sie im Namen und für Rechnung ihrer ausländischen, nicht in den bezeichneten Gebieten ansässigen Stammfirma tätig, kommt als Abnehmer die ausländische Stammfirma (ausländischer Abnehmer) in Betracht.

Tz. 149 Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete durch den Unternehmer oder den Abnehmer

§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG

Eine steuerfreie Ausfuhrlieferung liegt auch vor, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete befördert oder versendet, vorausgesetzt, dass der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat (und dieser nicht ausschließlich oder nicht zum Teil für eine nach § 4 Nr. 8–27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet werden soll), oder der Abnehmer ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer ist und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt.

Ist der Abnehmer ein Unternehmer, kommt es auf seine Staatsangehörigkeit oder seinen Sitz nicht an. Der Unternehmer kann Inländer oder Ausländer sein. Er kann seinen Sitz im Inland, im übrigen Gemeinschaftsgebiet, im Drittland oder auch in den Gebieten nach § 1 Abs. 3 UStG (z. B. in einem deutschen Freihafen) haben. Er muss als Abnehmer der Ausfuhrlieferung aber Unternehmer sein und den Gegenstand für sein Unternehmen erworben haben. Der Liefergegenstand muss in vollem Umfang in die unternehmerische Sphäre des Unternehmers eingehen, d. h. dem Unternehmen zugeordnet werden. Bei der Lieferung eines einheitlichen Gegenstands (z. B. eines Pkw) ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass der Abnehmer den Gegenstand dann für Zwecke seines Unternehmens erwirbt, wenn der unternehmerische Verwendungszweck zum Zeitpunkt des Erwerbs überwiegt. Bei der Lieferung von vertretbaren Sachen, die der Abnehmer sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke erwirbt, ist der Anteil, der auf den unternehmerischen Erwerbszweck entfällt, durch eine Aufteilung zu ermitteln, vgl. hierzu Abschn. 192 Abs. 21 UStR.

Ist der Abnehmer kein Unternehmer, muss er ein ausländischer Abnehmer sein (vgl. Tz. 148) und der Gegenstand der Ausfuhrlieferung muss in das übrige Drittlandsgebiet gelangen. Das bedeutet, der Ausfuhrgegenstand darf nur vorübergehend in das Gebiet nach § 1 Abs. 3 UStG kommen und muss danach in das Drittlandsgebiet gelangen.

Tz. 150 Be- oder Verarbeitungen des Gegenstands der Lieferung vor der Ausfuhr durch Beauftragte

§ 6 Abs. 1 Satz 2 UStG

Der Gegenstand der Lieferung kann durch einen oder mehrere Beauftragte vor der Ausfuhr be- oder verarbeitet worden sein. Der Beauftragte kann im Inland oder Ausland ansässig sein. Es kann sich nur um Beauftragte des Abnehmers oder eines folgenden Abnehmers handeln. Erteilt der liefernde Unternehmer oder ein vorangegangener Lieferer den Be- oder Verarbeitungsauftrag, ist die Ausführung dieses Auftrags ein der Lieferung des Unternehmers vorgelagerter Umsatz. Gegenstand der Lieferung des Unternehmers ist in diesem Fall der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand und nicht der Gegenstand vor seiner Be- oder Verarbeitung. Der mit der Be- oder Verarbeitung Beauftragte kann auch der liefernde Unternehmer selbst sein. Besteht der abnehmerseitige Auftrag in der Ausführung einer Werkleistung, tätigen der Exporteur eine Ausfuhrlieferung und der Beauftragte eine Lohnveredelung, die unter den Voraussetzungen des § 7 UStG steuerfrei sein kann. Die Bearbeitung oder Verarbeitung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 UStG muss vor der Ausfuhr des zu bearbeitenden oder verarbeitenden Gegenstands vorgenommen werden. Dies schließt nicht aus, dass die Bearbeitung oder Verarbeitung selbst nicht im Inland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat oder sogar im Drittlandsgebiet erfolgt. Typischer Fall ist eine Bearbeitung oder Verarbeitung als sonstige Leistung im Rahmen eines zollamtlich bewilligten Freihafenveredelungsverkehrs, die nach § 1 Abs. 3 Nr. 5 UStG als im Inland erbracht gilt.

Tz. 151 Lieferung eines Gegenstands zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels

§ 6 Abs. 3 UStG

Wird ein Gegenstand, der zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt ist, vom Abnehmer in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet bzw. vom Abnehmer oder Unternehmer in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete befördert oder versendet, liegt nur dann eine (steuerfreie) Ausfuhrlieferung vor, wenn der Abnehmer ein ausländischer Abnehmer ist und das Beförderungsmittel seinen unternehmerischen Zwecken dient. Die Lieferungen von Gegenständen, mit denen ausländische Abnehmer ihre nichtunternehmerischen Beförderungsmittel (z. B. private Kraftfahrzeuge, Sport- und Vergnügungsboote, Sportflugzeuge) im Inland oder in den Freihäfen ausrüsten oder versorgen, sind steuerpflichtig. Im nichtkommerziellen Reiseverkehr (§ 6 Abs. 3a UStG) kann ebenfalls keine steuerfreie Ausfuhrlieferung vorliegen für Gegenstände, die zur Ausrüstung oder Versorgung eines privaten Beförderungsmittels bestimmt sind. Die einschränkende Regelung in § 6 Abs. 3 UStG kann von § 6 Abs. 3a UStG nicht eingefangen werden.

Die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 3 UStG ist nur auf Lieferungen anzuwenden, bei denen die Gegenstände zur Ausrüstung oder Versorgung des eigenen Beförderungsmittels des ausländischen Abnehmers oder des von ihm mitgeführten fremden Beförderungsmittels bestimmt sind. Sie gilt nicht für Lieferungen von Ausrüstungs- und Versorgungsgegenständen, die ein Unternehmer zum Zwecke der Weiterlieferung oder der Verwendung in seinem Unternehmen (z. B. für Reparaturen) erworben hat. Vgl. Beispiele in Abschn. 130 Abs. 4 UStR.

Zu den Gegenständen, die zur Ausrüstung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, gehören zunächst die zum Gebrauch des Beförderungsmittels mitgeführten beweglichen Gegenstände, wie z. B. Abschleppseile, Warndreiecke, Verbandskästen, Werkzeuge, Warnlampen, Planen, Ersatzreifen bzw. Reserveräder, Reservekanister, Schonbezüge, Feuerlöscher, Automatten, Warnblinkleuchten. Zu den Gegenständen gehören auch in das Beförderungsmittel nicht fest eingebaute Ausrüstungsgegenstände, wie z. B. Dachgepäckträger, Skiträger, Fahrradträger, abnehmbare Außenspiegel, ferner Zubehörteile und Ersatzteile, die zum festen Einbau in das Beförderungsmittel bestimmt sind (vgl. Abschn. 130 Abs. 1 Satz 2 UStR), wie z. B. Autoradios, Lautsprecher, Batterien, Austauschmotoren, Spoiler, Schalldämpfer, Federn, Stoßdämpfer, Zusatzscheinwerfer, Nebelleuchten und sonstige Ersatzteile (z. B. Stoßstangen, Kotflügel).

Werden Zubehörteile und Ersatzteile im Rahmen einer Werklieferung geliefert, also vom Lieferer eingebaut (z. B. Lieferung eines eingebauten Radios oder Ersatzmotors), kommt § 6 Abs. 3 UStG nicht zur Anwendung. Diese Werklieferungen gelten als Ausfuhrlieferungen i. S. des § 6 Abs. 1 UStG unter den dort genannten Voraussetzungen (vgl. Abschn. 130 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStR). Zur Versorgung eines Beförderungsmittels gehören Gegenstände, die zum Verbrauch in dem Beförderungsmittel bestimmt sind (vgl. Abschn. 130 Abs. 1 Satz 5 UStR), wie z. B. Treibstoffe, Schmierstoffe, Bremsflüssigkeiten, Frostschutzmittel, Pflegeartikel, Farben.

Der ECOFIN-Rat hat am 17. 10. 2005 die VO (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL verabschiedet, die mit Wirkung v. (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1) gilt. – Vgl. hierzu Tz. 107, b. – Art. 16 der Verordnung bestimmt, dass zu den Beförderungsmitteln i. S. von Art. 15 Nr. 2 erster Unterabsatz der 6. EG-RL – Beförderungsmittel, die privaten Zwecken dienen – (entspricht § 6 Abs. 3 UStG) auch solche Beförderungsmittel gehören, die von Personen, die keine natürlichen Personen sind (etwa Einrichtungen des öffentlichen Rechts i. S. von Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL oder Vereine), für nichtgeschäftliche (nichtunternehmerische) Zwecke verwendet werden.

Tz. 152 Ausfuhrlieferungen im Rahmen des nichtkommerziellen Reiseverkehrs

§ 6 Abs. 3a UStG

Nach § 6 Abs. 3a UStG liegt eine Ausfuhrlieferung unter einschränkenden Voraussetzungen vor, wenn der gelieferte Gegenstand für private Zwecke erworben und vom Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt wird. Es muss sich um Lieferungen handeln, die die Ausfuhrtatbestände nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 UStG insoweit erfüllen, als der Abnehmer den Gegenstand befördert (nicht versendet). Betroffen sind damit die Fälle, in denen der Abnehmer den Gegenstand in das Drittlandsgebiet (ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG) befördert oder der Abnehmer den Gegenstand in Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG (deutsche Freihäfen und deutsche Hoheitsgewässer) befördert und der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet gelangt (vgl. Tz. 22). Handelt es sich um eine Lieferung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (der Unternehmer befördert oder versendet den Gegenstand in das Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG), findet § 6 Abs. 3a UStG keine Anwendung, d. h. die dortigen Einschränkungen zur Annahme einer Ausfuhrlieferung gelten nicht. Befördert der Unternehmer also einen Gegenstand, den der Abnehmer für private Zwecke erworben hat, in das Drittlandsgebiet, liegt ohne weitere Voraussetzungen eine Ausfuhrlieferung vor, die nach § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG steuerbefreit ist.

Liegt einer der vorgenannten Liefertatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG vor, kann eine – steuerfreie – Ausfuhrlieferung im nichtkommerziellen Reiseverkehr unter folgenden Voraussetzungen angenommen werden:

  • Der Liefergegenstand ist für private Zwecke bestimmt,

  • der Liefergegenstand wird vom Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt (in das Drittlandsgebiet verbracht),

  • die Ausfuhr in das Drittlandsgebiet erfolgt vor Ablauf des dritten Kalendermonats, der auf den Monat der Lieferung folgt,

  • der Abnehmer hat seinen Wohnort oder Sitz im Drittlandsgebiet (ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG).

Zum persönlichen Reisegepäck gehören diejenigen Gegenstände, die der Abnehmer bei einem Grenzübertritt mit sich führt, z. B. das Handgepäck oder die in einem von ihm benutzten Fahrzeug befindlichen Gegenstände sowie das anlässlich einer Reise (Bahn-, Flug- oder Schiffsreise) aufgegebene Handgepäck (vgl. Abschn. 137 Abs. 1 UStR). Das Fahrzeug selbst, seine Bestandteile und sein Zubehör sind kein persönliches Reisegepäck ( NWB NAAAB-30684). Die Mitnahme von Waren im persönlichen Reisegepäck ist auch in einem Kleintransporter möglich (vgl. Merkblatt zur Umsatzsteuer-Befreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr – Stand: Mai 2004, BStBl 2004 I S. 535). Als Reisen gelten insbesondere Urlaubsreisen und Fahrten von Berufspendlern. Dazu gehören auch Reisen, die Kunden eigens zum Einkaufen in das Inland unternehmen.

Tz. 153 Keine Ausfuhrlieferung bei Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen

§ 6 Abs. 5 UStG

Nach § 6 Abs. 5 UStG liegt bei der – einer Lieferung gleichgestellten – Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen (§ 3 Abs. 1b UStG, vgl. Tz. 50), den der Unternehmer im Zuge der Entnahme in das Drittlandsgebiet verbringt, keine Ausfuhrlieferung vor. Zwar liegt der Ort der Entnahme eines Gegenstands nach § 3f UStG (vgl. Tz. 87) im Inland, wenn der Unternehmer dort sein Unternehmen oder eine Betriebsstätte betreibt, so dass die einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellte Entnahme im Inland steuerbar ist. Dennoch kann der Unternehmer, der einen Gegenstand entnimmt und anschließend ins Drittland verbringt, nicht einen Ausfuhrtatbestand und damit keine Steuerfreiheit gelten machen.

Tz. 154 Allgemeine Grundsätze zum Ausfuhrnachweis

§ 8 UStDV

Bei Ausfuhrlieferungen muss der Unternehmer durch Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat. Die Ausfuhr und eine etwaige Be- oder Verarbeitung vor der Ausfuhr haben sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar zu ergeben. Die Angaben in den Belegen müssen im Geltungsbereich der UStDV nachprüfbar sein (§ 8 UStDV). Der Ausfuhrnachweis kann in Form einer Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle, eines Versendungsbelegs oder eines sonstigen handelsüblichen Belegs erfolgen. Dem Beleg- und Buchnachweis kommt nur vorläufiger Beweischarakter zu (vgl. und v. - V R 65/06). Zwar ist der Unternehmer berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, wenn ihm der erforderliche Beleg- und Buchnachweis vorliegt. Die durch den Unternehmer beizubringenden Nachweise unterliegen jedoch der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung. Wird dabei die Unrichtigkeit von Beleg- oder Buchangaben festgestellt oder bestehen zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, entfällt die dem Beleg- und Buchnachweis zukommende Vermutung, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Die Lieferung ist dann nur steuerfrei, wenn die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv feststehen oder der Unternehmer die Lieferung trotz einer Täuschung durch den Abnehmer gutgläubig in Anspruch genommen hat. Der Umfang der den Unternehmer treffenden Verpflichtungen ergibt sich abschließend aus der UStDV. Die Finanzverwaltung ist danach nicht befugt, die Bestimmungen der UStDV um weitere Voraussetzungen zu verschärfen, deren Fehlen für sich allein die Annahme berechtigt, Ausfuhrlieferungen (und innergemeinschaftliche Lieferungen) seien bereits mangels Beleg- und Buchnachweis umsatzsteuerpflichtig. Holt z. B. ein vom Abnehmer Beauftragter die Ware beim Unternehmer im Inland zum Transport in das Ausland ab, ist der Unternehmer mangels gesetzlicher Anordnung in der UStDV nicht generell verpflichtet, die Abholberechtigung eines Beauftragten belegmäßig nachzuweisen. Weitergehende Nachweispflichten bestehen für den Unternehmer aber, wenn an der Steuerfreiheit der Lieferung im Einzelfall begründete Zweifel bestehen.

Für die Ausfuhrnachweise gelten die allgemeinen Beweisregeln und Beweisgrundsätze. Ein Beweis kann z. B. dadurch geführt werden, dass eine zu den Büchern genommene Abschrift oder Kopie des Reisepasses, des Personalausweises oder jeden sonstigen Dokuments, das in der Bundesrepublik Deutschland als Identitätsnachweis anerkannt ist, vorgelegt wird. Gelingt es dem Unternehmer nicht, etwaige Zweifel auszuräumen, trägt er neben der formellen auch die materielle Beweislast. Ist die Existenz des ausländischen Abnehmers nicht nachweisbar oder reichen die nachgewiesenen Tatsachen, die seine Existenz belegen sollen, nicht aus, trägt der Unternehmer das Risiko der nicht geglückten Aufklärung.

Die Ausfuhrbelege müssen sich im Besitz des Unternehmers befinden. Sie sind nach § 147 Abs. 3 Satz 1 AO zehn Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist kann sich nach § 147 Abs. 3 Satz 2 AO verlängern. Ausfuhrbelege müssen nicht in Papierform aufbewahrt werden. Abschn. 131 Abs. 4 UStR bestimmt, dass die Belege entsprechend § 147 Abs. 2 AO auch auf solchen Datenträgern aufbewahrt werden dürfen, bei denen das Verfahren den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass bei der Lesbarmachung die Wiedergabe mit den empfangenen Ausfuhrbelegen bildlich übereinstimmt. Als solche bildlich wiedergabefähige Datenträger kommen neben Bildträgern (z. B. Mikrofilm oder Mikrokopie) noch elektro-optische Speicherplatten in Betracht, soweit auf diesen eine Veränderung bzw. Verfälschung nicht möglich ist (vgl. , BStBl 1984 I S. 155, und v. - S 0316, BStBl 1995 I S. 738). Unternehmer, die ihre Geschäftspapiere unter Beachtung der in den vorgenannten BMF-Schreiben festgelegten Verfahren aufbewahren, können mit Hilfe der gespeicherten Daten oder mikroverfilmten Unterlagen den Ausfuhrnachweis erbringen. Eine Speicherung auf Diskette oder Magnetband genügt den Wiedergabeanforderungen nicht, wohl aber eine originalgetreue Speicherung auf einer nur einmal beschreibbaren CD. Wird kein zugelassenes Verfahren angewendet, gelten Ausdrucke oder Fotokopien für sich allein nicht als ausreichender Ausfuhrnachweis. Sie können nur in Verbindung mit anderen Belegen als Ausfuhrnachweis anerkannt werden, wenn sich aus der Gesamtheit der Belege die Ausfuhr des Gegenstands zweifelsfrei ergibt. Die Bescheide des Hauptzollamts Hamburg-Jonas über die Ausfuhrerstattung werden von der Finanzverwaltung als Belege für den Ausfuhrnachweis anerkannt (vgl. auch , UR 1974 S. 216).

Zur Erlangung der Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen werden Ausfuhrbelege häufig gefälscht. Um dem steigenden Umfang der Vortäuschung von Ausfuhren von Waren aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft durch Ausfuhrbestätigungen mit gefälschten Zollstempelabdrucken zu begegnen, hat das Zollkriminalamt zur Verbesserung der Fälschungssicherheit mit Einverständnis des BMF ein Sicherungskonzept für deutsche EG-Dienststempel erstellt (zu den Einzelheiten vgl. NWB YAAAA-79241). Aus den im Steuerrecht allgemein geltenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes ergibt sich, dass die Steuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung nicht versagt werden darf, wenn der liefernde Unternehmer die Fälschung des Ausfuhrnachweises, den der Abnehmer ihm vorlegt, auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hat erkennen können ( NWB MAAAD-03688, Nachfolgeentscheidung zu , Netto Supermarkt, NWB OAAAC-73301).

Bei digitalisierten Ausfuhrbelegen mit Zollstempeln ist nicht hinreichend feststellbar, ob der Stempelabdruck durch einen Orginalstempel angebracht oder aufgedruckt bzw. aufkopiert wurde. Eine kriminaltechnische Untersuchung anhand von Reproduktionen zuvor eingescannter Urkunden ist ebenfalls nicht möglich. Darüber hinaus können gerichtsverwertbare Aussagen zur Echtheit von Stempelabdrucken nur anhand der Originalunterlagen gemacht werden. Die Farbwiedergabe muss bei digital gespeicherten Dokumenten vollständig möglich sein, wenn der Farbe Beweisfunktion zukommt. Da die digitalisierten Dokumente allein die Beweisfunktion nicht erfüllen können, kommt eine Vernichtung von Originalbelegen insoweit nicht in Betracht. Daher müssen alle Ausfuhrbelege, die mit Dienststempelabdrucken versehen sind, unabhängig davon, ob die Stempelfarben Pigmentierungen enthalten, stets im Original aufbewahrt werden.

Der Ausfuhrnachweis darf nur durch Belege geführt werden. Der Nachweis durch Beleg kann nicht durch Zeugenbeweis oder auf sonstige Weise geführt werden. In Ausnahmefällen kann der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch Beleg auch ohne Bestätigung der Ausfuhr durch eine Zollbehörde führen. Solche Ausnahmefälle sind gegeben, wenn es dem Unternehmer unmöglich oder unzumutbar ist, die Bestätigung einer Zollstelle zu erlangen ( NWB CAAAB-30559).

Im Zollbereich wurde im Rahmen des internationalen EDV-Projekts AES/ECS (Automated Export System/Export Control System) auf nationaler Ebene das elektronische Ausfuhrverfahren durch das IT-Verfahren ATLAS (Automatisiertes Tarif- und Lokales Zollabwicklungssystem)-Ausfuhr realisiert. Dabei wird die bisherige schriftliche Ausfuhranmeldung durch eine elektronische Ausfuhranmeldung ersetzt. Das IT-Verfahren ATLAS-Ausfuhr wurde ab 1. 8. 2006 in den Echtbetrieb überführt und seit dem besteht die Pflicht zur Teilnahme an diesem elektronischen Ausfuhrverfahren.

Zu den Auswirkungen auf den Ausfuhrnachweis des IT-Verfahrens ATLAS-Ausfuhr für Umsatzsteuerzwecke vgl. , BStBl 2009 I S. 855.

Tz. 155 Ausfuhrnachweis in Beförderungsfällen

§ 9 UStDV

In Beförderungsfällen soll die Ausfuhr regelmäßig durch einen Beleg nachgewiesen werden, der enthält:

  • den Namen und die Anschrift des Unternehmers,

  • die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des ausgeführten Gegenstands,

  • den Ort und den Tag der Ausfuhr,

  • eine Ausfuhrbestätigung der den Ausgang des Gegenstands aus dem Gemeinschaftsgebiet überwachenden Grenzzollstelle eines Mitgliedstaats (§ 9 Abs. 1 UStDV).

Als Beleg kommt auch ein Geschäftspapier in Betracht, z. B. der Lieferschein, eine Durchschrift der Ausfuhrerklärung, ein ähnliches Papier, das die vorbezeichneten Angaben enthält und auf dem die Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle angebracht ist. Die Grenzzollstelle prüft, ob die Angaben in dem vom Antragsteller vorgelegten Beleg über Art und Menge der Waren (handelsübliche Bezeichnung) mit den Eintragungen in der zur Ausfuhrabfertigung erforderlichen Ausfuhranmeldung oder der Ausfuhrkontrollmeldung übereinstimmen. Eine Beschau der Ware (körperliche Prüfung der Ware) findet dabei grds. nur im Rahmen der zolldienstlichen Anweisungen über die Ausfuhrabfertigung statt. Eine körperliche Prüfung wird im Allgemeinen nur bei besonderem Anlass vorgenommen (z. B. wenn die Angaben in den vorgelegten Dokumenten voneinander abweichen oder wenn Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen). Die Modalitäten einer solchen Prüfung entsprechen denjenigen, die allgemein bei zollamtlichen Warenkontrollen Anwendung finden. Die Grenzzollstelle prüft die Angaben in dem vom Antragsteller vorgelegten Beleg und bescheinigt auf Antrag den körperlichen Ausgang der Waren durch einen Vermerk. Der Vermerk wird durch einen Dienststempelabdruck vorgenommen, der den Namen der Zollstelle und das Datum enthält (vgl. Abschn. 132 Abs. 4 Nr. 1 UStR). Die Unterschrift des diensttuenden Zollbeamten ist nicht erforderlich.

Zu weiteren Einzelheiten des Ausfuhrnachweises in Beförderungsfällen vgl. Abschn. 132 UStR. Zum Nachweis einer Ausfuhrlieferung reichen die in § 9 UStDV genannten Nachweise grds. aus. Etwas anderes gilt nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Nachweise vorliegen. Insbesondere Abschn. 135 Abs. 10 Nr. 1 UStR (danach wird die Ausfuhr eines Kraftfahrzeugs grds. nur angenommen, wenn für das Kraftfahrzeug ein internationaler Zulassungsschein ausgestellt und ein Ausfuhrkennzeichen ausgegeben worden sind) führt nicht dazu, dass grds. die darin genannten zusätzlichen Nachweise zu erbringen sind ( NWB TAAAC-97813).

Tz. 156 Ausfuhrnachweis in Versendungsfällen

§ 10 UStDV

Hat der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet versendet, soll der Ausfuhrnachweis regelmäßig geführt werden durch

  • Versendungsbelege (Frachtbrief, Konnossement, Posteinlieferungsschein oder deren Doppelstücke) oder

  • sonstige handelsübliche Belege (Bescheinigung des beauftragten Spediteurs, Versandbestätigung des Lieferers, § 10 Abs. 1 UStDV). Dieser sonstige Beleg soll enthalten den Namen und die Anschrift des Ausstellers sowie den Tag der Ausstellung; den Namen und die Anschrift des Unternehmers sowie des Auftraggebers, wenn dieser nicht der Unternehmer ist; die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des ausgeführten Gegenstands; den Ort und den Tag der Ausfuhr oder den Ort und den Tag der Versendung in das Drittlandsgebiet; den Empfänger und den Bestimmungsort im Drittlandsgebiet; eine Versicherung des Ausstellers, dass die Angaben in dem Beleg aufgrund von Geschäftsunterlagen gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind; die Unterschrift des Ausstellers. Die Spediteursbescheinigungen werden nur dann als Belegnachweis für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen durch den leistenden Unternehmer anerkannt, wenn sie ordnungsgemäß ausgefüllt wurden.

Ist ein Spediteur, Frachtführer oder Verfrachter mit der Beförderung oder Versendung des Gegenstands in das Drittlandsgebiet beauftragt worden, soll der Unternehmer die Ausfuhr durch eine Ausfuhrbescheinigung nach vorgeschriebenem Muster nachweisen. Vgl. , Anl. 1, BStBl 2000 I S. 179. Der Versendungsnachweis kann auch durch einen sog. CMR-Frachtbrief geführt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob der Frachtbrief die in Feld 24 vorgesehene Empfängerbestätigung enthält (vgl. ).

Ist es dem Unternehmer in Versendungsfällen nicht möglich oder nicht zumutbar, den Ausfuhrnachweis in der vorbezeichneten Weise zu führen, kann er die Ausfuhr wie bei den Beförderungsfällen (Tz. 155) nachweisen (§ 10 Abs. 2 UStDV). Sonderregelungen zum Ausfuhrnachweis (Lieferungen im Freihafen, Versendungen nach Grenzbahnhöfen oder Güterabfertigungsstellen, Kurierdienste, Postsendungen, Druckerzeugnisse, Ausfuhr von Kraftfahrzeugen) enthält Abschn. 135 UStR.

Tz. 157 Ausfuhrnachweis in Be- oder Verarbeitungsfällen

§ 11 UStDV

Die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen geht nicht verloren, wenn der Gegenstand vor der Ausfuhr durch Beauftragte des Abnehmers be- oder verarbeitet wird (§ 6 Abs. 1 Satz 2 UStG). In diesen Fällen kann der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch einen Versendungsbeleg, sonstigen handelsüblichen Beleg oder – insbesondere in Beförderungsfällen – durch einen Beleg mit einer Grenzzollbestätigung führen (§§ 9, 10 UStDV). Der Beleg soll zusätzlich enthalten den Namen und die Anschrift des Beauftragten; die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des an den Beauftragten übergebenen oder versendeten Gegenstands; den Ort und den Tag der Entgegennahme des Gegenstands durch den Beauftragten; die Bezeichnung des Auftrags und der vom Beauftragten vorgenommenen Bearbeitung oder Verarbeitung (§ 11 Abs. 1 UStDV). Der Beauftragte des Abnehmers kann zu diesem Zweck den Beleg mit einem die zusätzlichen Angaben enthaltenden Übertragungsvermerk versehen oder die zusätzlichen Angaben auf einem gesonderten Beleg machen. Der Beauftragte ist auch berechtigt, dem Unternehmer aufgrund vorhandener Geschäftsunterlagen eine Ausfuhrbescheinigung in Be- und Verarbeitungsfällen nach vorgeschriebenem Muster auszustellen (, Anl. 3, BStBl 2000 I S. 179).

Ist der Gegenstand der Lieferung nacheinander durch mehrere Beauftragte des Abnehmers und/oder eines nachfolgenden Abnehmers bearbeitet oder verarbeitet worden, soll aus den Belegen des Unternehmers die von jedem Beauftragten vorgenommene Bearbeitung oder Verarbeitung ersichtlich sein. Im Einzelnen s. Abschn. 134 Abs. 2 UStR.

Stellt die Bearbeitung eine Werklieferung dar und kommt dafür als Ausfuhrnachweis eine Bescheinigung der Grenzzollstelle in Betracht, ist der Ausfuhrnachweis dann als erbracht anzusehen, wenn die Grenzzollstelle die Ausfuhr des tatsächlich in das Drittlandsgebiet gelangten Gegenstands bescheinigt (z. B. einer Maschine, auch wenn die Werklieferung im Einbau eines Motors besteht). Diese Möglichkeit der Erleichterung des Nachweises besteht nur dann, wenn sich aus der Gesamtheit der vorliegenden Umstände kein begründeter Zweifel ergibt, dass die für die Werklieferung verwendeten Stoffe mit dem ausgeführten Gegenstand in das Ausland gelangt sind.

Tz. 158 Ausfuhr- und Abnehmernachweis bei Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr

§ 17 UStDV

Bei einer Ausfuhr im Reiseverkehr soll der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch einen Beleg führen, der neben den Angaben, die in § 9 UStDV aufgeführt sind, zusätzlich enthält den Namen und die Anschrift des ausländischen Abnehmers und eine Bestätigung der den Ausgang des Gegenstands der Lieferung aus dem Gemeinschaftsgebiet überwachenden Grenzzollstelle, dass die im vorgelegten gültigen Pass oder im gültigen sonstigen Grenzübertrittspapier enthaltenen Eintragungen mit den Angaben in dem Ausfuhrbeleg über Name und Anschrift des ausländischen Abnehmers übereinstimmen (§ 17 Abs. 2 UStDV)

Die zusätzliche Bestätigung wird auch erteilt, wenn sich aus dem ausländischen Grenzübertrittspapier nicht die volle Anschrift, sondern nur der Wohnort und das Land oder nur das Land entnehmen lassen. Für den Ausfuhrbeleg soll ein Vordruck nach vorgeschriebenem Muster verwendet werden (vgl. , BStBl 2004 I S. 532). Es bestehen keine Bedenken, wenn die in Abschn. B des Musters enthaltenen Angaben nicht auf einem besonderen Vordruck, sondern (z. B. durch Stempelaufdruck) auf einer Rechnung des Lieferers angebracht werden, sofern aus diesem Beleg der Lieferer, der ausländische Abnehmer und der Gegenstand der Lieferung ersichtlich sind. Die zusätzliche Bestätigung erteilen die Grenzzollstellen trotz Vorlage eines gültigen Grenzübertrittspapiers in einer Reihe von Fällen nicht. Vgl. dazu Abschn. 137 Abs. 8 UStR.

Ist der Abnehmernachweis durch eine Bestätigung der Grenzzollstelle nicht möglich oder nicht zumutbar, wird auch eine entsprechende Bestätigung einer amtlichen Stelle der Bundesrepublik Deutschland im Wohnsitzstaat des Abnehmers, z. B. einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland oder einer im Drittlandsgebiet stationierten Truppeneinheit der Bundeswehr, als ausreichend anerkannt. Aus dieser Bestätigung muss hervorgehen, dass die Angaben über den ausländischen Abnehmer (Name und Anschrift) im Zeitpunkt der Lieferung zutreffend waren. Eine Ersatzbestätigung einer Zollstelle im Drittlandsgebiet wird als Abnehmernachweis nicht anerkannt (vgl. Abschn. 137 Abs. 9 UStR).

Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen werden auch dann grds. als ausreichender Nachweis anerkannt, wenn Zollstellen die vorgelegten Vordrucke unvollständig ausfüllen, d. h. wenn die erforderlichen Ankreuzungen hinsichtlich der Übereinstimmung des vorgelegten Grenzübertrittspapiers mit den Eintragungen im Vordruck in den Bestätigungen fehlen. Als ausreichender Nachweis wird grds. der gültige Zolldienststempel der Ausgangszollstelle der Gemeinschaft anerkannt. Das gilt auch dann, wenn außer dem Zolldienststempel keine weiteren Angaben gemacht wurden und insbesondere Ankreuzungen fehlen. Stellt sich allerdings heraus, dass die Angaben in dem Beleg unzutreffend waren, z. B. der Abnehmer im Zeitpunkt der Lieferung noch seinen Wohnort im Inland hatte, wird die Steuerbefreiung trotz gültigem Zollstempel mangels materieller Voraussetzungen versagt.

Tz. 159 Buchmäßiger Nachweis bei Ausfuhrlieferungen

§ 13 UStDV

Der Unternehmer hat die Ausfuhr durch Belege und die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung buchmäßig nachzuweisen. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein (§ 13 Abs. 1 UStDV). Die erforderlichen Aufzeichnungen sind laufend und unmittelbar nach Ausführung des jeweiligen Umsatzes vorzunehmen. Der Buchnachweis darf lediglich um den ggf. später eingegangenen Ausfuhrnachweis vervollständigt werden. Die Aufzeichnungen sind zehn Jahre, die Ausfuhrbelege grds. sechs Jahre aufzubewahren. Bei vorzeitiger Vernichtung (z. B. vor Beginn einer Außenprüfung) geht nachträglich der Anspruch auf eine Steuerbefreiung verloren. Gehen Unterlagen, die dem Buchnachweis dienen, durch höhere Gewalt verloren, ist der Unternehmer, sofern nicht Anhaltspunkte gegen ihre Ordnungsmäßigkeit vorliegen, so zu stellen, als wäre der Buchnachweis erbracht (, BStBl 1978 II S. 169).

Der Unternehmer muss den buchmäßigen Nachweis der steuerfreien Ausfuhrlieferung bis zu dem Zeitpunkt führen, zu dem er die Umsatzsteuer-Voranmeldung für die Ausfuhrlieferung abzugeben hat. Er kann fehlende oder fehlerhafte Aufzeichnungen eines rechtzeitig erbrachten Buchnachweises bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG nach den für Rechnungsberichtigungen geltenden Grundsätzen ergänzen oder berichtigen. Wird der Buchnachweis weder rechtzeitig geführt noch zulässigerweise ergänzt oder berichtigt, kann die Ausfuhrlieferung gleichwohl steuerfrei sein, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 bis Abs. 3a UStG vorliegen (vgl. ).

Der Unternehmer soll regelmäßig aufzeichnen

  • die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstands;

  • den Namen und die Anschrift des Abnehmers;

  • den Tag der Lieferung;

  • das vereinbarte oder im Falle der Istbesteuerung das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung;

  • die Art und den Umfang einer etwaigen Be- oder Verarbeitung vor der Ausfuhr;

  • die Ausfuhr (§ 13 Abs. 2 UStDV).

Weitere Einzelheiten dazu enthält Abschn. 136 Abs. 5 UStR.

Wird der Gegenstand der Lieferung vom Unternehmer in das Drittlandsgebiet (ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete) befördert oder versendet und ist der Abnehmer kein ausländischer Abnehmer, soll der Unternehmer zusätzlich zu den in § 13 Abs. 2 UStDV genannten Angaben die Beförderung oder Versendung durch ihn selbst und den Bestimmungsort aufzeichnen (§ 13 Abs. 3 UStDV).

Versendet oder befördert der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete und ist der Abnehmer ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat, oder ein ausländischer Abnehmer, aber kein Unternehmer, und gelangt der Gegenstand in das übrige Drittlandsgebiet, soll der Unternehmer zusätzlich zu den in § 13 Abs. 2 UStDV genannten Angaben die Beförderung oder Versendung, den Bestimmungsort und in den Fällen, in denen der Abnehmer ein Unternehmer ist, auch den Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers und den Erwerbszweck aufzeichnen (§ 13 Abs. 4 UStDV).

Nach § 13 Abs. 4a UStDV soll der Unternehmer in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UStG, in denen der Abnehmer ein Unternehmer ist und er oder sein Beauftragter den Gegenstand der Lieferung im persönlichen Reisegepäck ausführt, auch den Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers und den Erwerbszweck aufzeichnen.

Bei den in § 6 Abs. 3 UStG bezeichneten Lieferungen von Gegenständen, die zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, soll der Unternehmer zusätzlich zu den in § 13 Abs. 2 UStDV genannten Angaben den Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers und den Verwendungszweck des Beförderungsmittels aufzeichnen (§ 13 Abs. 5 UStDV). Vgl. dazu Abschn. 136 Abs. 7 UStR.

Tz. 160 Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr

§ 7 UStG

Steuerfrei nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 7 Abs. 1 UStG ist eine Lohnveredelung an einem Gegenstand der Ausfuhr, wenn der Auftraggeber den Gegenstand zum Zweck der Be- oder Verarbeitung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt oder zu diesem Zweck in diesem Gebiet erworben hat und

  • der Unternehmer den be- oder verarbeiteten Gegenstand in das Drittlandsgebiet, ausgenommen die in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete, befördert oder versendet hat oder

  • der Auftraggeber den be- oder verarbeiteten Gegenstand in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat (Abholfall) und ein ausländischer Auftraggeber ist oder

  • der Unternehmer den be- oder verarbeiteten Gegenstand in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete befördert oder versendet hat und der Auftraggeber ein ausländischer Auftraggeber oder ein Unternehmer ist, der im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansässig ist und den be- oder verarbeiteten Gegenstand für Zwecke seines Unternehmens verwendet.

Der Unternehmer hat die Voraussetzungen buch- und belegmäßig nachzuweisen. Die Tatbestände in § 7 Abs. 1 UStG entsprechen den in § 6 Abs. 1 UStG genannten Ausfuhrfällen.

Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr sind Werkleistungen (einschließlich der Umtauschgeschäfte i. S. des § 3 Abs. 10 UStG) im Inland. Sie bestehen in allen Arten der Be- oder Verarbeitung von Gegenständen des Auftraggebers. Eine Lohnveredelung liegt damit nicht nur dann vor, wenn aus den vom Auftraggeber übergebenen Gegenständen der Unternehmer einen Gegenstand anderer Funktion herstellt. Typische Fälle dieser Art sind die Herstellung von Handelsware aus Rohprodukten (z. B. Produktion von Kleidungsstücken aus Stoffen, Möbelherstellung aus Rohholz). Auch folgende Leistungen können Lohnveredelungen darstellen: Reparaturen, Wartungen, Reinigungen, Etikettieren und Befüllen, Zerlegen und Abbauen einer Maschine zum Verschrotten oder zum Zweck des Transports, Sortieren, Beschriften, Zusammenstellen oder Trennen von Gegenständen der Ausfuhr. Unerheblich ist, ob sich durch die tatsächliche Behandlung des Gegenstands seine Wesensart oder seine Marktgängigkeit ändert oder ob eine Wertsteigerung eintritt. Die Begutachtung eines Gegenstands ist keine Bearbeitung oder Verarbeitung. Der Unternehmer (Veredler) darf Zutaten und Nebensachen beigeben. Keine Bearbeitung stellt das Losturnen (Wiederflottmachen) von Schiffen im Binnenschiffsverkehr als Hauptleistung dar.

Setzt der Unternehmer bei der Be- oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands eigene Hauptstoffe mit ein, führt er eine Werklieferung aus, die zwar nicht nach § 4 Nr. 1 Buchst. a, § 7 UStG steuerfrei ist, aber eine steuerfreie Ausfuhrlieferung (§ 6 UStG) darstellen kann. Bei der Abgrenzung, ob bei Reparaturen im Einzelfall eine Werklieferung oder eine Werkleistung vorliegt, sind die vom (BStBl 1965 III S. 338) aufgestellten Grundsätze zu beachten. Vgl. Abschn. 27 UStR. Aus Vereinfachungsgründen kann die Reparatur eines Beförderungsmittels ohne weitere Nachprüfung als Werklieferung angesehen werden, wenn der Entgeltsteil, der auf das bei der Reparatur verwendete Material entfällt, mehr als 50 % des für die Reparatur berechneten Gesamtentgelts beträgt (Abschn. 144 Abs. 2 UStR). Liegen die Voraussetzungen für eine Werklieferung bei Reparaturen von – nicht in § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG aufgeführten – Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt nicht vor, können sie gleichwohl als Werklieferung angesehen werden, wenn das Entgelt das 15-fache der Bruttoregistertonnage des Schiffs übersteigt.

Eine Lohnveredelung ist nur steuerfrei, wenn der Auftraggeber den Gegenstand zum Zweck der Be- oder Verarbeitung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt oder zu diesem Zweck im Gemeinschaftsgebiet erworben hat. Die Be- oder Verarbeitung braucht nicht der ausschließliche Zweck für die Einfuhr oder für den Erwerb im Gemeinschaftsgebiet zu sein. Die Absicht, den Gegenstand veredeln zu lassen, muss jedoch beim Auftraggeber bereits zum Zeitpunkt der Einfuhr oder des Erwerbs bestehen. Beispiele enthält Abschn. 141 Abs. 3 UStR. Bei Beförderungsmitteln und Transportbehältern, die ihrer Art nach nur für unternehmerische Zwecke verwendet werden können (z. B. Binnenschiffe für gewerbliche Zwecke, Eisenbahnwagen, Seetransportbehälter, Kraftomnibusse), kann unterstellt werden, dass sie nicht nur zu Transportzwecken, sondern regelmäßig auch zur Wartung, Reinigung und Instandsetzung eingeführt werden. In diesen Fällen muss der Einfuhrzweck nicht nachgewiesen werden (vgl. Abschn. 141 Abs. 4 UStR). Keine Einfuhr zum Zwecke der Be- oder Verarbeitung liegt i. d. R. vor, wenn ein Gegenstand (z. B. ein Kraftfahrzeug), der in das Gemeinschaftsgebiet gelangt ist, wider Erwarten reparaturbedürftig geworden und deshalb be- oder verarbeitet worden ist.

Der lohnveredelte oder im Fall des § 3 Abs. 10 UStG überlassene Gegenstand kann durch weitere Beauftragte des Auftraggebers oder eines folgenden Auftraggebers vor der Ausfuhr be- oder verarbeitet worden sein.

Tz. 161 Ausfuhr- und Buchnachweis bei Lohnveredelungen

§§ 12, 13 UStDV

Der Unternehmer (Lohnveredeler) muss im Geltungsbereich der UStDV durch Belege nachweisen, dass er oder der Auftraggeber den Gegenstand der Lohnveredelung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat (Ausfuhrnachweis). Dabei sind die Vorschriften über die Führung des Ausfuhrnachweises bei Ausfuhrlieferungen (§§ 811 UStDV, Tz. 154–157) entsprechend anzuwenden (§ 12 UStDV). Hat der Unternehmer einen Subunternehmer mit der Be- oder Verarbeitung beauftragt und befördert oder versendet dieser den be- oder verarbeiteten oder überlassenen Gegenstand in das Drittlandsgebiet, kann die Ausfuhr auch durch eine Versandbestätigung nachgewiesen werden. Bei Arbeiten an Binnenschiffen, die gewerblichen Zwecken dienen, an Eisenbahnwagen oder Seetransportbehältern im Drittlandsgebiet ansässiger Auftraggeber kann der Veredeler den Nachweis der Ausfuhr dadurch erbringen, dass er neben dem Namen und der Anschrift des ausländischen Auftraggebers und des Verwenders, wenn dieser nicht Auftraggeber ist, den Namen und den Heimathafen des betreffenden Binnenschiffs bzw. die Nummer des Eisenbahnwagens und das Kennzeichen der im Drittlandsgebiet ansässigen Eisenbahnverwaltung bzw. das Kennzeichen des Seetransportbehälters aufzeichnet. Wird der Nachweis der Einfuhr zum Zwecke der Be- oder Verarbeitung durch Hinweis auf die Belege über die Bezahlung der Eingangsabgaben des Bestimmungslandes geführt, kann dieser Nachweis zugleich als Ausfuhrnachweis angesehen werden (Abschn. 142 UStR).

Die Voraussetzungen für steuerfreie Lohnveredelungen muss der Unternehmer im Inland eindeutig und leicht nachprüfbar buchmäßig nachweisen. Ist der Gegenstand durch mehrere Unternehmer be- oder verarbeitet worden, hat jeder Unternehmer den Buchnachweis (auch hinsichtlich der Einfuhr des Gegenstands oder seines Erwerbs im Gemeinschaftsgebiet zum Zwecke der Be- oder Verarbeitung) zu führen. Der Unternehmer soll regelmäßig aufzeichnen die Art und den Umfang der Lohnveredelung; den Namen und die Anschrift des Auftraggebers; den Tag der Lohnveredelung; das vereinbarte Entgelt oder bei der Istbesteuerung das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung; die Art und den Umfang der Lohnveredelung am be- oder verarbeiteten Gegenstand durch weitere Beauftragte; die Ausfuhr. Auch hier gelten die Besonderheiten des § 13 Abs. 3 und 4 UStDV; s. hierzu Tz. 159. Hinweise in den Büchern auf ordnungsgemäß aufbewahrte Geschäftspapiere genügen, soweit sie erforderliche Angaben enthalten. Zu weiteren Einzelheiten und Beispielen vgl. Abschn. 143 UStR.

Tz. 162 Keine Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr bei Erbringung einer unentgeltlichen sonstigen Leistung für außerunternehmerische Zwecke

§ 7 Abs. 5 UStG

Nach § 7 Abs. 5 UStG gelten die Lohnveredelungstatbestände nicht bei entsprechenden unentgeltlichen sonstigen Leistungen i. S. des § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 2 UStG (vgl. Tz. 63). Damit ist die Steuerbefreiung für unentgeltliche, außerunternehmerischen Zwecken dienende Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr ausgeschlossen. Dies entspricht der bisherigen Besteuerungspraxis beim Eigenverbrauch. Entsprechendes gilt für unentgeltliche Lieferungen i. S. des § 3 Abs. 1b UStG bei Ausfuhrlieferungen (vgl. Tz. 153).

Tz. 163 Steuerfreie Umsätze für die Seeschifffahrt

§ 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG

Steuerfrei nach § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 1 UStG sind die Lieferungen, Umbauten, Instandsetzungen, Wartungen, Vercharterungen und Vermietungen von Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, die dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind, sowie die Besorgung dieser Leistungen. Die Steuerbefreiung erstreckt sich nur auf Umsätze an Unternehmer der Erwerbsseeschifffahrt oder an die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, nicht aber auch auf entsprechende Umsätze auf den vorhergehenden Stufen (Abschn. 145 Abs. 1 UStR). Die für die Steuerbefreiung erforderliche Zweckbestimmung muss im Zeitpunkt des Umsatzes eindeutig gegeben sein. Es wird jedoch bis auf weiteres nicht beanstandet, wenn Unternehmer die Lieferungen von Wasserfahrzeugen i. S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG abweichend von Abschnitt 145 Abs. 1 und Abschnitt 146 Abs. 1 UStR 2008 umsatzsteuerfrei behandeln. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Zweckbestimmung bezüglich der Wasserfahrzeuge gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Zeitpunkt der Lieferung endgültig feststeht und vom Unternehmer nachgewiesen wird (vgl. , BStBl 2008 I S. 294).

Unter den Begriff „Betreiber eines Seeschiffes” in Abschn. 145 Abs. 1 UStR fallen unter Berücksichtigung des gemeinschaftsrechtlichen Umfangs der Befreiung von Umsätzen für die Seeschifffahrt sowohl Reeder als auch Bereederer von Seeschiffen, sofern die Leistungen unmittelbar dem Erwerb durch die Seeschifffahrt dienen. Die Eigentumsverhältnisse sind für die Steuerbefreiung insoweit unerheblich. Eine Zwischenlagerung von Lieferungsgegenständen im Sinne des § 8 Abs. 1 UStG ist ebenfalls unschädlich. Chartervergütungen, die von Linienreedereien geleistet werden, die wiederum Bereederungsverträge mit Reedereien abschließen, sind als Gegenleistung für steuerbefreite Umsätze für die Seeschifffahrt anzusehen. Umsätze, die an von Reederern oder Bereederern beauftragte Agenten bzw. Schiffsmakler ausgeführt werden, fallen dagegen als Umsätze auf einer vorausgehenden Handelsstufe nicht unter die Steuerbefreiung (vgl. , BStBl 2009 I S. 822).

Bei den begünstigten Schiffen muss es sich um Wasserfahrzeuge handeln, die nach ihrer Bauart dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind. Maßgebend ist die zolltarifliche Einordnung. Wegen Beispielen s. Abschn. 145 Abs. 2 UStR. Weitere Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die nach ihrer Bauart begünstigten Wasserfahrzeuge auch tatsächlich ausschließlich oder überwiegend in der Erwerbsseeschifffahrt oder zur Rettung Schiffbrüchiger eingesetzt werden.



Steuerfrei sind Lieferungen (Werklieferungen) von gebrauchten, neuen, unfertigen (z. B. Schiffsrümpfe oder Schiffe ohne Antriebsmaschinen) oder von fertigen Erwerbsseeschiffen (einschließlich der gesamten Ausstattung), Umbauten (z. B. die Verlängerung, Verbreiterung, Aufstockung von Erwerbsseeschiffen, Veränderung der Passagier- oder Laderäume), Instandsetzungen und Wartungen an den begünstigten Schiffen (z. B. Entfernen von Kesselstein, Entrostungsarbeiten, Bituminierungen, Maler- und Reinigungsarbeiten). Der Instandsetzungs- und Wartungsdienst kann sich auch auf eingebaute oder zu diesem Zweck ausgebaute Bestandteile (z. B. Antriebsaggregate, Ruderanlagen) oder auf an Bord mitgeführte Gebrauchsgegenstände erstrecken. Zur Wartung gehört auch die Schiffsreinigung.

Steuerfrei ist die Vercharterung und Vermietung von Erwerbsseeschiffen. Zur Vercharterung rechnen Raumfrachtverträge in der Form der Voll- und Teilcharter oder als Zeit- oder Reisecharter einschließlich der Mitgestellung von Schiffsmannschaft und Ausrüstung sowie der üblichen Nebenleistungen (z. B. Ballastverstauungen). Vermietung ist die entgeltliche Überlassung von unbemannten Erwerbsseeschiffen. Zu der Vercharterung und Vermietung gehören auch die Gestellung von Personal (Schiffsmannschaften) und von Ausrüstungsgegenständen, sofern es sich um Nebenleistungen handelt.

Der Unternehmer hat die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung buchmäßig nachzuweisen (Tz. 167).

Tz. 164 Umsätze zur Ausrüstung und Versorgung von Seeschiffen

§ 8 Abs. 1 Nr. 2–4 UStG

Steuerfrei sind die Lieferung, Instandsetzung, Wartung und Vermietung von Gegenständen, die zur Ausrüstung von Wasserfahrzeugen für die gewerbsmäßig betriebene Seeschifffahrt oder zur Rettung Schiffbrüchiger bestimmt sind. Zu den Gegenständen der Schiffsausrüstung gehören die an Bord eines Schiffs zum Gebrauch mitgeführten (i. d. R. beweglichen) Gegenstände (z. B. optische und nautische Geräte), das Schiffszubehör (z. B. Rettungsboote), Teile von Schiffen und andere Gegenstände, die in ein bereits vorhandenes begünstigtes Wasserfahrzeug eingebaut werden sollen oder die zum Ersatz von Teilen oder zur Reparatur eines bereits vorhandenen begünstigten Seeschiffs bestimmt sind. Zu weiteren Beispielen s. Abschn. 145 Abs. 3 UStR. Nicht begünstigt sind Lieferungen von Schiffsteilen, die für den Bau eines neuen Schiffs verwendet werden sollen. Bei Containern handelt es sich nicht um Schiffsausrüstungsgegenstände, da sie an Bord eines Schiffes nicht zum Gebrauch mitgeführt werden und sie auch kein Schiffszubehör oder Schiffsinventar sind. Die Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 UStG kommt somit für Umsätze mit Containern nicht in Betracht. Die Vermietung (Leasing) von Seetransport-Containern kann aber als Vermietung (Leasing) von Gegenständen angesehen werden, die für den unmittelbaren Bedarf der Schiffsladung bestimmt sind. Dieser Umsatz ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerfrei (s. u. Tz. 165). Auch können das Be- und Entladen, das Lagern und die Reparatur von Seetransport-Containern als Leistungen im Zusammenhang mit Gegenständen angesehen werden, die für den unmittelbaren Bedarf der Schiffsladung bestimmt sind. Diese Umsätze sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerfrei. Dazu gehört insbesondere, dass die Leistungen unmittelbar an den Betreiber eines Seeschiffs oder an die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bewirkt werden.

Steuerfrei ist die Lieferung von Gegenständen, die zur Versorgung von Erwerbsseeschiffen oder von Seenotrettungskreuzern oder -booten bestimmt sind. Als Gegenstände zur Versorgung von Seeschiffen kommen in Betracht technische Verbrauchsgegenstände (z. B. Treibstoffe), sonstige zum Verbrauch durch die Schiffsbesatzung und die Fahrgäste bestimmte Gegenstände (z. B. Proviant), Waren für Schiffsapotheken, Bordkantinen und Bordläden.

Steuerfrei ist die Lieferung von Gegenständen, die zur Versorgung von Kriegsschiffen (ZTNr. 8906 0010) auf Fahrten bestimmt sind, bei denen ein Hafen oder ein Ankerplatz im Ausland und außerhalb des Küstengebiets i. S. des Zollrechts angelaufen werden soll (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 UStG). Diese Voraussetzung dürfte bei der Versorgung ausländischer Kriegsschiffe stets erfüllt sein. Bei der Versorgung von Kriegsschiffen der Bundeswehr ist die Voraussetzung durch einen Bestellschein, der die erforderlichen Angaben enthält, nachzuweisen.

Tz. 165 Andere sonstige Leistungen für den unmittelbaren Bedarf der Seeschifffahrt

§ 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG

Steuerfrei sind andere als die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen, die für den unmittelbaren Bedarf der Seeschiffe (einschließlich ihrer Ausrüstungsgegenstände und ihrer Ladungen) bestimmt sind. Es muss sich dabei um Wasserfahrzeuge handeln, die der Erwerbsseeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger dienen. Zu den anderen sonstigen Leistungen gehören insbesondere die Leistungen der Schiffsmakler, der Havariekommissare, der Schiffsbesichtiger, Güterbesichtiger, der Dispacheure sowie Leistungen, die zum Schleppen, Lotsen und Bergen der Schiffe gehören, sowie sich auf die Schiffe oder ihre Fracht beziehende sog. Crew-Management-Leistungen. Vgl. auch Abschn. 145 Abs. 7 UStR und , BStBl 2002 II S. 257.

Steuerfrei sind Nebenleistungen, die üblicherweise in Verbindung mit den unter § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG fallenden sonstigen Leistungen ausgeführt werden und eine notwendige Ergänzung der Hauptleistung darstellen. Haupt- und Nebenleistungen können auch von verschiedenen Unternehmern bewirkt werden. Vermittlungsleistungen sind nicht begünstigt, sie können aber nach § 4 Nr. 5 UStG steuerfrei sein.

Es wird bis auf Weiteres nicht beanstandet, wenn Unternehmer die Lieferungen von Wasserfahrzeugen i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG abweichend von Abschnitt 145 Abs. 1 und Abschnitt 146 Abs. 1 UStR 2008 umsatzsteuerfrei behandeln. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Zweckbestimmung bezüglich der Wasserfahrzeuge gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Zeitpunkt der Lieferung endgültig feststeht und vom Unternehmer nachgewiesen wird (, BStBl 2008 I S. 294).

Tz. 166 Steuerfreie Umsätze für die Luftfahrt

§ 8 Abs. 2 UStG

Steuerfrei nach § 4 Nr. 2, § 8 Abs. 2 UStG sind bestimmte Umsätze für die Luftfahrt. Voraussetzung ist, dass die Luftfahrzeuge zur Verwendung durch Unternehmer bestimmt sind, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend grenzüberschreitende Beförderungen oder Beförderungen auf ausschließlich im Ausland gelegenen Strecken durchführen (internationaler Luftverkehr). Von diesen Beförderungen sind die Beförderungen zu unterscheiden, die sich ausschließlich auf das Inland erstrecken (Binnenluftverkehr). Die Frage, welcher der beiden Verkehre überwiegt, bestimmt sich nach der Höhe der Entgelte für die Personen- und Güterbeförderungen im Luftverkehr. Vgl. dazu Abschn. 146 Abs. 3 UStR. Bei Luftverkehrsunternehmen mit Sitz im Ausland ist davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihres entgeltlichen Luftverkehrs überwiegend internationalen Luftverkehr betreiben. Bei Luftverkehrsunternehmen mit Sitz im Inland kann diese Voraussetzung als erfüllt angesehen werden, wenn sie in der für den Besteuerungszeitraum maßgeblichen, im BStBl veröffentlichten Liste aufgeführt sind. Die Liste wird jeweils zu Beginn eines Kalenderjahrs neu herausgegeben, soweit bis zu diesem Zeitpunkt Änderungen eingetreten sind (vgl. zuletzt , BStBl 2009 I S. 367). Weitere Verfahrensvorschriften enthält Abschn. 146 Abs. 4 und 5 UStR.

Die Steuerfreiheit entfällt, wenn die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 UStG genannten Leistungen an Unternehmer ausgeführt werden, die nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfreie Beförderungen (Kranken- und Verletztentransporte) durchführen.

Steuerfrei sind folgende Umsätze:

a)

Lieferungen, Umbauten (z. B. Veränderung von Passagier- oder Laderaum), Instandsetzungen (auch der eingebauten Teile), Wartungen, Vercharterungen (Voll-, Zeit-, Fracht-, Reisecharter), Vermietungen (entgeltliche Überlassung zum Gebrauch ohne Besatzung) von Luftfahrzeugen zur Verwendung durch Unternehmer, die überwiegend entgeltlichen internationalen Luftverkehr betreiben;

b)

Lieferungen, Instandsetzungen, Wartungen und Vermietungen von Gegenständen (auch Teile von Flugzeugen), die zur Ausrüstung der o. g. Luftfahrzeuge bestimmt sind. Nicht begünstigt sind Lieferungen von Flugzeugteilen, die für den Bau eines neuen Luftfahrzeugs verwendet werden sollen;

c)

Lieferungen von Gegenständen, die zur Versorgung der begünstigten Luftfahrzeuge bestimmt sind. Das sind insbesondere Treibstoffe, Bordverpflegung, Waren für Flugzeugapotheken u. a. Es ist nicht erforderlich, dass die Gegenstände zur Versorgung eines bestimmten Luftfahrzeugs bestimmt sind;

d)

andere als die in den Buchst. a und b bezeichneten sonstigen Leistungen, die für den unmittelbaren Bedarf der o. g. Luftfahrzeuge (einschließlich ihrer Ausrüstungsgegenstände und ihrer Ladungen) bestimmt sind. Hierher gehören insbesondere die Duldung der Benutzung des Flughafens und seiner Anlagen einschließlich der Erteilung der Start- und Landeerlaubnis; die Umschlagsleistungen (Be- und Entladen von Gütern) auf Flughäfen; das Reinigen von Luftfahrzeugen; die mit dem Flugbetrieb zusammenhängenden sonstigen Leistungen von Luftfahrtunternehmen untereinander (z. B. Schleppen von Flugzeugen eines anderen Unternehmens); die Leistungen der Havariekommissare, soweit sie bei Beförderungen im Luftverkehr anlässlich von Schäden an den Flugzeugen oder ihren Ladungen tätig werden.

Nicht befreit sind sonstige Leistungen, die nur mittelbar dem Bedarf von Luftfahrzeugen dienen, z. B. die Vermittlung von befreiten Umsätzen (vgl. aber § 4 Abs. 5 UStG), die Vermietung von Hallen für Werftbetriebe auf Flughäfen; die Leistungen an eine Luftfahrtbehörde für Zwecke der Luftaufsicht; die Beherbergung und Beköstigung von Besatzungsmitgliedern eines Luftfahrzeugs oder von Passagieren bei Flugunregelmäßigkeiten. Weitere Beispiele enthält Abschn. 146 Abs. 7 UStR. Es wird jedoch bis auf weiteres nicht beanstandet, wenn Unternehmer die Lieferungen von Luftfahrzeugen i. S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UStG abweichend von Abschnitt 145 Abs. 1 und Abschnitt 146 Abs. 1 UStR 2008 umsatzsteuerfrei behandeln. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Zweckbestimmung bezüglich der Luftfahrzeuge gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 UStG im Zeitpunkt der Lieferung endgültig feststeht und vom Unternehmer nachgewiesen wird (vgl. , BStBl 2008 I S.294).

Tz. 167 Buchmäßiger Nachweis bei Umsätzen für die Seeschifffahrt und Luftfahrt

§ 18 UStDV

Bei Umsätzen für die Seeschifffahrt und für die Luftfahrt hat der Unternehmer die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im Inland eindeutig und leicht nachprüfbar buchmäßig nachzuweisen. Der Unternehmer soll regelmäßig aufzeichnen

  • die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstands der Lieferung oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;

  • den Namen und die Anschrift des Leistungsempfängers;

  • den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung;

  • das vereinbarte oder bei der Istbesteuerung das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung;

  • den Zweck, für den der Gegenstand der Lieferung oder der sonstigen Leistung bestimmt ist.

Es genügt der Hinweis auf Urkunden, wenn sich hieraus der Zweck eindeutig und leicht ergibt. In Zweifelsfällen kann der begünstigte Zweck durch eine Bestätigung desjenigen, bei dem er verwirklicht werden soll, nachgewiesen werden. Soll der begünstigte Zweck bei einem Dritten verwirklicht werden, soll auch dessen Name und Anschrift aufgezeichnet sein (Abschn. 147 Abs. 2 UStR).

Bei Reihengeschäften können ausländische Unternehmer in der Reihe den buchmäßigen Nachweis i. d. R. nicht im Geltungsbereich der UStDV erbringen. In diesen Fällen ist zur Vermeidung von Unbilligkeiten das Fehlen des Nachweises nicht zu beanstanden (Abschn. 147 Abs. 3 UStR).

Es wird bis auf Weiteres nicht beanstandet, wenn Unternehmer die Lieferungen von von Luftfahrzeugen i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 UStG abweichend von Abschnitt 145 Abs. 1 und Abschnitt 146 Abs. 1 UStR 2008 umsatzsteuerfrei behandeln. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Zweckbestimmung bezüglich der Luftfahrzeuge gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 UStG im Zeitpunkt der Lieferung endgültig feststeht und vom Unternehmer nachgewiesen wird (, BStBl 2008 I S. 294).

Tz. 168 Steuerbefreiungen nach dem NATO-Truppenstatut

§ 26 Abs. 5 UStG; § 73 UStDV

Nach Art. 67 Abs. 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (NATO-ZAbk, BGBl 1961 II S. 1218; 1998 II S. 1691) sind Leistungen eines Unternehmers an eine in der Bundesrepublik Deutschland stationierte Truppe oder deren ziviles Gefolge steuerfrei, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen vorliegen (vgl. auch , BStBl 2004 I S. 1200, und v. - S 7492, BStBl 2006 I S. 310). Die Steuerbefreiung kann auch für Lieferungen von Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme sowie sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation in Betracht kommen (zu Einzelheiten vgl. , BStBl 2003 I S. 421).

a) Amtliche Beschaffungsstellen oder deutsche Behörden als Auftraggeber

Den Auftrag für die Leistung muss eine amtliche Beschaffungsstelle der Truppe oder eine deutsche Behörde für diese Stellen erteilt haben. Amtliche Beschaffungsstellen sind nur die Dienste und Organisationen, die in der in unregelmäßigen Abständen vom BMF herausgegebenen Liste aufgezählt sind (vgl. zuletzt , BStBl 2008 I S. 383 mit Stand der Liste 1. 2. 2008). Die amtliche Beschaffungsstelle muss an der Begründung der Leistungspflicht mitgewirkt haben. Der Auftrag gilt nur dann als von einer amtlichen Beschaffungsstelle erteilt, wenn er von einem abschlussbevollmächtigten Vertreter unterzeichnet ist. In diesen Fällen stellt die berechtigte Person bei der Beschaffungsstelle einen Antrag mit Angaben zum Unternehmer, zur Leistung und zum Preis.

b) Verwendungszweck der Leistungen an die Truppe

Die Leistungen an die Truppe müssen ausschließlich für den Ge- oder Verbrauch durch die Truppe, ihr ziviles Gefolge, ihre Mitglieder oder deren Angehörige bestimmt sein. Den begünstigten Verwendungszweck bestätigen die Beschaffungsstellen üblicherweise im Abwicklungsschein (Teil 2) oder deutsche Behörden in ihren Bescheinigungen. Das Auftragsschreiben (der Bestellschein) der amtlichen Beschaffungsstelle muss zusätzlich vorliegen, wenn nicht sie, sondern die Empfangsdienststelle Teil 2 des Abwicklungsscheins ausgefüllt hat. Werden andere Belege (z. B. Lieferschein, Rechnungskopie) zum Nachweis des Verwendungszwecks verwendet und ergibt sich die Bestätigung nicht bereits aus dem Auftragsdokument, hat sie der Unternehmer entsprechend vorzubereiten und der auftraggebenden Dienststelle der Truppe zur Bestätigung vorzulegen.

Nicht steuerfrei nach dem NATO-Truppenstatut sind Umsätze unmittelbar an das Mitglied der Truppe oder des zivilen Gefolges oder der im zivilen Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitseinheiten, z. B. Lieferungen von Getränken aus in Klubräumen aufgestellten Automaten (, BStBl 1981 II S. 690). Das gilt auch dann, wenn zwar die amtliche Beschaffungsstelle bei der Erledigung der Formalitäten mitgewirkt, sich aber aufgrund von zusätzlichen schriftlichen Vereinbarungen von jeglichen Rechten und Pflichten aus dem Kaufvertrag oder Reparaturauftrag gegenüber Unternehmer und Mitglied freistellt. Der Umsatz ist dagegen steuerfrei, wenn die amtliche Beschaffungsstelle das Mitglied schriftlich bevollmächtigt hat, das Geschäft in deren Namen und für deren Rechnung abzuschließen, und sie die weitere Abwicklung (u. a. Zahlung des Preises, Ausstellung des Abwicklungsscheins) übernimmt. Die Einzelheiten zu den Umsatzsteuervergünstigungen aufgrund Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk und zu den verschiedenen Beschaffungsverfahren und damit zusammenhängenden Vereinfachungsregelungen ergeben sich aus (BStBl 2004 I S. 1200), v. - S 7492 (BStBl 2006 I S. 310) und v. - S 7492 (BStBl 2008 I S. 630). Vgl. zum Beschaffungsverfahren für den dienstlichen Bedarf der amerikanischen Streitkräfte auch , BStBl 2009 I S. 526.

c) Entgeltberechnung, Zahlung

Der Unternehmer darf in die Preiskalkulation Umsatzsteuer nicht einbeziehen. Er hat in seiner Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis zu bestätigen, dass er für den Umsatz Steuerbefreiung nach dem NATO-ZAbk beansprucht, vom Recht auf Vorsteuerabzug Gebrauch macht und Umsatzsteuer im Preis nicht enthalten ist. Unternehmer, die allgemein Bruttopreise berechnen, müssen die darin enthaltene Umsatzsteuer erkennbar absetzen.

Barzahlungen sind grds. nicht vorgesehen, wobei jedoch bis zu bestimmten Höchstbeträgen, die in den Regelungen über einzelne Beschaffungsverfahren festgelegt sind, aus Vereinfachungsgründen die Steuerbefreiung greift.

Aus Billigkeitsgründen werden die vom Hauptzollamt Hamburg-Jonas gezahlten Erstattungen (zusätzliches Entgelt von dritter Seite) als Zahlungsmittel des Entsendestaats angesehen (, UR 1985 S. 13).

d) Umsätze der fremden Truppen

Nach Art. 67 Abs. 1 NATO-ZAbk unterliegen die Leistungen der im Inland stationierten ausländischen Truppen, soweit sie im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit ausgeführt werden, grds. nicht der Umsatzsteuer. Umsatzsteuerbar sind jedoch die Leistungen, die eine Beteiligung am deutschen Wirtschaftsverkehr darstellen. Eine Beteiligung am deutschen Wirtschaftsverkehr kann vorliegen, wenn eine im Inland stationierte ausländische Truppe nach außen wie ein Unternehmer tätig wird und in Wettbewerb zu anderen Unternehmern tritt. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die im Inland stationierte ausländische Truppe als Organisator und Veranstalter von Konzerten und anderen Veranstaltungen auftritt, die für die Allgemeinheit stattfinden, Eintrittsgelder verlangt werden und entgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen (z. B. Verkauf von Speisen, Getränken, T-Shirts, CDs usw.) an die Konzertbesucher bewirkt werden.

Die in Deutschland stationierten ausländischen Truppen können mit Umsätzen, die als Beteiligung am deutschen Wirtschaftsverkehr anzusehen sind, unter das deutsche Umsatzsteuerrecht fallen. Voraussetzung ist jedoch, dass die betreffende ausländische Truppe die bezeichneten Umsätze im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art ausführt. Diese Voraussetzung ergibt sich aus § 2 Abs. 3 UStG, der auf ausländische Körperschaften des öffentlichen Rechts und damit auch auf ausländische Truppen entsprechend anzuwenden ist.

Tz. 169 Steuerbefreiungen nach dem Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere

Steuerfrei sind Umsätze unmittelbar an die militärischen Dienststellen der NATO-Hauptquartiere. Die in Betracht kommenden Hauptquartiere sind im , BStBl 1999 I S. 967, aufgezählt (vgl. Schreiben v. - S 7493, BStBl 2003 S. 99). Unmittelbare Leistungen an das einzelne Mitglied (Soldat, Zivilperson) sind nicht begünstigt. Den Auftrag muss eine Dienststelle des NATO-Hauptquartiers oder eine deutsche Behörde für das NATO-Hauptquartier erteilen. Deutsche Behörden werden grds. bei der Durchführung von Baumaßnahmen, der Begründung von Nutzungsrechten sowie bei Lieferungen von Energie, Treibstoff und anderen Gegenständen an die Bundeswehr eingeschaltet, soweit sie von deutschen Stellen an die Hauptquartiere weitergegeben werden. Ist im Zeitpunkt der Lieferung an die deutsche Behörde ungewiss, ob sie die Gegenstände an die Hauptquartiere abgeben wird, darf der Unternehmer hierfür zunächst Umsatzsteuer berechnen. Er hat seine Rechnung nachträglich zu berichtigen, sobald ihm die Behörde bescheinigt, dass bzw. in welchem Umfang die Gegenstände den Hauptquartieren zugeleitet wurden. Werden Baumaßnahmen von mehreren Kostenträgern (z. B. SHAPE und Bundesrepublik) finanziert, ist nur der Teil des Umsatzes steuerfrei, der auf den Fremdkostenanteil (von SHAPE) entfällt.

Die Umsätze an die Hauptquartiere müssen ausschließlich zum Ge- oder Verbrauch ihrer Dienststellen, ihres Militärpersonals, ihres zivilen Gefolges einschließlich der Angehörigen bestimmt sein. Den begünstigten Verwendungszweck bestätigen die Hauptquartiere grds. in Teil 2 des Abwicklungsscheins oder die deutschen Behörden in der vorgeschriebenen Bescheinigung.

Umsätze der NATO-Hauptquartiere im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit sind steuerfrei, soweit sie sich nicht als eine Beteiligung am deutschen Wirtschaftsverkehr darstellen. Eine solche Beteiligung ist nicht gegeben bei Umsätzen der Hauptquartiere an ihr Personal und dessen Angehörige, z. B. Verkauf von Waren in ihren Messen, Bars, Kantinen.

Tz. 170 Steuerbefreiungen nach dem Offshore-Steuerabkommen

Steuerfrei sind Lieferungen und sonstige Leistungen an Stellen der USA und an Stellen anderer von den Vereinigten Staaten bezeichneter Regierungen, Art. III Nr. 1 des Offshore-Steuerabkommens (OffshStA, BGBl 1955 II S. 823). Unbeachtlich ist, ob eine Ausfuhr tatsächlich stattfindet oder nicht. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

a)

Die Leistungen müssen an Stellen der USA bewirkt worden sein. Das sind Dienststellen, die ermächtigt sind, Rechtsgeschäfte im Namen der USA mit bindender Wirkung für die USA abzuschließen. Die Aufträge vergibt i. d. R. ein „gehörig” beauftragter Vertreter einer im Inland oder Ausland belegenen Beschaffungsstelle.

b)

Die Entgelte für diese Leistungen müssen Verteidigungsausgaben (Art. II OffshStA) der USA sein. Das sind Ausgaben von Haushaltsmitteln, die von den USA für Ausrüstung, Materialien, Einrichtungen oder Leistungen für die gemeinsamen Verteidigungsbemühungen geleistet werden.

c)

Der Unternehmer muss seine Entgelte ohne Umsatzsteuer berechnen.

d)

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung müssen i. S. des § 73 UStDV nachgewiesen sein.

Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug tritt nach § 15 Abs. 3 UStG nicht ein. Zu den weiteren Voraussetzungen der Steuerbefreiung vgl. , BStBl 1968 I S. 997. Zur Steuerbefreiung der Vermietung von Wohnräumen an die amerikanischen Streitkräfte vgl. , BStBl 1991 I S. 964.

Tz. 171 Beleg- und Buchnachweis nach dem NATO-Truppenstatut, dem Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere und nach dem Offshore-Steuerabkommen

§ 73 UStDV

Der Unternehmer hat die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von Umsätzen nach dem NATO-ZAbk, dem Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere und nach dem Offshore-Steuerabkommen buch- und belegmäßig nachzuweisen. Diese Nachweise sind materiell-rechtliche Voraussetzungen der Steuerbefreiung.

Hat der Unternehmer den Auftrag zur Lieferung oder zur Ausführung einer sonstigen Leistung unmittelbar von einer amtlichen Beschaffungsstelle erhalten, muss er den Nachweis grds. durch eine Bescheinigung dieser Stelle nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Abwicklungsschein) führen. Der Unternehmer muss Teil 1 des Abwicklungsscheins ausfüllen. In Teil 2 bestätigt die Beschaffungsstelle den Empfang der Leistung und bescheinigt darin die Zahlung. Der Unternehmer darf in Teil 1 mehrere Umsätze für höchstens einen Monat zusammenfassen. Das Finanzamt kann auf die bezeichnete Bescheinigung verzichten, wenn die vorgeschriebenen Angaben aus anderen Belegen und aus den Aufzeichnungen des Unternehmers eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sind (§ 73 Abs. 3 UStDV). Hierdurch soll den Besonderheiten bei bestimmten Verträgen besser Rechnung getragen werden können. Der Unternehmer kann den Abwicklungsschein oder die ihm gleichwertigen Belege noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht über eine Klage gegen die erstmalige Steuerfestsetzung oder den Berichtigungsbescheid vorlegen.

Hat die Lieferung oder sonstige Leistung eine deutsche Behörde für eine amtliche Beschaffungsstelle in Auftrag gegeben, muss der Unternehmer die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung durch eine Bescheinigung dieser Behörde nachweisen. Der Nachweis beschränkt sich auf die anteilige Steuerbefreiung bei Beschaffungs- und Baumaßnahmen, die von deutschen Behörden durchgeführt und von den Entsendestaaten oder den Hauptquartieren nur zum Teil finanziert werden.

Der Unternehmer muss die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im Inland zusätzlich buchmäßig nachweisen (§ 73 Abs. 2 UStDV). Sie müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus den Aufzeichnungen zu ersehen sein. In den Aufzeichnungen ist auf die Belege (Abwicklungsschein, sonstige Geschäftspapiere, Bescheinigung einer deutschen Behörde) hinzuweisen.

Tz. 172 Innergemeinschaftliche Lieferung

§ 6a Abs. 1 UStG

Lieferungen an Abnehmer in den anderen EG-Mitgliedstaaten sind steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG zu den Voraussetzungen und zur Anwendung der Steuerbefreiung vgl. ausführlich , BStBl 2009 I S. 60). Die Erwerbsbesteuerung im Empfängerland bewirkt, dass Waren mit der Steuer des Lands belastet werden, in dem sie verbraucht werden (Bestimmungslandprinzip). Im Herkunftsland bleibt die Ware ohne Belastung mit Umsatzsteuer, da der liefernde Unternehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist (§ 15 Abs. 3 UStG).

Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung:

a)

Geliefert wird ein Gegenstand. Vgl. dazu Abschn. 24 Abs. 1 UStR.

b)

Die Lieferung führt ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens aus. Der Unternehmer darf kein Kleinunternehmer i. S. des § 19 Abs. 1 UStG sein. Nur für die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs ist auch ein Kleinunternehmer Lieferer. Nach § 2a UStG werden selbst Privatpersonen bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet wie Unternehmer behandelt.

c)

Die Lieferung erfolgt entgeltlich.

d)

Der Gegenstand der Lieferung wird durch den Unternehmer oder den Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Der Gegenstand muss also vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangen. Nicht erforderlich ist, dass der Abnehmer ein ausländischer Abnehmer i. S. des § 6 Abs. 2 UStG ist. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt z. B. auch dann vor, wenn bei einer Lieferung eines im Inland ansässigen Unternehmers an einen inländischen Abnehmer der Gegenstand an die in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte des inländischen Abnehmers versendet wird.

e)

Der Ort der Lieferung ist im Inland. Wird eine Lieferung im Ausland ausgeführt, ist das deutsche UStG nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 7 UStG liegt in den Fällen, in denen der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet wird, der Ort der Lieferung im Inland, wenn sich der Gegenstand zurzeit der Verschaffung der Verfügungsmacht im Inland befindet. Versendet oder befördert der Unternehmer oder der Abnehmer bzw. ein von ihm beauftragter Spediteur den Liefergegenstand im Inland, ist der Ort der Lieferung im Inland (§ 3 Abs. 6 UStG; Beginn der Beförderung oder Versendung). Bei Montagelieferungen in einem anderen Mitgliedstaat durch einen inländischen Unternehmer ist der Ort der Lieferung dort, wo das fertige Werk montiert wird. Weitere Einzelheiten enthält Abschn. 30 UStR. Die Versandhandelsregelung (§ 3c UStG; Tz. 84) geht § 3 Abs. 6 und 7 UStG als lex specialis vor.

f)

Der Abnehmer ist ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG). Zu diesem Kreis gehören nicht nur Unternehmer, die in den anderen EG-Mitgliedstaaten der Regelbesteuerung unterliegen, sondern auch Kleinunternehmer, pauschalierende Landwirte und Unternehmer mit ausschließlich steuerfreien Umsätzen. Der inländische Lieferer kann i. d. R. von der Unternehmereigenschaft des Abnehmers und der unternehmerischen Verwendung des Gegenstands ausgehen, wenn der Abnehmer unter Angabe seiner ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer einen Gegenstand erwirbt und sich aus der Art und Menge der erworbenen Gegenstände keine Zweifel an der unternehmerischen Verwendung ergeben. Ggf. kann sich der Lieferer die Gültigkeit der ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bestätigen lassen (§ 18e UStG; Tz. 273). Zu Lieferungen an Abnehmer mit ungültiger Umsatzsteuer-Identifikationsnummer s. (UR 1996 S. 275). Von der Unternehmereigenschaft des Abnehmers kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn dieser gegenüber dem liefernden Unternehmer mit einer ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilten, im Zeitpunkt der Lieferung gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) auftritt. Nicht ausreichend ist es, wenn die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. im Zeitpunkt des Umsatzes vom Abnehmer lediglich beantragt wurde. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer muss vielmehr im Zeitpunkt des Umsatzes von der zuständigen Behörde zugeteilt worden sein.

Der Abnehmer ist eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist bzw. nicht für ihr Unternehmen erwirbt (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG). Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt nur dann vor, wenn die juristische Person im anderen Mitgliedstaat die Erwerbsbesteuerung vornimmt. Davon kann der inländische Lieferer ausgehen, wenn die juristische Person unter Angabe ihrer ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer einkauft.

Bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs kann der Abnehmer Unternehmer oder Nichtunternehmer sein (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG). Die Lieferung eines neuen Fahrzeugs an einen Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat unterliegt in jedem Fall der Erwerbsbesteuerung und kann daher im Inland als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt werden (vgl. Tz. 28).

g)

Der Erwerb des Gegenstands unterliegt beim Abnehmer in einem anderen EG-Mitgliedstaat der Umsatzbesteuerung (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Davon kann der liefernde Unternehmer ausgehen, wenn der Abnehmer unter Angabe seiner ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Waren erwirbt. Der Unternehmer muss diese Nummer in seiner Rechnung angeben (§ 14a Abs. 2 UStG) und in seine Zusammenfassende Meldung aufnehmen (§ 18a Abs. 4 UStG). Nicht in Betracht kommt die Steuerbefreiung, wenn der Erwerber zu einem bestimmten Personenkreis gehört und bei ihm der innergemeinschaftliche Erwerb nicht der Umsatzsteuer unterliegt (z. B. Kleinunternehmer oder pauschalierende Landwirte, deren maßgebliche Erwerbsschwelle nicht überschritten ist oder die nicht zur Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland optiert haben). Die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist erfüllt, wenn der Abnehmer gegenüber dem liefernden Unternehmer mit einer ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilten, im Zeitpunkt der Lieferung gültigen USt-IdNr. auftritt (vgl. NWB IAAAB-20516). Hiermit gibt der Abnehmer zu erkennen, dass er den Gegenstand steuerfrei erwerben will, weil der Erwerb im anderen Mitgliedstaat den dortigen Besteuerungsvorschriften unterliegt. Es ist nicht erforderlich, dass der Erwerb des Gegenstands dort tatsächlich besteuert wird: Die Voraussetzung, dass der Erwerb des Gegenstands der Erwerbsbesteuerung unterliegt, ist auch erfüllt, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb im anderen Mitgliedstaat steuerfrei ist oder dem sog. Nullsatz (Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzug) unterliegt. Die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG ist vom Unternehmer durch Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers nachzuweisen. Ein weitergehender Nachweis kann vom Unternehmer nicht verlangt werden. Insbesondere hat der Unternehmer nicht nachzuweisen, dass der Erwerber des Gegenstands die Erwerbsbesteuerung tatsächlich durchführt bzw. für den Erwerb Umsatzsteuer entrichtet hat (vgl. auch , BStBl 1996 I S. 458). Allerdings erfordert der Gesetzeszweck des § 6a UStG den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung (vgl. , BStBl 2007 II S. 420).

Eine innergemeinschaftliche Lieferung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gegenstand vor der Beförderung oder Versendung in einen anderen Mitgliedstaat durch Beauftragte be- oder verarbeitet worden ist.

Der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands ist erst dann bewirkt und die Befreiung der korrespondierenden innergemeinschaftlichen Lieferung ist erst dann anwendbar, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Liefergegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist und der liefernde Unternehmer nachweist, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist und aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat (vgl. , Teleos und andere NWB PAAAC-64301). Hat der Empfänger einer innergemeinschaftlichen Lieferung (Abnehmer) im Bestimmungsmitgliedstaat in seiner Mehrwertsteuererklärung den Erwerb des Gegenstands als innergemeinschaftlichen Erwerb erklärt, kann dies nur ein zusätzliches Indiz dafür sein, dass der Liefergegenstand tatsächlich das Inland physisch verlassen hat. Ein maßgeblicher Anhaltspunkt für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist dies jedoch nicht.

Tz. 173 Unternehmensinternes Verbringen eines Gegenstands als innergemeinschaftliche Lieferung

§ 6a Abs. 2 UStG

Einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt und damit steuerfrei ist das unternehmensinterne Verbringen eines Gegenstands aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung (vgl. § 3 Abs. 1a UStG; Tz. 49). Die Steuerbefreiung schließt den Vorsteuerabzug nicht aus (§ 15 Abs. 3 UStG). Der Gegenstand gelangt also unbelastet von deutscher Umsatzsteuer in einen anderen Mitgliedstaat und wird dort im Wege der Erwerbsbesteuerung belastet. Der verbringende Unternehmer ist im Inland Lieferer und gleichzeitig im Bestimmungsland Erwerber, muss sich also dort registrieren lassen und eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen.

Ein Verbringen (Befördern, Versenden) setzt voraus, dass der Unternehmer über den Gegenstand, der im Inland bereits dem Unternehmen zugeordnet war, bei der Beendigung des Beförderns oder Versendens Verfügungsmacht hat. Das ist nicht der Fall, wenn der Gegenstand durch eine Lieferung i. S. des § 6a Abs. 1 UStG in den anderen Mitgliedstaat gelangt, da dem Abnehmer nach § 3 Abs. 6 UStG bereits im Inland Verfügungsmacht verschafft wird. Der Gegenstand muss in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangen, um dort auf Dauer verwendet zu werden. Das ist z. B. dann der Fall, wenn Waren vom Inland in einen in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Unternehmensteil eines inländischen Unternehmens befördert werden, um von dort aus verkauft zu werden (Konsignationslager, Ersatzteillager). Nicht erforderlich ist, dass dieser Unternehmensteil die Voraussetzungen einer Betriebsstätte i. S. des § 12 AO erfüllt. Ein Verbringen liegt auch dann vor, wenn die Gegenstände im anderen Mitgliedstaat als Anlagevermögen behandelt (z. B. Büroschränke, EDV-Anlage) oder unternehmensintern ge- oder verbraucht werden (z. B. Ersatzteile).

Das Verbringen zu einer nur vorübergehenden Verwendung gilt nicht als innergemeinschaftliche Lieferung. Ein Verbringen liegt daher nicht vor, wenn die Verwendung des Gegenstands ihrer Art nach vorübergehend oder befristet ist. Die in diesem Zusammenhang anwendbaren zoll- und einfuhrumsatzsteuerrechtlichen Vorschriften legen die Befristung auf 24 Monate fest. Einzelheiten und Beispiele enthält Abschn. 15b Abs. 12 UStR.

Es besteht keine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung i. S. des § 14a UStG. Allerdings hat der inländische Unternehmensteil einen Beleg für den ausländischen Unternehmensteil auszustellen, der eine Aufstellung der verbrachten Gegenstände, die Bemessungsgrundlagen und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ausländischen Unternehmensteils enthält (sog. Pro-forma-Rechnung). Ausländische Unternehmer, bei denen in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 8 UStG aus Vereinfachungsgründen ein innergemeinschaftliches Verbringen von Gegenständen anzunehmen ist, haben in der Rechnung an den Abnehmer ihre inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu vermerken.

Tz. 174 Nachweis der Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung

§§ 17a17c UStDV

Der Unternehmer hat die Voraussetzungen für die innergemeinschaftliche Lieferung bzw. für die als innergemeinschaftliche Lieferung fingierten Tatbestände nachzuweisen (§ 6a Abs. 3 UStG). Die Nachweispflichten sind allerdings keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Der Belegnachweis nach § 6a Abs. 3 UStG i. V. mit § 17a UStDV unterliegt der Nachprüfung. Sind die Belegangaben unzutreffend oder bestehen an der Richtigkeit der Angaben begründete Zweifel, die der Unternehmer nicht nach allgemeinen Beweisgrundsätzen ausräumt, ist die Lieferung steuerpflichtig, sofern nicht die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG vorliegen (vgl. ). Ein CMR-Frachtbrief ist auch dann ein Versendungsbeleg, wenn er keine Bestätigung über den Warenempfang am Bestimmungsort enthält (vgl. , entgegen , BStBl I 2009 S. 60, Rz. 38).

In Beförderungs- und Versendungsfällen muss sich aus Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 17a Abs. 1 UStDV). Die Anforderungen an diesen Nachweis stimmen weitgehend mit den Regelungen für den Nachweis bei Ausfuhrlieferungen überein. Vgl. dazu Tz. 154 ff. Belege zum Nachweis einer Beförderung oder Versendung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen i.S. von § 17a UStDV müssen entweder selbst oder in Verbindung mit anderen Unterlagen den Namen und die Anschrift ihres Ausstellers erkennen lassen (vgl. ). In Beförderungsfällen soll der Nachweis geführt werden durch das Doppel der Rechnung; durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere durch den Lieferschein; durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie – bei der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer – durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern (§ 17a Abs. 2 UStDV). Zwar ist § 17a Abs. 2 UStDV eine Sollvorschrift. Dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der in Absatz 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege erbracht werden kann (, BStBl 2007 II S. 420; vgl. auch NWB CAAAC-42139).

Der BFH hat zu der EuGH-Rechtsprechung in seinen Urteilen v. - V R 26/05 (BStBl 2009 II S. 49), v. - V R 71/05 NWB FAAAC-75297, v. - V R 72/05 (BStBl 2009 II S. 55) und v. - V R 59/03 (BStBl 2009 II S. 57) insbesondere ausgeführt:

  • Die Verpflichtung des Unternehmers nach § 6a Abs. 3 UStG, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV nachzuweisen (insbesondere durch Belege, dass der liefernde Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat), ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

  • Der Unternehmer muss die Identität des Abnehmers einer angeblichen innergemeinschaftlichen Lieferung z. B. durch Kaufverträge und Vollmachten nachweisen. Hierfür reicht die Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht aus.

  • Der Unternehmer hat im Rahmen des § 17a Abs. 1 UStDV leicht und einfach nachprüfbar nachzuweisen, dass die Beförderung oder Versendung durch den Unternehmer oder Abnehmer erfolgt ist. Hierzu gehört der Nachweis, dass ein für den Abnehmer Handelnder dessen Beauftragter ist.

  • Der Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung muss für jeden einzelnen Umsatz erbracht werden.

  • Die Nachweispflichten des Unternehmers sind keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und der §§ 17a, 17c UStDV bestimmen vielmehr lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat (Änderung der Rechtsprechung).

  • Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nach, ist grds. davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 UStG) nicht erfüllt sind.

  • Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die erforderlichen Nachweise nicht entsprechend §§ 17a, 17c UStDV erbracht hat.

Zu den Voraussetzungen und zur Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anwendung dieser Rechtsprechung vgl. ausführlich , BStBl 2009 I S. 60. Dem Beleg- und Buchnachweis kommt nur vorläufiger Beweischarakter zu (vgl. und v. - V R 65/06). Zwar ist der Unternehmer berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln, wenn ihm der erforderliche Beleg- und Buchnachweis vorliegt. Die durch den Unternehmer beizubringenden Nachweise unterliegen jedoch der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung. Wird dabei die Unrichtigkeit von Beleg- oder Buchangaben festgestellt oder bestehen zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, entfällt die dem Beleg- und Buchnachweis zukommende Vermutung, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Die Lieferung ist dann nur steuerfrei, wenn die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv feststehen oder der Unternehmer die Lieferung trotz einer Täuschung durch den Abnehmer gutgläubig in Anspruch genommen hat. Der Umfang der den Unternehmer treffenden Verpflichtungen ergibt sich abschließend aus der UStDV. Die Finanzverwaltung ist danach nicht befugt, die Bestimmungen der UStDV um weitere Voraussetzungen zu verschärfen, deren Fehlen für sich allein die Annahme berechtigt, Ausfuhrlieferungen (und innergemeinschaftliche Lieferungen) seien bereits mangels Beleg- und Buchnachweis umsatzsteuerpflichtig. Holt z. B. ein vom Abnehmer Beauftragter die Ware beim Unternehmer im Inland zum Transport in das Ausland ab, ist der Unternehmer mangels gesetzlicher Anordnung in der UStDV nicht generell verpflichtet, die Abholberechtigung eines Beauftragten belegmäßig nachzuweisen. Weitergehende Nachweispflichten bestehen für den Unternehmer aber, wenn an der Steuerfreiheit der Lieferung im Einzelfall begründete Zweifel bestehen.

Grds. hat allein der Unternehmer die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerbefreiung zu tragen. Die Finanzverwaltung ist nicht an seiner Stelle verpflichtet, die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachzuweisen. Insbesondere ist die Finanzverwaltung nicht verpflichtet, auf Verlangen des Unternehmers ein Auskunftsersuchen an die Finanzverwaltung im Zuständigkeitsbereich des vermeintlichen Abnehmers der innergemeinschaftlichen Lieferung zu stellen. Kann der Unternehmer den beleg- und buchmäßigen Nachweis nicht, nicht vollständig oder nicht zeitnah führen, ist deshalb grds. davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 und 2 UStG) nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn – trotz der Nichterfüllung, der nicht vollständigen oder der nicht zeitnahen Erfüllung des Buchnachweises – aufgrund der vorliegenden Belege und der sich daraus ergebenden tatsächlichen Umstände objektiv feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 UStG vorliegen. Damit kann ein zweifelsfreier Belegnachweis Mängel beim Buchnachweis heilen. Sind Mängel im Buch- und/oder Belegnachweis festgestellt worden und hat das Finanzamt z. B. durch ein bereits erfolgtes Auskunftsersuchen an den Bestimmungsmitgliedstaat die Kenntnis erlangt, dass der Liefergegenstand tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist, ist auch diese Information in die objektive Beweislage einzubeziehen. Der Unternehmer ist nicht von seiner grundsätzlichen Verpflichtung entbunden, den Beleg- und Buchnachweis vollständig und rechtzeitig zu führen. Nur unter dieser Voraussetzung kann der Unternehmer die Vertrauensschutzregelung nach § 6a Abs. 4 UStG in Anspruch nehmen.

Im Fall der Beförderung durch den Abnehmer kann der Belegnachweis nur durch eine schriftliche Versicherung des Abnehmers geführt werden. Mit einer erst nach Ausführung einer Lieferung erstellten falschen schriftlichen Bestätigung des Abnehmers über die Beförderung kann der Lieferer den Belegnachweis nicht erbringen. Es entspricht auch nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 6a Abs. 4 UStG), in einem solchen Fall die Steuerbefreiung in Anspruch zu nehmen, ohne die schriftliche Versicherung des Abnehmers über die Beförderung des Gegenstands in einen anderen Mitgliedstaat zu besitzen (, BStBl 2003 II S. 616). Hat ein Unternehmer innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeführt und den nach § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG 1999, § 17c UStDV erforderlichen Buchnachweis rechtzeitig und vollständig erbracht, kann der nach § 17a UStDV erforderliche Belegnachweis bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht nachgeholt werden (vgl. , BStBl 2006 II S. 634). Aus der nach § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV genannten Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (die eine mit Datum und Unterschrift des Abnehmers versehene Unterzeichnung enthalten muss) oder der Versicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV muss erkennbar sein, wer der Abnehmer der Lieferung ist, bzw. die Verbindung zwischen Abnehmer (bzw. dessen Vertretungsberechtigten, z. B. Geschäftsführer) und einem etwaigen Beauftragten hervorgehen. Die Identität des Abnehmers kann insbesondere mittels einer Passkopie des Abnehmers oder des etwaigen Vertretungsberechtigten bzw. des Beauftragten belegt werden. Beim Auftreten von Vertretungsberechtigten sind zum Nachweis der Vertretungsberechtigung zusätzliche Belege (z. B. aktueller Handelsregisterauszug) notwendig.

Befördert der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (sog. Abholfall), muss sich aus den Belegen leicht und einfach nachprüfbar entnehmen lassen, dass der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördern wird oder befördert hat. Die entsprechende Versicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV muss schriftlich und in deutscher Sprache erfolgen. Eine mündliche Versicherung reicht nicht aus. Die Versicherung muss insbesondere eine – mit Datum versehene – Unterschrift des Abnehmers bzw. dessen Vertretungsberechtigten enthalten oder mit der Unterschrift eines unselbständigen Beauftragten versehen sein. Die Unterschrift muss ggf. einen Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie des Abnehmers (bzw. dessen Vertretungsberechtigten oder des unselbständigen Beauftragten) ermöglichen. In den Fällen, in denen ein vom Abnehmer Beauftragter den Liefergegenstand abholt, muss sich aus der Versicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV oder der Empfangsbestätigung nach § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV ergeben, dass dieser tatsächlich Beauftragter des Abnehmers ist und es muss ein Bezug zu der Lieferung bzw. zu dem Liefergegenstand, für den die Abholvollmacht erteilt wird, erkennbar sein. In diesem Fall muss die Empfangsbestätigung nach § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV oder die Versicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV eine – mit Datum versehene – Unterschrift des Beauftragten enthalten. Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung des Abholenden ist nicht für einen i.S. des § 17a Abs. 1 und 2 UStDV ordnungsgemäßen Belegnachweis erforderlich (vgl, , entgegen , BStBl I 2009 S. 60 Rz 29 und 32). Davon zu unterscheiden ist die Nachprüfbarkeit der Abholberechtigung durch das Finanzamt bei Vorliegen konkreter Zweifel im Einzelfall. Nicht ausreichend ist die Vorlage einer allgemeinen Vollmacht, die den Beauftragten des Abnehmers berechtigt, in dessen Namen Waren in Empfang zu nehmen und in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern; dabei ist es unerheblich, ob die Vollmacht datiert oder undatiert ist. Die Vollmacht muss eine Unterschrift des Abnehmers bzw. seines Vertretungsberechtigten enthalten, die den Vergleich mit der Unterschrift auf der Passkopie ermöglicht. Außerdem muss sich aus der Versicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV oder der Empfangsbestätigung nach § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV ergeben, dass der Abnehmer den Beauftragten mit der Beförderung des Liefergegenstands im Rahmen der Lieferung an den Abnehmer (und nicht im Rahmen einer Lieferung an einen nachfolgenden Abnehmer in einem Reihengeschäft) beauftragt hat.

Der Gesetzeszweck des § 6a UStG erfordert den Nachweis des Bestimmungsorts der innergemeinschaftlichen Lieferung um sicherzustellen, dass der gemeinschaftliche Erwerb in dem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das Finanzgericht (vgl. , BStBl 2007 II S. 420). Der Begriff „Bestimmungsort” in § 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV ist dahingehend zu verstehen, dass aus den Belegen der jeweilige EU-Mitgliedstaat, in den der gelieferte Gegenstand befördert werden soll oder befördert wird, und der dort belegene Bestimmungsort des Liefergegenstands (z. B. Stadt, Gemeinde) hervorgehen. Eine Angabe wie z. B. „Aus Deutschland ausgeführt und nach Österreich verbracht” ist unzureichend, wenn der Bestimmungsort in dem anderen Mitgliedstaat nicht genannt ist. Mit einer Bescheinigung des Kraftfahrt-Bundesamtes, wonach ein vorgeblich innergemeinschaftlich geliefertes Fahrzeug nicht in Deutschland für den Straßenverkehr zugelassen ist, kann der Nachweis, dass ein Fahrzeug das Inland verlassen hat bzw. in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert worden ist, nicht geführt werden. Die Risiken hinsichtlich der Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung, die sich daraus ergeben, dass der Lieferer die Beförderung oder Versendung der Sache dem Erwerber überlässt, trägt grds. der liefernde Unternehmer. So kann der Unternehmer nicht einwenden, er habe z. B. als Zwischenhändler in einem Reihengeschäft ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran, den endgültigen Bestimmungsort des Liefergegenstands nicht anzugeben, um den Endabnehmer nicht preisgeben zu müssen, zumal die Regelungen über die Nachweise bei der Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen keine Sonderregelungen für Reihengeschäfte vorsehen. Auch ein Einwand des liefernden Unternehmers, dass er im Falle der Beförderung oder Versendung durch den Abnehmer in einem Reihengeschäft keine verlässlichen Angaben über den Bestimmungsort des Gegenstands machen könne, weil dieser ihm nur bekannt sein könne, wenn er selbst den Transportauftrag erteilt habe, greift nicht durch

Bei der Beförderung des Gegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet im gemeinschaftlichen Versandverfahren nach der VO (EWG) Nr. 2726/90 des Rates v. (ABl EG Nr. L 262 S. 1), z. B. Lieferung eines Gegenstands vom Inland über die Schweiz nach Italien, kann der Nachweis abweichend von § 17a Abs. 2 UStDV geführt werden durch

  • eine Bestätigung der Abgangsstelle (im Inland) über die innergemeinschaftliche Lieferung, die nach Eingang des Rückscheins erteilt wird, sofern sich daraus die Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet ergibt, oder

  • durch eine Abfertigungsbestätigung der Abgangsstelle (im Inland) in Verbindung mit einer Eingangsbescheinigung der Bestimmungsstelle im übrigen Gemeinschaftsgebiet (§ 17a Abs. 3 UStDV).

In den Fällen der Versendung des Gegenstands durch den Unternehmer oder den Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet soll der Unternehmer den Nachweis führen durch das Doppel der Rechnung und durch einen Beleg nach § 10 Abs. 1 UStDV (§ 17a Abs. 4 UStDV). Ist es dem Unternehmer nicht möglich oder nicht zumutbar, den Versendungsnachweis nach § 17a Abs. 4 Satz 1 UStDV zu führen, kann der Nachweis auch wie in Beförderungsfällen nach § 17a Abs. 2 oder 3 UStDV geführt werden (§ 17a Abs. 4 Satz 2 UStDV). Der Unternehmer hat die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit nachzuweisen. Als Nachweis kann in diesen Fällen regelmäßig auch der sog. CMR-Frachtbrief anerkannt werden, selbst wenn seine Funktion grds. nur im Nachweis des Beförderungsvertrags und der Übernahme des Gutes durch den Frachtführer besteht. Die Anerkennung des CMR-Frachtbriefs als belegmäßiger Nachweis setzt allerdings voraus, dass sich aus dem CMR-Frachtbrief die grenzüberschreitende Warenbewegung in den Bestimmungsmitgliedstaat ergibt. Der CMR-Frachtbrief muss grundsätzlich vollständig ausgefüllt sein und es muss die tatsächliche Übergabe des Liefergegenstands an den Abnehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet ersichtlich sein. Es kommt jedoch nicht darauf an, ob der Frachtbrief die in Feld 24 vorgesehene Empfängerbestätigung enthält (vgl. , entgegen , BStBl I 2009 S. 60 Rz. 38).

Wird der Gegenstand der innergemeinschaftlichen Lieferung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen selbständigen Beauftragten be- oder verarbeitet (§ 6a Abs. 1 Satz 2 UStG), soll der Nachweis durch Belege nach § 17a UStDV geführt werden, die zusätzlich die in § 11 Abs. 1 Nr. 1–4 UStDV bezeichneten Angaben enthalten (§ 17b UStDV). Ist der Gegenstand durch mehrere Beauftragte bearbeitet oder verarbeitet worden, müssen sich die Angaben nach § 11 Abs. 1 UStDV auf die Be- oder Verarbeitungen eines jeden Beauftragten erstrecken.

Der Unternehmer muss die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 6a Abs. 1 und 2 UStG sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen (§ 17c Abs. 1 UStDV). Dazu soll er nach § 17c Abs. 2 UStDV aufzeichnen

  • den Namen und die Anschrift des Abnehmers,

  • den Namen und die Anschrift des Beauftragten des Abnehmers bei einer Lieferung, die im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise erfolgt,

  • den Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers,

  • die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des Gegenstands der Lieferung,

  • den Tag der Lieferung,

  • das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung,

  • die Art und den Umfang einer Be- oder Verarbeitung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (§ 6a Abs. 1 Satz 2 UStG),

  • die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet,

  • den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet.

Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten zur EU am bzw. dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens am wird die fehlende Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Abnehmers in den Beitrittstaaten unter den folgenden Voraussetzungen nicht beanstandet (vgl. , BStBl 2004 I S. 480, und , BStBl 2007 I S. 208):

  • Die Lieferung wird nach dem und vor dem ausgeführt.

  • Die Lieferung erfolgt nicht im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise (vgl. § 17c Abs. 2 Nr. 2 UStDV).

  • Die außer der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach den §§ 17a–17c UStDV erforderlichen Nachweise für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung liegen vor.

  • Der Abnehmer gibt gegenüber dem Unternehmer die schriftliche Erklärung ab, dass er die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragt hat und dass die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen.

  • Die zunächst fehlende Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers wird nachgeholt.

Im Übrigen ist die Durchführung des (einfachen oder qualifizierten) Bestätigungsverfahrens nicht materiell-rechtliche Voraussetzung für den buchmäßigen Nachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Das Bestätigungsverfahren dient dem Unternehmer insbesondere in den Fällen, in denen Geschäftsbeziehungen aufgenommen werden oder Zweifel an der Gültigkeit einer erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bestehen, als Anhaltspunkt dafür, dass die jeweilige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dem Abnehmer erteilt wurde. Für vor dem ausgeführte Lieferungen wird eine fehlende qualifizierte Bestätigung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Abnehmers in den neuen Beitrittstaaten nicht zu Lasten des Unternehmers berücksichtigt, wenn im Übrigen alle sonstigen Sorgfaltspflichten erfüllt wurden und der Unternehmer auch nachweist, dass er die Bestätigungsanfrage vor Ausführung der Lieferung beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gestellt hat.

In den einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellten Verbringensfällen soll der Unternehmer aufzeichnen (§ 17c Abs. 3 UStDV):

  • die handelsübliche Bezeichnung und die Menge des verbrachten Gegenstands,

  • die Anschrift und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des im anderen Mitgliedstaat belegenen Unternehmensteils,

  • den Tag des Verbringens,

  • die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG.

Werden neue Fahrzeuge an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in das übrige Gemeinschaftsgebiet geliefert, soll der Unternehmer Folgendes aufzeichnen (§ 17c Abs. 4 UStDV):

  • den Namen und die Anschrift des Erwerbers,

  • die handelsübliche Bezeichnung des gelieferten Fahrzeugs,

  • den Tag der Lieferung,

  • das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung,

  • die in § 1b Abs. 2 und 3 UStG bezeichneten Merkmale,

  • die Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet,

  • den Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet.

Nach dem , Collée NWB MAAAC-64299, kann die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht allein mit der Begründung versagt werden, der Buchnachweis sei nicht rechtzeitig erbracht worden. Ein Mitgliedstaat, in dem eine innergemeinschaftliche Lieferung stattgefunden hat (Abgangsstaat), ist nicht verpflichtet, den Bestimmungsstaat der Lieferung um Auskünfte zu bitten, die ggf. belegen können, dass die Waren in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt sind (vgl. , Twoh International). Die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist erst dann denkbar, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Liefergegenstand zu verfügen, auf den Abnehmer der Lieferung übertragen worden ist und der liefernde Unternehmer nachweist, dass der Liefergegenstand in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet worden ist und aufgrund dieser Beförderung oder Versendung den Abgangsmitgliedstaat physisch verlassen hat (vgl. , Teleos und andere NWB PAAAC-64301). Daraufhin hat der BFH entschieden, dass die Verpflichtung des Unternehmers nach § 6a Abs. 3 UStG, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV nachzuweisen, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Die Nachweispflichten sind keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a, 17c UStDV bestimmen lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat ( NWB PAAAC-70405; Änderung der Rechtsprechung). Kommt der Unternehmer diesen Nachweispflichten nicht nach, ist grds. davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 UStG) nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die erforderlichen Nachweise nicht entsprechend §§ 17a, 17c UStDV erbracht hat.

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BGH (Beschluss v. - 1 StR 41/09, DStR 2009 S. 1688, EuGH-Rs. C-285/09) geht es um die Frage, ob in einem Fall, in dem der liefernde Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung an seinen wahren Abnehmer verschleiert (stattdessen einem Scheinabnehmer gegenüber abrechnet, um dem wahren Abnehmer einen Weiterverkauf an private Endabnehmer ohne Durchführung der Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland zu ermöglichen), gleichwohl die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung in Betracht kommt. Der BFH hat in seinem Aussetzungsbeschluss vom - XI B 24/09 entschieden, dass es ernstlich zweifelhaft sei, ob es der Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung entgegensteht, dass der inländische Unternehmer bewusst und gewollt an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers in dessen Mitgliedstaat mitwirkt. In der Hauptsache ist noch nicht entschieden. Der Aussetzungsbeschluss des BFH ist zu dem Sachverhalt ergangen, zu dem der BGH den EuGH um Vorabentscheidung bittet.

Nach § 6a UStG i. V. mit § 17a Abs. 2 UStDV „soll” die innergemeinschaftliche Lieferung (kumulativ) durch die in Nr. 1 bis 4 der Bestimmung bezeichneten Voraussetzungen nachgewiesen werden. § 17a Abs. 2 UStDV ist eine Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege – z. B. durch die auf den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des Leistungsempfängers – erbracht werden kann. Die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1999) ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG (vgl. NWB CAAAC-42139).

Tz. 175 Vertrauensschutzregelung

§ 6a Abs. 4 UStG

Liegen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nicht vor, bleibt die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung trotzdem erhalten, wenn die Inanspruchnahme der Befreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht. Als Beispiele sind denkbar: Der Abnehmer gibt eine falsche oder nicht existierende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer an; er befördert oder versendet den Gegenstand entgegen seiner dem liefernden Unternehmer gemachten Angaben nicht in das übrige Gemeinschaftsgebiet; er kauft unter Angabe seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ein und verwendet den Gegenstand für private Zwecke.

Weitere Voraussetzung für die Erhaltung der Steuerfreiheit ist, dass der liefernde Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Beachtung der Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Der Umfang der Sorgfaltspflichten ist auf der Grundlage des § 347 HGB unter besonderer Berücksichtigung der einzelnen Berufs- oder Gewerbezweige zu beurteilen. Bei Zweifeln an den Angaben des Abnehmers kann sich der Unternehmer z. B. die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer – insbesondere bei einer erstmaligen Geschäftsbeziehung – vom Bundeszentralamt für Steuern bestätigen lassen (§ 18e UStG) oder die Lieferung steuerpflichtig ausführen, um evtl. Steuernachforderungen zu vermeiden. Der Abnehmer kann sich ggf. die Umsatzsteuer im Vorsteuervergütungsverfahren (§§ 59 ff. UStDV; s. Tz. 264) zurückholen. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, welche Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Unternehmers zu stellen sind.

Die Vertrauensschutzregelung ist nicht anwendbar, wenn der Unternehmer z. B. seiner Nachweispflicht nicht nachkommen kann oder wenn das Fehlen der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nicht auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht. Die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, stellt sich erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV vollständig nachgekommen ist. Entscheidend dabei ist, dass die vom Unternehmer vorgelegten Nachweise (buch- und belegmäßig) eindeutig und schlüssig auf die Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hindeuten und dass der Unternehmer bei der Nachweisführung – insbesondere mit Blick auf die Unrichtigkeit der Angaben – der Sorgfaltspflicht des ordentlichen Kaufmanns genügte und in gutem Glauben war.

Liegen die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung vor, bleibt die Lieferung steuerfrei. Der Abnehmer schuldet die entgangene Steuer. Es dürfte in der Praxis aber schwierig sein, diese Steuer von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Abnehmer zu erhalten.

Sollte sich herausstellen, dass die dem liefernden Unternehmer vom Abnehmer benannte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer unzutreffend ist, kann der Unternehmer die Aufzeichnung dieser unzutreffenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer berichtigen. Folgen hinsichtlich der in Anspruch genommenen Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen treten dann nicht ein. Kann der Unternehmer die zutreffende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nachträglich nicht mehr feststellen, kann die betreffende Lieferung gleichwohl als steuerfrei angesehen werden, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG; vgl. auch , UR 1996 S. 275).

Die bei dieser Vertrauensschutzregelung vorausgesetzte „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns” ist unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der einzelnen Berufs- und Gewerbezweige zu beurteilen. Steht der liefernde Unternehmer mit seinem Abnehmer in dauernden Geschäftsbeziehungen oder lassen Art und Umfang des jeweiligen Geschäfts eindeutig Rückschlüsse auf die Unternehmereigenschaft des Abnehmers und auf die unternehmerische Verwendung des Liefergegenstands zu, kann regelmäßig von der Beachtung der Sorgfaltspflicht nach § 6a Abs. 4 UStG ausgegangen werden, wenn der liefernde Unternehmer bei der Geschäftsanbahnung die vom Abnehmer angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer buchmäßig festhält.

Kennt der liefernde Unternehmer hingegen den Abnehmer nicht oder lassen Art und Umfang des Geschäfts keine Rückschlüsse zu, ist der Sorgfaltspflicht nicht Genüge getan, wenn sich der liefernde Unternehmer allein auf die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers verlässt. In diesen Fällen erfordert es die Sorgfaltspflicht, das Bestätigungsverfahren nach § 18e UStG beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) durchzuführen, um sich Gewissheit über die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie über den Namen und die Anschrift der Person, die diese Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, zu verschaffen. Ergibt sich hierbei, dass die verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von einem anderen Mitgliedstaat nicht erteilt wurde, ist der für die Steuerbefreiung nach § 6a UStG erforderliche Nachweis nicht erbracht. Gleiches gilt, wenn die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zurzeit der Ausführung des Umsatzes nicht mehr gültig gewesen ist.

Die nach § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV buchmäßig nachzuweisende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers ist die gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers. Der Abnehmer i. S. des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG muss der Empfänger der Lieferung bzw. der Abnehmer des Gegenstands der Lieferung sein. Das ist regelmäßig diejenige Person/Einrichtung, der der Anspruch auf die Lieferung zusteht und gegen die sich der zivilrechtliche Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises richtet. Nur der buchmäßige Nachweis des Abnehmers mit seiner gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ermöglicht – zusammen mit der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) – die Kontrolle der Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen (vgl. , UVR 1997 S. 210). Führen die Ermittlungen von ausländischen Steuerverwaltungen zu der Erkenntnis, dass es sich bei dem vom Unternehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgezeichneten Erwerber um ein Scheinunternehmen handelt, sind die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 6a UStG grds. nicht erfüllt, weil der erforderliche Buchnachweis nicht erbracht wurde. Der „gute Glaube” des § 6a Abs. 4 UStG betrifft nur unrichtige Angaben des Abnehmers über die in § 6a Abs. 1 UStG bezeichneten Voraussetzungen (z. B. Unternehmereigenschaft des Abnehmers, Verwendung des Liefergegenstands für sein Unternehmen, körperliche Warenbewegung in den anderen Mitgliedstaat). Die Vorschrift kommt bei Verstößen gegen § 6a Abs. 3 UStG (Buchnachweis) nicht zur Anwendung. § 6a Abs. 4 UStG gewährt keinen Vertrauensschutz für die Annahme, dass der angebliche Abnehmer mit dem wirklichen identisch ist. Hierüber muss sich der liefernde Unternehmer vergewissern. Das Vertrauen in die Richtigkeit des Buchnachweises wird selbst dann nicht geschützt, wenn der Abnehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Unternehmers verwendet, indem er unberechtigt in oder unter dessen Namen bei dem Umsatzgeschäft auftritt. War die Unrichtigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erkennbar und hat der Unternehmer dies nicht erkannt (z. B. weil das Bestätigungsverfahren nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt als dem des Umsatzes durchgeführt wird), genügt dies nicht der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns. Gleiches gilt in Fällen, in denen der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung befördert und der liefernde Unternehmer die Steuerbefreiung in Anspruch nimmt, ohne über eine schriftliche Versicherung des Abnehmers zu verfügen, den Gegenstand der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat befördern zu wollen. Die Vertrauensschutzregelung ist auf Fälle, in denen der Abnehmer in sich widersprüchliche oder unklare Angaben zu seiner Identität macht, von vornherein nicht anwendbar. Bei unklarer Sachlage verstößt es stets gegen die einem ordentlichen Kaufmann obliegenden Sorgfaltspflichten, wenn der liefernde Unternehmer diese Unklarheiten bzw. Widersprüchlichkeiten aus Unachtsamkeit gar nicht erkennt oder im Vertrauen auf diese Angaben die weitere Aufklärung unterlässt. Für einen Vertrauensschutz ist nur dort Raum, wo eine Täuschung des liefernden Unternehmers festgestellt werden kann.

Der EuGH hat die Notwendigkeit des Vertrauensschutzes für den liefernden Unternehmer bejaht. Danach sind die Mitgliedstaaten nicht befugt, gegenüber einem gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung belegen, später Steuer auf die Lieferung festzusetzen, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war. Allerdings muss der Lieferant insoweit alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um sicherzustellen, dass die von ihm ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (vgl. , Teleos und andere NWB PAAAC-64301).

Tz. 176 Verzicht auf Steuerbefreiungen

§ 9 UStG



Der Unternehmer darf bestimmte steuerfreie Umsätze als steuerpflichtig behandeln, wenn seine Lieferung oder sonstige Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Die optionsfähigen und in § 9 UStG erschöpfend aufgezählten Umsätze sind Umsätze im Geld- und Kapitalverkehr des (§ 4 Nr. 8 Buchst. a–g UStG; Tz. 107); die Umsätze, die unter das GrEStG fallen (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG; Tz. 108); die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und die anderen Umsätze des § 4 Nr. 12 UStG (Tz. 114 ff.); Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften (§ 4 Nr. 13 UStG; Tz. 122) und die Umsätze der Blinden und Blindenwerkstätten (§ 4 Nr. 19 UStG; Tz. 130).

Von der Optionsmöglichkeit sind ausgeschlossen Kleinunternehmer, die für ihre Umsätze § 19 Abs. 1 UStG in Anspruch nehmen, Land- und Forstwirte, die ihre Umsätze nach § 24 UStG versteuern, sowie die unentgeltlichen Wertabgaben.

Optionsfähig sind nur Umsätze, die der Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt. Bestehen Zweifel an der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers oder an der unternehmerischen Verwendung des Umsatzes, hat sich der leistende Unternehmer entsprechend Gewissheit zu verschaffen, z. B. durch eine schriftliche Erklärung des Empfängers.

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG), bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) und bei den in § 4 Nr. 12 Buchst. b und c UStG bezeichneten Umsätzen (Kaufanwartschaftsverhältnisse, Übertragung und Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten am Grundstück, z. B. Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte, Nießbrauch, Grunddienstbarkeit, beschränkte persönliche Dienstbarkeit) ist nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 9 Abs. 2 UStG). Der Begriff des Grundstücks umfasst auch selbständig nutzbare Grundstücksteile (z. B. Wohnungen, Büroräume, Praxisräume, gewerbliche Flächen). Bei unterschiedlicher Nutzung mehrerer Grundstücksteile ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung für jeden Grundstücksteil gesondert zu beurteilen. Die unterschiedliche Verwendung kann dabei auch in einem einheitlichen Vertrag geregelt sein. Ein vereinbartes Gesamtentgelt ist aufzuteilen (ggf. durch Schätzung). Auf die Steuerbefreiung kann auch verzichtet werden, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der seine Vorsteuern oder Umsätze nach den Regelungen in §§ 23, 23a, 24, 25 oder 25a UStG ermittelt. Ist der Leistungsempfänger Kleinunternehmer i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG, ist ein Verzicht nicht möglich. Auch wenn der Leistungsempfänger das Grundstück oder einzelne Grundstücksteile geringfügig (5 %) für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen (Ausschlussumsätze), ist eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG möglich (Bagatellregelung). Die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Steuerbefreiung hat der Unternehmer nachzuweisen. Der Nachweis ist an keine besondere Form gebunden. Er kann sich aus einer Bestätigung des Mieters, aus dem Mietvertrag oder anderen Unterlagen ergeben.

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG ist bei Lieferungen von Grundstücken (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin zulässig (§ 9 Abs. 3 UStG). Eine etwaige Belastung mit Umsatzsteuer steht damit bereits bei der Abgabe von Geboten fest. Da der Abnehmer (Ersteher) zum Zeitpunkt der Abgabe der Gebote noch nicht feststehen kann, dürfte gegenüber diesem die Option nicht möglich sein. Deshalb kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung wohl nur gegenüber dem Versteigerer geltend gemacht werden. Bei anderen Umsätzen i. S. von § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG (also insbesondere bei – nach Option steuerpflichtigen – Grundstückslieferungen) kann der Verzicht auf Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG nur in dem gem. § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Vertrag (oder einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung, vgl. , BStBl 2004 I S. 453) erklärt werden. Diese Regelung steht im Zusammenhang mit der Erweiterung der Steuerschuldnerschaft für alle Grundstücksumsätze (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Sie dient dem Schutz des Leistungsempfängers vor einer nachträglichen Option durch den leistenden Unternehmer, durch die eine nachträgliche Steuerschuld beim Leistungsempfänger entstehen würde.

Der Unternehmer kann seine Option auf einzelne Umsätze, selbst auf einen einmaligen Umsatz (z. B. Veräußerung eines Grundstücks im Rahmen seines Unternehmens) beschränken. Wird ein einheitlicher Gegenstand geliefert, den der Erwerber sowohl betrieblich als auch privat nutzt, ist ein lediglich teilweiser Verzicht auf die Steuerbefreiung für den dem Unternehmen des Empfängers dienenden Leistungsteil nicht zulässig. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung kann bei der Lieferung vertretbarer Sachen sowie bei aufteilbaren sonstigen Leistungen auf deren Teile begrenzt werden (Teiloption). Eine Teiloption kommt z. B. bei der Gebäudelieferung, insbesondere bei unterschiedlichen Nutzungsarten der Gebäudeteile, in Betracht. Unter Zugrundelegung unterschiedlicher wirtschaftlicher Funktionen ist auch eine Aufteilung nach räumlichen Gesichtspunkten (nicht dagegen eine bloße quotale Aufteilung) möglich (vgl. , BStBl 1997 II S. 98).

Die erklärte Option entfaltet ihre rechtsgestaltende Wirkung erst mit der Ausführung desjenigen Umsatzes, auf den sie sich bezieht. Maßgebend ist also grds. nicht die beabsichtigte erstmalige, sondern die tatsächliche Verwendung. Beabsichtigt z. B. ein Unternehmer bei Baubeginn eines Geschäftshauses, dieses nach Fertigstellung steuerpflichtig zu vermieten, und verzichtet er deshalb vorab auf die Steuerbefreiung der Vermietung, sind die auf die empfangenen Bauleistungen entfallenden Vorsteuerbeträge nicht abzugsfähig, wenn er das Haus vor oder mit seiner Fertigstellung steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG veräußert. Ein vorher geltend gemachter Vorsteuerabzug ist rückgängig zu machen (, BStBl 1979 II S. 394). Etwas anderes gilt allerdings z. B., wenn der Unternehmer entgegen seinem Willen, ein Gebäude nach Fertigstellung steuerpflichtig vermieten zu wollen, dies nicht realisieren und das Gebäude nur steuerfrei vermieten kann. In diesem Fall sind bereits abgezogene Vorsteuern nur im Rahmen von § 15a UStG zu berichtigen. S. hierzu Tz. 251, a und b.

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist an keine besondere Form oder Frist gebunden. Die Option erfolgt, indem der leistende Unternehmer den Umsatz als steuerpflichtig behandelt. Dies geschieht regelmäßig, wenn er gegenüber dem Leistungsempfänger mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer abrechnet. Der Verzicht kann auch in anderer Weise (durch schlüssiges Verhalten) erklärt werden, soweit aus den Erklärungen oder sonstigen Verlautbarungen, in die das gesamte Verhalten einzubeziehen ist, der Wille zum Verzicht eindeutig hervorgeht (, BStBl 1997 II S. 670). Er ist solange möglich, wie die Steuerfestsetzung für diese Leistung noch vorgenommen oder geändert werden kann. Ein wirksamer Verzicht liegt aber nicht vor, wenn ein Unternehmer eine Grundstückslieferung als steuerpflichtig behandelt, nachdem die Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum unabänderbar geworden ist (, BStBl 1998 II S. 695). Der nachträgliche Verzicht auf die Steuerbefreiung einer Grundstückslieferung ist kein rückwirkendes Ereignis i. S. von § 233 Abs. 2a AO. Der Lauf der Zinsen für die Umsatzsteuer wegen einer rückwirkend steuerpflichtigen Grundstückslieferung beginnt nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO (, BStBl 2003 II S. 175).

Voraussetzung für einen Verzicht auf die Steuerbefreiungen der in § 9 Abs. 1 UStG genannten Umsätze ist, dass tatsächlich steuerbare Umsätze von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werden. Werden steuerfreie optionsfähige Umsätze beabsichtigt, tatsächlich aber nicht ausgeführt, ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nicht zulässig. Eine Option ist ebenfalls nicht zulässig, soweit der leistende Unternehmer den Gegenstand der Leistung oder der Leistungsempfänger die erhaltene Leistung zulässigerweise anteilig nicht seinem Unternehmen zugeordnet hat oder zuordnen konnte (vgl. , BStBl 1988 II S. 915, und , BStBl 1996 II S. 459).

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung eines Umsatzes gem. § 9 UStG kann jedenfalls bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung oder bis zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung rückgängig gemacht werden. Hatte der Unternehmer auf die Steuerfreiheit des Umsatzes dadurch verzichtet, dass er dem Leistungsempfänger den Umsatz unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, kann er den Verzicht nur dadurch rückgängig machen, dass er dem Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuer erteilt bzw. dann der Leistungsempfänger eine berichtigte Gutschrift ausstellt. Die Rückgängigmachung wirkt auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurück (vgl. , BStBl 2003 II S. 673).

Der Unternehmer hat in seinen Aufzeichnungen besonders kenntlich zu machen, welche Umsätze er nach § 9 UStG als steuerpflichtig behandelt (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 4 UStG).

IV. Bemessungsgrundlagen

Tz. 177 Begriff und Umfang des Entgelts

Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG nach dem Entgelt bemessen. Das können Geld (Bargeld, Buchgeld), die Aufrechnung mit einer Geldforderung oder die Übernahme einer Geldverbindlichkeit durch den Leistungsempfänger, Devisen oder bei Tausch und tauschähnlichen Umsätzen andere Gegenleistungen sein. Eine Lieferung oder sonstige Leistung wird „letztendlich” nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert, die sich aufgrund der wirklich vereinnahmten Gegenleistung für den Umsatz ergibt. Umsatzsteuerrechtlich macht es keinen Unterschied, ob der Besteller eines Werks, das sich als mangelhaft erweist, das Werk behält oder statt der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung gem. § 635 BGB verlangt (, BStBl 2003 II S. 620). Der Begriff des Entgelts in § 10 Abs. 1 UStG gilt sowohl für die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 UStG) als auch für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG). Zwischen den beiden Besteuerungsarten besteht insoweit kein Unterschied, auch bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten ist grds. nur das zu versteuern, was für die Lieferung oder sonstige Leistung tatsächlich vereinnahmt wird. Das Entgelt ist auch dann Bemessungsgrundlage, wenn es dem objektiven Wert der bewirkten Gegenleistung nicht entspricht. Stellt eine Kapitalgesellschaft einer Tochtergesellschaft einen Gegenstand zu einem überhöhten Preis in Rechnung, bildet dieser Preis grds. selbst dann das Entgelt i. S. des § 10 Abs. 1 UStG, wenn ein Teil der Gegenleistung ertragsteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen ist (, BStBl 1988 II S. 210). Das Entgelt muss in einem inneren Zusammenhang zur empfangenen Leistung stehen. Ein solcher Zusammenhang fehlt beim Schadensersatz, bei Vertragsstrafen wegen Nichterfüllung, Verzugszinsen, Fälligkeitszinsen, Prozesszinsen, Nutzungszinsen, bei echten Mitgliederbeiträgen (vgl. aber , Kennemer Golf & Country Club, EuGHE 2002, I - 03293 NWB CAAAB-72618, wonach auch – pauschale – Mitgliederbeiträge Entgelt darstellen), innergesellschaftlichen Ausgleichszahlungen auf der Ebene freier Gegenseitigkeitsvereinbarungen, durchlaufenden Posten, echten nicht steuerbaren Zuschüssen. Eine abweichende Bemessungsgrundlage gilt für unentgeltliche Wertabgaben i. S. des § 3 Abs. 1b und 9a UStG und für bestimmte Umsätze zu unangemessen niedrigen Entgelten (Mindestbemessungsgrundlage). Sonderregelungen gelten für die Bemessungsgrundlage hinsichtlich der Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 Abs. 3 Satz 1 UStG), bei Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG und hinsichtlich der Besteuerung des letzten Abnehmers bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften (§ 25b Abs. 4 UStG).

Entgelt ist alles, was aus der Sicht des Leistenden der Empfänger für einen Umsatz aufwendet, um ihn zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer. Es kommt nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger die vom Leistenden zu erbringende oder erbrachte Leistung annehmen will und ob er auf sie Wert legt oder nicht (, BStBl 1988 II S. 473). Auch die Übernahme von Schulden kann Entgelt sein. In Rechnung gestellte Nebenkosten, wie z. B. Provisionen, Verpackungs-, Beförderungs- oder Versicherungskosten, gehören zum Entgelt für die Leistung, soweit sie nicht Entgelt einer selbständig zu beurteilenden Hauptleistung sind. Weicht der vom Leistungsempfänger aufgewendete Betrag im Einzelfall von dem vom Unternehmer vereinnahmten Betrag ab, ist von den Aufwendungen des Abnehmers für die Leistung auszugehen. Bei der Abtretung einer Leistungsforderung unter dem Nennwert bestimmt sich deshalb das Entgelt nach den tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsempfängers (Abschn. 149 Abs. 4 UStR). Zahlt eine Rundfunkanstalt zugunsten ihrer freien Mitarbeiter Beiträge an die Pensionskasse für freie Mitarbeiter der Rundfunkanstalten, gehören die Beiträge zum Entgelt für die Leistungen der Mitarbeiter (, BStBl 2003 I S. 217). Gesetzlich geschuldete Sozialversicherungsbeiträge können jedoch kein Entgelt i. S. von § 10 UStG sein (vgl. zur Unternehmereigenschaft eines „festen freien Mitarbeiters” einer Rundfunkanstalt). Überlässt eine Werbeagentur einer Gemeinde ein mit Werbeaufdrucken versehenes Kraftfahrzeug im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes zur Nutzung mit dem Recht, es nach Ablauf von fünf Jahren ohne Zahlung eines Entgelts zu erwerben, liegt eine Lieferung vor. Als Bemessungsgrundlage sind die Anschaffungskosten des Kraftfahrzeugs anzusetzen (vgl. , BStBl 2008 II S. 909).

Bei einer Grundstücksveräußerung gehört die gesamtschuldnerisch von Erwerber und Veräußerer geschuldete Grunderwerbsteuer auch dann nicht zum Entgelt für die Grundstücksveräußerung, wenn die Parteien des Grundstückskaufvertrags vereinbaren, dass der Erwerber die Grunderwerbsteuer allein zu tragen hat, weil der Erwerber mit der Zahlung der vertraglich übernommenen Grunderwerbsteuer eine ausschließlich eigene Verbindlichkeit begleicht. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Käufer zu tragenden Kosten der Beurkundung des Kaufvertrags und der Auflassung, der Eintragung ins Grundbuch und der zu Eintragungen erforderlichen Erklärungen (§ 448 Abs. 2 BGB). Das , BStBl 2006 II S. 285, ist mit der Veröffentlichung im BStBl in allen offenen Fällen anzuwenden. Die insoweit entgegenstehenden Regelungen in Abschn. 149 Abs. 7 Satz 5 und 6 UStR 2005 sowie das Beispiel hierzu, wonach bei einer Grundstücksveräußerung die Hälfte der gesamtschuldnerisch von Erwerber und Veräußerer geschuldeten Grunderwerbsteuer zum Entgelt für die Grundstücksveräußerung gehört, wenn die Parteien des Grundstückskaufvertrags vereinbaren, dass der Erwerber die Grunderwerbsteuer allein zu tragen hat, sind daher ab dem Datum der Veröffentlichung dieses Urteils im BStBl nicht mehr anwendbar. Es wird nicht beanstandet, wenn sich Erwerber und Veräußerer hinsichtlich bis zum abgeschlossener Grundstückskaufverträge auf die bisherige Regelung des Abschn. 149 Abs. 7 Satz 5 und 6 UStR 2005 berufen. Bei Grundstückskaufverträgen, für die nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, reicht es aus, wenn sich der Erwerber auf die bisherige Regelung beruft (, BStBl 2007 I S. 716).

Umsatzsteuer für steuerbare und steuerpflichtige Leistungen entsteht unabhängig davon, ob der leistende Unternehmer sie in einer Rechnung gesondert ausweist oder beim Finanzamt anmeldet. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige sich in einem Rechtsirrtum über die Steuerbarkeit der Umsätze befindet. Der für steuerbare und steuerpflichtige Leistungen geschuldete Steuerbetrag ist durch das Entgelt vorgegeben, d. h. den Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Das gilt auch dann, wenn die Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbaren. Der ursprünglich vereinbarte Preis ist deshalb in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen (, BStBl 1997 II S. 716). Verlangt der Leistende für die Annahme einer Bezahlung mit Kredit- oder Geldkarte, dass der Leistungsempfänger ihm oder einem anderen Unternehmer hierfür einen Betrag entrichtet und der von diesem Empfänger zu zahlende Gesamtpreis durch die Zahlungsweise nicht beeinflusst wird, ist dieser Betrag Bestandteil der Bemessungsgrundlage für seine Leistung.

Zur Behandlung der Maut nach dem Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge – ABMG – vgl. , BStBl 2005 I S. 414. Zu Aufteilung des Entgelts in Fällen der Nutzung von so genannten VIP-Logen in Sportstätten durch die sponsernden Unternehmer und des Bezugs von Hospitality-Leistungen vgl. , BStBl 2006 I S. 791. Zur Behandlung der Entgelte für postvorbereitende Leistungen durch einen sog. Konsolidierer (§ 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG) vgl. , BStBl 2007 I S. 119.

Verwertet ein Insolvenzverwalter freihändig eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht eines Sicherungsgebers besteht, erbringt er dadurch keine Leistung gegen Entgelt an den Sicherungsgeber. Die Verwertungskosten, die der Insolvenzverwalter in diesem Fall kraft Gesetzes vorweg für die Masse zu entnehmen hat, sind kein Entgelt für eine Leistung. Vereinbaren der absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger und der Insolvenzverwalter, dass der Insolvenzverwalter ein Grundstück für Rechnung des Grundpfandgläubigers veräußert und vom Veräußerungserlös einen bestimmten Betrag für die Masse einbehalten darf, führt der Insolvenzverwalter neben der Grundstückslieferung an den Erwerber eine sonstige entgeltliche Leistung an den Grundpfandgläubiger aus. Der für die Masse einbehaltene Betrag ist in diesem Fall Entgelt für eine Leistung (vgl. , BStBl 2007 II S. 183).

Zum Entgelt gehören auch entgeltliche Zuschüsse von Dritten (Tz. 180) sowie freiwillige oder kraft Gesetzes geschuldete Gegenleistungen. Zahlungsabzüge (Skonti, Rabatte usw.) mindern, Preisaufschläge (z. B. nachträglich vereinbarte Entgelterhöhungen) erhöhen die Bemessungsgrundlage (zu Pharmarabatten nach § 130a SGB V, die einen Bruttobetrag darstellen, vgl. ). Wegen der steuerlichen Behandlung von Entgeltminderungen vgl. Abschn. 151 UStR. Wegen der vom , Kommision/Deutschland, BStBl 2004 II S. 324) geforderten Minderung der Bemessungsgrundlage bei der Ausgabe von Warengutscheinen vgl. Tz. 178 und 256). Als nicht entgelterhöhend anzusehen sind Mahngebühren oder Mahnkosten, die ein Unternehmer von säumigen Zahlern erhebt, sowie Verzugs-, Fälligkeits- und Prozesszinsen (vgl. z. B. §§ 288, 291 BGB, § 353 HGB). Das Gleiche gilt für Nutzungszinsen, die z. B. nach § 452 BGB nach Übergang des Nutzungsrechts am gekauften Gegenstand oder nach § 641 Abs. 2 BGB erhoben werden, sowie Kreditzinsen gegen gesondert vereinbartes und berechnetes Entgelt gem. den Grundsätzen des § 4 VerbKrG bei Teilzahlungsgeschäften mit Eigenfinanzierung (vgl. Tz. 107, a). Beim Pfandleihgeschäft sind die notwendigen Kosten der Verwertung, die der Pfandleiher einbehalten darf, nicht Entgelt innerhalb eines Leistungsaustauschs. Das erhöhte Beförderungsentgelt, das die öffentlichen Nahverkehrsbetriebe von Schwarzfahrern fordern, ist nur in Höhe des normalen Fahrpreises Entgelt i. S. des § 10 Abs. 1 UStG (, BStBl 1987 II S. 228). Nicht zum Entgelt gehören auch Materialgestellungen, Materialbeistellungen und sonstige Beistellungen des Leistungsempfängers.

Entgeltteile sind die Ausgleichsabgaben nach dem Verstromungsgesetz, die das Verstromungsunternehmen schuldet und vom Endverbraucher einfordert; dem Abnehmer berechnete Beförderungskosten (ausgenommen bei einer unfreien Versendung, Tz. 235); im Nachnahmeverkehr der Post und anderer Versender der für die gelieferte Ware vom Empfänger entrichtete Nachnahmebetrag, der auch die Zahlkarten- oder Überweisungsgebühr einschließt. Das Entgelt für die Betätigung von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit ist der Kasseninhalt abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer. Der Kasseninhalt muss mittels eines Zählwerks ermittelt werden. Entsprechendes gilt für Glücksspiele; Gegenleistung ist der nicht wieder an die Spieler ausgeschüttete Spieleinsatz. Die Besteuerungsgrundlage für Umsätze aus der Veranstaltung eines Wettbewerbs ist der Gesamtbetrag der vom Veranstalter eingenommenen Teilnahmegebühren, wenn der Veranstalter über diese Beträge frei verfügen kann. Eine Brieftaubenvereinigung hat die Wettumsätze, die sie an die Wett-Teilnehmer ausführt, mit den vollen Wetteinsätzen (ohne Abzug der wieder ausgeschütteten Gewinne) zu versteuern (vgl. , BStBl 2007 II S. 137, Anschluss an , Town & County Factors Ltd., EuGHE 2002, I - 07173 NWB FAAAB-72844).

Die Aufwendungen des Pächters zur Erhaltung der Pachtsache gehören beim Verpächter nicht zu den Pachteinnahmen. Die Ausgleichszahlung für Handelsvertreter nach § 89b HGB ist kein Schadensersatz, sondern eine Gegenleistung des Geschäftsherrn für erlangte Vorteile aus der Tätigkeit als Handelsvertreter. Entschädigungen an den Mieter oder Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrags sind ebenfalls Leistungsentgelt (vgl. Abschn. 3 Abs. 5 UStR).

Tarifliche Trinkgelder im Transportgewerbe und festgesetzte Trinkgelder, die das Bedienungspersonal einer Gaststätte vom Gast einzieht, sind Entgeltteile für die entsprechenden Umsätze des Unternehmers. Das gilt auch dann, wenn der Angestellte den Zuschlag nicht abführt, sondern ihn als Teil der Entlohnung für seine Dienste vereinbarungsgemäß behält. Freiwillige (zusätzliche) Trinkgelder an Kellner, Friseurgehilfen usw. gehören nicht zur Bemessungsgrundlage für Umsätze ihrer Arbeitgeber. Dagegen sind freiwillige Trinkgelder unmittelbar an den Unternehmer, z. B. an einen selbständigen Taxifahrer, dem Entgelt für seine Leistung zuzuschlagen.

Auslagen und sonstige Kosten des Unternehmers sind Teile des Entgelts, soweit sie sich auf einen Umsatz beziehen und vom Leistungsempfänger ersetzt werden. So haben Handelsvertreter oder Makler die im eigenen Namen verausgabten Beträge für Fahrten, Telefongespräche, Porti, Unterkunft als Teile des Entgelts für Vermittlungsleistungen zu versteuern, die ihnen der Geschäftsherr oder Auftraggeber in nachgewiesener Höhe oder pauschal ersetzt. Entsprechendes gilt für Detektive, Kraftfahrzeughändler (z. B. für die ersetzten Kosten der Pkw-Überführung), steuerberatende Berufe usw.

Geschäftskosten dürfen das Entgelt nicht mindern (z. B. Provisionen an den Handelsvertreter für die Vermittlung eines Geschäfts). Zum Entgelt rechnen die vom Unternehmer geschuldeten Steuern (Verbrauch- und Verkehrsteuern, ausgenommen die auf den Umsatz entfallende Umsatzsteuer), selbst wenn diese Beträge offen auf den Leistungsempfänger überwälzt werden. Diese Ausgaben sind auch nicht als durchlaufende Posten zu behandeln.

Als Entgelt kommen auch Zahlungen des Leistungsempfängers an Dritte in Betracht, sofern sie für Rechnung des leistenden Unternehmers entrichtet werden und im Zusammenhang mit der Leistung stehen. Wegen der steuerlichen Behandlung eines Preisnachlasses, den ein Agent den Abnehmern einräumt, vgl. Abschn. 151 Abs. 4 UStR. Wird bei der einzelnen Lieferung Pfandgeld für mitübergebene Warenumschließungen berechnet und der Betrag rückerstattet, sobald das Leergut zurückgelangt, ist die Hingabe der Umschließungen ein unselbständiger Teil der Warenlieferung, der Pfandbetrag ein Entgeltteil für den Umsatz und die Rücknahme des Leerguts gegen Erstattung des Pfandbetrags eine Entgeltminderung. Es wird nicht beanstandet, wenn der Unternehmer die ausgezahlten Pfandgelder für Leergut unabhängig von dem Umfang der Vollgutlieferungen des jeweiligen Besteuerungszeitraums als Entgeltminderungen behandelt. Die Besonderheiten des Abschn. 149 Abs. 8 UStR sind zu beachten.

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb sind Verbrauchsteuern, die vom Erwerber geschuldet werden, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Darunter fällt z. B. die Mineralölsteuer oder die Tabaksteuer, die in der Bundesrepublik Deutschland oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat erhoben wird. Bei innergemeinschaftlichen Lohnveredelungen sowie ihrer Inanspruchnahme ist das Entgelt der Werklohn des lohnveredelnden Unternehmers. Bei Lieferungen und dem innergemeinschaftlichen Erwerb im Zusammenhang mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager (§ 4 Nr. 4a Satz 1 Buchst. a Satz 2 UStG) sind die Kosten für die Leistungen, die mit der Lagerung, Erhaltung, Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen (§ 4 Nr. 4a Satz 1 Buchst. b UStG) und die vom Auslagerer geschuldeten oder entrichteten Verbrauchsteuern in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Sind für Bauleistungen Einheitspreise (vgl. § 5 Ziff. 1 a der VOB Teil A) vereinbart worden, erteilt der Auftragnehmer die Schlussrechnung im Allgemeinen erst mehrere Monate nach Entstehung der Steuer, weil die Ermittlung des genauen Entgelts längere Zeit erfordert (fehlende/unvollständige Aufmessungen). In solchen Fällen hat der Unternehmer im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung das sich erst endgültig betragsmäßig aufgrund einer Abschlussrechnung ergebende Entgelt zu schätzen. Wenn für die einheitliche Leistung ein Pauschalpreis (vgl. § 5 Ziff. 1 b VOB Teil A) vereinbart worden ist, steht das Entgelt bereits fest. Der Auftragnehmer hat unter Berücksichtigung der bereits besteuerten Voraus- und Abschlagszahlungen auf der Grundlage des vereinbarten Pauschalentgelts die Leistung in dem Voranmeldungszeitraum zu versteuern, in dem sie ausgeführt wird (vgl. , BStBl 2004 I S. 628 – Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft).

Die Grunderwerbsteuer, die der Käufer eines Grundstücks vereinbarungsgemäß zahlt, erhöht das Entgelt für die Grundstückslieferung nicht ( NWB KAAAB-81748, Änderung der Rechtsprechung – vgl. dazu auch Zugmaier, NWB F. 7 S. 6723). Beim Kauf einer Sache ist das Entgelt für die Lieferung regelmäßig der Kaufpreis. Dies gilt auch für den Grundstückskauf. Nur der Kaufpreis bildet den Wert der Gegenleistung für das Grundstück. Die Kosten der Beurkundung des Kaufvertrags und der Auflassung, der Eintragung ins Grundbuch und der zu Eintragungen erforderlichen Erklärungen, die der Käufer zu tragen hat (§ 448 Abs. 2 BGB), und die Grunderwerbsteuer, die der Käufer vereinbarungsgemäß zahlt, erhöhen das Entgelt für die Grundstückslieferung nicht.

Das NWB VAAAC-76349) hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Erhebung der deutschen Grunderwerbsteuer auf künftige Bauleistungen durch deren Einbeziehung in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstücks (sog. einheitlicher Leistungsgegenstand, bestehend aus Bauleistungen sowie Erwerb des Grund und Bodens) gegen das europäische Umsatzsteuer-Mehrfachbelastungsverbot des Art. 401 MwStSystRL (bis : Art. 33 der 6. EG-RL) verstößt (Az. des EuGH: C-156/08).

Zum Entgelt für die Vermittlung von grenzüberschreitenden Personenbeförderungsleistungen im Luftverkehr durch Reisebüros vgl. Abschn. 149 Abs. 9 UStR.

Tz. 178 Bemessungsgrundlage bei der Ausgabe von Gutscheinen

Bezug nehmend auf seine Entscheidung v. - Rs. C-317/94, Elida Gibbs (BStBl 2004 II S. 324), hat der , Kommission/Deutschland (BStBl 2004 II S. 328) einen Richtlinienverstoß Deutschlands festgestellt, weil eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage der Lieferung eines Herstellers an seinen Abnehmer nicht in Betracht komme, wenn der Hersteller einen Preisnachlassgutschein ausgibt, dessen Nennwert er nicht seinem direkten Abnehmer, sondern einem anderen an der Lieferkette beteiligten Abnehmer erstattet hat. Ergänzend dazu hat der EuGH in seinem Urteil v. - Rs. C-398/99, Yorkshire Co-operatives Ltd. (BStBl 2004 II S. 335) entschieden, dass sich die Gegenleistung bei dem Umsatz des Einzelhändlers an den Endverbraucher aus dem vom Endverbraucher aufgewendeten Barbetrag und dem vom Hersteller an den Einzelhändler geleisteten Erstattungsbetrag zusammensetzt. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Umsatzsteuersystem darauf angelegt, dass nur der Endverbraucher wirtschaftlich mit der Umsatzsteuer belastet wird. Für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sind, muss die Umsatzbesteuerung neutral sein. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze darf dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften von der Produktion bis zum Endverbrauch insgesamt nur der Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher wirtschaftlich aufwendet. Dementsprechend kann auch ein Verkaufsagent die Bemessungsgrundlage für seine Vermittlungsleistungen mindern, wenn er Preisnachlässe für die von ihm vermittelten Leistungen gewährt. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (vgl. , BStBl 2006 II S. 479, und , BStBl 2007 I S. 117). Aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Korrektur des Vorsteuerabzugs beim Endverbraucher nicht für Preisnachlässe durch Verkaufsagenten vorzunehmen, die bis zur Veröffentlichung des v. g. BFH-Urteils im Bundessteuerblatt Teil II am 7. 7. 2006 gewährt wurden. Für Preisnachlässe, die ab dem 8. 7. 2006 gewährt wurden, ist in allen offenen Fällen eine Korrektur des Vorsteuerabzugs beim Endverbraucher vorzunehmen. Eine Minderung der Bemessungsgrundlage bei den Verkaufsagenten ist auch weiterhin in allen offenen Fällen vorzunehmen (vgl. , BStBl 2009 I S. 205).

Die Finanzverwaltung hatte mit (BStBl 2004 I S. 443) auf die EuGH-Rechtsprechung reagiert. Die Einzelheiten zur Änderung der Bemessungsgrundlage bei der Ausgabe von Gutscheinen enthält Abschn. 224 UStR. Gesetzlich gilt Folgendes:

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 UStG). Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Dies gilt nicht, soweit der Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird. Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die Berichtigung ist in einem solchen Fall für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der andere Unternehmer wirtschaftlich begünstigt wird. Dem Fiskus steht somit letztlich nur ein Umsatzsteueraufkommen entsprechend den vom Endverbraucher (bzw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger) getätigten Aufwendungen zu. Nach der EuGH-Rechtsprechung müssen die für einen Ausgangsumsatz geschuldete Steuer und der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger nicht korrespondieren. Deshalb kann es zu Differenzen zwischen dem endgültig für einen Ausgangsumsatz geschuldeten Steuerbetrag und dem dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug kommen, wenn in einer Leistungskette Preisnachlässe an Empfänger gewährt werden, diese Vergütungen jedoch nicht die gesamte Leistungskette durchlaufen, sondern unter Umgehung einzelner Leistungsstufen beim Empfänger ankommen. In solchen Fällen soll nach der Neuregelung der unmittelbare Leistungsempfänger seinen Vorsteuerabzug nicht mindern müssen, weil sich seine Aufwendungen (oder die für ihn von Dritten erbrachten Aufwendungen) nicht mindern. Erhält der Leistungsempfänger dagegen selbst den Preisnachlass, muss er seinen Vorsteuerabzug entsprechend korrigieren.

Tz. 179 Bemessungsgrundlage bei Factoringleistungen

Im Fall des echten Factoring liegt eine unternehmerische Tätigkeit des Forderungskäufers (Factor) vor, wenn seine Dienstleistung im Wesentlichen darin besteht, dass der Forderungsverkäufer (Anschlusskunde) von der Einziehung der Forderung und dem Risiko ihrer Nichterfüllung entlastet wird. Im Fall des unechten Factoring (der Anschlusskunde wird aufgrund eines dem Factor zustehenden Rückgriffsrechts bei Ausfall der Forderung nicht vom Ausfallrisiko der abgetretenen Forderung entlastet), gilt das Gleiche, wenn der Factor den Forderungseinzug übernimmt. Bemessungsgrundlage für eine Factoringleistung ist grds. die Differenz zwischen dem Nennwert der dem Factor abgetretenen Forderungen und dem Betrag, den der Factor seinem Anschlusskunden als Preis für diese Forderungen zahlt, abzüglich der in dem Differenzbetrag enthaltenen Umsatzsteuer. Wird für diese Leistung zusätzlich oder ausschließlich eine Gebühr gesondert vereinbart, gehört diese zur Bemessungsgrundlage. Bei Portfolioverkäufen wird es nicht beanstandet, wenn eine nach Durchschnittswerten bemessene Gebühr in Ansatz gebracht wird.

Bei zahlungsgestörten Forderungen gilt Folgendes: Berücksichtigt die vertragliche Vereinbarung einen für die Wirtschaftsbeteiligten erkennbaren und offen ausgewiesenen kalkulatorischen Teilbetrag für tatsächlich eintretende oder von den Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erwartete Forderungsausfälle, kann dieser bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage entsprechend in Abzug gebracht werden, da der Wesensgehalt dieser Leistung insoweit nicht im Factoring besteht. Bemessungsgrundlage für die Leistung des Factors beim Kauf solcher zahlungsgestörten Forderungen ist die Differenzzwischen dem im Abtretungszeitpunkt nach Ansicht der Parteien voraussichtlich realisierbaren Teil der dem Factor abzutretenden Forderungen (wirtschaftlicher Nennwert) und dem Betrag, den der Factor seinem Anschlusskunden als Preis für diese Forderungen zahlt, abzüglich der in dem Differenzbetrag enthaltenen Umsatzsteuer. Der wirtschaftliche Nennwert entspricht regelmäßig dem Wert, den die Beteiligten der Forderung tatsächlich beimessen, einschließlich der Vergütung für den Einzug der Forderung und der Delkrederegebühr oder vergleichbarer Zahlungen, die der Factor für das Risiko des Forderungsausfalls erhält und die als Gegenleistung für eine Leistung des Factors anzusehen sind. Zu weiteren Einzelheiten s. Abschn. 18 Abs. 12 UStR.

Ist beim Factoring eine Kreditgewährung als eigenständige Hauptleistung anzunehmen, gehört der Teil der Differenz, der als Entgelt für die Kreditgewährung gesondert vereinbart wurde, nicht zur Bemessungsgrundlage der Factoringleistung. Zur Bemessungsgrundlage beim Forderungskauf ohne Übernahme des Forderungseinzugs vgl. Abschn. 153 Abs. 6 UStR.

Tz. 180 Entgeltliche Zuschüsse

Zuschüsse (Zahlungen unter den Bezeichnungen Zuschuss, Zuwendung, Beihilfe, Prämie, Ausgleichsbetrag, Subvention u. Ä.) sind Entgelt für eine Leistung an den Zahlenden, wenn ein Leistungsaustauschverhältnis zwischen dem leistenden Unternehmer (Zahlungsempfänger) und dem Zahlenden besteht. Der Zahlungsempfänger muss seine Leistung erkennbar um der Gegenleistung willen erbringen. Der Zahlende muss einen Gegenstand oder einen sonstigen Vorteil erhalten, aufgrund dessen er als Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung angesehen werden kann, und beim Zahlenden (oder am Ende der Verbraucherkette) muss ein Verbrauch i. S. des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts vorliegen. Ob die Leistung des Zahlungsempfängers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf den Erhalt einer Gegenleistung (Zahlung) richtet, ergibt sich aus den Vereinbarungen des Zahlungsempfängers mit dem Zahlenden, z. B. den zugrunde liegenden Verträgen oder den Vergaberichtlinien. Die Zwecke, die der Zahlende mit den Zahlungen verfolgt, können allenfalls Aufschlüsse darüber geben, ob die erforderliche innere Verknüpfung zwischen Leistung und Zahlung vorliegt. Die Annahme eines Leistungsaustauschs setzt weder auf der Seite des Zahlenden noch auf der Seite des Zahlungsempfängers rechtlich durchsetzbare Ansprüche voraus. Besteht danach eine innere Verknüpfung zwischen der Leistung des Zahlungsempfängers und der Zahlung, ist die Zahlung Entgelt für die Leistung des Zahlungsempfängers. Beispiele enthält Abschn. 150 Abs. 2 UStR. Der , Office des produits wallons ASBL, EuGHE 2001, I - 09115 NWB CAAAB-79403) hat folgende – kumulativ zu erfüllende – Kriterien aufgestellt, nach denen Subventionen i. S. des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL zur Besteuerungsgrundlage gehören können:

  • Die Möglichkeit, dass sich eine Subvention auf den Preis der Lieferungen und Dienstleistungen des Subventionsempfängers auswirkt, ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für den Entgeltcharakter.

  • Die Subvention muss für eine bestimmte Leistung des Subventionsempfängers gezahlt werden (wobei es sich nicht um einen Umsatz an den Subventionsgeber handelt) – innerer Zusammenhang zwischen Leistung und Subvention. Dieser Zusammenhang kann anhand eines Vergleichs des Preises der Leistung mit ihren normalen Gestehungskosten überprüft werden. Eine andere Möglichkeit ist die Untersuchung, ob Zuschüsse gekürzt werden, wenn Leistungen nicht erbracht (z. B. Gegenstände nicht hergestellt) werden.

  • Zu dem Zeitpunkt, zu dem der innere Zusammenhang zwischen der Subvention und der dafür erbrachten Leistung festzustellen ist, muss der Preis der Leistung in seinen Grundzügen festliegen. Er muss jedoch noch nicht eindeutig bestimmt sein, es genügt, dass er bestimmbar ist.

  • Der Subventionsempfänger muss spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat, einen Anspruch auf Auszahlung der Subvention haben.

  • Der vom Empfänger der Leistung zu zahlende Preis muss sich entsprechend der Subvention ermäßigen, d. h. die Subvention muss in die Kalkulation des Preises einfließen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Subventionshöhe und die Preisermäßigung deckungsgleich sind. Es genügt, dass das Verhältnis zwischen dieser Ermäßigung und der Subvention signifikant ist.

Ein Leistungsaustausch ist weiterhin zu bejahen bei Zuschüssen der Mineralölfirmen an Tankstellenunternehmer zum Aufbau und zur Erweiterung von Tankstellenanlagen oder bei Vergütungen einer Gebietskörperschaft an eine private Tierkörperbeseitigungsanstalt wegen der Übernahme einer öffentlich-rechtlichen Pflichtaufgabe. Ein Leistungsaustausch ist auch gegeben, wenn ein Bauherr ein Geschäftshaus mit Tiefgarage errichtet und sich gegen Entgelt gegenüber der Stadt verpflichtet, einen Teil der Stellplätze der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Tz. 181 Zuschüsse eines Dritten (zusätzliches Entgelt)

§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG

Zusätzliches Entgelt i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG sind solche Zahlungen, die von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Lieferung oder sonstige Leistung des Zahlungsempfängers gewährt werden. Es handelt sich insoweit lediglich um einen verkürzten Zahlungsweg. Zusätzliches Entgelt liegt vor, wenn der Leistungsempfänger auf die Zahlung einen Rechtsanspruch hat, der Zuschuss an ihn in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung gewährt oder zumindest im Interesse des Leistungsempfängers geleistet wird (, BStBl 1987 II S. 228). Zusätzliches Entgelt liegt z. B. bei der Erstattung von Fahrgeldausfällen nach dem Schwerbehindertengesetz für die unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten vor (, BStBl 1986 II S. 723; vgl. dazu auch NWB FAAAC-83358, betreffend Zahlungen gem. §§ 142 und 148 SGB IX ). Das Gleiche gilt z. B., wenn die Bundesagentur für Arbeit einer Werkstatt für behinderte Menschen pauschale Zuwendungen zu den Sach-, Personal- und Beförderungskosten gewährt, die für die Betreuung und Ausbildung der Behinderten entstehen.

Ein zusätzliches steuerbares Entgelt ist anzunehmen, wenn die Zahlung die Entgeltzahlung des Leistungsempfängers ergänzt und sie damit preisauffüllenden Charakter hat, d. h. den erklärten Zweck hat, das Entgelt für die Leistung des Zahlungsempfängers an den Leistungsempfänger auf die nach Kalkulationsgrundsätzen erforderliche Höhe zu bringen und dadurch das Zustandekommen eines Leistungsaustauschs zu sichern oder wenigstens zu erleichtern. Ein Entgelt von dritter Seite liegt auch vor, wenn der Zahlungsempfänger in pauschalierter Form das erhalten soll, was ihm vom Begünstigten (Leistungsempfänger) für die Leistung zustünde, wobei eine Kostendeckung nicht erforderlich ist (, BStBl 1986 II S. 723). Diese Grundsätze gelten auch, wenn bei der Einschaltung von Unternehmern in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts der eingeschaltete Unternehmer einen eigenen gesetzlichen oder sonstigen Anspruch auf die Zahlung hat. Auch wenn es nach den Vergabebedingungen im Ermessen des Zuwendungsgebers steht, ob er die Mittel der juristischen Person des öffentlichen Rechts oder unmittelbar dem eingeschalteten Unternehmer gewährt, ist entscheidend, dass der Unternehmer einen eigenen Anspruch auf die Zuwendung hat (vgl. , BStBl 1991 I S. 81).

Druckkostenzuschüsse eines Dritten an einen Verlag sind grds. dann Entgelt für die Leistung des Verlags an den Dritten, wenn zwischen dem Verlag und dem Dritten ein Leistungsaustauschverhältnis z. B. aufgrund eines gegenseitigen Vertrags besteht (vgl. im Einzelnen , BStBl 2005 I S. 1087; vgl. hierzu auch Sobotta, NWB F. 7 S. 6705 NWB FAAAB-83938).

Tz. 182 Nichtsteuerbare Zuschüsse (echte Zuschüsse)

Nicht steuerbare (echte) Zuschüsse liegen vor, wenn die Zahlungen nicht aufgrund eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden, die Zahlungen also nicht an bestimmte Umsätze anknüpfen, sondern unabhängig von einer bestimmten Leistung gewährt werden, weil z. B. der Zahlungsempfänger einen Anspruch auf die Zahlung hat oder weil in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung bzw. im überwiegenden öffentlich-rechtlichen Interesse an ihn gezahlt wird (, BStBl 1987 II S. 228). Die Abgrenzung zwischen echtem Zuschuss und zusätzlichem Entgelt von dritter Seite wird nach der Person des Bedachten und nach dem Förderungsziel vorgenommen. Echte Zuschüsse liegen auch vor, wenn der Zahlungsempfänger die Zahlungen lediglich erhält, um ganz allgemein in die Lage versetzt zu werden, überhaupt tätig zu werden oder seine nach dem Gesellschaftszweck obliegenden Aufgaben erfüllen zu können. So sind Zahlungen echte Zuschüsse, die vorrangig dem leistenden Zahlungsempfänger zu seiner Förderung aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen gewährt werden (, BStBl 1998 II S. 169). Das gilt auch für Beihilfen in der Landwirtschaft, durch die Strukturveränderungen oder Verhaltensänderungen, z. B. aufgrund von EG-Marktordnungen, gefördert werden sollen. Vorteile in Form von Subventionen, Beihilfen, Förderprämien, Geldpreisen und dergleichen, die ein Unternehmer als Anerkennung oder zur Förderung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Tätigkeiten ohne Bindung an bestimmte Umsätze erhält, sind kein Entgelt. Die bloße technische Anknüpfung von Förderungsmaßnahmen an eine Leistung des Zahlungsempfängers führt nicht dazu, dass die Förderung als zusätzliches Entgelt für die Leistung zu beurteilen ist, wenn das Förderungsziel nicht die Subvention der Preise zugunsten der Abnehmer (Leistungsempfänger), sondern die Subvention des Zahlungsempfängers ist (, BStBl 1990 II S. 708). Ebenfalls kein Entgelt sind Beispiele echter Zuschüsse: Zuschüsse der Bundesanstalt für Arbeit, die nach dem AFG zu den Löhnen und Ausbildungsvergütungen oder zu bestimmten Baumaßnahmen sowie zur Winterbauförderung gewährt werden. Abwrackprämien, Filmförderungshilfen, Lernmittelzuschüsse an Schulbuchlieferanten, Zuschüsse zur Errichtung von Schutzbauten, Zuschüsse zur Errichtung von Windenergieanlagen, Milchaufgabe- und Kartoffelproduktionsaufgabezuschüsse, Rodungsprämien.

Zuwendungen aus öffentlichen Kassen, die ausschließlich auf der Grundlage des Haushaltsrechts und den dazu erlassenen Allgemeinen Nebenbestimmungen vergeben werden, sind grds. echte Zuschüsse (vgl. im Einzelnen Abschn. 150 Abs. 8 UStR). Zur Beurteilung von Zuwendungen aus öffentlichen Kassen zur Projektförderung sowie zur institutionellen Förderung, z. B. zu Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, vgl. , BStBl 2006 I S. 502.

Tz. 183 Durchlaufende Posten

§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG

Beträge, die ein Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten), gehören nicht zum Entgelt. Durchlaufende Posten liegen vor, wenn der Unternehmer, der die Beträge vereinnahmt und verausgabt, im Zahlungsverkehr lediglich die Funktion einer Mittelsperson ausübt, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben und auch nicht zur Zahlung an den Empfänger aufgrund eigener Leistungsschuld verpflichtet zu sein. Zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem Zahlungsempfänger müssen unmittelbare Rechtsbeziehungen bestehen. Das setzt voraus, dass der Zahlungsverpflichtete und der Zahlungsempfänger jeweils den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrags erfahren. Dieser Grundsatz ist i. d. R. auf Abgaben und Beiträge nicht anzuwenden. Durchlaufende Posten können auch gegeben sein, wenn die Mittelsperson dem Zahlungsempfänger die Namen der Zahlungsverpflichteten und die jeweilige Höhe der Beträge nicht mitteilt. Gebühren und Auslagen, die Rechtsanwälte, Notare und Angehörige verwandter Berufe bei Behörden und ähnlichen Stellen für ihre Auftraggeber auslegen, können als durchlaufende Posten auch dann anerkannt werden, wenn sie dem Zahlungsempfänger Namen und Anschriften der Auftraggeber nicht mitteilen. Voraussetzung ist, dass die Kosten nach Kostenordnungen berechnet werden, die den Auftraggeber (Mandanten) als Kosten-(Gebühren-)schuldner bestimmen. Die Annahme eines durchlaufenden Postens scheidet aus, wenn der Unternehmer die Beträge gesamtschuldnerisch mit dem Empfänger seiner Leistung schuldet.

Durchlaufende Posten sind z. B. Auslagen eines Bestattungsunternehmens für behördliche oder kirchliche Hoheitsakte; Kaufpreise, die ein Handelsvertreter für seinen Geschäftsherrn einzieht; Prämien für Versicherungen, die Kraftfahrzeughändler vermittelt haben und vom Käufer der Kraftfahrzeuge zur Weiterleitung an die Versicherungsgesellschaft empfangen; die Kurtaxe, die der Heiminhaber vom Gast (Schuldner) erhebt und an den Gläubiger (Gemeinde) abführt; Inkasso, Nachnahme- und Konsulatsgebühren, die Spediteure und Frachtführer im Namen und für Rechnung eines anderen auslegen und einziehen. Zu durchlaufenden Posten bei der Weiterberechnung von Gebühren und Pauschalen durch Notare, Rechtsanwälte und Angehörige verwandter Berufe vgl. OFD Karlsruhe, Verfügung. v. - S 7200 NWB IAAAD-15469.

Nach (BStBl 2000 II S. 100) kann ein Unternehmer, der Abfälle einzelner Kunden in Containern bei Mülldeponien eines Landkreises anliefert und gemäß dessen Abfallsatzung als Gebührenschuldner der Deponiegebühren herangezogen wird, diese Gebühren als durchlaufenden Posten behandeln. Voraussetzung ist, dass dem Betreiber der Deponie der jeweilige Auftraggeber bekannt ist, z. B. aufgrund eines vom Anlieferer abgegebenen Ursprungszeugnisses oder Deponieauftrags. Siehe hierzu auch , BStBl 2000 I S. 360.

Zu Frage, inwieweit Portokosten, die Werbeagenturen, Lettershops usw., die die Versendung von Prospekten u. ä. für ihre Kunden übernehmen, an die Kunden weiter berechnen, ggf. als durchlaufende Posten behandelt werden können oder ob sie als Teil des Entgelts für die Leistung der Agentur usw. anzusehen sind, vgl. NWB JAAAC-90168 sowie OFD Karlsruhe, Verfügung v 3. 8. 2009 - S 7200.

Tz. 184 Pfandscheine, Tausch, Hingabe an Zahlungs statt

§ 10 Abs. 2 UStG

Werden Rechte (Einlösung der Pfandsache) übertragen, die mit dem Besitz eines Pfandscheins verbunden sind (Fall der Schuldübernahme), gilt als vereinbartes Entgelt der Preis des Pfandscheins zuzüglich der Pfandsumme ohne Umsatzsteuer. Pfandsumme ist der Betrag, den der Erwerber des Pfandscheins bei dessen Einlösung dem Pfandleiher zurückzuzahlen hat.

Beim Tausch, tauschähnlichen Umsatz und bei Hingabe an Zahlungs statt (vgl. Tz. 66) gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Anzusetzen ist der gemeine Wert. Soweit der Wert des Entgelts nicht ermittelt werden kann, ist er zu schätzen. Anhaltspunkt für die Bewertung der Gegenleistung können die Aufwendungen sein, die dem leistenden Unternehmer für die Leistung entstanden sind (vgl. , BStBl 1997 II S. 668).

Wird ein Geldbetrag zugezahlt, handelt es sich um einen Tausch oder tauschähnlichen Umsatz mit Baraufgabe. In diesen Fällen gehört zum Entgelt des Zahlungsempfängers auch der Geldbetrag; beim anderen Unternehmer ist der Wert der Sachleistung um diesen Betrag zu mindern.

Nimmt ein Kraftfahrzeughändler beim Verkauf eines Neuwagens einen Gebrauchtwagen in Zahlung, gehört zum Entgelt für den Neuwagen neben der Barzahlung auch der gemeine Wert (abzüglich Umsatzsteuer) des Gebrauchtwagens zur Zeit seiner Annahme an Zahlungs statt. Ist sein Anrechnungswert nachweislich höher als der gemeine Wert, stellt der Unterschiedsbetrag einen verdeckten Preisnachlass dar, der das Entgelt für die Lieferung des Neuwagens grds. mindert. Vgl. Beispiel 1 in Abschn. 153 Abs. 4 UStR. Ein verdeckter Preisnachlass kann mit steuerlicher Wirkung nur anerkannt werden, wenn die Höhe der Entgeltminderung nachgewiesen wird. Wegen zulässiger Methoden zur Ermittlung des gemeinen Werts vgl. Abschn. 153 Abs. 4 Satz 5 Nr. 1–3 und Beispiel 2 UStR. Das Neuwagenentgelt kann auch um den verdeckten Preisnachlass ungemindert bleiben, also mit dem höheren Preis angesetzt werden. Der gemeine Wert ist mit 0 € oder mit dem Schrotterlös anzusetzen, wenn der in Zahlung genommene Gebrauchtwagen nicht weiterverkauft, sondern unbefristet und nachweislich (z. B. durch Vorlage des entwerteten Kraftfahrzeugbriefs) verschrottet wird. Umsätze beim Austauschverfahren in der Kraftfahrzeugwirtschaft sind i. d. R. Tauschlieferungen mit Baraufgabe. Ihre steuerliche Behandlung ist in Abschn. 153 Abs. 3 UStR aufgezeigt.

Zum Entgelt für eine Werkleistung kann neben der vereinbarten Barvergütung auch der bei der Werkleistung anfallende Materialabfall gehören, den der Auftraggeber dem Auftragnehmer überlässt. Der Wert des Materialabfalls kann auch dann anteiliger Teil des Leistungsentgelts sein, wenn über den Verbleib des Materialabfalls keine besondere Vereinbarung getroffen wurde. Zu Einzelheiten bei der Entsorgung wertstoffhaltiger Abfälle vgl. Abschn. 153 Abs. 2 UStR.

Tz. 185 Bemessungsgrundlage bei unentgeltlichen Wertabgaben

§ 10 Abs. 4 UStG

Bei den einer Lieferung gleichgestellten Wertabgaben i. S. des § 3 Abs. 1b UStG (vgl. Tz. 50) ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage grds. vom Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand im Zeitpunkt der Entnahme oder Zuwendung auszugehen. Im Regelfall entspricht der Einkaufspreis dem Wiederbeschaffungspreis für diesen Gegenstand. Kann der Einkaufspreis für einen Gegenstand nicht ermittelt werden, sind als Bemessungsgrundlage die Selbstkosten anzusetzen. Diese umfassen alle durch den betrieblichen Leistungsprozess bis zum Zeitpunkt der Entnahme oder Zuwendung entstandenen Kosten. Die auf die Wertabgabe entfallende Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.

Eine unentgeltliche Wertabgabe wird nach § 3 Abs. 1b UStG nur dann einer entgeltlichen Lieferung gleichgestellt, wenn der entnommene oder zugewendete Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Als Bestandteile gelten alle nicht selbständig nutzbaren Wirtschaftsgüter, die mit dem gelieferten Gegenstand in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen, auch wenn sie in den Gegenstand erst später eingegangen sind (z. B. eine nachträglich in ein Kraftfahrzeug eingebaute Klimaanlage). Entnimmt der Unternehmer einen Gegenstand (z. B. einen Pkw), den er ohne Vorsteuerabzugsrecht erworben hatte und in den während der Unternehmenszugehörigkeit Bestandteile mit Vorsteuerabzugsrecht eingebaut wurden, ist die Entnahmebesteuerung nur hinsichtlich der Bestandteile zu bemessen (und nicht nach dem entnommenen Gegenstand als solchem), die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben und die ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren haben. Diese Entnahmebesteuerung setzt außerdem voraus, dass die Bestandteile zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt haben. Selbständig nutzbare bzw. wiederverwendbare Bestandteile (z. B. Autoradio, Dachgepäckträger) sind selbst Gegenstand einer Entnahme. Im Fall der Entnahme eines ohne Vorsteuerabzug erworbenen Gegenstands, an dem während der Unternehmenszugehörigkeit – mit Vorsteuerberechtigung – sonstige Leistungen (z. B. Lack- oder Karosseriearbeiten) vorgenommen worden sind, ist eine Entnahmebesteuerung ausgeschlossen, weil sonstige Leistungen nicht zum Einbau von Bestandteilen führen können. Wenn der Wert der sonstigen Leistungen im Zeitpunkt der Entnahme des Gegenstands noch nicht unternehmerisch verbraucht ist, kann eine Vorsteuerberichtigung in Betracht kommen (vgl. , C-323/99, Fischer, Brandenstein NWB ZAAAB-72726).

Aus Vereinfachungsgründen wird keine dauerhafte Werterhöhung des Wirtschaftsguts angenommen, wenn die vorsteuerentlasteten Aufwendungen für den Einbau von Bestandteilen 20 % der Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts oder einen Betrag von 1 000 € nicht übersteigen. In diesen Fällen kann auf eine Besteuerung der Bestandteile nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG i. V. mit Satz 2 UStG bei der Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Wirtschaftsguts, das der Unternehmer ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben hat, verzichtet werden. Werden an einem Wirtschaftsgut mehrere Bestandteile in einem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang eingebaut, handelt es sich nicht um eine Maßnahme, auf die in der Summe die Bagatellregelung angewendet werden soll. Es ist vielmehr für jede einzelne Maßnahme die Vereinfachungsregelung zu prüfen (vgl. , BStBl 2004 I S. 1127).

Zuwendungen von Gegenständen (Sachzuwendungen) an das Personal für dessen privaten Bedarf sind auch dann steuerbar, wenn sie unentgeltlich sind, d. h. wenn sie keine Vergütungen für die Dienstleistung des Arbeitnehmers darstellen. Zur Bemessungsgrundlage in diesen Fällen vgl. Abschn. 12 UStR. Zur Steuerbarkeit und zum Entgelt für die Überlassung von Firmenwagen zur privaten Nutzung an Arbeitnehmer vgl. auch NWB MAAAD-00214.

Tz. 186 Bemessungsgrundlage bei einer sonstigen Leistung gleichgestellten unentgeltlichen Wertabgabe

Bei einer der sonstigen Leistung gleichgestellten Wertabgabe i. S. des § 3 Abs. 9a UStG (vgl. Tz. 63) bilden die bei der Ausführung der Leistung entstandenen Ausgaben die Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG). Besteht die Wertabgabe in der Verwendung eines Gegenstands (§ 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG), sind nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG aus der Bemessungsgrundlage solche Ausgaben auszuscheiden, die nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Dabei ist es unerheblich, ob das Fehlen des Abzugsrechts darauf zurückzuführen ist, dass für die Leistung an den Unternehmer keine Umsatzsteuer geschuldet wird oder dass die Umsatzsteuer für die empfangene Leistung beim Unternehmer nach § 15 Abs. 1a oder 2 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist oder dass die Aufwendungen in öffentlichen Abgaben (Steuern, Gebühren oder Beiträgen) bestehen. Bei der unternehmensfremden Verwendung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs gehören danach anteilig zur Bemessungsgrundlage nur die voll oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigenden Kosten, z. B. die Kosten für die Inspektion, für Benzin, Öl, Pflege, Ersatzteile, Zubehör, laufende Instandhaltung und die AfA. Nicht zur Bemessungsgrundlage gehören z. B. Kraftfahrzeugsteuer, Kraftfahrzeugversicherung und Gebühren für das Autoradio. Zu den Ausgaben gehören auch die unternehmerisch veranlassten Unfallkosten.

Tz. 187 Ermittlung der Ausgaben, Verteilung nach Vorsteuerberichtigungszeitraum

Hinsichtlich der Ermittlung der Ausgaben i. S. des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG gilt (für ab 1. 7. 2004 angeschaffte oder hergestellte Gegenstände) Folgendes: Maßgebend sind die Ausgaben des Unternehmers für die Erbringung der sonstigen Leistung. Dazu zählen deshalb auch Ausgaben, die aus Zuschüssen finanziert worden sind. Die Vorsteuerbeträge, die nach § 15 UStG abziehbar sind, sind keine Ausgaben. Zu den zu berücksichtigenden Ausgaben gehören z. B. Aufwendungen des Unternehmers für den laufenden Betrieb oder Unterhalt des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, aber auch Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Die Bemessungsgrundlage richtet sich bei unentgeltlichen Wertabgaben gem. § 10 Abs. 4 Nr. 2 und 3 UStG in Form der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für private Zwecke und der unentgeltlichen Erbringung einer Dienstleistung nicht mehr wie früher nach den bei der Einkommensteuer zugrunde gelegten Kosten, sondern nach dem Vorsteuerberichtigungszeitraum für das verwendete Wirtschaftsgut. D. h. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gegenstands sind dabei abweichend von den ertragsteuerlichen Grundsätzen gleichmäßig auf den nach § 15a UStG für diesen Gegenstand jeweils maßgeblichen Berichtigungszeitraum zu verteilen. Nach Ablauf dieses maßgeblichen Berichtigungszeitraums sind die auf den Gegenstand entfallenden Aufwendungen vollständig in die Bemessungsgrundlage eingeflossen und in den Folgejahren nicht mehr als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. D. h. die Anschaffungskosten für das Wirtschaftsgut sind für Zwecke der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe auf den maßgeblichen Berichtigungszeitraum zu verteilen, so dass nach Ablauf dieses Zeitraums der ursprüngliche, auf die Privatnutzung entfallende Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs-/Herstellungskosten pro rata temporis vollständig korrigiert worden ist. Dem Unternehmer verbleibt somit nur der Finanzierungsvorteil aus dem sofortigen Vorsteuerabzug. Die Beschränkung des Abschreibungszeitraums für die Bemessung der Kosten der privaten Nutzungsentnahme auf den Berichtigungszeitraum des § 15a UStG hat zur Folge, dass für Gebäude lediglich von einer Nutzungsdauer von zehn Jahren und damit einer jährlichen Abschreibung von 10 % auszugehen ist. Das Abstellen auf den Berichtigungszeitraum gilt für Grundstücke und andere Gegenstände, insbesondere bewegliche Investitionsgüter, die einkommensteuerrechtlich Anlagevermögen darstellen. Damit gilt für diese Gegenstände eine umsatzsteuerrechtliche Sonderbehandlung insbesondere der „AfA”, die sich nicht mit handels- und ertragsteuerrechtlichen Abschreibungszeiträumen deckt.

Betragen bei einem Gegenstand die Anschaffungs- oder Herstellungskosten weniger als 500 €, sind diese nicht auf mehrere Jahre zu verteilen, sondern im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zu berücksichtigen.

Der EuGH hat diese seit 1. 7. 2004 geltende Rechtslage für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar erklärt (, Wollny NWB RAAAC-09459). Danach ist Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL dahin auszulegen, dass er der Festsetzung der Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer für die private Nutzung eines Teils eines Gebäudes, das der Steuerpflichtige in vollem Umfang seinem Unternehmen zugeordnet hat, auf einen Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes, der sich nach dem gem. Art. 20 der 6. EG-RL vorgesehenen Zeitraum für die Berichtigung der Vorsteuerabzüge bestimmt, nicht entgegensteht. Die Bemessungsgrundlage muss die Kosten des Erwerbs des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet ist, enthalten, wenn der Unternehmer für die Anschaffung den Vorsteuerabzug geltend machen konnte.

Nach , BStBl 2007 II S. 676, hat die Anwendung der Neufassung von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG auf vor dem liegende Zeiträume keine Rechtsgrundlage. Deshalb ist auch in den Fällen, in denen ein Unternehmer für einen Zeitraum vor dem ein Gebäude seinem Unternehmen zugeordnet und auch für den nichtunternehmerisch verwendeten Teil des Gebäudes den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in der bis einschließlich geltenden Fassung anzuwenden. Dies bedeutet, dass in der Zeit vor dem die Kosten als Bemessungsgrundlage anzusetzen sind, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Dabei ist grds. von den bei der Einkommensteuer zugrunde gelegten Kosten auszugehen (vgl. dazu im Einzelnen , BStBl 2007 I S. 690).

Zur Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs und zur Überlassung an das Personal vgl. auch , BStBl 2004 I S. 864.

Tz. 188 Mindestbemessungsgrundlage

§ 10 Abs. 5 UStG

Für Lieferungen und sonstige Leistungen zu unangemessen niedrigen Entgelten, die Körperschaften und Personenvereinigungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1–5 KStG, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahe stehenden Personen sowie Einzelunternehmer an ihnen nahe stehende Personen oder Unternehmer an ihr Personal oder dessen Angehörige aufgrund des Dienstverhältnisses ausführen, ist die Umsatzsteuer nach einer Mindestbemessungsgrundlage zu berechnen. Als „nahe stehende Personen” sind Angehörige i. S. des § 15 AO sowie andere Personen und Gesellschaften anzusehen, zu denen ein Anteilseigner, Gesellschafter usw. eine enge rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Beziehung hat. Ist das für die genannten Umsätze entrichtete Entgelt niedriger als die nach § 10 Abs. 4 UStG in Betracht kommenden Werte oder Ausgaben für gleichartige unentgeltliche Leistungen, sind als Bemessungsgrundlage die Werte oder Ausgaben nach § 10 Abs. 4 UStG anzusetzen. Die Mindestbemessungsgrundlage kommt nicht in Betracht, wenn das vereinbarte niedrigere Entgelt marktüblich ist. Bei der Festlegung der Mindestbemessungsgrundlage sind die Werte oder Ausgaben anzusetzen, die nach § 10 Abs. 4 UStG (Tz. 185) für gleichartige unentgeltliche Umsätze gelten. Bei der Vermietung und Verpachtung von Gebäuden, einschließlich mitvermieteter Betriebsvorrichtungen, gehören zu den nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG anzusetzenden Ausgaben auch die AfA, erhöhte AfA und Sonderabschreibungen. Dabei kann abweichend von der ertragsteuerlichen Behandlung nur die AfA in gleichen Jahresbeträgen zugrunde gelegt werden. In diesem Fall kann die AfA-Bemessungsgrundlage nicht um ertragsteuerlich zulässige Abzüge gekürzt werden.

Bei der verbilligten Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer in unternehmenseigenen Kantinen ist der vom Arbeitnehmer gezahlte Essenspreis, mindestens jedoch der amtliche Sachbezugswert der Besteuerung zugrunde zu legen. Bei der verbilligten Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer in einer von einem Dritten (Caterer) betriebenen Kantine gehört zur Bemessungsgrundlage auch das vom Unternehmer an den Dritten gezahlte Entgelt. Ein Anspruch auf Anwendung der amtlichen Sachbezugswerte wie bei unternehmenseigenen Kantinen besteht dabei nicht (, BStBl 2003 II S. 675). Die verbilligte Überlassung von Arbeitskitteln und -jacken an Arbeitnehmer unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage, wenn die Überlassung durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist und es sich nicht um eine Leistung aufgrund des Dienstverhältnisses handelt (vgl. NWB VAAAC-77911). Die verbilligte Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage, wenn sie durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist (vgl. NWB LAAAC-87374, Anschluss an NWB VAAAC-77911).

Bei der Ermittlung der Mindestbemessungsgrundlage sind solche Kosten auszuscheiden, bei denen kein Vorsteuerabzug möglich ist. Dabei bleiben z. B. Kreditzinsen und Grundsteuer bei den Kosten, die bei der Vermietung eines Gebäudes zu ermitteln sind, außer Betracht (vgl. , BStBl 1997 II S. 374).

Der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage steht nicht entgegen, dass über eine ordnungsgemäß durchgeführte Lieferung an einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer abgerechnet wird (vgl. NWB KAAAC-74134).

Tz. 189 Bemessungsgrundlage für Beförderungen von Personen im Gelegenheitsverkehr mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen

§ 10 Abs. 6 UStG

Bei Beförderungen von Personen im Gelegenheitsverkehr (Ausflugsfahrten, Ferienzielreisen, Mietomnibusverkehr i. S. des Personenbeförderungegesetzes) mit Kraftomnibussen (Kraftfahrzeug nach Bauart und Ausstattung zur Beförderung von mehr als neun Personen geeignet und bestimmt), die nicht im Inland zugelassen sind, tritt in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung i. S. des § 16 Abs. 5 UStG an die Stelle des vereinbarten Entgelts ein Durchschnittsbeförderungsentgelt. Der Unternehmer kann im Inland, im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Drittlandsgebiet ansässig sein. Bei den bezeichneten Verkehren handelt es sich im Regelfall um grenzüberschreitende Beförderungen, bei denen bei der Einreise nach Deutschland bzw. der Ausreise aus Deutschland eine Grenze zu einem Drittland überquert wird. Es kann sich auch um Beförderungen handeln, die im Inland beginnen und enden (z. B. wenn im Rahmen einer grenzüberschreitenden Beförderung eine getrennt zu buchende Tagesfahrt durchgeführt wird). Bei den Beförderungen ist nur der Teil der Leistung steuerbar und steuerpflichtig, der auf das Inland entfällt. Wegen der zu berücksichtigenden Streckenanteile s. §§ 2, 3, 5, 6 UStDV und Tz. 75.

Das Durchschnittsbeförderungsentgelt beträgt 4,43 Cent je Personenkilometer (§ 25 UStDV). Die maßgebliche Zahl der Personenkilometer ergibt sich aus der Vervielfachung der Anzahl der beförderten Personen mit der Anzahl der tatsächlich im Inland durchfahrenen Kilometer und der als im Inland geltenden durchfahrenen Kilometer. Zu den beförderten Personen rechnen nicht Fahrer, Beifahrer, Begleitpersonen als Angestellte des Beförderers (z. B. Reiseleiter, Dolmetscher, Stewardessen) und unentgeltlich mitbeförderte Kleinkinder (unter vier Jahren). Dagegen sind Personen, die der Beförderer aus privaten Gründen unentgeltlich mitbefördert (z. B. Angehörige), mitzuzählen, soweit eine sonstige Leistung i. S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vorliegt, die nach § 3f UStG im Inland ausgeführt wird.

Die Umsatzsteuer wird im Gelegenheitsverkehr mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen von der zuständigen Eingangs- oder Ausgangszollstelle für jeden einzelnen steuerpflichtigen Umsatz berechnet und festgesetzt. Es sind geregelt die Steuerberechnung in § 16 Abs. 5 UStG (Tz. 253), das Besteuerungsverfahren in § 18 Abs. 5 UStG (Tz. 260) und die Anrechnung der im Weg der Beförderungseinzelbesteuerung erhobenen Umsatzsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren in § 18 Abs. 5b UStG. Die Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG ist bei der Beförderungseinzelbesteuerung nicht anzuwenden. Vgl. zu den Einzelheiten auch „Merkblatt zur Umsatzbesteuerung von grenzüberschreitenden Personenberförderungen mit Omnibussen, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind” (, BStBl 2004 I S. 1015).

Tz. 190 Bemessungsgundlage bei Verwendung von Kreditkarten

Der ECOFIN-Rat hat am 17. 10. 2005 die VO (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL verabschiedet, die mit Wirkung v. 1. 7. 2006 (ABl EU 2005 Nr. L 288/1) gilt. – Vgl. hierzu Tz. 107, b. – Art. 13 der Verordnung regelt die Bemessungsgrundlage für einen Umsatz, bei dem der Leistungsempfänger den Kaufpreis mittels Kredit- oder Geldkarte entrichtet. Die Vorschrift bestimmt, dass der Betrag, den der Leistungsempfänger als Bedingung dafür, dass er eine Kredit- oder Geldkarte zur Entrichtung des Kaufpreises verwenden darf, dem leistenden Unternehmer oder einem anderen Unternehmen zahlt und der die Höhe des Kaufpreises nicht beeinflusst, zur Bemessungsgrundlage gehört. Die Regelung gilt ab . Sie folgt im Ergebnis dem , Chaussures Bally (EuGHE 1993, I - 2871), wonach im Fall der Entrichtung der Gegenleistung für einen Umsatz mittels Kreditkarte die von dem Kreditkartenunternehmen einbehaltene und von der Zahlung an den leistenden Unternehmer abgezogene Provision nicht zu einer Minderung des Entgelts für den Umsatz führt (vgl. auch Abschn. 149 Abs. 3 UStR).

V. Steuer und Vorsteuer

Tz. 191 Steuersätze

§ 12 Abs. 1 und 2 UStG

Die Umsatzsteuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 % (bis 31. 12. 2006: 16 %) der Bemessungsgrundlage (allgemeiner Steuersatz). Der ermäßigte Steuersatz beträgt unverändert 7 % (vgl. auch Küffner/Zugmaier, NWB F. 7 S. 6673 NWB JAAAB-79739, sowie Huschens, NWB F. 7 S. 6735 NWB HAAAB-88868). Zur Anhebung des Steuersatzes vgl. , BStBl 2006 I S. 477.

Die Umsatzsteuer ermäßigt sich auf 7 % für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen der Anlage 2 des UStG. Der ermäßigte Steuersatz ist ferner auf Umsätze anzuwenden, die in § 12 Abs. 2 Nr. 2–10 UStG aufgeführt sind (Tz. 193 ff.).

Besonderen Steuersätzen (Durchschnittssätzen) unterliegen land- und forstwirtschaftliche Umsätze, die nach § 24 UStG versteuert werden (Tz. 299 ff.).



Anzuwenden ist jeweils der Steuersatz, der in dem Zeitpunkt gilt, in dem der Umsatz ausgeführt wird. Zu beachten ist der Zeitpunkt des Umsatzes insbesondere bei der Änderung (Anhebung oder Herabsetzung) der Steuersätze, der Einführung oder Aufhebung von Steuervergünstigungen sowie der Einführung oder Aufhebung steuerpflichtiger Tatbestände. Eine Übersicht über die seit geltenden Steuersätze enthält Abschn. 160 Abs. 1 UStR.

Tz. 192 Steuerermäßigung für Umsätze mit Gegenständen der Anlage 2 des UStG

§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG

Die Gegenstände, deren Lieferung, Einfuhr und innergemeinschaftlicher Erwerb nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, sind in der Anlage 2 des UStG abschließend aufgeführt. Diese Liste umfasst im Wesentlichen folgende Warengruppen: land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Lebensmittel, Wasser, Milch und Milchmischgetränke, Futtermittel, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, Krankenfahrzeuge und Körperersatzstücke sowie Kunstgegenstände und Sammlungsstücke. Werklieferungen sind begünstigt, wenn das fertige Werk ein Gegenstand der Anlage ist, auch wenn er nach § 94 BGB wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist (z. B. eingesätes Saatgut). Nicht begünstigt sind sonstige Leistungen und Gegenstände, die als unselbständige Teile in eine sonstige Leistung eingehen (z. B. Zutaten bei Werkleistungen). Unselbständige Nebenleistungen zu Warenlieferungen (z. B. Verpacken, Befördern und Versenden der begünstigten Gegenstände durch den Lieferer) werden von der Steuerermäßigung mitumfasst. Die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Anlage des Grundstückseigentümers (sog. Hausanschluss) durch ein Wasserversorgungsunternehmen gegen gesondert berechnetes Entgelt fällt unter den Begriff „Lieferungen von Wasser” i. S. von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. mit Nr. 34 der Anlage zum UStG und ist deshalb mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern, wenn die Anschlussleistung an den späteren Wasserbezieher erbracht wird (, BStBl 2009 II S. 321; Nachfolgeentscheidung zu , Zweckverband NWB PAAAC-76445). Gleiches gilt, wenn die Anschlussleistung nicht an den späteren Wasserbezieher, sondern an einen Bauunternehmer oder Bauträger erbracht wird (vgl. , BStBl 2009 II S. 325). Die Anschlussleistung des Wasserversorgungsunternehmens stellt begrifflich eine Lieferung von Leitungswasser dar. Gleichwohl ist hierfür die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht zwingend ( NWB PAAAC-76445). Zu den Konsequenzen der und V R 27/06 vgl. , BStBl 2009 I S. 531 sowie im Einzelnen auch NWB QAAAD-24119 sowie Thüringer Landesfinanzdirektion, Verfügung v. - S 7100).

Die einzelnen Begriffe der ermäßigt zu besteuernden Waren sind durch Hinweise auf den Gemeinsamen Zolltarif (GZT) näher bestimmt. Durch diese Hinweise erhalten die an sich nur für das Zollrecht erlassenen Vorschriften unmittelbar Geltung für die Umsatzsteuer. Die Auslegung der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG richtet sich allein nach zolltariflichen Vorschriften und Begriffen, wenn sie vollumfänglich auf den Zolltarif Bezug nimmt (vgl. , V R 55/06 NWB KAAAD-13964). Umfasst eine Warenposition der Anlage ein ganzes Kapitel oder eine bzw. mehrere Positionen des GZT, sind alle zu diesen Kapiteln oder Positionen gehörenden Waren begünstigt. Bei Expositionen (aus Position ... oder aus Kapitel ... des Zolltarifs) unterliegen nur die Waren der bezeichneten Position oder Unterposition oder, falls keine besondere Position oder Unterposition vorhanden ist, nur die in der Anlage ausdrücklich bezeichneten Waren dem ermäßigten Steuersatz. Im Übrigen sind für die Einordnung nach dem GZT die Allgemeinen Vorschriften (AV) zu beachten, die den Erläuterungen zum GZT vorangestellt sind. Danach sind Waren, die durch keine Tarifposition ausdrücklich erfasst werden, wie Waren zu behandeln, denen sie am meisten ähneln. Für gemischte oder zusammengesetzte Waren ist die Position mit der genaueren Warenbezeichnung anzuwenden. Erforderlichenfalls ist die zolltarifliche Einordnung nach dem charakterbestimmenden Stoff oder Bestandteil vorzunehmen.

Warenzusammenstellungen werden einheitlich nach dem charakterbestimmenden Bestandteil tarifiert, wenn dieser ermittelt werden kann, sofern sie aus Waren bestehen, die zur Befriedigung eines Bedarfs oder zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit zusammengestellt und die Zusammenstellungen für den Einzelverkauf aufgemacht sind. Zusammenstellungen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, wenn der charakterbestimmende Bestandteil ein Gegenstand der Anlage ist. Werden andere Warenzusammenstellungen geliefert, die die vorbezeichneten Voraussetzungen nicht erfüllen und die sich aus Gegenständen der Anlage und aus anderen Gegenständen zusammensetzen, ist der Umsatz entsprechend der getrennten Tarifierung aufzuteilen und in den Aufzeichnungen ersichtlich zu machen, wie sich das Entgelt auf die begünstigten und nichtbegünstigten Waren verteilt.

Zur Anwendung des Steuersatzes bei Kombinationsartikeln vgl. , BStBl 2006 I S. 286: Beträgt das Verkaufsentgelt für die erste Lieferung des Warensortiments nicht mehr als 20 € und sind die Waren bei dieser Lieferung so aufgemacht, dass sie sich ohne vorheriges Umpacken zur direkten Abgabe an den Endverbraucher eignen, wird die einheitliche Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für diese Lieferung und alle Lieferungen des selben Warensortiments auf den folgenden Handelsstufen nicht beanstandet, wenn der Wertanteil der in der Anlage 2 zum UStG genannten Gegenstände mindestens 90 % beträgt. Liegt der Wertanteil dieser Gegenstände unter 90 %, wird die einheitliche Anwendung des allgemeinen Steuersatzes nicht beanstandet. Der leistende Unternehmer hat den Leistungsempfänger in geeigneter Weise schriftlich auf die Anwendung der Vereinfachungsregelung hinzuweisen (z. B. im Lieferschein oder in der Rechnung). Dies gilt nicht für Umsätze auf der letzten Handelsstufe. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Vereinfachungsregelung ist in geeigneter Form aufzuzeichnen. Zur Bestimmung der Wertanteile der einzelnen Komponenten ist auf die Einkaufspreise zuzüglich der Nebenkosten oder in Ermangelung eines Einkaufspreises auf die Selbstkosten abzustellen. Besteht das Sortiment aus mehr als zwei Komponenten, sind Bestandteile, die einzeln betrachtet demselben Steuersatz unterliegen, zusammenzufassen. Von der Vereinfachungsregelung ausgeschlossen sind Warensortimente, die nach den Wünschen des Leistungsempfängers zusammengestellt oder vorbereitet werden (z. B. Präsentkörbe). Vgl. hierzu Schrader, NWB F. 7 S. 6709.

Zur Einordnung der verschiedenen Gegenstände unter die in Betracht kommenden Positionen können die Unternehmer bei der zuständigen Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) unverbindliche Auskünfte einholen. Das Verfahren und die Zuständigkeit der einzelnen ZPLA ergeben sich aus (BStBl 2000 I S. 1209); vgl. jedoch auch NWB KAAAD-15464. Eine verbindliche Tarifauskunft lediglich für Umsatzsteuerzwecke kann nicht verlangt werden (, HFR 1996 S. 22). Die Zollverwaltung hat einen Vordruck „Antrag auf Erteilung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke” aufgelegt, der künftig zu verwenden ist (vgl. , BStBl 2006 I S. 622).

Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (sog. Restaurationsumsatz) ist eine nicht begünstigte sonstige Leistung. Die Steuerermäßigung kann nur bei Lieferungen von Speisen und Getränken in Betracht kommen, die in der Anlage des UStG aufgeführt sind. Bei Catering-Unternehmen und beim Party-Service können nur dann begünstigte Lieferungen angenommen werden, wenn der Unternehmer sich auf das bloße Anliefern der Speisen beschränkt und vor Ort keine Serviceleistungen gegenüber den tatsächlichen verzehrenden Personen erbringt (, BStBl 1999 I S. 1039). Eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung und keine Lieferung von Speisen liegt vor, wenn im Rahmen einer Gesamtbetrachtung das Dienstleistungselement i. S. einer Bewirtungssituation überwiegt. Dies ist bei der Abgabe von warmem Mittagessen an Schüler insbesondere dann der Fall, wenn der Unternehmer nach dem Essen die Tische und das Geschirr abräumt und reinigt (vgl. , BStBl 2007 II S. 482, vgl. auch , BStBl 2007 II S. 480, zu einem Mahlzeitendienst, der Mittagessen auf eigenem Geschirr an Einzelabnehmer in deren Wohnung ausgibt). Wegen weiterer Abgrenzungsfragen vgl. Tz. 61. Die Abgabe von fertig zubereiteten Speisen aus einem Imbisswagen soll als Dienstleistung dem Regelsteuersatz unterliegen, wenn aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers das Dienstleistungselement der Speisenabgabe überwiegt; dagegen soll die bloße Abgabe von fertig zubereiteten Speisen „zum Mitnehmen” eine ermäßigt zu besteuernde Lieferung sein (so , BStBl 2007 II S. 487; der BFH hielt den Wortlaut des § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG 1993 in der seit geltenden Fassung nicht in vollem Umfang für gemeinschaftsrechtskonform). Die Abgabe fertig zubereiteter Speisen soll nach der BFH-Auffassung nur dann als eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Lieferung von Lebensmitteln angesehen werden können, wenn sich die von dem Unternehmer erbrachte Dienstleistung auf die bloße Vermarktung der Speisen beschränkt. Der Gesetzgeber ist inzwischen dem BFH gefolgt und hat mit dem JStG 2008 durch Streichung der Sätze 4 und 5 in § 3 Abs. 9 UStG die Klassifizierung/Typisierung der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle als sonstige Leistung aufgegeben (vgl. dazu auch , USt-Kartei HE, § 3 UStG, S 7100, Karte 10). Leistungen eines Catering-Unternehmers, die den Empfänger im Rahmen eines unter anderem die Erstellung der Speisepläne und die Reinigung von Geschirr und Besteck umfassenden „Rundum-sorglos-Pakets” in die Lage versetzen, sich hinsichtlich der Essensversorgung um nichts kümmern zu müssen, stellen keine Lieferung von Lebensmitteln in diesem Sinne dar ( NWB RAAAC-58189; Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: V B 193/07). Dienstleistungen und Vorgänge, die nicht notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden sind, sind kennzeichnend für eine Bewirtungstätigkeit. Nicht notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden ist deren Zubereitung zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen verzehrfertigen Gegenstand (vgl. NWB KAAAD-13964). Zum Steuersatz für die Leistungen eines Partyservices bei Gedeckgestellung vgl. ).

Die Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände gilt mit den Bezugnahmen auf den GZT ab . Ausführliche Erläuterungen der Finanzverwaltung zu den ermäßigt besteuerten Gegenständen finden sich im (BStBl 2004 I S. 638). Zur Vereinfachungsregelung bei der Anwendung der Steuerermäßigung auf Lieferungen von Münzen aus unedlen Metallen (Nr. 54 Buchst. c Doppelbuchst. bb der Anlage 2) vgl. , BStBl 2005 I S. 75. Zur Steuerermäßigung für Umsätze mit Sammlermünzen (Kalenderjahr 2009) vgl. , BStBl 2008 I S. 995.

Die orthopädische Zurichtung von Konfektionsschuhen ist eine sonstige Leistung; deshalb kommt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach Nr. 52 Buchst. b der Anlage 2 nicht in Betracht (, BStBl 2006 II S. 98). Zur Anwendung des Steuersatzes bzw. zur Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen bei Leistungen im Zusammenhang mit der Abgabe von Saatgut vgl. , BStBl 2006 I S. 240. Milchersatzprodukte pflanzlichen Ursprungs sind keine Milch oder Milchmischgetränke i. S. der Nr. 4 oder 35 der Anlage 2 ( , BStBl 2006 II S. 694. Die Lieferung von Trinkwasser in verschlossenen 22,5 l-Behältnissen zum menschlichen Konsum in Betrieben unterliegt dem Regelsteuersatz (vgl. , BStBl 2007 II S. 146). Getrocknete Schweineohren (Schlachtnebenerzeugnis), die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind, werden hingegen der Unterposition 0511 99 90 ZT zugewiesen. Umsätze mit diesen Erzeugnissen unterliegen dem allgemeinen Steuersatz, vgl. , BStBl 2006 I S. 620. Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. mit Nr. 26 der Anlage 2 zum UStG unterliegt die Lieferung genießbarer tierischer und pflanzlicher Öle dem ermäßigten Steuersatz. Ein Öl ist genießbar, wenn es unmittelbar – d. h. ohne weitere Bearbeitung und Verarbeitung – für die menschliche Ernährung geeignet ist. Das Beschaffenheitsmerkmal der „Genießbarkeit” muss im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes vorliegen. Auf den tatsächlichen Verwendungszweck des Öls (Ernährungszwecke, Kraftstoff, Futtermittelherstellung oder technische Zwecke wie Seifen- oder Scheuermittelherstellung) kommt es nicht an. Eine für Lebensmittel fehlende Zulassung von Transport- oder Lagerbehältnissen bzw. Abgabeeinrichtungen (Zapfsäulen) führt nicht automatisch zur Ungenießbarkeit i. S. des Zolltarifs. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist ausgeschlossen, wenn der Transport, die Lagerung bzw. die Abgabe des Bioöls mit Einrichtungen erfolgt, in denen sich vorher z. B. mineralische Kraftstoffe befunden haben. Übernimmt der Betreiber einer Baumschule auf Wunsch eines Teils seiner Kunden auch das Einpflanzen der dort gekauften Pflanzen, können die (dem ermäßigten Steuersatz unterliegende) Lieferung der Pflanzen und das (dem Regelsteuersatz unterliegende) Einpflanzen umsatzsteuerrechtlich jeweils selbständige Leistungen sein (vgl. , entgegen (BStBl 2004 I S. 638). Rz 35 Nr. 1 Abs. 1 und Rz 41). Umsätze aus dem Verkauf von Listen mit persönlichen Angaben von kontaktsuchenden Personen (sog. Kontaktlisten), die für eine unbestimmte Anzahl von Interessenten hergestellt werden, unterliegen als Lieferungen von Druckerzeugnissen dem ermäßigten Steuersatz (vgl. ).

Tiernahrungsprodukte können dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. In Frage kommen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in diesem Zusammenhang Rückstände und Abfälle der Lebensmittelindustrie und zubereitetes Futter (Anlage 2 Nr. 37 bzw. Kapitel 23 des Zolltarifs) sowie Mägen von Hausrindern und Hausgeflügel (Anlage 2 Nr. 5 Buchst. a bzw. Position 0504 des Zolltarifs) und rohe Knochen (Anlage 2 Nr. 5 Buchst. c bzw.Position 0506 des Zolltarifs). Abgesehen von den Tarifpositionen 0504 und 0506 sind keine der in Kapitel 5 einzureihenden Waren in der Anlage 2 zum UStG enthalten. Entsprechende Waren sind damit dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, sofern nicht im Ausnahmefall diese „andere Waren tierischen Ursprungs” extra zu Tierfutter i. S. der Nr. 37 der Anlage 2 zum UStG verarbeitet wurden.

Tz. 193 Vermietung von Gegenständen der Anlage des UStG

§ 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegt die Vermietung von Gegenständen, die in der Anlage 2 des UStG bezeichnet sind. Als begünstigte Leistungen kommen z. B. in Betracht die entgeltliche Überlassung von Pferden zu Reitzwecken (ohne Unterricht) oder als Zugtiere; die Vermietung von Pflanzen und Gewächsen durch Gärtnereien für Dekorationszwecke anlässlich von Tagungen, Feierlichkeiten usw.; der entgeltliche Verleih nicht indizierter Bücher oder Noten, soweit der Verleih nicht nach § 4 Nr. 20 UStG steuerfrei ist (Tz. 131); das Vermieten von Zeitschriften durch Lesezirkelunternehmer; das entgeltliche Überlassen von Rollstühlen und ähnlichen Fahrzeugen für Kranke und Körperbehinderte; das Vermieten von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken zu Ausstellungszwecken. Das Vermieten dieser Gegenstände durch begünstigte Museen ist nach § 4 Nr. 20 UStG steuerfrei (Tz. 131).

Tz. 194 Aufzucht und Halten von Vieh; Anzucht von Pflanzen; Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere

§ 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden für die Aufzucht von fremdem Jungvieh und die Viehhaltung (Unterstellung, Fütterung und Pflege) von Fremdvieh (z. B. Weidevieh). Als Vieh sind die landwirtschaftlichen Nutztiere anzusehen, die in Nr. 1 der Anlage des UStG aufgeführt sind (auch Reit- und Rennpferde). Nicht hierunter fallen die Aufzucht und das Halten anderer Fremdtiere (wie Katzen und Hunde in Tierheimen). Wird neben der Pensionsviehhaltung auch die Ausbildung z. B. von Pferden zu Rennpferden durch selbständige Trainer übernommen, unterliegt der auf die Ausbildung entfallende Leistungsteil dem allgemeinen Steuersatz.

Die Anzucht von Pflanzen unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Darunter ist das „Inkostnehmen” (eine ausschließlich sonstige Leistung) junger Pflanzen (i. d. R. als Sämlinge bezeichnet) zur Einpflanzung und Pflege für einen anderen bis zur Rückgabe an den anderen zu verstehen. Die Hingabe der Sämlinge an den Kostnehmer und die Rückgabe der aus den Sämlingen gezogenen Pflanzen an den Pflanzenzüchter sind keine Lieferungen.

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden für die Teilnahme (nicht für die Veranstaltung) an Leistungsprüfungen für Tiere von Unternehmern, z. B. der Tierzucht oder Tierhaltung, von Rennstallbesitzern, selbständigen Jockeys und Trabertrainern gegen dafür zufließende Entgelte in Form von Prämien (Leistungsprämien, Preise). Tierleistungsprüfungen sind tierzüchterische Veranstaltungen, die als Wettbewerbe wertvoller Zuchttiere mit Prämiierung durchgeführt werden, z. B. Tierschauen, Turniere, Pferderennen. Für die Veranstaltung dieser Prüfungen kann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 (Tz. 195) oder Nr. 8 UStG (Tz. 201) oder Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG (Tz. 135) in Betracht kommen.

Das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, fällt nicht unter den Begriff „Halten von Vieh” und ist deshalb nicht mit dem ermäßigten, sondern mit dem allgemeinen Steuersatz zu versteuern (, BStBl 2004 II S. 757; vgl. auch , BStBl 2004 I S. 851). Gleiches gilt für Pferde, die zu selbständigen oder gewerblichen, nicht landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden (z. B. durch Berufsreiter oder Reitlehrer). Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG bleibt bei Vorliegen der Voraussetzungen unberührt.

Zur Anwendung des Steuersatzes bzw. zur Abgrenzung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen bei Leistungen im Zusammenhang mit der Abgabe von Saatgut vgl. , BStBl 2006 I S. 240.

Tz. 195 Vatertierhaltung; Förderung der Tierzucht; künstliche Tierbesamung; Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht und Milchwirtschaft

§ 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG

Die unmittelbar der Vatertierhaltung dienenden Leistungen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Begünstigt ist insbesondere das Decken von landwirtschaftlichen Nutztieren der Nr. 1 der Anlage des UStG gegen Deckgelder oder Umlagen, die sich nach der Zahl der deckfähigen Tiere bemessen. Zu den Entgelten rechnen auch Zuschüsse, die nach der Zahl der gedeckten Tiere oder nach sonstigen mit den Umsätzen des Unternehmers verknüpften Maßstäben bemessen werden.

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden auf Leistungen, die unmittelbar einer für landwirtschaftliche Zwecke geeigneten Tierzucht zu dienen bestimmt sind. Zuchttiere sind Tiere der in Nr. 1 der Anlage des UStG aufgeführten Nutztierarten, die in Beständen stehen, die zur Vermehrung bestimmt sind und deren Identität gesichert ist. Aus Vereinfachungsgründen kommt es nicht darauf an, ob das Einzeltier tatsächlich zur Zucht verwendet wird. Es genügt, dass das Tier einem zur Vermehrung bestimmten Bestand angehört. Vgl. hierzu im Einzelnen Abschn. 163 Abs. 3 UStR. Als Entgelte für diese Leistungen sind insbesondere anzusehen Gebühren für Eintragungen in Zuchtbücher (z. B. Herd- und Leistungsbücher, Elite-Register); Gebühren für die Zuchtwertschätzung, für die Ausstellung und Überprüfung von Abstammungsnachweisen (einschließlich der damit verbundenen Blutgruppenbestimmungen), für Kälberkennzeichnung durch Ohrmarken und für die Bereitstellung von Stall- und Gestütbüchern; Entgelte für prophylaktische und therapeutische Maßnahmen nach tierseuchenrechtlichen Vorschriften (z. B. staatlich vorgeschriebene Reihenuntersuchungen, jährliche Impfungen) bei Tieren, die einem zur Vermehrung bestimmten Bestand angehören; Entgelte in Form von Standgeldern, Kataloggeldern, Impfgebühren, Vermittlungsprovisionen für die Durchführung von Veranstaltungen (insbesondere Versteigerungen), auf denen Zuchttiere mit Abstammungsnachweis abgesetzt werden; Eintritts-, Katalog- und Standgelder, die von Tierzüchtern für die Teilnahme an – lediglich die Tierzucht betreffende – Ausstellungen und Lehrschauen erhoben werden; Züchterprämien, die umsatzsteuerrechtlich Leistungsentgelte darstellen. Nicht begünstigt sind die Lieferung von Impfstoffen durch die Pharmaindustrie an Tierseuchenkassen, Trächtigkeitsuntersuchungen bei Zuchttieren, Maßnahmen der Unfruchtbarkeitsbekämpfung, Kaiserschnitt und Geburtshilfe. Die Steuerermäßigung ist auf Eintrittsgelder, die bei Pferderennen, Pferdeleistungsschauen und ähnlichen Veranstaltungen erhoben werden, nicht anzuwenden. Für diese Veranstaltungen kann jedoch bei gemeinnützigen Vereinen (z. B. Renn-, Reit- oder Fahrvereinen) der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG in Betracht kommen (Tz. 201).

Leistungen, die unmittelbar der künstlichen Tierbesamung dienen, unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Hierunter fallen nur Besamungsleistungen (z. B. durch Besamungsgenossenschaften, Tierärzte oder Besamungstechniker), Tiersamenlieferungen an Tierhalter zur Besamung der Tiere und alle Nebenleistungen zu den begünstigten Leistungen (z. B. Abgabe von Tiersamen und Arzneimitteln im Rahmen der Besamungsleistung). Zur Anwendung der Steuerermäßigung bei Leistungen der Besamungsgenossenschaften, Tierärzte und Besamungsbeauftragten vgl. ausführlich NWB XAAAC-64842).

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen Umsätze, die unmittelbar der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen. Hier kommen z. B. in Betracht Mastleistungsprüfungen bei Rindern, Schweinen, Schafen und Geflügel; Prüfung der Aufzuchtleistung bei Schweinen; Eierleistungsprüfungen bei Geflügel; Leistungsprüfungen bei Pferden, z. B. Nenn- und Startgelder bei Pferdeleistungsschauen (Turnieren) oder Rennen; Leistungsprüfungen bei Brieftauben; Milchleistungsprüfungen bei Kühen, Ziegen oder Schafen einschließlich der Untersuchungen der Milchbestandteile; Milchqualitätsprüfungen.

Tz. 196 Umsätze der Zahntechniker und Zahnärzte

§ 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden auf Umsätze einschließlich der unentgeltlichen Wertabgaben aus der Tätigkeit als Zahntechniker (Einzelunternehmer oder in der Rechtsform einer Gesellschaft), z. B. die Herstellung zahntechnischer Erzeugnisse wie Zahnprothesen (auch als halb fertige Teile), kieferorthopädische Apparate, Gebissverstärker, Stiftzähne.

Steuerermäßigt sind ferner die Leistungen der Zahnärzte und Dentisten insoweit, als sie oder ihre Angestellten Zahnprothesen (aus Unterposition 902121 und 90212900 ZT) und kieferorthopädische Apparate (aus Unterposition 902110 ZT) im eigenen Labor hergestellt oder wiederhergestellt haben. Diese Leistungen sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 2 UStG von der Steuerbefreiung ausgenommen, die ansonsten für die zahnärztlichen Leistungen gilt. Zur Abgrenzung der steuerfreien Umsätze von den ermäßigt besteuerten Prothetikumsätzen vgl. Abschn. 89 UStR und Tz. 123.

Hilfsgeschäfte (z. B. Verkauf von Anlagegegenständen, Bohrern, Gips und sonstigem Material) unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz.

Tz. 197 Steuerermäßigung für Leistungen der Theater, Konzerte und Museen

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG

Unter die Steuerermäßigung fallen die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.

Konzerte sind Aufführungen von Musikstücken, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme eingesetzt werden. Dagegen ist das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert. Bei Musik, die durch Verfremden und Mischen bestehender Musik entsteht, können Plattenteller, Mischpulte und CD-Player „Instrumente” sein, wenn sie (wie konventionelle Musikinstrumente) zum Vortrag eines Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden. Eine „Techno”-Veranstaltung kann ein Konzert sein (vgl. , BStBl 2006 II S. 101).

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden auf Eintrittsberechtigungen für private Theater, Konzerte und Museen, wenn die Träger dieser Einrichtungen nicht eine von zuständiger Stelle ausgestellte Bescheinigung des Inhalts besitzen, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen wie die entsprechenden Einrichtungen von Gebietskörperschaften. Die Merkmale der begünstigten Leistungen und ihr Umfang entsprechen denen, die nach § 4 Nr. 20 UStG steuerfrei sind. Vgl. Tz. 131. Die Volks- und Unterhaltungsmusik, die die bezeichneten Einrichtungen darbieten, wird von der Vergünstigung mit erfasst. Begünstigt sind auch die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Leistungen der ausübenden Künstler.

Die Leistungen von Dirigenten können dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Die Leistungen von Regisseuren, Bühnenbildnern, Tontechnikern, Beleuchtern, Maskenbildnern, Souffleusen, Cuttern oder Kameraleuten unterliegen dagegen dem allgemeinen Steuersatz.

Der ermäßigte Steuersatz ist ebenfalls anzuwenden für die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer. Theatervorführungen sind außer den Theateraufführungen auch die Vorführungen von pantomimischen Werken einschließlich Werken der Tanzkunst, Kleinkunst- und Varietévorführungen sowie Puppenspiele und Eisrevuen. Konzerte sind alle musikalischen und gesanglichen Aufführungen durch einzelne oder mehrere Personen. Auch die Veranstaltung von Mischformen zwischen Theatervorführung und Konzert ist begünstigt. Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, müssen von so untergeordneter Bedeutung sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Theatervorführung oder Konzert nicht beeinträchtigt wird. Nicht begünstigt nach dieser Vorschrift sind gesangliche, kabarettistische oder tänzerische Darbietungen im Rahmen einer Tanzbelustigung, einer sportlichen Veranstaltung oder zur Unterhaltung der Besucher in Gaststätten. Andere Unternehmer i. S. der Vorschrift können auch Solokünstler sein. Für den Fall, dass eine Dinnershow vorliegt, sind die Restaurationsleistung und die künstlerische Leistung jeweils als eigenständige Leistungen i. S. eines Leistungspakets – und nicht als einheitliche Leistung – zu beurteilen. Bei der Dinnershow werden die einzelnen Komponenten („Dinner” und „Show”) zusammengebracht, wobei sie ihren eigenständigen Wert für den Verbraucher nicht verlieren. Das Entgelt für die getrennt zu beurteilenden Leistungen ist sachgerecht aufzuteilen (z. B. anhand von Kalkulationskosten, Wareneinsatz, o. Ä.). Die Restaurationsleistung ist dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Für die künstlerische Leistung kann die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 20 UStG, der ermäßigte Steuersatz, aber auch der Regelsteuersatz zur Anwendung kommen. Für im Showprogramm dargebotene Theatervorführungen (z. B. Vorführungen von pantomimischen Werken einschließlich Werken der Tanzkunst, Kleinkunst- und Varieté-Theatervorführungen sowie Puppenspiele und Eisrevuen) ist die Steuerermäßigung grds. nichtanwendbar. Die Theatervorführung muss den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (vgl. , BStBl II S. 519). Das besondere an Dinnershows ist die Kombination aus „Show” und „Dinner”. Daher kann nicht von einer untergeordneten Bedeutung der Restaurationsleistung ausgegangen werden. Außerdem sind z. B. gesangliche, kabarettistische oder tänzerische Darbietungen im Rahmen einer Tanzbelustigung, einer sportlichen Veranstaltung oder zur Unterhaltung der Besucher von Gaststätten nicht begünstigt.

Eine Veranstaltung setzt nicht voraus, dass der Veranstalter und der Darbietende verschiedene Personen sind. Veranstalter ist derjenige, der im eigenen Namen die organisatorischen Maßnahmen dafür trifft, dass die Theatervorführung bzw. das Konzert abgehalten werden kann, wobei er die Umstände, den Ort und die Zeit der Darbietung selbst bestimmt. Die Theatervorführung bzw. das Konzert müssen den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen.

Der ausübende Künstler hat nicht zu unterscheiden, ob seine Leistung im Rahmen einer nicht begünstigten Tanzveranstaltung oder eines begünstigten Konzerts dargeboten wird, es sei denn, er selbst wird als Veranstalter tätig. Seine Leistung an einen Veranstalter kann unabhängig von dem für die Veranstaltung selbst anzuwendenden Steuersatz ermäßigt zu besteuern sein.

Werden bei Theatervorführungen und Konzerten mehrere Veranstalter tätig, kann jeder Veranstalter die Steuerermäßigung in Anspruch nehmen (z. B. bei Tournee-Veranstaltungen der Tournee-Veranstalter und der örtliche Veranstalter). Auf Vermittlungsleistungen ist die Steuerermäßigung nicht anzuwenden.

Bei privaten Museen (wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen, nicht Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst), die nicht im Besitz einer Befreiungsbescheinigung (Tz. 131, b) sind, erstreckt sich die Vergünstigung auf Leistungen einschließlich Sonderausstellungen, Führungen, Vorträge gegen Eintrittsgelder; Nebenleistungen, die bei den begünstigten Umsätzen üblicherweise anfallen, z. B. Verkauf von Katalogen und Museumsführern, Aufbewahrung der Garderobe.

Tz. 198 Steuerermäßigung für die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie für Filmvorführungen

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG

Steuerermäßigt ist die Überlassung von Filmen (Spiel- und Kulturfilme, Wochenschauen, Fernsehfilme) zur Auswertung (sonstige Leistung von Hersteller an Verleiher) und zur Vorführung (sonstige Leistung von Verleiher an Filmtheaterbesitzer). Es handelt sich hierbei um die Übertragung von Rechten nach dem UrhG, die zugleich von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG erfasst wird (Tz. 199). Die Leistungen müssen sich auf Filme beziehen, die entweder vor dem erstaufgeführt wurden oder die nach § 6 Abs. 3 Nr. 1–5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1–5 des Jugendschutzgesetzes v. (BGBl 2002 I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind (auch mit „nicht freigegeben unter 18 Jahren”). Dadurch werden insbesondere Pornofilmvorführungen von der Vergünstigung ausgeschlossen. Die Vermietung von bespielten Video-Kassetten (den Filmen gleichgestellt) an Unternehmer zur Vorführung oder Weitervermietung ist begünstigt, nicht dagegen zur Verwendung im nichtöffentlichen (privaten) Bereich durch den Mieter unter vertraglichem Ausschluss der öffentlichen Vorführung oder anderweitiger gewerblicher Verwendung.

Die Ausstrahlung eines Fernsehprogramms ist keine Filmvorführung i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b UStG (vgl. , BStBl 2006 II S. 387, und damit Bestätigung von Abschn. 167 Abs. 2 Satz 2 UStR zu folgendem Fall: In einem Abwicklungsstudio wird von Informationsträgern (Filmkopien oder Magnetbändern) ein Fernsehprogramm erstellt und über Satelliten, Kabelnetze und sonstige technische Einrichtungen verschlüsselt ausgestrahlt. Zwischen dem Anbieter und den Empfängern wird ein Abonnementvertrag mit monatlichem Pauschalentgelt abgeschlossen. Die Abonnenten können das Programm mit Hilfe eines vom Anbieter zur Verfügung gestellten Geräts entschlüsseln und auf einem Fernsehgerät betrachten).

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen ferner Filmvorführungen (nur von Filmen die die o. a. Voraussetzungen erfüllen) und die damit zusammenhängenden üblichen Nebenleistungen (z. B. Verkauf von Programmen, Aufbewahrung der Garderobe). Ausgenommen sind Werbeleistungen durch die Vorführung von Werbefilmen oder von Lichtbildern, die Abgabe von Speisen und Getränken oder Hilfsumsätze (z. B. Veräußerung von Anlagegegenständen). Auch Dia-Multivisionsvorführungen sind nicht begünstigt (, BStBl 1998 II S. 222).

Tz. 199 Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung urheberrechtlicher Schutzrechte

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden auf die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) ergeben. Geschützt werden nur persönliche geistige Schöpfungen (Werke). Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere Sprachwerke (wie Schriftwerke und Reden), Werke der Musik, pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst, Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst, der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke, Lichtbildwerke und ihnen ähnliche Werke, Filmwerke und ähnliche Werke, Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art (wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen, plastische Darstellungen, technische Dienstvorschriften, technisches Schulungsmaterial in Form von Lehrtafeln, Lehrfilmen oder Diapositiven). Das Recht der Verwertung eines Werks in körperlicher Form umfasst insbesondere das Vervielfältigungs-, das Verbreitungs- und das Ausstellungsrecht. Zum Recht der öffentlichen Wiedergabe gehören insbesondere das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht, das Senderecht, das Recht der Wiedergabe durch Bild- und Tonträger und das Recht zur Wiedergabe von Funksendungen. Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Begünstigt ist die Wahrnehmung der Rechte für den Urheber, z. B. durch die GEMA, nicht dagegen die von der GEMA ausgeschütteten Verlegeranteile, soweit sie nicht auf Alt- oder Subverlagsrechte der Verleger entfallen. Nicht begünstigt sind z. B. Leistungen auf dem Gebiet der Meinungs-, Sozial-, Wirtschafts-, Markt-, Verbraucher- und Werbeforschung. Gleiches gilt für Standort- und Biotopkartierungen sowie für Forstkartenkartierungen.

Computerprogramme (Software) sind nach Maßgabe von §§ 69c, 69d UrhG urheberrechtlich geschützt. Bei der Übertragung (Veräußerung) von Standardsoftware (elektronisch oder auf Datenträgern) steht die Nutzung durch den Anwender, nicht die Rechtsübertragung im Vordergrund (allgemeiner Steuersatz). Bei der Überlassung von Individualsoftware (Computerprogramme, die nach den individuellen Wünschen des Leistungsempfängers erstellt sind) kommt der ermäßigte Steuersatz nur in Betracht, wenn der Urheber oder Nutzungsberechtigte dem Leistungsempfänger die in § 69c Satz 1 Nr. 1–3 UrhG bezeichneten Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte nicht nur als Nebenfolge einräumt (insbesondere bei Vermarktungsabsicht). Ist der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs dagegen überwiegend auf die Anwendung des Computerprogramms für die Bedürfnisse des Leistungsempfängers gerichtet, unterliegt der Umsatz dem allgemeinen Steuersatz ( NWB BAAAA-97115, und v. - V R 14/01, BStBl 2002 II S. 114). Bei der Prüfung, ob Rechte auf Vervielfältigung und Verbreitung nicht nur als Nebenfolge eingeräumt werden, ist von den vertraglichen Vereinbarungen und den tatsächlichen Leistungen auszugehen. Ergänzend ist auf objektive Beweisanzeichen (z. B. die Tätigkeit des Leistungsempfängers, die vorhandenen Vertriebsvorbereitungen und Vertriebswege, die wirkliche Durchführung der Vervielfältigung und Verbreitung sowie die Vereinbarungen über die Bemessung und Aufteilung des Entgelts) abzustellen. Der Weitervertrieb von Computerprogrammen an rechtlich selbständige Konzernunternehmen und an Kooperationspartner kann eine Verbreitung i. S. der § 17, § 69c Nr. 3 UrhG sein (, BStBl 2005 II S. 419, sowie , BStBl 2005 II S. 415).

Zu den begünstigten Leistungen der Journalisten gehören u. a. Kommentare zu politischen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, technischen oder religiösen Ereignissen und Entwicklungen, Kunstkritiken, Reportagen, die über den bloßen Bericht hinaus eine kritische Würdigung vornehmen. Aus Vereinfachungsgründen ist zugelassen, dass Journalisten grds. auf ihre Leistungen insgesamt den ermäßigten Steuersatz anwenden. Hiervon ausgenommen sind nur die Journalisten und Nachrichtendienste, die lediglich Daten sammeln und ohne redaktionelle Bearbeitung weiterleiten (z. B. Kurs- und Preisnotierungen, Börsennotizen, Wettervorhersagen, Fußball- und andere Sportereignisse, Theater-, Kinospiel-, Tagungspläne). Wegen der Leistungen der Pressedienste und -agenturen vgl. Abschn. 168 Abs. 11 UStR. Bildjournalisten (Bildberichterstatter), Bildagenturen, Kameramänner und Foto-Designer, die einem anderen Lichtbildwerke zur Veröffentlichung oder Vervielfältigung überlassen, erbringen damit steuerermäßigte Leistungen.

Übersetzer fremdsprachiger Werke räumen urheberrechtliche Nutzungsrechte ein, wenn die Werke in der Übersetzung veröffentlicht, vor- oder aufgeführt werden (Abschn. 168 Abs. 12 UStR), Gutachter und Verfasser von Studien haben die Übergabe eines Gutachtens oder einer Studie regelmäßig dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen. Die Steuerermäßigung ist jedoch anzuwenden, wenn das Gutachten oder die Studie entsprechend einer vertraglichen Vereinbarung vervielfältigt und verbreitet wird. Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen die Werke der Karikaturisten, Cartoonisten und Pressezeichner. Nicht ermäßigt ist die bloße Veräußerung des Originals eines Werks. Das gilt jedoch nicht, wenn mit der Lieferung des Originals dem Erwerber aufgrund einer besonderen Vereinbarung Nutzungsrechte an dem Werk eingeräumt werden. Dem allgemeinen Steuersatz unterliegen das entgeltliche Signieren oder die entgeltliche Autogrammerteilung durch Schriftsteller im Rahmen einer Veranstaltung. Das gilt grds. auch, wenn der Schriftsteller aus seinen Werken liest oder mit bestimmten Personengruppen Gespräche führt. Bei Lesungen oder Gesprächen, die vom Fernsehen oder dem Rundfunk veranstaltet und live oder als Aufzeichnung vollständig oder ausschnittsweise gesendet werden, besteht die Leistung des Urhebers im Wesentlichen in der Einräumung von Nutzungsrechten, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten durch Sportveranstalter ist keine begünstigte Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte (Abschn. 168 Abs. 23 UStR). Die Übertragung von Senderechten an Übersetzungen von Nachrichtensendungen in die Deutsche Gebärdensprache unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (vgl. , BStBl 2006 II S. 44). Danach scheidet die Steuerermäßigung für Umsätze von Gebärdendolmetschern aus der Übersetzung von Alltagskommunikation aus. Es handelt sich insoweit nicht um urherberrechtlich geschützte Werke. Somit genießt auch die Übersetzung selbst keinen Urheberrechtsschutz.

Mit „Fernsehübertragungsrechten” i. S. des Abschn. 168 Abs. 23 UStR sind keine nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an Laufbildern (§ 95 UrhG) gemeint. Vielmehr ist darunter die Gestattung der Herstellung von Laufbildern und damit die Einwilligung in Eingriffe zu verstehen, die der Veranstalter aufgrund außerhalb des Urheberrechts bestehender Rechte verbieten könnte (z. B. durch Ausübung des Hausrechts). Ein urheberrechtlicher Schutz dieser Einwilligung besteht nicht (vgl. BGHZ 110 S. 371, und NWB QAAAB-72995). Diese Umsätze unterliegen daher dem allgemeinen Steuersatz. Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn der Veranstalter des Sportereignisses die Aufnahmen selbst herstellt und die daran bestehenden Urheberrechte verwertet. In diesen Fällen steht Abschn. 168 Abs. 23 UStR einer ermäßigten Besteuerung von Umsätzen aus der Verwertung von Rechten an Laufbildern nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG nicht entgegen, auch wenn die Aufnahmen von Sportveranstaltungen stammen. In diesem Zusammenhang ist auf Abschn. 168 Abs. 3 Satz 3 Nr. 6 UStR zu verweisen, der „Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden”, als urheberrechtlich geschützte Werke benennt.

Die Lieferung von Daten oder Software auf einem digitalen Datenträger unterliegt grds. dem Regelsteuersatz. Wird das in digitalisierter Form auf dem Datenträger gespeicherte Benutzerhandbuch zusammen mit dem Produkt geliefert, dessen Beschreibung der Datenträger enthält, handelt es sich um eine unselbständige Nebenleistung zur Hauptleistung „Lieferung des Produkts” und teilt deren umsatzsteuerliches Schicksal. Ist die Abgabe als selbständige Leistung anzusehen und beinhaltet diese ausschließlich die Verschaffung der Verfügungsmacht über den Datenträger, unterliegt der Umsatz dem Regelsteuersatz. Werden zusammen mit der Lieferung der Datenträger auch Urheberrechte an den Leistungsempfänger übertragen, liegt darin eine sonstige Leistung. Der wirtschaftliche Gehalt dieses Vorgangs dürfte dabei regelmäßig überwiegend auf die optimale Nutzung des Handbuchs durch den Leistungsempfänger selbst gerichtet sein (z. B. Vervielfältigung für eine Verbreitung innerhalb der eigenen Sphäre). In diesen Fällen stellt die Übertragung der Urheberrechte nur eine Nebenfolge dar und teilt als unselbständige Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung „Lieferung des Datenträgers” (grds. allgemeiner Steuersatz). Die Übertragung der Urheberrechte kann jedoch ein nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG ermäßigt besteuerter Umsatz sein, wenn dem Leistungsempfänger das Recht auf weitere Verbreitung der enthaltenen Daten unter Dritten verliehen wird und dieser Aspekt der Gesamtleistung das Gepräge gibt. Maßgeblich ist dabei, dass der Leistungsempfänger die Rechte erwirbt, um künftig Entscheidungsgewalt über das „Ob” und „Wie” der weiteren Verbreitung zu besitzen. Die Anwendung der Steuerermäßigung ist nicht davon abhängig, dass der Leistungsempfänger von den eingeräumten Rechten tatsächlich positiven Gebrauch macht. Verzichtet der Leistende hingegen lediglich auf die Wahrnehmung seiner Rechte, ohne dass diese dem Leistungsempfänger übertragen werden, scheidet eine Steuerermäßigung aus.

Weitere Einzelheiten, insbesondere zu Vorträgen und Reden, Werken der Musik, der bildenden Künste und der angewandten Kunst, zu Darbietungen ausübender Künstler, Übersetzungen und anderen Bearbeitungen, zu Lichtbildwerken und Lichtbildern enthält Abschn. 168 UStR.

Tz. 200 Steuerermäßigung für Zirkusvorführungen, Schaustellerleistungen und für zoologische Gärten

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden auf Zirkusvorführungen, auf Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller und auf Umsätze, die unmittelbar mit dem Betrieb von zoologischen Gärten verbunden sind.

Die begünstigten Zirkusvorführungen umfassen neben der Veranstaltung gegen Eintrittsgelder den Programmverkauf, die Kleiderablage, den Besuch von Tierschauen und die Übertragung des Rechts zur Fernsehaufzeichnung und -übertragung. Nicht begünstigt ist der Betrieb einer Zirkusgaststätte, die Vermietung von Zirkuszelten und die Veräußerung von Inventar.

Steuerermäßigt sind die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller (Unternehmer, die ein Reisegewerbe betreiben, also von Ort zu Ort ziehen). Zu den begünstigten Leistungen gehören insbesondere Schau- und Belustigungsgeschäfte, Fahrgeschäfte aller Art, Schießstände, Ausspielungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volks- oder Schützenfesten oder auf ähnlichen Veranstaltungen (§ 30 UStDV). Ähnliche Veranstaltungen können auch durch den Schausteller selbst organisierte und unter seiner Regie stattfindende Eigenveranstaltungen sein (, BStBl 1994 II S. 336). Unter diesen Voraussetzungen kann der ermäßigte Steuersatz auch bei der Veranstaltung von mittelalterlichen Märkten in Betracht kommen, die der Schausteller im eigenen Namen mit Hilfe seiner Arbeitnehmer oder als Erfüllungsgehilfen engagierter Schaustellergruppen veranstaltet (, BStBl 2004 II S. 88). Nicht begünstigt nach dieser Vorschrift sind der Verkauf von Waren jeder Art; Schaustellungen außerhalb von Jahrmärkten und ähnlichen Veranstaltungen (z. B. in Gastwirtschaften oder Varietés); die Unterhaltung von Märchenparks mit Märchengruppen, lebenden Tieren und Kinderspielplätzen sowie von anderen ortsfesten Freizeitparks.

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen Umsätze, die unmittelbar mit dem Betrieb eines privaten zoologischen Gartens verbunden sind, sofern er nicht die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 UStG erfüllt (insbesondere wenn die dort geforderte Bescheinigung der Landesbehörde nicht vorliegt). Wegen des Umfangs der begünstigten Umsätze vgl. Tz. 131. Zoologische Gärten sind auch Aquarien und Terrarien, nicht dagegen Delphinarien. Die Unterhaltung von privaten Tierparks ist von der Steuerermäßigung ausgenommen; sie kann jedoch nach Maßgabe des § 4 Nr. 20 UStG steuerfrei sein.

Tz. 201 Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Einrichtungen sowie deren Zusammenschlüsse

§ 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG

a) Begünstigte Einrichtungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG)

Der ermäßigte Steuersatz ist anzuwenden auf Leistungen der Körperschaften, Personenvereinigungen sowie der Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und der Vermögensmassen i. S. des KStG, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke i. S. der §§ 5168 AO verfolgen. Ab dem gilt die Steuerermäßigung für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in §§ 6668 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht. Zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Leistungen dieser Zweckbetriebe vgl. , BStBl 2007 I S. 218. Funktionale Untergliederungen (Abteilungen) der Körperschaften gelten nicht als selbständige Steuersubjekte, dagegen können regionale Untergliederungen unter bestimmten Voraussetzungen Unternehmer sein (Tz. 32). Nicht begünstigt sind Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der kein Zweckbetrieb ist (vgl. Tz. 201, b). Die Vergünstigung entfällt für Leistungen natürlicher Personen, einzeln oder zusammengeschlossen (z. B. GbR, OHG, KG). Wenn bereits bei anderen Steuern (vgl. z. B. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) darüber entschieden ist, ob und ggf. in welchen Bereichen das Unternehmen steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, ist von dieser Entscheidung im Allgemeinen auch für Zwecke der Umsatzsteuer auszugehen.

Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Der Kreis der zu fördernden Personen darf nicht fest abgeschlossen oder infolge seiner räumlichen oder beruflichen Abgrenzung dauernd nur klein sein (z. B. Familie, Belegschaft eines Unternehmens). Bei Vereinen, deren Tätigkeit in erster Linie den Mitgliedern zugute kommt, ist von einem kleinen Kreis auszugehen, wenn wegen der Höhe der Mitgliedsbeiträge und der Höhe der Aufnahmegebühren nur ein exklusiver Kreis gefördert wird. Nach AEAO zu § 52 AO ist dies der Fall, wenn folgende Grenzen überschritten werden: Mitgliedsbeiträge und -umlagen zusammen im Durchschnitt 1 023 € je Mitglied und Jahr; Aufnahmegebühren für die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt 1 534 €. Als Förderung der Allgemeinheit ist insbesondere anzuerkennen die Förderung der Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, der Religion, der Völkerverständigung, der Entwicklungshilfe, des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes, des Heimatgedankens, der Jugend- und Altenhilfe, des öffentlichen Gesundheitswesens, des Wohlfahrtswesens und des Sports. Sport sind alle Maßnahmen, die der körperlichen Ertüchtigung dienen. Schach gilt als Sport, ebenfalls Turniertanzen, Ballonfahren sowie der Motorsport. Kein Sport sind dagegen Skat-, Bridge- und Gospiel. Förderung der Allgemeinheit sind ferner die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens in Deutschland, nicht dagegen Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die nur auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind. Gemeinnützig sind auch die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports.

Eine Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind (§ 53 Nr. 1 AO). Hierzu gehören z. B. die Aktion „Essen auf Rädern” sowie Flüchtlings- und Versehrtenheime. Mildtätige Zwecke werden ferner verfolgt, wenn die Körperschaft wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen selbstlos unterstützt, deren Bezüge das Vierfache, beim Alleinstehenden oder Haushaltsvorstand das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe i. S. des § 28 SGB XII nicht übersteigen. Das gilt nicht für Personen, deren Vermögen zur nachhaltigen Verbesserung ihres Unterhalts ausreicht und denen zugemutet werden kann, es dafür zu verwenden (§ 53 Nr. 2 AO).

Kirchliche Zwecke verfolgt eine Körperschaft, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts selbstlos zu fördern (§ 54 Abs. 1 AO). Beispiele für begünstigte kirchliche Zwecke enthält § 54 Abs. 2 AO.

Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist, dass die begünstigten Zwecke ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Ausschließlichkeit liegt vor, wenn die Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt (§ 56 AO). Unmittelbarkeit ist gegeben, wenn die Körperschaft den begünstigten Zweck selbst oder mittels Hilfspersonen verwirklicht (§ 57 Abs. 1 AO). Unschädlich ist u. a., wenn eine Körperschaft eigene Mittel teilweise einer anderen begünstigten Körperschaft für begünstigte Zwecke zuwendet, ihre Arbeitskräfte anderen Personen, Unternehmen oder Einrichtungen für steuerbegünstigte Zwecke zur Verfügung stellt, eigene Räume einer anderen begünstigten Körperschaft zur Benutzung für deren begünstigte Zwecke überlässt. Bei einem Sportverein ist es unschädlich, wenn er neben dem unbezahlten auch den bezahlten Sport fördert.

Die Steuerermäßigung wird nur gewährt, wenn aus der Satzung der Körperschaft der steuerbegünstigte Zweck und seine ausschließliche und unmittelbare Verfolgung hervorgehen und wenn die tatsächliche Geschäftsführung diesen Satzungsbestimmungen entspricht (§§ 59, 63 AO). Die Satzung muss auch die die formellen Anforderungen an die sog. Vermögensbindung nach § 61 AO erfüllen. Hierzu ist erforderlich, dass die Vereinssatzung eine Regelung sowohl hinsichtlich der Auflösung und der Aufhebung als auch bei Zweckänderung enthält (vgl. ).

Eine Körperschaft verfolgt dann keine gemeinnützigen Zwecke, wenn sie Tätigkeiten nachgeht, die gegen die Rechtsordnung verstoßen, vgl. , BStBl 2002 II S. 169.

b) Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb; Zweckbetrieb

Leistungen, die eine Körperschaft im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausführt, sind von der Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ausgeschlossen, soweit er sich nicht als ein Zweckbetrieb darstellt. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen (auch ohne Gewinnerzielungsabsicht), die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (§ 14 AO). Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die nicht Zweckbetriebe sind (steuerlich schädliche wirtschaftliche Geschäftsbetriebe), können sein z. B. Kantinen, Druckereien, der Verkauf von Speisen und Getränken sowie die kommerzielle Werbung eines Sportvereins bei seinen sportlichen Veranstaltungen, Krankenfahrten mit Pkw, die hierfür nicht besonders eingerichtet sind. S. auch Abschn. 170 Abs. 4 UStR.

Die Steuerermäßigung ist zu gewähren für Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, soweit es sich um einen Zweckbetrieb handelt. Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn er in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die Zwecke nur durch ihn erreicht werden können und er nicht zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 AO). Zu den Voraussetzungen, unter denen Einrichtungen der Wohlfahrtspflege und Krankenhäuser Zweckbetriebe sind, vgl. §§ 66, 67 AO. Zweckbetriebe sind i. d. R. sportliche Veranstaltungen i. S. des § 67a AO (vgl. Tz. 201, c) sowie die in § 68 AO aufgeführten Einrichtungen und Veranstaltungen (z. B. Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste, Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime, Jugendherbergen, landwirtschaftliche Betriebe und andere Selbstversorgungsbetriebe von Körperschaften, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen). Weitere Beispiele sind in Abschn. 170 Abs. 4 UStR enthalten. § 68 Nr. 2 Buchst. b AO (Selbstversorgungseinrichtungen) umfasst nach seinem Sinn und Zweck nur Einrichtungen, die nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Dritte erbringen, nicht aber solche, die über Jahre hinweg Leistungen an Dritte ausführen und hierfür auch personell entsprechend ausgestattet sind. Somit entfällt bei Geschäftsführungsleistungen und Verwaltungsleistungen eines eingetragenen Vereins für angeschlossene Mitgliedsvereine die Steuerermäßigung (vgl. , BStBl 2009 II S. 560).

Gesellige Veranstaltungen der steuerbegünstigten Körperschaften sind keine Zweckbetriebe, sondern steuerschädliche wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Lediglich Veranstaltungen, bei denen zwar auch die Geselligkeit gepflegt wird, die aber in erster Linie zur Betreuung behinderter Personen durchgeführt werden, können unter den Voraussetzungen der §§ 65, 66 AO Zweckbetriebe sein.

Die kurzfristige Vermietung von Wohnräumen und Schlafräumen an Nichtstudierende durch ein Studentenwerk ist ein selbständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, wenn sie sich aus tatsächlichen Gründen von den satzungsmäßigen Leistungen abgrenzen lässt. Dieser wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist kein Zweckbetrieb; dessen Umsätze unterliegen der Besteuerung nach dem Regelsteuersatz (, BStBl 2005 II S. 900). Tanzkurse, die ein gemeinnütziger Verein durchführt, sind nicht nach § 4 Nr. 22 UStG steuerbefreit. Sie können aber dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen (vgl. , BStBl 2007 II S. 16). Die entgeltliche Überlassung von Kraftfahrzeugen durch einen Carsharing-Verein an seine Mitglieder unterliegt dem Regelsteuersatz und nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (vgl. NWB IAAAC-88013). Die Leistungen nicht gemeinnütziger Lotterieveranstalter unterliegen dem allgemeinen Steuersatz auch dann, wenn die Reinerlöse für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden.

Kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen der steuerbegünstigten Körperschaft sind unabhängig von einer Umsatz- oder Einkommensgrenze als Zweckbetrieb zu behandeln.

Die Anwendung der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG kann nicht lediglich von einer gesetzlichen Zugehörigkeitsfiktion zum begünstigten Bereich einer Körperschaft abhängig gemacht werden. Auch die ausgeführten Leistungen müssen von ihrer tatsächlichen Ausgestaltung her und in ihrer Gesamtrichtung dazu bestimmt sind, den begünstigten Bereich der Körperschaft unmittelbar zu fördern. Dies setzt voraus, dass der gemeinnützige Zweck der Betätigung dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb das Gepräge gibt. Bei Leistungen, die im Rahmen von Integrationsprojekten (§ 68 Nr. 3 Buchst. c AO i. V. mit § 132 Abs. 1 SGB IX) ausgeführt werden, ist daher zunächst zu prüfen, ob die Anwendung der Steuerermäßigung zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führt oder die Einrichtung in erster Linie der Erzielung von Steuervorteilen dient. In diesem Fall kommt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Leistungen dieser Einrichtung insgesamt nicht in Betracht (zu Einzelheiten vgl. , BStBl 2006 I S. 242, und Abschn. 170 Abs. 8 UStR).

Nach § 65 AO als Zweckbetriebe anerkannte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gewährleisten bereits, dass sie auch hinsichtlich der Umsätze, mit deren Ausführung selbst sie ausnahmsweise nicht auch ihre satzungsmäßigen Zwecke verwirklichen, zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist, und sie damit nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dienen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Der ermäßigte Steuersatz ist daher auf Zweckbetriebe nach § 65 AO uneingeschränkt anwendbar. Gleiches gilt für folgende als Zweckbetriebe anerkannte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe:

  • Einrichtungen der Wohlfahrtspflege i. S. des § 66 AO,

  • in § 68 Nr. 1 Buchst. a AO aufgeführte Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime oder Mahlzeitendienste,

  • Selbstversorgungseinrichtungen nach § 68 Nr. 2 AO.

Auch die satzungsmäßig erbrachten Leistungen folgender als Katalog-Zweckbetriebe anerkannten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterliegen, sofern sie nicht bereits unter eine Steuerbefreiungsvorschrift fallen, dem ermäßigten Steuersatz, weil mit ihrer Ausführung selbst die steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft unmittelbar verwirklicht werden (vgl. auch Abschn. 170 Abs. 10 UStR): Krankenhäuser, Sportvereine, Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studenten- oder Schullandheime, Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, Einrichtungen zur Durchführung der Blindenfürsorge, der Fürsorge für Körperbehinderte, der Fürsorgeerziehung und der freiwilligen Erziehungshilfe, kulturelle Einrichtungen, wie Museen, Theater, Konzerte und Kunstausstellungen, Volkshochschulen u. ä. Einrichtungen sowie Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren.

c) Sportveranstaltungen der Sportvereine

Ein Sportverein unterhält mit seinen sportlichen Veranstaltungen, auch wenn daran bezahlte Sportler teilnehmen, einen Zweckbetrieb, wenn die Jahreseinnahmen einschließlich Umsatzsteuer 30 678 € nicht übersteigen. Ausgenommen von der Begünstigung sind Umsätze von Speisen und Getränken sowie die kommerzielle Werbung.

Auf die Regelung kann verzichtet werden. Ein körperschaftsteuerrechtlich wirksamer Verzicht gilt auch für die Umsatzsteuer. Auch im Fall des Verzichts kann dann ein Zweckbetrieb anzunehmen sein, wenn die teilnehmenden Einzelsportler über eine Aufwandsentschädigung hinaus keine Vergütungen oder anderen Vorteile erhalten (Abschn. 170 Abs. 6 UStR). Wegen weiterer Einzelheiten zur Behandlung sportlicher Veranstaltungen vgl. AEAO zu § 67a.

d) Zusammenschlüsse steuerbegünstigter Einrichtungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. b UStG)

Zusammenschlüssen (Personenvereinigungen oder Gemeinschaften) steuerbegünstigter Körperschaften wird die Steuerermäßigung gewährt, wenn alle Mitglieder steuerbegünstigte Körperschaften i. S. der §§ 51 ff. AO sind und alle Leistungen, würden sie anteilig von diesen Körperschaften ausgeführt, ermäßigt zu besteuern wären (Abschn. 170a UStR). Der Zusammenschluss kann nur dann die Umsatzsteuerermäßigung beanspruchen, wenn die Leistungen sich auf steuerbegünstigte Bereiche, z. B. Zweckbetriebe, erstrecken. Ob daneben mit den schädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, z. B. Vereinsgaststätten, gesonderte Zusammenschlüsse gebildet werden, die nicht ermäßigt besteuert werden, ist unerheblich. Bestehen begünstigte Zusammenschlüsse nebeneinander, müssen die u. a. für Umsatzsteuerzwecke erforderlichen Aufzeichnungen voneinander getrennt geführt werden. Besteht der Zusammenschluss aus Zweckbetrieben und schädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, ist die Steuerermäßigung ausgeschlossen. Auch bei gemeinschaftlichen Sportveranstaltungen darf durch die Zurechnung der anteiligen Einnahmen des Zusammenschlusses bei keinem der Mitglieder ein schädlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb entstehen.

Tz. 202 Schwimmbäder; Heilbäder; Bereitstellung von Kureinrichtungen

§ 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze, die Verabreichung von Heilbädern und die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist.

Mit dem Betrieb von Schwimmbädern (Hallen-, Freibäder) sind unmittelbar verbunden deren Benutzung durch Einzelbesucher, Gruppen, Vereine; ergänzende Nebenleistungen (z. B. Benutzung von Einzelkabinen); die Erteilung von Schwimmunterricht; notwendige Hilfsleistungen (z. B. die Vermietung von Schwimmgürteln, Handtüchern, Badebekleidung, die Aufbewahrung der Garderobe, die Überlassung von Haartrocknern). Bei der Überlassung eines Schwimmbads an Gruppen, Vereine oder Schulen kommt u. E. eine partiell nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung im Hinblick auf (BStBl 2001 II S. 658) nicht in Betracht; die Leistung fällt insgesamt unter die Steuerermäßigung. Nicht begünstigt sind der Verkauf von Seife und Haarwaschmitteln; die Abgabe von Reinigungsbädern (z. B. mittels Wannen oder Brausen); die Vermietung von Liegestühlen und Strandkörben; die Zurverfügungstellung von Unterhaltungseinrichtungen (z. B. Minigolf, Tischtennis); die Parkplatzüberlassung und Fahrradaufbewahrung; die Vermietung einzelner Betriebsteile (z. B. Parkplatz, Sauna, Reinigungsbäder); der Betrieb von Kiosken, Milchbars und sonstigen angegliederten Wirtschaftsbetrieben. Die Steuerermäßigung entfällt, wenn die Überlassung des Schwimmbads eine unselbständige Nebenleistung zu einer anderen nicht begünstigten Hauptleistung ist, wenn z. B. in einem Hotel mit dem Entgelt für die Beherbergung zugleich die Benutzung des Schwimmbads unabhängig davon abgegolten wird, ob es tatsächlich benutzt wird. Gleiches gilt, wenn in einem Sport- und Freizeitzentrum außer einem Schwimmbad noch weitere, nicht begünstigte Einrichtungen im Rahmen einer eigenständigen Leistung besonderer Art überlassen werden. Diese einheitliche Leistung kann auch nicht durch eine getrennte Aufzeichnung ihrer Bestandteile oder die kalkulatorische Aufspaltung des Entgelts wieder in mehrere einzelne, zum Teil steuerermäßigte Leistungen zerlegt werden (, BStBl 2001 II S. 78). Zu Besonderheiten bei gemeindlichen Schwimmbädern vgl. Tz. 43.

Begünstigt ist die Verabreichung von Heilbädern aus anerkannten natürlichen Mineral-, Thermal- und Gasquellen und von Peloidbädern (Heilmoore, Fango, Schlick, Lehm, Sand). Sie können abgegeben werden als Wannenbäder, Packungen, Teilbäder und Duschen (z. B. Wechsel-, Nasen-, Rachen-, Vaginalduschen), Raum- und Einzelinhalationen, als Trinkkuren und in Bewegungsbädern. Als Heilbäder sind auch anzusehen die Kneippschen Therapien; die Heilmittel des Meeres (Meerwasserbäder, -trinkkuren, -bewegungsbäder und Inhalationen); die medizinischen Zusatzbäder; Sauna-, Dampf-, Heißluftraum- und Lichtbäder; Physio- und Elektrotherapie (z. B. Hauffesche Arm- und Fußbäder, Heilmassage, Überwärmungsbäder, Heilgymnastik, Stangerbad); Unterwasserdruckstrahl-Massagen; Darmbäder; die Behandlung in pneumatischen und Klimakammern.

Die Verabreichung der Heilbäder ist nur dann steuerbegünstigt, wenn sie Hauptleistung und nicht Teil einer andersartigen Gesamtleistung ist. Ähnlich wie bei den Schwimmbädern kann auch die Ermäßigung für die Verabreichung von Saunabädern entfallen, wenn sie im Rahmen eines Leistungspakets von Sport- und Freizeitzentren, Fitness-Studios oder ähnlichen Einrichtungen angeboten wird. Bei den Betrieben der vorgenannten Art kann die Überlassung der Sauna nur dann als begünstigte Einzelleistung beurteilt werden, wenn sie gesondert und gegen ein separates Entgelt angeboten wird und dies auch in den vertraglichen Vereinbarungen zum Ausdruck gebracht wird. Zwar hat der NWB RAAAA-63719 es bei einem Fitness-Studio nicht beanstandet, dass insoweit eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG begünstigte Leistung angenommen wurde, als der Leistungsempfänger nach den getroffenen schriftlichen Vereinbarungen ausschließlich zur Benutzung der Sauna berechtigt war und die Entgelte entsprechend getrennt wurden. Er legt neuerdings jedoch strengere Maßstäbe an. Die Verabreichung eines Heilbads muss danach der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen. Hiervon soll bei der Nutzung einer Sauna in einem Fitness-Studio regelmäßig keine Rede sein können. Diese diene regelmäßig lediglich dem allgemeinen Wohlbefinden (vgl. , BStBl 2007 II S. 283; Abgrenzung zu Abschn. 171 Abs. 3 UStR). Die Verwaltung wendet dieses Urteil jedoch nicht an (vgl. , BStBl 2007 I S. 307). Das sog. Floaten/Floating (Isolationstank, der mit konzentriertem Salzwasser gefüllt und gegen äußere Einflüsse wie Licht oder Geräusche abgeschottet ist) ist kein Heilbad i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG (vgl. ).

Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist nicht, dass im Einzelfall ein bestimmter Heilzweck nachgewiesen wird. Insbesondere bedarf es nicht einer ärztlichen Verordnung des Heilbads. Leistungen, die kosmetischen Zwecken dienen (z. B. UV-Lichtbehandlungen in Bräunungs- und Sonnenstudios), sind jedoch keine begünstigten Heilbäder. Gleiches gilt für Tiefenwärmebehandlungen in Schlankheitsstudios.

Nicht begünstigt ist die Abgabe von Heilwasser der Kurbetriebe an Dritte, die nicht Kurgäste sind, z. B. auch an Sozialversicherungsträger. Das Gleiche gilt, wenn Heilwässer nicht unmittelbar zur Anwendung durch den Kurgast abgegeben werden.

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegt die Bereitstellung von Kureinrichtungen (z. B. Veranstaltung von Kurkonzerten, Gewähren von Trinkkuren, Überlassen von Schwimmbädern, Stränden, Kurparks, anderen Anlagen oder Einrichtungen zur Benutzung), soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist. Die Kurtaxe muss aufgrund einer gesetzlichen Regelung oder nach einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung erhoben werden. Das Entgelt braucht nicht ausdrücklich als Kurtaxe bezeichnet zu werden. S. auch Abschn. 171 Abs. 4 UStR.

Tz. 203 Personenbeförderungen mit Schiffen

§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG

Beförderungen von Personen mit Schiffen unterliegen mindestens bis zum (vgl. § 28 Abs. 4 UStG) ohne Rücksicht auf die Länge der Beförderungsstrecke und auf die Art des Verkehrs (z. B. Linienverkehr, Ausflugsverkehr, Kabinenschifffahrt) insgesamt dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie sich ausschließlich auf das Inland erstrecken; wenn sie ausschließlich in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der Strandlinie an der Küste ausgeführt werden und dort wie Umsätze im Inland zu behandeln sind (Tz. 23); wenn im Fall grenzüberschreitender Beförderungen sämtliche ausländische Streckenanteile als inländische Beförderungsstrecken anzusehen sind (§ 7 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UStDV; Tz. 76).

Bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen mit Schiffen ist die gesamte Beförderungsleistung nicht steuerbar, wenn der inländische Streckenanteil als ausländische Beförderungsstrecke anzusehen ist und der Teil der Beförderungsleistung in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten nicht wie ein Umsatz im Inland zu behandeln ist (§ 2 und § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 UStDV; Tz. 75, 76). Bei Kreuzfahrten mit Passagierschiffen sind die mit dem Pauschalentgelt abgegoltene Unterbringung und Verpflegung als unselbständige Nebenleistungen zur Personenbeförderung anzusehen und deshalb ebenfalls nicht steuerbar. Das Gleiche gilt für Pauschalreisen mit Kabinenschiffen auf Binnenwasserstraßen. Nicht mit dem Pauschalentgelt abgegoltene Leistungen (z. B. Verkauf von Getränken, Tabakwaren) unterliegen dem für den jeweiligen Umsatz geltenden Steuersatz (vgl. zu der Steuerermäßigung für die Personenbeförderungen mit Schiffen auch , BStBl 2008 I S. 880).

In den anderen Fällen grenzüberschreitender Personenbeförderungen bemisst sich die ermäßigte Umsatzsteuer nach dem Entgelt für den Teil der Beförderungsleistung, der auf das Inland entfällt oder der wie ein Umsatz im Inland gilt. Wird hierfür ein Gesamtpreis vereinbart oder vereinnahmt, ist der steuerbare und steuerpflichtige Anteil anhand dieses Gesamtpreises nach den Grundsätzen des § 3b Abs. 1 UStG zu ermitteln.

Schiffe sind auf dem Wasser schwimmende Fahrzeuge von nicht untergeordneter Größe. Nicht dazu zählen gewöhnliche Boote, Nachen und Gondeln. Befördern i. S. der Vorschrift ist jedes räumliche Fortbewegen von Personen. Die Beherbergung und Beköstigung auf festgemachten Schiffen im Inland ist nicht begünstigt.

Tz. 204 Personenbeförderungen im Schienenbahn- und Oberleitungsomnibusverkehr, im genehmigten Linienverkehr und im Verkehr mit Taxen sowie im Fährverkehr

§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG

Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art (z. B. Sessel- und Schlepplifte) innerhalb einer Gemeinde oder auf einer Strecke von nicht mehr als 50 km. Die einzelnen Verkehrsarten sind grds. nach dem Verkehrsrecht abzugrenzen. Der ermäßigte Steuersatz erstreckt sich auch auf die unselbständigen Nebenleistungen (z. B. Beförderung von Reisegepäck).

Die Leistungen müssen auf die Fortbewegung von Personen gerichtet sein. Entgelte für Zuschlagskarten bzw. -scheine, Platz-, Liege-, Bett- und Übergangskarten sind unselbständige Teile des Preises für die Beförderung. Keine Beförderungsleistung ist die Zurverfügungstellung eines unbemannten oder bemannten Beförderungsmittels aufgrund eines Miet- oder Leihvertrags.

Schienenbahnen sind die Eisenbahnen der Deutsche Bahn AG und sonstige Eisenbahnen (auch Kleinbahnen in Tierparks und Ausstellungen); sonstige schienengebundene Bahnen (z. B. Anschlussbahnen); Straßenbahnen und straßenbahnähnliche Bahnen (z. B. Schienenschwebe-, Hoch- und Untergrundbahnen). Begünstigt sind auch Seilschwebebahnen, Sessel-, Schlepp- und Skilifte sowie Bergbahnen. Der Betrieb einer Sommer- oder Winterrodelbahn ist grds. nicht steuerermäßigt. Eine ermäßigt besteuerte Personenbeförderungsleistung kann allenfalls in Einzelfällen angenommen werden, z. B. für eine gesonderte Bergfahrt, wenn die Talfahrt mit mitgebrachtem Rodelgerät erfolgt.

Oberleitungsomnibusse sind elektrisch angetriebene, nicht an Schienen gebundene Straßenfahrzeuge, die ihre Betriebsenergie einer Fahrleitung entnehmen.

Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen ist eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Als Linienverkehr gelten auch die Sonderformen der Personenbeförderung (Berufsverkehr, Schüler-, Markt- und Theaterfahrten, Beförderungen von Kindern zwischen Wohnung und Kindergarten). Der Linienverkehr muss durch eine entsprechende Urkunde oder durch eine einstweilige Erlaubnis genehmigt oder nach der Freistellungsverordnung zum Personenbeförderungsgesetz genehmigungsfrei sein oder eine genehmigungsfreie Sonderform i. S. der EG-VO Nr. 684/92 (ABl EG 1992 Nr. L 74 S. 1) darstellen.



Genehmigungsfrei sind insbesondere Beförderungen mit Kraftfahrzeugen von Berufstätigen zu und von ihrer Eigenart nach wechselnden Arbeitsstellen, sofern nicht ein solcher Verkehr zwischen gleichbleibenden Ausgangs- und Endpunkten länger als ein Jahr betrieben wird; Beförderungen zu und von Arbeitsstellen in der Land- und Forstwirtschaft; Beförderungen von Personen mit Kraftfahrzeugen durch oder für Kirchen oder für sonstige Religionsgesellschaften zu und von Gottesdiensten; Beförderungen durch oder für Schulträger zum und vom Unterricht; Beförderungen von Berufstätigen mit Pkw von oder zu ihren Arbeitsstellen; Beförderungen behinderter Personen von und zu Einrichtungen, die der Betreuung dieses Personenkreises dienen; Beförderungen von Kranken aus Gründen der Beschäftigungstherapie oder zu sonstigen Behandlungszwecken durch Krankenhäuser oder Heilanstalten mit eigenen Kraftfahrzeugen; Beförderungen von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber zu betrieblichen Zwecken zwischen Arbeitsstätten desselben Betriebs; Beförderungen mit Kraftfahrzeugen durch oder für Kindergartenträger zwischen Wohnung und Kindergarten.

Für die Beförderung von Arbeitnehmern zwischen Wohnung und Arbeitsstelle kann die Steuerermäßigung nur in Betracht kommen, wenn es sich verkehrsrechtlich um Beförderungen im genehmigten Linienverkehr (Berufsverkehr) handelt (Abschn. 175 Abs. 1 UStR). Liegt eine Beförderung im Rahmen der Freistellungsverordnung vor, ist sie ohne ausdrückliche personenbeförderungsrechtliche Genehmigung umsatzsteuerlich wie eine Beförderung im genehmigten Linienverkehr zu behandeln. Gleiches gilt für die genehmigungsfreie Sonderform des Linienverkehrs i. S. der EG-VO Nr. 684/92. Im Zweifel hat das Finanzamt eine Stellungnahme der zuständigen Verkehrsbehörde einzuholen. Befördert der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer selbst, muss er in eigener Person die verkehrsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Hat er mit der Beförderung einen Beförderungsunternehmer beauftragt, kommt die Ermäßigung nur für die Beförderungsleistung dieses Unternehmers als Genehmigungsinhaber, nicht aber für die Leistung des Arbeitgebers in Betracht, da dieser den Linienverkehr nicht selbst betreibt.

Verkehr mit Taxen ist die Beförderung von Personen mit Pkw, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt (Abschn. 173 Abs. 8 UStR). Er ist genehmigungspflichtig. Nicht begünstigt sind Taxifahrten im nichtgenehmigten Verkehr mit Taxen, der Mietwagenverkehr und der übrige Gelegenheitsverkehr (z. B. Ausflugsfahrten mit Kraftfahrzeugen).

Die Besteuerung ist nicht anbieterabhängig, sondern leistungsabhängig. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Personenbeförderung mit Taxen einerseits und mit Mietwagen andererseits ergibt sich daraus, dass in den genannten Fällen unterschiedliche Leistungen erbracht werden. Das BVerfG hat 1992 die steuerliche Unterscheidung beider Verkehre mittels einer „Lenkungssteuer” grds. als verfassungsrechtlich unbedenklich anerkannt, wenn diese Unterscheidung auf dem gesetzgeberischen Ziel basiert, die Taxis vor den Mietwagen zu schützen. Anders als das Mietwagengewerbe unterliegt der Taxiunternehmer durch den Kontrahierungszwang, die Bindung an einen behördlich festgelegten Fahrtarif und die Betriebspflicht bestimmten Verpflichtungen, die seine unternehmerische Freiheit zugunsten der Allgemeinheit einschränken. Insbesondere für ältere und behinderte Menschen ist das Taxi unabdingbar, um ihre Mobilität aufrechtzuerhalten; in strukturschwachen Regionen ist es eine wichtige Ergänzung zum Linienverkehr geworden. Die Allgemeinheit hat deshalb ein hohes Interesse am Schutz der Existenz und Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes. Durch § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG soll auch künftig der unterschiedlichen Pflichtenbindung Rechnung getragen werden.

Die Personenbeförderungen in den genannten Verkehren unterliegen nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn sie innerhalb einer politischen Gemeinde ohne Rücksicht auf die Länge der Beförderungsstrecke ausgeführt werden, oder bei Beförderungen über das Gebiet mehrerer Gemeinden, wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 km beträgt. Bei grenzüberschreitenden Beförderungen ist nur die Länge des auf das Inland entfallenden Teils der Beförderungsstrecke maßgebend (Abschn. 174 Abs. 2 UStR). Maßgebende Strecke ist bei Ausstellung von Fahrausweisen grds. die in ihnen ausgewiesene Tarifentfernung, sofern die Beförderungsleistung nur auf Strecken im Inland ausgeführt wird. Bei Fahrausweisen im grenzüberschreitenden Beförderungsverkehr ist die Tarifentfernung der inländischen Beförderungsstrecke unter Berücksichtigung der §§ 27 UStDV maßgebend. Diese Grundsätze gelten entsprechend bei Fahrtunterbrechungen oder beim Umsteigen auf ein anderes Verkehrsmittel desselben Unternehmers. Wird eine Umwegkarte gelöst, ist der gefahrene Umweg bei der Ermittlung der Beförderungsstrecke zu berücksichtigen. Bei Bezirks-, Netz- und Streifenkarten ist als maßgebende Beförderungsstrecke die längste Strecke anzusehen, die der Fahrgast mit dem Fahrausweis zurücklegen kann. Zwei getrennte Beförderungsstrecken liegen vor, wenn ein Fahrausweis ausgegeben wird, der zur Hin- und Rückfahrt berechtigt. Im Verkehrsverbund bewirkt jeder Unternehmer mit seinem Verkehrsmittel eine eigene Beförderung unmittelbar an den Fahrgast, wenn nach den Tarifbedingungen und der praktischen Durchführung der Fahrgast den Beförderungsvertrag jeweils mit dem Unternehmer abschließt, mit dessen Verkehrsmittel er befördert wird. Es muss sich aus den Tarifen ergeben, dass der jeweilige Unternehmer die Fahrausweise im eigenen Namen und für eigene Rechnung verkauft und dass für die von ihm durchfahrene Beförderungsstrecke seine Beförderungsbedingungen gelten.

Soweit nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG Taxifahrten unterschiedlich behandelt werden und als Fahrten innerhalb einer Gemeinde unabhängig von der konkreten Fahrtstrecke immer als Nahverkehrsfahrt ermäßigt zu besteuern sind, während dies für Taxifahrten außerhalb einer Gemeinde nur dann gilt, wenn die einzelne Fahrt 50 km nicht überschreitet, ist dies als gesetzgeberische Typisierung verfassungsgemäß. Hinfahrt und Rückfahrt sind eine (einheitliche) Beförderungsleistung i. S. des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG, wenn vereinbarungsgemäß die Fahrt nur kurzfristig unterbrochen wird und der Fahrer auf den Fahrgast wartet („Wartefahrt”). Keine einheitliche Beförderungsleistung liegt jedoch vor, wenn das Taxi nicht auf den Fahrgast wartet, sondern später – sei es aufgrund vorheriger Vereinbarung über den Abholzeitpunkt oder aufgrund erneuter Bestellung – wieder abholt und zum Ausgangspunkt zurückbefördert („Doppelfahrt”) – vgl. , BStBl 2008 II S. 208.

Die Beförderung von Personen und Gütern im Fährverkehr innerhalb einer Gemeinde oder auf einer Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. § 7 UStDV ist zu beachten. Fährverkehr ist der Schiffsverkehr zwischen zwei festen Anlegestellen (z. B. bei Fluss-, Seeüberquerungen im Inland oder bei Überfahrten vom Festland im Inland zu den deutschen Inseln). Güterbeförderungen im grenzüberschreitenden Fährverkehr, ausgenommen innergemeinschaftliche Güterbeförderungen, können nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG steuerfrei sein (Tz. 91).

Tz. 205 Entstehung der Umsatzsteuer bei der Sollversteuerung

Versteuert der Unternehmer seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten i. S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG (Sollversteuerung), entsteht die Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen grds. mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem er die Leistungen bzw. Teilleistungen ausgeführt hat (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 und 2 UStG). Maßgebend ist – außer bei der Istversteuerung von Anzahlungen (Tz. 206) – allein der Leistungsvollzug, nicht der Zeitpunkt der Leistungsvereinbarung, der Rechnungserteilung oder der Entgeltvereinnahmung. Die Umsatzsteuer entsteht dabei in der gesetzlichen Höhe und zwar unabhängig davon, ob der Leistende eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer erstellt, sie bei seiner Preiskalkulation berücksichtigt hat oder der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug in Anspruch nimmt (, BStBl 1997 II S. 716). Gibt der Unternehmer – irrtümlich oder vorsätzlich – Umsätze nicht in der Voranmeldung an, entsteht die Umsatzsteuer davon unabhängig ebenso wie bei den erklärten Umsätzen. Bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens und Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher, allen unter das GrEStG fallenden Umsätzen und bestimmten Bauleistungen entsteht die Umsatzsteuer abweichend nach § 13b Abs. 1 UStG (Tz. 212).

Lieferungen werden in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem der Empfänger die Verfügungsmacht am Gegenstand erlangt (vgl. hierzu Tz. 56). Bei Sukzessivlieferungsverträgen ist der Zeitpunkt jeder einzelnen Lieferung maßgebend. Lieferungen von Strom, Gas, Wärme und Wasser sind jedoch erst mit Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums als ausgeführt zu behandeln. Die während dieses Zeitraums geleisteten Abschlagszahlungen der Tarifabnehmer sind nicht als Entgelt für Teilleistungen anzusehen; sie führen aber nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG zu einer früheren Entstehung der Umsatzsteuer (vgl. Tz. 206).

Bei der Veräußerung des Sicherungsguts durch den Sicherungsnehmer an einen Dritten für Rechnung des Sicherungsgebers kommt es im Zeitpunkt der Veräußerung an den Erwerber zu zwei Lieferungen: Der Sicherungsnehmer liefert an den Erwerber und der Sicherungsgeber liefert an den Sicherungsnehmer. Eine Vereinbarung, nach der der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer das Sicherungsgut zur Verwertung freigibt und auf sein Auslöserecht verzichtet, stellt noch keine Lieferung des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer dar ( NWB CAAAB-17486).

Werklieferungen sind in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem der Auftraggeber die Verfügungsmacht am fertigen Werk erlangt. Das ist bei einem Bauwerk der Zeitpunkt seiner Übergabe und Abnahme. Die Abnahme kann sich förmlich, stillschweigend oder durch schlüssiges Verhalten (z. B. die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme eines Bauwerks durch Einzug und Nutzung) vollziehen. In den Fällen der stillschweigenden oder schlüssigen Abnahme ist eine spätere förmliche Abnahme umsatzsteuerlich unbeachtlich. Bauten auf fremdem Grund und Boden werden im Allgemeinen nicht in Teilleistungen, sondern als einheitliche Leistungen erbracht. In den Fällen, in denen über eine (Bau)Leistung erst einige Zeit (d. h. mehrere Monate) nach Leistungserbringung abgerechnet wird, ist das Entgelt sachgerecht zu schätzen (z. B. anhand des Angebots), sofern es noch nicht feststeht (Abschn. 178 Satz 4 UStR). Abweichungen, die sich aus der späteren Rechnung oder Schlussrechnung ergeben, führen nachträglich zu Steuerberichtigungen (§ 17 UStG). Hat der Unternehmer für diese Leistungen Abschlagszahlungen erhalten, führen diese nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG zu einer früheren Entstehung der Umsatzsteuer (Tz. 206). Zur Umsatzbesteuerung im Baugewerbe vgl. NWB ZAAAA-86120, und , BStBl 2004 I S. 628.

Wird ein Werklieferungsvertrag vorzeitig (und zulässig) aufgehoben, geht das unvollendete Werk auf den Besteller über und wird Gegenstand einer anderweitigen, hinter der ursprünglichen Vereinbarung zurückbleibenden Lieferung (, BStBl 1980 II S. 535), die im Zeitpunkt der wirksamen Vertragskündigung (Zugang der Kündigung) ausgeführt wird. Entsprechendes gilt, wenn es an einer eindeutigen Willenerklärung fehlt. Die Lieferung erfolgt in diesem Fall in dem Zeitpunkt, in dem für den Werkunternehmer nach den gegebenen objektiven Umständen feststeht, dass er wegen fehlender Aussicht auf die Erlangung weiteren Werklohns nicht mehr leisten wird. Im Fall eines Insolvenzverfahrens des leistenden Unternehmers oder des Bestellers beschränkt sich der Leistungsaustausch zwischen Unternehmer und Besteller auf den bereits gelieferten Teil des Werks, der nicht mehr zurückgefordert werden kann, wenn der Insolvenzverwalter die weitere Erfüllung des Werkvertrags ablehnt (§ 103 InsO). Lieferungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (, BStBl 1978 II S. 483, und , BStBl 1980 II S. 541; vgl. hierzu auch Rondorf, NWB F. 7 S. 5391 NWB ZAAAA-74362). Wählt der Insolvenzverwalter dagegen die Erfüllung eines bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht oder nicht vollständig erfüllten Werkvertrags, wird die Werklieferung – wenn keine Teilleistungen i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG gesondert vereinbart worden sind – erst mit der Leistungserbringung nach Verfahrenseröffnung erbracht (, DStRE 2009 S. 1064). Vgl. zur Umsatzsteuererhebung während des Insolvenzverfahrens auch Wenzel, NWB WAAAB-97426.

Sonstige Leistungen, insbesondere Werkleistungen, sind grds. im Zeitpunkt ihrer Vollendung bewirkt. Bei Werkleistungen ist dies der Zeitpunkt der Fertigstellung. Auf die Abnahme kommt es dabei grds. nicht an, obwohl der Zeitpunkt der Vollendung häufig mit dem Zeitpunkt der Abnahme zusammenfallen wird. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen (z. B. aufgrund Duldungs- oder Unterlassungsverträgen bzw. Wartungs- oder ähnlichen Verträgen) ist die Leistung mit Beendigung des entsprechenden Rechtsverhältnisses ausgeführt, es sei denn, die Beteiligten hatten Teilleistungen vereinbart. Anzahlungen sind jedoch stets im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung zu versteuern (vgl. Tz. 206). Die Leistung oder Teilleistung eines Aufsichtsratsmitglieds wird jeweils an dem Tag bewirkt, an dem die Hauptversammlung stattfindet. Wegen der Entstehung der Umsatzsteuer bei der Überlassung einer Sache gegen monatliche Leasingraten und bei Abtretung dieser Raten oder anderer Forderungen für noch zu erbringende Leistungen oder Teilleistungen vgl. Abschn. 177 Abs. 4 und 5 UStR.

Wird eine Ware im Versandhandel auf Probe verkauft (§ 454 BGB), kommt der Kaufvertrag nicht schon mit Übersendung der Ware, sondern erst durch Ablauf der dem Käufer eingeräumten Billigungsfrist oder bei Zahlung des Kaufpreises zustande, so dass erst zu diesem Zeitpunkt die Lieferung umsatzsteuerlich ausgeführt wird (Abschn. 177 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStR; so auch , BStbl 2009 II S. 490; vgl. hierzu auch Matheis, UVR 2009 S. 89). Demgegenüber kommt beim Kauf mit Rückgaberecht der Kaufvertrag bereits mit Zusendung der Ware zustande, so dass die Lieferung umsatzsteuerlich zu diesem Zeitpunkt bewirkt wird. Vgl. hierzu im Einzelnen FinMin Sachsen, Erlass v. - S 7270 NWB ZAAAA-86467. Kritisch zur Verwaltungsauffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Kaufs auf Probe vgl. Raab/Jünger, UR 2005 S. 581. Vgl. zum Kauf auf Probe auch Hummel, UR 2007 S. 757.

Die Umsatzsteuer für Teilleistungen entsteht im Fall der Sollversteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem sie ausgeführt worden sind. Teilleistungen liegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird und der Unternehmer die Leistung nicht insgesamt, sondern in Teilen bewirkt und schuldet (d. h. für einzelne Leistungsteile gesonderte Entgeltabrechnungen durchführt). Teilleistungen werden z. B. ausgeführt, wenn in einem langjährigen Miet-, Pacht- oder Wartungsvertrag vereinbart wurde, dass der Zins monatlich oder vierteljährlich zu entrichten ist (zu den Teilleistungen bei Dauerleistungen vgl. , BStBl 1998 I S. 177, Tz. 29 und 30 und v. - S 7210 NWB DAAAB-92062, Tz. 24 und 25, sowie insbesondere zur Behandlung der von Krankenkassen gezahlten Vergütungspauschalen für die langfristige Versorgung von medizinischen Geräten NWB FAAAC-35691); wenn die Lieferung periodischer Druckschriften über einen längeren Bezugszeitraum vereinbarungsgemäß monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich für die in diesen Zeitabschnitten bezogenen Hefte abgerechnet wird; wenn einem Bauunternehmer zwei Fachlose (z. B. Maurer- und Betonarbeiten einerseits, Innen- und Außenputz andererseits) zu Einheitspreisen zugeteilt werden, die vereinbarungsgemäß je für sich abgenommen und abgerechnet werden; wenn Fahrschulen Verträge über die praktische und theoretische Führerscheinausbildung mit gesondertem Ausweis der Grundgebühr, des Fahrstundenpreises und der Vorstellung zur Prüfung abschließen und abrechnen in Bezug auf die einzelnen Fahrstunden und die Vorstellung zur Prüfung, nicht aber für die Grundgebühr ( NWB OAAAB-35263; NWB TAAAA-86122). Keine Teilleistungen liegen demnach vor, wenn entgegen der vertraglichen Vereinbarung (faktisch) zwar Teilabnahmen erfolgen, die zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung, in der nur Gesamtentgelte vereinbart wurden, aber nicht geändert wird ( NWB BAAAB-88789).

Wegen der Frage, ob die Leistungen der Architekten und Ingenieure als einheitliche Gesamtleistung oder als Teilleistungen zu beurteilen sind, vgl. Abschn. 179 UStR sowie , BStBl 2003 I S. 174 und v. - S 7270, BStBl 2004 I S. 628. Hat der Unternehmer für Teilleistungen Abschlagszahlungen erhalten, führen diese nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG zu einer früheren Entstehung der Umsatzsteuer (Tz. 206).

Keine Teilleistungen (sondern eine einheitliche Werklieferung) führen Unternehmer aus, die in einem Wohnhaus auftragsgemäß Parkettfußböden legen, auch wenn in der Auftragsbestätigung die Materialkosten getrennt ausgewiesen werden. Das trifft auch auf Bauunternehmer zu, denen eine Gebietskörperschaft die Maurer- und Betonarbeiten an einem Hausbau als Gesamtleistung nach Maßgabe der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) übertragen hat und denen auf Antrag nach Maßgabe des § 16 Nr. 1 VOB/B Abschlagszahlungen in Höhe der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen gewährt werden (vgl. Abschn. 180 Abs. 1 Beispiel 5 UStR). Die Abschlagszahlungen unterliegen der Istversteuerung (Tz. 206). Zur Abgrenzung von Leistungen und Teilleistungen in der Bauwirtschaft vgl. NWB DAAAB-61178.

Die Voraussetzungen für die Entstehung der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung bleiben auch maßgebend, beim Wechsel von der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (Istversteuerung) zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung). S. Tz. 207.

Tz. 206 Anzahlungen bei der Sollversteuerung (Istversteuerung von Anzahlungen)

§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG

Hat der Unternehmer das Entgelt oder ein Teilentgelt (Anzahlung, Abschlagszahlung, Vorauszahlung) vor Ausführung der Leistung oder Teilleistung erhalten, entsteht insoweit die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Vorauszahlung, Abschlagszahlung oder Anzahlung vereinnahmt wurde (zur Vereinnahmung vgl. Tz. 207). Dabei kommt es auf die Höhe des vereinnahmten Betrags nicht an. Die Regelung über die Entstehung der Umsatzsteuer für vereinnahmte Anzahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG enthält einen selbständigen und abschließenden Steuerentstehungstatbestand, so dass z. B. von einem Organträger versteuerte Anzahlungen usw. für Leistungen, die erst nach Beendigung der Organschaft abschließend erbracht werden, bei der Steuerfestsetzung gegenüber der vormaligen Organgesellschaft steuermindernd zu berücksichtigen sind (, BStBl 2002 II S. 255).

Anzahlungen usw. können außer in Barzahlungen auch in Lieferungen oder sonstigen Leistungen bestehen, die im Rahmen eines Tauschs oder tauschähnlichen Umsatzes hingegeben werden. Anzahlungen führen nur dann zur Entstehung der Umsatzsteuer, wenn sie für eine bestimmte Leistung gezahlt werden. Bezieht sich eine Anzahlung auf mehrere Umsätze, ist sie entsprechend aufzuteilen. Wird eine Leistung in Teilen geschuldet und bewirkt (Teilleistungen), sind Anzahlungen der jeweiligen Teilleistung zuzurechnen, für die sie geleistet werden. Fehlt es bei der Vereinnahmung der Zahlung noch an einer konkreten Leistungsvereinbarung, kann die Zahlung eine bloße Kreditgewährung oder nach den Umständen des Einzelfalls (z. B. bei dauernder Geschäftsverbindung mit regelmäßig sich wiederholenden Aufträgen) eine zur Umsatzsteuerentstehung führende Anzahlung für eine künftige Leistung darstellen. Die nationale Praxis bei der Anzahlungsbesteuerung wird durch den EuGH bestätigt (, BUPA Hospitals Ltd., Goldsborough Developments Ltd. NWB EAAAB-83182).

Werden Gutscheine ausgegeben, die nicht zum Bezug von hinreichend bezeichneten Leistungen berechtigen (z. B. ein Kaufhaus stellt Gutschein aus, der zum Bezug von Waren aus seinem Sortiment berechtigt), handelt es sich lediglich um den Umtausch von einem Zahlungsmittel (z. B. Bargeld) in ein anderes Zahlungsmittel (z. B. Gutschein). Die Hingabe des Gutscheins ist keine Lieferung. Eine Anzahlung liegt ebenfalls nicht vor, da die Leistung nicht hinreichend konkretisiert ist. Erst bei der Einlösung des Gutscheins unterliegt die Leistung der Umsatzsteuer. Werden dagegen Gutscheine über bestimmte, konkret bezeichnete Leistungen ausgestellt (z. B. ein Restaurant stellt Gutschein für ein Brunch aus), unterliegt der gezahlte Betrag als Anzahlung der Umsatzsteuer. Bei Ausführung der Leistung unterliegt der ggf. noch zu zahlende Differenzbetrag der Umsatzsteuer. Werden derartige Gutscheine endgültig nicht eingelöst, ist die Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen (, UR 2008 S. 399).

Eine Anzahlung in fremder Währung ist nach dem Durchschnittskurs umzurechnen, der im Monat der Vereinnahmung gilt. Hierbei verbleibt es, auch wenn im Zeitpunkt der Leistungsausführung ein anderer Durchschnittskurs gilt (§ 16 Abs. 6 Satz 1 UStG). Wird eine Anzahlung für eine Leistung vereinnahmt, die voraussichtlich unter eine Befreiungsvorschrift des § 4 UStG fällt, braucht auch die Anzahlung nicht der Umsatzsteuer unterworfen zu werden. Ist jedoch bei ihrer Vereinnahmung noch nicht abzusehen, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der Leistung erfüllt werden, ist die Anzahlung zu versteuern. Wenn Grabpflege für 25 Jahre gegen Einmalzahlung vereinbart wird, kann dies nach den jeweiligen Besonderheiten zur Annahme einer Vorauszahlung oder eines Darlehens führen (, BStBl 2003 II S. 810). Zur Behandlung von Anzahlungen für steuerpflichtige Reiseleistungen vgl. Abschn. 272 Abs. 15 UStR. Zur Abgrenzung von Leistungen und Teilleistungen in der Bauwirtschaft vgl. NWB DAAAB-61178.

Tz. 207 Entstehung der Umsatzsteuer bei der Istversteuerung, Beförderungseinzelbesteuerung, im Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG und den unentgeltlichen Wertabgaben

Darf der Unternehmer die Umsatzsteuer für seine Leistungen nach den vereinnahmten Entgelten berechnen (§ 20 Abs. 1 UStG; Tz. 280), entsteht sie nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte bzw. Teilentgelte (Anzahlung, Abschlagszahlung, Vorauszahlung) vereinnahmt worden sind. Auf den Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes kommt es grds. nicht an. Anzahlungen sind stets (auch bei der Sollversteuerung) im Voranmeldungszeitraum ihrer Vereinnahmung zu versteuern (Tz. 206).

Das Entgelt ist vereinnahmt, wenn der Unternehmer wirtschaftlich darüber verfügen kann. Im Fall der Barzahlung ist dies im Zeitpunkt der Zahlung. Bei Überweisungen auf ein Bankkonto gilt als Zeitpunkt der Vereinnahmung grds. der Zeitpunkt der Gutschrift (bei Einzahlung auf ein gesperrtes Konto vgl. z. B. , BStBl 1980 II S. 643). Vereinnahmt sind auch Beträge, die der Schuldner dem Gläubiger am Fälligkeitstag gutschreibt, wenn diese Beträge dem Gläubiger von nun an zur Verfügung stehen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Beträge im Zeitpunkt der Gutschrift noch nicht fällig waren und das Guthaben nicht verzinst wird. Beim Kontokorrentverkehr ist das Entgelt mit der Anerkennung des Saldos am Ende eines Abrechnungszeitraums vereinnahmt. Ein Scheckbetrag ist bereits mit dessen Hingabe zugeflossen, wenn der sofortigen Vorlage des Schecks keine zivilrechtliche Absprache entgegen steht und wenn davon ausgegangen werden kann, dass die bezogene Bank bei sofortiger Vorlage des Schecks den Betrag auszahlen oder gutschreiben wird; bei Inzahlungnahme eines Wechsels gilt das Entgelt dagegen erst mit dem Tag der Einlösung oder – bei Weitergabe – mit dem Tag der Gutschrift oder Wertstellung als vereinnahmt. Wird eine Forderung an Zahlungs statt abgetreten (§ 364 Abs. 1 BGB), führt dies im Zeitpunkt der Abtretung in Höhe des wirtschaftlichen Werts der Forderung im Abtretungszeitpunkt zu einem Zufluss. Entsprechendes gilt bei einer zahlungshalber erfolgten Zahlungsabtretung (§ 364 Abs. 2 BGB), wenn eine fällige, unbestrittene und einziehbare Forderung vorliegt. Die Aufrechnung ist im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung einer Zahlung gleichzusetzen.

Die Voraussetzungen für die Entstehung der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung bleiben auch maßgebend, wenn der Unternehmer von der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (Istversteuerung) zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung) wechselt. § 20 Abs. 1 Satz 3 UStG enthält keine davon abweichende Regelung über die Entstehung der Umsatzsteuer. Die noch vor dem Wechsel zur Sollversteuerung ausgeführten Umsätze müssen demnach erst im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung (und nicht schon direkt im Zeitpunkt des Übergangs zur Sollversteuerung) der Umsatzsteuer unterworfen werden (, BStBl 2003 I S. 817; vgl. Abschn. 182 Abs. 3 UStR).

Bei Personenbeförderungen im Drittland bei grenzüberschreitenden Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind (Beförderungseinzelbesteuerung,§ 16 Abs. 5 UStG; Tz. 253), entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c UStG in dem Zeitpunkt, in dem der Kraftomnibus in das Inland gelangt.

In den Fällen des § 18 Abs. 4c UStG (besonderes Besteuerungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet als Steuerschuldner ausschließlich sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer erbringen und vom Wahlrecht der Erfassung in nur einem EU-Mitgliedstaat Gebrauch machen; vgl. Tz. 258) entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d UStG mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Abs. 1a Satz 1 UStG (Kalendervierteljahr).

Die Umsatzsteuer für unentgeltliche Wertabgaben i. S. des § 3 Abs. 1b und 9a UStG entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Unternehmer diese Leistungen ausgeführt hat. Führen Unternehmer, denen die Istversteuerung gestattet wurde, unentgeltliche Leistungen an ihr Personal oder andere unentgeltliche Wertabgaben i. S. des § 3 Abs. 1b und 9a UStG aus, entsteht die Umsatzsteuer insoweit mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Leistungen getätigt worden sind.

Tz. 208 Entstehung der Umsatzsteuer bei zu hohem oder unberechtigtem Steuerausweis und für Entgeltminderungen bei Zentralregulierungsgeschäften

§ 13 Abs. 1 Nr. 3–5 UStG

Hat ein Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Umsatzsteuerbetrag gesondert ausgewiesen, als er für den Umsatz schuldet (§ 14 Abs. 2 UStG, Tz. 223), entsteht der Mehrbetrag in dem Zeitpunkt, in dem die Umsatzsteuer für die Lieferung oder sonstige Leistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b Satz 1 UStG entsteht. Sie entsteht jedoch spätestens im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung. So wird sichergestellt, dass die Umsatzsteuer insoweit auch in Fällen entsteht, in denen eine überhöhte Steuer für nicht steuerbare oder steuerfreie Umsätze ausgewiesen wurde.

Hat ein Nichtunternehmer oder ein Kleinunternehmer, der für seine Umsätze § 19 Abs. 1 UStG anwendet, oder eine Person, die eine Leistung nicht ausführt, in einer Abrechnung einen Umsatzsteuerbetrag gesondert ausgewiesen § 14c Abs. 2 UStG; Tz. 227), entsteht die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG im Zeitpunkt der Ausgabe der Abrechnung. Maßgebend ist der Tag, an dem sie in den Verkehr gebracht wird (, BStBl 1988 II S. 150). Unmaßgeblich ist, ob die Rechnung dem Adressaten zugeht; die Weitergabe an einen Dritten genügt (, BStBl 1994 II S. 277).

Nach § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG kann bei Zahlungsabzügen der Leistungsempfänger von der Vorsteuerberichtigung absehen, wenn ein dritter Unternehmer (regelmäßig Zentralregulierer) die auf die Minderung des Entgelts entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abführt. Die vom Zentralregulierer (zugleich Steuerschuldner) geschuldete Umsatzsteuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.

Tz. 209 Entstehung der Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb bei der Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG und bei der Auslagerung aus einem Umsatzsteuerlager

§ 13 Abs. 1 Nr. 6–9 UStG

Hat der Unternehmer – unabhängig, ob Soll- oder Istversteuerer – einen innergemeinschaftlichen Erwerb i. S. des § 1a UStG zu versteuern (Tz. 25, 26), entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 erste Alternative UStG grds. mit Ausstellung der Rechnung durch den ausländischen Lieferer. Maßgebend ist grds. das Rechnungsdatum (vgl. , UR 1994 S. 411). Auf den Zeitpunkt der Zahlung kommt es nicht an. Wird die Rechnung erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgestellt oder keine Rechnung erteilt (z. B. beim innergemeinschaftlichen Verbringen; Tz. 26), entsteht die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 zweite Alternative UStG spätestens mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats. Aus praktischen Gründen erscheint es sinnvoll und vertretbar, die Erwerbsbesteuerung beim innergemeinschaftlichen Verbringen bereits in dem Voranmeldungszeitraum durchzuführen, in dem der Gegenstand in das Inland verbracht wird (Rondorf, DStR 1993 S. 969). Rechnungen vor Ausführung der Lieferung (Vorausrechnung) oder Anzahlungen lösen keine Erwerbsbesteuerung aus und führen nicht zu einer Umsatzsteuerentstehung, da noch kein innergemeinschaftlicher Erwerb (Steuertatbestand) vorliegt. Für den innergemeinschaftlichen Erwerb von neuen Fahrzeugen i. S. des § 1b UStG (Tz. 28) entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 7 UStG am Tag des Erwerbs des neuen Fahrzeugs.

Schuldet der Abnehmer einer als steuerfrei behandelten innergemeinschaftlichen Lieferung aufgrund seiner unrichtigen Angaben die entgangene Umsatzsteuer (Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG), entsteht die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 8 UStG in dem Zeitpunkt, in dem die Lieferung an ihn ausgeführt wird. Zu den Voraussetzungen für den Vertrauensschutz vgl. Tz. 174, am Ende, und 175.

§ 13 Abs. 1 Nr. 9 UStG regelt den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den der Auslagerung aus einem Umsatzsteuerlager vorangehenden Umsatz (§ 4 Nr. 4a Satz 1 Buchst. a Satz 2 UStG). Dieser ist gegeben mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Gegenstand aus einem Umsatzsteuerlager ausgelagert wird.

Tz. 210 Entstehung der Umsatzsteuer bei der Einfuhr

§ 13 Abs. 2 UStG

Bezüglich des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer verweist § 13 Abs. 2 UStG auf § 21 Abs. 2 UStG. Danach gelten für die Einfuhrumsatzsteuer die Vorschriften für Zölle – ausgenommen die Vorschriften über den aktiven Veredelungsverkehr nach dem Verfahren der Zollrückvergütung und über den passiven Veredelungsverkehr – sinngemäß. Darüber hinaus gelten die Zollvorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer entsprechend für Gegenstände, die nicht Waren i. S. des Zollrechts (z. B. Strom) sind und für die folglich keine Zollvorschriften bestehen (§ 21 Abs. 5 UStG). Unterschiedliche Abfertigungsanträge für Zoll und Einfuhrumsatzsteuer sind seit nicht mehr zugelassen.

In Bezug auf die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer sind Art. 201 ff. ZK sinngemäß anzuwenden. Danach entsteht die Einfuhrumsatzsteuer bei ordnungsgemäßen Verfahren mit der Annahme der Zoll- bzw. Einfuhrumsatzsteuer-Anmeldung (Art. 201 Abs. 2 ZK) zur Überführung der Drittlandsgegenstände – und zwar ungeachtet, ob es sich um Waren i. S. des Zollrechts handelt, § 21 Abs. 5 UStG – in den freien Verkehr (Art. 201 Abs. 1 Buchst. a ZK). Zu beachten ist, dass auch die Überführung einer Ware in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung (Art. 137 ZK) mit der Annahme der Zoll- bzw. Einfuhrumsatzsteuer-Anmeldung (Art. 201 Abs. 2 ZK) zur Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer führt (Art. 201 Abs. 1 Buchst. b ZK). Für die Annahme ist der Zeitpunkt maßgebend, der auf der Zollanmeldung von der Zollstelle vermerkt wird (Art. 201 Abs. 2 ZK i. V. mit 203 ZKDVO). Die Zollanmeldung ist auf amtlichem Vordruck, dem Einheitspapier, vorzunehmen (Art. 62 ZK i. V. mit 205 ZKDVO). Die Einfuhrumsatzsteuer entsteht selbst bei unzutreffender Anmeldung oder Berechnung in der gesetzlichen Höhe.

Befinden sich Waren in einem besonderen Zollverfahren nach Art. 4 Nr. 16 ZK (Versandverfahren, Zolllagerverfahren, aktive Veredelung, Umwandlungsverfahren, vorübergehende Verwendung), entsteht die Einfuhrumsatzsteuer also nicht bereits mit dem Verbringen in das Inland, sondern erst, wenn die Waren durch Annahme der Zoll- bzw. Einfuhrumsatzsteuer-Anmeldung in den freien Verkehr überführt werden. Entsprechend kommt es zu keiner Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer im Inland, wenn die Waren ohne Überführung in den freien Verkehr wieder in das Ausland verbracht werden. Auch bei der vorübergehenden Verwendung entsteht die Einfuhrumsatzsteuer erst mit der Überführung in das Verfahren der vorübergehenden Verwendung durch Annahme der betreffenden Zoll- bzw. Einfuhrumsatzsteuer-Anmeldung (Art. 201 Abs. 2 ZK). Es kommen aber insoweit Steuerbefreiungen nach der EUStBV in Betracht (vgl. Tz. 144).

In den Fällen des vorschriftswidrigen Verbringens in das Zollgebiet (Art. 202 Abs. 2 ZK), des Entzugs aus der zollamtlichen Überwachung (Art. 203 Abs. 2 ZK), bei Nichterfüllung zollrechtlicher Pflichten im Zusammenhang mit der vorübergehenden Verwahrung oder der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das die Ware überführt wurde (Art. 204 Abs. 2 ZK), sowie des Verbrauchs oder der Verwendung in einer Freizone oder einem Zolllager (Art. 205 Abs. 2 ZK) entsteht die Einfuhrumsatzsteuer jeweils mit Erfüllung des betreffenden Tatbestands. Art. 859 Nr. 6 ZKDVO, wonach das Nichtentstehen einer Zollschuld im Fall der Pfichtverletzung im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren (Nichtwiedergestellung der Ware bei der Bestimmungsstelle) unter anderem von dem Nachweis abhängt, dass den Beteiligten bzw. seinen Erfüllungsgehilfen (Warenführer) keine grobe Fahrlässigkeit trifft, verletzt kein höherrangiges Gemeinschaftsrecht und ist damit – auch im Fall der Einfuhrumsatzsteuer – anzuwenden (, BStBl 2003 II S. 726).

Tz. 211 Steuerschuldner, Steuerhaftung

§ 13a UStG

Steuerschuldner nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist bei entgeltlichen Lieferungen oder sonstigen Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG einschließlich der diesen gleichgestellten unentgeltlichen Wertabgaben i. S. des § 3 Abs. 1b und 9a UStG und beim überhöhten/unrichtigen Umsatzsteuerausweis § 14c Abs. 1 UStG) der Unternehmer. Medizinische Sachverständige, die ihre Entgeltsansprüche aus Gutachteraufträgen an einen Arzt abtreten, der an der Gutachtenerstellung als Hilfskraft mitgewirkt hat, bleiben Steuerschuldner; die Umsatzsteuerpflicht des medizinischen Sachverständigen aus der Gutachtertätigkeit geht nicht auf denjenigen über, an den der Entgeltanspruch abgetreten wurde ( NWB IAAAA-86571).

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb im Inland gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG) ist der Erwerber des Gegenstands Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Wurde aufgrund unrichtiger Angaben des Abnehmers die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in Anspruch genommen und konnte der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen (§ 6a Abs. 4 UStG), schuldet der Abnehmer die entgangene Umsatzsteuer (§ 13a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Wird in einer Abrechnung eine Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen (Fälle des § 14c Abs. 1 UStG), wird dieser Betrag vom Aussteller der Abrechnung geschuldet (§ 13a Abs. 1 Nr. 4 UStG). Im Fall des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts (§ 25b Abs. 1 UStG) wird die Umsatzsteuer für die (Inlands-) Lieferung des ersten Abnehmers an den letzten Abnehmer unter den weiteren Voraussetzungen zwingend auf den letzten Abnehmer übertragen. Durch die Übertragung wird der letzte Abnehmer Steuerschuldner für die vom ersten Abnehmer an ihn bewirkte Lieferung (§ 13a Abs. 1 Nr. 5 UStG). Zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b Abs. 2 UStG) vgl. Tz. 212.

Steuerschuldner für den aufgrund der Auslagerung des Gegenstands aus dem Umsatzsteuerlager steuerpflichtigen letzten Umsatz vor der Auslagerung ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 erster Halbsatz UStG der Auslagerer. Wird der Gegenstand im Zusammenhang mit einer Lieferung ausgelagert, ist der liefernde Unternehmer als Auslagerer bereits aus § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner. Wird ein unter die Anlage 1 zu § 4 Nr. 4a UStG fallender in ein Umsatzsteuerlager eingelagerter Gegenstand geliefert und zu einem späteren Zeitpunkt ausgelagert, ist regelmäßig der Abnehmer Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 6 erster Halbsatz UStG). Neben dem Auslagerer ist der Umsatzsteuerlagerhalter als Gesamtschuldner Steuerschuldner, wenn er seiner Verpflichtung zur Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters nicht nachkommt (§ 13a Abs. 1 Nr. 6 zweiter Halbsatz UStG). Liegen die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Umsatzsteuerlagerhalters als Gesamtschuldner vor, ist dieser aber nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn der Auslagerer seinen umsatzsteuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt und die Umsatzsteuer nicht anmeldet und/oder nicht rechzeitig oder nicht vollständig entrichtet. Für die Inanspruchnahme des Umsatzsteuerlagerhalters mit Steuerbescheid gelten die allgemeinen Regelungen der AO (§§ 155 ff. AO). Wendet der Auslagerer oder der Umsatzsteuerlagerhalter die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG an, gilt diese Regelung nicht für die von ihm als Steuerschuldner bzw. Gesamtschuldner für die Auslagerung geschuldete Steuer. Wendet der Auslagerer oder der Umsatzsteuerlagerhalter als Blinder auf seine Umsätze die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 19 UStG an, gilt diese Regelung nicht für die von ihm als Steuerschuldner bzw. Gesamtschuldner für die Auslagerung geschuldete Steuer (vgl. , BStBl 2004 I S. 242).

Bezüglich des Steuerschuldners der Einfuhrumsatzsteuer verweist § 13a Abs. 2 UStG auf § 21 Abs. 2 UStG. Danach gelten für die Einfuhrumsatzsteuer die Vorschriften für Zölle sinngemäß (vgl. Tz. 210). Steuerschuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist damit der Zollschuldner bzw. in den Fällen, in denen zwar keine Zollschuld, aber eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht, derjenige, der – im Fall einer eine Zollschuld begründenden Einfuhr – Zollschuldner wäre. Damit schuldet die Einfuhrumsatzsteuer bei der Abfertigung zum freien Verkehr und beim Übergang zum Verfahren der vorübergehenden Verwendung (Art. 201 Abs. 1 ZK) der Anmelder (Art. 201 Abs. 3 ZK), d. h. die Person, die im eigenen Namen eine Zollanmeldung abgibt oder aber für die in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird (Art. 4 Nr. 18 ZK). Im Fall der direkten Vertretung (d. h. der Vertreter handelt in Namen und für Rechnung des Vertretenen; Art. 5 Abs. 2 erster Spiegelstrich ZK) ist Anmelder und damit Einfuhrumsatzsteuer-Schuldner nur der Vertretene (Art. 201 Abs. 3 Satz 1 ZK), während im Fall der indirekten Vertretung der im eigenen Namen auftretende Anmelder und der indirekt Vertretene, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde (Art. 5 Abs. 2 zweiter Spiegelstrich ZK), die Einfuhrumsatzsteuer schulden (Art. 201 Abs. 3 Satz 2 ZK). In den Fällen des vorschriftswidrigen Verbringens usw. (vgl. Tz. 210) sind der Täter und alle an der Handlung Beteiligten sowie bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Erwerber Einfuhrumsatzsteuer-Schuldner (Art. 202 Abs. 3, 203 Abs. 3, 204 Abs. 3 und 205 Abs. 3 ZK).

Bei Organschaftsverhältnissen ist Steuerschuldner für die Umsatzsteuer sämtlicher im Organkreis ausgeführter Umsätze der Organträger. Bei Gesamtrechtsnachfolge (z. B. Erbfolge) geht die Steuerschuld des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen, die Geschäftsführer nichtrechtsfähiger Personenvereinigungen oder Vermögensmassen (§ 34 Abs. 1 AO), die Vermögensverwalter im Rahmen ihrer Verwaltungsbefugnis (§ 34 Abs. 3 AO) sowie Verfügungsberechtigte, die im Außenverhältnis rechtswirksam handeln und die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich erfüllen, haften für die Umsatzsteuerbeträge, die infolge ihrer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden (§ 69 AO). Bei Organschaftsverhältnissen haften die Organgesellschaften für diejenige Umsatzsteuer ihres Organträgers, für die die Organschaft zwischen ihnen von Bedeutung ist (§ 73 AO).

Tz. 212 Leistungsempfänger als Steuerschuldner

§ 13b UStG

a) Allgemeines

§ 13b UStG enthält u. a. Regelungen zur Steuerentstehung und zur Steuerschuldnerschaft, die den Regelungen in §§ 13 und 13a UStG vorgehen.

Für die folgenden im Inland ausgeführten steuerpflichtigen (nicht steuerfreie) Umsätze schulden Unternehmer und – in den vier ersten Fällen – juristische Personen des öffentlichen Rechts – auch wenn der Leistungsbezug für den nichtunternehmerischen Bereich erfolgt (privater Bereich des Unternehmers oder Hoheitsbereich der juristischen Personen des öffentlichen Rechts) – nach § 13b Abs. 2 UStG als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer:

  • Werklieferungen (z. B. Baubranche, Montagefirmen und andere Handwerksbetriebe) eines im Ausland ansässigen Unternehmers (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG);

  • Sonstige Leistungen einschließlich Werkleistungen (z. B. Architekten, Künstler, andere freie Berufe, Aufsichtsräte, Berufssportler, Filmverleiher, Lizenzgeber, Handelsvertreter, innergemeinschaftliche Güterbeförderungen) im Ausland ansässiger Unternehmer (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG);

  • Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG);

  • Umsätze, die unter das GrEStG fallen (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG);

  • Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG);

  • Lieferungen von Gas und Elektrizität eines im Ausland ansässigen Unternehmers unte den Bedingungen des § 3g UStG (§13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UStG).

Vgl. zur Einführung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers im Einzelnen Langer, NWB F. 7 S. 5469 NWB RAAAA-74369; Winter, UR 2001 S. 325; Nieskens, UR 2001 S. 475 und UR 2002 S. 53; Jütten StW 2007 S. 10. Vgl. zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers und den Auswirkungen beim Vorsteuer-Vergütungsverfahren von Streit, IStR 2002 S. 700. Zu den Folgeänderungen der Einführung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf die Rechnungsstellung (§§ 14, 14a UStG) vgl. auch Tz. 225; zum Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 4b UStG) vgl. auch Tz. 239; zur Abgabe von Voranmeldungen bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§18 Abs. 4a UStG) vgl. auch Tz. 257; zur Steuerentrichtung durch Kleinunternehmer als Steuerschuldner (§ 19 Abs. 1 Satz 3 UStG) vgl. auch Tz. 277; zu den Aufzeichnungspflichten (§ 22 Abs. 1 und 2 Nr. 8 UStG) vgl. auch Tz. 282, 288; zur Anwendung der Differenzbesteuerung in diesen Fällen (§ 25a Abs. 5 Satz 3 UStG) vgl. auch Tz. 319. Zur Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG und der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers in den Fällen der Sicherungsübereignung vgl. auch gleichlautend NWB AAAAB-52619, und NWB AAAAB-44117. Zur Übergangsregelung vgl. § 27 Abs. 4 UStG.

b) Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände

Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG; vgl. hierzu auch Rondorf, NWB F. 7 S. 5391 NWB ZAAAA-74362 zur Rechtslage bis zum ) unterliegen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift vgl. NWB KAAAC-53226, und v. 25. 5. 2007 - S 7100 A NWB FAAAC-60120). Dieser Fall ist nicht durch Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL (= Art. 193 und 194 MwStSystRL) gedeckt, da es sich hier regelmäßig um inländische Lieferer handeln wird. Deutschland ist aber insoweit durch die Entscheidung des Rats 2002/439/EG v. (ABl EG Nr. L 151 S. 12) ermächtigt worden, eine von der 6. EG-RL abweichende Maßnahme einzuführen. Die Ermächtigung, die nicht rückwirkend zum erteilt wurde, gilt bis zum . Die Maßnahme kann aber nach Auslaufen der Ermächtigung auf der Grundlage des durch die RL 2006/69/EG v. zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung oder -umgehung, zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer sowie zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen über die Genehmigung von Ausnahmeregelungen (ABl EU Nr. L 221 S. 9) neu eingefügten Art. 21 Abs. 2 Buchst. c Ziffer v der 6. EG-RL (= Art. 199 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL) unverändert beibehalten werden (vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6793). Zur Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG und der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers in den Fällen der Sicherungsübereignung vgl. auch gleichlautend NWB AAAAB-52619, und NWB AAAAB-44117. Zu europa- und verfassungsrechtlichen Fragen der Vorschrift vgl. Siebert, UStB 2005 S. 243.

Die Veräußerung eines sicherungsübereigneten Gegenstands durch den Sicherungsnehmer an einen Dritten führt zu einem sog. Doppelumsatz, nämlich zu einer Lieferung des Sicherungsnehmers an den Erwerber (Dritten) und zugleich zu einer Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer. Hat der Sicherungsnehmer einen sicherungsübereigneten Gegenstand vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Besitz genommen, aber erst nach der Eröffnung verwertet, liegt keine „Lieferung eines sicherungsübereigneten Gegenstands durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens” i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG vor (, BStBl 2008 II S. 163).

c) Lieferungen von Grundstücken

Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG a. F.; vgl. in diesem Zusammenhang auch § 9 Abs. 3 Satz 1 UStG, Tz. 176) unterliegen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Auch dieser Fall ist nicht durch Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL (= Art. 193 und 194 MwStSystRL) gedeckt, da es sich auch hier regelmäßig um inländische Lieferer handeln wird. Deutschland ist aber insoweit durch die Entscheidung des Rats 2002/439/EG v. (ABl EG Nr. L 151 S. 12) ermächtigt worden, eine von der 6. EG-RL abweichende Maßnahme einzuführen. Die Ermächtigung, die nicht rückwirkend zum erteilt wurde, gilt bis zum . Durch das HBeglG 2004 ist § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auf alle steuerpflichtigen Umsätze, die unter das GrEStG fallen, erweitert worden. Da auch die Erweiterung der Vorschrift nicht durch Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL (= Art. 193 und 194 MwStSystRL) gedeckt ist, bedurfte es insoweit einer weiteren Ermächtigung nach Art. 27 der 6. EG-RL (= Art. 395 MwStSystRL). Die Vorschrift des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der Fassung des HBeglG 2004 trat mit Beginn des Kalendervierteljahrs in Kraft, das dem Tag der Veröffentlichung der Ermächtigung durch den Rat der Europäischen Union im Amtsblatt EU Reihe L folgt. Deutschland ist durch die Entscheidung des Rats 2004/290/EG v. 30. 3. 2004 (ABl EU Nr. L 94 S. 59) ermächtigt worden, die entsprechende abweichende Maßnahme bis zum einzuführen. Die Ermächtigung ist am im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden (BStBl 2004 I S. 453). Damit trat die nationale Vorschrift am in Kraft. Voraussetzung ist, dass der jeweilige Umsatz nach dem ausgeführt worden ist (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG) oder das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (§ 13b Abs. 1 Satz 3, § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG). In den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt und der Umsatz erst nach dem erbracht worden ist, ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass das vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert werden. Um etwaige Anlaufschwierigkeiten für die betroffenen Unternehmer zu vermeiden, die aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen Veröffentlichung der Ermächtigung durch den EU-Ministerrat und dem Inkrafttreten der Regelung entstehen können, hat die Verwaltung jedoch eine Übergangsregelung zugelassen (, BStBl 2004 I S. 453, vgl. insoweit weiter unten). Die Maßnahme kann nach Auslaufen der Ermächtigung auf der Grundlage des durch die RL 2006/69/EG v. zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung oder -umgehung, zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer sowie zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen über die Genehmigung von Ausnahmeregelungen (ABl EU Nr. L 221 S. 9) neu eingefügten Art. 21 Abs. 2 Buchst. c Ziffer iii der 6. EG-RL (= Art. 199 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL) unverändert beibehalten werden (vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6793 NWB DAAAC-17401). Die Ermächtigung wird nach Art. 2 der RL 2006/69/EG mit Wirkung zum 1. 1. 2008 aufgehoben.

Nach der Regelung in Abschn. 182a Abs. 2 Nr. 4 UStR gehören zu den Umsätzen, die unter das GrEStG fallen (grunderwerbsteuerbare Umsätze), insbesondere die Umsätze von unbebauten und bebauten Grundstücken (vgl. im Einzelnen Abschn. 71 UStR). Da die Umsätze, die unter das GrEStG fallen, nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sind, ist für die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Abnehmers) erforderlich, dass ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung (Option) durch den Lieferer vorliegt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher ist nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Zwangsversteigerungstermin zulässig (§ 9 Abs. 3 Satz 1 UStG). Bei anderen nach dem ausgeführten Umsätzen, die unter das GrEStG fallen, ist die Option zwingend im notariell zu beurkundenden Vertrag (§ 311b Abs. 1 BGB) oder einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung zu erklären (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG). Vgl. zur umsatzsteuerlichen Neuregelung bei Grundstücksumsätzen – auch in Bezug auf Auswirkungen bei der Grunderwerbsteuer – ergänzend Bartsch/Blaas/von Pannwitz, BB 2004 S. 1249; Claussen/Mensching, DStR 2004 S. 305; Dürr, UVR 2004 S. 149; Forster, UR 2004 S. 188; Krauß, DB 2004 S. 1225, und Küffner/Zugmaier, DStR 2004 S. 712. Zu den Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer vgl. NWB CAAAB-23807. Zur Vereinfachung von Grundstücksumsätzen – Option trotz etwaiger Geschäftsveräußerung – durch § 13b UStG vgl. Siebert, UStB 2005 S. 96.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Erbbauzinsen und der Frage der Anwendbarkeit der Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gilt Folgendes ( NWB LAAAB-77430):

  • Die Bestellung des Erbbaurechts wird als grundstücksgleiches Recht grunderwerbsteuerlich wie ein(e) Grundstückserwerb(-lieferung) behandelt. Für die Berechnung der Grunderwerbsteuer wird der zu zahlende Erbbauzins kapitalisiert.

  • Umsatzsteuerrechtlich liegt jedoch eine sonstige Leistung in Form einer Duldungsleistung (Nutzungsüberlassung) vor, die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei ist. Durch die Ausdehnung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf alle steuerpflichtigen Umsätze, die unter das GrEStG fallen, unterliegen – im Fall einer Option nach § 9 UStG – auch Erbbauzinsen aus Altverträgen dem Anwendungsbereich des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, da es sich bei dem Erbbauzins (Ausübung des Erbbaurechts) um eine Dauerleistung in Form von Teilleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 2 UStG i. V. mit § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 und 3 UStG (vgl. Abschn. 24 Abs. 3 UStR) handelt.

d) Werklieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit Bauwerken
aa) Einführung und Anwendungszeitraum

Nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG i. V. mit Abs. 2 Satz 2 UStG gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auch bei bestimmten Bauleistungen, wenn der leistende Unternehmer ein im Inland ansässiger Unternehmer (also nicht: juristische Person des öffentlichen Rechts) ist. Entsprechende Leistungen von im Ausland ansässigen Unternehmern (§ 13b Abs. 4 UStG) fallen unter den Anwendungsbereich von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 UStG). Da auch diese Erweiterung der Vorschrift nicht durch Art. 21 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL (= Art. 193 und 194 MwStSystRL) gedeckt ist, bedurfte es auch insoweit einer Ermächtigung nach Art. 27 der 6. EG-RL (= Art. 395 MwStSystRL). Die Vorschrift des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG i. d. F. des HBeglG 2004 trat mit Beginn des Kalendervierteljahrs in Kraft, das dem Tag der Veröffentlichung der Ermächtigung durch den Rat der Europäischen Union im Amtsblatt EU Reihe L folgt. Deutschland ist durch die Entscheidung des Rats 2004/290/EG v. (ABl EU Nr. L 94 S. 59) ermächtigt worden, die entsprechende abweichende Maßnahme bis zum 31. 12. 2008 einzuführen. Die Ermächtigung ist am im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden (BStBl 2004 I S. 453). Die Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für die vorgenannten Umsätze tritt also zum in Kraft und ist auf Umsätze und Teilleistungen anzuwenden, die nach dem bewirkt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG), sowie in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 31. 3. 2004 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (§ 13b Abs. 1 Satz 3 UStG, § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG). Wurde das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem vereinnahmt und die Bauleistung erst nach dem ausgeführt, ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass das vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert werden. Das BMF hat in einem Einführungsschreiben (, BStBl 2004 I S. 453) und einem das erste Schreiben ergänzenden (BStBl 2004 I S. 1129) ausführlich zu der neuen Regelung Stellung genommen. Das ergänzende BMF-Schreiben enthält auch einige Beispiele zur Anwendung der neuen Regelung (Schlussrechnung über nach dem erbrachte Bauleistungen bei Abschlagszahlungen vor dem ; Berichtigung einer vor dem erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die Zahlung erst nach dem 31. 3. 2004 erfolgt; Abrechnungen nach dem über Leistungen, die vor dem 1. 4. 2004 erbracht worden sind; Berichtigung einer vor dem erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlungen nach diesem Zeitpunkt), in denen die Verwaltung auch auf Zweifelsfragen eingeht. Um etwaige Anlaufschwierigkeiten für die betroffenen Unternehmer zu vermeiden, die aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen Veröffentlichung der Ermächtigung durch den EU-Ministerrat und dem Inkrafttreten der Regelung entstehen können, hat die Verwaltung jedoch eine Übergangsregelung zugelassen (, BStBl 2004 I S. 453, vgl. insoweit weiter unten). Die Maßnahme kann nach Auslaufen der Ermächtigung auf der Grundlage des durch die RL 2006/69/EG v. zur Änderung der 6. EG-RL hinsichtlich bestimmter Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung oder -umgehung, zur Vereinfachung der Erhebung der Mehrwertsteuer sowie zur Aufhebung bestimmter Entscheidungen über die Genehmigung von Ausnahmeregelungen (ABl EU Nr. L 221 S. 9) neu eingefügten Art. 21 Abs. 2 Buchst. c Ziffer i der 6. EG-RL (= Art. 199 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) unverändert beibehalten werden (vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6793 NWB OAAAC-17401). Die Ermächtigung wird nach Art. 2 der RL 2006/69/EG mit Wirkung zum aufgehoben.

Zur Steuerschuldnerschaft in der Bauwirtschaft vgl. auch Eisolt, NWB F. 7 S. 6405 NWB KAAAB-43749; Langer, NWB F. 7 S. 6233 NWB GAAAB-19968; Ahrens, UStB 2004 S. 331; Baumann/Müller, DStR 2004 S. 1160; Freundlieb, DB 2004 S. 273; Küffner/Zugmaier, DStR 2004 S. 712; Pflanzer/Voith/Güldner, DStR 2004 S. 1163, und Raudszus, UStB 2004 S. 354.

bb) Unter die Regelung fallende Umsätze

Unter § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG fallen Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG nimmt zwar nicht ausdrücklich Bezug auf den Bauleistungsbegriff des § 48 EStG. Ungeachtet dessen ist der Begriff der Bauleistung bei der Bauabzugsteuer und bei der Anwendung des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG weitgehend gleich auszulegen. Die Grundsätze zur inhaltlichen Bestimmung der Bauleistung i. S. des § 48 Abs. 1 EStG sind in Tz. 5 des (BStBl 2002 I S. 1399) zur Bauabzugsteuer aufgeführt. Danach orientieren sich die Begriffe der Bauleistung bzw. des Bauwerks an § 211 SGB III und den dazu ergangenen §§ 1 und 2 der Baubetriebe-Verordnung. Der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen und umfasst nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen (z. B. Brücken, Straßen oder Tunnel). Hierzu gehört auch der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen, Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen, aber auch von Einrichtungsgegenständen, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, wie z. B. Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen. Ebenfalls zählen hierzu Erdarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerks, die Installation einer Lichtwerbeanlage und die Dachbegrünung eines Bauwerks. Auch die Errichtung von Blitzschutzsystemen und/oder Erdungsanlagen und das Versehen von Gebäuden mit Überspannungsschutz fallen hierunter (, DB 2005 S. 368). Der Hausanschluss durch Versorgungsunternehmen (die Hausanschlussarbeiten umfassen regelmäßig Erdarbeiten, Mauerdurchbruch, Installation der Hausanschlüsse und Verlegung der Hausanschlussleitungen vom Netz des Versorgungsunternehmens zum Hausanschluss) fällt nur hierunter, wenn es sich um eine eigenständige Leistung handelt. Diese Rechtslage wird durch die BFH-Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Legens von Hauswasseranschlüssen (, BStBl 2009 II S. 321 und - V R 27/06, BStBl 2009 II S. 325) nicht berührt. Die Entscheidungen des BFH haben ausschließlich Bedeutung für Zwecke des ermäßigten Steuersatzes. Der Charakter des Umsatzes als Bauleistung in Form der „Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz” bleibt vollständig erhalten und das Legen eines Hausanschlusses kann weiterhin einen Anwendungsfall des § 13b UStG darstellen (, BStBl 2009 I S. 531).

Die Leistung muss sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirken, d. h. es muss eine Substanzveränderung i. S. einer Substanzerweiterung, Substanzverbesserung oder Substanzbeseitigung bewirkt werden. Hierzu zählen auch Erhaltungsaufwendungen (z. B. Reparaturleistungen), wenn das (Netto-)Entgelt für den einzelnen Umsatz mehr als 500 € beträgt. Die in § 1 Abs. 2 und § 2 der Baubetriebe-Verordnung genannten Leistungen sind regelmäßig Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn sie im Zusammenhang mit einem Bauwerk durchgeführt werden. Eine Abgrenzung, ob die Lieferung eines Einrichtungsgegenstands, der vom liefernden Unternehmer aufgebaut und/oder fest mit einem Gebäude verbunden wird, eine Bauleistung i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ist, ist weitgehend nur im Einzelfall möglich. Keine Bauleistung liegt aber regelmäßig vor, wenn der gelieferte Gegenstand ohne größeren Aufwand mit dem Bauwerk verbunden oder vom Bauwerk getrennt werden kann.

Künstlerische Leistungen an Bauwerken gehören ebenfalls zu den Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn sie sich unmittelbar auf die Substanz auswirken und der Künstler auch die Ausführung des Werks als eigene Leistung schuldet. Stellt der Künstler lediglich Ideen oder Planungen zur Verfügung oder überwacht er die Ausführung des von einem Dritten geschuldeten Werks durch einen Unternehmer, liegt keine Bauleistung vor. Ein Reinigungsvorgang, bei dem die zu reinigende Oberfläche verändert wird, stellt eine unter § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG fallende Leistung dar. Dies gilt z. B. für eine Fassadenreinigung, bei der die Oberfläche abgeschliffen oder mit Sandstrahl bearbeitet wird. Ausgenommen aus dem Anwendungsbereich des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG sind ausdrücklich Planungs- und Überwachungsarbeiten. Hierunter fallen ausschließlich planerische Leistungen (z. B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs-, Prüf- und Bauingenieuren), Labordienstleistungen (z. B. chemische Analyse von Baustoffen) oder reine Leistungen zur Bauüberwachung, zur Prüfung von Bauabrechnungen und zur Durchführung von Ausschreibungen und Vergaben. Vgl. Abschn. 182a Abs. 7 Nr. 9 und 10 sowie Abs. 8 UStR.

Eine nicht abschließende Aufzählung von Leistungen, die nicht unter die in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannten Umsätze fallen, enthält Abschn. 182a Abs. 9 UStR. Zu weiteren Einzelfällen zum Vorliegen/Nichtvorliegen von Bauleistungen s. , BStBl 2004 I S. 1129 unter 1.3.

Wartungsleistungen an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, die einen Nettowert von 500 € übersteigen, sind nur dann als Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG zu behandeln, wenn Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden ( NWB OAAAB-80231).

Vgl. ergänzend zu Reparatur- und Wartungsleistungen NWB PAAAC-75314 mit weiteren Beispielen.

Zur Frage, welche Bauleistungen unter die Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers fallen, vgl. ergänzend zum (BStBl 2004 I S. 453) auch das Merkblatt der OFD Hannover vom Mai 2004 mit weiteren Beispielen http://www.ofd.niedersachsen.de) und , UR 2009 S. 34 mit weiteren Beispielen.

Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es nach Abschn. 182a Abs. 6 UStR darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, also der vertraglichen Beziehung das Gepräge gibt. Die Leistung fällt nur dann – insgesamt – unter § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist. Die Nebenleistungen teilen jeweils das Schicksal der Hauptleistung. Ein auf einem Gesamtvertrag beruhendes Leistungsverhältnis ist jedoch aufzuteilen, wenn hierin mehrere ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach selbstständige und voneinander unabhängige Einzelleistungen zusammengefasst werden (vgl. , BStBl 1995 II S. 151).

cc) Persönliche Voraussetzungen des Leistungsempfängers als Steuerschuldner

Werden Umsätze i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG von einem im Inland ansässigen Unternehmer im Inland erbracht, ist der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist und selbst Umsätze i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG). Der Leistungsempfänger muss derartige Bauleistungen nachhaltig erbringen oder erbracht haben. Hiervon ist auszugehen, wenn


  • der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbracht hat, deren Bemessungsgrundlage mehr als 10 % der Summe seiner steuerbaren Umsätze betragen hat (Ausschlussgrenze, d. h. Unternehmer, die Bauleistungen unterhalb dieser Grenze erbringen, sind grds. keine bauleistenden Unternehmer), oder

  • der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegt. Die Verwendung dieser Freistellungsbescheinigung muss durch den Leistungsempfänger ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke erfolgen. Der leistende Unternehmer kann nicht zwingend davon ausgehen, dass sein Leistungsempfänger (Auftraggeber) Unternehmer ist, der nachhaltig Bauleistungen erbringt, wenn dieser ihm zu einem früheren Zeitpunkt als leistender Unternehmer für ertragsteuerliche Zwecke eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorgelegt hat. Hat der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer allerdings bereits für einen Umsatz, der nach dem ausgeführt worden ist, eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG für umsatzsteuerliche Zwecke vorgelegt, kann der leistende Unternehmer in der Folgezeit davon ausgehen, dass dieser Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt. Einer erneuten Vorlage der Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG durch den Leistungsempfänger bedarf es insoweit nicht. Dies gilt nicht, wenn die Freistellungsbescheinigung nicht mehr gültig ist. Für diesen Fall muss der Leistungsempfänger erneut darlegen, ob er nachhaltig Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt oder nicht. Verwendet der Leistungsempfänger eine Freistellungsbescheinigung i. S. von § 48b EStG, auch wenn er tatsächlich kein Bauleistender ist, ist er als Leistungsempfänger Steuerschuldner. Dies kann dann nicht gelten, wenn der Leistungsempfänger eine gefälschte Freistellungsbescheinigung verwendet und der leistende Unternehmer hiervon Kenntnis hatte (, BStBl 2004 I S. 1129, unter 2.1.2).

Erschließungsträger (z. B. Sparkassen), die Erschließungsanlagen auf fremden Grund und Boden errichten und diese anschließend entgeltlich oder im Wege einer unentgeltlichen Wertabgabe i. S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG auf die betreffende Gemeinde übertragen (vgl. , BStBl 2002 I S. 631), sind Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG für sämtlich empfangene Bauleistungen, wenn die steuerbaren Umsätze (d. h. entgeltliche Umsätze und unentgeltliche Wertabgaben) aus der Übertragung von Erschließungsanlagen (sowie ggf. aus weiteren Bauleistungen) im vorangegangenen Kalenderjahr 10 % des steuerbaren Gesamtumsatzes betragen haben. Dasselbe gilt, wenn der Erschließungsträger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegt (OFD Fankfurt, Verfügung v. - S 7279 A NWB TAAAB-71179).

Unternehmer, die im Zeitpunkt der an sie ausgeführten Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG keine nachhaltigen Umsätze nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbracht haben, sind als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, selbst wenn sie im weiteren Verlauf des Kalenderjahrs derartige Umsätze erbringen. Es ist nicht erforderlich, dass die an den Leistungsempfänger erbrachten Umsätze, für die er als Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, mit von ihm erbrachten Umsätzen nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG unmittelbar zusammenhängen. Bei Organschaftsverhältnissen ist der Organträger nur insoweit als Leistungsempfänger Steuerschuldner, als er oder die einzelne Organgesellschaft selbst nachhaltig Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt. Bei der Beurteilung der Frage der Nachhaltigkeit ist gem. (BStBl 2004 I S. 1129, unter 2.4) bei Organschaftsverhältnissen auf den jeweiligen Unternehmensteil abzustellen, der Bauleistungen erbringt. Erbringt z. B. nur eine Organgesellschaft einer Organschaft nachhaltig Bauleistungen und werden an diesen Unternehmensteil und daneben auch an den Organträger Bauleistungen erbracht, ist die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur bei den Umsätzen an die Organgesellschaft anzuwenden, die nachhaltig Bauleistungen erbringt. Bei der Berechnung der 10-%-Grenze sind die Bemessungsgrundlagen der Umsätze der jeweiligen Organgesellschaft ins Verhältnis zu den Gesamtumsätzen dieser Organgesellschaft zu setzen. Erbringt der Organträger selbst keine Bauleistungen, ist bei Bauleistungen an ihn der leistende Unternehmer Steuerschuldner.

Der Leistungsempfänger ist für an ihn erbrachte in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannte Leistungen nicht Steuerschuldner, wenn er keine entsprechenden Umsätze nachhaltig selbst erbringt. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gilt deshalb vor allem nicht für Nichtunternehmer sowie für Unternehmer mit anderen als den vorgenannten Umsätzen, z. B. Bauträger, die nur Umsätze erbringen, die unter das GrEStG fallen. Wohnungseigentümergemeinschaften sind für Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn diese Leistungen als nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften an die einzelnen Wohnungseigentümer weitergegeben werden. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft derartige Umsätze nach § 9 Abs. 1 UStG als steuerpflichtig behandelt. Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen von Sanierungsträgern nach § 157 BauGB s. , BStBl 2005 I S. 938, Tz. 64. Vgl. hierzu auch Schrader, UVR 2006 S. 29. Zur Anwendung des § 13b UStG bei Treuhandverhältnissen zwischen Gemeinden und Sanierungsträgern nach § 159 BauGB vgl. Kuplich, UR 2007 S. 369.

dd) Irrtümliche Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers

Erbringt ein Unternehmer eine Leistung, die keine Bauleistung i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ist, und bezeichnet er sie dennoch in der Rechnung als Bauleistung, ist der Leistungsempfänger für diesen Umsatz nicht Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 UStG. Hat ein Leistungsempfänger für einen an ihn erbrachten Umsatz § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG angewandt, obwohl die Voraussetzungen hierfür fraglich waren oder sich später herausstellt, dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben, ist diese Handhabung beim Leistenden und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn sich beide Vertragspartner über die Anwendung von § 13b UStG einig waren und der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert wird; dies gilt auch für Leistungen an eine Arbeitsgemeinschaft. Arbeitsgemeinschaften sind auch dann als Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn sie nur eine Gesamtleistung erbringen. Dies gilt bereits für den Zeitraum, in dem sie noch keinen Umsatz erbracht haben. Soweit Gesellschafter einer Arbeitsgemeinschaft Bauleistungen i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG an die Arbeitsgemeinschaften erbringen, ist diese als Leistungsempfänger Steuerschuldner. Bestehen Zweifel, ob die Leistung an die Arbeitsgemeinschaft eine Bauleistung ist, kann von der o. g. Regelung Gebrauch gemacht werden. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ist von Personengesellschaften (z. B. KG, GbR) und Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) nicht anzuwenden, wenn ein Unternehmer eine Bauleistung für den privaten Bereich eines (Mit-)Gesellschafters oder Anteilseigners erbringt, da es sich hierbei um unterschiedliche Personen handelt.

ee) Steuerabzug nach § 48 EStG und Bestimmung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage

Nach dem Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe v. hat der Leistungsempfänger ab dem für den Empfang von Bauleistungen unter bestimmten Voraussetzungen einen 15%igen Steuerabzug nach § 48 EStG von der vereinbarten Bruttovergütung einzubehalten. Bei Bauleistungen ausländischer Unternehmer, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet, hat der 15%ige Steuerabzug nach § 48 EStG keinen Einfluss auf die Höhe der Umsatzsteuerschuld (, UR 2002 S. 187; , BStBl 2003 I S. 174, und v. - S 7270, BStBl 2004 I S. 628).

e) Lieferungen von Gas und Elektrizität

Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gilt auch bei Lieferungen von Gas und Elektrizität eines im Ausland ansässigen Unternehmers unter den Bedingungen des § 3g UStG (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UStG i. V. mit Abs. 2 UStG; vgl. Tz. 88). Der Leistungsempfänger ist nur dann Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist (d. h. keine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers, wenn es sich um eine nichtunternehmerische juristische Person des öffentlichen Rechts handelt). Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gilt auch, wenn die Leistung vom Empfänger für dessen nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird (§ 13b Abs. 2 Satz 3 UStG).

f) Keine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers

Soweit § 13b Abs. 2 UStG in den in § 13b Abs. 1 UStG bezeichneten Fällen nicht greift (z. B. Empfänger ist Privater oder Umsatz ist steuerfrei), bleibt es bei der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. § 13b Abs. 2 Satz 4 UStG stellt klar, dass die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nicht anzuwenden ist, wenn der leistende Unternehmer Kleinunternehmer ist und bei ihm die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird. Die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers könnte in diesen Fällen dazu führen, dass eine nicht gewollte Mehrbelastung beim Leistungsempfänger entsteht (z. B. wenn dieser selbst Kleinunternehmer ist). Diese Regelung ist nur in den Fällen von Bedeutung, in denen es bei Umsätzen von im Inland ansässigen Unternehmern zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers kommt. Ist der leistende Unternehmer im Ausland ansässig, findet § 19 UStG keine Anwendung, da dieser nur für inländische Unternehmer gilt. Insoweit kann bei einem ausländischen Unternehmer die Umsatzsteuer nicht nach § 19 Abs. 1 UStG erhoben werden. Mithin liegt in diesen Fällen die Eingangsvoraussetzung des § 13b Abs. 2 Satz 4 UStG nicht vor.

g) Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers

Die Umsatzsteuer wird in den Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers sowohl von den im Inland ansässigen als auch von den im Ausland ansässigen Leistungsempfängern geschuldet. Auch Kleinunternehmer (§ 19 UStG; Tz. 277), pauschalversteuernde Land- und Forstwirte (§ 24 UStG; Tz. 299 ff.) und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen, schulden die Steuer (§13b Abs. 5 UStG). Der Leistungsempfänger schuldet die Umsatzsteuer auch beim Tausch und bei tauschähnlichen Umsätzen. Zuständig für die Besteuerung dieser Umsätze ist das Finanzamt, bei dem der Leistungsempfänger als Unternehmer umsatzsteuerlich erfasst ist. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sie ihren Sitz haben.

h) Definition „im Ausland ansässige Unternehmer”

§ 13b Abs. 4 Satz 1 UStG enthält eine Legaldefinition für „im Ausland ansässige Unternehmer”. Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist danach ein Unternehmer, der weder im Inland (§ 1 Abs. 2 UStG; vgl. Tz. 21) noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG (vgl. Tz. 21, 23) bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Für die Beurteilung der Ansässigkeit ist der Zeitpunkt – auch dann, wenn das Merkmal der Ansässigkeit bei Vertragsabschluss noch nicht vorgelegen hat – maßgebend, in dem die Leistung ausgeführt wird (§ 13b Abs. 4 Satz 2 UStG). Unternehmer, die ein im Inland gelegenes Grundstück besitzen (Eigentum nicht erforderlich!) und steuerpflichtig vermieten, sind insoweit als im Inland ansässig zu behandeln. Sie haben diese Umsätze im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu erklären; eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers liegt nicht vor. Die Tatsache, dass ein Unternehmer bei einem deutschen Finanzamt umsatzsteuerlich geführt wird oder dass ihm eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt wurde, ist kein Merkmal für seine Ansässigkeit im Inland. Zur Frage der Ansässigkeit bei Organschaftsverhältnissen vgl. Abschn. 21a UStR (Tz. 34, c). Bei im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Werklieferungen und sonstigen Leistungen durch ausländische Betriebsstätten (feste Niederlassungen in Form von Filialen, Zweigniederlassungen oder anderen unselbstständigen Betriebsteilen ohne eigene Rechtspersönlichkeit) eines im Inland ansässigen Unternehmers ist zu beachten, dass zum Unternehmen sämtliche Betriebe oder berufliche Tätigkeiten desselben Unternehmers gehören. Mithin stellen auch ausländische Unternehmensteile kein eigenständiges Unternehmen dar. Die Werklieferungen solcher ausländischen unselbstständigen Unternehmensteile sind Leistungen des inländischen Unternehmens und nicht solche eines im Ausland ansässigen Unternehmens, selbst wenn die Rechnungserteilung unter einer ausländischen Anschrift erfolgt. Folglich schuldet der Leistungsempfänger nicht die Umsatzsteuer auf die bezogene Leistung nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG i. V. mit Abs. 2 UStG. Steuerschuldner bleibt vielmehr der leistende (inländische) Unternehmer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Der inländische Unternehmer hat die Umsätze seiner ausländischen festen Niederlassung im Inland zu erklären und die Umsatzsteuer anzumelden und abzuführen. Durch entsprechende organisatorische Maßnahmen hat er sicherzustellen, dass die betreffenden inländischen Umsätze der ausländischen Unternehmensteile vollständig erfasst werden ( NWB BAAAA-82123). Eine inländische Kanzlei einer ausländischen Rechtsanwaltssozietät mit geschäftlicher Oberleitung im Ausland ist auch im Ausland ansässig, so dass die Umsatzsteuer auf die von der inländischen Kanzlei gegenüber Unternehmern oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Inland erbrachten Leistungen von diesen Leistungsempfängern nach § 13b UStG geschuldet wird. Soweit die inländische Kanzlei steuerbare und steuerpflichtige Leistungen an die nicht in § 13b Abs. 2 UStG genannten Empfänger erbringt und es folglich nicht zu einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers kommt, ist die inländische Kanzlei selbst Steuerschuldner und hat die Besteuerung dieser Umsätze nach § 16 und § 18 Abs. 1–4 UStG durchzuführen. Da es für einen Leistungsempfänger oft nicht ohne weiteres erkennbar ist, dass es sich bei einer inländischen Kanzlei um einen im Ausland ansässigen Unternehmer handelt, kann die inländische Kanzlei einer ausländischen Rechtsanwaltssozietät aus Vereinfachungsgründen generell – sowohl für das materielle Umsatzsteuerrecht als auch für das Besteuerungsverfahren – als inländischer Unternehmer angesehen werden, so dass kein Fall der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers vorliegt. Diese Vereinfachungsregelung gilt allerdings nicht, wenn die Durchführung des allgemeinen Besteuerungsverfahrens bei der inländischen Kanzlei zu einer Gefährdung des Steueraufkommens führen sollte. Die Steuerschuldnerschaft der in § 13b Abs. 2 UStG genannten Empfänger für die von ausländischen Kanzleien der gleichen ausländischen Rechtsanwaltssozietät bezogenen und im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen bleiben von der Vereinfachungsregelung unberührt; d. h. in diesen Fällen bleibt es bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ( NWB SAAAA-77568). Der Begriff der „Ansässigkeit” ist richtlinienkonform auszulegen ( NWB OAAAC-28414, zu der Vorgängervorschrift in § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV a. F.).

Besteht seitens des Leistungsempfängers im Einzelfall Ungewissheit, ob der leistende Unternehmer im Zeitpunkt der Leistungserbringung im Inland ansässig ist (z. B. weil die Standortfrage in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht unklar ist oder die Angaben des leistenden Unternehmers zu Zweifeln Anlass geben), schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nur dann nicht, wenn ihm der leistende Unternehmer durch eine Bescheinigung des für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er ein im Inland ansässiger Unternehmer ist (§ 13b Abs. 4 Satz 2 UStG). Die Bescheinigung hat der leistende Unternehmer bei dem für ihn zuständigen Finanzamt zu beantragen. Soweit erforderlich hat er hierbei in geeigneter Weise darzulegen, dass er im Inland ansässig ist. Die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung beträgt grds. ein Jahr; sie kann aber verkürzt werden. (, BStBl 2001 I S. 1013). Zum Muster der Bescheinigung verweist Abschn. 182a Abs. 30 Satz 5 UStR auf das , BStBl 2005 I S. 629, sowie ggf. auf hierzu später veröffentlichte BMF-Schreiben.

Vgl. zum Ansässigkeitsbegriff im Zusammenhang mit der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auch Haberland, UR 2008 S. 575.

i) Bezug von Leistungen für den nichtunternehmerischen Bereich

Erfüllt der Leistungsempfänger die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Satz 1 oder 2 UStG, ist er auch dann Steuerschuldner, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich erbracht wird (§ 13b Abs. 2 Satz 3 UStG; diese Regelung ist mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, vgl. , BStBl 2006 II S. 477, und Zugmaier, NWB F. 7 S. 6637 NWB HAAAB-79154). Ausgenommen hiervon sind Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, die ausschließlich an den hoheitlichen Bereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, auch wenn diese im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art unternehmerisch tätig sind und nachhaltig Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringen. Bei der Beurteilung der Frage der Nachhaltigkeit ist auf den jeweiligen Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzustellen, der Bauleistungen erbringt.

j) Entstehung der Umsatzsteuer

Für die in § 13b Abs. 1 UStG bezeichneten Umsätze entsteht die Umsatzsteuer – unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 UStG oder der ausländische oder inländische leistende Unternehmer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist – grds. mit Ausstellung der Rechnung durch den leistenden Unternehmer (vgl. Tz. 209), spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung bzw. Teilleistung folgenden Kalendermonats (§ 13b Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG). Vgl. zum Zeitpunkt der Ausführung einer Leistung Tz. 205. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13b Abs. 1 Satz 3 UStG). Aus Vereinfachungsgründen beanstandet es die Verwaltung nicht, wenn der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer auf das Entgelt oder Teilentgelt bereits in dem Voranmeldungszeitraum anmeldet, in dem die Beträge von ihm verausgabt werden (, BStBl 2001 I S. 1013).

k) Ausnahmen von der Anwendung der Regelung bei bestimmten Umsätzen

Die abweichenden Regelungen zur Steuerentstehung und zur Steuerschuldnerschaft in § 13b Abs. 1 und 2 UStG finden keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers in einer Personenbeförderung im Drittlandsgrenzen überschreitenden Gelegenheitsverkehr mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen besteht, oder wenn die Personenbeförderung mit einem Taxi durchgeführt worden ist § 13b Abs. 3 Nr. 1 und 2 UStG). Hier bleibt es bei der Steuerentstehung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG und der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Der Unternehmer hat diese Beförderungen im Rahmen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5 UStG, § 18 Abs. 5 UStG; vgl. Tz. 233 und 260) oder im allgemeinen Besteuerungsverfahren zu versteuern (vgl. Tz. 252, 257 f.). § 13b Abs. 1 und 2 UStG findet auch auf die grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Luftverkehr keine Anwendung (§ 13b Abs. 3 Nr. 3 UStG). Die abweichenden Regelungen zur Steuerentstehung und zur Steuerschuldnerschaft in § 13b Abs. 1 und 2 UStG finden ferner keine Anwendung, wenn die Leistung des im Ausland ansässigen Unternehmers in der Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland (§ 13b Abs. 3 Nr. 4 UStG) oder in einer sonstigen Leistung einer Durchführungsgesellschaft an im Ausland ansässige Unternehmer, soweit diese Leistung im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen im Inland steht (§ 13b Abs. 3 Nr. 5 UStG), besteht (vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6807 NWB WAAAC-33325; Köhler/Brockmann, NWB F. 2 S. 9191). Zur Steuerschuldnerschaft bei Messen, Ausstellungen und Kongressen ab vgl. (BStBl 2006 I S. 796) und ergänzend NWB DAAAC-43796.

l) Übergangsregelungen

Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf alle Umsätze, die unter das GrEStG fallen, und auf bestimmte Bauleistungen bestehen mehrere Übergangsregelungen (, BStBl 2004 I S. 453, Tz. 24 ff.):

  • Soweit Unternehmer aufgrund der zunächst unzutreffenden Bekanntmachung des HBeglG 2004 davon ausgegangen sind, dass Art. 14 Nr. 2 des HBeglG 2004, durch den § 13b Abs. 1 und 2 UStG geändert wird, bereits zum 1. 1. 2004 in Kraft getreten ist, und die vorgenannten Vorschriften bereits ab dem 1. 1. 2004 angewandt haben, ist dies nicht zu beanstanden, wenn die Rechnung über diesen Umsatz vor dem (Tag, der dem Tag der Bekanntmachung der Berichtigung des HBeglG 2004 im BGBl I folgt) erteilt worden ist.

  • Soweit Unternehmer aufgrund der zunächst unzutreffenden Bekanntmachung des HBeglG 2004 davon ausgegangen sind, dass Art. 14 Nr. 1 des HBeglG 2004, durch den § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG (Erklärung der Option zur Steuerpflicht im notariell zu beurkundenden Vertrag) eingefügt wird, nicht zum in Kraft getreten ist, und die genannte Vorschrift entsprechend nicht angewandt haben, ist dies nicht zu beanstanden, wenn der notariell zu beurkundende Vertrag über den Umsatz vor dem (Tag, der dem Tag der Bekanntmachung der Berichtigung des HBeglG 2004 im BGBl I folgt) abgeschlossen worden ist.

  • Bei steuerpflichtigen Umsätzen, die unter das GrEStG fallen, – mit Ausnahme der steuerpflichtigen Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher – und bei Bauleistungen i. S. von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, die zwischen dem und dem ausgeführt werden, ist es beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgegangen sind. Hierzu bedarf es einer Einigung der Vertragsparteien. In welcher Form dies zu erfolgen hat, schreibt die Verwaltung nicht vor. Eine schriftliche Vereinbarung ist nicht zwingend erforderlich. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Übergangsregelung ist, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert (in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet) wird. Entsprechendes gilt auch in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 31. 3. 2004 und vor dem vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird. In diesen Fällen ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass das vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert werden.

Tz. 213 Steuerschuldnerschaft bei unfreien Versendungen

§ 13b Abs. 6 UStG; § 30a UStDV

Eine unfreie Versendung liegt vor, wenn ein Absender einen Gegenstand durch einen im Ausland ansässigen Frachtführer oder Verfrachter unfrei zum Empfänger der Frachtsendung befördern oder eine solche Beförderung durch einen im Ausland ansässigen Spediteur unfrei besorgen lässt. Die Abrechnung erfolgt nicht gegenüber dem Auftraggeber, sondern gegenüber dem Empfänger der Frachtsendung. Diese Leistungen gehören zu den sonstigen Leistungen i. S. des § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. Aus Vereinfachungsgründen wird deshalb der Rechnungsempfänger an Stelle des Auftraggebers zum Steuerschuldner bestimmt, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen (§ 13b Abs. 6 UStG i. V. mit § 30a UStDV):

  • Der Empfänger der Frachtsendung ist ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts unabhängig davon, ob der Bezug für den unternehmerischen oder privaten Bereich bestimmt ist;

  • der Empfänger der Frachtsendung hat die Entrichtung des Entgelts für die Beförderung oder für ihre Besorgung übernommen und

  • aus der Rechnung über die Beförderung oder ihre Besorgung ist auch die vorbezeichnete Voraussetzung zu ersehen.

Der Rechnungsempfänger erkennt in diesen Fällen seine Steuerschuldnerschaft anhand der Angaben in der Rechnung (§ 14a UStG und § 30a Nr. 3 UStDV; vgl. auch Tz. 225).

Tz. 214 Haftung bei der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen

§ 13c UStG

§ 13c UStG regelt eine Haftung für die Fälle, in denen ein leistender Unternehmer (Steuerschuldner) seinen Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz (Forderung) abtritt, der Abtretungsempfänger die Forderung einzieht oder an einen Dritten überträgt und der Steuerschuldner die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer bei Fälligkeit nicht oder nicht rechtzeitig entrichtet. Zudem umfasst die Vorschrift auch die Fälle, in denen Forderungen des leistenden Unternehmers verpfändet oder gepfändet werden. § 13c UStG ist nur auf Forderungen anzuwenden, die nach dem (Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestags zum StÄndG 2003) abgetreten, verpfändet oder gepfändet worden sind (§ 27 Abs. 7 UStG). § 13c UStG kommt somit bei nach dem abgetretenen, verpfändeten oder gepfändeten Forderungen zur Anwendung, wenn entweder die Festsetzung der Umsatzsteuer, die Fälligkeit, die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer oder die Vereinnahmung der Forderung nach dem erfolgt.

§ 13c UStG beruht auf Art. 21 Abs. 3 der 6.RL (= Art. 205 MwStSystRL). Der EuGH hat zunächst bestätigt, dass eine gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Umsatzsteuer auf diese gemeinschaftsrechtiche Vorschrift gestützt werden kann. Allerdings seien die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit zu wahren (, Federation of Technological Industries u. a. NWB VAAAB-84546). Daraus folgern sowohl Hamacher (IStR 2006 S. 388) als auch de Weerth (IStR 2006 S. 389 und DStR 2006 S. 1071), dass Haftungsregelungen, die wie § 13c UStG völlig verschuldensunabhängig an die Nichtabführung der Umsatzsteuer anknüpfen, gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Vgl. hierzu auch mit vergleichbarem Ergebnis Hahne, UR 2006 S. 416.

§ 13c Abs. 1 UStG enthält die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Haftung. Soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an einen anderen Unternehmer abgetreten und die festgesetzte Umsatzsteuer, bei deren Berechnung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat, haftet der Abtretungsempfänger nach Maßgabe des § 13c Abs. 2 UStG für die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer, soweit sie im vereinnahmten Betrag enthalten ist. Ist die Vollziehung der Steuerfestsetzung in Bezug auf die in der abgetretenen Forderung enthaltene Umsatzsteuer gegenüber dem leistenden Unternehmer ausgesetzt, gilt die Umsatzsteuer insoweit als nicht fällig. Soweit der Abtretungsempfänger die Forderung an einen Dritten abgetreten hat, gilt sie in voller Höhe als vereinnahmt. Die Haftungsvorschrift gilt bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen entsprechend (§ 13c Abs. 3 UStG). Im Fall der Verpfändung tritt der Pfandgläubiger an die Stelle des Abtretungsempfängers, während im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger an die Stelle des Abtretungsempfängers tritt.

§ 13c UStG erfasst nur die Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen aus steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen eines leistenden Unternehmers i. S. des § 2 UStG (§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG), wobei der steuerpflichtige Umsatz nicht an einen anderen Unternehmer erbracht worden sein muss (z. B. Umsatz an einen Nichtunternehmer). Nach dem , MKG-Kraftfahrzeuge Factoring GmbH, EuGHE 2003, I - 6729 NWB BAAAB-72708 ist auch derjenige Unternehmer, der das Ausfallrisiko für die an ihn abgetretene Forderung übernimmt (echtes Factoring). § 13c UStG findet jedoch keine Anwendung, wenn der leistende Unternehmer Kleinunternehmer i. S. des § 19 UStG oder ein land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer, der die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwendet, ist, da sich in diesen Fällen keine zu entrichtende Umsatzsteuer ergibt. Der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger seinerseits muss ebenfalls Unternehmer i. S. des § 2 UStG sein (§ 13c Abs. 1 Satz 1 UStG i. V. mit Abs. 3 UStG). Kleinunternehmer i. S. des § 19 UStG oder land- und forstwirtschaftliche Unternehmer, die die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, können somit auch Haftungsschuldner i. S. des § 13c UStG sein. Nicht Voraussetzung für die Haftung nach § 13c UStG ist, dass die Abtretung, Verpfändung oder Pfändung der Forderung für den unternehmerischen Bereich des Abtretungsempfängers, Pfandgläubigers oder Vollstreckungsgläubigers erfolgt. Pfändet z. B. ein Unternehmer eine Forderung für seinen nichtunternehmerischen Bereich, kann er als Haftungsschuldner nach § 13c UStG in Anspruch genommen werden. Bei Abtretungen und Verpfändungen an Nichtunternehmer oder Pfändungen durch Nichtunternehmer kommt die Haftung nach § 13c UStG nicht in Betracht.

§ 13c UStG setzt voraus, dass der leistende Unternehmer die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer, bei deren Ermittlung der steuerpflichtige Umsatz ganz oder teilweise berücksichtigt wurde, für den der Anspruch auf Gegenleistung (Forderung) abgetreten, verpfändet oder gepfändet wird, zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat. § 13c UStG kann deshalb nicht angewendet werden, wenn sich keine Vorauszahlung oder zu entrichtende Umsatzsteuer ergibt (z. B. der leistende Unternehmer ist Kleinunternehmer i. S. des § 19 UStG). Die Haftung greift dem Grunde nach, wenn die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wird. Die Fälligkeit richtet sich nach § 220 AO. Soweit die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer nach diesem Zeitpunkt entrichtet wird, fallen die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids ab diesem Zeitpunkt weg. Ist die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des der Forderung zugrunde liegenden steuerpflichtigen Umsatzes streitig und wurde in Bezug darauf bei der entsprechenden Steuerfestsetzung Aussetzung der Vollziehung gewährt, ist insoweit keine Fälligkeit gegeben. Für die Begründung der Haftung reicht es aus, wenn der der abgetretenen, verpfändeten oder gepfändeten Forderung zugrunde liegende Umsatz bei der selbst berechneten oder festgesetzten Umsatzsteuer berücksichtigt wurde. Eine weitere Zuordnung der in der abgetretenen Forderung enthaltenen Umsatzsteuer ist nicht erforderlich. Deshalb wird die Haftung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der leistende Unternehmer Zahlungen an das Finanzamt speziell der in den abgetretenen, verpfändeten oder gepfändeten Forderungen enthaltenen Umsatzsteuer zuordnet.

Die Haftung setzt voraus, dass der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger die abgetretene, verpfändete oder gepfändete Forderung ganz oder teilweise vereinnahmt hat. Wurde die Forderung teilweise vereinnahmt, erstreckt sich die Haftung nur auf die Umsatzsteuer, die im tatsächlich vereinnahmten Betrag enthalten ist. Zieht der leistende Unternehmer die Forderung trotz der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung weiterhin im eigenen Namen und für eigene Rechnung ein, ist § 13c UStG nicht anwendbar (z. B. im Fall der stillen Abtretung). Voraussetzung ist, dass die Forderung tatsächlich in den Geschäftsbereich des leistenden Unternehmers gelangt. Leitet der leistende Unternehmer die Forderung nach der Einziehung an den Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger weiter, begründet dies nicht die Haftung nach § 13c UStG, weil der weitergeleitete Geldbetrag in diesen Fällen nicht aufgrund der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung vereinnahmt wird, sondern aufgrund eines eigenen Rechtsgeschäfts. ABS-Gesellschaften (Asset-Backed-Securities), denen unmittelbar Waren- und Dienstleistungsforderungen zur Verbriefung abgetreten werden, sind von der Haftung nach § 13c UStG nicht betroffen, da bei ABS-Transaktionen (Banken verkaufen ihre Forderungen an eine Zweckgesellschaft) der leistende Unternehmer die Forderung einzieht und nicht die ABS-Gesellschaft. Erfolgt die Einziehung der Forderung durch den leistenden Unternehmer im eigenen Namen, aber für Rechnung des Abtretungsempfängers, Pfandgläubigers oder Vollstreckungsgläubigers, ist § 13c UStG anwendbar.

Vereinnahmt der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger die Forderung und zahlt er den eingezogenen Geldbetrag ganz oder teilweise an den leistenden Unternehmer zurück, beschränkt sich die Haftung auf die im einbehaltenen Restbetrag enthaltene Umsatzsteuer. Die Haftung kann nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger an den leistenden Unternehmer einen Betrag in Höhe der auf die Forderung entfallenden Umsatzsteuer entrichtet, vielmehr beschränkt sich auch in diesem Fall die Haftung auf die im einbehaltenen Restbetrag enthaltene Umsatzsteuer. Hat der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger die abgetretene, verpfändete oder gepfändete Forderung ganz oder teilweise an einen Dritten übertragen, gilt dieses Rechtsgeschäft insoweit als Vereinnahmung, d. h. der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger kann für die im Gesamtbetrag der weiterübertragenen Forderung enthaltene Umsatzsteuer in Haftung genommen werden. Dies gilt unabhängig davon, welche Gegenleistung er für die Übertragung der Forderung erhalten hat. Zur Frage der Vereinnahmung abgetretener Forderungen durch den Abtretungsempfänger ausführlich , BStBl 2006 I S. 207; vgl. auch Sobotta, NWB F. 7 S. 6589 NWB TAAAB-76720; kritisch zur Verwaltungsauffassung Hahne, UR 2006 S. 433.

Der Haftungstatbestand umfasst grds. alle Formen der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen aus diesen Umsätzen, z. B. Abtretung bestimmter künftiger Forderungen aus bestehenden Geschäftsverbindungen zugunsten eines Dritten im Zusammenhang mit Waren- oder Bankkrediten wie Sicherungsabtretung zugunsten eines Kreditgebers – einschließlich der Globalzession – und Factoring. Die Abtretung (§ 398 BGB) bedarf grds. keiner besonderen Form. Folge der Abtretung ist der Wechsel der Gläubigerstellung. Der Rechtsübergang wirkt sofort, nicht nur zwischen den Vertragschließenden, sondern auch nach außen im Verhältnis zu Dritten. Nur der neue Gläubiger (nicht mehr der ursprüngliche Gläubiger) kann von dem Schuldner die Leistung fordern. Die Rechtsfolgen des § 13c UStG für die Forderungsabtretung treten auch bei der Verpfändung oder Pfändung von Forderungen ein. Soweit eine Forderung gem. §§ 1273 ff., 1279 ff. BGB verpfändet wird, kann der Pfandgläubiger über die Forderung verfügen. Ähnlich wie bei der Sicherungsabtretung kann der Pfandgläubiger die Forderung bei Pfandreife einziehen und damit seine eigene Forderung gegen den Gläubiger befriedigen (§§ 1282, 1288 Abs. 2 BGB). Bei der Pfändung von Forderungen kommt eine Haftung des Vollstreckungsgläubigers in Betracht. Durch die Pfändung wird eine Geldforderung beschlagnahmt (z. B. § 829 ZPO). Die Pfändung ist mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO). Die Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen kann auf einen Teilbetrag beschränkt werden. Die Umsatzsteuer ist zivilrechtlicher und unselbständiger Teil des abgetretenen, verpfändeten oder gepfändeten Forderungsbetrags. Die Haftung kann nicht auf einen (fiktiven) Nettobetrag ohne Umsatzsteuer beschränkt werden, vielmehr erstreckt sich die Haftung auf die im abgetretenen, verpfändeten oder gepfändeten Betrag enthaltene Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer, für die gehaftet wird, ist somit aus dem abgetretenen, verpfändeten oder gepfändeten Forderungsbetrag heraus zu rechnen.

§ 13c Abs. 2 UStG regelt den Zeitpunkt und die Höhe der Inanspruchnahme des Abtretungsempfängers durch Haftungsbescheid. Der Abtretungsempfänger ist ab dem Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, in dem die festgesetzte Umsatzsteuer fällig wird, frühestens aber ab dem Zeitpunkt der Vereinnahmung der abgetretenen Forderung. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ist der Abtretungsempfänger durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen; abweichend von § 191 AO besteht insoweit kein Ermessen. Die Haftung ist der Höhe nach begrenzt auf die im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht entrichtete Umsatzsteuer. Soweit der Abtretungsempfänger festgesetzte Umsatzsteuerzahlungen i. S. des § 48 AO geleistet hat, haftet er nicht.

Die Haftungsinanspruchnahme ist frühestens in dem Zeitpunkt zulässig, in dem die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer fällig war und nicht oder nicht vollständig entrichtet wurde (§ 240 Abs. 3 AO ist zu beachten). Hat der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger die Forderung zu diesem Zeitpunkt noch nicht vereinnahmt, ist der Zeitpunkt der nachfolgenden Vereinnahmung für die Haftungsinanspruchnahme maßgebend. Der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen; es besteht kein Ermessen. Für den Erlass des Haftungsbescheids gelten die allgemeinen Regeln des § 191 AO. Auf ein Verschulden des leistenden Unternehmers oder des Abtretungsempfängers kommt es nicht an. Der Haftungsbescheid ist durch das Finanzamt zu erlassen, das für die Umsatzsteuer des leistenden Unternehmers örtlich zuständig ist (vgl. § 21 AO), da nur dieses Finanzamt feststellen kann, ob und inwieweit der leistende Unternehmer die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer bei Fälligkeit entrichtet hat. Dieses Finanzamt ist auch für die Erhebung (vgl. § 218 Abs. 1 AO) und die Vollstreckung (vgl. § 249 Abs. 1 AO) der Haftungsbeträge zuständig. Das Finanzamt hat zunächst die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme nach § 13c Abs. 1 UStG zu prüfen. Mit der Festsetzung der Haftungsschuld wird ein Gesamtschuldverhältnis i. S. des § 44 AO begründet. Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw. der entsprechenden Einspruchsentscheidung. Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung berühren die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nicht. Ein rechtmäßiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen, soweit die ihm zugrunde liegende Steuerschuld später gemindert worden ist.

Die Haftung ist der Höhe nach zweifach begrenzt und zwar zum einen auf den Betrag der im Fälligkeitszeitpunkt nicht entrichteten selbst berechneten oder festgesetzten Umsatzsteuer und zum anderen auf die im vereinnahmten Betrag der abgetretenen, verpfändeten oder gepfändeten Forderung enthaltene Umsatzsteuer. Vgl. hierzu die Beispiele in Abschn. 182b Abs. 41 UStR.

Der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger kann sich der Haftungsinanspruchnahme entziehen, soweit er als Dritter Zahlungen i. S. des § 48 AO zugunsten des leistenden Unternehmers bewirkt. Nach § 48 Abs. 2 AO kann sich ein Dritter (hier der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger) vertraglich verpflichten, für Leistungen aus dem Steuerschuldverhältnis einzustehen. Leistet der Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger oder Vollstreckungsgläubiger Zahlungen nach § 48 Abs. 2 AO, kann er insoweit nicht mehr für die in der abgetretenen Forderung enthaltene Umsatzsteuer in Anspruch genommen werden.

Weitere Einzelheiten zur Haftungsregelung s. , BStBl 2004 I S. 514, und Abschn. 182b UStR. Vgl. auch Mende, NWB F. 7 S. 6339 NWB MAAAB-25509; Bartsch, BuW 2003 S. 932; Giehl/Vana, UStB 2004 S. 357 (speziell zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von ABS-Transaktionen); Hahne, BB 2003 S. 2720; Hahne, UR 2004 S. 633; Halaczinsky, StW 2004 S. 215; Haunhorst, UVR 2004 S. 377; Siebert, UStB 2004 S. 279; Hahne, DStR 2004 S. 210; Slotty-Harms/Jansen, UR 2004 S. 221; Weber/Reiß, BB 2004 S. 1367 (speziell zur umsatzsteuerlichen Beurteilung von ABS-Transaktionen) und Wiese/Gradl, DB 2004 S. 844. Zur Haftung bei Hinterlegung vgl. Siebert, UStB 2006 S. 333. Zur Haftung in Insolvenzfällen vgl. Wenzel, NWB F. 7 S. 6937 NWB GAAAB-59182. Zu den Grundsätzen für die Bearbeitung von Haftungsfällen i. S. des § 13c UStG bei rückständiger Umsatzsteuer vgl. NWB LAAAC-79997. Zur Frage, ob die Insolvenzordnung als Vorbild für eine Regelung der Fälle des § 13c UStG insbesondere zur Abwendung der europarechtlichen Verstöße angesehen werden könnte vgl. Friedrich, UR 2009 S. 149.

Hinsichtlich der Anwendung von § 13c UStG gilt für Fälle der (Sicherungs-)Abtretung, insbesondere der Globalzession, soweit nicht der leistende Unternehmer, sondern der Abtretungsempfänger die Einziehungs- oder die Verfügungsbefugnis an einer Forderung hat, bezüglich der Vereinnahmung des Forderungsbetrags durch den Abtretungsempfänger Folgendes (, BStBl 2006 I S. 207; vgl. auch Sobotta, NWB F. 7 S. 6589 NWB TAAAB-76720; kritisch zur Verwaltungsauffassung Hahne, UR 2006 S. 433):

  • Der Abtretungsempfänger macht von seiner Einziehungsbefugnis Gebrauch:

    Maßgebender Rechtsgrund für die Einziehung der Forderung ist die mit der Abtretung verbundene Sicherungsabrede. Eine Vereinnahmung durch das kontoführende Unternehmen (i. d. R. ein Kreditinstitut) als Abtretungsempfänger liegt in den Fällen der Sicherungsabtretung vor, wenn dieses die Forderung unter Offenlegung der Sicherungsabrede selbst beim Schuldner der Forderung einzieht. In diesem Fall entzieht es dem leistenden Unternehmer dessen Einziehungsbefugnis aufgrund der im Rahmen der Globalzession getroffenen Vereinbarungen.

    Eine Vereinnahmung durch den Abtretungsempfänger bzw. Gläubiger liegt darüber hinaus auch dann vor, wenn die Einziehung der Forderung durch den Abtretungsempfänger auf der Grundlage anderer Ansprüche, wie z. B. einer Einzelabrede, eines Pfandrechts oder ohne Rechtsgrundlage erfolgt.

  • Der Abtretungsempfänger macht von seiner Verfügungsbefugnis Gebrauch:

    Insoweit ist die Abtretung für die Inhaberschaft an der Forderung maßgebend. Diese begründet auch bei mittelbarer Vereinnahmung (z. B. mittels Bareinzahlung oder Überweisung von einem anderen Konto des Gläubigers nach Vereinnahmung durch den Gläubiger) das Recht auf Entzug der Verfügungsbefugnis.

    Nach Sinn und Zweck des § 13c UStG soll der Abtretungsempfänger haften, soweit nicht mehr der leistende Unternehmer, sondern der Abtretungsempfänger über den eingegangenen Geldbetrag verfügen kann und daher die Verfügungsmacht über die in der abgetretenen Forderung enthaltene Umsatzsteuer hat. Nach Abschn. 182b Abs. 19 UStR gilt demnach in den Fällen der Sicherungsabtretung die Forderung auch dann durch den Abtretungsempfänger als vereinnahmt, wenn und soweit der leistende Unternehmer die Forderung zwar selbst einzieht, den Geldbetrag jedoch an den Abtretungsempfänger weiterleitet oder dieser die Möglichkeit des Zugriffs auf diesen Betrag hat. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen Forderungsbeträge auf einem beim Abtretungsempfänger geführten Konto des leistenden Unternehmers eingehen. Die Vereinnahmung des Forderungsbetrags durch den Abtretungsempfänger wird jedoch nicht bereits bei jedem Geldeingang auf einem bei dem Abtretungsempfänger geführten Konto des leistenden Unternehmers fingiert, dies grds. auch dann nicht, wenn sich das Konto des leistenden Unternehmers im Debet befindet, sondern nur soweit der Abtretungsempfänger die Verfügungsbefugnis erhält.

    Die Verfügungsbefugnis am Forderungsbetrag liegt in folgenden Fällen beim Abtretungsempfänger, so dass insoweit eine Vereinnahmung durch diesen fingiert wird:

    • Das beim Abtretungsempfänger geführte Konto des leistenden Unternehmers befindet sich auch nach der Gutschrift des Forderungseingangs im Debet und es besteht keine Kreditvereinbarung („Kreditlinie”, „Kreditrahmen”).

    • Das beim Abtretungsempfänger geführte Konto des leistenden Unternehmers befindet sich auch nach der Gutschrift des Forderungseingangs im Debet und eine bestehende Kreditvereinbarung („vereinbarte Überziehung”) ist ausgeschöpft.

    • Das beim Abtretungsempfänger geführte Konto des leistenden Unternehmers befindet sich auch nach der Gutschrift des Forderungseingangs im Debet und ein bestehender Kreditrahmen ist zwar noch nicht ausgeschöpft, wird jedoch im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Geldeingang eingeschränkt. Das Konto des leistenden Unternehmers ist nach dieser Einschränkung (z. B. durch Kündigung oder Reduzierung des Kreditrahmens) über das vereinbarte Maß in Anspruch genommen.

    • Der Abtretungsempfänger separiert den Geldbetrag nach Eingang auf dem Konto des leistenden Unternehmers auf ein anderes Konto, z. B. ein Sicherheitenerlöskonto.

    Bei einem Kontokorrentkonto widerspricht das kontoführende Unternehmen Verfügungen des leistenden Unternehmers regelmäßig nicht bereits bei jedem Überschreiten des vereinbarten Kreditrahmens. i. d. R. erfolgt ein Widerspruch erst dann, wenn die vorgenommene Anweisung den vereinbarten Kreditrahmen um mehr als 15 % überschreitet. In diesem Rahmen kann der leistende Unternehmer die Erfüllung seiner Kontoanweisungen vom kontoführenden Unternehmen regelmäßig noch erwarten. Es ist daher nur insoweit von einem Entzug der Verfügungsbefugnis über eingehende Beträge durch das kontoführende Unternehmen auszugehen, als das Konto des leistenden Unternehmers den vereinbarten Kreditrahmen auch nach der Gutschrift des Forderungseingangs um 15 % überschreitet; nur insoweit muss der leistende Unternehmer davon ausgehen, dass er über den gutgeschriebenen Betrag nicht mehr verfügen können wird.

    Kündigt oder reduziert das kontoführende Unternehmen die Kreditlinie zwar ganz oder teilweise, gegebenenfalls auf einen geringeren Betrag, räumt es dem leistenden Unternehmer jedoch einen gewissen Zeitraum ein, um dieses Kreditziel (vereinbarte Überziehung) zu erreichen, wird es während dieses Zeitraums auch weiterhin Verfügungen des Unternehmers zulasten seines Kontokorrents innerhalb des bisherigen Kreditrahmens zulassen (geduldete Überziehung). In diesem Fall ist von einer Vereinnahmung durch das kontoführende Unternehmen für eigene Zwecke der Rückführung eingeräumter Kredite nur insoweit auszugehen, als die geduldete Überziehung insgesamt zu einer Verringerung des in Anspruch genommenen Kredits geführt hat. Bei dieser Betrachtung ist auf den Unterschiedsbetrag abzustellen, der sich nach Gutschrift des Geldeingangs zum Kreditbetrag im Kündigungszeitpunkt ergibt.

  • Anwendung in Fällen des Forderungskaufs

    Die vorstehenden Ausführungen gelten hinsichtlich der Vereinnahmung eines Kaufpreises für eine abgetretene Forderung durch den Forderungskäufer bzw. Abtretungsempfänger (Abschn. 182b Abs. 27 UStR) entsprechend, soweit der Kaufpreis auf einem beim Forderungskäufer bzw. Abtretungsempfänger geführten Konto des leistenden Unternehmers eingeht.

  • Zeitliche Anwendung

    Diese Grundsätze sind auf Forderungen anzuwenden, die nach dem abgetreten, verpfändet oder gepfändet wurden. Da die Abtretung erst mit der Entstehung der Forderung vollendet ist, gilt dies grds. auch bei vor dem abgeschlossenen Globalzessionen, wenn die abgetretene Forderung nach dem entstanden ist (§ 27 Abs. 7 UStG). Insoweit ist allerdings die Übergangsregelung des Abschn. 182b Abs. 45 UStR zu beachten, der die Anwendung von § 13c UStG bei vor dem abgeschlossenen Globalzessionen auf nach dem entstandene Forderungen einschränkt.

  • Betroffene Unternehmer

    Die Anwendung ist nicht auf Kreditinstitute als kontoführende Unternehmen beschränkt.

Tz. 215 Haftung bei Änderung der Bemessungsgrundlage

§ 13d UStG

§ 13d UStG begründet eine Haftung in den Fällen, in denen sich bei einer steuerpflichtigen Lieferung von beweglichen Gegenständen aufgrund eines Mietvertrags oder mietähnlichen Vertrags die Bemessungsgrundlage geändert hat oder das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden oder die steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden ist. Dabei entsteht gegen den Leistungsempfänger ein Vorsteuerrückforderungsanspruch aus der Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs (vgl. § 17 UStG; Tz. 256). Der leistende Unternehmer kann hierfür in Haftung genommen werden. Führt der Leistungsempfänger den Rückforderungsbetrag aus der Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs nicht an das Finanzamt ab oder kann die Rückforderung nicht mit Vorsteueransprüchen des Leistungsempfängers verrechnet werden, wird der leistende Unternehmer für die beim Leistungsempfänger entstandene Umsatzsteuer (Berichtigungsbetrag) in Haftung genommen. Mit der Festsetzung der Haftungsschuld wird ein Gesamtschuldverhältnis i. S. des § 44 AO begründet. Die Regelung soll der Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen dienen, die dadurch entstehen, dass sich Unternehmer bei Mietkaufverträgen mit hochpreisigen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über eine kreative Auslegung des UStG unangemessene finanzielle Vorteile verschaffen. Im Zusammenhang mit offensichtlich „planmäßigen” Insolvenzen kommt es zu massiven Steuerausfällen. Bei Zahlungsunfähigkeit des Leistungsempfängers berichtigt der leistende Unternehmer seine Rechnung gegenüber diesem und vermindert entsprechend seine USt-Zahllast gegenüber dem Finanzamt. Dagegen erhält der Fiskus die vom Leistungsempfänger zurückzuzahlenden Vorsteuerbeträge aufgrund dessen Zahlungsunfähigkeit nicht. Diese Steuerausfälle werden durch die Einführung einer Gesamtschuldnerschaft vermieden. § 13d UStG ist auf Mietverträge oder mietähnliche Verträge anzuwenden, die nach dem (Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestags zum StÄndG 2003) abgeschlossen worden sind, wenn die daraus zu erbringenden Umsätze nach dem ausgeführt wurden (§ 27 Abs. 7 UStG).

§ 13d UStG beruht nach der Gesetzesbegründung auf Art. 22 Abs. 8 der 6. EG-RL (= Art. 273 MwStSystRL). Der EuGH hat im Urteil v. - Rs. C-384/04, Federation of Technological Industries u. a. NWB VAAAB-84546 aber entschieden, dass eine Haftungsschuldnerschaft nicht auf diese Vorschrift gestützt werden kann. Damit ist die gesetzgeberische Begründung für die Einführung des § 13d UStG hinfällig. Darüber hinaus hat der EuGH aber bestätigt, dass eine gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Umsatzsteuer auf Art. 21 Abs. 3 der 6. EG-RL (= Art. 205 MwStSystRL) gestützt werden kann. Allerdings seien die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Daraus folgern sowohl Hamacher (IStR 2006 S. 388) als auch de Weerth (IStR 2006 S. 389 und DStR 2006 S. 1071), dass Haftungsregelungen, die wie § 13d UStG völlig verschuldensunabhängig an die Nichtabführung der Umsatzsteuer anknüpfen, gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Vgl. hierzu auch mit vergleichbarem Ergebnis Hahne, UR 2006 S. 416. Vgl. zur Fortentwicklung der Rechtsprechung und die praktischen Auswirkungen auch Raudszus/Wagner, UStB 2007 S. 137.

§ 13d Abs. 1 UStG enthält die grds.en Voraussetzungen für die Haftung. Danach haftet der leistende Unternehmer in den Fällen einer steuerpflichtigen Lieferung eines beweglichen Gegenstands an einen anderen Unternehmer aufgrund eines Mietvertrags oder mietähnlichen Vertrags, wenn beim Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug aus diesem Umsatz nach § 17 UStG berichtigt und die hierauf festgesetzte Umsatzsteuer bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet worden ist, für diese Steuer. Ist die Vollziehung der Steuerfestsetzung in Bezug auf die zu berichtigende Vorsteuer gegenüber dem Leistungsempfänger ausgesetzt, gilt die Steuer insoweit als nicht fällig. Die Haftung gilt nur, wenn der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer für diesen Umsatz schuldet.

Bei den Umsätzen, die eine Haftung i. S. des § 13d UStG auslösen können, handelt es sich insbesondere um Lieferungen von beweglichen Gegenständen des Anlagevermögens (z. B. Baukräne – ortsfest oder auf Schienen –, Gerüste, Lastkraftwagen, Kipper, Sattelschlepper, Pkw, Schiffe, Flugzeuge). grds. kommen als Gegenstand der Lieferung alle beweglichen Gegenstände in Betracht. Es ist nicht notwendig, dass die Gegenstände nur branchentypisch verwendet werden können. Voraussetzung ist jedoch, dass die steuerpflichtigen Umsätze als Lieferungen anzusehen sind, obwohl ihnen kein Kaufvertrag zugrunde gelegen hat. Bei Mietverträgen i. S. des § 535 BGB mit Recht zum Kauf liegen Lieferungen vor, wenn der Vertrag den Übergang des zivilrechtlichen Eigentums an dem Gegenstand spätestens mit der letzten vereinbarten fälligen Zahlung vorsieht (Abschn. 25 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStR). Werden Gegenstände im Leasingverfahren überlassen, ist die Übergabe des Leasinggegenstands durch den Leasinggeber an den Leasingnehmer unter den in Abschn. 25 Abs. 4 Satz 1–3 UStR genannten Voraussetzungen eine Lieferung. Auch diese Lieferungen fallen unter § 13d UStG. Schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 UStG (Tz. 212), ist § 13d UStG nicht anwendbar.

Die eine Haftung begründenden Lieferungen müssen von einem Unternehmer i. S. des § 2 UStG an einen anderen Unternehmer erbracht worden sein. Die Haftung setzt voraus, dass der leistende Unternehmer für die steuerpflichtige Lieferung eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt, die den Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sind Kleinunternehmer i. S. des § 19 UStG oder land- und forstwirtschaftliche Unternehmer, die die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, als Beteiligte an einem solchen Umsatzgeschäft beteiligt, liegt deshalb regelmäßig kein Haftungsfall nach § 13d UStG vor. Entsprechendes gilt, wenn die Rechnung den Leistungsempfänger aufgrund von Formmängeln nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Änderung der Bemessungsgrundlage im Rahmen des § 13d UStG kann insbesondere auftreten, wenn das vereinbarte Entgelt uneinbringlich geworden oder die steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden ist (vgl. § 17 Abs. 2 Nr. 1 und 3 UStG; Tz. 256). Die Haftung setzt voraus, dass der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den der Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerbetrag nach § 17 UStG zu berichtigen hat. Der leistende Unternehmer haftet für die Umsatzsteuer aus der Berichtigung des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers.

§ 13d UStG findet nur Anwendung, wenn der Leistungsempfänger die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat. In dieser Umsatzsteuer muss die Vorsteuerrückforderung aus der Änderung der Bemessungsgrundlage des Umsatzes i. S. des § 13d UStG ganz oder teilweise berücksichtigt sein. Die Haftung greift dem Grunde nach, wenn die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wird. Die Fälligkeit richtet sich nach § 220 AO. Soweit die selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer nach diesem Zeitpunkt entrichtet wird, fallen die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids ab diesem Zeitpunkt weg. Ist die Berichtigung der Vorsteuer beim Leistungsempfänger streitig und wurde in Bezug darauf bei der Steuerfestsetzung Aussetzung der Vollziehung gewährt, ist insoweit keine Fälligkeit gegeben. Für die Begründung der Haftung reicht es aus, dass die zu berichtigende Vorsteuer bei der selbst berechneten oder festgesetzten Umsatzsteuer berücksichtigt wurde. Eine weitere Zuordnung des Berichtigungsbetrags ist nicht erforderlich. Deshalb wird die Haftung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Leistungsempfänger Zahlungen an das Finanzamt speziell der zu berichtigenden Vorsteuer zuordnet.

§ 13d Abs. 2 UStG regelt den Zeitpunkt und die Höhe der Inanspruchnahme des haftenden Unternehmers. Danach ist der leistende Unternehmer frühestens ab dem Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, in dem die beim Leistungsempfänger festgesetzte Umsatzsteuer nach § 13d Abs. 1 UStG im Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht vollständig entrichtet worden ist. Bei der Haftungsinanspruchnahme besteht abweichend von § 191 AO kein Ermessen. Die Haftung ist der Höhe nach begrenzt auf die im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht entrichtete Umsatzsteuer.Soweit der leistende Unternehmer auf die beim Leistungsempfänger festgesetzte Umsatzsteuer Zahlungen i. S. des § 48 AO geleistet hat, haftet er nicht (§ 13d Abs. 2 Satz 4 UStG).

Der leistende Unternehmer kann als Haftungsschuldner nach § 13d UStG erst ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der nicht oder nicht vollständig entrichteten Umsatzsteuer durch den Leistungsempfänger in Anspruch genommen werden (§ 240 Abs. 3 AO ist zu beachten). Der leistende Unternehmer ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch Haftungsbescheid in Anspruch zu nehmen, ohne dass dem Finanzamt dabei ein Ermessen eingeräumt wird. Für den Erlass des Haftungsbescheids gelten die allgemeinen Regeln des § 191 AO. Auf ein Verschulden des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfängers kommt es nicht an. Der Haftungsbescheid ist durch das Finanzamt zu erlassen, das für die Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer des Leistungsempfängers örtlich zuständig ist (vgl. § 21 AO), da nur dieses Finanzamt feststellen kann, ob und inwieweit der Leistungsempfänger die festgesetzte Umsatzsteuer bei Fälligkeit entrichtet hat. Dieses Finanzamt ist auch für die Erhebung (vgl. § 218 Abs. 1 AO) und Vollstreckung (vgl. § 249 Abs. 1 AO) der Haftungsbeträge zuständig. Das Finanzamt hat zunächst die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme nach § 13d Abs. 1 UStG zu ermitteln. Mit der Festsetzung der Haftungsschuld wird ein Gesamtschuldverhältnis i. S. des § 44 AO begründet. Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw. der entsprechenden Einspruchsentscheidung. Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung berühren die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nicht. Ein rechtmäßiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen, soweit die ihm zugrunde liegende Steuerschuld später gemindert worden ist.

Die Haftung des leistenden Unternehmers ist der Höhe nach zweifach begrenzt und zwar zum einen auf den Betrag der im Fälligkeitszeitpunkt nicht entrichteten Umsatzsteuer und zum anderen auf den Vorsteuerberichtigungsbetrag.

Der leistende Unternehmer kann sich der Haftungsinanspruchnahme entziehen, soweit er als Dritter Zahlungen i. S. des § 48 AO zugunsten des Leistungsempfängers bewirkt. Nach § 48 Abs. 2 AO kann sich ein Dritter (hier der leistende Unternehmer) vertraglich verpflichten, für Leistungen aus dem Steuerschuldverhältnis einzustehen. Zahlt der leistende Unternehmer nach § 48 Abs. 2 AO, kann er insoweit nicht mehr für den Vorsteuerberichtigungsbetrag in Anspruch genommen werden. Die Vorauszahlung oder der Unterschiedsbetrag des Leistungsempfängers verringert sich um die vom leistenden Unternehmer bewirkten Zahlungen. Wird die vom Leistungsempfänger selbst berechnete oder festgesetzte Umsatzsteuer im Fälligkeitszeitpunkt entrichtet, kann der vom leistenden Unternehmer gezahlte Betrag an den Leistungsempfänger erstattet oder mit anderen Steuerrückständen des Leistungsempfängers verrechnet werden.

Zu weiteren Einzelheiten s. , BStBl 2004 I S. 514, und Abschn. 182c UStR. Vgl. auch Halaczinsky, StW 2004 S. 283, und Wiese/Gradl, DB 2004 S. 844.

§ 13d UStG wurde durch das JStG 2008 aufgehoben. Die Änderung tritt am in Kraft, vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6949, und Weber, BB 2007 S. 2603. Mit der Aufhebung wollte der Gesetzgeber einen Beitrag zur Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts und zum Abbau von Bürokratieaufwand leisten. Die Vorschrift wurde von der Wirtschaft als erhebliche Belastung empfunden; ihr Anwendungsbereich war ausweislich der bisherigen Evaluierung auf wenige Einzelfälle mit insgesamt kaum wahrnehmbaren finanziellen Auswirkungen beschränkt. Hintergrund der Aufhebung ist jedoch auch das o. g. , Federation of Technological Industries u. a. NWB VAAAB-84546. In Folge der Aufhebung von § 13d UStG wurde auch § 27 Abs 7 Satz 2 UStG (Regelung zur Anwendung des § 13d UStG auf Mietverträge, die nach dem abgeschlossen wurden) mit Wirkung v. durch das JStG 2008 aufgehoben.

Tz. 216 Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis

§ 14 UStG

Durch die Richtlinie zur Änderung der 6. EG-RL mit dem Ziel der Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsstellung werden insbesondere die Anforderungen an den obligatorischen Rechnungsinhalt weiter harmonisiert. Darüber hinaus wird u. a. für die Abrechnung durch Gutschriften, die Rechnungserteilung durch Dritte und die elektronische Rechnungsstellung ein einheitlicher EU-Rechtsrahmen geschaffen. Die Umsetzung der Rechnungsrichtlinie hat auch Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug. Dieser ist nunmehr nur noch bei Besitz einer den Vorschriften der §§ 14 und 14a UStG entsprechenden richtigen und vollständigen Rechnung möglich (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Das BMF hat zu diesen Rechungsstellungsvorschriften in einem umfangreichen Schreiben Stellung genommen (, BStBl 2004 I S. 258). Die (BStBl 1992 I S. 376) (Rechnungsstellung durch Datenfernübertragung, Datenübertragung durch Teletex oder Datenträgeraustausch sowie Rechnungserteilung unter Einschaltung eines Zentralregulierers), und v. - S 7280 (BStBl 2002 I S. 660) (Angabe der Steuernummer in einer Rechnung ab dem 1. 7. 2002) werden mit Wirkung v. durch das o. g. Schreiben ersetzt. Zusätzlich hat das (BStBl 2004 I S. 739) ergänzend zur Angabe des Zeitpunkts der Leistung und der im Voraus vereinbarten Minderungen des Entgelts in der Rechnung Stellung genommen. Vgl. zur Rechnungserteilung und zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen ab 2004 insgesamt Paukstadt/Matheis, DStR 2005 S. 414; Robisch, UStB 2004 S. 328; Rondorf, NWB F. 7 S. 6275 NWB QAAAB-22891; Vanheiden, UStB 2004 S. 194; Weimann, UStB 2006 S. 309, und Wagner, DStR 2004 S. 477. Vgl. zum Zurückbehaltungsrecht bei Fehlen von umsatzsteuerlich geforderten Rechnungsangaben Heeseler, BB 2006 S. 1137. Vgl. zum Schadensersatz wegen fehlerhafter Rechnungsstellung Wittmann/Zugmaier, DStR 2008 S. 538.

a) Begriff der Rechnung

Die Definition des Begriffs der Rechnung wurde aus dem alten § 14 Abs. 4 UStG in den neuen § 14 Abs. 1 UStG übernommen und an die Vorgaben der Rechnungsrichtlinie angepasst. Danach ist Rechnung jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Dabei ist es gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UStG). Dokumente, die keinen Abrechnungscharakter besitzen, stellen keine Rechnung dar (Abschn. 183 Abs. 1 Satz 4 UStR). Soweit ein Kreditinstitut mittels Kontoauszug über eine von ihm erbrachte Leistung abrechnet, kommt diesem Kontoauszug Abrechnungscharakter zu; diese Kontoauszüge stellen Rechnungen dar. Hiervon zu unterscheiden sind Kontoauszüge, die lediglich Mitteilungen über den Zahlungsverkehr beinhalten; diese stellen mangels Abrechnungscharakter keine Rechnungen dar (, UR 2008 S. 200).

Eine Rechnung kann auch aus mehreren Dokumenten bestehen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 UStDV). Um dem Bankkunden den Vorsteuerabzug aus einem – eine Rechnung darstellenden – Kontoauszug zu ermöglichen, muss dieser alle inhaltlichen und formalen Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllen. In den meisten Fällen enthält der Kontoauszug lediglich den Namen des Leistungsempfängers; die Anschrift ist regelmäßig nicht aufgeführt. Diese ergibt sich jedoch in der Regel aus den übrigen vorhandenen Unterlagen nach § 31 UStDV ( NWB YAAAC-85284).

Rechnungen sind auf Papier oder, vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers der Rechnung, auf elektronischem Weg zu übermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Zustimmung des Empfängers der elektronischen Rechnung bedarf keiner besonderen Form; es muss lediglich Einvernehmen zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger darüber bestehen, dass die Rechnung elektronisch übermittelt werden soll. Die Zustimmung kann z. B. in Form einer Rahmenvereinbarung erklärt werden. Sie kann auch nachträglich erklärt werden. Es genügt aber auch, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen.

Wegen der zulässigen Übermittlung der Rechnung auf elektronischem Weg wird der bisher verwendete Begriff der Urkunde durch den Begriff „Dokument” ersetzt.

b) Verpflichtung bzw. Berechtigung zur Rechnungsausstellung

Der zivilrechtliche Anspruch auf Rechnungserteilung bleibt durch die Änderungen in § 14 UStG unberührt. Das Rechtsverhältnis zwischen Rechnungsausteller und Rechnungsempfänger ist zivilrechtlicher Natur. Soweit zwischen den Beteiligten ein schuldrechtlicher Vertrag besteht, handelt es sich bei der Verpflichtung des Leistenden um eine aus § 242 BGB abgeleitete zivilrechtliche Nebenpflicht. § 14 Abs. 2 UStG kommt insoweit nur deklaratorische Bedeutung zu. Streitigkeiten zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger über die Rechnungsausstellung sind nach § 13 GVG vor den ordentlichen Gerichten auszutragen. Die Verjährung richtet sich nach § 195 BGB (drei Jahre); weiterhin gelten die allgemeinen Vorschriften des BGB über die Verjährung (Abschn. 183 Abs. 5 Satz 4 UStR; vgl. zur Verkürzung der Verjährungsfrist zum 1. 1. 2002 von 30 auf 3 Jahre auch Reimann, UVR 2004 S. 394.

Die Verpflichtung bzw. die Berechtigung zur Rechnungsausstellung durch den eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführenden Unternehmer ist in § 14 Abs. 2 wie folgt geregelt:

  • Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen (Verpflichtung zur Rechnungsausstellung, § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Im Fall der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts für eine steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück vor Ausführung der Leistung ist die Rechnung innerhalb von sechs Monaten nach Vereinahmung des Entgelts oder des Teilentgelts auszustellen. Soweit es sich um eine Rechnung über einen Gesamtbetrag von bis zu handelt 150 € (Kleinbetragsrechnung), müssen die sich aus § 33 UStDV ergebenden Pflichtangaben in der Rechnung enthalten sein.

  • Führt der Unternehmer eine andere als die o. g. Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen (Berechtigung zur Rechnungsausstellung, § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG). Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen (Verpflichtung zur Rechnungsausstellung, § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG). Auf die Steuerpflicht kommt es bei Rechnungen für bis zum ausgeführte Umsätze dabei nicht an (zur Ausstellung von Rechnungen bei Darlehen an Unternehmer ab dem vgl. NWB KAAAB-71182). Durch das Steuerbürokratieabbaugesetz wird die Regelung dahingehend beschränkt, dass eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung nicht mehr besteht, wenn der Umsatz nach § 4 Nr. 8–28 UStG steuerfrei ist (Art. 8 Nr. 1 Buchst. a Steuerbürokratieabbaugesetz, BGBl 2008 I S. 2850, BStBl 2009 I S. 124; vgl. hierzu auch Huschens, NWB 2009 S. 125 NWB EAAAD-02496). Die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung bei nach § 4 Nr. 1–7 UStG steuerfreien - den Vorsteuerabzug nicht ausschließenden - Umsätzen bleibt bestehen. Darüber hinaus wird die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung bei Umsätzen an eine juristische Person auf juristische Personen beschränkt, die nicht Unternehmer sind. Damit entfällt die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung bei Leistungen an eine juristische Person, die zwar Unternehmer ist, den Umsatz aber für ihren hoheitlichen Bereich bezieht; bei juristischen Personen, die nicht Unternehmer sind, bleibt die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung hingegen bestehen. Die Neuregelung ist nach § 27 Abs. 5 UStG auf alle Rechnungen über Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden (Art. 8 Nr. 4 Steuerbürokratieabbaugesetz, BGBl 2008 I S. 2850, BStBl 2009 I S. 124; vgl. hierzu auch Huschens, NWB 2009 S. 125 NWB EAAAD-02496). Im Fall der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts vor Ausführung der Leistung ist die Rechnung innerhalb von sechs Monaten nach Vereinahmung des Entgelts oder des Teilentgelts auszustellen.



§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG erfasst im Ergebnis nur die Rechnungsausstellungspflicht gegenüber Privatpersonen, und juristischen Personen, die zwar Unternehmer sind, den Umsatz aber nicht für ihr Unternehmen (sondern den Hoheitsbereich) beziehen, weil bei Leistungen an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die kein Unternehmer ist, bereits nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG eine allgemeine Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung besteht, unabhängig davon, welche Art von Leistung ausgeführt wird. Die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung bei Leistungen in Zusammenhang mit einem Grundstück wird auf Werklieferungen und sonstige Leistungen begrenzt. Damit unterliegen alltägliche Geschäfte durch einen schlichten Kaufvertrag (z. B. der Erwerb von Gegenständen durch einen Nichtunternehmer in einem Baumarkt) nicht der Rechnungsausstellungspflicht. Auch Lieferungen z. B. von Baumaterial auf eine Baustelle eines Nichtunternehmers oder eines Unternehmers für seinen nichtunternehmerischen Bereich werden nicht von der Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung erfasst. Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück beziehen sich auf alle wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks (§ 94 BGB). Das gilt auch für wesentliche Bestandteile, die ertragsteuerlich selbständige Wirtschaftsgüter sind. Auch die Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Scheinbestandteilen (§ 95 BGB) werden erfasst. Nicht erfasst werden jedoch sonstige Leistungen am Zubehör (§ 97 BGB).

Die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung bei steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück gilt auch für Kleinunternehmer i. S. des § 19 Abs. 1 UStG. Allerdings dürfen Kleinunternehmer die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Die Rechnungserteilungspflicht bei steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück gilt auch für Land- und Forstwirte, die die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden.

Der Auftraggeber der Leistung muss nicht der Eigentümer des Grundstücks sein; auch der Mieter (z. B. einer Mietwohnung) kann als Auftraggeber einer sonstigen Leistung oder einer Werklieferung in Zusammenhang mit einem Grundstück in Betracht kommen. Für steuerpflichtige sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 Satz 1 und 2 UStG bezeichneten Art, die weder an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen noch an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, erbracht werden, besteht keine Rechnungserteilungspflicht.

Zu den Leistungen, bei denen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG eine Verpflichtung zur Rechnungsausstellung besteht, gehören die Bauleistungen des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG (vgl. Tz. 212) und darüber hinaus die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück i. S. des § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. Tz. 69). Demnach gehören zu den Leistungen, bei denen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG eine Verpflichtung zur Rechnungserteilung besteht, zunächst alle Bauleistungen, bei denen die Steuerschuld unter den weiteren Voraussetzungen des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG auf den Leistungsempfänger übergehen kann (vgl. Tz. 212). Weiter gehören dazu die steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung von Bauleistungen dienen. Damit sind z. B. auch die Planungs- und Überwachungsleistungen (s. hierzu Abschn. 182a Abs. 8 UStR) von der Verpflichtung zur Rechnungserteilung umfasst.

Hinsichtlich des Begriffs der steuerpflichtigen sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück vgl. Abschn. 34 UStR und Tz. 69.

Die steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung muss in engem Zusammenhang mit einem Grundstück stehen. Ein enger Zusammenhang ist gegeben, wenn sich die Werklieferung oder sonstige Leistung nach den tatsächlichen Umständen überwiegend auf die Bebauung, Verwertung, Nutzung oder Unterhaltung, aber auch Veräußerung oder den Erwerb des Grundstücks selbst bezieht. Daher besteht auch bei der Erbringung u. a. folgender Leistungen (vgl. Abschn. 182a Abs. 9 UStR) eine Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung:

  • Zurverfügungstellen von Betonpumpen oder von anderem Baugerät,

  • Aufstellen von Material- oder Bürocontainern,

  • Aufstellen von mobilen Toilettenhäusern,

  • Entsorgung von Baumaterial (z. B. Schuttabfuhr durch ein Abfuhrunternehmen),

  • Gerüstbau,

  • bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen (z. B. Fensterreinigung),

  • Instandhaltungs- (z. B. Klempnerarbeiten), Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken (z. B. Renovierungsarbeiten wie Malerarbeiten),

  • Anlegen von Grünanlagen und Bepflanzungen und deren Pflege (z. B. Bäume, Gehölze, Blumen, Rasen),

  • Beurkundung von Grundstückskaufverträgen durch Notare,

  • Vermittlungsleistungen der Makler bei Grundstücksveräußerungen oder Vermietungen.

Sofern selbständige Leistungen vorliegen, sind folgende Leistungen keine Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück, bei denen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung besteht:

  • die Veröffentlichung von Immobilienanzeigen (z. B. durch Zeitungen),

  • die Rechts- und Steuerberatung in Grundstückssachen.

Der leistende Unternehmer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG auch verpflichtet, gegenüber Privatpersonen eine Rechnung auszustellen, wenn er steuerpflichtige Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück erbringt. Hierzu gehören Reinigungsarbeiten an Räumlichkeiten oder Flächen, Leistungen im gärtnerischen Bereich, Instandhaltungsarbeiten in und an Gebäuden oder Wartungs- oder Reparaturarbeiten.

Soweit eine Rechnungsausstellungspflicht bei Leistungen an Privatpersonen besteht, sind auch diese Rechnungen mit den in § 14 Abs. 4 UStG beschriebenen Pflichtangaben zu versehen (vgl. Tz. 218). Dadurch sollen auch die an Nichtunternehmer erbrachten Umsätze in den Buchführungen und Aufzeichnungen nachvollziehbar werden. Um eine wirksame Kontrolle der Umsatzbesteuerung zu ermöglichen, wird in allen Fällen, in denen eine Verpflichtung zur Rechnungserteilung besteht, eine Frist von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung zur Ausstellung der Rechnung eingeführt. Die Einführung einer Frist zur Rechnungserteilung ist EG-rechtlich zulässig. Die zivilrechtliche Verpflichtung zur Rechnungsausstellung bleibt hiervon aber unberührt.

Der vorsätzliche oder leichtfertige Verstoß gegen die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung oder zur rechtzeitigen Erteilung einer Rechnung ist nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 UStG eine Ordnungswidrigkeit, die nach § 26a Abs. 2 UStG mit einer Geldbuße bis zu 5.000 € geahndet werden kann (Tz. 324). Die Erteilung einer Rechnung, die nicht alle in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG aufgeführten Pflichtangaben (s. Tz. 218) enthält, gilt nicht als Ordnungswidrigkeit. Dies gilt auch, wenn der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG erforderliche Hinweis nicht in der Rechnung angebracht wird.

Soweit der leistende Unternehmer entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStG nicht dafür Sorge trägt, dass innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung bzw. im Fall der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts vor Ausführung der Leistung nach Vereinnahmung eine Rechnung erteilt wird, hat dies keine Auswirkung auf einen möglichen Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, soweit die übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist jedoch erst für den Zeitpunkt zulässig, in dem der Leistungsempfänger im Besitz einer nach § 14 UStG ausgestellten Rechnung ist.

c) Rechnung in Form der Gutschrift

Unbeschadet der Verpflichtung zur Rechnungsausstellung durch den leistenden Unternehmer kann eine Rechnung von einem Leistungsempfänger – sofern er Unternehmer oder eine (nichtunternehmerische) juristische Person ist – für Lieferungen und sonstige Leistungen des leistenden Unternehmers ausgestellt werden (Gutschrift). Voraussetzung zur Abrechnung mittels Gutschrift ist allerdings, dass dies vorher vereinbart wurde (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Eine Gutschrift kann auch bei Abrechnung über steuerfreie Umsätze erteilt werden. Außerdem ist die Ausstellung einer Gutschrift durch juristische Personen, soweit diese nicht Unternehmer sind, und durch vom Leistungsempfänger beauftragte Dritte möglich (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG). Sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm zugeleiteten Dokument widerspricht, weil z. B. eine Angabe in diesem Dokument unzutreffend ist, verliert die Gutschrift die Wirkung einer Rechnung (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG). Die Möglichkeit, dass Leistungsempfänger, soweit sie Unternehmer, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht, oder nicht unternehmerische juristische Personen sind, Gutschriften ausstellen können, gilt auch für Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück. Sofern der leistende Unternehmer mit dem Leistungsempfänger zulässigerweise vereinbart hat, dass die Rechnung vom Leistungsempfänger erstellt werden soll (Gutschrift i. S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), hat der Leistungsempfänger die Rechnung innerhalb von sechs Monaten zu erteilen. Da der Empfänger der Gutschrift (der leistende Unternehmer) nicht mehr zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sein muss, kann eine Gutschrift nunmehr zu einem unberechtigten Steuerausweis (§ 14c Abs. 2 UStG) führen. Zur Gutschrift als Rechnung vgl. im Einzelnen Tz. 217.

Der zur Abrechnung über den Leistungsaustausch Verpflichtete kann sich im Abrechnungsverfahren dritter Personen bedienen, die im Namen und für Rechnung des Unternehmers abrechnen. Dagegen kann er sich nicht seines am Leistungsaustausch beteiligten Geschäftspartners bedienen, da dieser nicht Dritter sein kann (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG). Im Verhältnis zum beteiligten Geschäftspartner kommt aber die Abrechnung mittels Gutschrift in Betracht. Bedient sich der leistende Unternehmer zur Rechnungsausstellung eines Dritten, hat er sicherzustellen, dass der Dritte die Einhaltung der sich aus den §§ 14 und 14a UStG ergebenden formalen Voraussetzungen gewährleistet.

d) Elektronisch übermittelte Rechnung
aa) Formelle Voraussetzungen

§ 14 Abs. 3 UStG regelt die formellen Voraussetzungen für auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen. Bei der elektronischen Übermittlung der Rechnung sind die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts zu gewährleisten. Neben der elektronischen Rechnung, die die qualifizierte elektronische Signatur oder die qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung erfordert (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG) ist auch die Übermittlung durch elektronischen Datenaustausch (Electronic Data Interchange - EDI) nach Art. 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission v. über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustauschs (ABl EG 1994 Nr. L 338 S. 98) möglich. Hierbei ist bei Rechnungen für bis zum ausgeführte Umsätze allerdings zusätzlich eine zusammenfassende Rechnung (Sammelrechnung) in Papierform oder in elektronisch übermittelter Form mit qualifizierter elektronischer Signatur oder qualifizierter elektronischer Signatur mit Anbieter-Akkreditierung erforderlich (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG). Durch das Steuerbürokratieabbaugesetz wird die Regelung dahingehend geändert, dass auf die obligatorische Übermittlung der Sammelrechnung verzichtet wird (Art. 8 Nr. 1 Buchst. b Steuerbürokratieabbaugesetz, BGBl 2008 I S. 2850, BStBl 2009 I S. 124; vgl. hierzu auch Huschens, NWB 2009 S. 125 NWB EAAAD-02496). Die Neuregelung ist nach § 27 Abs. 5 UStG auf alle Rechnungen über Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden (Art. 8 Nr. 4 Steuerbürokratieabbaugesetz, BGBl 2008 I S. 2850, BStBl 2009 I S. 124). Voraussetzung für die Anerkennung der im EDI-Verfahren übermittelten Rechnungen ist, dass über den elektronischen Datenaustausch eine Vereinbarung besteht, in der der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten. Für mehrere getrennte Lieferungen von Gegenständen oder mehrere Dienstleistungen kann periodisch (z. B. Tag, Woche, Monat) eine zusammenfassende Rechnung ausgestellt werden. Diese muss die in § 14 Abs. 4 und § 14a UStG aufgeführten Merkmale enthalten. Bei fehlenden Angaben ist auf die ergänzenden Dokumente hinzuweisen (§ 31 Abs. 1 UStDV). Die zusammenfassende Rechnung muss dabei für die einzelnen Umsätze eines Übertragungszeitraums die Entgelte in einer Summe zusammenfassen. Das Gleiche gilt für die darauf entfallenden Steuerbeträge. Eine Gutschrift auf elektronischem Weg ist zulässig. Dabei ist die Gutschrift durch den Leistungsempfänger mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Bei Abrechnung durch Gutschrift für bis zum ausgeführte Umsätze im EDI-Verfahren hat der Leistungsempfänger zusätzlich eine zusammenfassende Rechnung nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG zu erstellen und zu übermitteln. Zu der elektronischen Übermittlung von Rechnungen im Wege des elektronischen Datenaustauschs (EDI) und der Übermittlung einer zusammenfassenden Rechnung (Sammelrechnung) hat die Finanzverwaltung in Bezug auf die Regelungen in Abschn. 184a Abs. 4 UStR klargestellt, dass es weiterhin als ausreichend angesehen wird, wenn sich die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben aus der Sammelrechnung in Verbindung mit den dort zu bezeichnenden Einzelabrechnungen (§ 31 Abs. 1 UStDV) ergeben. In der Sammelrechnung müssen für den jeweiligen Abrechnungszeitraum jedoch mindestens die Summe der Entgelte, die Summe der Umsatzsteuerbeträge und der Abrechnungszeitraum angegeben und die Einzelabrechnungen, aus denen sich die übrigen Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 UStG ergeben, bezeichnet werden. Voraussetzung ist zudem, dass sowohl die Sammelrechnung als auch die dort bezeichneten Einzelabrechnungen vom leistenden Unternehmer oder dessen Beauftragten, im Fall der Gutschrift (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) vom Leistungsempfänger oder dessen Beauftragten erstellt werden ( NWB RAAAB-68061).

Der Aufbau und der Ablauf des bei der elektronischen Übermittlung einer Rechnung angewandten Verfahrens müssen für das Finanzamt innerhalb angemessener Frist nachprüfbar sein (§ 145 AO). Dies setzt eine Dokumentation voraus, dass das Verfahren den Anforderungen der Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) genügt (Anlage zum , BStBl 1995 I S. 738). Bei der Prüfung elektronisch übermittelter Rechnungen i. S. des § 14 Abs. 3 UStG sind die Grundsätze des (BStBl 2001 I S. 415) über die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) zu beachten. Fordert das Finanzamt den Unternehmer zur Vorlage der Rechnung auf, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer als vorläufigen Nachweis einen Ausdruck der elektronisch übermittelten Rechnung vorlegt. Dies entbindet den Unternehmer allerdings nicht von der Verpflichtung, auf Anforderung nachzuweisen, dass die elektronisch übermittelte Rechnung die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG erfüllt (Abschn. 184a Abs. 2 UStR). Die Vorlage oder Übermittlung der elektronischen Rechnung in Dateiform kann auch unabhängig von einer Außenprüfung (§ 147 Abs. 6 AO: Recht zur Einsichtnahme in die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellten Unterlagen bzw. zur Anforderung der gespeicherten Unterlagen auf einem Datenträger, wozu auch die auf elektronischem Weg übermittelten Eingangsrechnungen gehören) gefordert werden, da die Rechnung ein Beweismittel i. S. des § 92 Nr. 3 AO i.V. mit § 97 AO ist ( NWB JAAAC-36922).

Gem. § 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG ist eine elektronisch übermittelte Rechnung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (§ 2 Nr. 3 SigG) oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur mit Anbieter-Akkreditierung (§ 2 Nr. 15 SigG) zu versehen. Zur Erstellung der Signatur wird ein qualifiziertes Zertifikat benötigt, das von einem Zertifizierungsdiensteanbieter ausgestellt wird und mit dem die Identität des Zertifikatinhabers bestätigt wird. Dieses Zertifikat kann nach § 2 Nr. 7 SigG nur auf natürliche Personen ausgestellt werden. Es ist zulässig, dass eine oder mehrere natürliche Personen im Unternehmen bevollmächtigt werden, für den Unternehmer zu signieren. Eine Verlagerung der dem leistenden Unternehmer oder dem von diesem beauftragten Dritten obliegenden steuerlichen Verpflichtungen ist damit jedoch nicht verbunden. Der Zertifikatinhaber kann zusätzliche Attribute einsetzen (vgl. § 7 SigG). Ein Attribut kann z. B. lauten „Frau X ist Handlungsbevollmächtigte des Unternehmers A und berechtigt, für Unternehmer A Rechnungen bis zu einer Höhe von 100.000 € Gesamtbetrag zu unterzeichnen”. Auch Vertreterregelungen und ggf. erforderliche Zeichnungsberechtigungen, die an die Unterzeichnung durch mehrere Berechtigte gekoppelt sind, können durch Attribute abgebildet werden. Nach § 5 Abs. 3 SigG kann in einem qualifizierten Zertifikat auf Verlangen des Zertifikatsinhabers anstelle seines Namens ein Pseudonym aufgeführt werden. Das Finanzamt hat gem. § 14 Abs. 2 SigG einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Zertifizierungsdiensteanbieter, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Für die Erstellung qualifizierter elektronischer Signaturen sind alle technischen Verfahren (z. B. Smart-Card, „Kryptobox”) zulässig, die den Vorgaben des SigG entsprechen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen auf Anforderung nachzuweisen. Der Rechnungsaussteller kann die Rechnungen auch in einem automatisierten Massenverfahren signieren. Es ist zulässig, mehrere elektronisch übermittelte Rechnungen an einen Rechnungsempfänger in einer Datei zusammenzufassen und diese Datei mit nur einer qualifizierten elektronischen Signatur an den Empfänger zu übermitteln.

Zur elektronischen Rechnung vgl. auch Groß/Lindgens, UVR 2008 S. 107.

bb) Sonderregelungen

Auch bei Rechnungen, die per Telefax oder E-Mail übermittelt werden, und bei als Rechnungen geltenden Fahrausweisen i. S. des § 34 UStDV, die im Online-Verfahren erstellt werden, handelt es sich um elektronisch übermittelte Rechnungen. Hierfür gelten unter der Voraussetzung, dass die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts der Rechnung im Einzelfall gegeben sind, nach Abschn. 184a Abs. 5 UStR folgende Sonderregelungen (vgl. auch Zugmaier, DStR 2004 S. 345, und Weimann, UStB 2006 S. 309):

  • Bei der Übermittlung von Rechnungen per Telefax ist nur die Übertragung von Standard-Telefax an Standard-Telefax zulässig. Voraussetzung für die Anerkennung zum Zweck des Vorsteuerabzugs ist, dass der Rechnungsaussteller einen Ausdruck in Papierform aufbewahrt und der Rechnungsempfänger die eingehende Telefax-Rechnung in ausgedruckter Form aufbewahrt. Sollte das Telefax auf Thermopapier ausgedruckt sein, ist es durch einen nochmaligen Kopiervorgang auf Papier zu konservieren, das für den gesamten Aufbewahrungszeitraum nach § 14b Abs. 1 UStG lesbar ist. Hinsichtlich der Aufbewahrung dieser Rechnungen in elektronischer Form vgl. Tz. 226.

  • Bei allen anderen Telefax-Übertragungsformen (z. B. Übertragung von Standard-Telefax an Computer-Telefax/Fax-Server, Übertragung von Computer-Telefax/Fax-Server an Standard-Telefax und Übertragung von Computer-Telefax/Fax-Server an Computer-Telefax/Fax-Server) sowie bei Übermittlung der Rechnung per E-Mail ist entsprechend § 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung erforderlich, um die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten zu gewährleisten. Bei der Übertragung an ein Computer-Telefax wird nicht die eigentlich signierte Datei übermittelt, sondern lediglich eine Bilddatei ausgedruckt. Die Prüfung der elektronischen Signatur ist daher nur möglich, wenn die Rechnung über eine erkennbare Signatur (z. B. mit 2-D-Barcode) verfügt. Außerdem muss der Ausdruck auf einem Drucker mit entsprechender Auflösung (minimal 300 dpi) erfolgen. Zur Prüfung ist die ausgedruckte Rechnung zu scannen (Auflösung: minimal 300 dpi, bei mehrseitigen Rechnungen ist eine Seite ausreichend). Die (im 2-D-Barcode enthaltene) Signatur des eingescannten Dokuments kann dann mittels einer geeigneten Prüfsoftware (z. B. digiSeal-Reader) überprüft werden ( NWB PAAAC-38125).

  • Bei Fahrausweisen (§ 34 UStDV) ist es für Zwecke des Vorsteuerabzugs nicht zu beanstanden, wenn der Fahrausweis im Online-Verfahren abgerufen wird und durch das Verfahren sichergestellt ist, dass eine Belastung auf einem Kunden- oder Kreditkartenkonto erfolgt. Zusätzlich hat der Rechnungsempfänger einen Papierausdruck des im Online-Verfahren abgerufenen Dokuments aufzubewahren, das die nach § 34 UStDV erforderlichen Angaben enthält.

Die o. g. Sonderregelungen gelten für Gutschriften auf elektronischem Weg entsprechend.

cc) Einschaltung Dritter

Auch eine elektronisch übermittelte Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG). Bei der Einschaltung von Dritten werden eine oder mehrere natürliche Personen beim Dritten bevollmächtigt, für den leistenden Unternehmer oder im Fall der Gutschrift für den Leistungsempfänger Rechnungen mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Die Anforderungen des § 14 Abs. 3 UStG gelten nicht für die Übermittlung der Daten vom leistenden Unternehmer oder vom Leistungsempfänger zum Zweck der Rechnungserstellung an den Dritten. Der Dritte ist nach § 93 ff. AO verpflichtet, dem Finanzamt die Prüfung des Verfahrens durch Erteilung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen in seinen Räumen zu gestatten.

Der Empfänger einer elektronisch übermittelten Rechnung, die mit mindestens einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde, kann die ihm nach den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) vorgeschriebenen Prüfungsschritte auch auf einen Dritten übertragen. Dies gilt insbesondere für die entsprechende Prüfung einer elektronisch übermittelten Rechnung in Form einer Gutschrift mit mindestens einer qualifizierten elektronischen Signatur.

Tz. 217 Gutschriften als Rechnungen

Eine Gutschrift ist eine Rechnung, die vom Leistungsempfänger ausgestellt wird (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Dabei sind folgende Besonderheiten zu beachten:

  • Eine Gutschrift kann auch durch juristische Personen, die nicht Unternehmer sind, ausgestellt werden. Das gilt auch für Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück.

  • Der Leistungsempfänger kann mit der Ausstellung einer Gutschrift auch einen Dritten beauftragen, der im Namen und für Rechnung des Leistungsempfängers abrechnet (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG; v. bis : § 14 Abs. 2 Satz 5 UStG).

  • Die am Leistungsaustausch Beteiligten können frei vereinbaren, ob der leistende Unternehmer oder der in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG (v. bis : § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) bezeichnete Leistungsempfänger abrechnet; die Vereinbarung hierüber muss vor der Abrechnung getroffen worden sein.

  • Eine Gutschrift kann auch ausgestellt werden, wenn über steuerfreie Umsätze abgerechnet wird oder wenn beim leistenden Unternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG die Steuer nicht erhoben wird. Dies kann dazu führen, dass der Empfänger der Gutschrift unrichtig oder unberechtigt ausgewiesene Steuer nach § 14c UStG schuldet.

Keine Gutschrift im vorgenannten Sinne ist die im allgemeinen Sprachgebrauch ebenso bezeichnete Korrektur einer zuvor ergangenen Rechnung. Die Vereinbarung zur Abrechnung mit Gutschrift ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann sich aus Verträgen oder sonstigen Geschäftsunterlagen ergeben. Sie kann auch mündlich getroffen werden. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Gutschrift ist, dass die Gutschrift dem leistenden Unternehmer übermittelt worden ist und dieser dem ihm zugeleiteten Dokument nicht widerspricht (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG). Die Gutschrift ist übermittelt, wenn sie dem leistenden Unternehmer so zugänglich gemacht worden ist, dass er von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (vgl. , BStBl 1995 II S. 275). Der leistende Unternehmer kann der Gutschrift widersprechen. Der Widerspruch wirkt – auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers – erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem er erklärt wird. Mit dem Widerspruch verliert die Gutschrift die Wirkung als Rechnung. Die Wirksamkeit des Widerspruchs setzt den Zugang beim Gutschriftsaussteller voraus (vgl. , BStBl 1993 II S. 779).

Tz. 218 Angaben in der Rechnung oder Gutschrift

§ 14 Abs. 4 UStG; § 31 UStDV

Welche Pflichtangaben in einer Rechnung zu machen sind, regelt § 14 Abs. 4 UStG. Neben den schon nach altem Recht (vor 2004) erforderlichen Angaben müssen das Ausstellungsdatum (Rechnungsdatum), eine fortlaufende Nummer (Rechnungsnummer) und der anzuwendende Steuersatz sowie in den Fällen der Zahlung vor Rechnungsausstellung der Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts angegeben werden. Anstatt der Angabe seiner durch das Finanzamt erteilten Steuernummer kann der leistende Unternehmer nunmehr auch alternativ seine ihm vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angeben. Weitere Pflichtangaben ergeben sich aus § 14a UStG (Tz. 215).

Eine Rechnung kann aus einem oder mehreren Dokumenten bestehen, mit denen über eine Lieferung oder sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG abgerechnet wird. Eine Rechnung muss alle Pflichtangaben aus § 14 Abs. 4 UStG enthalten. Eine Rechnung, die nicht alle Pflichtangaben aus § 14 Abs. 4 UStG enthält oder in der eine der sich aus § 14 Abs. 4 UStG ergebenden Pflichtangaben unzutreffend ist, berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG. Um jedoch den Vorsteuerabzug für den Leistungsempfänger zu ermöglichen, kann eine Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt oder ergänzt werden. Dies kann durch ein Dokument geschehen, das lediglich die zu berichtigenden oder fehlenden Angaben enthalten, jedoch eindeutig und spezifisch auf die Rechnung bezogen sein muss. Das Gemeinschaftsrecht bestimmt, dass jedes Dokument, das zu einer Änderung der ursprünglichen Rechnung führt und eindeutig und spezifisch auf diese bezogen ist, einer Rechnung gleichgestellt ist. Für diese Dokumente gelten daher dieselben Anforderungen an Form und Inhalt.

Bei den Rechnungen zugrunde liegenden Leistungen ist es unerheblich, ob es sich um steuerpflichtige oder steuerfreie Leistungen oder um Teilleistungen handelt oder ob die Sonderregelungen nach §§ 2325c UStG angewendet werden. Besonderheiten gelten bei Rechnungen über Kleinbeträge (§ 33 UStDV; Tz. 221) und Fahrausweisen als Rechnungen (§ 34 UStDV, Tz. 222). Die Gesamtheit aller Dokumente, die die nach § 14 Abs. 4 UStG und § 14a UStG geforderten Angaben insgesamt enthalten, bildet die Rechnung. In einem Dokument fehlende Angaben müssen in anderen Dokumenten enthalten sein. In einem dieser Dokumente müssen mindestens das Entgelt und der Steuerbetrag angegeben werden. Außerdem sind in diesem Dokument alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 UStG und § 14a UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben (§ 31 Abs. 1 UStDV). Alle Dokumente müssen vom Rechnungsaussteller erstellt werden. Im Fall der Gutschrift muss deshalb der Gutschriftsaussteller alle Dokumente erstellen. Ist ein Dritter mit der Rechnungserstellung beauftragt (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG), ist auch derjenige, der den Dritten mit der Rechnungserstellung beauftragt hat, zur Erstellung der fehlenden Dokumente berechtigt. Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung ist es zulässig, auf den vom leistenden Unternehmer erstellten Lieferschein Bezug zu nehmen. Eine Rechnung oder Gutschrift muss die nachfolgend in Buchst. a–h genannten Angaben enthalten. Zu den Pflichtangaben in den Rechnungen der Fleurop AG und zum Vorsteuerabzug vgl. NWB YAAAB-92055.

a) Name und Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers

Der Name und die Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers sind jeweils vollständig anzugeben. Dabei ist es gem. § 31 Abs. 2 UStDV wie bisher ausreichend, wenn sich aufgrund der in die Rechnung aufgenommenen Bezeichnungen der Name und die Anschrift sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfängers eindeutig feststellen lassen. Verfügt der Leistungsempfänger über ein Postfach oder über eine Großkundenadresse, ist es ausreichend, wenn diese Daten anstelle der Anschrift angegeben werden. Im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft kann der Name und die Anschrift der Organgesellschaft angegeben werden, wenn der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfänger unter dem Namen und der Anschrift der Organgesellschaft die Leistung erbracht bzw. bezogen hat. Bei Unternehmern, die über mehrere Zweigniederlassungen, Betriebsstätten oder Betriebsteile verfügen, gilt jede betriebliche Anschrift als vollständige Anschrift.

Zeichen und Symbole reichen zur Bezeichnung des Leistungs- und Rechnungsempfängers nur aus, wenn sie eine ausreichende und leicht nachprüfbare Feststellung des Namens und der Anschrift des Leistungsempfängers ermöglichen ( NWB EAAAC-35648).

Der Abzug der in einer Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer setzt voraus, dass der in der Rechnung angegebene Sitz der leistenden GmbH bei Ausführung der Leistung tatsächlich bestanden hat; die Angabe einer Anschrift, an der keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reicht hierfür nicht aus ( (PKH), BFH/NV 2009 S. 1467).

In dem Fall, in dem ein Steuerpflichtiger einen ihm und seinem Ehegatten in Bruchteilsgemeinschaft gehörenden Gegenstand nur für seine Zwecke unternehmerisch verwendet, muss der Steuerpflichtige für den Vorsteuerabzug keine Rechnung vorlegen, die auf diesen Gemeinschafter allein – und mit den auf ihn proportional entfallenden Entgelt- und Steuerbeträgen – ausgestellt ist. Für Zwecke des Vorsteuerabzugs reicht vielmehr eine Rechnung aus, die ohne Unterscheidung an die Ehegatten, die die Gemeinschaft bilden, ausgestellt ist und in der keine entsprechenden Teilbeträge ausgewiesen sind (, HE, BStBl 2007 II S. 23, und , BStBl 2007 II S. 13; vgl. hierzu auch Küffner/Zugmaier, NWB F. 7 S. 6473 NWB QAAAB-53668). Das EuGH-Urteil ist zwar zu der bis zum geltenden EG-Rechtslage ergangen, wonach der Name und die Anschrift des Leistungsempfängers nicht zu den Pflichtangaben in der Rechnung gehören (Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der 6. EG-RL a. F.). Die Mitgliedstaaten konnten entsprechende Verpflichtungen aber nach Art. 22 Abs. 8 der 6. EG-RL a. F. vorsehen. Auf der Grundlage dieser EG-Rechtslage hält der EuGH eine auf die Ehegattengemeinschaft lautende Rechnung ohne Ausweis der auf die Miteigentümer entfallenden Beträge für Zwecke des Vorsteuerabzugs durch den steuerpflichtigen Ehegatten für ausreichend (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz). Seit dem gehört aber die Angabe des Namens und der Anschrift des Leistungsempfängers zu den Mindestangaben in der Rechnung (Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Gedankenstrich 5 der 6. EG-RL n. F. = Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL). Diese Angabe ist also nunmehr EG-rechtlich vorgegeben und liegt nicht mehr im Belieben der Mitgliedstaaten. Insofern stellt sich die Frage, ob die EuGH-Rechtsprechung auch auf die neue EG-Rechtslage Anwendung findet. Hierfür spricht Einiges. U. E. ist die neue Pflichtangabe „Name und Rechnung des Leistungsempfängers” i. S. der neuen Rechtsprechung in entsprechenden Fällen einschränkend auszulegen (d. h. der Name und die Anschrift der Gemeinschaft reichen insoweit für Zwecke des Vorsteuerabzugs bei einem Miteigentümer aus). Der BFH weist im Urteil v. 6. 10. 2005 - V R 40/01 (BStBl 2007 II S. 13) und v. - XI R 62/07 (BStBl 2009 II S. 432) ausdrücklich darauf hin, dass das Urteil die zwischenzeitlich überholte europarechtliche und nationale Rechtslage betrifft. U. E. kann daraus aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die Entscheidung auf die neue Rechtslage nicht anwendbar ist. Dafür spricht auch, dass das BMF in seiner zur BFH- und EuGH-Rechtsprechung ergangenen Anweisung (, BStBl 2007 I S. 90) keine entsprechende zeitliche Einschränkung vorgenommen hat und die Grundsätze des Schreibens in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen gelten sollen.

Hat der Leistungsempfänger einen Dritten mit dem Empfang der Rechnung beauftragt und wird die Rechnung unter Nennung nur des Namens des Leistungsempfängers mit „c/o” an den Dritten adressiert, gilt hinsichtlich der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Angabe des vollständigen Namens und der vollständigen Anschrift des Leistungsempfängers Folgendes (, BStBl 2006 I S. 345; hierzu auch Hüllmann/Müller-Lee, UStB 2006 S. 172, und Neeser, UVR 2006 S. 272):

  • Der vollständige Name und die vollständige Anschrift sind der bürgerliche Name und die vollständige und richtige Anschrift. Gem. § 31 Abs. 2 UStDV ist den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG genügt, wenn sich aufgrund der in die Rechnungen aufgenommenen Bezeichnungen der Name und die Anschrift des Leistungsempfängers eindeutig feststellen lassen. Die Verwendung von Abkürzungen ist unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 UStDV möglich. Die Ergänzung des Namens des Leistungsempfängers um die Angabe seiner Steuernummer oder seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer genügt diesen Voraussetzungen nicht.

  • Auch in einer Rechnung, die unter Nennung nur des Namens des Leistungsempfängers mit „c/o” an einen Dritten adressiert ist, muss entsprechend § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG und den Vereinfachungen des § 31 Abs. 2 und 3 UStDV die Identität des Leistungsempfängers leicht und eindeutig feststellbar sein. Ein gegenüber einem anderen als dem Leistungsempfänger gesondert ausgewiesener Steuerbetrag löst eine zusätzliche Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG aus.

  • Die Anschrift des Dritten gilt in diesen Fällen nicht als betriebliche Anschrift des Leistungsempfängers, wenn dieser unter der Anschrift des Dritten nicht gleichzeitig über eine Zweigniederlassung, eine Betriebsstätte oder einen Betriebsteil verfügt. Dies gilt auch dann, wenn der beauftragte Dritte mit der Bearbeitung des gesamten Rechnungswesens des Leistungsempfängers beauftragt ist.

Ergänzend hat die Finanzverwaltung klargestellt ( NWB BAAAC-31832): Name und Anschrift des Leistungsempfängers müssen sich aus den in die Rechnung aufgenommenen Angaben leicht und eindeutig feststellen lassen. Die Angabe einer Steuernummer des Leistungsempfängers oder einer Auftragsnummer, ohne dass sich über diese Angaben und beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger über vorzuhaltende Unterlagen der vollständige Name und die vollständige Anschrift des Leistungsempfängers ergeben, genügt diesen Anforderungen nicht. Angaben, die umfangreiche Ermittlungstätigkeiten der Finanzbehörden zur Identifizierung des Leistungsempfängers erfordern, gewährleisten keine leichte und eindeutige Feststellbarkeit. Hinzu kommt, dass die Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers bis auf die in § 14a UStG geregelten Ausnahmen nicht verlangt werden kann. Lässt sich der Leistungsempfänger nach diesen Maßgaben nicht leicht und eindeutig feststellen, kann unter Umständen davon auszugehen sein, dass über eine nicht erbrachte Leistung abgerechnet wird und somit ein Fall des § 14c Abs. 2 UStG vorliegt. Ein Fall des unrichtigen Steuerausweises gemäß § 14c Abs. 1 UStG liegt in diesen Fällen nicht vor.

b) Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG)

Der leistende Unternehmer muss in der Rechnung entweder die ihm vom inländischen Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angeben. Wurde dem leistenden Unternehmer keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt, ist zwingend die erteilte Steuernummer anzugeben. Wenn das Finanzamt eine gesonderte Steuernummer für Zwecke der Umsatzbesteuerung erteilt hat (z. B. bei von der Zuständigkeit nach dem Betriebssitz abweichender Zuständigkeit nach § 21 AO), ist diese anzugeben. Erteilt das Finanzamt dem leistenden Unternehmer eine neue Steuernummer (z. B. bei Verlagerung des Unternehmenssitzes), ist nur noch diese zu verwenden. Es ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer die vom Finanzamt erteilte Steuernummer um zusätzliche Angaben (z. B. Name oder Anschrift des Finanzamt, Finanzamtnummer oder Länderschlüssel) ergänzt. Im Fall der Gutschrift ist die Steuernummer bzw. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers und nicht die des die Gutschrift erteilenden Unternehmers anzugeben. Zu diesem Zweck hat der leistende Unternehmer (Gutschriftsempfänger) dem Aussteller der Gutschrift seine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen. Dies gilt auch für einen ausländischen Unternehmer, dem von einem inländischen Finanzamt eine Steuernummer oder vom Bundeszentralamt für Steuern eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt wurde. Im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft muss die Organgesellschaft die ihr oder dem Organträger erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die Steuernummer des Organträgers angeben.

Den pauschalierenden Land- und Forstwirten und den Kleinunternehmern wird häufig keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt (§ 27a Abs. 1 Satz 2 UStG), so dass diese als leistende Unternehmer zwingend ihre Steuernummer in der Rechnung anzugeben haben. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird in Hessen i. d. R. davon abgesehen, diese Unternehmer umsatzsteuerlich zu erfassen, wenn aufgrund ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit keine Umsatzsteuer festzusetzen und abzuführen ist. In diesen Fällen ist es vorbehaltlich einer zukünftig anders lautenden Regelung nicht zu beanstanden, wenn die Unternehmer bei der Rechnungserteilung ihre für ertragsteuerliche Zwecke erteilte Steuernummer angeben ( NWB PAAAB-21850).

Leistet ein Unternehmer im eigenen Namen (Eigengeschäft) und vermittelt er einen Umsatz in fremden Namen und für fremde Rechnung (vermittelter Umsatz), gilt für die Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer:

  • Für das Eigengeschäft gibt der leistende Unternehmer seine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer an.

  • Rechnet der Unternehmer über einen vermittelten Umsatz ab (z. B. Tankstellenbetreiber, Reisebüro), hat er die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers (z. B. Mineralölgesellschaft, Reiseunternehmen) anzugeben.

  • Werden das Eigengeschäft und der vermittelte Umsatz in einer Rechnung aufgeführt, kann aus Vereinfachungsgründen der jeweilige Umsatz durch Kennziffern oder durch Symbole der jeweiligen Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zugeordnet werden. Diese sind in der Rechnung oder in anderen Dokumenten (§ 31 UStDV) zu erläutern.

Zur Erteilung von Gutschriften durch Holzaufkäufer für Holzlieferungen von Forstbetriebsgemeinschaften oder Waldbesitzern insbesondere im Hinblick auf die anzugebende Steuernummer vgl. NWB RAAAD-02901).

Die Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist vorbehaltlich der §§ 33 und 34 UStDV auch erforderlich, wenn

  • beim leistenden Unternehmer die Umsatzsteuer gem. § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird,

  • ausschließlich über steuerfreie Umsätze abgerechnet wird,

  • der Leistungsempfänger gem. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2–4 UStG Steuerschuldner ist (vgl. auch § 14a Abs. 5 UStG).

Bei Verträgen über Dauerleistungen ist es unschädlich, wenn vor dem geschlossene Verträge keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers enthalten. Es ist nicht erforderlich, diese Verträge um die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu ergänzen. Ein nach dem geschlossener Vertrag erfüllt die Anforderung des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, wenn er die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers enthält. Ist in dem Vertrag die Steuernummer angegeben und erteilt das Finanzamt dem leistenden Unternehmer eine neue Steuernummer (z. B. bei Verlagerung des Unternehmenssitzes), ist der Vertragspartner in geeigneter Weise darüber zu informieren. Die leichte Nachprüfbarkeit dieser Angabe muss beim Leistungsempfänger gewährleistet sein. Es ist nicht erforderlich, dass auf den Zahlungsbelegen die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers angegeben ist.

Im Rahmen des grenzüberschreitenden oder des nationalen Interbanken-Zahlungsverkehrs wird die Angabe der Steuernummer bzw. der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers in der Rechnung durch die Verwendung der Bankleitzahl des Kreditinstituts ersetzt, wenn die Rechnung über Zahlungssysteme erstellt wird, die eine vollautomatische Abwicklung gewährleisten (, UStB 2005 S. 12). Über die Verwendung der internationalen Bankleitzahl oder der nationalen Bankleitzahl des Kreditinstituts sei eine zweifelsfreie Identifizierung des leistenden Unternehmers gewährleistet.

Zur Frage, ob aus Rechnungen, in denen die Deutsche Telekom auch über Leistungen von Verbindungsnetzbetreibern abrechnet (Telekommunikationsdienstleistungen im Interconnection-Verfahren), der volle Vorsteuerabzug möglich ist, auch wenn hinsichtlich der jeweiligen Anbieter nicht alle Rechnungsvoraussetzungen (z. B. Angabe der Steuernummer, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer usw.) vorliegen, gilt bis auf weiteres, dass aus den Rechnungen der Deutschen Telekom auch hinsichtlich der Abrechnung über Leistungen anderer Verbindungsnetzbetreiber der volle Vorsteuerabzug zu gewähren ist, da die Deutsche Telekom insoweit aus Vereinfachungsgründen als Leistender anzusehen ist ( NWB KAAAB-52539). Zum weiteren Hintergrund vgl. Tz. 72.

Ausfluss der Regelung in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG ist nach Ansicht des FG Niedersachsen auch, dass der Steuerpflichtige einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf die Erteilung einer Steuernummer hat. Dieser ergebe sich allein deshalb, weil ein Steuerpflichtiger ohne die Erteilung einer Steuernummer im Rechtsverkehr nicht handlungsfähig ist. Für den Fall, dass er unternehmerisch tätig werden will, folge schon aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, dass er jeder Rechnung zwingend eine Steuernummer beizufügen habe. Ob es sich tatsächlich um eine selbstständige – d. h. unternehmerische Tätigkeit i. S. des § 2 Abs. 1 UStG – handeln sollte oder ob eine nicht selbstständige Tätigkeit geplant war, sei unbeachtlich. Die Frage der Unternehmereigenschaft sei vielmehr erst auf einer weiteren Stufe zu prüfen, wenn nämlich der Steuerpflichtige – nach Erteilung der Steuernummer – eine Umsatzsteuererklärung abgegeben habe ( NWB QAAAC-60352 nrkr.; Az. des BFH: II R 66/07, wobei sich der BFH in einem einstweiligen, auf die Zuteilung einer Steuernummer gerichteten Rechtsschutzverfahren den Argumenten des FG Niedersachsen durch NWB PAAAC-72106 angeschlossen hat – vgl. insoweit die Begründung zu NWB XAAAC-77595). In einem weiteren einstweiligen, auf die Zuteilung einer Steuernummer gerichteten Rechtsschutzverfahren hat der BFH deutlich gemacht, dass die Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke an eine in das Handelsregister eingetragene GmbH, die die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben, nicht mit der Begründung abgelehnt werden darf, die GmbH habe lediglich einen in einem anderen EU-Mitgliedstaat wohnenden Gesellschafter und Geschäftsführer, verfüge im Inland nicht über eigene Geschäftsräume und handle mit Altmetall ( NWB XAAAC-77595). In diesem Verfahren hat der BFH die Frage, ob auch ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Erteilung einer USt-IdNr. besteht, ausdrücklich offen gelassen. Das FG Nürnberg hat entschieden (rkr.), dass die Finanzverwaltung selbst dann nicht berechtigt ist, die Erteilung einer Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke abzulehnen, wenn die Umstände der Firmengründung, die Art der Geschäftsführung und der beabsichtigten Leistungen Anlass geben, an einer seriösen unternehmerischen Tätigkeit zu zweifeln (, DStRE 2008 S. 1147). Vgl. zum Anspruch auf Erteilung einer USt-IdNr. auch Alvermann / Wollweber, UStB 2009 S. 261.

c) Ausstellungsdatum (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG)

Die Rechnung ist mit dem Datum zu versehen, an dem sie ausgestellt wird.

d) Rechnungsnummer (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG)

Durch die fortlaufende Nummer (Rechnungsnummer) soll sichergestellt werden, dass die vom Unternehmer erstellte Rechnung einmalig ist. Bei der Erstellung der Rechnungsnummer ist es zulässig, eine oder mehrere Zahlen- oder Buchstabenreihen zu verwenden. Auch eine Kombination von Ziffern mit Buchstaben ist möglich. Es ist auch zulässig, im Rahmen eines weltweiten Abrechnungssystems verschiedener, in unterschiedlichen Ländern angesiedelter Konzerngesellschaften nur einen fortlaufenden Nummernkreis zu verwenden. Bei der Erstellung der Rechnungsnummer bleibt es dem Rechnungsaussteller überlassen, wie viele und welche separaten Nummernkreise geschaffen werden, in denen eine Rechnungsnummer jeweils einmalig vergeben wird. Dabei sind Nummernkreise für zeitlich, geographisch oder organisatorisch abgegrenzte Bereiche zulässig, z. B. für Zeiträume (Monate, Wochen, Tage), verschiedene Filialen, Betriebsstätten einschließlich Organgesellschaften oder Bestandsobjekte. Es muss jedoch gewährleistet sein (z. B. durch Vergabe einer bestimmten Klassifizierung für einen Nummernkreis), dass die jeweilige Rechnung leicht und eindeutig dem jeweiligen Nummernkreis zugeordnet werden kann und die Rechnungsnummer einmalig ist.

Die Pflichtangabe einer fortlaufenden Nummer in der Rechnung macht keine zahlenmäßige (lückenlose) Abfolge der ausgestellten Rechnungsnummern zwingend, da es lediglich um die Einmaligkeit der erteilten Rechnungsnummer geht. Die Anforderungen an die Rechnung sind vor dem Hintergrund zu interpretieren, dass es um die Verhinderung eines unrechtmäßigen Vorsteuerabzugs geht. Diesbezüglich reicht die Einmaligkeit der Nummerierung aus – vgl. Abschn. 185 Abs. 10 UStR – ( NWB YAAAC-85284).

Im Fall der Verwendung von Kontoauszügen als Rechnung (vgl. Tz. 216 a sind die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG erfüllt, wenn die Rechnungsnummer durch eine Kombination der Kontonummer, der Kontoauszugsnummer und des Kontoauszugsdatums gebildet wird, da durch die Kombination dieser drei Angaben gewährleistet ist, dass die Rechnung eindeutig identifizierbar ist (, UR 2009 S. 107).

Bei Verträgen über Dauerleistungen ist es unschädlich, wenn vor dem geschlossene Verträge keine fortlaufende Nummer enthalten. Es ist nicht erforderlich, diese Verträge um eine fortlaufende Nummer zu ergänzen. Bei ab geschlossenen Verträgen über Dauerleistungen ist es ausreichend, wenn diese Verträge eine einmalige Nummer enthalten (z. B. Wohnungs- oder Objektnummer, Mieternummer). Es ist nicht erforderlich, dass Zahlungsbelege eine gesonderte fortlaufende Nummer erhalten.

Im Fall der Gutschrift ist die fortlaufende Nummer durch den Gutschriftsaussteller zu vergeben. Kleinbetragsrechnungen gem. § 33 UStDV und Fahrausweise gemäß § 34 UStDV müssen keine fortlaufende Nummer enthalten. Vgl. zu diesem Rechnungskriterium auch Robisch, UStB 2004 S. 328.

Im Rahmen des grenzüberschreitenden oder des nationalen Interbanken-Zahlungsverkehrs ist es bei der Verwendung bestimmter Formate hinsichtlich der Angabe der fortlaufenden Nummer in der Rechnung zulässig, die fortlaufende Nummer aus der Kombination verschiedener numerischer Bestandteile im Datenformat in bestimmter Weise zu bilden (Vgl. , UStB Heft 1/05).

e) Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und Umfang und Art der sonstigen Leistung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG)

Die Bezeichnung der Leistung muss eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. S. auch Abschn. 185 Abs. 15 UStR.

Die Leistungsbeschreibung „für technische Beratung und Kontrolle im Jahr 1996„ reicht nicht dazu aus, die damit abgerechneten Leistungen zu identifizieren, wenn diese sich weder aus den weiteren Angaben in der Rechnung noch aus ggf. in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen weiter konkretisieren (, BStBl 2009 II S. 218; vgl. hierzu auch Englisch, UR 2009 S. 181). Entsprechendes gilt für die Leistungsbeschreibung "Beratungsleistung" ( NWB GAAAD-09866). Die Urteile betreffen die Rechtslage vor Inkrafttreten der sog. Rechnungsrichtlinie zum 1. 1. 2004 (vgl. Tz. 216), dürften aber auch für Zeiträume ab dem von Bedeutung sein, da sich bezüglich der notwendigen Leistungsbeschreibung keine Änderungen ergeben.

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Vorsteuerabzug allein mit der Begründung versagt werden kann, dass in der Rechnung über Computerbauteile und Software die auf das einzelne Bauteil hinweisende Gerätenummer oder Lizenznummer fehlt (, nrkr. NWB JAAAB-82447). Dieser Wertung hat sich der BFH angeschlossen (NWB WAAAB-91023). Die Frage muss letztendlich im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Zur Angabe der IMEI-Nummer in Rechnungen im Handel mit Handys vgl. Jorczyk/Rüth, UStB 2006 S. 103 und NWB XAAAC-53197, wonach die Aufzeichnung der IMEI-Nummer zur Beantwortung der Frage, ob ein Unternehmer in eine Umsatzsteuerhinterziehung eingeweiht war oder den auf Umsatzsteuerhinterziehung angelegten Zweck der Lieferkette kannte oder hätte kennen können, von Bedeutung sein kann, selbst wenn die IMEI-Nummer nicht bereits zu den handelsüblichen Angaben auf der Rechnung oder zu den die Rechnung und den Lieferschein ergänzenden Unterlagen gehören sollte. Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (z. B. Jorczyk/Rüth, UStB 2006 S. 103) spreche wegen der Bedeutung der IMEI-Nummer einiges dafür, dass die Auszeichnung der IMEI-Nummer jedenfalls zu den die Rechnung ergänzenden Unterlagen gehöre. Das BMF zieht aus dem o. g. BFH-Urteil folgende Konsequenzen (, BStBl 2009 I S. 525):

  • Aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG kann für Zwecke des Vorsteuerabzugs keine Verpflichtung zur Angabe einer Geräteidentifikationsnummer in der Rechnung hergeleitet werden, auch wenn der Austausch der Geräteidentifikationsnummer – beispielsweise der IMEI-Nummer – zwischen den Geschäftspartnern allgemein im Handelsverkehr üblich ist. Die Versagung des Vorsteuerabzugs allein wegen des Fehlens der Geräteidentifikationsnummer ist deshalb nicht zulässig.

  • Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der Gegenstand das Unternehmen des Liefernden tatsächlich verlassen haben muss und in den Unternehmensbereich des Empfängers eingegangen ist. Mit der nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung muss mithin über eine tatsächlich ausgeführte Lieferung abgerechnet worden sein. Die Nichtaufzeichnung einer üblicherweise – u. a. zur Identifizierung der Ware bei Rücklieferung und in Garantiefällen – in der Lieferkette weitergegebenen Geräteidentifikationsnummer (z. B. IMEI-Nummer) kann daher daran zweifeln lassen, dass tatsächlich eine Lieferung an den Rechnungsempfänger ausgeführt wurde und ein Indiz für eine nicht ausgeführte Lieferung sein. Sie kann weiterhin Indiz dafür sein, dass der Unternehmer wusste oder wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt war, der in einen Umsatzsteuerbetrug einbezogen war.

f) Zeitpunkt der Leistung und der Vereinnahmung des Entgelts (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG)

In der Rechnung ist der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung anzugeben. Im Fall des § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG (Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung) ist der Tag der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts anzugeben, sofern dieser Zeitpunkt feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist. Bei einer Rechnung über eine bereits ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung ist eine Angabe des Leistungszeitpunkts in jedem Fall erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn der Tag der Leistung mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt. Bei Rechnungen über An- und Vorauszahlungen ist eine Angabe des Zeitpunkts der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts hingegen nur dann erforderlich, wenn der Tag der Vereinnahmung bei der Rechnungsstellung bekannt ist und nicht mit dem Datum der Rechnung übereinstimmt. Gem. § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung ausgeführt wird. Die Verpflichtung zur Angabe des Zeitpunkts der Lieferung oder der sonstigen Leistung besteht auch in den Fällen, in denen die Ausführung der Leistung gegen Barzahlung erfolgt. In den Fällen, in denen der Zeitpunkt der Leistung noch nicht feststeht, etwa bei einer Rechnung über Voraus- oder Anzahlungen für noch nicht ausgeführte Lieferungen oder sonstige Leistungen, ist eine Angabe des Leistungszeitpunkts entbehrlich. Allerdings ist auf der Rechnung kenntlich zu machen, dass über eine noch nicht erbrachte Leistung abgerechnet wird. In diesen Fällen ist jedoch grds. die Angabe des Zeitpunkts der Vereinnahmung des Entgelts oder Teilentgelts erforderlich – allerdings nur, wenn der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt.

In Bezug auf die ursprünglich missverständliche – zwischenzeitlich allerdings durch die Neufassung der Vorschrift in Art. 7 Nr. 7 des JStG 2007 vom (BGBl I 2006, 2878) klarstellend (vgl. BT-Drucks. 16/2712, 76) geänderte – Gesetzesformulierung („... den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung oder der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1, sofern dieser Zeitpunkt feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist”) hat der BFH für Rechtsklarheit gesorgt: Entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist in einer Rechnung der Zeitpunkt der Lieferung außer in den Fällen des § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG (Voraus- und Anzahlungsrechnungen) auch dann zwingend anzugeben, wenn er mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist (, BStBl 2009 II S. 432).

Nach dem (BStBl 2005 I S. 937), das an die Stelle der Nr. 1 des (BStBl 2004 I S. 739) tritt, gilt Folgendes:

  • Angabe des Zeitpunkts der Lieferung in einem Lieferschein. Gem. § 31 Abs. 1 UStDV kann eine Rechnung aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben. Demzufolge können sich Rechnungsangaben auch aus einem in dem Dokument, in dem Entgelt und Steuerbetrag angegeben sind, zu bezeichnenden Lieferschein ergeben. Sofern sich der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG erforderliche Leistungszeitpunkt aus dem Lieferschein ergeben soll, ist es erforderlich, dass der Lieferschein neben dem Lieferscheindatum eine gesonderte Angabe des Leistungsdatums enthält. Sofern das Leistungsdatum dem Lieferscheindatum entspricht, kann an Stelle der gesonderten Angabe des Leistungsdatums ein Hinweis in die Rechnung aufgenommen werden, dass das Lieferscheindatum dem Leistungsdatum entspricht.

  • Angabe des Zeitpunkts der Lieferung in den Fällen, in denen der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt wird. In den Fällen, in denen der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet wird, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Soweit es sich um eine Lieferung handelt, für die der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt wird, ist in der Rechnung als Tag der Lieferung der Tag des Beginns der Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung anzugeben. Dieser Tag ist auch maßgeblich für die Entstehung der Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG. Gem. § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Lieferung ausgeführt wurde.

  • Angabe des Zeitpunkts der Lieferung in anderen Fällen. In allen Fällen, in denen sich der Ort der Lieferung nicht nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt, ist als Tag der Lieferung in der Rechnung der Tag der Verschaffung der Verfügungsmacht anzugeben. Zum Begriff der Verschaffung der Verfügungsmacht vgl. Abschn. 24 Abs. 2 UStR. Gem. § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Lieferung ausgeführt wurde.

  • Angabe des Zeitpunkts der sonstigen Leistung. Maßgebend ist der Zeitpunkt, zu dem die sonstige Leistung ausgeführt ist. Sonstige Leistungen sind grds. im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen ist die Leistung mit Beendigung des entsprechenden Rechtsverhältnisses ausgeführt, es sei denn, die Beteiligten hatten Teilleistungen vereinbart (vgl. Abschn. 177 Abs. 3 UStR). Gem. § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der sonstigen Leistung der Kalendermonat angegeben werden, in dem die sonstige Leistung ausgeführt wurde.

  • Noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung. Wird über eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet, handelt es sich um eine Rechnung über eine Anzahlung, in der die Angabe des Zeitpunkts der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts entsprechend § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG nur dann erforderlich ist, wenn der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt. In diesem Fall reicht es aus, den Kalendermonat der Vereinnahmung anzugeben.

Soll sich der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG erforderliche Leistungszeitpunkt aus dem Lieferschein ergeben, muss der Lieferschein eine Angabe des Leistungsdatums enthalten. Die Angabe eines Lieferscheindatums ohne den Hinweis, dass das Lieferscheindatum dem Leistungsdatum entspricht, reicht nicht aus. Die Mitwirkung des Leistungsempfängers an der Rechnungsausstellung ist grds. unzulässig. Die Berichtigung oder Ergänzung der Rechnung kann nur vom Rechnungsaussteller vorgenommen werden (Abschn. 188a Abs. 2 UStR). Allerdings wird es für unbedenklich gehalten, wenn sich das Leistungsdatum aus der auf dem Lieferschein durch den Leistungsempfänger angebrachten Empfangsbestätigung über die gelieferten Gegenstände ergibt. Doch müssen der Rechnungsempfänger gem. § 14b Abs. 1 UStG die vollständige Eingangsrechnung und der Rechnungsaussteller ein Duplikat der vollständigen Ausgangsrechnung aufbewahren. Erfolgt die Lieferung oder sonstige Leistung gegen Barzahlung, gelten auch hier die sich aus § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG ergebenden Vorschriften über Pflichtangaben in der Rechnung. Von der Verwaltung nicht anerkannt wird die Auffassung, wonach sich der Zeitpunkt der Leistung aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung verbunden mit einem Hinweis auf die Barzahlung ergibt. Auch in diesen Fällen ist stets die Angabe des Zeitpunkts der Leistung erforderlich. „Soweit nichts anderes angegeben ist, gilt der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung als Zeitpunkt der Leistung”. Vgl. NWB YAAAB-60199.

Ist in einem Vertrag (z. B. Miet- oder Pachtvertrag, Wartungsvertrag, Pauschalvertrag mit Steuerberater) der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht angegeben, reicht es aus, wenn sich dieser Zeitraum aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z. B. aus den Überweisungsaufträgen oder den Kontoauszügen, ergibt. Soweit periodisch wiederkehrende Zahlungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in der Höhe und zum Zeitpunkt der vertraglichen Fälligkeiten erfolgen und keine ausdrückliche Zahlungsbestimmung vorliegt, ergibt sich der Zeitpunkt der Leistung aus Vereinfachungsgründen durch die Zuordnung der Zahlung zu der Periode, in der sie geleistet wird. Dabei wird es nicht beanstandet, wenn der Zahlungsbeleg vom Leistungsempfänger ausgestellt wird. Vgl. zu diesem Rechnungskriterium auch Robisch, UStB 2004 S. 328.

g) Entgelt und im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG)

In der Rechnung sind die jeweiligen Entgelte aufgeschlüsselt nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen getrennt anzugeben. Zusätzlich ist jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist, anzugeben. Dies bedeutet im Fall der Vereinbarung von Boni, Skonti und Rabatten, bei denen im Zeitpunkt der Rechnungserstellung die Höhe der Entgeltsminderung nicht feststeht, dass in der Rechnung auf die entsprechende Vereinbarung hinzuweisen ist (§ 31 Abs. 1 UStDV). Dies gilt sowohl im Fall des Steuerausweises in einer Rechnung als auch im Fall des Hinweises auf eine Steuerbefreiung. Zur im Voraus vereinbarten Minderung des Entgelts vgl. auch Robisch, UStB 2004 S. 328, und Weßling/Romswinkel, UStB 2004 S. 60.

Nach dem (BStBl 2004 I S. 739) gelten für die Angabe der im Voraus vereinbarten Minderungen des Entgelt in der Rechnung folgende Grundsätze:

  • Gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG muss in der Rechnung u. a. auch jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, soweit sie nicht bereits im Entgelt enthalten ist, angegeben werden. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG sind Rechnungen in Papierform oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers auf elektronischem Weg zu übermitteln. Da Vereinbarungen über Entgeltminderungen auch Bestandteil der Rechnung sind, gelten die sich aus § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG ergebenden Formerfordernisse auch für diese. Gem. § 31 Abs. 1 UStDV kann eine Rechnung aus mehreren Dokumenten bestehen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben. Sofern die Entgeltminderungsvereinbarung in dem Dokument, in dem Entgelt und Steuerbetrag angegeben sind, nicht enthalten ist, muss diese als gesondertes Dokument schriftlich beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger oder dem jeweils beauftragten Dritten (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG) vorliegen. Allerdings sind in dem Dokument, in dem das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag zusammengefasst angegeben sind, die anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen Angaben ergeben. Die Angaben müssen leicht und eindeutig nachprüfbar sein.

  • Es ist ausreichend, wenn in dem Dokument, das zusammengefasst die Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags enthält, auf die entsprechende Rabatt- oder Bonusvereinbarung hingewiesen wird. Für eine leichte Nachprüfbarkeit ist allerdings eine hinreichend genaue Bezeichnung erforderlich. Um den Erfordernissen des § 31 Abs. 1 UStDV zu genügen, können die die entsprechenden Vereinbarungen enthaltenden Dokumente z. B. durch einen Hinweis wie „Es ergeben sich Entgeltminderungen auf Grund von Rabatt- oder Bonusvereinbarungen.”, „Entgeltminderungen ergeben sich aus unseren aktuellen Rahmen- und Konditionsvereinbarungen.” oder „Es bestehen Rabatt- oder Bonusvereinbarungen.” bezeichnet werden. Dies gilt allerdings nur, wenn die Angaben leicht und eindeutig nachprüfbar sind (§ 31 Abs. 1 Satz 3 UStDV). Eine leichte und eindeutige Nachprüfbarkeit ist gegeben, wenn die Dokumente über die Entgeltminderungsvereinbarung in Schriftform vorhanden sind und auf Nachfrage ohne Zeitverzögerung bezogen auf die jeweilige Rechnung vorgelegt werden können. Ändert sich eine vor Ausführung der Leistung getroffene Vereinbarung nach diesem Zeitpunkt, ist es nicht erforderlich, die Rechnung zu berichtigen. Die Verpflichtung zur Angabe der im Voraus vereinbarten Minderungen des Entgelts bezieht sich nur auf solche Vereinbarungen, die der Leistungsempfänger gegenüber dem leistenden Unternehmer unmittelbar geltend machen kann. Vereinbarungen des leistenden Unternehmers mit Dritten, die nicht Leistungsempfänger sind, müssen in der Rechnung nicht bezeichnet werden. Im Übrigen gilt § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG unverändert fort.

  • Bei Skontovereinbarungen genügt eine Angabe wie z. B. „2 % Skonto bei Zahlung bis ...” den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Nr. 7 UStG. Das Skonto muss nicht betragsmäßig (weder mit dem Bruttobetrag noch mit dem Nettobetrag zzgl. Umsatzsteuer) ausgewiesen werden.

  • Die Berichtigung des Steuerbetrags nach § 17 Abs. 1 UStG (vgl. Tz. 256) ist durch den leistenden Unternehmer für den Zeitpunkt vorzunehmen, in dem sich die Minderung der Bemessungsgrundlage durch Inanspruchnahme des Skonto oder die Gewährung des Bonus oder des Rabatts verwirklicht. Das gilt für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs durch den Leistungsempfänger entsprechend. Ein Belegaustausch ist bei Inanspruchnahme des Skonto oder der Gewährung des Rabatts oder des Bonus grds. nicht erforderlich. Entsprechend Abschn. 223 Abs. 3 Satz 4 UStR ist ein Belegaustausch nur für die in § 17 Abs. 4 UStG bezeichneten Fälle vorgeschrieben.

Bei dem Hinweis auf die Rabatt- oder Bonusvereinbarung genügt zur Ordnungsmäßigkeit der Rechnung damit ein allgemeiner Hinweis auf die vorliegenden Konditionsvereinbarungen, wenn die Angaben leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Einer genauen Bezeichnung der Vereinbarung – etwa durch Angabe von Name und Datum der Vereinbarung – bedarf es daher nicht.

Zu den Problemen dieses Rechnungskriteriums – dargestellt am Beispiel des Skontos, Rabatts und Bonus – vgl. auch Gold, UR 2006 S. 493.

Im Fall des unangemessen niedrigen Entgelts nach § 10 Abs. 5 UStG (Tz. 188) ist die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 i. V. mit Abs. 4 UStG sowie der darauf entfallende Steuerbetrag in einer Rechnung auszuweisen (§ 14 Abs. 4 Satz 2 UStG). Diese Regelung gilt nicht für Land- und Forstwirte, die nach § 24 Abs. 1–3 UStG besteuert werden (§ 14 Abs. 4 Satz 3 UStG). Diese sind auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt.

h) Steuersatz oder Hinweis auf eine Steuerbefreiung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG)

In der Rechnung ist der Steuersatz sowie der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag oder im Fall der Steuerbefreiung ein Hinweis auf die Steuerbefreiung anzubringen. Bei dem Hinweis auf eine Steuerbefreiung ist es nicht erforderlich, dass der Unternehmer die entsprechende Vorschrift des UStG oder der 6. EG-RL/MwStSystRL nennt. Allerdings soll in der Rechnung ein Hinweis auf den Grund der Steuerbefreiung enthalten sein. Dabei reicht regelmäßig eine Angabe in umgangssprachlicher Form aus (z. B. „Ausfuhr”, „innergemeinschaftliche Lieferung”, „steuerfreie Vermietung”, „Krankentransport”). Bei Verträgen über Dauerleistungen ist es unschädlich, wenn vor dem geschlossene Verträge keinen Hinweis auf eine anzuwendende Steuerbefreiung enthalten.

Zum Fall des unangemessen niedrigen Entgelts nach § 10 Abs. 5 UStG vgl. Tz. 218, h.

Im Rahmen des grenzüberschreitenden oder des nationalen Interbanken-Zahlungsverkehrs gilt der Hinweis auf die Steuerbefreiung generell als erteilt, wenn über Zahlungssysteme, die eine vollautomatische Abwicklung gewährleisten, abgerechnet wird und die Leistung tatsächlich steuerfrei ist (, UStB 2005 S. 12).

i) Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des nichtunternehmerischen Leistungsempfängers (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG)

In den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG (Aufbewahrungspflicht der Rechnung oder eines anderen Dokuments für Nichtunternehmer bei steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück) muss der Unternehmer einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers in der Rechnung aufnehmen. Hierbei ist es ausreichend, wenn in der Rechnung z. B. ein allgemeiner Hinweis enthalten ist, dass ein nichtunternehmerischer Leistungsempfänger diese Rechnung zwei Jahre aufzubewahren hat. Ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers ist nicht erforderlich, wenn es sich bei der steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung um eine Bauleistung i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG an einen anderen Unternehmer handelt, für die dieser die Umsatzsteuer schuldet. Der Leistungsempfänger ist in diesen Fällen gem. § 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG verpflichtet, die Rechnung zehn Jahre aufzubewahren, auch wenn er die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht. Ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflichten des Leistungsempfängers ist auch nicht erforderlich, wenn es sich um eine Kleinbetragsrechnung i. S. des § 33 UStDV handelt.

Die Regelung steht in Zusammenhang mit der Regelung in § 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG (vgl. Tz. 324). Danach kann auch ein Nichtunternehmer mit einem Bußgeld von bis zu 500 € belegt werden, wenn er vorsätzlich oder leichtfertig der sich aus § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG ergebenden Aufbewahrungspflicht von zwei Jahren nicht nachkommt. Damit auch der steuerlich nicht vorgebildete Nichtunternehmer Kenntnis von dieser Verpflichtung erlangt, wird in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 UStG diese Verpflichtung zur Angabe eines Hinweises auf die entsprechenden Aufbewahrungspflichten des § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG aufgenommen. Die Aufnahme dieser Pflichtangabe in der Rechnung ist zwar vom Gesetzgeber gut gemeint, u. E. aber EG-rechtlich nicht gedeckt, da die in Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL (= Art. 226 MwStSystRL) aufgezählten Pflichtangaben abschließend sind und dem Unternehmer keine weiteren Pflichtangaben in der Rechnung auferlegt werden dürfen (Art. 22 Abs. 8 Unterabs. 2 der 6. EG-RL = Art. 273 Abs. 2 MwStSystRL).

j) Bedeutung der Rechnungsangaben


Den Rechnungsangaben nach Tz. 218, a–h kommt überragende Bedeutung zu. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug (bei Tz. 218, i kommt ein Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger mangels Unternehmereigenschaft ohnehin nicht in Betracht, wobei ein fehlerhafter Hinweis in der Rechnung nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG keine Auswirkung auf den Vorsteuerabzug des unternehmerischen Leistungsempfängers hat) ist nämlich, dass der Leistungsempfänger im Besitz einer nach den §§ 14 und 14a UStG ausgestellten Rechnung ist und dass die Rechnung alle dort geforderten Angaben enthält. D. h., die Angaben in der Rechnung müssen vollständig und richtig sein. Im Fall der Berichtigung einer Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV ist ein Vorsteuerabzug erst in dem Zeitpunkt zulässig, in dem alle nach den §§ 14 und 14a UStG erforderlichen Angaben an den Leistungsempfänger übermittelt wurden (vgl. , Terra Baubedarf-Handel GmbH NWB GAAAB-72592, und , BStBl 2004 II S. 861, wonach das Recht auf Vorsteuerabzug erst in dem und für den Erklärungszeitraum ausgeübt werden darf, in dem beide Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug – Ausführung des Umsatzes durch den leistenden Unternehmer und Vorliegen der (korrekten) Rechnung beim Leistungsempfänger – erfüllt sind; vgl. hierzu auch Robisch, UVR 2004 S. 222). Der EuGH hat aber entschieden, dass der Steuerpflichtige, auf den die Steuerschuld als Leistungsempfänger übergeht, für den Vorsteuerabzug hinsichtlich der von ihm geschuldeten Umsatzsteuer keine ordnungsgemäße Rechnung benötigt (, Gerhard Bockemühl NWB EAAAC-30833, und , BStBl 2004 II S. 970). Hintergrund dieser Entscheidung war ein Vorabentscheidungsersuchen des BFH im Zusammenhang mit dem bis zum geltenden Abzugsverfahren. Darüber hinaus betrifft das Vorlageersuchen einen Zeitraum vor Anwendung der sog. Rechnungsrichtlinie zum (vgl. Tz. 216). Folgt man der Argumentation des EuGH dürfte dieser Grundsatz aber auch noch nach dem gelten, da für den Vorsteuerabzug bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur – der im Zuge der Rechnungsrichtlinie nicht geänderte – Art. 18 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL = Art. 178 Buchst. f MwStSystRL (und nicht Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL = Art. 178 Buchst. a MwStSystRL, nach dem Voraussetzung für den Vorsteuerabzug der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung nach Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL = Art. 226 MwStSystRL ist) anwendbar sein soll, in dessen Rahmen wegen des Übermaßverbots keine Rechnung nach Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL (= Art. 226 MwStSystRL) verlangt werden kann. Daran dürfte sich auch dadurch nichts ändern, dass der leistende Unternehmer im Zuge der Rechnungsrichtlinie verpflichtet worden ist, in der Rechnung auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen (Art. 22 Abs. 3 Buchst. b 11. Gedankenstrich der 6. EG-RL = Art. 226 Nr. 11 MwStSystRL).

§ 15 UStG schützt nicht den guten Glauben an die Erfüllung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug. Liegen die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vor, kommt unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 AO) in Betracht. Macht der Steuerpflichtige im Festsetzungsverfahren geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, ist die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden (, BFH/NV 2009 S. 1342).

Nach § 31 Abs. 5 UStDV kann eine Rechnung berichtigt werden, wenn sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG enthält oder wenn Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Dabei müssen nur die fehlenden oder unzutreffenden Angaben ergänzt oder berichtigt werden. Die Berichtigung muss durch ein Dokument erfolgen, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn in diesem Dokument die fortlaufende Nummer der ursprünglichen Rechnung angegeben ist. Das Dokument, mit dem die Berichtigung durchgeführt werden soll, muss die formalen Anforderungen der §§ 14 und 14a UStG erfüllen. Dies bedeutet insbesondere bei elektronischer Übermittlung, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG gegeben sein müssen. Die Berichtigung einer Rechnung kann nur durch den Rechnungsaussteller selbst vorgenommen werden. Lediglich in dem Fall, in dem ein Dritter mit der Ausstellung der Rechnung beauftragt wurde (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG), kann die Berichtigung durch den leistenden Unternehmer selbst oder im Fall der Gutschrift durch den Gutschriftsaussteller vorgenommen werden. Zur Rechnungsberichtigung vgl. auch Zeuner, UR 2004 S. 228. Da der Leistungsempfänger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG im Besitz einer nach §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung sein muss, kann er vom Rechnungsaussteller eine Berichtigung verlangen, wenn die Rechnung nicht diesen Anforderungen genügt und dadurch der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger gefährdet würde. Zum zivilrechtlichen Anspruch vgl. Tz. 216. Zu den Fällen des unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises vgl. Tz. 226 und 227.

Das BMF hat zur Frage der Berichtigung von Rechnungen unter bestimmten Voraussetzungen – in einem nicht veröffentlichen Schreiben – Stellung genommen ( 7286 a NWB SAAAB-53047): In Fällen, in denen es nach Leistungsausführung und Rechnungserteilung durch den leistenden Unternehmer zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger zu Unstimmigkeiten über die Höhe des für die Leistung geschuldeten Entgelts etwa wegen unterschiedlicher Vorstellungen über das Aufmaß, die In-Rechnung-Stellung von Nachträgen, Mängelrügen o. Ä. kommt, handelt es sich um Fälle der Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG. Das Gleiche gilt für die Fälle, in denen der Leistungsempfänger, obwohl keine Vereinbarung darüber besteht, einseitig eine Kürzung des zu zahlenden Entgelts vornimmt. Der Leistungsempfänger kann sich nicht darauf berufen, dass er zum Zwecke des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zwingend eine nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigte Rechnung benötige. Dies wäre nur der Fall, wenn der leistende Unternehmer damit einverstanden ist oder wenn es sich um eine unrichtige Leistungsbezeichnung handelt (z. B. es werden Maurerarbeiten abgerechnet, obwohl eine Baugrube ausgehoben wurde). Ist der leistende Unternehmer nicht mit einer Rechnungsberichtigung einverstanden und handelt es sich nicht um den Fall einer falschen Leistungsbezeichnung, kann der Leistungsempfänger aus der ursprünglichen Rechnung unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG den Vorsteuerabzug vornehmen, muss diesen jedoch gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG berichtigen, falls es nach der Rechnungserteilung zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage kommt. Korrekturen des Rechnungsempfängers an der vom Leistungserbringer erstellten Rechnung berühren aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nicht die rechtliche Wirksamkeit der ursprünglichen Rechnung, zumal der Rechnungsempfänger im Normalfall (keine Gutschrift) nicht an der Rechnungserstellung mitwirken darf. Ergänzungen und Berichtigungen der Abrechnung über den Leistungsaustausch können nur von demjenigen vorgenommen werden, der diese Abrechnung erteilt hat (vgl. , BStBl 1980 II S. 228). Der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers bleibt von Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Entgelts unberührt. Jedenfalls kann der Leistungsempfänger mit der Begründung, ihm stehe kein Vorsteuerabzug zu, nicht die Zahlung verweigern. Wenn der Vorsteuerabzug wegen eines schuldhaften Verhaltens des Rechnungsausstellers versagt wird, könnte allenfalls eine Aufrechnung mit einem zinsrechtlichen Schadenersatzanspruch in Betracht kommen. In den Fällen, in denen der leistende Unternehmer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG auch bei Ausführung von Leistungen an einen Nichtunternehmer zur Erteilung einer Rechnung verpflichtet ist, kann der Leistungsempfänger unter Berufung auf umsatzsteuerrechtliche Mängel in der Rechnung jedenfalls nicht die Zahlung verweigern.

Hierzu hat die OFD Nürnberg noch ergänzt, dass der Rechnungsempfänger von sich aus den Inhalt der ihm erteilten Rechnung nicht mit rechtlicher Wirkung verändern kann (Abschn. 188a Abs. 2 Satz 3 UStR). Allerdings ist eine Berichtigung oder Ergänzung der Rechnung durch den Abrechnungsempfänger anzuerkennen, wenn sich der Rechnungsaussteller die Änderung zu Eigen macht und dies aus dem Abrechnungspapier oder anderen Unterlagen hervorgeht, auf die in der Rechnung hingewiesen ist (Abschn. 188a Abs. 2 Satz 6 UStR). Die Erklärung des Rechnungsausstellers muss den Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG genügen. Die Dokumente, aus denen sich die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben, müssen sowohl beim Rechnungsempfänger als auch beim Rechnungsaussteller (als Doppel) vorhanden sein.

Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen (Feststellungslast); es besteht eine Obliegenheit des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnunug (z. B. ob der in einer Rechnung angegebene Sitz einer GmbH tatsächlich bestanden hat) zu vergewissern (vgl. , BStBl 2008 II S. 695). Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Überprüfung der Richtigkeit der Steuernummer oder der inländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Rechnungsnummer, ist dem Rechnungsempfänger regelmäßig nicht möglich. Ist eine dieser Angaben unrichtig und konnte der Unternehmer dies nicht erkennen, bleibt der Vorsteuerabzug erhalten, wenn im Übrigen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind. Unberührt davon bleibt, dass der Unternehmer gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nur die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen eines anderen Unternehmers für sein Unternehmen als Vorsteuer abziehen kann. Deshalb ist z. B. der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn die Identität des leistenden Unternehmers mit den Rechnungsangaben nicht übereinstimmt oder über eine nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Hinsichtlich der übrigen nach den §§ 14, 14a UStG erforderlichen Angaben hat der Rechnungsempfänger dagegen die inhaltliche Richtigkeit der Angaben zu überprüfen. Dazu gehört insbesondere, ob es sich bei der ausgewiesenen Umsatzsteuer um gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für eine Lieferung oder sonstige Leistung handelt. Bei unrichtigen Angaben entfällt der Vorsteuerabzug. Zu den unrichtigen Angaben, die eine Versagung des Vorsteuerabzugs zur Folge haben, zählen in einer Rechnung enthaltene Rechenfehler oder die unrichtige Angabe des Entgelts, des Steuersatzes oder des Steuerbetrags. Im Fall des § 14c Abs. 1 UStG kann der Vorsteuerabzug jedoch unter den übrigen Voraussetzungen in Höhe der für die bezogene Leistung geschuldeten Steuer vorgenommen werden.

Ungenauigkeiten führen unter den übrigen Voraussetzungen nicht zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn z. B. bei Schreibfehlern im Namen oder der Anschrift des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfängers oder in der Leistungsbeschreibung ungeachtet dessen eine eindeutige und unzweifelhafte Identifizierung der am Leistungsaustausch Beteiligten, der Leistung und des Leistungszeitpunkts möglich ist und die Ungenauigkeiten nicht sinnentstellend sind. Vgl. hierzu auch Wagner, DStR 2004 S. 477.

Das BMF hat für Zwecke des Vorsteuerabzugs aus einer nach dem und vor dem 1. 7. 2004 ausgestellten Rechnung eine Übergangsregelung erlassen (, BStBl 2004 I S. 62). Danach ist es bei diesen Rechnungen nicht zu beanstanden, wenn sie nicht alle sich aus § 14 Abs. 4 und § 14a UStG ergebenden Angaben enthalten. Eine vor dem ausgestellte Rechnung muss für Zwecke des Vorsteuerabzugs jedoch alle sich aus § 14 Abs. 1 und 1a UStG und § 14a UStG in der jeweils bis geltenden Fassung ergebenden Angaben enthalten. Statt der Steuernummer kann auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben werden. Das Fehlen der Steuernummer bei einer vor dem ausgestellten Rechnung führt dagegen nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs (vgl. , BStBl 2002 I S. 660). Fehlt die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei einer nach dem ausgestellten Rechnung, führt dies zur Versagung des Vorsteuerabzugs.

Tz. 219 Rechnungen über Umsätze mit verschiedenen Steuersätzen

§ 32 UStDV

Wird in einer Rechnung über Lieferungen oder sonstige Leistungen, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, der Umsatzsteuerbetrag durch Maschinen automatisch ermittelt und durch diese in der Rechnung angegeben, ist der Ausweis der Umsatzsteuer in einer Summe zulässig, wenn für die einzelnen Posten der Rechnung der Steuersatz angegeben wird (§ 32 UStDV). Diese Regelung gilt entsprechend, wenn in einer Rechnung neben steuerpflichtigen Umsätzen auch nicht steuerbare oder steuerfreie Umsätze ausgeführt werden. Soweit Kosten für Nebenleistungen (z. B. Beförderung, Verpackung, Versicherung) besonders berechnet werden, sind sie den unterschiedlich besteuerten Hauptleistungen entsprechend zuzuordnen. Die Aufteilung ist nach geeigneten Merkmalen (z. B. nach dem Verhältnis der Werte oder Gewichte) vorzunehmen (Abschn. 185 Abs. 22 UStR).

Tz. 220 Rechnungserteilung bei der Istversteuerung von Anzahlungen

§ 14 Abs. 5 UStG

Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, ist er berechtigt, Rechnungen auszustellen und in ihnen die darauf entfallende Umsatzsteuer gesondert auszuweisen. Er ist dazu – unabhängig von der Höhe des vorausbezahlten Entgelts oder Teilentgelts – verpflichtet, wenn der spätere Umsatz für einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder für eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, bestimmt ist.

  • Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werkliefung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er generell verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen.

  • Führt der Unternehmer andere Leistungen aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz – wobei es auf die Steuerpflicht nicht ankommt – an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen.

Im Fall der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teil des Entgelts für eine steuerpflichtige Werkliefung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück vor Ausführung der Leistung ist die Rechnung demnach innerhalb von sechs Monaten nach Vereinnahmung des Entgelts oder Teilentgelts auszustellen (§ 14 Abs. 5 Satz 1 UStG). Dies gilt auch, soweit andere Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person ausführt werden. Dabei muss die Rechnung alle sich aus § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG ergebenden Pflichtangaben enthalten. Soweit es sich um eine Kleinbetragsrechnung handelt, müssen die sich aus § 33 UStDV ergebenden Pflichtangaben in der Rechnung enthalten sein.

Die Regelung gilt für die Istversteuerung von Anzahlungen bei der Sollversteuerung (Tz. 206) und für Unternehmer, die die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnen (Tz. 280). Über Voraus- und Anzahlungen kann auch mit Gutschriften abgerechnet werden, sofern die Voraussetzungen (Tz. 217) erfüllt sind (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). In diesem Fall ist die Gutschrift vom Leistungsempfänger innerhalb von sechs Monaten zu erteilen. Aus der Abrechnung muss hervorgehen, dass damit eine Voraus- oder Anzahlung abgerechnet wird (z. B. durch Angabe des voraussichtlichen Zeitpunkts der Leistung). Zur Besteuerung von Voraus- und Anzahlungen in der Bauwirtschaft vgl. Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft v. - S 7270, BStBl 2004 I S. 628).

Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG ist für Abrechnungen über Voraus- oder Anzahlungen u. a. § 14 Abs. 4 UStG (Angaben in der Abrechnung) sinngemäß anzuwenden (Tz. 218). Statt des Zeitpunkts der Lieferung oder der sonstigen Leistung ist der voraussichtliche Zeitpunkt oder Kalendermonat der Leistung anzugeben. Ist lediglich vereinbart, in welchem Zeitraum oder bis zu welchem Zeitpunkt die Leistung ausgeführt werden soll, ist dieser Zeitraum oder der betreffende Zeitpunkt in der Abrechnung anzugeben. Ist der Leistungszeitpunkt noch nicht vereinbart, genügt es, dass dies aus der Rechnung hervorgeht. An die Stelle des Entgelts für den Umsatz tritt die Angabe des vor der Ausführung der Leistung vereinnahmten Entgelts oder Teilentgelts; auszuweisen ist außerdem die hierauf entfallende Umsatzsteuer.

Werden die berechneten Voraus- oder Anzahlungen nicht entrichtet oder wird die beabsichtigte Leistung nicht ausgeführt, ist § 14c Abs. 2 UStG (Tz. 227, b) nicht anzuwenden (keine Abführung der gesondert berechneten Umsatzsteuer an das Finanzamt).

Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis können jeweils für jede einzelne Voraus- oder Anzahlung, aber auch über mehrere oder alle im Zusammenhang mit einer Leistung vereinnahmten Anzahlungen in einem Gesamtbetrag erteilt werden. Der Unternehmer darf auch Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausstellen, bevor eine Anzahlung vereinnahmt ist. Er kann auch über die Leistung im Voraus eine Abrechnung erteilen, in der das gesamte Entgelt und die Umsatzsteuer für die Leistung ausgewiesen werden (Vorausrechnung). Zusätzliche Rechnungen über Anzahlungen entfallen dann. Ist der im Voraus vereinnahmte Geldbetrag niedriger als in der Abrechnung angegeben, entsteht die Umsatzsteuer nur insoweit, als sie auf das tatsächlich vereinnahmte Entgelt oder Teilentgelt entfällt. Einer Berichtigung der Rechnung bedarf es in diesem Fall nicht. Unterbleibt nach Erteilung einer Vorausrechnung eine tatsächlich beabsichtigte Leistung (z. B. Rückgängigmachung des Kaufvertrags), findet § 14c Abs. 2 UStG – unabhängig, ob die angeforderten Voraus- oder Anzahlungen geleistet werden – keine Anwendung. Eine Vorausrechnung liegt aber nur dann vor, wenn durch eine entsprechende Bezeichnung der Rechnung oder durch deren Inhalt „für einen Betrachter auch ohne Kenntnis der Vorgänge auf den ersten Blick” erkennbar ist, dass es sich um eine der Leistung vorausgehende Rechnung handelt (, BStBl 1998 II S. 415). Andernfalls kann ein Fall des § 14c Abs. 2 UStG gegeben sein, wenn die Leistung nicht oder nicht innerhalb angemessener Zeit erbracht wird (, BStBl 1987 II S. 652). Eine Vorausrechnung mit offenem Umsatzsteuerausweis, die in Kenntnis der Tatsache, dass es nicht zur Ausführung der Leistung kommen wird, erteilt wird, führt zur Anwendung von § 14c Abs. 2 UStG (, BStBl 1998 II S. 415).

In einer Endrechnung, mit der der Unternehmer über die ausgeführte Leistung insgesamt abrechnet, sind die vor Ausführung der Leistung vereinnahmten Entgelte oder Teilentgelte sowie die hierauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge abzusetzen, wenn über diese Entgelte oder Teilentgelte Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt worden sind (§ 14 Abs. 5 letzter Satz UStG). Bei mehreren Anzahlungen genügt es, wenn der Gesamtbetrag der Anzahlungen und die Summe der darauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge abgesetzt werden. Statt der Anzahlungen und der Umsatzsteuerbeträge können auch die gesamten Beträge der Voraus- und Anzahlungen abgesetzt und die darin enthaltenen Umsatzsteuerbeträge zusätzlich angegeben werden. Wird in der Endrechnung der Gesamtbetrag der Umsatzsteuer für die Leistung angegeben, braucht die auf das verbleibende restliche Entgelt entfallende Umsatzsteuer nicht angegeben zu werden. Vgl. hierzu die Beispiele 1–4 in Abschn. 187 Abs. 7 UStR.

Folgende Vereinfachungen sind für die Erteilung von Endrechnungen zugelassen:

  • Die vor Ausführung der Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die darauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge müssen nicht vom Rechnungsbetrag abgesetzt, sondern auf der Endrechnung zusätzlich angegeben werden. Auch hierbei können mehrere Voraus- oder Anzahlungen zusammengefasst werden. Vgl. Beispiele 1 und 2 in Abschn. 187 Abs. 8 Nr. 1 UStR.

  • Die vor Ausführung der Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die darauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge können in einem Anhang zur Endrechnung aufgeführt werden, auf den in der Endrechnung ausdrücklich hinzuweisen ist. Vgl. Beispiel in Abschn. 187 Abs. 8 Nr. 2 UStR.

  • Der Leistungsempfänger erhält außer der Endrechnung eine besondere Zusammenstellung der Anzahlungen, über die Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt worden sind. In der Endrechnung muss ausdrücklich auf die Zusammenstellung der Anzahlungen (diese muss einen entsprechenden Hinweis auf die Endrechnung enthalten) hingewiesen werden.

Widerruft der Unternehmer bei der Abrechnung der gesamten Leistung nachträglich die ordnungsgemäß erteilten Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis über Voraus- und Anzahlungen oder nimmt er sie zurück, muss er gleichwohl in der Endrechnung die vorausgezahlten Entgelte oder Teilentgelte und die darauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge absetzen oder angeben. Es ändert sich in diesem Fall auch an der Berechtigung des Leistungsempfängers zum Vorsteuerabzug aufgrund von Voraus- und Anzahlungsrechnungen nichts. Der Unternehmer hat den in der Endrechnung ausgewiesenen gesamten Umsatzsteuerbetrag an das Finanzamt abzuführen, wenn er in ihr die vor der Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Umsatzsteuerbeträge nicht abgesetzt oder angegeben hat. Hat er die Beträge nur zum Teil nicht abgesetzt oder angegeben, schuldet er den Umsatzsteuergesamtbetrag abzüglich der tatsächlich abgesetzten oder angegebenen Beträge. In diesen Fällen wird der Teil der in der Endrechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer, der auf die vor der Leistung vereinnahmten, nicht abgesetzten oder angegebenen Teilentgelte entfällt, zusätzlich nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet, sofern die Endrechnung nicht nachträglich durch eine berichtigte Endrechnung richtiggestellt wird. Der Leistungsempfänger kann jedoch nur den Teil des in der Endrechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags als Vorsteuer abziehen, der auf das nach der Ausführung der Leistung zu entrichtende restliche Entgelt entfällt (in der Endrechnung ausgewiesene Umsatzsteuer gekürzt um die bereits berücksichtigten Vorsteuerbeträge aus den Voraus- oder Anzahlungsrechnungen). Die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer ist nicht als Vorsteuer abziehbar (, BStBl 2004 II S. 317). Nach dem (BStBl 1996 I S. 370) kann bei einer fehlerhaften Endrechnung eine Billigkeitsmaßnahme hinsichtlich der Nachzahlungszinsen auf gem. § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuerbeträge in Betracht kommen, wenn in einer Endrechnung die vor Ausführung der Leistung vereinnahmten Teilentgelte mit Umsatzsteuerbeträgen nicht abgesetzt oder angegeben sind und die Endrechnung erst in einem späteren Kalenderjahr berichtigt wird. Die Billigkeitsmaßnahme bezieht sich aber nur auf „derartige Fälle” und ist nicht auf andere Gestaltungen entsprechend anzuwenden ( NWB NAAAA-70724).

Es ist zugelassen, dass der Unternehmer statt einer Endrechnung eine Restrechnung über das restliche Entgelt oder den verbleibenden Restpreis erteilt. In ihr sind die im Voraus vereinnahmten Teilentgelte und die darauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge nicht anzugeben. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, wenn zusätzlich das Gesamtentgelt (ohne Umsatzsteuer) angegeben wird und davon die im Voraus vereinnahmten Teilentgelte (ohne Umsatzsteuer) abgesetzt werden.

Tz. 221 Rechnungen über Kleinbeträge

§ 33 UStDV

Nach § 33 UStDV sind in Rechnungen, deren Gesamtbetrag 150 €, (bis : 100 €) nicht übersteigt (Kleinbetragsrechnungen), abweichend von § 14 Abs. 4 UStG nur die folgenden Angaben erforderlich:

  • der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,

  • das Ausstellungsdatum,

  • die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Leistung und

  • das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag in einer Summe sowie

  • der anzuwendende Steuersatz oder

  • im Fall einer Steuerbefreiung ein Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Der ab 2007 erhöhte Betrag von 150 € ist in den Fällen anzuwenden, in denen die zugrunde liegende Lieferung oder sonstige Leistung nach dem ausgeführt wird. Für nach dem ausgeführte Umsätze, für die bereits vor dem das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt worden ist, sind die Neuregelungen nach § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG ebenfalls vollumfänglich anzuwenden (, BStBl 2006 II S. 621).

Wird in einer Rechnung über verschiedene Leistungen abgerechnet, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, sind für die verschiedenen Steuersätzen unterliegenden Leistungen die jeweiligen Summen anzugeben. Dabei sind die übrigen formalen Voraussetzungen des § 14 UStG zu beachten. Die Grundsätze des § 31 UStDV (Angaben in der Rechnung) und des § 32 UStDV (Rechnungen über Umsätze, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen) sind entsprechend anzuwenden. Wird über Leistungen i. S. des § 3c UStG (Ort der Lieferung in besonderen Fällen), § 6a UStG (innergemeinschaftliche Lieferung) oder § 13b UStG (Leistungsempfänger als Steuerschuldner) abgerechnet, gilt die Vereinfachung des § 33 UStDV nicht. Kleinbetragsrechnungen können auch auf elektronischem Weg übermittelt werden (vgl. Tz. 216). Zu den Rechnungsangaben, der Möglichkeit der Berichtigung von Rechnungen und den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vgl. im Übrigen die Ausführungen in Tz. 218.

Das BMF hat für Zwecke des Vorsteuerabzugs aus einer nach dem und vor dem 1. 7. 2004 ausgestellten Rechnung eine Übergangsregelung erlassen (, BStBl 2004 I S. 62). Danach ist es bei diesen Rechnungen nicht zu beanstanden, wenn sie nicht alle sich aus § 14 Abs. 4 und § 14a UStG ergebenden Angaben enthalten. Dies gilt entsprechend für Rechnungen über Kleinbeträge i. S. des § 33 UStDV. Rechnungen über Kleinbeträge müssen mindestens alle sich aus § 33 UStDV in der bis geltenden Fassung ergebenen Angaben enthalten.

Tz. 222 Fahrausweise als Rechnungen

§ 34 UStDV

Fahrausweise gelten nach § 34 Abs. 1 UStDV als Rechnungen, wenn sie die folgenden Angaben enthalten:

  • den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Unternehmers, der die Beförderungsleistung ausführt (§ 31 Abs. 2 UStDV ist entsprechend anzuwenden),

  • das Ausstellungsdatum,

  • das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe,

  • den anzuwendenden Steuersatz, wenn die Beförderungsleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt,

  • im Fall der Anwendung des § 26 Abs. 3 UStG ein Hinweis auf die grenzüberschreitende Beförderung im Luftverkehr.

Auf Fahrausweisen der Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, kann an Stelle des Steuersatzes die Tarifentfernung angegeben werden. Die übrigen formalen Voraussetzungen des § 14 UStG sind zu beachten. Die Ausführungen zu den Fahrausweisen gelten für Belege im Reisegepäckverkehr entsprechend (§ 34 Abs. 3 UStDV). Fahrausweise können auch auf elektronischem Weg übermittelt werden (vgl. Tz. 216). Fahrausweise für eine grenzüberschreitende Beförderung im Personenverkehr und im internationalen Eisenbahn-Personenverkehr gelten nur dann als Rechnung i. S. des § 14 UStG, wenn eine Bescheinigung des Beförderungsunternehmers oder seines Beauftragten darüber vorliegt, welcher Anteil des Beförderungspreises auf das Inland entfällt. In der Bescheinigung ist der Steuersatz anzugeben, der auf den auf das Inland entfallenden Teil der Beförderungsleistung anzuwenden ist (§ 34 Abs. 2 UStDV). Zu den Rechnungsangaben, der Möglichkeit der Berichtigung von Rechnungen und den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vgl. im Übrigen die Ausführungen in Tz. 218.

Das BMF hat für Zwecke des Vorsteuerabzugs aus einer nach dem und vor dem 1. 7. 2004 ausgestellten Rechnung eine Übergangsregelung erlassen (, BStBl 2004 I S. 62). Danach ist es bei diesen Rechnungen nicht zu beanstanden, wenn sie nicht alle sich aus §§ 14 Abs. 4 und § 14a UStG ergebenden Angaben enthalten. Dies gilt entsprechend für Rechnungen über Fahrausweise i. S. des § 34 UStDV. Fahrausweise, die zur Beförderung von Personen ausgegeben werden, müssen mindestens alle sich aus § 34 UStDV in der bis geltenden Fassung ergebenden Angaben enthalten. Fahrausweise i. S. des § 34 UStDV, die vor dem ausgestellt werden, müssen demnach mindestens folgende Angaben enthalten:

  • den Namen und die Anschrift des Unternehmers, der die Beförderungsleistung ausführt,

  • das Entgelt und den Steuerbetrag in einer Summe,

  • den Steuersatz, wenn die Beförderungsleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt.

Tz. 223 Unrichtiger Steuerausweis

§ 14 Abs. 2 UStG a. F.

Durch das StÄndG 2003 wurde die bisherige Regelung in § 14 Abs. 2 UStG – zusammen mit der bisherigen Regelung in § 14 Abs. 3 UStG – gestrichen und mit Wirkung v. in einen neuen § 14c UStG aufgenommen. Gleichzeitig werden die notwendigen Anpassungen an die neuere EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur Möglichkeit der Berichtigung einer nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldeten Umsatzsteuer berücksichtigt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 14c UStG verwiesen (Tz. 227).

Tz. 224 Unberechtigter Steuerausweis

§ 14 Abs. 3 UStG a. F.

Durch das StÄndG 2003 wurde die bisherige Regelung in § 14 Abs. 3 UStG – gestrichen und mit Wirkung v. zusammen mit der bisherigen Regelung in § 14 Abs. 2 UStG – in einen neuen § 14c UStG aufgenommen. Gleichzeitig werden die notwendigen Anpassungen an die neuere EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur Möglichkeit der Berichtigung einer nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldeten Umsatzsteuer berücksichtigt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 14c UStG verwiesen (Tz. 227).

Tz. 225 Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen

§ 14a UStG

Die Vorschrift regelt zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen. § 14a UStG ergänzt § 14 UStG. Dies schließt die Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 UStG ein. Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die Regelungen des § 14 UStG unberührt.

Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung i. S. des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c Satz 2 und Nr. 4 Satz 2 UStG oder des § 3b Abs. 3 Satz 2, Abs. 4, Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Satz 2 UStG im Inland aus, ist er immer zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet (hierbei handelt es sich ausschließlich um Fälle, in denen der Leistungsempfänger durch Verwendung seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eine Verlagerung des Leistungsorts herbeiführt). In dieser Rechnung hat er seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben (§ 14a Abs. 1 UStG). Die Verpflichtung zur Rechnungsstellung ergibt sich auch, wenn der Unternehmer Lieferungen i. S. des § 3c UStG im Inland ausführt (§ 14a Abs. 2 UStG).

Auch bei der Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen ist der Unternehmer zur Ausstellung von Rechnungen verpflichtet, in der er seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben hat. Die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung trifft auch den Fahrzeuglieferer i. S. des § 2a UStG. Die Verpflichtung zur Angabe der eigenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer entfällt in den Fällen der §§1b und 2a UStG (§ 14a Abs. 3 UStG).

Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss zusätzlich die in § 1b Abs. 2 und 3 UStG bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a UStG (§ 14a Abs. 4 UStG).

Führt der Unternehmer eine Leistung i. S. des § 13b Abs. 1 UStG aus, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet, ist der leistende Unternehmer zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. In der Rechnung hat er auch auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen. In dieser Rechnung darf er die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen (§ 14a Abs. 5 UStG). Der EuGH hat zwar entschieden, dass der Steuerpflichtige, auf den die Steuerschuld als Leistungsempfänger übergeht, für den Vorsteuerabzug hinsichtlich der von ihm geschuldeten Umsatzsteuer keine ordnungsgemäße Rechnung benötigt (, Gerhard Bockemühl NWB EAAAC-30833, und , BStBl 2004 II S. 970; vgl. Tz. 218). Hintergrund dieser Entscheidung war ein Vorabentscheidungsersuchen des BFH im Zusammenhang mit dem bis zum geltenden Abzugsverfahren. Darüber hinaus betrifft das Vorlageersuchen einen Zeitraum vor Anwendung der sog. Rechnungsrichtlinie zum (vgl. Tz. 216). Gleichwohl kann man die Frage stellen, ob insoweit § 14a Abs. 5 UStG von der EuGH-Rechtsprechung betroffen ist (vgl. Lohse, Stbg 2004 S. 225). Dies ist aber u. E. nicht der Fall, da man zwischen den Pflichtangaben auf der Rechnung und den formalen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug unterscheiden muss. Für den Vorsteuerabzug bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers soll nach dem EuGH-Urteil nur – der im Zuge der Rechnungsrichtlinie nicht geänderte – Art. 18 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL = Art. 178 Buchst. f MwStSystRL (und nicht Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL = Art. 178 Buchst. a MwStSystRL, nach dem Voraussetzung für den Vorsteuerabzug der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung nach Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL = Art. 226 MwStSystRL ist) anwendbar sein, in dessen Rahmen wegen des Übermaßverbots keine Rechnung nach Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL (= Art. 226 MwStSystRL) verlangt werden kann. Dadurch dürften sich aber keine Auswirkungen auf die Pflichtangaben auf der Rechnung ergeben, zumal der leistende Unternehmer im Zuge der Rechnungsrichtlinie ausdrücklich verpflichtet worden ist, in der Rechnung auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfänger hinzuweisen (Art. 22 Abs. 3 Buchst. b 11. Gedankenstrich der 6. EG-RL = Art. 226 Nr. 11 MwStSystRL). Erteilt der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine Rechnung, in der er entgegen § 14a Abs. 5 UStG keinen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers aufnimmt, ist dem Leistungsempfänger dennoch der Vorsteuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zu gewähren, da nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG das Vorliegen einer Rechnung nach §§ 14, 14a UStG nicht Voraussetzung für den Abzug der nach § 13b Abs. 2 UStG geschuldeten Umsatzsteuer als Vorsteuer ist (, BStBl 2004 I S. 1129).

In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 UStG) und der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) ist in der Rechnung auch auf die Anwendung dieser Sonderregelungen hinzuweisen. In den Fällen des § 25 Abs. 3 UStG und des § 25a Abs. 3 und 4 UStG darf der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen (§ 14a Abs. 6 UStG).

In einer Rechnung über eine Lieferung i. S. des § 25b Abs. 2 UStG hat der Unternehmer auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. In der Rechnung ist er verpflichtet, seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben. In einer Rechnung über ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft darf der Unternehmer die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen (§ 14a Abs. 7 UStG).

Tz. 226 Aufbewahrung von Rechnungen

§ 14b UStG

Nach § 14b Abs. 1 UStG hat der Unternehmer ein Doppel der von ihm ausgestellten Rechnung sowie die erhaltenen Rechnungen zehn Jahre aufzubewahren. Diese Verpflichtung trifft ihn auch für Rechnungen, die von einem Dritten in seinem Namen und für seine Rechnung ausgestellt wurden. Auch Gutschriften, die ein Leistungsempfänger oder ein Dritter im Auftrag des Leistungsempfängers ausgestellt hat, muss er aufbewahren. Die Aufbewahrungsdauer ist nach den Vorgaben der 6. EG-RL/MwStSystRL von den Mitgliedstaaten festzulegen. Der gewählte Zeitraum von zehn Jahren orientiert sich an der in § 147 Abs. 3 AO festgelegten Aufbewahrungsdauer für die in § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO bezeichneten Unterlagen. Die Rechnungen müssen über den gesamten Aufbewahrungszeitraum lesbar sein. Nachträgliche Änderungen sind nicht zulässig. § 147 Abs. 3 AO bleibt unberührt. Die Aufbewahrungspflicht gilt auch:

  • für Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG);

  • in den Fällen, in denen der letzte Abnehmer die Umsatzsteuer nach § 13a Abs. 1 Nr. 5 UStG schuldet, für den letzten Abnehmer;

  • in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 schuldet, für den Leistungsempfänger (unabhängig davon, ob die Leistung für den unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Bereich bezogen wurde).

Die Aufbewahrungsfrist beträgt zehn Jahre und beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Rechnung ausgestellt wird. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 Satz 3 AO).

Soweit der Unternehmer Rechnungen mithilfe elektronischer Registrierkassen erteilt, ist es hinsichtlich der erteilten Rechnungen i. S. des § 33 UStDV (Kleinbetragsrechnungen) ausreichend, wenn Tagesendsummenbons aufbewahrt werden, die die Gewähr der Vollständigkeit bieten und den Namen des Geschäfts, das Ausstellungsdatum und die Tagesendsumme enthalten; im Übrigen sind die Voraussetzungen des (BStBl 1996 I S. 34) zu erfüllen (Abschn. 190b Abs. 1 Satz 2 UStR). Soweit die Grenze des § 33 UStDV überschritten wird, bleibt der leistende Unternehmer zur Aufbewahrung des Doppels der erteilten Rechnung verpflichtet.

Nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG hat der Leistungsempfänger in den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG (Werklieferung /sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück; vgl. Tz. 216) die Rechnung, einen Zahlungsbeleg (z. B. Kontoauszüge und Quittungen) oder eine andere beweiskräftige Unterlage (z. B. Bauverträge, Bestellungen, Abnahmeprotokolle nach VOB, Unterlagen zu Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Leistung u. Ä. in Betracht, mittels derer sich der Leistende, Art und Umfang der ausgeführten Leistung sowie das Entgelt bestimmen lassen) zwei Jahre – beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die Rechnung oder das andere Dokument ausgestellt wird – für den gesamten Zeitraum lesbar aufzubewahren, soweit er nicht Unternehmer ist oder Unternehmer ist, aber die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet. Die neue Vorschrift regelt erstmals eine Aufbewahrungspflicht für Nichtunternehmer. Handelt es sich beim Leistungsempfänger um einen Unternehmer, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht, gelten die Aufbewahrungspflichten nach § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG. Handelt es sich beim Leistungsempfänger um einen Unternehmer, der die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet, gilt nicht die zehnjährige Aufbewahrungspflicht nach § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG, sondern die zweijährige Aufbewahrungsfrist nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG. Ein Leistungsempfänger, der Unternehmer ist und die steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück bezieht, hat die Rechnung zehn Jahre aufzubewahren, wenn es sich bei der Leistung um eine Bauleistung i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG handelt (§ 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG), auch wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen wird. § 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 UStG geht § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG vor. Die Verpflichtung zur Aufbewahrung durch den nichtunternehmerischen Leistungsempfänger gilt auch dann, wenn der leistende Unternehmer entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG in der Rechnung nicht auf die Aufbewahrungsverpflichtung nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG hingewiesen hat bzw. wenn ein Hinweis auf die Aufbewahrungspflichten des Leistungsempfängers nicht erforderlich war, weil es sich um eine Kleinbetragsrechnung i. S. des § 33 UStDV handelt. Für steuerpflichtige sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 Satz 1 und 2 UStG bezeichneten Art, die weder an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen noch an eine juristische Person erbracht werden, besteht keine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Aufbewahrung von Rechnungen, Zahlungsbelegen oder anderen beweiskräftigen Unterlagen nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG. Um eine bessere Kontrolle der Versteuerung dieser Umsätze zu ermöglichen, wird der private Empfänger einer steuerpflichtigen Werklieferung oder sonstigen Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück zur Aufbewahrung der erhaltenen Rechnung oder eines anderen Dokuments verpflichtet. Die zusätzliche Aufbewahrungspflicht des privaten Leistungsempfängers neben der Rechnungsausstellungspflicht des Unternehmers soll dazu führen, dass beide Seiten ein erhebliches Interesse daran haben, dass das Geschäft legal mit Rechnung abgewickelt wird. Dies wird dadurch noch verstärkt, dass der private Leistungsempfänger bei Nichtaufbewahrung einer ausgestellten Rechnung oder eines anderen Dokuments gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG (vgl. Tz. 324) mit einem Bußgeld von bis zu 500 € rechnen muss. Die Aufbewahrungsfrist beträgt abweichend von § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG zwei Jahre. Für Unternehmer, die eine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück für ihr Unternehmen beziehen, gilt weiterhin eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für alle erhaltenen Rechnungen.

Bei elektronisch übermittelten Rechnungen hat der Unternehmer neben der Rechnung auch die Nachweise über die Echtheit und die Unversehrtheit der Daten aufzubewahren (z. B. qualifizierte elektronische Signatur), selbst wenn nach anderen Vorschriften die Gültigkeit dieser Nachweise bereits abgelaufen ist. Auch vor dem Hintergrund des Hinweises, dass die Bundesnetzagentur zum vor diesem Tag vorgenommene 1024-Bit-Signaturen nicht mehr als sicher ansieht, ist eine „Übersignierung” durch den aufbewahrungspflichtigen Unternehmer aus umsatzsteuerlichen Gründen nicht erforderlich (, UR 2007 S. 913).

Die Rechnungen können unter bestimmten Voraussetzungen als Wiedergaben auf einem Bildträger (z. B. Mikrofilm) oder auf anderen Datenträgern (z. B. Magnetband, Diskette, CD-Rom) aufbewahrt werden (vgl. § 147 Abs. 2 AO). Das bei der Aufbewahrung angewandte Verfahren muss den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, insbesondere den Anforderungen des (BStBl 1984 I S. 155) und den diesem Schreiben beigefügten „Mikrofilm-Grundsätzen” sowie den „Grundsätzen DV-gestützter Buchführungssysteme – GoBS” (Anlage zum , BStBl 1995 I S. 738), entsprechen. Unter dieser Voraussetzung können die Originale der Rechnungen grds. vernichtet werden (vgl. Abschn. 255 Abs. 2 UStR). Zur Sicherung des Vorsteuerabzugs bei digitalisierten Eingangsrechnungen vgl. auch Groß/Lamm, UR 2008 S. 331.

Hinsichtlich der Aufbewahrung von per Telefax eingehenden Rechnungen in elektronischer Form ist zu beachten, dass von Standard-Fax an Standard-Fax übertragene Papierrechnungen als „elektronisch übermittelte Rechnungen” gelten (Abschn. 184a Abs. 5 Nr. 1 UStR). Ebenso wie bei per Post eingehenden Rechnungen ist es möglich, diese auf dem Fax empfangenen Papierrechnungen unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung elektronisch aufzubewahren (§ 147 AO). § 147 AO geht den Regelungen in den UStR vor. Deshalb ist auch bei Faxrechnungen eine dauerhafte Aufbewahrung in Papierform nicht erforderlich, wenn die Aufbewahrung nach § 147 Abs. 2 AO sichergestellt ist. Für den Vorsteuerabzug ist das Vorliegen der Faxrechnung in Papierform dann nicht erforderlich. Ein Verfahren, das die im Faxgerät eingehende Bilddatei elektronisch abgreift und deshalb auf den Ausdruck des Fax und die anschließende elektronische Archivierung verzichtet, widerspricht jedoch der Regelung im Abschn. 184a UStR (NWB XAAAB-81615).

§ 14b Abs. 2 Satz 1 UStG regelt den Aufbewahrungsort der Rechnungen für im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansässige Unternehmer. Diese Rechnungen sind im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneteten Gebiete aufzubewahren. Ein im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in einem dieser Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat (§ 14b Abs. 3 UStG). Bei elektronisch aufbewahrten Rechnungen (dabei muss es sich nicht um elektronische Rechnungen handeln) regelt § 14b Abs. 2 Satz 2 UStG einen abweichenden Aufbewahrungsort, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Soweit eine vollständige Fernabfrage (Online-Zugriff) der betreffenden Daten und deren Herunterladen und Verwendung gewährleistet ist, darf der inländische Unternehmer die Rechnungen im Gemeinschaftsgebiet, in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, im Gebiet von Büsingen oder auf der Insel Helgoland aufbewahren. Die Aufbewahrung im Gebiet von Büsingen und auf der Insel Helgoland wird zugelassen, da es sich hierbei um deutsche Hoheitsgebiete handelt. Der Unternehmer hat dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt den Aufbewahrungsort unverzüglich und schriftlich mitzuteilen, wenn er die Rechnungen nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete aufbewahrt. Ein nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässiger Unternehmer hat den Aufbewahrungsort der nach § 14b Abs. 1 UStG aufzubewahrenden Rechnungen im Gemeinschaftsgebiet, in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete, im Gebiet von Büsingen oder auf der Insel Helgoland zu bestimmen (d. h. er hat die Rechnungen in diesen Gebieten aufzubewahren). In diesem Fall ist der Unternehmer verpflichtet, dem Finanzamt auf dessen Verlangen alle aufzubewahrenden Rechnungen und Daten oder die an deren Stelle tretenden Bild- und Datenträger unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, kann das Finanzamt verlangen, dass er die Rechnungen im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete aufbewahrt. Ist ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer nach den Bestimmungen des Staats, in dem er ansässig ist, verpflichtet, die Originalrechnungen im Staat der Ansässigkeit aufzubewahren, ist es ausreichend, wenn dieser Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet Ablichtungen der aufzubewahrenden Rechnungen aufbewahrt.

§ 14b Abs. 4 UStG verankert den grenzüberschreitenden Online-Zugriff (Art. 22a der 6. EG-RL = Art. 249 MwStSystRL) im nationalen Recht. Zur Sicherstellung der Umsatzsteuerkontrolle bei der Aufbewahrung von elektronischen Rechnungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet wird den zuständigen Finanzbehörden ein staatenübergreifender Online-Zugriff auf die relevanten Unterlagen ermöglicht. Bewahrt ein Unternehmer die Rechnungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet elektronisch auf, können die zuständigen Finanzbehörden die Rechnungen für Zwecke der Umsatzsteuerkontrolle über Online-Zugriff einsehen, herunterladen und verwenden. Der Unternehmer muss sicherstellen, dass die zuständigen Finanzbehörden die Rechnungen unverzüglich über Online-Zugriff einsehen, herunterladen und verwenden können. Der staatenübergreifende Online-Zugriff der deutschen Steuerverwaltung ist im Hinblick auf das nunmehr eingeräumte Recht des Unternehmers, die elektronischen Eingangs- und Ausgangsrechnungen in anderen EU-Mitgliedstaaten aufzubewahren, unverzichtbar. Die Fristen für die Aufbewahrung der elektronischen Rechnungen richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der AO.

Durch das JStG 2009 (BGBl 2008 I S. 2794, BStBl 2009 I S. 74 ; vgl. hierzu Huschens NWB 2009 S. 36 NWB GAAAD-02358) sind durch Einfügung eines neuen § 14b Abs. 5 UStG die Regelungen über den Aufbewahrungsort von elektronischen Rechnungen – über den Bereich des Gemeinschaftsgebiets (hier bleibt es bei den Regelungen in § 14b Abs. 2–4 UStG) hinaus – mit Wirkung vom (Art. 7 Nr. 9 i.V. mit Art. 39 Abs. 1 JStG 2009) ergänzt worden. Danach gilt für die elektronische Aufbewahrung von Rechnungen außerhalb des Gemeinschaftsgebiets die Regelung des ebenfalls durch das JStG 2009 eingeführten § 146 Abs. 2a AO. Danach können Bücher und Aufzeichnungen unter bestimmten Bedingungen auch außerhalb des Geltungsbereichs der AO elektronisch geführt und aufbewahrt werden. Dies schließt die Möglichkeit der elektronischen Aufbewahrung in den meisten Staaten des EWR ein, geht aber nicht darüber hinaus. Diese Bücher und Aufzeichnungen umfassen auch die nach § 14b UStG aufzubewahrenden Rechnungen. Die „Papierbuchführung”, insbesondere die in Papierform vorliegenden Rechnungen, muss aber im Inland verbleiben. § 14b Abs. 5 UStG ermöglicht damit - über die Regelungen in § 14b Abs. 2–4 UStG hinaus – die elektronische Aufbewahrung von Rechnungen in den Staaten des EWR, die die Bedingungen des § 146 Abs. 2a AO erfüllen.

Für die Archivierung und Prüfbarkeit von Rechnungen sind die Vorschriften der AO (insbesondere §§ 146, 147, 200 AO) sowie das (BStBl 2001 I S. 415) über die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) zu beachten.

Tz. 227 Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis

§ 14c UStG

§ 14c UStG wurde durch das StÄndG 2003 mit Wirkung v. in das UStG eingefügt. Er ersetzt die bis zum 31. 12. 2003 geltenden Vorschriften in § 14 Abs. 2 und 3 UStG (Tz. 223, 224). Mit der neuen Vorschrift werden u. a. die notwendigen Anpassungen an die neuere EuGH- und BFH-Rechtsprechung zur Möglichkeit der Berichtigung einer nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldeten Umsatzsteuer gezogen.

a) Unrichtiger Steuerausweis

Weist der Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte in einer Rechnung über eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Umsatzsteuerbetrag gesondert aus, als er nach dem UStG schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Die Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 UStG und § 14a UStG aufgeführten Angaben enthält. Die Angabe des Entgelts als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrags ist jedoch unverzichtbar. Der Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte kann den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen. In diesem Fall ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden. Die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags ist folglich für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung erteilt wurde (zur Berichtigung von Rechnungen im Übrigen vgl. Tz. 218, j). Hat der Leistungsempfänger entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG einen höheren Betrag als die für die Lieferung oder sonstige Leistung gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht, hat er den Mehrbetrag an das Finanzamt zurückzuzahlen. Die Rückzahlung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, für den der Mehrbetrag als Vorsteuer abgezogen wurde, da die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehbar ist (vgl. auch , BStBl 2009 II S. 203).

Für die Berichtigung der Rechnung genügt die einfache Schriftform auch dann, wenn in einem notariell beurkundeten Kaufvertrag mit Umsatzsteuerausweis abgerechnet worden ist; die zivilrechtliche Befugnis zur Rechnungsberichtigung ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich nicht zu prüfen (, BStBl 2008 II S. 438 zur Vorgängervorschrift in § 14 Abs. 2 UStG a. F.; das Urteil dürfte aber auch auf die vorliegende neue Vorschrift anwendbar sein).

In den Fällen eines unrichtigen Steuerausweises bei Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen (§ 1 Abs. 1a UStG) und der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG darf der Unternehmer den dann insoweit unrichtigen Steuerausweis erst berichtigen, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist. Insoweit gelten auch für die Berichtigung des unrichtigen Umsatzsteuerausweises die strengeren Berichtigungsvorschriften nach § 14c Abs. 2 Satz 3–5 UStG für die Berichtigung des unberechtigten Steuerausweises (vgl. Tz. 227, b).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist nur die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehbar. Ein Vorsteuerabzug ist damit grds. nicht zulässig, soweit der die Rechnung ausstellende Unternehmer die Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG schuldet. Der Rechnungsempfänger hat die inhaltliche Richtigkeit einer Rechnung zu überprüfen. Dazu gehört insbesondere, ob es sich bei der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer um gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für eine Lieferung oder sonstige Leistung handelt. Bei unrichtigen Angaben entfällt der Vorsteuerabzug. Zu den unrichtigen Angaben, die eine Versagung des Vorsteuerabzugs zur Folge haben, zählen in einer Rechnung enthaltene Rechenfehler oder die unrichtige Angabe des Entgelts, des Steuersatzes oder des Steuerbetrags. Im Fall des § 14c Abs. 1 UStG kann der Vorsteuerabzug jedoch unter den übrigen Voraussetzungen in Höhe der für die bezogene Leistung geschuldeten Umsatzsteuer vorgenommen werden.

Eine aufgrund unzutreffenden Steuerausweises in einer Rechnung entstandene nicht entrichtete Steuer ist gemäß § 233a AO zu verzinsen. Die aufgrund des Steuerausweises entstandene Umsatzsteuerschuld besteht bis zur – ohne Rückwirkung eintretenden – Berichtigung des Steuerbetrags. Eine rückwirkende Berichtigung unzutreffend ausgewiesener Steuer widerspricht dem Regelungszweck des § 14c Abs. 1 UStG i. V. mit § 17 Abs. 1 UStG. Für eine sachliche Unbilligkeit der Verzinsung von derartigen Umsatzsteuernachforderungen ist deshalb kein Anhaltspunkt ersichtlich. Eine ermessenslenkende Billigkeitsregelung der Verwaltung, wonach Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen sind, wenn ein Unternehmer eine unrichtige Endrechnung, die eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG auslöst, in einem auf das Kj. der ursprünglichen Rechnungserteilung folgenden Kj. nach Aufdeckung seines Fehlers sogleich berichtigt hat, bindet die Gerichte nicht. Ein aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitender Anspruch gegenüber einer Behörde auf Fortführung einer gesetzwidrigen Verwaltungspraxis besteht nicht (vgl. , UR 2009 S. 534).

Zur Nichtanwendung des § 14c Abs. 1 UStG im Zusammenhang mit der Minderung der Bemessungsgrundlage bei der Ausgabe von Preiserstattungs- oder Preisnachlassgutscheinen vgl. Abschn. 224 Abs. 6 Satz 4 UStR.

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft gegen Entgelt hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte nicht als Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft zu beurteilen ist. Nach der neuen Rechtsprechung (, BStBl 2003 II S. 36; vgl. hierzu auch Sikorski, NWB F. 7 S. 6325 setzt ein Leistungsaustausch bezogen auf Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen für eine Personengesellschaft durch einen Gesellschafter aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags gegen Entgelt lediglich voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Erteilt ein Gesellschafter unter Berufung auf die neue BFH-Rechtsprechung nunmehr für seine Geschäftsführungstätigkeit Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer an die Gesellschaft für zurückliegende Jahre, ist Folgendes zu beachten ( NWB HAAAD-18527; vgl. zu der insoweit inhaltsgleichen Vorgängerverfügung auch Titgemeyer, BB 2007 S. 189):

  • Ist für das betreffende Jahr bereits eine Festsetzung erfolgt und ist sie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) oder hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit vorläufig (§ 165 Abs. 1 AO) ergangen, ist eine Änderung nach Maßgabe dieser Vorschriften durchzuführen.

  • In den übrigen Fällen schuldet der Rechnungsaussteller die Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Beim geschäftsführenden Gesellschafter ist ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die Ausstellung der Rechnung stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Dies gilt auch für Fälle, in denen bereits Festsetzungsverjährung bezüglich der originären Steuerschuld eingetreten ist, denn nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO beginnt die Festsetzungsverjährung erst mit Ablauf des Jahrs der Rechnungsaustellung.

Nach einem rechtskräftigen Urteil des FG Köln rechnet der Geschäftskundenbereich nicht zu dem Universalbereich der Deutsche Post AG (DPAG). Demzufolge handelt es sich bei der Beförderung von Geschäftkundenpaketen durch die DPAG um steuerpflichtige und nicht nach § 4 Nr. 11b UStG steuerfreie Umsätze. Die von der DPAG für die Zeit ab in ihren Rechnungen offen ausgewiesene Umsatzsteuer für die Beförderung von Geschäftskundenpaketen ist damit nicht zu beanstanden, so dass die Folgen des § 14c Abs. 1 UStG nicht eintreten. Die Leistungsempfänger sind daher unter den weiteren Voraussetzungen berechtigt, die in den Rechnungen offen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen (OFD Münster, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 7/2005 v. NWB QAAAB-54815).

Vgl. zur doppelten Rechnungsstellung bei Fahrausweisen einschließlich Flugtickets durch Reisebüros in Folge der Erteilung von Gesamtabrechnungen NWB NAAAB-61179 und v. - S 7282 NWB AAAAC-75345.

Zur Kritik am Gesetzentwurf zur Neuregelung des unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises vgl. Wagner, UR 2003 S. 483. Vgl. zum unrichtigen Steuerausweis und dessen Berichtigung auch Wagner, DStR 2004 S. 477, und Zeuner, UR 2004 S. 228. Zur Neuregelung des § 14c UStG unter dem Aspekt der neusten EuGH-Rechtsprechung vgl. Tehler, UVR 2004 S. 249. Zum § 14c UStG im Insolvenzverfahren vgl. Zeuner, UR 2006 S. 153. Zur Korrektur des unrichtigen Steuerausweises mit praktischen Hinweisen zu Konfliktsituationen mit §§ 15, 17 UStG vgl. Raudszus, UStB 2007 S. 43. Zur Stornorechnung in der Umsatzsteuer vgl. Atanasova/Küffner, DB 2009 S. 479.

b) Unberechtigter Steuerausweis

Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er dazu nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14c Abs. 2 Satz 1 UStG). Dies betrifft vor allem Kleinunternehmer i. S. des § 19 UStG, gilt aber auch, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Umsatzsteuerbetrag ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Die Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 UStG und § 14a UStG aufgeführten Angaben enthält. Die Angabe des Rechnungsausstellers und des Entgelts als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrags sind jedoch unverzichtbar.

Dem Schuldner eines unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags wird nach Beseitigung der Gefährdungslage für das Steueraufkommen die Möglichkeit zur Berichtigung des unberechtigt ausgewiesenen Steuerbetrags eingeräumt (§14c Abs. 2 Satz 3 UStG). Die Regelung dient der Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung (, Schmeink & Cofreth AG & Co. KG NWB XAAAC-30724) und berücksichtigt die sich daran anschließende Rechtsprechung des BFH. Der EuGH hat entschieden, dass der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer verlangt, dass zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer berichtigt werden kann, ohne dass eine solche Berichtigung vom guten Glauben des Ausstellers der betreffenden Rechnung abhängig gemacht werden darf, wenn der Aussteller einer Rechnung die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt hat. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist ausgeschlossen, wenn die berechnete Steuer vom Leistungsempfänger/Rechnungsempfänger nicht beansprucht worden ist oder ihm der Abzug versagt wurde. Eine eingetretene Gefährdung wird beseitigt, wenn der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug rückgängig gemacht wird und die entsprechenden Beträge an den Fiskus zurückgezahlt werden.

Diese Rechtsprechung wird durch § 14c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG umgesetzt. § 17 Abs. 1 UStG ist entsprechend anzuwenden. Auf den guten Glauben des Ausstellers der betreffenden Rechnung kommt es nicht an (vgl. , BStBl 2004 II S. 143). Der Aussteller der Rechnung hat den unberechtigten Steuerausweis gegenüber dem Belegempfänger für ungültig zu erklären. Auf die Ungültigkeitserklärung kann in den Fällen verzichtet werden, in denen feststeht, dass die Rechnung nicht mehr für Zwecke des Vorsteuerabzugs durch den Rechnungsempfänger verwendet werden kann, weil z. B. der Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfänger rückgängig gemacht worden ist oder weil die in Frage kommende Steuerfestsetzung beim Rechnungsempfänger unanfechtbar geworden ist, ohne dass dieser einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat ( NWB MAAAC-52035). Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 4 UStG); auf die tatsächliche Rückzahlung der Steuer (und stattdessen Vereinbarung einer Aufrechnung) kann auch nicht in den Fällen des unrichtigen Steuerausweises bei einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen verzichtet werden ( NWB MAAAC-52035). Der Schuldner des unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags hat die Berichtigung des geschuldeten Umsatzsteuerbetrags bei dem für seine Besteuerung zuständigen Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen. Diesem Antrag hat er ausreichende Angaben über die Identität des Rechnungsempfängers beizufügen. Das Finanzamt des Schuldners des unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags hat durch Einholung einer Auskunft beim Finanzamt des Rechnungsempfängers zu ermitteln, in welcher Höhe und wann ein unberechtigt in Anspruch genommener Vorsteuerabzug durch den Rechnungsempfänger zurückgezahlt wurde. Nach Einholung dieser Auskunft teilt das Finanzamt des Schuldners des unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags diesem mit, für welchen Besteuerungszeitraum und in welcher Höhe die Berichtigung des geschuldeten Umsatzsteuerbetrags vorgenommen werden kann. Die Berichtigung des geschuldeten Umsatzsteuerbetrags ist in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (§ 14c Abs. 2 Satz 5 UStG). Wurde beim Empfänger der Rechnung kein Vorsteuerabzug vorgenommen, ist der wegen unberechtigten Steuerausweises geschuldete Umsatzsteuerbetrag beim Aussteller der Rechnung für den Zeitraum zu berichtigen, in dem die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG entstanden ist. Für die Berichtigung des aufgrund des unberechtigten ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags nach § 14c Abs. 2 UStG ergangenen Steuerbescheids gelten die allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften der AO.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist nur die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehbar. Ein Vorsteuerabzug ist damit nicht zulässig, soweit der die Rechnung ausstellende Unternehmer die Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet.

Sofern eine Änderung der Festsetzung des Besteuerungszeitraums, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt wurde, wegen Eintritt der Bestandskraft nicht mehr möglich ist, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Erlass gem. § 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen vorliegen (, BStBl 2004 I S. 258). Vgl. hierzu auch FinMin Nordrhein Westfalen, Erlass v. - S 7280 NWB MAAAC-52035.

Im Zusammenhang mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Kraftstofflieferungen im Kraftfahrzeug-Leasingbereich wird es im Zuge der Umsetzung der hierzu ergangenen neuen Rechtsprechung (, Auto Lease Holland, BStBl 2004 II S. 573, und , BStBl 2004 II S. 571) für Kraftstofflieferungen, die vor dem erbracht werden, im Rahmen einer Übergangsregelung nicht beanstandet, wenn ein Finanzierungsgeschäft zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer mit Kraftstofflieferungen von der Mineralölgesellschaft an den Leasingnehmer wie Liefergeschäfte zwischen Mineralölgesellschaft, Leasinggeber und Leasingnehmer behandelt wird. Insoweit kommt § 14c Abs. 2 UStG nicht zur Anwendung. Der Vorsteuerabzug des Leasinggebers bzw. des Leasingnehmers aus den Rechnungen über die Lieferung des Kraftstoffs wird bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 15 UStG ebenfalls nicht beanstandet (, BStBl 2004 I S. 605). Die Grundsätze dieses Schreibens sind auch außerhalb des Kraftfahrzeugleasingbereichs in vergleichbaren Fällen anzuwenden (vgl. NWB TAAAD-08106).

Hat der Leistungsempfänger einen Dritten mit dem Empfang der Rechnung beauftragt und wird die Rechnung unter Nennung nur des Namens des Leistungsempfängers mit „c/o” an den Dritten adressiert, muss entsprechend § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG und den Vereinfachungen des § 31 Abs. 2 und 3 UStDV die Identität des Leistungsempfängers leicht und eindeutig feststellbar sein. Ein gegenüber einem anderen als dem Leistungsempfänger gesondert ausgewiesener Steuerbetrag löst eine zusätzliche Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG aus (, BStBl 2006 I S. 345; vgl. Tz. 218, a).

Prüfingenieure für Baustatik erbringen je nach Sachverhalt entweder Leistungen an die Bauaufsichtsbehörde oder direkt an die Bauherrschaft. Stellt der Prüfingenieur einem anderen als dem Leistungsempfänger – z. B. der Bauherrschaft statt der Bauaufsichtsbehörde – Umsatzsteuer in Rechnung, schuldet er neben der Steuer für die Leistung an die Bauaufsichtsbehörde auch die unberechtigt ausgewiesene Steuer aus der Rechnung an die Bauherrschaft nach § 14c Abs. 2 UStG. Das gilt bereits dann, wenn die Bauherrschaft durch eine nicht einwandfreie Adressierung zu der unzutreffenden Annahme verleitet wird, sie sei Leistungsempfänger und damit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Hiervon kann beispielsweise ausgegangen werden, wenn im Anschriftenfeld der Gebührenrechnung neben der Bauaufsichtbehörde auch Name und Anschrift der Bauherrschaft aufgeführt sind und die Gebührenrechnung keinen eindeutigen Hinweis auf den tatsächlichen Auftraggeber enthält ( NWB LAAAB-84383).

Den Elektrizitätsnetzbetreibern entstehen im Einzelfall je nach tatsächlicher Durchleitung in unterschiedlicher Höhe Kosten für die (gegenüber den Stromhändlern) unentgeltliche Durchleitung von Energie. Um diese Kosten gleichmäßig auf alls Netzbetreiber und letztendlich auf alle Kunden zu verteilen, wird der sog. Differenzausgleich gezahlt. Dieser Differenzausgleich ist nicht mit einer tatsächlichen Leistung verbunden, insbesondere ist die Ausgleichszahlung keiner tatsächlichen Netzbelastung konkret zurechenbar. Der Differenzausgleich zwischen den Netzbetreibern ist somit umsatzsteuerrechtlich unbeachtlicht. Soweit hierüber bislang mit gesondertem Steuerausweis abgerechnet wurde, wird dies für Abrechnungszeiträume, die vor dem enden, nicht beanstandet (NWB OAAAB-92054).



Aufgrund des in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzips ist bei der Lieferung von Hörgeräten durch Hörgeräteakustiker von Lieferungen des Hörgeräteakustikers an die gesetzliche Krankenkasse auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherte für ein höherwertiges Hörgerät entscheidet. Die vom Versicherten in diesem Fall zu leistenden Zuzahlungen stellen Entgelt von dritter Seite dar. Demzufolge ist in den Abrechnungen an den Versicherten entweder die Krankenkasse als Leistungsempfänger zu bezeichnen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG) oder aber auf den gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer zu verzichten. In vor dem 1. 1. 2008 an den Versicherten erteilten Abrechnungen wird es nicht beanstandet, wenn die Krankenkasse nicht als Leistungsempfänger bezeichnet, jedoch gesondert Umsatzsteuer ausgewiesen wurde. Für nach dem an den Versicherten erteilte Abrechnungen, in denen die Krankenkasse nicht als Leistungsempfänger bezeichnet, jedoch Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wird, kann der Rechnungsaussteller nach § 14c Abs. 2 UStG für die unberechtigt ausgewiesene Steuer in Anspruch genommen werden ( NWB YAAAC-85284 ). Die gleiche Ausgangslage besteht bei Lieferungen von Augenoptikern, von Orthopädie-Technikern, von Orthopädie-Schuhtechnikern und von Friseuren. Für diese Handwerker (nicht aber für Hörgeräteakustiker) gilt die og. Nichtbeanstandungsregelung für vor dem 1. 7. 2008 an den Versicherten erteilte Abrechnungen ( NWB YAAAC-85284 und NWB SAAAC-88938).

Zur Kritik am Gesetzentwurf zur Neuregelung des unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises vgl. Wagner, UR 2003 S. 483. Vgl. zum unberechtigten Steuerausweis und dessen Berichtigung auch Wagner, DStR 2004 S. 477 und Zeuner, UR 2004 S. 228. Wegen weiterer Literaturhinweise s. auch Tz. 227, a. Zur Stornorechnung in der Umsatzsteuer vgl. Atanasova/Küffner, DB 2009 S. 479.

Zudem bleibt abzuwarten, ob sich Konsequenzen für die Auslegung der nationalen Vorschrift aus dem –C-80/02, Karageorgou, Petrova und Vlachos NWB CAAAB-79468 ergeben. Hier hat der EuGH entschieden, dass ein als Umsatzsteuer in einer Rechnung gesondert ausgewiesener Umsatzsteuerbetrag dann nicht als Umsatzsteuer anzusehen ist, wenn der Rechnungsaussteller nicht als Unternehmer (sondern als Angestellter = Nichtunternehmer) handelt. Führt man diesen Gedanken konsequent zu Ende, muss daraus folgen, dass ein solcher Betrag nicht unter Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der 6. EG-RL (= Art. 203 MwStSystRL) fällt, da keine „Umsatzsteuer” gesondert in Rechnung gestellt wurde. Der BFH misst diesem Urteil u.E. zutreffend keine allgemeine Bedeutung zu; er hebt vielmehr hervor, dass dieses Urteil einen Sonderfall (Person, die Dienstleistungen gegenüber dem Staat aufgrund eines Arbeitsverhältnisses als Nichtselbständiger erbringt, stellt irrtümlich auf Weisung des Arbeitgebers Quittungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer aus, wofür der EuGH eine Gefährung des Steueraufkommens verneint) betrifft ( NWB ZAAAC-36584). Die Grundsätze dieses EuGH-Urteils greifen nicht ein, wenn ein Unternehmer gegenüber einem anderen Unternehmer über eine angeblich steuerbare Lieferung abgerechnet hat ( NWB RAAAC-83315).

Tz. 228 Vorsteuerabzug: Berechtigter Personenkreis

§ 15 Abs. 1 UStG

Zum Vorsteuerabzug berechtigt ist der Unternehmer im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit. Er muss die Gegenstände eingeführt (Tz. 236) oder die Leistungen von einem anderen Unternehmer (Tz. 219 a) für sein Unternehmen (Tz. 229 d) mit Rechnungen nach §§ 14, 14a UStG empfangen haben, in denen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen ist, oder die Gegenstände innergemeinschaftlich erworben haben (Tz. 25). Abziehbar ist nur die gesetzlich geschuldete Steuer. Der Vorsteuerabzug kann sich auch aus einer vom Unternehmer als Leistungsempfänger geschuldeten Steuer i. S. des § 13b Abs. 1 UStG für Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt werden, ergeben (vgl. Tz. 212). Der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer kann im Inland, im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Drittlandsgebiet ansässig sein.

Es kommt für den Vorsteuerabzug eines gutgläubigen Erwerbers auf die Absicht eines anderen Unternehmers in der Lieferkette (den der betroffene Unternehmer weder kannte noch kennen konnte), Umsatzsteuerbetrügereien zu begehen, nicht an. Das Vorsteuerabzugsrecht des betroffenen Unternehmers, der Umsätze in einer Lieferkette ausführt, wird auch nicht dadurch berührt, dass in der Lieferkette ein anderer Umsatz, der dem vom betroffenen Unternehmer getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Umsatzsteuerbetrug behaftet ist, ohne dass der betroffene Unternehmer hiervon Kenntnis hat oder haben kann (vgl. verb. Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen Ltd u. a. NWB FAAAB-80341). Das gilt auch, wenn mit der Lieferung an den gutgläubigen Erwerber selbst Umsatzsteuer hinterzogen wird, also die Hinterziehung nicht lediglich auf einer vorangegangenen Handelsstufe stattfindet. Allerdings kann der Vorsteuerabzug verweigert werden, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen war. Das gilt auch dann, wenn der betreffende Umsatz die objektiven Kriterien der wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. des Lieferbegriffs erfüllt (vgl. verb. Rs. C-439/04 und C-440/04, Axel Kittel und Recolta Recycling NWB NAAAB-90242).

Ein nicht im Inland ansässiger Unternehmer kann den Vorsteuerabzug auch dann beanspruchen, wenn er im Inland keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausführt, und zwar insoweit, als die Vorsteuerbeträge seiner unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen sind und die sonstigen Voraussetzungen des § 15 UStG vorliegen. Das gilt auch für Vorsteuern, die im Zusammenhang mit nicht im Inland bewirkten Umsätzen stehen, z. B. für gesondert berechnete Umsatzsteuerbeträge, die anlässlich von betrieblichen Reisen oder Messebesuchen im Inland anfallen. Zu beachten ist jedoch § 15 Abs. 2 UStG (Tz. 246). Wegen des Vorsteuervergütungsverfahrens für nicht im Inland ansässige Unternehmer vgl. Tz. 264.

Wendet der Unternehmer für den Vorsteuerabzug die allgemeinen Durchschnittssätze des § 23 oder § 23a UStG (Tz. 295 ff.) an, treten sie an die Stelle der tatsächlich angefallenen Vorsteuerbeträge. Ein weiterer Vorsteuerabzug ist insoweit ausgeschlossen (§ 70 Abs. 1 UStDV, § 23a Abs. 1 UStG). Land- und Forstwirte, die von der Durchschnittsbesteuerung des § 24 UStG Gebrauch machen, können für ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb keine weiteren Vorsteuern abziehen. Wendet der Wiederverkäufer für Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 2 UStG an, ist er nicht berechtigt, die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer oder die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für die an ihn ausgeführte Lieferung als Vorsteuer abzuziehen (§ 25a Abs. 5 UStG, Tz. 319). Bei steuerfreien Umsätzen mit Anlagegold i. S. des § 25c UStG ist der Vorsteuerabzug für die in § 25c Abs. 4 UStG genannten Umsätze an den Unternehmer (z. B. steuerpflichtige Lieferungen von Anlagegold) entgegen § 15 Abs. 2 UStG nicht ausgeschlossen.

Liegt eine unternehmerische Tätigkeit vor, können vor Geschäftseröffnung für vorbereitende Handlungen angefallene Vorsteuern bereits abgezogen werden. Das gilt auch dann, wenn es nicht zu Ausgangsumsätzen kommt oder wenn es entgegen der Absicht des Unternehmers, die Option nach § 9 UStG auszuüben und steuerpflichtige statt steuerfreie Umsätze ausführen zu wollen, nicht zu einer steuerpflichtigen Umsatztätigkeit kommt (vgl. , BStBl 2003 II S. 426; NWB F. 7 S. 5421). Gehen nach Betriebseinstellung Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ein, kann der Unternehmer die betreffenden Vorsteuerbeträge nach Maßgabe der AO vom Finanzamt nachfordern.

Der Vorsteuerabzug steht Kleinunternehmern nicht zu, die für ihre Umsätze § 19 Abs. 1 UStG anwenden. Geht der Kleinunternehmer von § 19 Abs. 1 UStG zur normalen Besteuerung über, kann er als Vorsteuern die gesondert in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge für Leistungen absetzen, die nach dem Übergang zur Normalbesteuerung an ihn ausgeführt worden sind, die Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die nach dem Übergang zur Normalbesteuerung für sein Unternehmen eingeführt wurden oder in den Fällen des § 1 Abs. 3 UStG nach diesem Zeitpunkt in den freien Verkehr gelangt sind, und die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen nach dem Übergang zur Normalbesteuerung für sein Unternehmen. Dies gilt entsprechend auch für Unternehmer, die von der Besteuerung nach den §§ 23, 23a oder 24 UStG zur allgemeinen Besteuerung übergehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind die Steuerbeträge für Umsätze, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs zur allgemeinen Besteuerung ausgeführt werden. Das gilt auch für Leistungsbezüge, die erstmalig nach dem Übergang verwendet werden.

Bei einem Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Besteuerung nach § 19 Abs. 1, §§ 23, 23a oder 24 UStG sind umgekehrt Vorsteuerbeträge nicht nach § 15 UStG abziehbar. Bei Anwendung des § 23 UStG gilt dies jedoch nur für die Vorsteuerbeträge, auf die sich die Durchschnittssätze nach § 70 UStDV erstrecken.

Schaltet ein Kreditinstitut bei der Erstellung eines Betriebsgebäudes eine Personengesellschaft vor, die das Gebäude errichtet und anschließend unter Verzicht auf die Steuerfreiheit an das Kreditinstitut vermietet, kann darin ein Rechtsmissbrauch vorliegen, der bei der Personengesellschaft zur Versagung des Vorsteuerabzugs aus den Herstellungskosten des Gebäudes führt (vgl. NWB EAAAC-33840 zum Vorsteuerabzug beim sog. Sparkassenmodell oder Bankenmodell). Saniert ein Treuhänder ein Gebäude für Zwecke einer umsatzsteuerpflichtigen Vermietung, ist der Treuhänder und nicht der Treugeber aufgrund der im Namen des Treuhänders bezogenen Bauleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt (vgl. NWB UAAAD-22113).

Wechselt der Organträger infolge einer Veräußerung der Anteile an der Organgesellschaft zeitlich nach dem Bezug einer Leistung durch die Organgesellschaft, aber noch vor Erhalt der Rechnung, steht das Recht zum Vorsteuerabzug aus diesem Leistungsbezug nicht dem neuen Organträger zu. Die Berechtigung des Organträgers zum Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen der Organgesellschaft richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs, nicht der Rechnungserteilung (vgl. ).

Tz. 229 Abziehbare Vorsteuern

Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist gegeben, wenn

  • ein Unternehmer die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt hat (Tz. 229, a),

  • die Steuer für den Umsatz gesondert in Rechnung gestellt wurde (Tz. 229, b),

  • der Leistungsempfänger Unternehmer ist (Tz. 228) und

  • die erworbenen Gegenstände oder empfangenen sonstigen Leistungen für sein Unternehmen bestimmt sind (Tz. 229, d).

§ 15 UStG schützt nicht den guten Glauben an die Erfüllung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug. Der Unternehmer kann Vorsteuerbeträge erst in dem Besteuerungszeitraum abziehen, in dem die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG insgesamt vorliegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis (vgl. , BStBl 2004 II S. 861; Nachfolgeentscheidung zum , Terra Baubedarf-Handel NWB LAAAB-21779).

Das Vorsteuerabzugsrecht bezieht sich auch auf die Steuer, die vom Unternehmer als Leistungsempfänger für Leistungen im Rahmen der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft i. S. des § 13b Abs. 1 UStG geschuldet wird, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG; vgl. Tz. 229, e). Das gilt auch für die im Rahmen der Umsatzsteuer-Lagerregelung vom Auslagerer gem. § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG geschuldete Umsatzsteuer. In den Fällen des § 13 Abs. 1 UStG hat der gesonderte Steuerausweis in der Rechnung zu unterbleiben. Die Voraussetzungen gelten im Grundsatz auch für den Vorsteuerabzug bei Zahlungen vor Ausführung des Umsatzes, wobei der Abzug zeitlich vorverlegt ist (Tz. 229, c).

a) Leistender

Der Leistende muss den Umsatz an den vorsteuerabzugsberechtigten Empfänger im Rahmen seines Unternehmens ausführen. Der Abzugsanspruch entfällt, wenn eine Privatperson oder ein Hoheitsbetrieb die Lieferung oder sonstige Leistung tätigt, auch wenn der Nichtunternehmer die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet. Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass die in der Rechnung ausgewiesene Steuer für den berechneten Umsatz geschuldet wird (vgl. , BStBl 1998 II S. 695). Soweit die in Rechnung gestellte Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet wird, ist der Vorsteuerabzug daher ebenfalls nicht möglich. Ist in der Rechnung nicht der leistende Unternehmer, sondern ein anderer angegeben, ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig. Das Gleiche gilt, wenn ein anderer im Namen des Leistenden eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis erteilt, ohne vom Leistenden dazu beauftragt zu sein. Ein Vorsteuerabzug ist nicht zulässig bei Sacheinlagen aus der Privatsphäre oder dem Hoheitsbetrieb und bei Innenumsätzen (z. B. innerhalb eines Organkreises oder zwischen verschiedenen Betriebsteilen desselben Unternehmens).

Der Abzug umfasst nur die Vorsteuerbeträge, die der leistende Unternehmer für im Inland bewirkte oder als im Inland ausgeführt geltende (vgl. § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 8 UStG) Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert ausgewiesen hat. Danach ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen für eine Steuer, die – entweder weil sie höher ist als die gesetzlich geschuldete Steuer oder weil der betreffende Umsatz nicht der Umsatzsteuer unterliegt – in keinem Zusammenhang mit einem bestimmten Umsatz steht. Der Vorsteuerabzug ist also nicht zulässig aus Rechnungen, mit denen nicht steuerbare Leistungen im Ausland, steuerfreie Leistungen, steuerpflichtige Leistungen mit zu hoch ausgewiesener Steuer oder Leistungen von Kleinunternehmern i. S. des § 19 UStG mit gesondertem Steuerausweis abgerechnet werden. Die Finanzverwaltung hat das entsprechende (BStBl 1998 II S. 695) im strengen Sinn, d. h. ohne Erleichterungen und allgemeine Billigkeitsregelungen übernommen. Danach ist ein Vorsteuerabzug von nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldeter Steuer auch dann unzulässig, wenn für den Leistungsempfänger unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht erkennbar ist, dass der maßgebliche Umsatz nicht umsatzsteuerbar oder umsatzsteuerpflichtig ist oder einem niedrigeren Steuersatz unterliegt.

Wird der Vorsteuerabzug von einem Leistungsempfänger aus Lieferungen in sog. „Karussellen” geltend gemacht, in denen Waren nach einem Gesamtplan eine Lieferkette durchlaufen und ggf. an den vorbezeichneten Lieferungsempfänger zurück„geliefert” werden, ist zweifelhaft, ob diese Warenbewegungen innerhalb des Kreises der Umsatzbesteuerung unterliegen (vgl. , BStBl 2005 II S. 535).

Das für den Vorsteuerabzug erforderliche Merkmal „Leistung eines anderen Unternehmers” muss anhand der Rechnung nach den §§ 14, 14a UStG für die Finanzverwaltung nachprüfbar sein. Insoweit besteht eine Verpflichtung des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Geschäftsdaten des Rechnungsausstellers zu vergewissern. Dem Vorsteuerabzug steht aber nicht entgegen, dass sich der leistende Unternehmer nach Umsatz und Rechnungsausstellung dem Zugriff der Finanzbehörde entzogen hat. In diesem Fall kommt allerdings u. U. eine Haftung nach § 25d UStG für die nichtentrichtete Steuer in Betracht (vgl. Tz. 322). Gewährt eine Genossenschaft ihren Mitgliedern mit Gutschriften eine umsatzabhängige Rückvergütung für die an die Genossenschaft erbrachten Lieferungen, handelt es sich um eine nachträgliche Erhöhung des Entgelts mit der Folge, dass die Genossenschaft insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (, BStBl 2003 I S. 214).

b) Rechnung oder Gutschrift mit Steuerausweis

Zum Vorsteuerabzug ist nur der Unternehmer berechtigt, der für die empfangene Leistung eine ordnungsmäßige Abrechnung i. S. des § 14 UStG (Rechnung oder Gutschrift) mit Umsatzsteuerausweis besitzt. In ihr müssen alle in § 14 Abs. 4 und § 14a UStG geforderten Angaben enthalten sein (vgl. dazu im Einzelnen Tz. 225). Die Angaben in der Rechnung müssen vollständig und richtig sein. Zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs gehört somit eine ordnungsgemäße Rechnung, die u. a. auch die zutreffende Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten muss. Die Berücksichtigung des Vertrauensschutzes aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalles – wenn der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht hätte erkennen können – ist im Rahmen der Steuerfestsetzung nicht möglich. Hierfür kommt lediglich eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163, § 227 AO in Betracht (vgl. , BStBl 2009 II S. 744).

Im Fall der Berichtigung einer Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV ist ein Vorsteuerabzug erst in dem Zeitpunkt zulässig, in dem alle nach §§ 14 und 14a UStG erforderlichen Angaben an den Leistungsempfänger übermittelt wurden. Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Bei der Überprüfung der Richtigkeit der Angaben kann dem Unternehmer nur zugemutet werden, was der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns entspricht. Die Überprüfung der Richtigkeit der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Rechnungsnummer (fortlaufende Nummer) ist dem Rechnungsempfänger regelmäßig nicht möglich. Ist eine dieser Angaben unrichtig und konnte der Unternehmer dies trotz der Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen, bleibt der Vorsteuerabzug erhalten, wenn im Übrigen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind. Hinsichtlich der übrigen nach §§ 14, 14a UStG erforderlichen Angaben hat der Rechnungsempfänger die inhaltliche Richtigkeit der Angaben zu überprüfen mit der Folge, dass bei unrichtigen Angaben der Vorsteuerabzug entfällt. Zu den unrichtigen Angaben, die eine Versagung des Vorsteuerabzugs zur Folge haben, zählen in einer Rechnung enthaltene Rechenfehler oder die unrichtige Angabe des Entgelts, des Steuersatzes oder des Steuerbetrags. Im Fall des § 14c Abs. 1 UStG kann der Vorsteuerabzug jedoch unter den übrigen Voraussetzungen in Höhe der für die bezogene Leistung geschuldeten Steuer vorgenommen werden. Der Vorsteuerabzug kann erst zu dem Zeitpunkt gewährt werden, in dem der Rechnungsaussteller die Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt hat und die zu berichtigenden Angaben an den Rechnungsempfänger übermittelt hat. Ungenauigkeiten wie z. B. Schreibfehler im Namen oder der Anschrift des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfängers oder in der Leistungsbeschreibung führen unter den übrigen Voraussetzungen nicht zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn trotzdem eine eindeutige und unzweifelhafte Identifizierung der am Leistungsaustausch Beteiligten, der Leistung und des Leistungszeitpunkts möglich ist und die Schreibfehler nicht sinnentstellend sind. Die Leistungsbeschreibung „für technische Beratung und Kontrolle im Jahr 1996” reicht nicht dazu aus, die damit abgerechnete Leistung zu identifizieren, wenn diese sich weder aus den weiteren Angaben in der Rechnung noch aus ggf. in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen weiter konkretisieren lässt (vgl. , BStBl 2009 II S. 218).

Wird die deutsche Umsatzsteuer in fremder Währung ausgewiesen, ist sie für Zwecke des Vorsteuerabzugs nach amtlichen Durchschnittskursen in Euro umzurechnen (s. Tz. 255).

Eine Rechnung, in der zwar der Bruttopreis, der Steuersatz und der Umsatzsteuerbetrag, nicht aber das Entgelt ausgewiesen ist, berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug (, BStBl 2001 II S. 426). Deshalb ist der leistende Unternehmer bei Umsätzen an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen, die sowohl das Entgelt (Nettorechnungsbetrag) als auch den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag enthalten (§ 14 Abs. 4 UStG). Die Vereinfachungsregelungen nach den §§ 3335 UStDV bleiben davon unberührt. Fehlt der gesonderte Umsatzsteuerausweis, ist der Vorsteuerabzug auch insoweit unzulässig, als der Leistende den Empfänger durch einen Zusatz in der Rechnung befugt, die Umsatzsteuer aus dem Bruttobetrag herauszurechnen. Eine gesonderte Inrechnungstellung der Umsatzsteuer liegt auch nicht vor, wenn die in einem Vertrag enthaltene Abrechnung offen lässt, ob der leistende Unternehmer den Umsatz versteuern oder als nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei behandeln will, und demgemäß die Abrechnungsvereinbarung für jeden der beiden Fälle eine alternative Ausgestaltung enthält. Die Vorsteuer darf nicht abgezogen werden, wenn der gesondert berechneten Umsatzsteuer eine Leistung nicht zugrunde liegt oder der Leistende nicht Unternehmer ist. Wegen der Ausnahmen bei Vorauszahlungen vgl. Tz. 229, c. Erleichterungen bestehen für Kleinbetragsrechnungen (Tz. 233) und Fahrausweise (Tz. 234).

Der Unternehmer darf den gesondert berechneten Steuerbetrag nicht als Vorsteuer übernehmen, wenn er für einen steuerfreien Umsatz ausgewiesen wurde oder der leistende Unternehmer die Sonderregelung des § 19 Abs. 1 UStG anwendet. Er muss die Richtigkeit der ihm berechneten Umsatzsteuer nachprüfen. Steuerbeträge, die den allgemeinen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) übersteigen oder die vom allgemeinen Steuersatz statt des ermäßigten Steuersatzes ausgehen, sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Hat der Rechnungsaussteller die Steuer unzutreffend berechnet, bleibt es dem Rechnungsempfänger überlassen, eine berichtigte Rechnung anzufordern. Der Leistungsempfänger ist zum Vorsteuerabzug insoweit nicht berechtigt, als er über den empfangenen Umsatz eine Gutschrift mit Umsatzsteuerausweis ausstellt und der Umsatz an ihn nicht steuerpflichtig ist oder für den der leistende Unternehmer § 19 Abs. 1 UStG anwendet oder die Gutschrift ohne Einverständnis des Leistenden erteilt ist. Der Vorsteuerabzug entfällt, soweit der Leistende dem in der Gutschrift angegebenen Umsatzsteuerbetrag widerspricht. Der Vorsteuerabzug ist ebenfalls nicht zulässig, wenn der Leistungsempfänger eine unvollständige und daher zum Vorsteuerabzug nicht berechtigende Rechnung, z. B. bei fehlendem gesondertem Steuerausweis ohne ausdrückliche Anerkennung des Lieferers oder Leistenden, durch eine Gutschrift ersetzt.

Umsatzsteuerbeträge in Rechnungen oder Gutschriften über Leistungsbezüge von Land- und Forstwirten, die ihre Umsätze nach § 24 Abs. 1 UStG versteuern, darf der Empfänger abweichend von § 15 Abs. 1 UStG nur bis zur Höhe der Umsatzsteuer abziehen, welche der gesetzlichen Umsatzsteuer für den maßgeblichen Umsatz entspricht (§ 24 Abs. 1 Satz 5 UStG). Bei Reiseleistungen i. S. des § 25 Abs. 1 UStG ist der Unternehmer nicht berechtigt, die ihm für die Vorleistungen gesondert berechneten Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuern abzuziehen (§ 25 Abs. 4 UStG, Tz. 317). Bei steuerfreien Umsätzen mit Anlagegold i. S. des § 25c UStG sind die im § 15 Abs. 2 UStG geregelten Ausschlüsse vom Vorsteuerabzug nach Maßgabe des § 25c Abs. 4 und 5 UStG nicht anzuwenden. Unternehmern, die die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) anwenden, wird regelmäßig keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. In dem Sonderfall des § 25a Abs. 2 UStG (Anwendung der Differenzbesteuerung auf Kunstgegenstände und Sammlungsstücke) ist der Vorsteuerabzug nach § 25a Abs. 5 Satz 3 UStG ausgeschlossen.

Wird der in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbetrag nachträglich berichtigt, hat der Leistungsempfänger die abgesetzte Vorsteuer nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 UStG entsprechend richtig zu stellen (vgl. Tz. 256).

c) Vorsteuerabzug bei Zahlungen vor Empfang des Umsatzes

Stellt der Unternehmer eine Rechnung oder der Empfänger eine Gutschrift mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer vor Ausführung des Umsatzes aus, darf der Leistungsempfänger die Steuer bereits für den Besteuerungszeitraum abziehen, in dem ihm die Abrechnung vorliegt und er die Zahlung geleistet hat. Das Gleiche gilt hinsichtlich der vom Leistungsempfänger nach § 13b UStG geschuldeten Steuer, die in der Rechnung nicht gesondert ausgewiesen werden darf. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistung entfällt, ist sie bereits abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 UStG). Damit wird eine Entlastung des Unternehmers in dem Voranmeldungszeitraum erreicht, in dem die geschuldete Steuer vom Leistungsempfänger angemeldet wird. Der zeitlich vorgezogene Vorsteuerabzug kann angewendet werden, wenn der leistende Unternehmer als Sollversteuerer der Istversteuerung von Anzahlungen unterliegt oder er seine Umsatzsteuer in vollem Umfang nach den vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 20 Abs. 1 UStG). Geht ein Kleinunternehmer von der Sonderregelung des § 19 Abs. 1 UStG zur Regelbesteuerung über und hat er bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen erst nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, kann er die auf diese Zahlungen entfallenden Vorsteuerbeträge in der ersten Voranmeldung nach dem Übergang zur Regelbesteuerung geltend machen, sofern ihm zu diesem Zeitpunkt eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis über die vorher geleisteten Anzahlungen vorliegt. Der Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Lieferungen, auf die eine Anzahlung geleistet wurde, setzt voraus, dass die Gegenstände der Lieferung zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind (vgl. , BStBl 2007 II S. 340).

Leistet der Unternehmer für die Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung eine Anzahlung, bevor die angezahlte Leistung an ihn bewirkt ist, ist für den Vorsteuerabzug auf seine Verwendungsabsicht im Zeitpunkt der Anzahlung abzustellen. Ist eine Grundstücksvermietung beabsichtigt, kommt es darauf an, ob der Unternehmer das Grundstück steuerfrei vermieten oder auf die Steuerfreiheit der Grundstücksvermietung (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) gem. § 9 UStG verzichten will. Im erstgenannten Fall ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, im letztgenannten Fall nicht (vgl. , BStBl 2003 II S. 434).

Lautet die Vorausrechnung mit Steuerausweis über einen höheren Betrag als der Rechnungsempfänger überweist, kann vorweg nur der Umsatzsteuerbetrag abgezogen werden, der auf die im Voraus geleistete Zahlung entfällt. Das gilt auch, wenn vor der Ausführung des Umsatzes über die gesamte Leistung abgerechnet wird, die Gegenleistung aber in Teilbeträgen gezahlt wird. Die insgesamt ausgewiesene Umsatzsteuer ist auf die einzelnen Teilbeträge aufzuteilen. Vgl. Beispiel in Abschn. 193 Abs. 4 UStR.

Aus einer Endrechnung kann der Leistungsempfänger nur den Steuerbetrag als Vorsteuer abziehen, der auf die verbliebene Restzahlung entfällt. Das Gleiche gilt bei der Abrechnung mit Gutschriften oder in den Fällen der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b UStG. Ein höherer Vorsteuerabzug ist auch dann nicht zulässig, wenn in der Endrechnung die im Voraus gezahlten Teilentgelte und die darauf entfallenden Steuerbeträge nicht oder nicht vollständig abgesetzt wurden. Sind die Abrechnungen für die im Voraus geleisteten Zahlungen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Endrechnung widerrufen oder zurückgenommen worden, ist aus der Endrechnung ebenfalls nur der auf die Restzahlung entfallende Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer abziehbar.

d) Verwendung der empfangenen Sachen und Dienste für das Unternehmen

Weitere Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass der Unternehmer die empfangenen Leistungen für sein Unternehmen verwendet. Die Leistung muss in die unternehmerische Sphäre des Unternehmers eingehen (vgl. z. B. , BStBl 1985 II S. 176). Der Begriff der Verwendung einer Lieferung oder sonstigen Leistung umfasst auch die Verwendungsabsicht. Das Vorsteuerabzugsrecht entsteht daher dem Grunde und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Der Vorsteuerabzug entfällt, wenn der erworbene Gegenstand oder die empfangene sonstige Leistung von vornherein ausschließlich für den privaten Lebensbereich oder für echte Mitgliederleistungen eines Vereins bestimmt ist. Die Verwendung der bezogenen Leistung in der unternehmerischen Sphäre muss objektiv möglich und durchgeführt sein. Der Vorsteuerabzug ist z. B. möglich für Bewirtungsaufwendungen anlässlich des 65. Geburtstags des Unternehmers, wenn die Bewirtung betrieblich veranlasst ist (, BStBl 1986 II S. 216). Für die Frage, ob eine Leistung für das Unternehmen vorliegt, sind grds. die Verhältnisse im Zeitpunkt des Umsatzes an den Unternehmer maßgebend. Bei der Anschaffung von Freizeitgegenständen, z. B. von Segelbooten, Segelflugzeugen und Wohnwagen, ist davon auszugehen, dass sie dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen sind. Ein Vorsteuerabzug scheidet i. d. R. wegen der privaten Veranlassung aus, auch wenn dieser Gegenstand später unternehmerisch verwendet wird (vgl. aber , BStBl 1990 II S. 801). Liefert ein Unternehmer unter der Anschrift und Bezeichnung, unter der er seine Umsatztätigkeit ausführt, einen ihm gelieferten, für sein Unternehmen objektiv nützlichen Gegenstand sogleich weiter und rechnet er darüber mit gesondertem Steuerausweis ab, behandelt er den Gegenstand als für sein Unternehmen bezogen. Als Nachweis dafür, dass die Leistung für das Unternehmen bezogen wurde, sind zutreffende Angaben des leistenden Unternehmers über Art und Umfang der von ihm ausgeführten Leistung in der Rechnung oder anderen Unterlagen erforderlich. Bei Lieferungen ist dies grds. die handelsübliche Bezeichnung der Liefergegenstände. Unrichtige und ungenaue Angaben im Abrechnungspapier, z. B. bei Aufführung einer tatsächlich nicht erbrachten Leistung (Gefälligkeitsrechnung) oder unpräzise Angaben über Art und Umfang des Leistungsgegenstands, führen zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug. Zum Vorsteuerabzug bei einem Pkw-Gemeinschaftsleasing durch Unternehmer und Arbeitnehmer vgl. NWB QAAAA-82118).

Eine Lieferung oder sonstige Leistung wird grds. an diejenige Person ausgeführt, die aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt oder verpflichtet ist. Leistungsempfänger ist daher regelmäßig der Auftraggeber oder Besteller einer Leistung.

Erwirbt ein nur im Rahmen einer Gesellschaft (z. B. Anwaltssozietät) tätiger Gesellschafter einen Pkw zu Eigentum, kann die Gesellschaft die dem Gesellschafter als Käufer gesondert berechnete Umsatzsteuer bei sich nicht als abziehbare Vorsteuer behandeln (, BStBl 1985 II S. 21). Dasselbe gilt für die dem Gesellschafter berechnete, auf die Kosten der Unterhaltung des Pkw entfallenden Umsatzsteuerbeträge, auch wenn der betriebliche Anteil dieser Kosten bei der Gesellschaft als Sonderbetriebsausgabe berücksichtigt wird (, BStBl 1984 II S. 231).

Eine Personengesellschaft erbringt bei der Neuaufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen keine Leistung gegen Entgelt. Der Vorsteuerabzug für die rechtliche Beratung der Gesellschaft anlässlich der Neuaufnahme eines Gesellschafters ist nicht nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen. Entscheidend ist, dass die Kosten der bezogenen Beratungsleistungen allgemeine Kosten des Unternehmens sind und deshalb grds. direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers zusammenhängen (vgl. , BStBl 2004 II S. 1022, als Nachfolgeentscheidung zum , Kaphag, NWB TAAAB-72822). In diesem Sinne ist ein Vorsteuerabzug auch bezüglich der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausgabe neuer Aktien möglich. Entgegen der bisherigen deutschen Rechtsauffassung ist nach dem , Kretztechnik NWB MAAAB-72833, die Ausgabe neuer Aktien nicht als steuerfreier Umsatz anzusehen, der den Vorsteuerabzug für die im Zusammenhang mit der Aktienausgabe stehenden Aufwendungen ausschließen würde. Die Aktienausgabe ist nach der Entscheidung kein steuerbarer Umsatz. Insofern besteht Deckungsgleichheit mit der Entscheidung des EuGH Rs. C-442/01 zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine Personengesellschaft. Kosten für die Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage oder die Ausgabe neuer Aktien, die zu den allgemeinen Kosten des Unternehmers gehören, hängen somit grds. direkt und unmittelbar mit dessen wirtschaftlicher Tätigkeit zusammen. Dies gilt auch für Aufwendungen des Unternehmers, die mit seiner rechtlichen Beratung im Zusammenhang mit der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit oder mit einem Unternehmenskonzept entstehen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist in Bezug auf die mit der Ausgabe der Beteiligungen entstandenen Kosten hinsichtlich der Berechtigung zum Vorsteuerabzug Folgendes zu beachten (vgl. Abschn. 213a UStR, , BStBl 2006 I S. 614; vgl. hierzu auch Schmidt, NWB F. 7 S. 6785 NWB GAAAC-17126):

  • Dient die Ausgabe der Beteiligung der allgemeinen wirtschaftlichen Stärkung des Unternehmens und sind die dabei entstandenen Kosten zu Preisbestandteilen der Ausgangsumsätze geworden, gehören die Aufwendungen zu den allgemeinen Kosten, für die sich der Vorsteuerabzug nach den Verhältnissen des Besteuerungszeitraums des Leistungsbezugs bestimmt. Führt der Unternehmer nicht ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze aus, sind die abziehbaren Vorsteuern aus den mit der Gründung einer Gesellschaft, der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage oder der Ausgabe neuer Aktien im Zusammenhang stehenden Aufwendungen gemäß § 15 Abs. 4 UStG zu ermitteln.

  • Dienen die aus der Ausgabe der Beteiligungen zugeflossenen Mittel hingegen der Erweiterung oder Stärkung eines bestimmten Geschäftsbetriebs und sind die dabei entstandenen Kosten zu Preisbestandteilen nur bestimmter Ausgangsumsätze geworden (z. B. konkretes, aus dem Prospekt zur Ausgabe der Anteile ersichtliches Projekt), ist auf die insoweit beabsichtigte Verwendung abzustellen. Maßgeblich für den Vorsteuerabzug sind die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs für den Besteuerungszeitraum der Verwendung beabsichtigten Ausgangsumsätze (s. , BStBl 2003 II S. 430).

  • Soweit das durch die Ausgabe von Beteiligungen beschaffte Kapital dem nichtunternehmerischen Bereich zufließt (z. B. Kapitalerhöhung durch eine Finanzholding), ist ein Vorsteuerabzug aus den damit verbundenen Aufwendungen nicht zulässig. In den Fällen, in denen eine Gesellschaft neben dem unternehmerischen auch einen nichtunternehmerischen Bereich unterhält, und in denen die Mittel aus der Ausgabe der Beteiligung nicht ausschließlich dem unternehmerischen Bereich zufließen, sind die aus den mit der Ausgabe der Beteiligung zusammenhängenden Aufwendungen angefallenen Vorsteuerbeträge nach Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 1 UStR aufzuteilen.

Wird der Anteilseigner beim Erwerb einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung als Unternehmer tätig, muss er die Beteiligung seinem Unternehmen zuordnen. Vorsteuern, die im Zusammenhang mit den im unternehmerischen Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen anfallen, sind unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG abziehbar. Dabei ist darauf abzustellen, in welche Ausgangsumsätze die dem Erwerben und Halten von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen zugrunde liegenden Aufwendungen als Kostenelemente eingehen. In den Fällen, in denen keine direkte wirtschaftliche Zuordnung möglich ist, ist die Aufteilung des Vorsteuerabzugs nach der Gesamtschau des Unternehmens vorzunehmen. Hält der Unternehmer (z. B. eine gemischte Holding) gesellschaftsrechtliche Beteiligungen sowohl im unternehmerischen als auch im nichtunternehmerischen Bereich, sind Eingangsleistungen, die für beide Bereiche bezogen werden (z. B. allgemeine Verwaltungskosten der Holding, allgemeine Beratungskosten, Steuerberatungskosten, usw.), für Zwecke des Vorsteuerabzugs aufzuteilen (Abschn. 192 Abs. 21 UStR). Ein Vorsteuerabzug aus Aufwendungen, die im Zusammenhang mit den im nichtunternehmerischen Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen anfallen, kommt nicht in Betracht. Vgl. zur Frage des Vorsteuerabzugs aus dem mit dem Erwerben, Halten und Veräußern einer Beteiligung zusammenhängenden Aufwendungen ausführlich , BStBl 2007 I S. 211.

Eine zur Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete Vorgründungsgesellschaft, die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt an diese veräußert, ist zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Veräußerung als Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Maßgebend für den Vorsteuerabzug sind die beabsichtigten Umsätze der Kapitalgesellschaft (, BStBl 2005 II S. 155, nachfolgend auf , Faxworld NWB IAAAB-72574).

Leistungen, die eine AG (Publikumsgesellschaft) mit dem Unternehmensgegenstand „Erwerb, Verwaltung und Verwertung von Immobilien, Wertpapieren, Beteiligungen sowie Vermögensanlagen” im Zusammenhang mit der Ausgabe stiller Beteiligungen bezieht, werden nur insoweit i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG „für das Unternehmen” der AG – und nicht für ihren nichtunternehmerischen Bereich – ausgeführt, als die AG unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig ist (, BStBl 2005 II S. 503, bestätigt durch , Securenta NWB KAAAC-75868). Die einer gemeinnützigen Körperschaft mit einem unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereich in Rechnung gestellte Vorsteuer ist aufzuteilen. Abziehbar ist nur die Vorsteuer für Eingangsleistungen, die ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Die Tatsache, dass die Körperschaft sog. echte Zuschüsse erhalten hat, besagt nicht, dass die Vorsteuern ausschließlich dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen wären (vgl. NWB MAAAC-80259).

Ist mangels entgeltlicher Leistungen eine Gesellschaft nicht Unternehmer, kann unter Umständen ein anteiliger Vorsteuerabzug der Gesellschafter in Betracht kommen (, BStBl 2003 II S. 443). Wird auf einem Grundstück, an dem die Ehegatten gemeinschaftlich Miteigentümer sind, ein Bauwerk errichtet, kann statt der Ehegattengemeinschaft auch einer der Ehegatten allein Leistungsempfänger sein. Bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung durch mehrere Personen ist es für die Annahme einer Leistungsempfängerschaft der Gemeinschaft ausreichend, dass z. B. die Gemeinschaft als solche einem Gemeinschafter den Gegenstand oder einen Teil des Gegenstands unentgeltlich überlässt, weil dann von der Gemeinschaft Leistungen erbracht werden und die Gemeinschaft damit als solche als wirtschaftlich und umsatzsteuerrechtlich relevantes Gebilde auftritt. Lediglich für Zwecke des Vorsteuerabzugs ist jeder unternehmerische Gemeinschafter als Leistungsempfänger anzusehen. Zur Anwendung der , BStBl 2008 II S. 497, v. - V R 49/99, BStBl 2008 II S. 493, und v. - V R 79/99, BStBl 2008 II S. 495, in diesem Zusammenhang vgl. , BStBl 2008 I S. 675.

Dienen erworbene vertretbare Sachen oder empfangene sonstige Leistungen teils dem Unternehmen, teils privaten Zwecken, ist der darauf entfallende, gesondert berechnete Umsatzsteuerbetrag auf die beiden Verwendungsarten (abzugsfähig, nicht abzugsfähig) aufzuteilen. Telefondienstleistungen bezieht ein Unternehmer nur insoweit für sein Unternehmen, als er das Telefon unternehmerisch nutzt.

Bei einem einheitlichen Gegenstand hat der Unternehmer ein Wahlrecht. Er kann z. B. einerseits ein Gebäude mit dem dazugehörenden Grund und Boden insgesamt dem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen, auch wenn das Gebäude teilweise unternehmerisch genutzt wird. Andererseits kann er ein Gebäude auch insgesamt seinem Unternehmen zuordnen, wenn die unternehmerische Nutzung mindestens 10 % beträgt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Unternehmer kann einen nichtunternehmerisch (privat) genutzten Gebäudeteil (z. B. eine eigengenutzte Wohnung) auch von vornherein ganz oder teilweise seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (vgl. , Armbrecht, BStBl 1996 II S. 392).

Bei gemischt genutzten beweglichen Wirtschaftsgütern (z. B. sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzter Computer) wird regelmäßig davon ausgegangen, dass der Unternehmer sie insgesamt dem Unternehmen zuordnet. In diesem Fall ist die Vorsteuer (sowohl aus den Anschaffungskosten als auch aus den laufenden Unterhaltskosten) in voller Höhe abziehbar. Die nichtunternehmerische Nutzung wird nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG erfasst (vgl. Tz. 63). Will der Unternehmer ein bewegliches Wirtschaftsgut ausnahmsweise lediglich hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils dem Unternehmen zuordnen, darf er nur die auf diesen Teil entfallende Vorsteuer (sowohl aus den Anschaffungskosten als auch aus den laufenden Unterhaltskosten) abziehen.

Die Entscheidung über die Zuordnung zum Unternehmen hat der Unternehmer zu treffen. Es reicht aus, dass der Gegenstand im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll. Nach dem , Bakcsi NWB BAAAA-96707, kann der Unternehmer ein Investitionsgut, das er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke erwirbt, auch in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen. Die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers ist nach dem EuGH-Urteil eine einseitige Willenserklärung, die der Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts im Zeitpunkt des Erwerbs des Gegenstands vorausgeht. Der Unternehmer sollte daher seine Zuordnungsentscheidung in der Buchführung und den Aufzeichnungen dokumentieren. Ist danach nicht eindeutig erkennbar, in welchem Umfang der Gegenstand dem Unternehmens- bzw. Privatvermögen zuzurechnen ist, wird die Zuordnung im Wesentlichen davon abhängen, ob und in welchem Umfang der Unternehmer bei der Anschaffung des Gegenstands den Vorsteuerabzug geltend macht (vgl. Abschn. 192 Abs. 21 Nr. 2 Buchst. a Satz 5 UStR). Die Ausübung des Vorsteuerabzugs bei laufenden Ausgaben im Zusammenhang mit dem Gegenstand (z. B. auch Reparaturen) ist für die Zuordnungsentscheidung ohne Bedeutung. Vorsteuerbeträge können nicht abgezogen werden, wenn es an objektiven Anhaltspunkten dafür fehlt, dass der Unternehmer beabsichtigt hatte, die Eingangsleistungen zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen zu verwenden. Absichtsänderungen wirken nicht zurück und führen deshalb nicht dazu, dass Steuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind (, BStBl 2005 II S. 414).

Wird ein nicht zum Unternehmen gehörender Gegenstand gelegentlich dem Unternehmen überlassen, können nur die Vorsteuern abgezogen werden, die unmittelbar durch die unternehmerische Verwendung anfallen, z. B. die Steuer für den Bezug von Kraftstoff anlässlich einer betrieblichen Fahrt mit einem privaten Kraftfahrzeug.

Will der Unternehmer von der Möglichkeit der Zuordnung von nichtunternehmerisch verwendeten Gebäudeteilen zum nichtunternehmerischen Bereich Gebrauch machen, muss er dies dem Finanzamt spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung des Jahrs schriftlich mitteilen, in dem das Gebäude erstmals verwendet wird. Ansonsten ist davon auszugehen, dass der Unternehmer das Gebäude insgesamt seinem unternehmerischen Bereich zugeordnet hat. Im Fall der Zuordnung des nichtunternehmerisch genutzten Teils zum nichtunternehmerischen Bereich wird der nichtunternehmerisch genutzte Teil als separater Gegenstand angesehen, der nicht „für das Unternehmen” i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bezogen wird. Somit entfällt der Vorsteuerabzug aus den Kosten, die auf diesen Gegenstand entfallen. Wird dieser Gegenstand später unternehmerisch genutzt (z. B. durch Umwandlung von Wohnräumen in Büroräume), ist eine Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers nach § 15a UStG nicht zulässig (vgl. Abschn. 214 Abs. 6 UStR).

Für ab dem 1. 7. 2004 angeschaffte/hergestellte Gegenstände gilt infolge (BStBl 2003 II S. 813): Ein Unternehmer, der einen Gegenstand zur teils unternehmerischen und teils nichtunternehmerischen Nutzung erwirbt, kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen. Er kann ihn insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen. Schließlich kann er ihn entsprechend dem unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen zuordnen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen; ergänzende Grundsätze zur Zuordnung zum Unternehmen vgl. , BStBl 2004 I S. 451. Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung zum Unternehmen. Gibt es keine Beweisanzeichen für die Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (, BStBl 2003 II S. 815). Ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden. Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage eines Gegenstands. Der Leistungsbezug muss in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Unternehmers stehen. Eine Verwendung des Gegenstands in der jeweiligen Sphäre muss objektiv möglich und auch durchführbar sein. Kein Wahlrecht hinsichtlich der Zuordnung zum Unternehmen besteht bei Gegenständen, die ausschließlich für unternehmerische oder nichtunternehmerische Zwecke genutzt werden. Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Unternehmer im Einzelfall Gegenstände für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erworben hat, ist eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Sachverhalts, zu denen die Art der betreffenden Gegenstände und der zwischen dem Erwerb der Gegenstände und ihrer Verwendung für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Unternehmers liegende Zeitraum gehören, zu beurteilen ist. Hierbei kann zu berücksichtigen sein, ob der Unternehmer bei An- und Verkauf des gemischt genutzten Gegenstands unter seinem Firmennamen auftritt, ob er den Gegenstand betrieblich oder privat versichert hat. Unter Umständen kann auch die bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung ein Indiz für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung sein. Zwar ist die Wahrnehmung von Bilanzierungspflichten für die umsatzsteuerrechtliche Zuordnung nicht maßgeblich. Jedoch kann z. B. der Umstand, dass der Unternehmer gewillkürtes Betriebsvermögen nicht bilanziert, ein Indiz dafür sein, dass er es auch umsatzsteuerrechtlich nicht seinem Unternehmen zuordnen wollte. Gibt es keine derartigen Beweisanzeichen für eine Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden. Bei einer – von der ertragsteuerlichen Behandlung abweichenden – teilweisen Zuordnung muss der Unternehmer die Berechnungsgrundlagen für eine Vorsteuerberichtigung besonders aufzeichnen. Ordnet der Unternehmer den teils unternehmerisch und teils nichtunternehmerisch genutzten Gegenstand dem Unternehmen in vollem Umfang zu, kann er die Vorsteuer aus den Anschaffungskosten in voller Höhe abziehen, wenn er den Gegenstand für seine steuerpflichtigen Umsätze verwendet. Die nichtunternehmerische Nutzung wird nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG erfasst. Will der Unternehmer einen Gegenstand nur hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils dem Unternehmen zuordnen, darf er nur die auf diesen Teil entfallende Vorsteuer abziehen.

Im Fall der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes gilt Folgendes: Ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, kann eine teilweise oder vollständige Zuordnung zum Unternehmen angenommen werden, wenn der Unternehmer gegenüber dem Finanzamt durch eine schriftliche Erklärung spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in dem die jeweilige Leistung bezogen worden ist, erklärt, dass und in welchem Umfang er das Gebäude dem Unternehmen zugeordnet hat. Entsprechendes gilt, wenn ein Vorsteuerabzug nur teilweise möglich ist und sich aus dem Umfang des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nicht ergibt, mit welchem Anteil das Gebäude dem Unternehmen zugeordnet wurde. Gibt der Unternehmer keine entsprechende Erklärung ab und kann aus dem Umfang der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nicht auf die Zuordnung zum Unternehmen geschlossen werden, kann diese nicht unterstellt werden. Ein Unternehmer, der ein gemischtgenutztes Gebäude zum Teil für steuerfreie Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt und zum Teil für private Wohnzwecke verwendet, hat auch für die Zeit ab dem keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des Gebäudes (vgl. , BStBl 2009 II S. 496; vgl. für die Zeit bis zum , BStBl 2009 II S. 394).

Erwachsen dem Unternehmer Aufwendungen durch Beköstigung des im Unternehmen beschäftigten Personals in seinem Haushalt, kann er die darauf entfallenden Vorsteuern pauschal mit 7,32 % des Werts errechnen, der bei der Einkommensteuer für die außerbetrieblichen Zukäufe als Betriebsausgabe anerkannt wird (Abschn. 192 Abs. 23 UStR).

Wegen des Vorsteuerabzugs bei Garantieleistungen und Freiinspektionen in der Kraftfahrzeugwirtschaft vgl. , BStBl 1975 I S. 1132). Zum Vorsteuerabzug beim Austauschverfahren in der Kraftfahrzeugwirtschaft vgl. Abschn. 153 Abs. 3 UStR; bei der Einschaltung von Unternehmen in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben vgl. , BStBl 1991 I S. 81.

Hat der Unternehmer einen möglichen Vorsteuerabzug versehentlich unterlassen, kann er ihn bis zur Unanfechtbarkeit der Jahressteuerfestsetzung nachholen, in die die Abzugsberechtigung fällt. Steht die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1, § 168 AO), darf ein unterlassener Vorsteuerabzug bis zum Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist nachgeholt werden. Hierzu bedarf es eines Antrags auf entsprechende Änderung der Umsatzsteuer für den Besteuerungszeitraum, in dem die Vorsteuer hätte abgezogen werden können (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO).

Erwirbt eine Ehegattengemeinschaft, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, ein Wirtschaftsgut, sind die Gemeinschafter (jeweils einzeln) als Leistungsempfänger anzusehen (vgl. , HE, EuGHE 2005, I - 3123 NWB AAAAB-72675). Bei Erwerb eines Wirtschaftsguts durch zwei eine Gemeinschaft bildende Ehegatten, von denen einer einen Teil des Gegenstands ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet, steht diesem Ehegatten und Miteigentümer das Recht auf Vorsteuerabzug für die gesamte Mehrwertsteuerbelastung des von ihm für unternehmerische Zwecke verwendeten Teils des Gegenstands zu, sofern der Abzugsbetrag nicht über den Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen an dem Gegenstand (d. h. über den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Mehrwertsteuerbetrag auf die Gesamtanschaffungskosten des Gebäudes) hinausgeht. Der Steuerpflichtige muss in einem solchen Fall zur Ausübung des Vorsteuerabzugs nicht über eine auf seinen Namen ausgestellte Rechnung verfügen, in der die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Teilbeträge des Entgelts und der Mehrwertsteuer ausgewiesen sind. Eine Rechnung, die ohne Unterscheidung an die Ehegattengemeinschaft ausgestellt ist und in der keine solchen Teilbeträge ausgewiesen sind, reicht zu diesem Zweck aus (so auch Nachfolgeentscheidung des , BStBl 2007 II S. 13. Zu den sich aus der Rechtsprechung ergebenden Folgen für den Vorsteuerabzug beim Bezug einer Leistung durch eine Gemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit und zur Höhe des Vorsteuerabzugs in diesen Fällen vgl. , BStBl 2007 I S. 90.

e) Vorsteuerabzug bezüglich der § 13b und § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG geschuldeten Steuer

Der Unternehmer als Leistungsempfänger kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 UStG auch die von ihm geschuldete Umsatzsteuer i. S. des § 13b Abs. 1 UStG bzw. des § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG abziehen, wenn er die Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht und zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Insoweit gilt das Gleiche wie bei anderen Umsätzen auch. S. auch Tz. 239.

Tz. 230 Vorsteuerabzug bei Vereinen, Forschungsbetrieben und ähnlichen Einrichtungen

Empfängt ein Verein, Forschungsbetrieb oder eine ähnliche Einrichtung einen Gegenstand oder eine sonstige Leistung zur Verwendung im Unternehmensbereich, kann die dafür gesondert berechnete Umsatzsteuer nach Maßgabe des § 15 UStG als Vorsteuer abgezogen werden. Dazu rechnen auch Umsätze, die dazu dienen, diesen Bereich in Ordnung zu halten oder in ihm eine Leistungssteigerung herbeizuführen. Der vorgenommene Vorsteuerabzug bleibt erhalten, wenn erworbene Gegenstände später zeitweise dem nichtunternehmerischen Bereich überlassen oder in ihn überführt werden. Der Ausgleich erfolgt über die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe i. S. des § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG.

Beim Empfang von Leistungen für ausschließlich nichtunternehmerische Zwecke (für Tätigkeiten gegen echte Mitgliederbeiträge und nicht steuerbare Zuschüsse) ist ein Abzug der damit zusammenhängenden Vorsteuern endgültig ausgeschlossen. Das gilt auch, wenn die Gegenstände später gelegentlich unternehmerisch genutzt oder in den Unternehmensbereich überführt werden. Es sind dann lediglich die Vorsteuerbeträge abzugsfähig, die anlässlich (während) der unternehmerischen Verwendung anfallen. Die Veräußerung von Gegenständen (sog. Hilfsgeschäfte), die im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzt waren, ist nicht steuerbar. Ebenso ist z. B. die Überlassung von im nichtunternehmerischen Bereich eingesetzten Kraftfahrzeugen an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung nicht steuerbar. Steuerbeträge, die unmittelbar mit den Hilfsgeschäften zusammenhängen (z. B. für Zeitungsanzeigen oder Gutachten über den Verkaufswert), sind deshalb nicht abzugsfähig (, BStBl 1985 II S. 176).

Bezieht die Einrichtung Gegenstände oder Dienste, die für beide Bereiche bestimmt sind, ist die gesondert berechnete Umsatzsteuer nach den in der Tz. 229, d bezeichneten Grundsätzen voll oder teilweise als Vorsteuer abzugsfähig. Wegen der Schwierigkeiten bei der sachgerechten Zuordnung der Vorsteuern und bei Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben kann das Finanzamt auf Antrag die in Abschn. 22 Abs. 7 UStR aufgezeigten Erleichterungen gewähren.

Wegen des Vorsteuerabzugs bei Vereinen, Forschungsbetrieben und ähnlichen Einrichtungen vgl. auch die Beispiele 1–9 in Abschn. 22 Abs. 9 UStR.

Einrichtungen, die außerhalb des unternehmerischen Bereichs tätig sind, sind insoweit nicht berechtigt, Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis auszustellen. Eine trotzdem ausgewiesene Umsatzsteuer wird nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldet. Der Leistungsempfänger darf den Betrag nicht als Vorsteuer abziehen.

Tz. 231 Vorsteuerabzug bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Umsatzsteuerbeträge, die auf Leistungsbezüge für den hoheitlichen (unternehmerischen) Bereich entfallen, sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, z. B. beim Erwerb von Büromaterial für die öffentliche Verwaltung einer Stadtgemeinde. Eine Gemeinde kann die bei der Errichtung von Spazier- und Wanderwegen, die durch Widmung die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhalten haben, angefallene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen (, BStBl 1990 II S. 799).

Ein Vorsteuerabzug ist nach Maßgabe des § 15 UStG möglich, wenn die empfangenen Leistungen für das Unternehmen (Tz. 36, 37) der juristischen Person des öffentlichen Rechts bestimmt sind und nicht der Ausführung von Umsätzen dienen, die nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG den Vorsteuerabzug ausschließen. Werden die Gegenstände später für den Hoheitsbereich entnommen oder verwendet, liegt eine unentgeltliche Wertabgabe vor.

Vorsteuerbeträge für Leistungsbezüge, die dem hoheitlichen und dem unternehmerischen Bereich gemeinsam dienen, sind entsprechend ihrem ursprünglichen Verwendungszweck in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuschlüsseln, soweit es sich dabei um vertretbare Sachen (z. B. gemeinsamer Erwerb von Heizmaterial) oder um sonstige Leistungen (z. B. ständige Beratung für beide Bereiche durch einen Anwalt aufgrund eines einheitlichen Vertrags) handelt.

Der Erwerb eines einheitlichen Gegenstands (z. B. Computer) zur gemeinsamen Verwendung in beiden Bereichen berechtigt zum vollen Vorsteuerabzug unter den Voraussetzungen des § 15 UStG. Die anteilige hoheitliche Nutzung unterliegt als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Zur Behandlung von Fahrzeugen vgl. Tz. 245.

Vermessungs- und Katasterbehörden dürfen die insgesamt abziehbaren Vorsteuerbeträge mit 1,9 % der Bemessungsgrundlage für die steuerpflichtigen Vermessungsumsätze (Tz. 40) ermitteln. Sie sind an diese Vereinfachungsregelung für mindestens fünf Kalenderjahre gebunden. Ein Wechsel ist nur zu Beginn eines Kalenderjahrs zulässig. Nehmen sie die Vereinfachungsregelung in Anspruch, braucht die Mitverwendung der Anlagegegenstände für hoheitliche Zwecke nicht als unentgeltliche Wertabgabe versteuert zu werden. Die Veräußerung der ganz oder teilweise für den unternehmerischen Bereich bezogenen Gegenstände ist dagegen der Umsatzsteuer zu unterwerfen (Abschn. 23 Abs. 11 UStR).

Eine von der juristischen Person des öffentlichen Rechts unterhaltene zentrale Beschaffungsstelle für beide Bereiche (z. B. für Büromaterial, Heizmittel) soll dem Unternehmensbereich zugeordnet werden, sofern auf diesen mindestens 10 % der Gesamtbezüge entfallen. Es darf zunächst die auf den Erwerb des gesamten Materials entfallende Vorsteuer ungekürzt abgesetzt werden. Gehen später einzelne Wirtschaftsgüter in den Hoheitsbereich ein oder werden sie dort teilweise mitverwendet, liegen insoweit unentgeltliche Wertabgaben vor. Der Vorsteuerabzug ist insoweit rückgängig zu machen (und zwar im Zeitpunkt, in dem das Wirtschaftsgut die Beschaffungsstelle verlässt), als der Gegenstand im unternehmerischen Bereich zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, die nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG den Vorsteuerabzug ausschließen. Die zentrale Beschaffungsstelle ist dem Hoheitsbereich zuzuordnen, wenn ihre Gesamtbezüge zu weniger als 10 % unternehmerischen Zwecken dienen. In diesen Fällen entfällt der Vorsteuerabzug insgesamt, d. h. auch für Gegenstände, die später einem Betrieb gewerblicher Art zugeführt werden.

Haben juristische Personen des öffentlichen Rechts Gegenstände steuerpflichtig erworben (oder eingeführt) und sie in das Drittlandsgebiet zu humanitären, karitativen oder erzieherischen Zwecken gelangen lassen, wird ihnen eine Steuervergütung unter den Voraussetzungen und in den Grenzen des § 4a UStG (Tz. 142) gewährt.

Tz. 232 Vorsteuerabzug bei Überlassung von Gegenständen durch Gesellschafter an die Gesellschaft

Erwirbt ein Gesellschafter einen Gegenstand und überlässt er ihn der Gesellschaft zur Nutzung, kann er die ihm beim Erwerb des Gegenstands in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abziehen. Voraussetzung ist, dass der Gesellschafter den Gegenstand im Rahmen seines Unternehmens erworben und der Gesellschaft gegen Entgelt überlassen hat. Ein Abzug der auf den Erwerb des Gegenstands entfallenden Vorsteuer durch die Gesellschaft ist ausgeschlossen, weil der Gegenstand nicht für das Unternehmen der Gesellschaft geliefert worden ist. Die Gesellschaft kann ggf. die Vorsteuern abziehen, die bei der Verwendung des Gegenstands in ihrem Unternehmen anfallen, z. B. der Gesellschaft in Rechnung gestellte Steuer für Reparaturen. Überlässt der Gesellschafter dagegen (im Rahmen seiner Gesellschafterstellung) den Gegenstand unentgeltlich zur Nutzung, ist mangels unternehmerischem Handeln weder der Gesellschafter noch die Gesellschaft berechtigt, die dem Gesellschafter beim Erwerb des Gegenstands in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abzuziehen (, BStBl 1988 II S. 646).

Ist ein Gesellschafter (unabhängig von seiner Gesellschafterstellung) bereits als Unternehmer tätig und überlässt er der Gesellschaft einen Gegenstand seines Unternehmens zur Nutzung, kann er sowohl bei entgeltlicher als auch bei unentgeltlicher Überlassung die ihm bei der Anschaffung des überlassenen Gegenstands in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abziehen. Ein Vorsteuerabzug der Gesellschaft ist insoweit ausgeschlossen. Der Vorsteuerabzug ist beim Gesellschafter nicht zulässig, wenn die Überlassung des Gegenstands nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG den Abzug ausschließt.

Tz. 233 Vorsteuerabzug bei Rechnungen über Kleinbeträge

§ 35 Abs. 1 UStDV

Rechnungen, deren Gesamtbetrag 150 € (bis : 100 €) nicht übersteigt, müssen nur bestimmte Mindestangaben (u. a. das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe sowie den darauf entfallenden Steuersatz) enthalten. Liegt eine ordnungsmäßige Kleinbetragsrechnung i. S. des § 33 UStDV vor (Tz. 221), ist der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er den Bruttorechnungsbetrag in Entgelt und Umsatzsteuer aufteilt. Er kann dabei die auf einen Voranmeldungszeitraum entfallenden Kleinbetragsrechnungen zusammenfassen, soweit derselbe Steuersatz anzuwenden ist. Wegen der Herausrechnungssätze vgl. Abschn. 194 Abs. 2 und 3 UStR.

Ein Vorsteuerabzug ist nicht zulässig, wenn der Unternehmer fehlende Angaben auf der Kleinbetragsrechnung (insbesondere den fehlenden Steuersatz) selbst ergänzt. Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn er fehlende Angaben über die Menge anhand der sonstigen Geschäftsunterlagen nachweist.

Tz. 234 Vorsteuerabzug bei Fahrausweisen

§ 35 Abs. 2 UStDV

Fahrausweise im Personenverkehr auf Straßen, Schienen, in der Luft, im Fährverkehr oder mit Schiffen gelten als Rechnungen des § 14 UStG, wenn sie mindestens die in § 34 UStDV geforderten Angaben enthalten (vgl. Tz. 222). Sie berechtigen zum Vorsteuerabzug, soweit sie steuerpflichtige Beförderungsleistungen im Inland betreffen und dem Unternehmen des Fahrgasts dienen (z. B. Beförderungen aus Anlass von Geschäfts- und Dienstreisen). Stellt der Unternehmer seinen Arbeitnehmern Fahrausweise für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte zur Verfügung, sind die von den Arbeitnehmern in Anspruch genommenen Beförderungen nicht als Umsätze für das Unternehmen anzusehen. Die unternehmerseits beschafften Fahrausweise berechtigen ihn deshalb nicht zur Vornahme des Vorsteuerabzugs.

Ist auf dem Fahrausweis der allgemeine Steuersatz oder bei Fahrausweisen der Deutsche Bahn AG oder der nichtbundeseigenen Eisenbahnen eine Tarifentfernung von mehr als 50 km angegeben, hat der Unternehmer die abziehbaren Vorsteuerbeträge auf der Grundlage des allgemeinen Steuersatzes (§ 12 Abs. 1 UStG) zu berechnen. Enthalten die Fahrausweise keine Angaben über den Steuersatz und die Entfernung oder beträgt die Tarifentfernung 50 km oder weniger, kommt hierfür der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG) in Betracht. Das gilt nicht für Fahrausweise im Luftverkehr. Für sie ist ein Vorsteuerabzug nur zulässig, wenn in ihnen der allgemeine Steuersatz gesondert ausgewiesen ist.

Für Zuschlag-, Platz-, Übergangs-, Liege- und Bettkarten ist der Steuersatz maßgebend, der für den dazugehörigen Fahrausweis der Deutsche Bahn AG oder nichtbundeseigenen Eisenbahnen gilt. Bei Fahrausweisen mit Umwegkarten ist die Umsatzsteuer aus dem Gesamtfahrpreis auf der Grundlage des Steuersatzes herauszurechnen, der für die Summe der im Fahrausweis und in der Umwegkarte angegebenen Tarifentfernung gilt. Die Vorschriften für den Vorsteuerabzug bei Fahrausweisen sind für Belege im Reisegepäckverkehr entsprechend anzuwenden, die im Zusammenhang mit einer Personenbeförderung ausgegeben werden.

Im Wechselverkehr zwischen der Deutsche Bahn AG und nichtbundeseigenen Eisenbahnen oder zwischen nichtbundeseigenen Eisenbahnen sind auf dem gemeinsamen Fahrausweis die einzelnen Teilentfernungen angegeben (z. B. 400/75 km). In diesen Fällen ist für die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge der für die einzelnen Teilentfernungen maßgebliche Steuersatz zugrunde zu legen. Betragen die angegebenen Teilentfernungen teils nicht mehr, teils mehr als 50 km, kann aus Vereinfachungsgründen der Gesamtfahrpreis für die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nach dem Anteil der einzelnen Teilentfernungen, auf die unterschiedliche Steuersätze anzuwenden sind, aufgeteilt werden. Enthalten gemeinsame Fahrausweise für Beförderungsleistungen durch mehrere in einem Verkehrs- und Tarifverbund zusammengeschlossene Unternehmer keine Angaben über den Steuersatz und die Entfernung, ist für die Berechnung der abziehbaren Vorsteuerbeträge der ermäßigte Steuersatz zugrunde zu legen. Diese Ausführungen gelten entsprechend bei gemeinsamen Fahrausweisen für Beförderungsleistungen auf Eisenbahn- und Schiffsstrecken.

Die Vorsteuer ist aus den Angaben der in § 34 Abs. 2 UStDV bezeichneten zusätzlichen Bescheinigung (vgl. Tz. 222) zu ermitteln, wenn es sich um Fahrausweise im grenzüberschreitenden Personenverkehr und im internationalen Eisenbahnpersonenverkehr handelt. Maßgebend für die Berechnung der Vorsteuer sind der in der Bescheinigung ausgewiesene Anteil des Beförderungspreises, der auf die Strecke im Inland entfällt, und der Steuersatz, der auf den auf das Inland entfallenden Teil der Beförderungsleistung anzuwenden ist. Die Sonderregelungen in den §§ 2 ff. UStDV (vgl. Tz. 75, 76) sind zu beachten.

Der Unternehmer kann die Vorsteuer aus Fahrausweisen bereits in dem Voranmeldungszeitraum absetzen, in dem sie gelöst und bezahlt worden sind. Das gilt auch für Jahresnetz- und sonstige Zeitkarten. Werden Fahrausweise zurückgegeben, weil der Fahrgast die Fahrt oder eine Teilfahrt nicht angetreten hat, ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen.

Keine Fahrausweise sind Belege über die Benutzung von Taxen, Mietwagen und von Kraftomnibussen außerhalb des Linienverkehrs. Der Unternehmer kann hierfür Vorsteuerbeträge nur geltend machen, wenn die Belege alle Angaben enthalten, die für Rechnungen i. S. des § 14 Abs. 4 UStG (Tz. 218) oder für Kleinbetragsrechnungen (Tz. 221) vorgeschrieben sind.

Tz. 235 Vorsteuerabzug bei unfreien Versendungen

§ 40 UStDV

Lässt ein Absender einen Gegenstand durch einen Frachtführer oder Verfrachter im Rahmen von Lieferungen oder von Versendungsaufträgen im Zusammenhang mit Materialgestellungen und -beistellungen frachtrechtlich unfrei zu einem Dritten befördern oder eine solche Beförderung durch einen Spediteur unfrei besorgen, ist für den Vorsteuerabzug der Empfänger (nicht der Absender) der Frachtsendung als Auftraggeber dieser Leistungen anzusehen (analog zu den Regelungen über die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft gem. § 30a UStDV, vgl. Tz. 213). Daraus folgt, dass ausschließlich der Frachtempfänger (nicht der Absender) die dafür in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen kann, wenn er bestimmte Voraussetzungen (s. unten) erfüllt. Die Regelung lässt keine Wahlmöglichkeit zu. Der unmittelbar beauftragte Frachtführer kann hierfür einen Unterfrachtführer, der unmittelbar beauftragte Spediteur hierfür mehrere Frachtführer oder einen weiteren Spediteur in Anspruch nehmen. Der Auftragsspediteur darf bei Einschaltung eines Frachtführers auch im eigenen Namen und für eigene Rechnung auftreten und dabei die unfreie Versendung wählen.

Wird bei unfreien Versendungen das Frachtgut von dem beauftragten Spediteur nicht unmittelbar, sondern über einen Empfangsspediteur an den endgültigen Empfänger versendet und zieht der Empfangsspediteur die berechneten Frachtkosten (Vorkosten) im eigenen Namen ein, ist er als Empfänger der diesen Kosten zugrunde liegenden Frachtleistungen anzusehen. Er kann daher die ihm dafür gesondert berechnete Umsatzsteuer nach § 40 Abs. 1 UStDV als Vorsteuer abziehen, auch wenn er die Vorkosten weiterberechnet. Bei dieser Gestaltung sind die verauslagten Frachtkosten beim Empfangsspediteur Teil der Bemessungsgrundlage für seine Leistung. Der endgültige Frachtempfänger ist zum Abzug der Umsatzsteuer auf die gesamte Bemessungsgrundlage beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG berechtigt. Tritt der Empfangsspediteur als Vermittler auf und behandelt er dementsprechend die Vorkosten als durchlaufende Posten, werden die diesen Kosten zugrunde liegenden Frachtleistungen an den endgültigen Frachtempfänger erbracht. In diesen Fällen ist § 40 Abs. 1 UStDV auf den Empfangsspediteur nicht anzuwenden. Der Vorsteuerabzug steht allein dem endgültigen Frachtempfänger zu (Abschn. 198 Abs. 2 UStR).

Im Fall einer frachtrechtlich unfreien Versendung gehören die Beförderungs- und Besorgungskosten nicht zum Entgelt für die Leistung des Absenders. Er darf sie und die darauf entfallende Umsatzsteuer dem Frachtempfänger nicht berechnen. Lehnt der Empfänger die Annahme der Fracht ab und verweigert er die Bezahlung der Fracht an den Beförderer, wird der Tatbestand einer unfreien Versendung nicht verwirklicht. In diesen Fällen bleibt der Absender hinsichtlich der auf die Beförderungsleistung entfallenden Vorsteuer abzugsberechtigt.

Der Empfänger der Frachtleistung kann den Abzug der Vorsteuern für die Beförderung oder Besorgung nur unter den folgenden Voraussetzungen vornehmen, die zusammen vorliegen müssen: Er muss im Besitz der Rechnung über die Beförderung oder deren Besorgung sein und sie aufbewahren. Aus ihr müssen hervorgehen das Beförderungsentgelt, gesondert die entsprechende Umsatzsteuer und die Tatsache, dass er deren Entrichtung zu übernehmen hat. Er muss den Beförderungspreis tatsächlich übernommen haben. Die Verpflichtung zur Übernahme der Frachtkosten (einschließlich Umsatzsteuer) kann auch aus anderen Belegen hervorgehen. In der Frachtrechnung muss aber auf sie hingewiesen sein.

Der Empfänger muss Unternehmer sein und das Frachtgut für sein Unternehmen verwenden. Es darf nicht Umsätzen dienen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Der Empfänger darf nicht Privatperson oder Kleinunternehmer sein, der für seine Umsätze § 19 Abs. 1 UStG anwendet. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, sind weder er noch der Absender hinsichtlich der Beförderungsleistung berechtigt, die Vorsteuer für die Beförderung oder deren Besorgung abzuziehen. § 22 UStG und § 63 UStDV (Aufzeichnungspflichten) sowie § 35 Abs. 1 UStDV (Vorsteuerabzug bei Rechnungen über Kleinbeträge) gelten für den Empfänger der Frachtsendung entsprechend.

Tz. 236 Abzug der Einfuhrumsatzsteuer

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG



Die Person, für deren Unternehmen ein Gegenstand im Inland eingeführt worden ist oder die als Unternehmer Gegenstände zur Ausführung der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Umsätze verwendet (Tz. 224), kann die an den Zollfiskus entrichtete Einfuhrumsatzsteuer nach Maßgabe des § 15 UStG abziehen. Die tatsächliche Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer ist durch einen zollamtlichen Beleg nachzuweisen. Einfuhren aus Drittländern werden von der Zollverwaltung zunehmend mit dem IT-Verfahren ATLAS (Automatisiertes Tarif- und Lokales Zoll-Abwicklungs-System) abgewickelt. Hierbei werden Bescheide über die Einfuhrabgaben (einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer) regelmäßig durch standardisierte elektronische Nachrichten (EDIFACT) ersetzt und somit papierlos übermittelt. In diesen Fällen hat die Finanzverwaltung keine Bedenken, wenn der Nachweis über die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug bei Bedarf durch einen Ausdruck des elektronisch übermittelten Bescheids über die Einfuhrabgaben in Verbindung mit einem Beleg über die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer entweder an die Zollbehörde oder einen Beauftragten (z. B. einen Spediteur) geführt wird. Bei Zweifeln über die Höhe der bei ATLAS-Teilnehmern als Vorsteuer abgezogenen Einfuhrumsatzsteuer können sich die Finanzämter an die Zollverwaltung wenden. Die Zollverwaltung übermittelt den Finanzämtern auf Anfrage für den gewünschten Prüfungszeitraum folgende Angaben: Steuernummer des ATLAS-Teilnehmers oder des von einem ATLAS-Teilnehmer Vertretenen als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer und die Summen der in den einzelnen Monaten entstandenen Einfuhrumsatzsteuer (vgl. , BStBl 2001 I S. 156).

Ein Beleg, in dem die gesamten Eingangsabgaben (Einfuhrumsatzsteuer, Zoll und Verbrauchsteuer) nach einem pauschalierten Satz in einer Summe angegeben sind, reicht für die Vornahme des Vorsteuerabzugs nicht aus. Es ist grds. unerheblich, wer die Einfuhrumsatzsteuer eigenschuldnerisch entrichtet hat. Das kann der Unternehmer oder sein Beauftragter (Spediteur, Frachtführer, Handelsvertreter) sein. Der Unternehmer darf die Einfuhrumsatzsteuer nur abziehen, wenn er im Besitz des amtlichen Zollbelegs ist. Er muss sich ihn abtreten lassen, wenn die Zollstelle die Quittung usw. einem anderen ausgehändigt hat.

Der Unternehmer kann die Einfuhrumsatzsteuer für den Besteuerungszeitraum absetzen, in dem sie entrichtet worden und in dem der Gegenstand in das Inland gelangt ist. Ein Abzug ist nach § 16 Abs. 2 Satz 4 UStG bereits für den Besteuerungszeitraum (auch Voranmeldungszeitraum) zulässig, in dem die für den eingeführten Gegenstand zu entrichtende Einfuhrumsatzsteuer entstanden, aber erst bis zum 16. Tag nach Ablauf dieses Zeitraums zu entrichten ist. Die Regelung gilt für die Fälle des Zahlungsaufschubs und für die vergleichbaren Fälle der Entnahme von Gegenständen aus offenen Zolllagern und der Sammelzollverfahren bei der Einfuhr. Die entrichtete oder zu entrichtende Einfuhrumsatzsteuer ist mit einem Hinweis auf den zollamtlichen Beleg aufzuzeichnen (§ 64 UStDV). Ein bereits vorgenommener Vorsteuerabzug ist zu berichtigen, wenn die Einfuhrumsatzsteuer bei Fälligkeit nicht entrichtet wird.

Die Einfuhrumsatzsteuer ist erst absetzbar, wenn der Gegenstand in das Inland gelangt ist. Der Tatbestand der Einfuhr i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG wird nicht schon beim Eintreffen des Gegenstands auf einem Abfertigungsplatz im Drittlandsgebiet (z. B. Grenzbahnhof im Drittlandsgebiet mit einer deutschen Zollabfertigung), sondern erst beim Übergang in das umsatzsteuerliche Inland verwirklicht. Das gilt auch, wenn der Gegenstand bereits auf dem Abfertigungsplatz einfuhrumsatzsteuerrechtlich abgefertigt wurde. Die Verwirklichung des umsatzsteuerlichen Einfuhrtatbestands setzt voraus, dass ein Drittlandsgegenstand in das Inland verbracht wird und dieser Vorgang hier steuerbar ist, d. h. der Drittlandsgegenstand in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt wird. Für den einfuhrumsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestand ist damit nicht allein entscheidend, dass der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt, sondern hier auch grds. der Besteuerung unterliegt, d. h. im Regelfall eine Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht. Danach liegt z. B. keine Einfuhr im umsatzsteuerrechtlichen Sinn vor, wenn sich die Drittlandsware in einem zollrechtlichen Versandverfahren befindet.

Bei Einfuhren über einen Freihafen oder ein anderes der in § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG bezeichneten Gebiete (ausgenommen Büsingen) ist der Gegenstand erst beim Übergang in das umsatzsteuerliche Inland eingeführt, wenn der Gegenstand nicht zur Ausführung der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Umsätze verwendet wird (Tz. 237). Im Allgemeinen kommt es daher hierbei nur dann auf den Übergang des Gegenstands in das umsatzsteuerliche Inland an, wenn der eingeführte Gegenstand z. B. nicht schon im Freihafen, sondern erst im umsatzsteuerlichen Inland einfuhrumsatzsteuerrechtlich abgefertigt wird.

Eine Einfuhr für das Unternehmen ist gegeben, wenn der Unternehmer den eingeführten Gegenstand in seinen im Inland belegenen Unternehmensbereich eingliedert, um ihn hier im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit zur Ausführung von Umsätzen einzusetzen. Das trifft auf den Unternehmer zu, der im Zeitpunkt der Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzt (, BStBl 1993 II S. 473). Der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer steht auch dann nur dem Lieferer zu, wenn er den Gegenstand zur eigenen Verfügung in das Inland verbringt und ihn erst hier an seinen Abnehmer liefert. Hingegen hat der Abnehmer den Einfuhrumsatzsteuerabzug, wenn die Lieferung an ihn im Ausland ausgeführt wird, z. B. wenn die Beförderung oder Versendung durch den Lieferer oder den Abnehmer im Ausland beginnt und der Lieferer nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer (§ 3 Abs. 8 UStG) ist. Personen, die lediglich an der Einfuhr mitgewirkt haben, ohne über den Gegenstand verfügen zu können, z. B. Spediteure, Frachtführer, Handelsvertreter, sind auch dann nicht abzugsberechtigt, wenn sie den eingeführten Gegenstand vorübergehend entsprechend den Weisungen ihres Auftraggebers auf Lager nehmen.

In den Fällen des § 3 Abs. 8 UStG (die Lieferung ist als im Inland zu behandeln) ist davon auszugehen, dass dem Abnehmer die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erst im Inland verschafft wird. Dementsprechend ist in diesen Fällen der Lieferer zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt. Beim Reihengeschäft gilt dies für den Lieferer in der Reihe, der die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet.

Wird der Gegenstand im Rahmen einer beabsichtigten Lieferung (§ 3 Abs. 6 oder 8 UStG) ins Inland eingeführt und verweigert der vorgesehene Empfänger die Annahme (z. B. wegen Mängel, verspäteter Lieferung, Nichtbestellung), ist der Unternehmer zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzt. Wird der Gegenstand auf Antrag des Empfängers oder seines Beauftragten im Rahmen einer Beförderungs- oder Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 UStG zum freien Ver kehr abgefertigt und nimmt der vorgesehene Empfänger die Ware von vornherein nicht an, ist der Lieferer zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt. Hat der vorgesehene Empfänger den eingeführten Gegenstand vorerst angenommen, später jedoch zurückgewiesen, steht dem vorgesehenen Empfänger die Berechtigung zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer zu. Wird der Gegenstand auf Antrag des Lieferers oder seines Beauftragten im Rahmen einer Lieferung nach § 3 Abs. 8 UStG zum freien Verkehr abgefertigt, kann stets nur der Lieferer die Einfuhrumsatzsteuer abziehen. Die vorstehenden Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn der Lieferer den eingeführten Gegenstand nach der Annahmeverweigerung an einen anderen als den ursprünglich vorgesehenen Empfänger im Inland liefert. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Einfuhrumsatzsteuer in den Fällen der Annahmeverweigerung durch die zuständige Zollstelle erstattet oder erlassen werden (§ 14 EUStBV). Dies hängt u. a. davon ab, dass der Antragsteller hinsichtlich des eingeführten Gegenstands nicht oder nicht vollständig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Wird ein Gegenstand zum Zweck einer Be- oder Verarbeitung (Lohnveredelung) oder im Wege einer Beistellung zu einer Werklieferung in das Inland eingeführt, kann aus Vereinfachungsgründen der Auftragnehmer im Inland die auf die Einfuhr des Gegenstands entfallende Einfuhrumsatzsteuer abziehen, wenn der Gegenstand nach Ausführung der Werkleistung oder Werklieferung in das Drittlandsgebiet zurückgelangt oder vom ausländischen Auftraggeber im Inland weitergeliefert wird und diese Lieferung nicht nach § 4 Nr. 8 ff. UStG steuerfrei ist. Diese Voraussetzungen sind vom Unternehmer (Auftragnehmer) nachzuweisen. Der Auftragnehmer ist nicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt (ein vorgenommener Abzug ist rückgängig zu machen), wenn der ausländische Auftraggeber den be- oder verarbeiteten Gegenstand für eigene Zwecke im Inland verwendet oder nutzt. In diesem Fall verbleibt es bei der durch die Einfuhr entstandenen Belastung, es sei denn, der Auftraggeber erfüllt seinerseits die Voraussetzungen für den Einfuhrumsatzsteuerabzug. Bei der Einfuhr eines Gegenstands, den der Unternehmer im Inland vermietet, ist nicht der Mieter, sondern beim Vorliegen der Voraussetzungen der Vermieter zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt (, BStBl 1980 II S. 615).

Der Unternehmer kann grds. im Zusammenhang mit dem Bezug eines Gegenstands nicht zugleich eine gesondert in Rechnung gestellte Steuer und Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Nur in den Reihengeschäftsfällen, in denen ein Abnehmer in der Reihe Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist und in der Rechnung über die Lieferung an ihn Steuer gesondert ausgewiesen wird, kann dieser Abnehmer zugleich die in Rechnung gestellte Steuer und die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer abziehen. Auch in den Fällen, in denen nicht der Unternehmer, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht hat, sondern ein späterer Abnehmer den eingeführten Gegenstand beim Zollamt zum freien Verkehr abfertigen lässt, kann nur der Unternehmer den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer geltend machen, der bei der Einfuhr verfügungsberechtigt war. Zur Vermeidung von Schwierigkeiten kann der Unternehmer in diesen Fällen den eingeführten Gegenstand unmittelbar nach der Einfuhr einfuhrumsatzsteuerrechtlich zum freien Verkehr abfertigen lassen.

Der ECOFIN-Rat hat am 17. 10. 2005 die Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL verabschiedet, die mit Wirkung v. (ABl EU 2005 Nr. L 288/1) gilt. – Vgl. hierzu Tz. 107, b. – Art. 18 der Verordnung bestimmt, dass für Zwecke des Nachweises des Vorsteuerabzugs bei Einfuhren als ein die Einfuhr bescheinigendes Dokument i. S. von Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL auch die elektronische Fassung dieses Dokuments anzuerkennen ist, sofern sie eine Überprüfung des Vorsteuerabzugs erlaubt. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Einfuhrmitgliedstaat über ein elektronisches System zur Erfüllung der Zollformalitäten verfügt.

Tz. 237 Abzug der Einfuhrumsatzsteuer in den Fällen des § 1 Abs. 3 UStG

Der Unternehmer darf die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände abziehen, die er zur Ausführung der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Umsätze (Tz. 23, 24) unmittelbar oder mittelbar einsetzt. Bewirkt der Unternehmer außer den unter § 1 Abs. 3 UStG fallenden Umsätzen auch Leistungen gleicher Art, die nicht steuerbar sind, kann er den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer aus Vereinfachungsgründen ebenfalls in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass die nicht steuerbaren Umsätze auch im Fall der Steuerbarkeit zum Vorsteuerabzug berechtigen würden. Vgl. Beispiel in Abschn. 200 Abs. 2 UStR.

Hat ein Unternehmer Gegenstände einfuhrumsatzsteuerrechtlich abfertigen lassen, um sie nach einer Be- oder Verarbeitung vom Freihafen aus teils in das Ausland, teils im Rahmen einer zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelung in das Inland zu liefern, kann er die Einfuhrumsatzsteuer in beiden Fällen abziehen. Das Gleiche gilt für Gegenstände, die der Unternehmer im Freihafen zur Ausführung dieser Umsätze im eigenen Unternehmen gebraucht oder verbraucht. Entsprechend kann in den Fällen einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung verfahren werden.

Zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die sich im Zeitpunkt der Lieferung einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden, ist der Unternehmer unabhängig davon berechtigt, ob die Gegenstände aus dem Freihafen in das Ausland oder in das Inland gelangen oder im Freihafen verbleiben (Abschn. 200 Abs. 4 UStR).

Auch bei den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Umsätzen ist der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer davon abhängig, dass die Einfuhrumsatzsteuer tatsächlich entrichtet wird. Der Abzug ist daher zu berichtigen, wenn sie bei Eintritt der Fälligkeit nicht abgeführt worden ist. Im Übrigen bestimmt sich der Abzug nach dem Zeitpunkt der einfuhrumsatzsteuerrechtlichen Abfertigung des Gegenstands (vgl. Abschn. 200 Abs. 5 UStR).

Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben und liegt auch keine Einfuhr in das Inland vor, kann die Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die auf einem Abfertigungsplatz in einem Freihafen einfuhrumsatzsteuerrechtlich abgefertigt wurden, nicht als Vorsteuer abgezogen werden. In diesen Fällen kommt daher als Entlastungsmaßnahme nur ein Erlass oder eine Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer durch die zuständige Zollstelle in Betracht.

Tz. 238 Abzug der Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG

Der Unternehmer kann die Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb (Erwerbsteuer) als Vorsteuer abziehen, wenn die Erwerbsteuer tatsächlich entstanden ist, d. h. wenn die Voraussetzungen für eine Erwerbsbesteuerung vorliegen (Tz. 25–29), und der Unternehmer den gelieferten Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat. Eine Rechnung braucht für den Vorsteuerabzug der Erwerbsteuer nicht vorzuliegen. Der Vorsteuerabzug entsteht in demselben Zeitpunkt, in dem auch die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entsteht. Erwerbsteuerschuld und Vorsteuerabzug können daher in derselben Umsatzsteuer-Voranmeldung angegeben werden. Bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage für die Erwerbsteuer (z. B. aufgrund von Skonti oder Boni) muss der Unternehmer neben der Erwerbsteuer auch den Vorsteuerabzug entsprechend berichtigen.

Tz. 239 Vorsteuerabzug im Fall der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft gem. § 13b UStG und im Fall der Steuerschuld des Auslagerers gem. § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 4b UStG

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG kann der Leistungsempfänger die i. S. des § 13b Abs. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn er die Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht und zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Insoweit gilt das Gleiche wie bei anderen Umsätzen auch. Die Verpflichtung zur Einbehaltung der Umsatzsteuer durch den Leistungsempfänger auch für dessen nichtunternehmerischen Bereich oder die Durchführung des Verfahrens nach § 13b UStG durch „Nichtunternehmer” oder nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer kann allerdings nicht durch den Vorsteuerabzug ausgeglichen werden. Insoweit liegt ein mit Umsatzsteuer regelmäßig zu belastender Endverbrauch vor. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistung entfällt, ist sie bereits abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 UStG). Damit wird eine Entlastung des Unternehmers in dem Voranmeldungszeitraum erreicht, in dem die geschuldete Steuer vom Leistungsempfänger angemeldet wird.

Durch § 15 Abs. 4b UStG wird indirekt geregelt, dass, soweit an außerhalb der Gemeinschaft (im Drittlandsgebiet) ansässige Unternehmer nur Umsätze ausgeführt werden, für die diese die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schulden, sie die für Vorleistungen in Rechnung gestellte Steuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren und nicht (wie früher) im Vorsteuer-Vergütungsverfahren (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 UStDV a. F.) als Vorsteuer geltend zu machen haben. Für diese Leistungsempfänger gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG entsprechend (§ 15 Abs. 4b UStG). Danach wird einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder sie im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird (Gegenseitigkeitsvereinbarung). Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei diesen Unternehmern die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Der Unternehmer kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG den Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr geltend machen, in dem er den Umsatz zu versteuern hat (vgl. § 13b Abs. 1 UStG).

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 5 UStG kann die im Rahmen der Umsatzsteuerlager-Regelung (vgl. Tz. 97) vom Auslagerer geschuldete Umsatzsteuer, für die er nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG Steuerschuldner ist, als Vorsteuer abgezogen werden. Der Vorsteuerabzug ist unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG auch ohne gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung möglich. Der Unternehmer kann die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Tz. 240 Nachweis der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug

Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug hat der Unternehmer aufzuzeichnen (§ 22 Abs. 2 Nr. 5–7 und Abs. 3 UStG; Tz. 288) und durch Belege nachzuweisen. Als ausreichender Beleg ist anzusehen für die von einem anderen Unternehmer gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer eine Rechnung (mit vollständigen Angaben) i. S. der §§ 14, 14a UStG i. V. mit §§ 3134 UStDV. Für die Einfuhrumsatzsteuer ist ausreichend ein zollamtlicher Beleg (z. B. der Abgabenbescheid) oder ein vom zuständigen Zollamt bescheinigter Ersatzbeleg (z. B. eine Abschrift der Zollquittung oder ein Ersatzbeleg für den Vorsteuerabzug nach amtlich vorgeschriebenem Muster). Geht die Originalrechnung verloren, kann der Unternehmer den Nachweis darüber, dass ihm ein anderer Unternehmer Umsatzsteuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen in Rechnung gestellt hat, nicht allein durch Vorlage der Originalrechnung, sondern mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Mitteln führen (, BStBl 1989 II S. 120). In Einzelfällen ist auch die Zweitschrift einer Rechnung oder eines Einfuhrbelegs ausreichend (vgl. , BStBl 1999 II S. 324).

Mängel im Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gehen grds. zu Lasten des Unternehmers. Rechnungen, die die Angaben in §§  14, 14a UStG nicht vollständig enthalten, berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug, es sei denn, sie werden nachträglich vom Rechnungs- oder Gutschriftenaussteller vervollständigt. Ein Vorsteuerabzug ist grds. ausgeschlossen, wenn die Angaben über den Liefergegenstand oder über Art und Umfang der ausgeführten sonstigen Leistung in einer Rechnung unrichtig oder ungenau sind.

Beim Fehlen der Angaben über die Menge des gelieferten Gegenstands oder den Tag des Umsatzes bestehen keine Bedenken, wenn der Unternehmer diese Merkmale anhand der sonstigen Geschäftsunterlagen (z. B. Lieferschein) ergänzt oder nachweist. Die Erleichterungen nach §§ 3134 UStDV bleiben unberührt. Sind in einer Abrechnung anstelle des Entgelts Entgelt und Umsatzsteuer in einer Summe angegeben, kann der Vorsteuerabzug auch dann nicht vorgenommen werden, wenn der Abrechnungsaussteller in der Rechnung außerdem den Steuerbetrag vermerkt (z. B. Rechnungspreis 1 190 €, darin enthaltene Umsatzsteuer 190 €). Nach (BStBl 2001 II S. 426) berechtigt eine Rechnung, in der zwar der Bruttopreis, der Steuersatz und der Umsatzsteuerbetrag, nicht aber das Entgelt ausgewiesen ist, grds. nicht zum Vorsteuerabzug. Danach ist der leistende Unternehmer bei Umsätzen an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen, die sowohl das Entgelt (Nettorechnungsbetrag) als auch den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag enthalten. Die §§ 3335 UStDV bleiben unberührt (vgl. , BStBl 2001 I S. 360). Aus Rechnungen über Kleinbeträge (§ 33 UStDV) kann daher der Vorsteuerabzug vorgenommen werden, wenn der Leistungsempfänger den Rechnungsbetrag unter Berücksichtigung des in der Rechnung angegebenen Steuersatzes selbst in Entgelt und Umsatzsteuerbetrag aufteilt.

Der Leistungsempfänger hat sämtliche Voraussetzungen des Vorsteueranspruchs zu schaffen und trägt für das Vorliegen der den Anspruch begründenden Tatsachen die objektive Beweislast. Fehlen sie teilweise oder insgesamt, darf der Unternehmer die Vorsteuern nicht schätzen. Gleichwohl kann das Finanzamt den Vorsteuerabzug schätzen oder unter bestimmten Voraussetzungen aus Billigkeitsgründen anerkennen, soweit davon ausgegangen werden kann, dass vollständige Unterlagen für den Vorsteuerabzug vorgelegen haben. Ist jedoch zu vermuten, dass der maßgebliche Umsatz an den Unternehmer nicht steuerpflichtig gewesen oder von einem unter § 19 Abs. 1 UStG fallenden Unternehmer ausgeführt worden ist, ist ein Vorsteuerabzug zu versagen (vgl. Abschn. 202 Abs. 5 und 6 UStR).

Soweit Unterlagen für den Vorsteuerabzug nicht vorhanden sind und auch nicht vorhanden waren oder sonst die Unterlagen unvollständig sind, kommt eine Anerkennung des Vorsteuerabzugs lediglich aus Billigkeitsgründen in Betracht. Eine Billigkeitsmaßnahme ist nur zu gewähren, wenn die Versagung des Vorsteuerabzugs einen Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die Wertungen des Gesetzgebers bei der Festlegung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug darstellen würde. Die Nichtgewährung eines Vorsteuerabzugs kann auch sachlich unbillig sein, wenn dies den Geboten der Gleichheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben oder dem Erfordernis der Zumutbarkeit widerspricht. Dem Unternehmer ist grds. zuzumuten, von sich aus alles zu tun, um die Mangelhaftigkeit der Unterlagen zu beseitigen. An die Zumutbarkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Billigkeitsmaßnahme ist daher erst in Betracht zu ziehen, wenn eine Vervollständigung oder nachträgliche Beschaffung der Unterlagen nicht möglich ist oder für den Unternehmer mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden wäre. Aber auch in einem solchen Fall ist der Unternehmer verpflichtet, an einer möglichst vollständigen Sachaufklärung mitzuwirken. Unsicherheiten bei der Feststellung des Sachverhalts gehen zu seinen Lasten. Die Voraussetzungen für eine Billigkeitsmaßnahme liegen nicht vor, wenn der Unternehmer über die empfangene Leistung keine ordnungsgemäße Rechnung erhalten hat.

Tz. 241 Vorsteuerausschlüsse – 10-%-Regelung

§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG

Für die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, die der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da diese Gegenstände als nicht für das Unternehmen bezogen gelten. Über die 10-%-Grenze ist im Zeitpunkt der Anschaffung des Wirtschaftsguts zu entscheiden. Der Gegenstand kann nur dann (voll oder teilweise) dem Unternehmen zugeordnet werden, wenn er wenigstens zu 10 % unternehmerisch verwendet wird. War diese Grenze im Anschaffungsjahr unterschritten, ist in den Folgejahren der Vorsteuerabzug auch ausgeschlossen, wenn die unternehmerische Verwendung 10 % oder mehr betragen sollte. Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs betrifft nicht nur Fahrzeuge, sondern alle Gegenstände, die der Unternehmer erwirbt. Beträgt die unternehmerische Nutzung mindestens 10 %, beträgt der Vorsteuerabzug 100 % (s. Tz. 245, a).

Bezüglich der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG berufen sich Unternehmer für die Zeiträume bis , bis und bis unmittelbar auf Art. 17 der 6. EG-RL und ordnen auch Gegenstände, die zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt werden, dem Unternehmensvermögen zu und machen den Vorsteuerabzug hierfür geltend. Hintergrund dieser Anträge ist die notwendige, jedoch für die o. g. Zeiträume fehlende Ermächtigung des Rats der EU für diese Ausnahmeregelung im deutschen Umsatzsteuerrecht. Die jeweilige Verlängerung der Ratsermächtigung erfolgte erst Monate nach Ablauf der jeweils letzten Ratsermächtigung. Steuerpflichtige, die sich für die o. g. Zeiträume unmittelbar auf die Regelung der 6. EG-RL berufen und den Vorsteuerabzug für Gegenstände, die zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt werden, geltend machen, werden klaglos gestellt (vgl. NWB PAAAB-83897).

Tz. 242 Vorsteuerausschlüsse – Repräsentationsaufwendungen

§ 15 Abs. 1a UStG

a) Allgemeines

Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4, 7, Abs. 7 oder des § 12 Nr. 1 EStG gilt, sind nicht abziehbar. Dies gilt nicht für die Tatbestände des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5, 6, 6a und 6b EStG. Insbesondere gilt der Vorsteuerausschluss nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG einen Betriebsausgabenabzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

Für die Abgrenzung der nicht abziehbaren Aufwendungen gelten die einkommensteuerrechtlichen Grundsätze (vgl. R 21 EStR). Die tatsächliche ertragsteuerliche Behandlung ist für den Bereich der Umsatzsteuer nicht bindend. Deshalb führen z. B. Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4 und 7 EStG auch dann zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs, wenn ihr Abzug ertragsteuerlich zu Unrecht zugelassen worden ist. Der Vorsteuerausschluss gilt auch für Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4 und 7 EStG, die wegen Nichterfüllung von Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind (vgl. R 22 EStR). Die Versagung des Vorsteuerabzugs für (einkommensteuerrechtlich) angemessene Bewirtungsaufwendungen allein wegen nicht eingehaltener Formvorschriften für den Nachweis für Betriebsausgaben (einzelne und getrennte Aufzeichnung nach § 4 Abs. 7 EStG) ist allerdings nicht zulässig (vgl. , BStBl 2005 I S. 816).

Bei Unternehmern, für die § 4 Abs. 5 EStG ertragsteuerlich keine Bedeutung hat, weil sie keinen Gewinn zu ermitteln haben (z. B. gemeinnützige Einrichtungen, die gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind), ist für Umsatzsteuerzwecke darauf abzustellen, ob die Aufwendungen ihrer Art nach unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4 und 7 EStG fallen. Dabei ist grds. der gleiche Nachweis zu verlangen, der einkommensteuerrechtlich zu führen wäre (z. B. bei Bewirtungsaufwendungen).

b) Geschenke

Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmers sind, berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Zuwendungen an einen Empfänger zusammengerechnet 35 € übersteigen. Für die Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten gelten die Grundsätze in R 4.10 Abs. 3 i. V. EStR mit R 9b Abs. 2 Satz 3 EStR. Die Freigrenze ist für Umsatzsteuerzwecke auf das Kalenderjahr zu beziehen. Bei der Prüfung des Überschreitens der 35-€-Grenze sind Geldgeschenke einzubeziehen. Für die Abgrenzung der Geschenke von anderen Zuwendungen gelten die einkommensteuerrechtlichen Grundsätze (vgl. R 4.10 Abs. 4 EStR). Der Vorsteuerausschluss und die Freigrenze gelten nicht nur für Sachgeschenke, sondern auch für Geschenke in Form anderer geldwerter Vorteile (z. B. Eintrittsberechtigungen zu kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen). Steht im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Herstellung eines Gegenstands seine Verwendung als Geschenk noch nicht fest, kann der Vorsteuerabzug zunächst beansprucht werden. Im Zeitpunkt der Hingabe des Geschenks ist eine Vorsteuerkorrektur vorzunehmen, wenn die Freigrenze von 35 € überschritten wird.

c) Bewirtungskosten

Nach § 15 Abs. 1a UStG sind Vorsteuerbeträge für Aufwendungen nicht abziehbar, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–4, 7, Abs. 7 oder § 12 Nr. 1 EStG gilt. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG einen Betriebsausgabenabzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind, nicht als Betriebsausgabe abziehbar.

Der , BStBl 2005 II S. 509) hatte jedoch entschieden, dass betrieblich veranlasste Bewirtungskosten unter den allgemeinen Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL zum vollen Vorsteuerabzug berechtigen. Die Einschränkung des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG a. F. sei nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Der Unternehmer konnte sich deshalb auf das für ihn günstigere Gemeinschaftsrecht berufen. Diese günstige Regelung in nunmehr in § 15 Abs. 1a Satz 2 UStG übernommen. Soweit es sich nach der Verkehrsauffassung nicht um angemessene Aufwendungen handelt, wird der Vorsteuerabzug weiterhin versagt. Die Versagung des Vorsteuerabzugs für (einkommensteuerrechtlich) angemessene Bewirtungsaufwendungen allein wegen nicht eingehaltener Formvorschriften für den Nachweis für Betriebsausgaben (einzelne und getrennte Aufzeichnung nach § 4 Abs. 7 EStG) ist nicht zulässig (vgl. , BStBl 2005 I S. 816). Zum Vorsteuerabzug in Fällen der Nutzung von VIP-Logen in Sportstätten durch die sponsernden Unternehmer und des Bezugs von Hospitality-Leistungen vgl. , BStBl 2006 I S. 791.

Der Vorsteuerabzug aus den angemessenen Aufwendungen ist auch zulässig bei Bewirtungen von Geschäftsfreunden in unternehmenseigenen Kantinen, Casinos und Restaurants. Es bestehen keine Bedenken gegen eine sachgerechte Schätzung in Anlehnung an die ertragsteuerrechtliche Vereinfachungsregelung in R 4.10 Abs. 6 EStR.

Tz. 243 Vorsteuerabzug bei Reisekosten

§ 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG a. F.

§ 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG a. F. ist mit Wirkung v. aufgehoben worden. Die durch das StEntlG 1999/2000/2002 eingeführte Regelung zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs für Reisekosten war teilweise EG-rechtswidrig. Der BFH hatte mit Urteil v. - V R 49/00 (BStBl 2001 II S. 266) bezüglich des Vorsteueranspruchs aus Aufwendungen des Unternehmers, soweit er im eigenen Namen Übernachtungsleistungen seiner Arbeitnehmer bestellt hat und darüber in einer Rechnung ihm gegenüber abgerechnet wird, auf einen Vorrang des Gemeinschaftsrechts (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL) gegenüber der für den Unternehmer ungünstigeren Regelung des nationales Rechts erkannt. Die Finanzverwaltung hatte mit (BStBl 2001 I S. 251) die Konsequenzen aus diesem Urteil gezogen. Der Vorsteuerabzug wird seitdem im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung wieder gewährt. Aus den gleichen Gründen wird auch der Vorsteuerabzug, soweit es sich um Fahrtkosten für Fahrzeuge des Personals handelt und soweit der Unternehmer Leistungsempfänger ist, unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG zugelassen.

Tz. 244 Vorsteuerabzug bei Umzugskosten

§ 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG a. F.

Vorsteuerbeträge, die auf Umzugskosten für einen Wohnungswechsel entfallen, waren nach der alten (bis geltenden) Gesetzeslage ebenfalls nicht abziehbar. § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG a. F. war jedoch nach dem (BStBl 2006 I S. 450) im Vorgriff auf eine beabsichtigte gesetzliche Neuregelung nicht mehr anzuwenden. Soweit der Unternehmer im Zusammenhang mit einem Umzug für einen Wohnungswechsel eine Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht, konnte er sich entgegen § 15 Abs. 1a Nr. 3 UStG a. F. auf die für ihn günstigere Regelung des Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-RL berufen. Der Vorsteuerabzug ist seither unter den allgemeinen Vorrausetzungen des § 15 UStG zu gewähren. Die dem entgegenstehenden Grundsätze des Abschn. 197a UStR 2005 waren nicht mehr anzuwenden. § 15 Abs. 1a UStG enthält den Vorsteuerausschluss für Umzugskosten nicht mehr.

Tz. 245 Vorsteuerabzug bei Fahrzeugkosten

a) Allgemeines

Die bis geltende Beschränkung des Vorsteuerabzugs auf 50 % (§ 15 Abs. 1b UStG) a. F. war durch das StÄndG 2003 mit Wirkung v. entfallen. Aufgrund der Aufhebung von § 15 Abs. 1b UStG a. F. kann ein im Übrigen vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer den Vorsteuerabzug für das seinem Unternehmen zugeordnete Fahrzeug, das er nicht zu weniger als 10 % unternehmerisch nutzt, wieder in voller Höhe in Anspruch nehmen (zum Vorsteuerabzug vgl. im Einzelnen , BStBl 2004 I S. 864, und das teilweise noch fortgeltende , BStBl 2000 I S. 819). Die private Nutzung ist dementsprechend ab wieder als unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) der Besteuerung zu unterwerfen (vgl. , BStBl 2004 I S. 451, wodurch das , BStBl I 2000 S. 819, ersetzt wurde). Durch Gesetz v. (BGBl 2006 I S. 1095) wurde § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG geändert. Danach ist die pauschale Ermittlungsmethode für die private Kraftfahrzeugnutzung (1-%-Regelung) nur noch anwendbar, wenn das Kraftfahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Die Neuregelung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem beginnen (§ 52 Abs. 16 Satz 15 EStG). Zur Frage des Vorsteuerabzugs und der Umsatzbesteuerung bei unternehmerisch genutzten Kraftfahrzeugen vgl. NWB EAAAB-25983. Ist die Anwendung der 1-%-Regelung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ausgeschlossen, weil das Fahrzeug zu weniger als 50 % betrieblich genutzt wird, und wird der nichtunternehmerische Nutzungsanteil nicht durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen, ist dieser Nutzungsanteil im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei der Umsatzbesteuerung grds. der für ertragsteuerliche Zwecke ermittelte private Nutzungsanteil zugrunde zu legen ist (vgl. NWB UAAAB-89801).

b) Vorsteuerabzug für ein dem Unternehmen zugeordnetes Fahrzeug

Ein angeschafftes, eingeführtes oder innergemeinschaftlich erworbenes Fahrzeug, das vom Unternehmer (insbesondere von einem Einzelunternehmer oder einem Personengesellschafter) sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische (private) Zwecke genutzt wird (gemischt genutztes Fahrzeug), kann – unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung als Betriebs- oder Privatvermögen – dem Unternehmen zugeordnet werden. Voraussetzung für die Zuordnung zum Unternehmen ist, dass das Fahrzeug zu mindestens 10 % für das Unternehmen genutzt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Maßgebend ist bei einem Pkw das Verhältnis der Kilometer unternehmerischer Fahrten zu den Jahreskilometern des Fahrzeugs. Wenn danach die 10%ige Mindestnutzung für unternehmerische Zwecke nicht erreicht wird, kann das Fahrzeug nicht dem Unternehmen zugeordnet werden. In Zweifelsfällen muss der Unternehmer dem Finanzamt die mindestens 10%ige unternehmerische Nutzung glaubhaft machen, z. B. durch Aufzeichnung der Jahreskilometer des betreffenden Fahrzeugs und der unternehmerischen Fahrten (mit Fahrtziel und gefahrenen Kilometern). Bei sog. Zweit- oder Drittfahrzeugen von Einzelunternehmern oder sog. Alleinfahrzeugen bei einer nebenberuflichen Unternehmertätigkeit wird regelmäßig davon ausgegangen, dass diese Fahrzeuge zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt werden. Das gleiche gilt bei Personengesellschaften, wenn ein Gesellschafter mehr als ein Fahrzeug privat nutzt, für die weiteren privat genutzten Fahrzeuge. Zur Frage der Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen vgl. im Übrigen , BStBl 2004 I S. 451.

Die Umsatzsteuer auf Kraftfahrzeugkosten für Fahrzeuge, die der Unternehmer wegen Unterschreitens der 10-%-Grenze in § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht dem Unternehmen zuordnen kann, ist grds. – mangels „Bezug für das Unternehmen” – nicht als Vorsteuer abziehbar (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Es können jedoch ausnahmsweise solche Vorsteuerbeträge in voller Höhe abgezogen werden, die unmittelbar und ausschließlich auf die unternehmerische Verwendung des Fahrzeugs entfallen, z. B. Vorsteuerbeträge aus Reparaturaufwendungen für einen Unfall während einer unternehmerischen Fahrt oder aus – von den übrigen Benzinkosten abgrenzbaren – Benzinkosten für eine längere Geschäftsreise. Eine pauschale Ermittlung des Vorsteuerabzugs aus Fahrzeugkosten ist nicht zulässig.

Hat der Unternehmer ein erworbenes Fahrzeug, das sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke genutzt wird, zulässigerweise insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet, kann er die auf die Anschaffungskosten und Unterhaltskosten des Fahrzeugs entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen. Die nichtunternehmerische Nutzung unterliegt unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung. Wenn ein Unternehmer ein gemischt genutztes Fahrzeug ausnahmsweise nur teilweise (z. B. zu 60 %) dem Unternehmen zuordnet, mindert sich der Vorsteuerabzug entsprechend. Die gleiche Berechnungsmethode gilt für Unternehmer, die auch Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG führen, bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG.

Die Veräußerung eines Fahrzeugs, das der Unternehmer dem Unternehmen zugeordnet hat, unterliegt insgesamt der Umsatzsteuer. Die Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs unterliegt unter der Voraussetzung des § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG der Besteuerung.

c) Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Die Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung sind der unternehmerischen Nutzung des Fahrzeugs zuzurechen. Daher wird keine Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 1a UStG vorgenommen.

d) Überlassung von Fahrzeugen an das Personal

Überlässt ein Unternehmer (Arbeitgeber) seinem Personal (Arbeitnehmer) ein dem Unternehmen zugeordnetes Kraftfahrzeug auch zur privaten Nutzung (Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung), ist dies regelmäßig als entgeltliche Leistung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und in Ausnahmefällen als unentgeltliche Überlassung i. S. des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (vgl. insbes. Tz. 50 und 63) anzusehen. Derartige Fahrzeuge werden, wenn sie nicht ausnahmsweise zusätzlich vom Unternehmer zu mehr als 5 % nichtunternehmerisch verwendet werden, durch die umsatzsteuerbare Überlassung an das Personal ausschließlich unternehmerisch genutzt. Somit kann der Vorsteuerabzug sowohl aus den Anschaffungskosten als auch aus den Unterhaltskosten der Dienst- oder Firmenwagen in voller Höhe in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für die Überlassung von Fahrzeugen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH), wenn sie umsatzsteuerlich dem Personal zugeordnet werden. Die spätere Veräußerung und die Entnahme derartiger Fahrzeuge unterliegen insgesamt der Umsatzsteuer.

e) Miete oder Leasing von Fahrzeugen

Die auf die Miete, Mietsonderzahlung, Leasingraten und Unterhaltskosten eines angemieteten oder geleasten Fahrzeugs entfallenden Vorsteuern, welches der Unternehmer sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet, sind grds. nach dem Verhältnis von unternehmerischer und nichtunternehmerischer Nutzung in einen abziehbaren und einen nichtabziehbaren Anteil aufzuteilen. In diesem Fall entfällt eine Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung. Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer jedoch auch den Vorsteuerabzug aus der Miete bzw. den Leasingraten und den Unterhaltskosten in voller Höhe vornehmen und die nichtunternehmerische Nutzung als unentgeltliche Wertabgabe versteuern.

Tz. 246 Ausschluss vom Vorsteuerabzug

§ 15 Abs. 2 und 3 UStG

a) Allgemeines

Abweichend von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 UStG kann der Unternehmer die dort bezeichneten Vorsteuern nicht abziehen, wenn er bestimmte steuerfreie oder bestimmte nicht steuerbare Umsätze ausführt. Zu diesen Umsätzen gehören auch die entsprechenden unentgeltlichen Wertabgaben. Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug erstreckt sich nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG auf die Umsatzsteuer für Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung der dort bezeichneten Umsätze (vgl. Tz. 246, b–d) verwendet. Der Ausschluss umfasst die Vorsteuerbeträge, die wirtschaftlich unmittelbar mit steuerfreien Umsätzen zusammenhängen (z. B. Errichtung eines Gebäudes, das nach Fertigstellung steuerfrei vermietet wird), aber auch die Vorsteuerbeträge, die in einer mittelbaren Verbindung zu diesen Umsätzen stehen. Nicht abziehbar ist auch die Umsatzsteuer für Leistungen an das Unternehmen, die steuerfreien Umsätzen dienen sollten, jedoch tatsächlich (z. B. wegen Untergangs oder Verderbs der Ware) keine unternehmerische Verwendung gefunden haben.

Nach EuGH- und BFH-Rechtsprechung (vgl. , Schlossstraße, BStBl 2003 II S. 446; , BStBl 2003 II S. 426) ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bereits bei Leistungsbezug über den Vorsteuerabzug abschließend zu entscheiden. Der Begriff der Verwendung einer Lieferung oder sonstigen Leistung umfasst deshalb auch die Verwendungsabsicht. Das Vorsteuerabzugsrecht entsteht daher dem Grunde und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 UStG kommt es somit entscheidend darauf an, ob der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Absicht hat, die Eingangsumsätze für solche Ausgangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (, BStBl 2003 II S. 426). Bei jedem Leistungsbezug muss der Unternehmer über die beabsichtigte Verwendung der Leistung sofort entscheiden. Das gilt auch für jeden Leistungsbezug im Zeitraum der Herstellung eines Wirtschaftsguts. Maßgeblich ist regelmäßig die erste Leistung oder die erste unentgeltliche Wertabgabe, in die die bezogene Leistung Eingang finden soll. Bei der Zurechnung können grds. nur Umsätze berücksichtigt werden, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden sollen. Es reicht aus, dass der Unternehmer die Absicht hat, auf die Steuerfreiheit der Verwendungsumsätze zu verzichten (, BStBl 2003 II S. 430). Der Vorsteueranspruch bleibt auch dann bestehen, wenn es später nicht zu den beabsichtigten Verwendungsumsätzen kommt. Bei Anzahlungen für Leistungen, die später nicht bezogen werden, ist die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt der Anzahlung maßgeblich (, BStBl 2003 II S. 434). Änderungen in der Verwendungsabsicht wirken sich daher nur auf nachfolgende Leistungsbezüge oder Anzahlungen und den sich daraus ergebenden Vorsteuerabzug aus. Eine Änderung der Verwendungsabsicht wird regelmäßig nur dann angenommen, wenn diese Absicht tatsächlich umgesetzt wird. Dann geht die Verwaltung davon aus, dass die ursprüngliche Absicht vollständig aufgegeben oder durch eine neue überlagert wurde. Vor der erstmaligen Verwendung kommt eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht in Betracht (vgl. , BStBl 2003 I S. 313).

Die Verwendungsabsicht muss objektiv belegt und in gutem Glauben erklärt werden. Die objektiven Anhaltspunkte (z. B. Mietverträge, Zeitungsinserate, Maklerauftrag, Schriftwechsel mit Interessenten, Vertriebskonzepte, Kalkulationsunterlagen), die die Verwendungsabsicht belegen, werden einzelfallbezogen betrachtet. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Behauptungen des Unternehmers über seine Verwendungsabsicht reichen regelmäßig nicht aus. Es müssen konkrete Nachweise vorliegen, die einem strengen Maßstab unterliegen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Unternehmers. Sind Leistungen bezogen worden, deren tatsächliche Verwendung ungewiss ist, scheidet der Vorsteuerabzug aus. Es sind ausschließlich die Erkenntnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zugrunde zu legen. Ein zunächst vorgenommerner Vorsteuerabzug kann daher nach §§ 164, 165 oder 173 AO durch Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung rückgängig gemacht werden, wenn später festgestellt wird, dass objektive Anhaltspunkte für die erklärte Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs nicht vorlagen. Das gilt auch, wenn die Verwendungsabsicht nicht in gutem Glauben erklärt wurde oder wenn ein Betrugs- oder Missbrauchsfall vorliegt (vgl. , BStBl 2003 I S. 313).

b) Steuerfreie Umsätze

Vom Abzug grds. ausgeschlossen sind die Umsatzsteuer für Lieferungen, sonstige Leistungen und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie die Einfuhrumsatzsteuer von Gegenständen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze (einschließlich entsprechende unentgeltliche Wertabgaben) verwendet bzw. in Anspruch nimmt. Eine Grundstücksgemeinschaft, die ein Gebäude zum Teil steuerfrei an eine Arztpraxis vermietet und es im Übrigen den Gemeinschaftern für private Wohnzwecke überlässt, hat keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes (vgl. , BStBl 2009 II S. 394, zu einer Ehegattengrundstücksgemeinschaft).

Der Vorsteuerausschluss tritt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG nicht ein, wenn die empfangenen Leistungen für Umsätze verwendet werden, die nach § 4 Nr. 1–7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind. Unter die Ausnahmeregelung fallen Ausfuhrlieferungen, innergemeinschaftliche Lieferungen, Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr, Umsätze für die Seeschifffahrt und für die Luftfahrt, grenzüberschreitende Güterbeförderungen und Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr, andere sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr, Goldlieferungen an Zentralbanken, bestimmte Umsätze in Zusammenhang mit einem Umsatzsteuerlager, sämtlich einschließlich deren Vermittlungen, bestimmte Umsätze der Eisenbahnen, bestimmte Umsätze an ständige diplomatische Missionen, berufskonsularische Vertretungen, zwischenstaatliche Einrichtungen sowie NATO-Streitkräfte in anderen EU-Staaten, steuerfreie Reiseleistungen, Umsätze nach dem NATO-Zusatzabkommen, dem Offshore-Steuerabkommen und nach dem Protokoll über die NATO-Hauptquartiere.

Vom Vorsteuerausschluss ausgenommen sind nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie Finanz- und Versicherungsumsätze des § 4 Nr. 8 Buchst. a–g oder Nr. 10 Buchst. a UStG, wenn sie sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden, d. h. endgültig dorthin gelangen. Eine Ausfuhrlieferung (§ 6 UStG) braucht nicht vorzuliegen. Die Voraussetzung „unmittelbar” bedeutet, dass die bezeichneten Umsätze im direkten Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausfuhr stehen müssen, den der Unternehmer selbst in das Drittlandsgebiet ausführt. Nicht ausreichend ist es, wenn diese Umsätze in Verbindung mit solchen betrieblichen Vorgängen des Unternehmers stehen, die ihrerseits erst dazu dienen, die Ausfuhr zu bewirken. Nimmt z. B. ein Unternehmer einen Kredit zur Anschaffung einer Maschine in Anspruch, die er ausschließlich zur Herstellung von Exportgütern einsetzt, fehlt es am unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausfuhr.

Fällt ein Umsatz sowohl unter eine der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG bezeichneten Befreiungsvorschriften (z. B. § 4 Nr. 1–7 UStG) als auch unter eine Befreiungsvorschrift (§ 4 Nr. 8 ff. UStG), die den Vorsteuerabzug ausschließt, geht die in § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG aufgeführte Befreiungsvorschrift vor. Deshalb kann auch für diese Umsätze der Vorsteuerabzug beansprucht werden.

Zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei Krediten, die im Zusammenhang mit anderen Umsätzen eingeräumt werden, vgl. Abschn. 29a UStR.

Bei einem Unternehmer, der steuerfreie Umsätze mit Anlagegold (§ 25c Abs. 1 UStG) bewirkt, ist der Vorsteuerabzug abweichend von § 15 Abs. 2 UStG hinsichtlich bestimmter Eingangsumsätze nicht ausgeschlossen. Vgl. im Einzelnen Tz. 321, d.

Bei einem Unternehmer, der Anlagegold herstellt oder Gold in Anlagegold umwandelt und anschließend steuerfrei nach § 25c Abs. 1 UStG liefert, ist der Vorsteuerabzug für an ihn ausgeführte Umsätze, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung oder Umwandlung des Golds stehen, abweichend von § 15 Abs. 2 UStG ebenfalls nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Leistungen, die ein Erschließungsträger in der Rechtsform einer GmbH zur Herstellung von öffentlichen Erschließungsanlagen bezieht, werden für die durch Erschließungsvertrag gemäß § 124 BauGB geschuldete Erschließungsleistung dieser GmbH verwendet (vgl. , BStBl 2007 II S. 205).

c) Umsätze im Ausland

Vom Vorsteuerabzug sind grds. die Umsatzsteuerbeträge für Leistungsempfänge ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung von Umsätzen im Ausland verwendet, soweit sie steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Das gilt nicht auch für solche Umsätze, die bei Ausführung im Inland nach § 9 UStG als steuerpflichtig behandelt werden könnten. Bezieht ein Unternehmer im Inland Leistungen, die er im Ausland für eine Grundstücksvermietung verwendet, ist nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu prüfen, ob die Grundstücksvermietung steuerfrei (vorsteuerabzugschädlich) wäre, wenn sie im Inland ausgeführt würde. Dies bestimmt sich nach den Vorschriften des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und des § 9 UStG. Die Grundstücksvermietung wäre im Inland nicht steuerfrei gewesen, wenn der Grundstücksvermieter die Grundstücksvermietung im Ausland tatsächlich als steuerpflichtig behandelt hat und die Voraussetzungen des § 9 UStG für den Verzicht auf die Steuerbefreiung einer Grundstücksvermietung vorlagen (vgl. , BStBl 2004 II S. 856). Daher ist z. B. die Umsatzsteuer für Anzeigen im Inland, die der Unternehmer für die Vermietung von im Ausland belegenen Geschäftsräumen aufgegeben hat, abzugsfähig.

Vom Vorsteuerausschluss ausgenommen sind gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 UStG nicht steuerbare Umsätze im Ausland, die nach § 4 Nr. 1–7, § 25 Abs. 2 UStG oder nach den in § 26 Abs. 5 UStG bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden (Tz. 246, b). Die nicht steuerbaren Finanz- und Versicherungsumsätze im Ausland, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. a–g oder Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei wären, berechtigen dann zum Vorsteuerabzug, wenn der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist (z. B. eine Bank im Inland gewährt einer Person mit Wohnsitz in der Schweiz einen Kredit). Für die bezeichneten Finanz- und Versicherungsumsätze kann der Vorsteuerabzug auch in Anspruch genommen werden, wenn der Leistungsempfänger zwar in einem EU-Staat ansässig ist, die an ihn ausgeführte Leistung sich aber unmittelbar auf einen Gegenstand bezieht, der in das Drittlandsgebiet ausgeführt wird. Vgl. Beispiel in Abschn. 205 Abs. 4 UStR.

d) Unentgeltliche Leistungen

Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen war nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG a. F. die Umsatzsteuer für Leistungsempfänge, die der Unternehmer zur Ausführung von unentgeltlichen Lieferungen oder sonstigen Leistungen verwendet, wenn sie im Falle der Entgeltlichkeit steuerfrei wären (z. B. unentgeltliche ärztliche Leistungen im Inland oder Ausland durch Heilberufe). Doch hatte bereits der NWB YAAAB-16835) entschieden, dass sich der Unternehmer bei einer unentgeltlichen Lieferung oder sonstigen Leistung im unternehmerischen Interesse, die steuerfrei wäre, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würde, abweichend von § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG (so die bis geltende Gesetzeslage) darauf berufen kann, dass ihm der Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL zusteht. Der BFH hatte im Streitfall dem Unternehmer das Vorsteuerabzugsrecht für eine aus unternehmerischen Gründen unentgeltliche Verpachtungsleistung zugesprochen, weil die ernsthafte Absicht, steuerpflichtige Verpachtungsumsätze zu erzielen, nachgewiesen worden war. Zur Anwendung dieses BFH-Urteils vgl. , BStBl 2006 I S. 346. Danach war § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG a. F. ist im Vorgriff auf eine zu erwartende gesetzliche Neuregelung nicht mehr anzuwenden. Soweit die Veranlagungen nach den Vorschriften der AO jeweils noch änderbar sind, war dem Unternehmer seither auf Antrag der Vorsteuerabzug aus Umsätzen, die mit einer unentgeltlichen Lieferung oder sonstigen Leistung, die steuerfrei wäre, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würde, in Zusammenhang stehen, unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG zu gewähren. Mit Wirkung v. ist § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UStG aufgehoben worden.

Bei jedem Leistungsbezug ist zu prüfen, ob dieser für das Unternehmen erfolgt und der Unternehmer beabsichtigt, die Eingangsleistung zur Erzielung von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zu verwenden. Dabei ist auf die gesamte, im Zeitpunkt des Leistungsbezugs bekannte Verwendungsprognose abzustellen. Eine Verwendung für zunächst unentgeltlich zu erbringende Ausgangsumsätze ist insoweit unschädlich. Liegt kein steuerbarer Ausgangsumsatz vor, dem der Leistungsbezug direkt zugerechnet werden kann, ist zu prüfen, ob der Leistungsbezug unternehmerisch veranlasst ist und (mittelbar) einer bestimmten Gruppe von Ausgangsumsätzen wirtschaftlich zugeordnet werden kann. In den Fällen, in denen keine direkte wirtschaftliche Zuordnung einer unternehmerisch verwendeten Eingangsleistung möglich ist, ist die Aufteilung des Vorsteuerabzugs nach der Gesamtschau des Unternehmens vorzunehmen. Ist keine unternehmerische Veranlassung des Leistungsbezugs gegeben, scheidet ein Vorsteuerabzug aus. Der nach § 15a UStG maßgebliche Berichtigungszeitraum beginnt mit der unentgeltlichen Überlassung des Wirtschaftsguts.

e) Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit der Einfuhr

Leistungen an den Unternehmer, die der Vornahme einer Einfuhr dienen, sind für die Frage des Vorsteuerabzugs den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte Gegenstand verwendet wird. Vgl. die beiden Beispiele in Abschn. 203 Abs. 4 UStR.

Tz. 247 Grundsätze zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge

§ 15 Abs. 4 UStG

Verwendet der Unternehmer den für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine in Anspruch genommene sonstige Leistung sowohl für Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausschließen, hat er die hierfür angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Das gilt auch dann, wenn die maßgeblichen Umsätze in einem späteren Besteuerungszeitraum bewirkt werden. Die Aufteilung richtet sich nach der tatsächlichen Verwendung des Gegenstands oder der in Anspruch genommenen sonstigen Leistung, nicht aber nach dem Anlass, aus dem der Unternehmer den Gegenstand oder die sonstige Leistung bezogen hat. Sie kann sich auch nach der beabsichtigten Verwendung oder Inanspruchnahme richten. Der Unternehmer muss die Vorsteuern nach ihrer wirtschaftlichen Zuordnung aufteilen (Tz. 248).

Nicht unter das Aufteilungsverfahren des § 15 Abs. 4 UStG fallen Vorsteuerbeträge, die ausschließlich den zum Ausschluss führenden Umsätzen (ungeteilt nicht abziehbar) oder ausschließlich den zum Abzug berechtigten Umsätzen (ungeteilt abziehbar) zuzurechnen sind. Aufzuteilen sind nur die übrigen Vorsteuerbeträge, die teils der einen und teils der anderen Umsatzart zuzuordnen sind (Mischfälle).

Innerhalb der zulässigen Aufteilungsmethode (Tz. 248) kann der Unternehmer im Voranmeldungsverfahren die Aufteilung aus Vereinfachungsgründen statt nach den Verhältnissen im betreffenden Voranmeldungszeitraum nach den Verhältnissen eines vorangegangenen oder den voraussichtlichen Verhältnissen des laufenden Besteuerungszeitraums vornehmen.

Tz. 248 Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zuordnung; Erleichterungen bei der Aufteilung

§ 15 Abs. 4 UStG; § 43 UStDV

Ein Vorsteuerbetrag, der sowohl nicht abzugsberechtigten als auch den Umsätzen zuzurechnen ist, die einen Abzug nicht ausschließen, ist nach wirtschaftlich gerechtfertigten Gesichtspunkten aufzuteilen (Mischfälle). Nur die Mischfälle werden von § 15 Abs. 4 UStG erfasst (vgl. , BStBl 1994 II S. 271).

Die Aufteilung dieser Vorsteuern ist grds. nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung durch die sog. gegenständliche Zuordnung oder nach Kostenzurechnungsgesichtspunkten vorzunehmen. Hierbei ist die betriebliche Kostenrechnung (Betriebsabrechnungsbogen, Kostenträgerrechnung) oder die Aufwands- und Ertragsrechnung i. d. R. als geeigneter Anhaltspunkt bzw. Hilfsmittel heranzuziehen. Andererseits ist die Anwendung eines anderen Aufteilungsschlüssels nicht zu beanstanden, wenn sie zu einem wirtschaftlich vertretbaren Ergebnis führt.

Bei Gebäuden ist nach (BStBl 2002 II S. 833) die Vorsteuer im Regelfall nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze (sog. pro-rata-Satz, d. h. Verhältnis der den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätze – ohne Einfuhren – zu den Umsätzen, die den Vorsteuerabzug zulassen – ohne Einfuhren) aufzuteilen. Zu dieser Entscheidung war ein Nichtanwendungserlass ergangen (, BStBl 2002 I S. 1368; wegen der gesetzlichen Neuregelung in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG – s. unten – aufgehoben mit , BStBl 2004 I S. 1125). Nach dem ab geltenden neuen § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (Pro-Rata-Regelung), nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Damit ist die Verwendung des Umsatzschlüssels als alleiniger Aufteilungsmaßstab eingeschränkt worden. Nur dann, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist, ist der Umsatzschlüssel zugelassen. Beim Erwerb von Gebäuden kommt somit auch weiterhin eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte zu den Verkehrswerten in Betracht, da es sich hierbei nicht um eine Umsatzschlüssel-Methode i. S. der Neuregelung handelt. Ein anderer Aufteilungsmaßstab kann im Hinblick auf eine sachgerechte Schätzung und das Erfordernis einer wirtschaftlichen Zuordnung das Verhältnis der tatsächlichen Nutzflächen sein. Bei einer solchen Schätzung ist auf die im Einzelfall bestehenden Verhältnisse abzustellen. Hierbei ist es erforderlich, dass der angewandte Maßstab systematisch von der Aufteilung nach der wirtschaftlichen Zuordnung ausgeht. Beim Erwerb, nicht jedoch bei der Herstellung von Gebäuden kommt auch eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte zur Verkehrswertermittlung in Betracht (vgl. , BStBl 1998 II S. 492, und , BStBl 1998 II S. 525). Ist die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr der Anschaffung oder Herstellung eines gemischt genutzten Gegenstandes formell bestandskräftig und hat der Unternehmer oder – bei Fehlen oder Abweichung von der Umsatzsteuererklärung – das Finanzamt ein i. S. von § 15 Abs. 4 UStG sachgerechtes Aufteilungsverfahren angewandt, ist dieser Maßstab (auch für die nachfolgenden Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums) bindend (vgl. , BStBl 2006 II S. 729). Für die Vorsteueraufteilung sind Ausbauflächen eines Dachgeschosses als eigenständiges Aufteilungsobjekt anzusehen, wenn die Ausbauflächen eigenständig genutzt werden. Erfolgt die Verwendung der Dachgeschossflächen demgegenüber nur im Zusammenhang mit den Altflächen, kommt es für die Vorsteueraufteilung aus den Ausbaukosten auf die hinsichtlich des gesamten Gebäudes bestehende Verwendung (Verwendungsabsicht) an (vgl. NWB GAAAD-23347).

Ab dem ist wegen des neu eingefügten § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuer nach dem Umsatzschlüssel nur noch dann zulässig, wenn keine andere Methode der wirtschaftlichen Zuordnung möglich ist. In der Regel sind die Vorsteuerbeträge bei gemischt genutzten Gebäuden nach dem Verhältnis der Nutzflächen aufzuteilen (vgl. Abschn. 208 Abs. 2 Satz 15 UStR). Hat ein Unternehmer für ein gemischt genutztes Grundstück die abziehbare Vorsteuer für einen Zeitraum vor dem nach dem Umsatzschlüssel ermittelt und ist eine andere Methode der wirtschaftlichen Zurechnung möglich, ist

  • diese Aufteilungsmethode für die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuer für Zeiträume ab dem anzuwenden,

  • regelmäßig eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vorzunehmen, weil sich aufgrund der Rechtsänderung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse geändert haben.

Leistungen, die eine AG (Publikumsgesellschaft) mit dem Unternehmensgegenstand „Erwerb, Verwaltung und Verwertung von Immobilien, Wertpapieren, Beteiligungen sowie Vermögensanlagen” im Zusammenhang mit der Ausgabe stiller Beteiligungen bezieht, werden nur insoweit i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG „für das Unternehmen” der AG – und nicht für ihren nichtunternehmerischen Bereich – ausgeführt, als die AG unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig ist. Erbringt die AG sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Ausgangsumsätze, sind die in ihren unternehmerischen Bereich entfallenden Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG entsprechend dem Verhältnis der ausgeführten steuerfreien Ausgangsumsätze zu ihren steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen (Umsatzschlüssel) aufzuteilen. Eine Vorsteueraufteilung nach einem „Investitionsschlüssel” ist nicht statthaft (, BStBl 2005 II S. 503).

Mit (BStBl 2007 II S. 417) hat der BFH u. a. entschieden, dass für den Umfang des Vorsteuerabzugs bei Erwerb und erheblichem Umbau eines Gebäudes, das anschließend vom Erwerber für vorsteuerunschädliche und vorsteuerschädliche Verwendungsumsätze genutzt werden soll, vorgreiflich zu entscheiden ist, ob es sich bei den Umbaumaßnahmen um Erhaltungsaufwand am Gebäude oder um anschaffungsnahen Aufwand zur Gebäudeanschaffung handelte oder ob insgesamt die Herstellung eines neuen Gebäudes anzunehmen sei. Vorsteuerbeträge, die einerseits den Gegenstand selbst oder aber andererseits die Erhaltung, Nutzung oder Gebrauch des Gegenstands beträfen, seien danach jeweils gesondert zu beurteilen. Handelt es sich um Aufwendungen für den Gegenstand selbst (aus der Anschaffung oder Herstellung), kommt nach dem BFH-Urteil nur eine Aufteilung der gesamten auf den einheitlichen Gegenstand entfallenden Vorsteuerbeträge nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab (§ 15 Abs. 4 UStG) in Betracht. Der Umfang der abzugsfähigen Vorsteuerbeträge auf sog. Erhaltungsaufwendungen an dem Gegenstand könne sich hingegen danach richten, für welchen Nutzungsbereich des gemischt genutzten Gegenstands die Aufwendungen vorgenommen würden. Der (BStBl 2008 II S. 770) die in seinem Urteil v. - V R 43/03 (BStBl 2007 II S. 417) aufgestellten Grundsätze zur Ermittlung der abziehbaren Vorsteuern aus der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes, das sowohl zur Erzielung vorsteuerunschädlicher als auch vorsteuerschädlicher Umsätze verwendet werden soll, bekräftigt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die mit (BStBl 2007 I S. 482) aufgestellten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprechen. Er hatte weiter ausgeführt, dass selbst wenn Herstellungskosten eines Gebäudes aus einer Vielzahl von einzelnen Leistungsbezügen bestehen könnten, die für sich betrachtet einzelnen Gebäudeteilen zugeordnet werden oder auf mehrere unterschiedliche Nutzungen aufgeteilt werden könnten, einerseits zwischen der Verwendung des Gegenstands selbst und andererseits der Verwendung von Gegenständen und Dienstleistungen zur Erhaltung oder zum Gebrauch dieses Gegenstands unterschieden werden müsse. Anschaffungs- oder Herstellungskosten beträfen jeweils die Anschaffung oder Herstellung eines bestimmten Gegenstands (bei einem Gebäude das einheitliche Gebäude) und nicht bestimmte Gebäudeteile. Würden jedoch lediglich bestimmte Gebäudeteile angeschafft oder hergestellt, seien diese der jeweilige Gegenstand.

Die Verwaltung hat auf diese Rechtsprechung reagiert (s. , BStBl 2008 I S. 896). Danach sind die Begriffe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, der nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und der Erhaltungsaufwendungen nach den für das Einkommensteuerrecht geltenden Grundsätzen (s. , BStBl II 2003 S. 386) auszulegen. Dies gilt jedoch nicht, soweit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG Erhaltungsaufwendungen zu Herstellungskosten umqualifiziert (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Wird ein Gebäude durch einen Unternehmer angeschafft oder hergestellt und soll dieses Gebäude sowohl für vorsteuerunschädliche als auch für vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze verwendet werden, sind die gesamten auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Für die Zurechnung dieser Vorsteuerbeträge ist die prozentuale Aufteilung der Verwendung des gesamten Gebäudes zu vorsteuerunschädlichen bzw. vorsteuerschädlichen Umsätzen maßgebend. Daraus folgt regelmäßig eine Ermittlung der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG im Wege einer sachgerechten Schätzung. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt bei Gebäuden in der Regel die Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen in Betracht. Die Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der vorsteuerschädlichen Umsätze zu den vorsteuerunschädlichen Umsätzen ist dabei nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Eine Zurechnung der Aufwendungen zu bestimmten Gebäudeteilen nach einer räumlichen (sog. geografischen) oder zeitlichen Anbindung oder nach einem Investitionsschlüssel (vgl. , BStBl II 2005 S. 503) ist nicht zulässig. Entsprechend ist bei nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu verfahren. Maßgeblich für die Vorsteueraufteilung ist in diesem Fall die beabsichtigte Verwendung des Gegenstands, der durch die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten entstanden ist. Abgrenzbare Gebäudeteile sind dabei gesondert zu beurteilen Aufwendungen, die ertragsteuerrechtlich als Erhaltungsaufwand anzusehen sind. Handelt es sich bei den bezogenen Leistungen um solche, die mit dem Gebrauch oder der Nutzung des Gebäudes zusammenhängen, ist vorrangig zu prüfen, ob die bezogenen Leistungen vorsteuerunschädlich oder vorsteuerschädlich verwendeten Gebäudeteilen zugeordnet werden können. Ist eine direkte Zurechnung des Erhaltungsaufwands oder der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gebrauch zu bestimmten Gebäudeteilen nicht möglich, ist die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.

Ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab für die Vorsteuerbeträge auf den Erwerb (bzw. die Herstellung) eines gemischt genutzten Gegenstands, der einem bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid für den entsprechenden Besteuerungszeitraum zugrunde liegt, ist – auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume – bindend und der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn ggf. noch andere „sachgerechte” Ermittlungsmethoden in Betracht kommen, wie z. B. die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der mit dem Gegenstand ausgeführten Umsätze (gegenstandsbezogener Umsatzschlüssel). Der gewählte (sachgerechte) Aufteilungsmaßstab ist auch maßgebend für eine mögliche Vorsteuerberichtung nach § 15a UStG 1991; die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Erstjahr gestaltet die für das Erstjahr „maßgebende” Rechtslage für die Verwendungsumsätze (vgl. , BStBl 2007 II S. 417).

Aus Vereinfachungsgründen können alle Vorsteuerbeträge, die sich auf die Verwaltungsgemeinkosten beziehen, nach einem einheitlichen Verhältnis (z. B. schätzungsweise) aufgeteilt werden, auch wenn einzelne Vorsteuerbeträge dieses Bereichs an sich ausschließlich den Umsätzen zuzuordnen wären, die zum Abzug berechtigen oder den Abzug ausschließen (vgl. Abschn. 210 Abs. 6 UStR).

Vorsteuerbeträge, die den folgenden steuerfreien Umsätzen zuzurechnen sind, bleiben nach § 43 UStDV nur dann vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn sie diesen Umsätzen ausschließlich zuzurechnen sind:

  • Umsätze von Geldforderungen (z. B. Wechselumsätze oder Forderungsabtretungen), denen zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze zugrunde liegen. Tritt der Unternehmer eine Geldforderung aus einer steuerpflichtigen Warenlieferung an einen Dritten ab, kann er die Vorsteuern, die der Forderungsabtretung nicht ausschließlich zuzurechnen sind (z. B. im Bereich der Verwaltungsgemeinkosten angefallene Vorsteuern), voll absetzen (vgl. Beispiel in Abschn. 210 Abs. 3 UStR);

  • Umsätze von Wechseln, die der Unternehmer für einen zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsatz eines Dritten von dessen Leistungsempfänger dafür erhalten hat, dass er den leistenden Unternehmer als Bürge oder Garantiegeber anstelle des Leistungsempfängers befriedigt. Vgl. Beispiel in Abschn. 210 Abs. 4 UStR. Schließt der Umsatz des leistenden Unternehmers den Vorsteuerabzug aus, kann die Erleichterung des § 43 UStDV nicht in Anspruch genommen werden;

  • Lieferungen von gesetzlichen Zahlungsmitteln und im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen sowie Einlagen bei Kreditinstituten, wenn diese Umsätze als Hilfsumsätze anzusehen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Umsätze zur unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmens gehören, jedoch nicht den eigentlichen Gegenstand des Unternehmens bilden. Hierfür kommen insbesondere in Betracht der Eintausch ausländischer Zahlungsmittel durch einen Unternehmer, der diese Beträge für seine Umsätze von seinen Kunden erhalten hat; die Abgabe von Briefmarken im Zusammenhang mit dem Verkauf von Ansichtskarten durch Schreibwarenhändler oder Kioske; Geschäftseinlagen bei Kreditinstituten von Unternehmern, bei denen Geldgeschäfte nicht den Gegenstand des Unternehmens bilden.

Tz. 249 Vorsteuerabzug bei Fahrzeuglieferern

§ 15 Abs. 4a UStG



Zum Vorsteuerabzug ist mit bestimmten Einschränkungen auch der (gelegentliche) Fahrzeuglieferer i. S. des § 2a UStG (Tz. 46) berechtigt. Für Fahrzeuglieferer ist nur die auf den eigenen vorausgegangenen Kauf, die vorausgegangene Einfuhr oder den vorausgegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs i. S. des § 1b Abs. 2 und 3 UStG entfallende Vorsteuer abziehbar. Ein weiterer Vorsteuerabzug (z. B. aus Anschaffungsnebenkosten, Benzin) ist nicht möglich. Der Vorsteuerabzug ist dabei auf den Betrag beschränkt, der für die Weiterlieferung des neuen Fahrzeugs als Umsatzsteuer geschuldet würde, wenn diese Lieferung nicht steuerfrei wäre. Verkauft der Fahrzeuglieferer das neue Fahrzeug unter den Anschaffungskosten, kann er danach nicht die volle auf die Anschaffungskosten entfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Der Fahrzeuglieferer kann den Vorsteuerabzug nicht sofort beim Erwerb und Erhalt der Rechnung beanspruchen, sondern erst in dem Zeitpunkt, in dem er das neue Fahrzeug in das übrige Gemeinschaftsgebiet (innergemeinschaftlich) weiterliefert. Den eingeschränkten Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 4a UStG können auch Kleinunternehmer, die die Sonderregelung des § 19 Abs. 1 UStG anwenden, geltend machen, wenn sie ein neues Fahrzeug i. S. des § 1b Abs. 2 und 3 UStG in einen anderen EU-Mitgliedstaat liefern (vgl. § 19 Abs. 4 Satz 2 UStG).

Tz. 250 Einschränkung des Vorsteuerabzugs für Drittlandsunternehmer

§ 15 Abs. 4b UStG

Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Satz 4 und 5UStG entsprechend. Soweit an im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer nur Umsätze ausgeführt werden, für die diese die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schulden, kann somit die darauf lastende Steuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren und nicht (wie bislang) im Vorsteuervergütungsverfahren geltend gemacht werden. Für diese Leistungsempfänger gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Satz 4 und 5UStG entsprechend, d. h. der Vorsteuerabzug ist nur möglich, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder sie im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird (Gegenseitigkeitsvereinbarung). Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind bei diesen Unternehmern die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen.

Tz. 251 Berichtigung des Vorsteuerabzugs

§ 15a UStG; §§ 44, 45 UStDV

a) Allgemeines

Nach früherer Rechtslage war über den Vorsteuerabzug dem Grunde nach zum Zeitpunkt des Eingangs der Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis beim Unternehmer zu entscheiden. Der Höhe nach wurde eine Entscheidung über den Vorsteuerabzug erst getroffen, wenn der bezogene Gegenstand oder die in Anspruch genommene sonstige Leistung erstmals zur Ausführung von Umsätzen verwendet wurde. Sobald der Gegenstand tatsächlich verwendet wurde und damit die Höhe der abziehbaren Vorsteuern feststand, war eine Berichtigung des gesamten Vorsteuerabzugs nach § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorzunehmen, wenn die tatsächliche Verwendung von der Prognose abwich. Erst für Nutzungsänderungen ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendungen wurden Berichtigungen nach Maßgabe des § 15a UStG vorgenommen.

Nach EuGH- und neuerer BFH-Rechtsprechung (, Schlossstraße, BStBl 2003 II S. 446; , BStBl 2003 II S. 426) ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bereits bei Leistungsbezug über den Vorsteuerabzug abschließend zu entscheiden. Abgesehen von Fällen des Missbrauchs bzw. Betrugs oder wenn die Verwendungsabsicht des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs nicht durch objektive Anhaltspunkte belegt und nicht in gutem Glauben erklärt ist, können Korrekturen nur nach § 15a UStG (Art. 20 der 6. EG-RL) vorgenommen werden.

Hintergrund der gesetzlichen Neufassung des § 15a UStG mit Wirkung v. (vgl. hierzu auch Schmidt, NWB F. 7 S. 6559) ist zunächst die EuGH-Rechtsprechung zur Steuerbarkeit und Besteuerungsgrundlage der Entnahme eines Wirtschaftsguts, das ohne Vorsteuerabzugsrecht erworben wurde, aber im Verlauf seiner betrieblichen Zugehörigkeit Aufwendungen mit Vorsteuerabzug verursachte ( und , Fischer und Brandenstein, EuGHE 2001, I - 4049 NWB ZAAAB-72726 und NWB JAAAB-72727). Zum Begriff der Bestandteile bzw. zum Umfang der Steuerbarkeit der Entnahme gem. Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-RL hat der EuGH entschieden, dass zwischen dem entnommenen Gegenstand und seinen Bestandteilen zu unterscheiden ist. So gibt das Vorsteuerabzugsrecht bei der Anschaffung eines Bestandteils nur Anlass zu dessen Entnahmebesteuerung, nicht aber des Gegenstands, in den der Bestandteil eingegangen ist. Zwar sind unter dem Bestandteilbegriff nicht lediglich die bei der ursprünglichen Herstellung des Gegenstands verwendeten Teile zu verstehen. Zu Bestandteilen kann es im Übrigen jedoch nur dann kommen, wenn dem entnommenen Gegenstand (im Laufe seiner Zugehörigkeit zu dem Unternehmen) weitere Teile (Ersatzteile) im Rahmen von Lieferungen zugeführt worden sind. Dienstleistungen, die an dem Gegenstand vorgenommen werden, führen demnach niemals zu einem Bestandteil. Im Übrigen ist eine Entnahmebesteuerung (und zwar nur bezogen auf den Bestandteil) nur dann gerechtfertigt, wenn sich der Bestandteil erkennbar werterhöhend auf den Gegenstand auswirkt und diese Werterhöhung im Zeitpunkt der Entnahme des Gegenstands noch nicht vollständig verbraucht ist. Bestandteil kann darüber hinaus nur ein Gegenstand sein, der nach seinem Einbau in den entnommenen Gegenstand seine körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren hat. Eine Korrektur des Vorsteuerabzugs für unternehmerisch veranlasste Dienstleistungen an dem entnommenen Gegenstand kann nach der Entscheidung nicht über eine Entnahmebesteuerung vorgenommen werden, sondern nur über eine Berichtigung gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL. Die Berichtigung setzt wie die Entnahmebesteuerung voraus, dass die jeweilige Dienstleistung noch nicht vollständig (unternehmerisch) verbraucht ist.

Aus Vereinfachungsgründen wird keine dauerhafte Werterhöhung des Wirtschaftsguts angenommen, wenn die vorsteuerentlasteten Aufwendungen für den Einbau von Bestandteilen 20 % der Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts oder einen Betrag von 1 000 € nicht übersteigen. In diesen Fällen kann auf eine Besteuerung der Bestandteile nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG i. V. mit Satz 2 UStG bei der Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Wirtschaftsguts, das der Unternehmer ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben hat, verzichtet werden. Werden an einem Wirtschaftsgut mehrere Bestandteile in einem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang eingebaut, handelt es sich nicht um eine Maßnahme, auf die in der Summe die Bagatellregelung angewendet werden soll. Es ist vielmehr für jede einzelne Maßnahme die Vereinfachungsregelung zu prüfen (vgl. , BStBl 2004 I S. 1127).

Mit der Neufassung von § 15a UStG wird somit zum einen der Hinweis des EuGH aufgegriffen, dass auch sonstige Leistungen in eine Vorsteuerberichtigung einbezogen werden können. Darüber hinaus wird dies jetzt auch erstmals für Güter des Umlaufvermögens geregelt. Eine Vorsteuerberichtigung ist also nicht mehr nur auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beschränkt.

Die Neufassung von § 15a UStG gilt ab (Art. 21 Abs. 4 EURLUmsG). Im Zusammenhang mit dieser Inkrafttretensreglung steht der neue (ebenfalls ab geltende) § 27 Abs. 11 UStG. Danach ist § 15a UStG i. d. F. des Art. 5 des EURLUmSG auf Vorsteuerbeträge anzuwenden, deren zugrunde liegende Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 UStG nach dem ausgeführt werden.

Das , BStBl 2005 I S. 1068) hat ein umfangreiches Einführungsschreiben zur Neufassung des § 15a UStG bzw. zu den Durchführungsvorschriften herausgegeben (vgl. hierzu auch Schmidt, NWB F. 7 S. 6559). Dabei sind auch die Einzelbestimmungen mit abgehandelt, die in § 15a UStG zwar einen anderen Platz gefunden, sich inhaltlich jedoch nicht verändert haben (z. B. entspricht § 15a Abs. 5 UStG n. F. der Bestimmung in § 15a Abs. 2 UStG a. F.). Diese neuen Verwaltungsgrundsätze werden im Folgenden dargestellt. Die Neuregelung des § 15a UStG findet nur in den Fällen Anwendung, in denen das Wirtschaftsgut nach dem angeschafft oder hergestellt bzw. die sonstige Leistung nach diesem Zeitpunkt bezogen wurde (§ 27 Abs. 11 UStG). Ebenso findet die Neuregelung nur auf nach dem 31. 12. 2004 getätigte nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten Anwendung. Die Neuregelung des § 15a UStG gilt auch in den Fällen, in denen vor dem eine Voraus- oder Anzahlung für eine nach dem 31. 12. 2004 ausgeführte Leistung geleistet worden ist.

Die zum erhöhten Beträge in § 44 UStDV finden nur in den Fällen Anwendung, in denen das Wirtschaftsgut nach dem angeschafft oder hergestellt bzw. die sonstige Leistung nach diesem Zeitpunkt bezogen wurde. Ebenso findet die Neuregelung nur auf nach dem getätigte nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten Anwendung. Das Gleiche gilt in den Fällen, in denen vor dem eine Voraus- oder Anzahlung für eine nach dem ausgeführte Leistung geleistet worden ist. Die Abschn. 214–219 UStR 2005 und das (BStBl 2005 I S. 831) gelten nicht mehr.

b) Objekte, die einer Vorsteuerberichtigung unterliegen

Nach § 15 UStG entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs oder im Fall der Voraus- oder Anzahlung im Zeitpunkt der Zahlung. Ändern sich bei den Berichtigungsobjekten i. S. von § 15a UStG die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn die Grenzen des § 44 UStDV überschritten werden. Durch § 15a UStG wird der Vorsteuerabzug so berichtigt, dass er den tatsächlichen Verhältnissen bei der Verwendung des Wirtschaftsguts oder der sonstigen Leistung entspricht. Als Wirtschaftsgüter i. S. des § 15a UStG gelten die Gegenstände, an denen nach § 3 Abs. 1 UStG die Verfügungsmacht verschafft werden kann. Gegenstände i. S. des § 3 Abs. 1 UStG sind körperliche Gegenstände, Sachgesamtheiten und solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden. Wird das Wirtschaftsgut bzw. die sonstige Leistung nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet, kommt es auf die tatsächlichen Verwendungsverhältnisse während des gesamten, im Einzelfall maßgeblichen Berichtigungszeitraums an.

Unter die Vorsteuerberichtigung fallen folgende Objekte (Wirtschaftsgüter und sonstige Leistungen, vgl. Abschn. 214 UStR):

  • Wirtschaftsgüter, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (§ 15a Abs. 1 UStG): Das sind i. d. R. die Wirtschaftsgüter, die ertragsteuerrechtlich abnutzbares oder nichtabnutzbares (z. B. Grund und Boden) Anlagevermögen darstellen oder – sofern sie nicht zu einem Betriebsvermögen gehören – als entsprechende Wirtschaftsgüter anzusehen sind. Dies können auch immaterielle Wirtschaftsgüter, die Gegenstand einer Lieferung sind (z. B. bestimmte Computerprogramme, Firmenwert oder Mietereinbauten i. S. des , BStBl 1976 I S. 66), sein.

  • Wirtschaftsgüter, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (§ 15a Abs. 2 UStG): Das sind im Wesentlichen die Wirtschaftsgüter, die ertragsteuerrechtlich Umlaufvermögen darstellen, wie z. B. die zur Veräußerung (Verkauf) oder Verarbeitung bestimmten Wirtschaftsgüter. Ertragsteuerrechtliches Anlagevermögen kann ebenfalls betroffen sein, wenn es veräußert oder entnommen wird, bevor es zu anderen Verwendungsumsätzen gekommen ist.

  • Nachträglich in ein Wirtschaftsgut eingehende Gegenstände, wenn diese Gegenstände dabei ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verlieren (§ 15a Abs. 3 UStG): Das ist der Fall, wenn diese Gegenstände nicht selbständig nutzbar sind und mit dem Wirtschaftsgut in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen. Auf eine Werterhöhung bei dem Wirtschaftsgut, in das die Gegenstände eingehen, kommt es nicht an. Kein Gegenstand i. S. des § 15a Abs. 3 UStG ist ein Gegenstand, der abtrennbar ist, seine körperliche oder wirtschaftliche Eigenart behält und damit ein selbständiges Wirtschaftsgut bleibt. Gehen im Rahmen einer Werklieferung mehrere Gegenstände nachträglich in ein Wirtschaftsgut ein, gelten diese Gegenstände als ein Berichtigungsobjekt (Hinweis: z. B. bei verschiedenen Werklieferungen im Zusammenhang mit der Reparatur eines Gebäudes). Vgl. Tz. 251, g.

  • Sonstige Leistungen an einem Wirtschaftsgut (§ 15a Abs. 3 UStG): Es kommt nicht darauf an, ob die sonstige Leistung zu einer Werterhöhung des Wirtschaftsguts führt. Maßnahmen, die lediglich der Werterhaltung dienen, fallen demnach auch unter die Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 3 UStG. Nicht unter die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 3 UStG fallen sonstige Leistungen, die bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs wirtschaftlich verbraucht werden. Eine sonstige Leistung ist im Zeitpunkt des Leistungsbezugs dann nicht wirtschaftlich verbraucht, wenn ihr über den Zeitpunkt des Leistungsbezugs hinaus eine eigene Werthaltigkeit inne wohnt. Hinweis: Der wirtschaftliche Verbrauch setzt somit voraus, dass Zeitpunkt des Leistungsbezugs und wirtschaftlicher Verbrauch zusammenfallen.

  • Sonstige Leistungen, die nicht unter § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG fallen (§ 15a Abs. 4 UStG): Dies sind solche sonstigen Leistungen, die nicht an einem Wirtschaftsgut ausgeführt werden. Aus Vereinfachungsgründen beanstandet die Verwaltung nicht, wenn der Unternehmer die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf solche sonstigen Leistungen beschränkt, für die in der Steuerbilanz ein Aktivposten gebildet werden müsste – vgl. zu dieser ab auch gesetzlichen Regelung Tz. 251, h. Das gilt jedoch nicht, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (Voraus- und Anzahlung). Unerheblich ist, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur Buchführung verpflichtet ist. Hinweis: Die Vereinfachungsregelung ist so zu verstehen, dass solche Fälle von § 15a Abs. 4 UStG erfasst werden sollen, in denen für einen bestimmten Zeitraum Zahlungen geleistet werden, die wirtschaftlich diesem gesamten Zeitraum zuzurechnen sind (z. B. Zahlung der gesamten Miete für eine feste Mietlaufzeit und Zahlung der gesamten Leasingvorauszahlung für die Laufzeit des Leasingvertrags). Gleichwohl gilt die Vereinfachungsregelung nicht für Anzahlungen (d. h. im Ergebnis sind nur An- oder Vorauszahlungen für solche sonstigen Leistungen der Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG zuzuführen, die wirtschaftlich einem bestimmten Zeitraum zuzurechnen sind). Der Anspruch auf Vorsteuerabzug entsteht bei An- oder Vorauszahlungen unter der Bedingung, dass eine nach § 14 UStG ausgestellte Rechnung erteilt wurde, bereits im Zeitpunkt der An- oder Vorauszahlung.

  • Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 15a Abs. 6 UStG): Der Begriff der nachträglichen Anschaffungs oder Herstellungskosten ist nach den für das Einkommensteuerrecht geltenden Grundsätzen abzugrenzen (dabei handelt es sich um ertragsteuerrechtliche Grundsätze, die nicht nur an einer Stelle zu finden sind, sondern die sich in einer Vielzahl von Verwaltungsanweisungen und in der Rechtsprechung manifestiert haben). Voraussetzung ist, dass die nachträglichen Aufwendungen für Berichtigungsobjekte nach § 15a Abs. 1–4 UStG angefallen sind. Aufwendungen, die ertragsteuerrechtlich Erhaltungsaufwand sind, unterliegen der Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 3 UStG.

c) Allgemeine Grundsätze der Vorsteuerberichtigung

Bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist von den gesamten Vorsteuerbeträgen auszugehen, die auf die jeweiligen Berichtigungsobjekte entfallen. Dabei ist ein prozentuales Verhältnis des ursprünglichen Vorsteuerabzugs zum Vorsteuervolumen insgesamt zugrunde zu legen. Hierbei ist also zu unterscheiden zwischen den gesamten in Rechnung gestellten Vorsteuern (die die formalen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllen) und den tatsächlich abgezogenen Vorsteuern (vgl. Beispiele 1 und 2 des , BStBl 2005 I S. 1068).

In die Vorsteuerberichtigung sind alle Vorsteuerbeträge einzubeziehen ohne Rücksicht auf besondere ertragsteuerrechtliche Regelungen, z. B. sofort absetzbare Beträge oder Zuschüsse, die der Unternehmer erfolgsneutral behandelt, oder AfA, die auf die Zeit bis zur tatsächlichen Verwendung entfällt. Führt die Berichtigung nach § 15a UStG zu einem erstmaligen Vorsteuerabzug, weil der Vorsteuerabzug beim Leistungsbezug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausgeschlossen war, dürfen nur die Vorsteuerbeträge angesetzt werden, für die die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG vorliegen. Daher sind in diesen Fällen Vorsteuerbeträge, für die der Abzug zu versagen ist, weil keine ordnungsgemäße Rechnung oder kein zollamtlicher Einfuhrbeleg vorliegt, von der Berichtigung ausgenommen.

Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist nur möglich, wenn und soweit die bezogenen Leistungen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs dem Unternehmen zugeordnet wurden. § 15a UStG ist daher insbesondere nicht anzuwenden, wenn (vgl. Abschn. 214 Abs. 6 UStR)

  • ein Nichtunternehmer Leistungen bezieht und diese später unternehmerisch verwendet,

  • der Unternehmer ein Wirtschaftsgut oder eine sonstige Leistung im Zeitpunkt des Leistungsbezugs seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnet und das Wirtschaftsgut oder die sonstige Leistung später für unternehmerische Zwecke verwendet (z. B. Fall der Einlage, vgl. , Lennartz, EuGHE 1991, I - 3795),

  • an einem Wirtschaftsgut, das nicht dem Unternehmen zugeordnet wurde, eine Leistung i. S. des § 15a Abs. 3 UStG ausgeführt wird, die ebenfalls nicht für das Unternehmen bezogen wird, und das Wirtschaftsgut später unternehmerisch verwendet wird,

  • nichtunternehmerisch genutzte Gebäudeteile als separater Gegenstand beim Leistungsbezug dem nichtunternehmerischen Bereich zugeordnet und später unternehmerisch genutzt werden (z. B. bei Umwandlung bisheriger Wohnräume in Büroräume),

  • der Unternehmer einen bezogenen Gegenstand zunächst zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt und die Leistung deshalb gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG als nicht für sein Unternehmen ausgeführt gilt und diese Grenze später überschritten wird.

d) Änderung der Verhältnisse

Verwendung i. S. des § 15a UStG ist die tatsächliche Nutzung des Berichtigungsobjekts. Als Verwendung sind auch die Veräußerung und die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b und 9a UStG anzusehen (vgl. , BStBl 1987 II S. 44). Unter Veräußerung ist sowohl die Lieferung i. S. des § 3 Abs. 1 UStG (auch z. B. die Verwertung in der Zwangsvollstreckung) als auch die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter zu verstehen. Voraussetzung ist in allen Fällen, dass das Berichtigungsobjekt im Zeitpunkt dieser Umsätze objektiv noch verwendungsfähig ist. Für die Frage, ob eine Änderung der Verhältnisse vorliegt, sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung im Vergleich zum ursprünglichen Vorsteuerabzug entscheidend. Für den ursprünglichen Vorsteuerabzug ist die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs entscheidend, im Fall der Anzahlung oder Vorauszahlung die im Zeitpunkt der Anzahlung oder Vorauszahlung gegebene Verwendungsabsicht.

Eine Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG stellt keine Änderung der Verhältnisse dar, weil der Erwerber an die Stelle des Veräußerers tritt (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG). Hinweis: Der Veräußerer ist bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen jedoch verpflichtet, dem Erwerber die für die Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen.

Überträgt ein Vermietungsunternehmer das Eigentum an einem umsatzsteuerpflichtig vermieteten Grundstück zur Hälfte auf seinen Ehegatten, liegt darin eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn das Grundstück alleiniger Vermietungsgegenstand war. Dieser Vorgang löst beim Vermietungsunternehmer keine Vorsteuerkorrektur gem. § 15a UStG aus. Der ursprüngliche Vermieter überlässt den in seinem Eigentum verbliebenen Grundstücksanteil der Bruchteilsgemeinschaft nicht zusätzlich unentgeltlich zur Nutzung (vgl. , BStBl 2008 II S. 65; Änderung der Rechtsprechung).

Eine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15a UStG liegt z. B. vor (vgl. Abschn 215 Abs. 2 UStR),

  • wenn sich aufgrund der tatsächlichen Verwendung nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug im Vergleich zum ursprünglichen Vorsteuerabzug ergibt, z. B.

    • wenn der Unternehmer ein Berichtigungsobjekt innerhalb des Unternehmens für Ausgangsumsätze nutzt, welche den Vorsteuerabzug anders als ursprünglich ausschließen oder zulassen,

    • wenn der Unternehmer einen ursprünglich ausgeübten Verzicht auf eine Steuerbefreiung (§ 9 UStG) später nicht fortführt, oder

    • wenn sich das prozentuale Verhältnis ändert, nach dem die abziehbaren Vorsteuern ursprünglich gem. § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt worden sind.

  • wenn das Wirtschaftsgut veräußert oder entnommen wird und dieser Umsatz hinsichtlich des Vorsteuerabzugs anders zu beurteilen ist als der ursprüngliche Vorsteuerabzug (§ 15a Abs. 8 UStG),

  • wenn der Unternehmer von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG oder umgekehrt übergeht (§ 15a Abs. 7 UStG), ohne dass sich die Nutzung der Wirtschaftsgüter oder sonstigen Leistungen selbst geändert haben muss,

  • wenn der Unternehmer von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a und 24 UStG oder umgekehrt übergeht (§ 15a Abs. 7 UStG), ohne dass sich die Nutzung der Wirtschaftsgüter oder sonstigen Leistungen selbst geändert haben muss,

  • wenn sich eine Rechtsänderung nach dem Leistungsbezug auf die Beurteilung des Vorsteuerabzugs auswirkt, z. B. bei Wegfall oder Einführung einer den Vorsteuerabzug ausschließenden Steuerbefreiung (vgl. , BStBl 1992 II S. 983),

  • wenn sich die rechtliche Beurteilung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs später als unzutreffend erweist, sofern die Steuerfestsetzung für das Jahr des Leistungsbezugs bestandskräftig und unabänderbar ist.

Eine Änderung der Verhältnisse liegt insbesondere auch dann vor, wenn sich das ursprüngliche prozentuale Verhältnis ändert, nach dem die abziehbaren Vorsteuerbeträge anfänglich gem. § 15a Abs. 4 UStG aufgeteilt worden sind. Dies gilt nicht nur dann, wenn sich tatsächlich die Verwendung geändert hat, die der Berechnung der Aufteilung zugrunde liegt (z. B. Änderung der Fläche der steuerpflichtig/steuerfrei vermieteten Räume). Eine Anwendung von § 15a UStG ist auch nicht ausgeschlossen, wenn sich lediglich die Methode der Berechnung ändert.

e) Grundsatz der Vorsteuerberichtigung

§ 15a Abs. 1 UStG

§ 15a Abs. 1 UStG regelt den Grundsatz der Vorsteuerberichtigung: Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von zehn Jahren.

Eine Vorsteuerberichtigung in dem Sinn, dass im hoheitlichen (nichtunternehmerischen) Bereich angefallene Vorsteuer nachträglich im unternehmerischen Bereich zum Abzug zugelassen wird, ist unzulässig. Eine nachträgliche Vorsteuerberichtigung ist – so bestätigt der , Waterschap Zeeuws Vlaanderen NWB KAAAB-72770 – nur möglich, wenn die Wirtschaftsgüter schon bei ihrer Anschaffung zum Unternehmen gehört haben und sich später der für den Vorsteuerabzug maßgebende Verwendungszweck innerhalb des Berichtigungszeitraums von fünf Jahren (bei Grundstücken von zehn Jahren) ändert. Eine Vorsteuerberichtigung ist nur zulässig, wenn eine Person als Steuerpflichtiger (Unternehmer) Investitionsgüter erwirbt und sie Zwecken ihrer unternehmerischen Tätigkeit zuordnet. Ausgeschlossen ist ein nachträgliches Vorsteuerabzugsrecht somit für den Fall, dass Gegenstände aus einem nichtunternehmerischen (z. B. hoheitlichen) Vermögen in das Unternehmensvermögen eingelegt worden sind. Es macht keinen Unterschied, ob es sich bei der Person, die ein nachträgliches Vorsteuerabzugsrecht geltend macht, um eine natürliche Person oder um eine öffentlich-rechtliche Einrichtung handelt.

Neu in § 15a Abs. 1 UStG ist, den Begriff „Investitionsgut” als Gegenstand einer Vorsteuerberichtigung pro rata temporis zu bestimmen. Investitionsgut i. S. des § 15a Abs. 1 UStG sind danach die Wirtschaftsgüter, die nicht nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet werden und damit im Ergebnis einkommensteuerrechtliches Anlagevermögen darstellen. Im Übrigen entspricht § 15a Abs. 1 UStG inhaltlich der vorher geltenden Fassung.

Ändern sich im Laufe eines Kalenderjahrs die Verhältnisse eines Wirtschaftsguts, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, ist maßgebend, wie das Wirtschaftsgut während dieses gesamten Kalenderjahrs verwendet wird (vgl. Beispiel 3 des , BStBl 2005 I S. 1068). Hinweis: Verwendung i. S. des § 15a UStG ist nicht auch das Bereithalten eines Wirtschaftsguts für eine etwaige spätere Verwendung (z. B. Feuerlöscher, der im Rahmen der Brandvorsorge regelmäßig gewartet werden muss). Verwendung i. S. des § 15a UStG ist – neben der Veräußerung und der unentgeltlichen Wertabgabe – ausschließlich nur die tatsächliche Nutzung des Berichtigungsobjekts.

Bei bebauten und unbebauten Grundstücken können sich die Verhältnisse insbesondere in folgenden Fällen ändern:

  • Nutzungsänderungen, insbesondere durch

    • Übergang von einer durch Option nach § 9 UStG steuerpflichtigen Vermietung zu einer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung oder umgekehrt,

    • Übergang von der Verwendung eigengewerblich genutzter Räume, die zur Erzielung zum Vorsteuerabzug berechtigender Umsätze verwendet werden, zu einer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung oder umgekehrt,

    • Übergang von einer steuerfreien Vermietung nach Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk zu einer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung oder umgekehrt,

    • Änderung des Vorsteueraufteilungsschlüssels bei Grundstücken, die sowohl zur Ausführung von Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet werden (vgl. , BStBl 2004 I S. 1125);

  • Veräußerungen, die nicht als Geschäftsveräußerungen i. S. des § 1 Abs. 1a UStG anzusehen sind, insbesondere

    • nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Veräußerung ganz oder teilweise eigengewerblich und vorsteuerunschädlich genutzter, ursprünglich steuerpflichtig vermieteter oder aufgrund des Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk steuerfrei vermieteter Grundstücke,

    • durch wirksame Option nach § 9 UStG steuerpflichtige Veräußerung bisher ganz oder teilweise nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei vermieteter Grundstücke,

    • die entgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem teilweise steuerfrei vermieteten Grundstück auf einen Familienangehörigen, wenn die Teiloption beim Verkauf nicht in dem Verhältnis der bisherigen Nutzung ausgeübt wird;

  • unentgeltliche Wertabgaben, die nicht im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG erfolgen, und die steuerfrei sind, weil der Unternehmer das Grundstück vor dem angeschafft oder hergestellt hat (vgl. hierzu BMF, Schreiben v. - S 7300, BStBl 2004 I S. 469), insbesondere

    • unentgeltliche Übertragung ganz oder teilweise eigengewerblich vorsteuerunschädlich genutzter, ursprünglich steuerpflichtig vermieteter oder aufgrund des Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk steuerfrei vermieteter Grundstücke, z. B. an Familienangehörige (vgl. , BStBl 1987 II S. 655),

    • unentgeltliche Nießbrauchsbestellung an einem entsprechend genutzten Grundstück, z. B. an Familienangehörige (vgl. , BStBl 1988 II S. 205),

    • unentgeltliche Übertragung des Miteigentumsanteils an einem entsprechend genutzten Grundstück, z. B. an Familienangehörige (vgl. , BStBl 1995 II S. 30).

Steht ein Gebäude im Anschluss an seine erstmalige Verwendung für eine bestimmte Zeit ganz oder teilweise leer, ist bis zur tatsächlichen erneuten Verwendung des Wirtschaftsguts anhand der Verwendungsabsicht zu entscheiden, ob sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern. Keine Änderung der Verhältnisse liegt dabei vor, wenn im Anschluss an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung auch künftig zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze ausgeführt werden sollen (vgl. , BStBl 2003 II S. 435). Dagegen kann die Änderung der Verwendungsabsicht oder die spätere tatsächliche Verwendung zu einer Vorsteuerberichtigung führen.

aa) Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 UStG

Der Zeitraum, für den eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchzuführen ist, beträgt grds. volle fünf Jahre ab dem Beginn der erstmaligen tatsächlichen Verwendung. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden verlängert sich der Berichtigungszeitraum auf volle zehn Jahre. Bei Wirtschaftsgütern mit einer kürzeren Verwendungsdauer ist der entsprechend kürzere Berichtigungszeitraum anzusetzen (§ 15a Abs. 5 Satz 2 UStG). Ob von einer kürzeren Verwendungsdauer auszugehen ist, beurteilt sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, die nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen für das Wirtschaftsgut anzusetzen ist. § 45 UStDV ist zur Ermittlung des Beginns des Berichtigungszeitraums analog anzuwenden. Der Berichtigungszeitraum beginnt immer mit der tatsächlichen Verwendung; Alternativen (z. B. Beginn mit dem Buchungsdatum) sind nicht vorgesehen.

Wird ein Wirtschaftsgut, z. B. ein Gebäude, bereits entsprechend dem Baufortschritt verwendet, noch bevor es insgesamt fertig gestellt ist, ist für jeden gesondert in Verwendung genommenen Teil des Wirtschaftsguts ein besonderer Berichtigungszeitraum anzunehmen. Wird dagegen ein fertiges Wirtschaftsgut nur teilweise gebraucht oder gemessen an seiner Einsatzmöglichkeit nicht voll genutzt, besteht ein einheitlicher Berichtigungszeitraum für das ganze Wirtschaftsgut, der mit dessen erstmaliger teilweiser Verwendung beginnt. Dabei ist für die nicht genutzten Teile des Wirtschaftsguts (z. B. eines Gebäudes) die Verwendungsabsicht maßgebend.

Steht ein Gebäude vor der erstmaligen Verwendung leer, beginnt der Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 UStG erst mit der erstmaligen tatsächlichen Verwendung. Hinweis: Das gilt z. B. auch dann, wenn der Leerstand dadurch verursacht ist, dass das Gebäude z. B. wegen eines Hochwassers wiederhergestellt werden muss. Also verlängert auch der vorübergehende Verlust der Gebrauchsfähigkeit eines Gebäudes den Berichtigungszeitraum. Auch für Leistungsbezüge während des Leerstands vor der erstmaligen Verwendung richtet sich der Vorsteuerabzug nach der im Zeitpunkt des jeweiligen Leistungsbezugs gegebenen Verwendungsabsicht (vgl. Beispiel 4 des , BStBl 2005 I S. 1068). Wird ein dem Unternehmen zugeordnetes Wirtschaftsgut zunächst unentgeltlich überlassen, beginnt der Berichtigungszeitraum mit der unentgeltlichen Überlassung, unabhängig davon, ob die unentgeltliche Überlassung zu einer steuerbaren unentgeltlichen Wertabgabe führt.

Endet der maßgebliche Berichtigungszeitraum während eines Kalenderjahrs, sind nur die Verhältnisse zu berücksichtigen, die bis zum Ablauf dieses Zeitraums eingetreten sind (vgl. Beispiel 5 des , BStBl 2005 I S. 1068). Endet der Berichtigungszeitraum innerhalb eines Kalendermonats, ist das für die Berichtigung maßgebliche Ende nach § 45 UStDV zu ermitteln (vgl. Beispiele 6 und 7 des , BStBl 2005 I S. 1068).

Kann ein Wirtschaftsgut vor Ablauf des Berichtigungszeitraums wegen Unbrauchbarkeit vom Unternehmer nicht mehr zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, endet damit der Berichtigungszeitraum. Eine Veräußerung des nicht mehr verwendungsfähigen Wirtschaftsguts als Altmaterial bleibt für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs unberücksichtigt. Ein unbrauchbar gewordenes Wirtschaftsgut ist kein Berichtigungsobjekt i. S. des § 15a UStG.

Wird das Wirtschaftsgut vor Ablauf des Berichtigungszeitraums veräußert oder nach § 3 Abs. 1b UStG geliefert, verkürzt sich hierdurch der Berichtigungszeitraum nicht. Veräußerung und unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG sind so anzusehen, als ob das Wirtschaftsgut bis zum Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums entsprechend der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung dieser Umsätze weiterhin innerhalb des Unternehmens verwendet worden wäre (§ 15a Abs. 9 UStG). Die Berichtigung ist bereits für den Voranmeldungszeitraum durchzuführen, in dem die Veräußerung oder unentgeltliche Wertabgabe stattgefunden hat (§ 44 Abs. 4 Satz 3 UStDV; vgl. Beispiel 8 des , BStBl 2005 I S. 1068).

bb) Berichtigungsverfahren nach § 15a Abs. 1 UStG

Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist jeweils für den Voranmeldungszeitraum bzw. das Kalenderjahr vorzunehmen, in dem sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse geändert haben. Dabei sind die Vereinfachungsregelungen des § 44 UStDV zu beachten. Weicht die tatsächliche Verwendung von den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen ab, wird die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht durch eine Änderung der Steuerfestsetzung des Jahrs der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs nach den Vorschriften der AO, sondern verteilt auf den Berichtigungszeitraum von fünf bzw. zehn Jahren „pro rata temporis” vorgenommen. Dabei ist für jedes Kalenderjahr des Berichtigungszeitraums von den in § 15a Abs. 5 UStG bezeichneten Anteilen der Vorsteuerbeträge auszugehen. Beginnt oder endet der Berichtigungszeitraum innerhalb eines Kalenderjahrs, ist für diese Kalenderjahre jeweils nicht der volle Jahresanteil der Vorsteuerbeträge, sondern nur der Anteil anzusetzen, der den jeweiligen Kalendermonaten entspricht (vgl. Beispiel 9 des , BStBl 2005 I S. 1068).

Sind die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht schon im Zeitpunkt des Leistungsbezugs, sondern erst mit Beginn der tatsächlichen erstmaligen Verwendung erfüllt, z. B. weil die zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung vor Beginn der tatsächlichen erstmaligen Verwendung noch nicht vorgelegen hat, kann die Vorsteuer erst abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG insgesamt vorliegen. Auch hierbei beurteilt sich die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach der Verwendung im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Von diesen Verhältnissen ist auch bei der Berichtigung auszugehen. Folglich ist im Zeitpunkt des erstmaligen Vorsteuerabzugs gleichzeitig eine eventuell notwendige Berichtigung des Vorsteuerabzugs für die bereits abgelaufenen Teile des Berichtigungszeitraums vorzunehmen. Hinweis: In diesen Fällen ist nicht etwa anstelle der Verwendungsabsicht erst die tatsächliche Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgeblich. Nach Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung ist hinsichtlich des Vorsteuerabzugs auf die bei Leistungsbezug gegebene Verwendungsabsicht abzustellen (vgl. Beispiele 10 und 11 des , BStBl 2005 I S. 1068).

War der ursprünglich vorgenommene Vorsteuerabzug aus der Sicht des § 15 Abs. 2–4 UStG sachlich unrichtig, weil der Vorsteuerabzug ganz oder teilweise zu Unrecht vorgenommen wurde oder unterblieben ist, ist die unrichtige Steuerfestsetzung nach den Vorschriften der AO zu ändern. Ist eine Änderung der unrichtigen Steuerfestsetzung hiernach nicht mehr zulässig, bleibt die ihr zugrunde liegende unzutreffende Beurteilung des Vorsteuerabzugs für alle Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums maßgebend, in denen nach verfahrensrechtlichen Vorschriften eine Änderung der Festsetzung, in der über den Vorsteuerabzug entschieden wurde, noch möglich war. Zur Unabänderbarkeit von Steuerfestsetzungen der Abzugsjahre vgl. (BStBl 1998 II S. 361). Führt die rechtlich richtige Würdigung des Verwendungsumsatzes in einem noch nicht bestandskräftigen Jahr des Berichtigungszeitraums – gemessen an der tatsächlichen und nicht mehr änderbaren Beurteilung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs – zu einer anderen Beurteilung des Vorsteuerabzugs, liegt eine Änderung der Verhältnisse vor (vgl. , BStBl 1997 II S. 589, v. - V R 140/93, BStBl 1998 II S. 36, und v. - V R 66/94, BStBl 1998 II S. 361). Der Vorsteuerabzug kann in allen noch änderbaren Steuerfestsetzungen für die Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums, in denen eine Änderung der Steuerfestsetzung des Vorsteuerabzugs nach verfahrensrechtlichen Vorschriften nicht mehr möglich war, sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Unternehmers nach § 15a UStG berichtigt werden (vgl. Beispiele 12 und 13 des , BStBl 2005 I S. 1068). Hinweis: Eine Vorsteuerberichtigung kann somit auch dann noch möglich sein, wenn später festgestellt wird, dass objektive Anhaltspunkte für die vorgetragene Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs nicht vorlagen, die Verwendungsabsicht nicht in gutem Glauben erklärt wurde oder ein Fall von Betrug oder Missbrauch vorliegt.

f) Erweiterung der Berichtigungsmöglichkeit auf Gegenstände des Umlaufvermögens

§ 15a Abs. 2 UStG

Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, bestimmt § 15a Abs 2 UStG, dass ebenfalls eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen ist, und zwar für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut verwendet wird.

Damit werden von der Vorsteuerberichtigung (erstmals) alle Wirtschaftsgüter erfasst, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden. Betroffen davon sind insbesondere die Wirtschaftsgüter, die einkommensteuerrechtlich Umlaufvermögen darstellen. Der Gesetzgeber schließt damit eine Regelungslücke: § 15 Abs. 1 UStG bot für Fälle, in denen der Unternehmer ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens mit einer anderen Verwendungsabsicht als der später tatsächlich gegebenen Verwendung erworben hatte, keine Handhabe einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG. Für die Frage des Vorsteuerabzugs war lediglich die beim Erwerb des Wirtschaftsguts gegebene Verwendungsabsicht des Unternehmers maßgeblich. Dies konnte insbesondere bei Grundstücken im Umlaufvermögen zu Steuerausfällen führen. Es traten Fälle auf, in denen solche Grundstücke unter Nutzung der Option nach § 9 UStG steuerpflichtig erworben wurden, weil sie später steuerpflichtig veräußert werden sollten. Selbst wenn die Grundstücke später entgegen den Erwartungen des Unternehmers nur steuerfrei veräußert werden konnten, war eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht möglich. Nunmehr ist auch der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn bei einem Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet wird, die tatsächliche Verwendung von der beim Erwerb des Wirtschaftsguts gegebenen Verwendungsabsicht abweicht. Anders als bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Investitionsgütern gibt es bei Wirtschaftsgütern, die nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet werden, keinen begrenzten Berichtigungszeitraum (keine Berichtigung „pro rata temporis”). Die Frage der Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung (Veräußerung) zu beurteilen. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist (einmalig) für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut verwendet wird. Der Berichtigungszeitraum für Investitionsgüter (Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens) spielt keine Rolle. Für vor dem ausgeführte Umsätze, die zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern führen, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet werden, besteht auch unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts kein Anspruch auf Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG (vgl. NWB XAAAD-21114).

Was darunter zu verstehen ist, dass ein Wirtschaftsgut „nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird”, definiert das Gesetz nicht. Nach der Gesetzesbegründung soll darunter z. B. der Verkauf oder die Verarbeitung bestimmter Produkte zu verstehen sein. Da § 15a Abs. 2 UStG als Abgrenzung zu § 15a Abs. 1 UStG für Investitionsgüter zu verstehen ist, kann es sich nur um Wirtschaftsgüter handeln, die entweder selbst nur Gegenstand einer einzigen Lieferung sind (und danach nicht mehr zum Unternehmensvermögen gehören) oder in einen anderen Gegenstand eingehen, der auch nur Objekt einer Werklieferung oder Werkleistung ist und danach dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung steht. Als Beispiele kommen daher insbesondere in Betracht: Handelsware, Grundstücke als Umlaufvermögen, Rohstoffe oder Bauteile, die Gegenstand eines vom Unternehmer zu erstellenden Werks sind. Die Gegenstände können per definitionem im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen (ggf. eine Vorsteuerberichtigung auslösenden anderen) Verwendung noch nicht für Umsätze benutzt worden sein.

Die Berichtigung ist, losgelöst von einem Berichtigungszeitraum, im Besteuerungszeitraum (grds. das Kalenderjahr, § 16 Abs. 1 UStG) vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut tatsächlich verwendet wird. Die Berichtigung ist in dem Umfang durchzuführen, in dem sich die Verwendungsverhältnisse verglichen mit denen im Zeitpunkt des ursprünglichen Vorsteuerabzugs (der Anschaffung) geändert haben.

Die Berichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG unterliegt, gegenüber dem fünf- bzw. zehnjährigen Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 UStG, keinem Berichtigungszeitraum. Eine Vorsteuerberichtigung erfolgt im Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung, wenn diese von der ursprünglichen Verwendungsabsicht beim Erwerb abweicht. Es ist unbeachtlich, wann die tatsächliche Verwendung erfolgt. Hinweis: Das Fehlen eines Berichtigungszeitraums widerspricht nicht dem Zweck der Festsetzungsverjährung nach § 169 ff. AO. Nach der vom BFH festgestellten Maßgeblichkeit der Verwendungsabsicht bei Leistungsbezug für den Vorsteuerabzug ist eine Berichtigungsmöglichkeit bei Wirtschaftsgütern, die nicht Investitionsgüter sind, erforderlich. Die Berichtigung ist für den Voranmeldungszeitraum bzw. das Kalenderjahr vorzunehmen, in dem das Berichtigungsobjekt abweichend von der ursprünglichen Verwendungsabsicht verwendet wird (vgl. Beispiele 14 und 15 des , BStBl 2005 I S. 1068). Vgl. zur Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG auch NWB XAAAC-89515.

g) Erweiterung der Berichtigungsmöglichkeit auf Gegenstände und sonstige Leistungen, die nachträglich in das Wirtschaftsgut eingehen

§ 15a Abs. 3 UStG

Geht in ein Wirtschaftsgut nachträglich ein anderer Gegenstand ein und verliert dieser Gegenstand dabei seine körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig oder wird an einem Wirtschaftsgut eine sonstige Leistung ausgeführt, gelten nach § 15a Abs. 3 UStG im Fall der Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse die Bestimmungen zur Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 und 2 UStG entsprechend. Eine Änderung der Verhältnisse liegt dabei auch vor, wenn das Wirtschaftsgut für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, aus dem Unternehmen entnommen wird, ohne dass dabei nach § 3 Abs. 1b UStG eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern ist. Aus systematischen und den vom EuGH vorgegebenen Gründen kann eine Vorsteuerberichtigung nur in Betracht kommen, wenn die nachträglich in den Gegenstand eingegangenen Leistungen zu einer dauerhaften Werterhöhung geführt haben und diese im Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse noch nicht verbraucht ist. Eine dauerhafte Werterhöhung alleine führt noch nicht zu einer Berichtigung.

Unter der Voraussetzung, dass in ein Wirtschaftsgut (das entweder einkommensteuerrechtliches Anlagevermögen oder einkommensteuerrechtliches Umlaufvermögen ist) nachträglich (durch eine Lieferung oder Werklieferung) ein anderer Gegenstand eingeht und dieser Gegenstand dabei seine körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verliert oder an einem Wirtschaftsgut eine sonstige Leistung ausgeführt wird, ist der Vorsteuerabzug bei Änderung der Verwendungsverhältnisse insoweit ebenfalls zu berichtigen. Die Vorsteuerberichtigung wird „pro rata temporis” vorgenommen, wenn es sich bei dem Wirtschaftsgut, in das die Leistungen eingegangen sind, um ein Investitionsgut (Anlagevermögen) i. S. des § 15a Abs. 1 UStG handelt. Gehört das Wirtschaftsgut zum Umlaufvermögen, findet die Vorsteuerberichtigung wie in den Fällen des § 15a Abs. 2 UStG nur einmalig in entsprechender Höhe statt.

Eine Änderung der Verhältnisse ist auch dann gegeben, wenn das Wirtschaftsgut, in das die Leistungen eingegangen sind, aus dem Unternehmen entnommen wird, ohne dass dabei nach § 3 Abs. 1b UStG eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern ist. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer beim Erwerb des Wirtschaftsguts selbst nicht, wohl aber hinsichtlich der nachträglich darin eingegangenen Leistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt war.

Für die nachträglich in einen Gegenstand des Anlagevermögens eingegangenen Leistungen ist eine Vorsteuerberichtigung pro rata temporis nach den Grundsätzen von § 15a Abs. 1 UStG vorzunehmen. Das bedeutet, dass für jede dieser Leistungen von einem eigenen Berichtigungszeitraum, unabhängig von dem des Wirtschaftsguts selbst, auszugehen ist. Der Vorsteuerberichtigungszeitraum richtet sich nach dem Zeitraum für das Wirtschaftsgut, in das die Leistungen eingegangen sind (vgl. § 15a Abs. 6 UStG).

Eine Vorsteuerberichtigung kommt entsprechend nicht nur für Lieferungen/Werklieferungen von Gegenständen in Betracht, die nachträglich in das Wirtschaftsgut eingehen, sondern auch für entsprechende sonstige Leistungen. Je nach Eigenart des Wirtschaftsguts, ob Anlagevermögen oder Umlaufvermögen, wird die Berichtigung pro rata temporis oder einmalig vorgenommen.

Mit dem Ersten Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft v. 7. 7. 2006 (BGBl 2006 I S. 1970) ist § 15a Abs. 3 UStG erweitert worden. Nach der ergänzenden Regelung, die ab gilt, sind sämtliche Gegenstände, die im Rahmen einer Maßnahme des Unternehmers in ein Wirtschaftsgut eingegangen sind, und sämtliche sonstigen Leistungen, die im Rahmen dieser Maßnahme an einem Wirtschaftsgut ausgeführt worden sind, zu einem Berichtigungsobjekt zusammenzufassen (vgl. Huschens, NWB F. 7 S. 6755 NWB ZAAAB-92286). Es war bereits im (BStBl 2005 I S. 1068) vereinfachend geregelt worden, dass wenn im Rahmen einer Maßnahme mehrere Lieferungen oder Werklieferungen ausgeführt werden, es von der Verwaltung nicht beanstandet wird, wenn diese Leistungen zu einem Berichtigungsobjekt zusammen gefasst werden. In diesem Fall war jedoch analog bei der Bestimmung der 1 000-€-Grenze nach § 44 Abs. 1 UStDV von den gesamten Vorsteuerbeträgen auszugehen, die durch die Zusammenfassung entstehen. Dies war durch das Gesetz v. auch gesetzlich und darüber hinaus auch für an dem Gegenstand ausgeführte sonstige Leistungen geregelt worden. Die Zusammenfassung zu einem Berichtigungsobjekt bedeutet, dass sämtliche im zeitlichen Zusammenhang bezogene Leistungen, die ein Wirtschaftsgut betreffen und deren Bezug nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dem Erhalt oder der Verbesserung des Wirtschaftsguts dient, zu einem Berichtigungsobjekt zusammenzufassen sind. Hiervon kann vorbehaltlich anderer Nachweise ausgegangen werden, wenn die verschiedenen Leistungen für ein bewegliches Wirtschaftsgut innerhalb von drei Kalendermonaten und für ein unbewegliches Wirtschaftsgut innerhalb von sechs Monaten bezogen werden. Dabei sind auch Leistungen, die von verschiedenen leistenden Unternehmern bezogen worden sind, zu berücksichtigen. Können bei einem gemischt genutzten Gebäude die innerhalb von sechs Monaten bezogenen Leistungen i. S. des § 15a Abs. 3 UStG einem bestimmten Gebäudeteil, mit dem entweder ausschließlich vorsteuerschädliche oder vorsteuerunschädliche Ausgangsumsätze erzielt werden, direkt zugerechnet werden, bilden diese dem Gebäudeteil zuzurechnenden Leistungen jeweils ein Berichtigungsobjekt (vgl. , BStBl 2007 I S. 466, mit Beispielen).

Unter der Voraussetzung, dass in ein Wirtschaftsgut (das ertragsteuerrechtlich entweder Anlagevermögen oder Umlaufvermögen ist) nachträglich ein anderer Gegenstand eingeht und dieser Gegenstand dabei seine körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verliert (Bestandteil), ist der Vorsteuerabzug bei Änderung der Verwendungsverhältnisse nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 oder 2 UStG zu berichtigen. Bestandteile sind alle nicht selbständig nutzbaren Gegenstände, die mit dem Wirtschaftsgut in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen. Hinweis: Die Berichtigungspflicht ist somit nicht etwa auf solche Bestandteile beschränkt, für die ein handelsrechtliches Bilanzierungsgebot besteht.

Es kommt nicht darauf an, dass der Bestandteil zu einer Werterhöhung dieses Wirtschaftsguts geführt hat. Eine kürzere Verwendungsdauer des Bestandteils ist zu berücksichtigen (§ 15a Abs. 5 Satz 2 UStG). Soweit innerhalb eines Kalenderjahrs mehrere Leistungen Eingang in ein Wirtschaftsgut finden, können diese Leistungen für Zwecke der Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht zusammengefasst werden.

Kein Bestandteil ist ein eingebauter Gegenstand, der abtrennbar ist, seine körperliche oder wirtschaftliche Eigenart behält und damit ein selbständiger – entnahmefähiger – Gegenstand bleibt.

Bestandteile können beispielsweise sein Klimaanlage, fest eingebautes Navigationssystem, Austauschmotor oder leistungsfähigerer Motor in einem Kraftfahrzeug; Klimaanlage, Einbauküche, Fenster, angebaute Balkone oder Aufzüge in einem Gebäude.

In der Regel keine Bestandteile eines Kraftfahrzeugs sind z. B. Funkgerät, nicht fest eingebautes Navigationsgerät, Autotelefon, Radio.

Maßnahmen, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. S. des § 15a Abs. 6 UStG entfallen, und bei denen es sich um Bestandteile handelt, unterliegen vorrangig der Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 6 UStG. Eine Berichtigung „pro rata temporis” ist nur dann vorzunehmen, wenn es sich bei dem Wirtschaftsgut, in das der Bestandteil eingegangen ist, um ein solches handelt, das nicht nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet wird. Für den Bestandteil gilt dabei ein eigenständiger Berichtigungszeitraum, dessen Dauer sich danach bestimmt, in welches Wirtschaftsgut nach § 15a Abs. 1 UStG der Bestandteil eingeht. Die Verwendungsdauer des Bestandteils wird nicht dadurch verkürzt, dass der Gegenstand als Bestandteil in ein anderes Wirtschaftsgut einbezogen wird (§ 15a Abs. 5 Satz 3 UStG). Handelt es sich bei dem Wirtschaftsgut, in das der Bestandteil eingegangen ist, um ein solches, das nur einmalig zur Erzielung eines Umsatzes verwendet wird, ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach den Grundsätzen des § 15a Abs. 2 UStG vorzunehmen (vgl. Beispiele 16 und 17 des , BStBl 2005 I S. 1068). Hinweis: In Bezug auf Gegenstände, die kein Bestandteil werden, gilt nicht etwa stets ein Berichtigungszeitraum von fünf Jahren, auch wenn der Gegenstand in ein Gebäude eingefügt wird. Die Bemessung des Berichtigungszeitraums richtet sich ausschließlich nach § 15a Abs. 1 UStG.

Unter der Voraussetzung, dass an einem Wirtschaftsgut eine sonstige Leistung ausgeführt wird, ist der Vorsteuerabzug bei Änderung der Verwendungsverhältnisse nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 oder 2 UStG zu berichtigen. Unter die Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 3 UStG fallen nur solche sonstigen Leistungen, die unmittelbar an einem Wirtschaftsgut ausgeführt werden. Hinweis: Eine technische oder juristische Beratung hinsichtlich der Verwendung eines Wirtschaftsguts (z. B. Gebäude) dürfte der Berichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG unterliegen. Es kommt nicht darauf an, ob die sonstige Leistung zu einer Werterhöhung des Wirtschaftsguts führt. Auch Maßnahmen, die lediglich der Werterhaltung dienen, fallen demnach unter die Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 3 UStG. Hinweis: Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Gegenstand, an dem die sonstige Leistung ausgeführt wird, danach zu einem höheren Preis veräußert werden kann.

Nicht unter die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 3 UStG fallen sonstige Leistungen, die bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs wirtschaftlich verbraucht sind. Eine sonstige Leistung ist im Zeitpunkt des Leistungsbezugs dann nicht wirtschaftlich verbraucht, wenn ihr über den Zeitpunkt des Leistungsbezugs hinaus eine eigene Werthaltigkeit inne wohnt. Leistungen, die bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs wirtschaftlich verbraucht sind, werden sich insbesondere auf die Unterhaltung und den laufenden Betrieb des Wirtschaftsguts beziehen. Hierzu gehören z. B. bei Grundstücken Reinigungsleistungen (auch Fensterreinigung) oder laufende Gartenpflege sowie Wartungsarbeiten z. B. an Aufzugs- oder Heizungsanlagen.

Soweit es sich um eine sonstige Leistung handelt, die nicht bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs wirtschaftlich verbraucht ist, unterliegt diese der Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 3 UStG. Dazu gehören auch sonstige Leistungen, die dem Gebrauch oder der Erhaltung des Gegenstands dienen. Solche Leistungen sind z. B. der Fassadenanstrich eines Gebäudes, Fassadenreinigungen an einem Gebäude, die Neulackierung eines Kraftfahrzeugs, Renovierungsarbeiten (auch in gemieteten Geschäftsräumen), der Neuanstrich eines Schiffs, die Generalüberholung einer Aufzugs- oder einer Heizungsanlage.

Eine Berichtigung „pro rata temporis” ist nur dann vorzunehmen, wenn es sich bei dem Wirtschaftsgut i. S. des § 15a Abs. 3 UStG um ein solches handelt, das nicht nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet wird. Dabei gilt für die an dem Wirtschaftsgut ausgeführten sonstigen Leistungen ein eigenständiger Berichtigungszeitraum, dessen Dauer sich danach bestimmt, an welchem Wirtschaftsgut nach § 15a Abs. 1 UStG die sonstige Leistung ausgeführt wird. Eine kürzere Verwendungsdauer der sonstigen Leistung ist jedoch zu berücksichtigen (§ 15a Abs. 5 Satz 2 UStG).

Wird ein Wirtschaftsgut, an dem eine sonstige Leistung ausgeführt wurde, veräußert oder entnommen, liegt unter den Voraussetzungen des § 15a Abs. 8 UStG eine Änderung der Verwendungsverhältnisse vor mit der Folge, dass auch der Vorsteuerabzug für die an dem Wirtschaftsgut ausgeführte sonstige Leistung nach § 15a Abs. 3 UStG zu berichtigen ist (vgl. Beispiele 18 und 19 des , BStBl 2005 I S. 1068). Handelt es sich hingegen um ein Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Erzielung eines Umsatzes verwendet wird, ist die Berichtigung nach den Grundsätzen des § 15a Abs. 2 UStG vorzunehmen.

Wird dem Unternehmensvermögen ein Wirtschaftsgut entnommen, das bei seiner Anschaffung oder Herstellung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hatte, für das aber nachträglich Aufwendungen i. S. des § 15a Abs. 3 UStG getätigt wurden, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, gilt Folgendes: Im Fall der Entnahme eines Wirtschaftsguts, in das Bestandteile eingegangen oder an dem sonstige Leistungen ausgeführt worden sind, sind bei Prüfung der Vorsteuerberichtigung solche in das Wirtschaftsgut eingegangenen Gegenstände aus dem Berichtigungsobjekt auszuscheiden, die bei der Entnahme der Umsatzbesteuerung nach § 3 Abs. 1b UStG unterliegen. Die Grenzen des § 44 UStDV sind auf den entsprechend verminderten Vorsteuerbetrag anzuwenden (vgl. , BStBl 2007 I S. 466 mit Beispielen).

Ist dagegen die durch den Bestandteil verursachte Werterhöhung im Zeitpunkt der Entnahme vollständig verbraucht, ist die Entnahme insgesamt nicht steuerbar. In diesem Fall liegt in der Entnahme eine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15a Abs. 3 Satz 2 UStG (vgl. Beispiel 20 des , BStBl 2005 I S. 1068).

Hat der Unternehmer dem Wirtschaftsgut keinen Bestandteil zugefügt, hat also der eingebaute Gegenstand seine Eigenständigkeit behalten, liegen für umsatzsteuerrechtliche Zwecke zwei getrennt zu beurteilende Entnahmen vor. In diesen Fällen kann die Entnahme des eingebauten Gegenstands auch zu einer Vorsteuerberichtigung führen, wenn die Entnahme anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung (§ 15a Abs. 8 UStG). Eine Berichtigung gem. § 15a Abs. 3 UStG scheidet insoweit aus.

Soweit an dem Wirtschaftsgut eine sonstige Leistung ausgeführt wird und das Wirtschaftsgut später entnommen wird, ohne dass eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG zu besteuern ist, liegt ebenfalls eine Änderung der Verhältnisse vor (§ 15a Abs. 3 Satz 2 UStG, vgl. Beispiel 20 des , BStBl 2005 I S. 1068).

h) Erweiterung der Berichtigungsmöglichkeit auf sonstige Leistungen, die nicht nachträglich in ein Wirtschaftsgut eingehen

§ 15a Abs. 4 UStG

Nach dem neuen § 15a Abs. 4 UStG sind dessen Absätze 1 und 2 auf sonstige Leistungen, die nicht unter §15a Abs. 3 Satz 1 UStG fallen (also sonstige Leistungen, die nicht an einem Wirtschaftsgut, das selbst Gegenstand einer Vorsteuerberichtigung ist, ausgeführt werden) entsprechend anzuwenden.

§ 15a Abs. 4 UStG sieht also für sonstige Leistungen, die nicht an einem anderen Wirtschaftsgut ausgeführt werden, eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 und 2 UStG in Abhängigkeit davon vor, ob die sonstige Leistung nur einmalig oder mehrmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird. Bei der Frage, ob die sonstige Leistung einmalig oder mehrmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet wird, soll nach der Gesetzesbegründung im Einzelnen darauf abgestellt werden, wann die bezogene sonstige Leistung verbraucht ist. Dies betrifft z. B. EDV-Programme (Berichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG pro rata temporis), Reinigungsleistungen (Berichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG), Beratungsleistungen für ein Unternehmenskonzept (Berichtigung nach § 15a Abs. 1 oder 2 UStG), eine Anzahlung für längerfristiges Mietleasing (Berichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG), usw. Bei einer Vorsteuerberichtigung pro rata temporis dürfte regelmäßig von einem fünfjähigen Berichtigungszeitraum auszugehen sein. Sonstige Leistungen, die Grundstücken, BGB-Berechtigungen oder Gebäuden auf fremdem Grund und Boden (§ 15a Abs. 1 UStG) gleichzusetzen wären und demzufolge zu einem zehnjährigen Berichtigungszeitraum führen könnten, dürften in diesem Zusammenhang nicht vorliegen.

Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG ist vorzunehmen, wenn der Unternehmer eine sonstige Leistung bezieht, die nicht in einen Gegenstand eingeht oder an diesem ausgeführt wird und deren Verwendung anders zu beurteilen ist, als dies zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs beabsichtigt war. Sonstige Leistungen, die unter die Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 4 UStG fallen, sind beispielsweise Beratungsleistungen (z. B. für ein Unternehmenskonzept, eine Produktkonzeption), gutachterliche Leistungen, Anmietung eines Wirtschaftsguts, Patente, Urheberrechte, Lizenzen, bestimmte Computerprogramme, Werbeleistungen, Anzahlung für längerfristiges Mietleasing.

Wird die sonstige Leistung mehrfach zur Erzielung von Einnahmen verwendet, erfolgt die Vorsteuerberichtigung „pro rata temporis” (§ 15a Abs. 4 i. V. mit Abs. 5 UStG). Wird die bezogene sonstige Leistung hingegen nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet, erfolgt die Berichtigung des gesamten Vorsteuerbetrags unmittelbar für den Zeitpunkt der Verwendung.

Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf solche sonstigen Leistungen beschränken, für die in der Steuerbilanz ein Aktivposten gebildet werden müsste. Dies gilt jedoch nicht, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (Voraus- und Anzahlung). Unerheblich ist, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur Buchführung verpflichtet ist. Hinweis: Der Vorsteuerabzug richtet sich bei Anzahlungen nach der Verwendungsabsicht im Zeitpunkt der Anzahlung. Mit der Ausnahme der Anzahlungsfälle von der Vereinfachungsregelung sollen missbräuchliche Gestaltungen vermieden werden.

Sonstige Leistungen sind umsatzsteuerrechtlich grds. erst im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt (Abschn. 177 Abs. 3 Satz 1 UStR). Werden sonstige Leistungen i. S. des § 15a Abs. 4 UStG i. V. mit Abs. 1 UStG bereits vor ihrer Vollendung im Unternehmen des Leistungsempfängers verwendet, kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs bereits vor Leistungsbezug (Vollendung) in denjenigen Fällen in Betracht, in denen bereits vor Leistungsbezug die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG gegeben sind (Zahlung vor Ausführung der Leistung). Auch hier ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchzuführen, wenn sich im Zeitpunkt der Verwendung die Verhältnisse gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen ändern (vgl. Beispiele 22 bis 24 des , BStBl 2005 I S. 1068).

Mit dem Ersten Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft v. 7. 7. 2006 (BGBl 2006 I S. 1970) ist § 15a Abs. 4 UStG erweitert worden. Nach der ergänzenden Regelung, die ab gilt, ist die Berichtigung auf solche sonstigen Leistungen zu beschränken, für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot bestünde. Dies gilt jedoch nicht, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte. Unerheblich ist, ob der Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur Buchführung verpflichtet ist oder freiwillig Bücher führt oder einkommensteuerrechtlich insoweit Einkünfte erzielt, die als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden. Es war bereits im (BStBl 2005 I S. 1068) vereinfachend geregelt worden, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn der Unternehmer die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf solche sonstigen Leistungen beschränkt, für die in der Steuerbilanz ein Aktivposten gebildet werden müsste. Das sollte jedoch nicht gelten, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (Voraus- und Anzahlung). Diese Verwaltungsregelung war durch das Gesetz v. auch gesetzlich fixiert worden. Auch hier (wie bei § 15a Abs. 3 UStG) bedeutet dies, dass der Unternehmer keine Wahlrechte mehr hat. Der Vorsteuerberichtigung unterliegen – abgesehen von den Anzahlungs- bzw. Vorauszahlungsfällen – nur noch solche sonstigen Leistungen nach § 15a Abs. 4 UStG, für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot bestünde. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs kommt gem. § 15a Abs. 4 Satz 3 UStG jedoch stets in Betracht, wenn der Leistungsempfänger für einen Zeitraum vor Ausführung der Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen konnte (An- oder Vorauszahlungen; vgl. , BStBl 2007 I S. 466).

i) Berichtigungszeitraum

§ 15a Abs. 5 UStG

Nach § 15a Abs. 5 UStG ist bei der Berichtigung für jedes Kalenderjahr der Änderung in den Fällen des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG von einem Fünftel und in den Fällen des § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG von einem Zehntel der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen. Eine kürzere Verwendungsdauer ist entsprechend zu berücksichtigen. Die Verwendungsdauer wird nicht dadurch verkürzt, dass das Wirtschaftsgut in ein anderes einbezogen wird.

j) Sinngemäße Anwendung der Vorsteuerberichtigung auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

§ 15a Abs. 6 UStG

Nach § 15a Abs. 6 UStG sind die § 15a Abs. 1–5 UStG auf Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallen, sinngemäß anzuwenden.

Eine vergleichbare, aber eingeschränkte Bestimmung war bereits in § 15a Abs. 3 UStG a. F. enthalten. Durch die Einbeziehung von Wirtschaftsgütern, die nur einmalig zur Erzielung von Umsätzen verwendet werden, Gegenständen, die unter Aufgabe ihrer körperlichen und wirtschaftlichen Eigenart in einen anderen Gegenstand eingehen, und von sonstigen Leistungen in die Berichtigung des Vorsteuerabzugs durch § 15a Abs. 2–4 UStG (neu) wurde die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf diese Leistungsbezüge ausgeweitet.

Für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die an einem Wirtschaftsgut anfallen, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, gilt ein gesonderter Berichtigungszeitraum (§ 15a Abs. 6 UStG). Der Berichtigungszeitraum beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Unternehmer das in seiner Form geänderte Wirtschaftsgut erstmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet. Die Dauer bestimmt sich nach § 15a Abs. 1 UStG und beträgt fünf bzw. zehn Jahre. Der Berichtigungszeitraum endet jedoch spätestens, wenn das Wirtschaftsgut, für das die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angefallen sind, wegen Unbrauchbarkeit vom Unternehmer nicht mehr zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden kann (§ 15a Abs. 5 Satz 2 UStG; vgl. Beispiel 25 des , BStBl 2005 I S. 1068). Hinweis: Für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten endet der Berichtigungszeitraum somit nicht stets mit der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. In Abweichung von der bisherigen Regelung in Abschn. 216 Abs. 2 UStR 2005 wird der Berichtigungszeitraum aus systematischen Gründen nicht mehr durch die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts begrenzt, da dies in den Fällen, in denen das Wirtschaftsgut auch nach Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer im Unternehmen genutzt wird, zu unzutreffenden Ergebnissen führen kann.

Die Berichtigung ist gesondert nach den dafür vorliegenden Verhältnissen und entsprechend dem dafür geltenden Berichtigungszeitraum durchzuführen. Auch hier ist von den gesamten Vorsteuerbeträgen auszugehen, die auf die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallen (Ermittlung eines prozentualen Verhältnisses des ursprünglichen Vorsteuerabzugs zum Vorsteuervolumen insgesamt). Für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die für ein Wirtschaftsgut anfallen, das nur einmalig zur Erzielung eines Umsatzes verwendet wird, ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut verwendet wird.

k) Änderung der Verhältnisse bei Wechsel der Besteuerungsart

§ 15a Abs. 7 UStG

Nach § 15a Abs. 7 UStG ist eine Änderung der Verhältnisse i. S. von § 15a Abs. 1–3 UStG auch beim Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG und umgekehrt und beim Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a oder 24 UStG und umgekehrt gegeben.

Durch dieser Regelung sollen Unklarheiten in der Auslegung des Gesetzes beseitigt werden. Der Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG und umgekehrt und der Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a oder 24 UStG und umgekehrt stellen jeweils eine Änderung gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnissen dar. Bereits bisher war der Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG und umgekehrt als Änderung gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnissen behandelt worden. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG und umgekehrt soll nach der Gesetzesbegründung der Vermeidung von Gestaltungsmodellen und daraus resultierenden Steuerausfällen dienen (z. B. Geltendmachung des Vorsteuerabzugs als Regelbesteuerer und danach Übergang zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG).

Bei Wirtschaftsgütern und sonstigen Leistungen, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, ist eine Berichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG vorzunehmen, wenn im Berichtigungszeitraum aufgrund des Wechsels der Besteuerungsform eine Änderung gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnissen vorliegt (vgl. Beispiel 26 des , BStBl 2005 I S. 1068). Wechselt ein Landwirt, der einen Stall errichtet, vor dessen Fertigstellung von der Besteuerung nach Durchschnittssätzen zur Regelbesteuerung, können die Vorsteuerbeträge, die vor dem Wechsel angefallen sind, erst ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung nach § 15a UStG 1993/1999 (anteilig) geltend gemacht werden (vgl. NWB JAAAD-01359).

Hinweis: Bereits der Wechsel der Besteuerungsform hinsichtlich der Wirtschaftsgüter, deren Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist, führt zu einer Vorsteuerberichtigung. Auf das Erzielen von Umsätzen mit diesen Wirtschaftsgütern kommt es nicht an. Diese Regelung gilt jedoch nicht für die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendeten Berichtigungsobjekte (hier kommt es auf die Verwendung an, vgl. Beispiel 27 des , BStBl 2005 I S. 1068). Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ist, dass im Zeitpunkt der Verwendung des Wirtschaftsguts gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnissen eine Änderung eingetreten ist. Auch wenn der Wechsel der Besteuerungsform an sich zu einer Änderung der Verhältnisse führt, bleibt Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG die Verwendung des Wirtschaftsguts. In den Fällen der Rn. 51 des (BStBl 2005 I S. 1068) wurde das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (ebenfalls) verwendet.



Vorsteuern aus der Anschaffung einheitlicher Gegenstände, die sowohl in einem gewerblichen Unternehmensteil (Lohnunternehmen) als auch in einem landwirtschaftlichen Unternehmensteil (§ 24 UStG) verwendet werden, sind nicht nach § 15 UStG abziehbar, soweit sie den nach § 24 UStG versteuerten Umsätzen zuzurechnen sind (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG, Abschn. 269 Abs. 2 UStR). Werden diese Gegenstände abweichend von der bei Leistungsbezug gegebenen Verwendungsabsicht in einem anderen Umfang im jeweils anderen Unternehmensteil verwendet, kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in Betracht (vgl. Beispiel 28 des , BStBl 2005 I S. 1068).

Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ist auch vorzunehmen, wenn im Zeitpunkt des Leistungsbezugs nur ein Unternehmensteil besteht, im Zeitpunkt der späteren Verwendung dann jedoch zwei Unternehmensteile bestehen und das Wirtschaftsgut in beiden Unternehmensteilen verwendet wird. Ebenfalls ist die Vorsteuer zu berichtigen, wenn bei zwei Unternehmensteilen das Wirtschaftsgut erst ausschließlich in einem Teil verwendet wird und sich die Nutzung in einem Folgejahr ändert (vgl. Beispiele 29 und 30 des , BStBl 2005 I S. 1068).

Bei der Aufgabe oder Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs kann die Vermietung/Verpachtung von zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden und deren Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 UStG noch nicht abgelaufen ist, zu einer Änderung der Verhältnisse führen. In diesen Fällen ist der Vorsteuerabzug für derartige Wirtschaftsgüter nach § 15a Abs. 1 UStG zu berichtigen (vgl. Beispiele 31 und 32 des , BStBl 2005 I S. 1068).

Im Rahmen der Aufgabe oder Veräußerung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gem. § 24 UStG kann auch eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG in Betracht kommen, insbesondere wenn der Unternehmer selbst erzeugte landwirtschaftliche Produkte zurückbehält und diese erst nach der Aufgabe oder Veräußerung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs veräußert. Der zu berichtigende Vorsteuerbetrag kann aus Vereinfachungsgründen in Höhe der maßgeblichen Durchschnittssätze des § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG für diese Veräußerungsumsätze geschätzt werden. Dabei ist die vorzunehmende Vorsteuerberichtigung auf die Höhe der aus dem Ausgangsumsatz resultierenden Steuer zu begrenzen (vgl. Beispiel 33 des , BStBl 2005 I S. 1068).

l) Änderung der Verhältnisse bei Lieferungen oder Entnahmen

§ 15a Abs. 8 UStG

Nach § 15a Abs. 8 UStG liegt eine Änderung der Verhältnisse auch vor, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird, vor Ablauf des nach § 15a Abs. 1 und 5 UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraums veräußert oder nach § 3 Abs. 1b UStG geliefert wird und dieser Umsatz anders zu beurteilen ist, als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung.

m) Berichtigung in Liefer- oder Entnahmefällen

§ 15a Abs. 9 UStG

§ 15a Abs. 9 UStG regelt, dass die Berichtigung nach § 15a Abs. 8 UStG so vorzunehmen ist, als wäre das Wirtschaftsgut in der Zeit von der Veräußerung oder Lieferung i. S. des § 3 Abs. 1b UStG bis zum Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums unter entsprechend geänderten Verhältnissen weiterhin für das Unternehmen verwendet worden.

n) Berichtigung in Fällen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen und anderen Formen der Rechtsnachfolge

§ 15a Abs. 10 UStG

Bei einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) wird nach § 15a Abs. 10 UStG der nach den Abs. 1 und 5 maßgebliche Berichtigungszeitraum nicht unterbrochen. Der Veräußerer ist verpflichtet, dem Erwerber die für die Durchführung der Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen.

In den nachfolgend aufgeführten Fällen der Rechtsnachfolge liegt mangels Leistungsaustauschs keine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15a UStG vor:

  • Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG (§ 1 Abs. 1a Satz 3, § 15a Abs. 10 UStG),

  • Gesamtrechtsnachfolge, da der Rechtsnachfolger in die gesamte Rechtsposition des Rechtsvorgängers eintritt - der Berichtigungszeitraum des Erblassers geht nur auf den Erben über, wenn dieser die Unternehmereigenschaft durch eine eigene Tätigkeit begründet,

  • Anwachsung beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft,

  • Begründung oder Wegfall eines Organschaftsverhältnisses. Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG hat aber dann zu erfolgen, wenn eine Gesellschaft mit steuerpflichtigen Umsätzen für ein Wirtschaftsgut den vollen Vorsteuerabzug erhalten hat und später aufgrund der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ihre Selbständigkeit zugunsten eines Organträgers mit nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerfreien Umsätzen verliert und das Wirtschaftsgut im Gesamtunternehmen des Organträgers zur Ausführung von steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen verwendet wird ( / , BStBl 2003 II S. 784).

Der maßgebliche Berichtigungszeitraum wird nicht unterbrochen. Eine Vorsteuerberichtigung wegen Änderung der Verhältnisse beim Rechtsnachfolger hat nur zu erfolgen, wenn sich die Verhältnisse im Vergleich zu den beim Vorsteuerabzug des Rechtsvorgängers ursprünglich maßgebenden Verhältnissen ändern.

o) Vereinfachungen bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs

Infolge der Neufassung von § 15a UStG haben sich auch Änderungen in § 44 UStDV ergeben. Nach der Neufassung von § 15a UStG ist auch bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens und bei sonstigen Leistungen bei einer Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen. Um das Besteuerungsverfahren zu vereinfachen, wurde daher die bisher in § 44 Abs. 1 UStDV enthaltene Betragsgrenze von 250 € auf 1.000 € erhöht. Für eine Vielzahl von Leistungsbezügen wird daher keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs mehr erforderlich sein. Auch wurde die in § 44 Abs. 2 UStDV (10-%-Regelung) enthaltene Betragsgrenze von 250 € auf 1.000 € erhöht. Ebenso wurde die bisher in § 44 Abs. 3 UStDV enthaltene Betragsgrenze von 1.000 € auf 2.500 € erhöht. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist bei Wirtschaftsgütern, bei denen die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallende Vorsteuer nicht mehr als 2.500 € beträgt, erst in dem Kalenderjahr vorzunehmen, in dem der jeweils maßgebliche Berichtigungszeitraum endet. Durch die Neufassung von § 44 Abs. 5 UStDV wird erreicht, dass die Vereinfachungsregelungen des § 44 UStDV auch für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens und für sonstige Leistungen gelten.

Bei der Prüfung, ob die in § 44 UStDV aufgeführten Betragsgrenzen erreicht sind, ist jeweils auf den Gegenstand oder die bezogene sonstige Leistung abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn mehrere Gegenstände gleicher Art und Güte geliefert wurden. Bei der Lieferung vertretbarer Sachen ist hingegen auf die zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger geschlossene vertragliche Vereinbarung abzustellen.

Die Regelung des § 44 Abs. 1 UStDV, nach der eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs entfällt, wenn die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts entfallende Vorsteuer 1.000 € nicht übersteigt, gilt für alle Berichtigungsobjekte unabhängig davon, nach welcher Vorschrift die Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen ist und unabhängig davon, in welchem Umfang sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse später ändern. Bei der Bestimmung der 1.000 -€-Grenze ist von den gesamten Vorsteuerbeträgen auszugehen, die auf die Anschaffung oder Herstellung bzw. dem Bezug des einzelnen Berichtigungsobjekts entfallen. Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind nicht einzubeziehen, da sie eigenständige Berichtigungsobjekte darstellen und selbständig der 1.000-€-Grenze unterliegen (§ 15a Abs. 6 UStG).

Nach der Vereinfachungsregelung des § 44 Abs. 2 UStDV entfällt eine Vorsteuerberichtigung bei Unterschreiten der dort genannten Prozent- und Betragsgrenze. Die Grenze von 10 % ist in der Weise zu berechnen, dass das Aufteilungsverhältnis, das sich für das betreffende Jahr des Berichtigungszeitraums ergibt, dem Verhältnis gegenübergestellt wird, das für den ursprünglichen Vorsteuerabzug für das Berichtigungsobjekt nach § 15 UStG maßgeblich war. Für die absolute Grenze nach § 44 Abs. 2 UStDV von 1 000 € ist der Betrag maßgebend, um den der Vorsteuerabzug für das Berichtigungsobjekt aufgrund der Verhältnisse des betreffenden Jahrs des Berichtigungszeitraums tatsächlich zu berichtigen wäre. Bei Berichtigungsobjekten, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet werden, gilt entsprechendes für den Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung des Berichtigungsobjekts.

Beträgt die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. Bezugskosten eines Berichtigungsobjekts, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, entfallende Vorsteuer nicht mehr als 2 500 €, ist die Berichtigung erst bei der Steuerfestsetzung für das letzte Kalenderjahr des im Einzelfall maßgeblichen Berichtigungszeitraums durchzuführen (§ 44 Abs. 3 UStDV). Dabei sind alle Änderungen, die sich für die einzelnen Jahre des Berichtigungszeitraums ergeben, zu berücksichtigen. § 44 Abs. 2 UStDV ist hierbei zu beachten.

Wird ein Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, während des nach § 15a Abs. 1 UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraums veräußert oder nach § 3 Abs. 1b UStG geliefert, stehen damit die Verhältnisse bis zum Ablauf des Berichtigungszeitraums fest. Daher ist die Berichtigung stets für den Voranmeldungszeitraum durchzuführen, in dem die Veräußerung oder unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG stattgefunden hat (§ 44 Abs. 4 Satz 3 UStDV). Hierbei sind die Berichtigung für das Kalenderjahr der Veräußerung oder unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG und die Berichtigung für die nachfolgenden Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums gleichzeitig vorzunehmen. In den Fällen des § 44 Abs. 3 UStDV sind außerdem die Berichtigungen für die vorausgegangenen Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums durchzuführen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn eine sonstige Leistung entgeltlich oder durch eine Zuwendung i. S. des § 3 Abs. 9a UStG aus dem Unternehmen ausscheidet (z. B. Veräußerung einer Lizenz).

Verkürzt sich der Berichtigungszeitraum deswegen, weil ein nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen dienendes Wirtschaftsgut wegen Unbrauchbarkeit vorzeitig nicht mehr zur Ausführung von Umsätzen verwendbar ist, kann für die vorausgegangenen Abschnitte des Berichtigungszeitraums eine Neuberechnung des jeweiligen Berichtigungsbetrags notwendig werden. Die Unterschiedsbeträge, die sich in einem solchen Fall ergeben, können aus Vereinfachungsgründen bei der Steuerfestsetzung für das letzte Jahr des verkürzten Berichtigungszeitraums berücksichtigt werden.

Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ist grds. für den Voranmeldungszeitraum durchzuführen, in dem die Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Übersteigt allerdings der Betrag, um den der Vorsteuerabzug bei einem Berichtigungsobjekt für das Kalenderjahr zu berichtigen ist, nicht 6 000 €, ist nach § 44 Abs. 4 Satz 1 UStDV die Berichtigung erst im Rahmen der Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.

p) Aufzeichnungspflichten für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs

Nach § 22 Abs. 4 UStG hat der Unternehmer in den Fällen des § 15a UStG die Berechnungsgrundlagen für den Ausgleich aufzuzeichnen, der von ihm in den in Betracht kommenden Kalenderjahren vorzunehmen ist. Die Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 4 UStG sind erfüllt, wenn der Unternehmer die folgenden Angaben eindeutig und leicht nachprüfbar aufzeichnet (die erforderlichen Angaben sind für jeden einzelnen Berichtigungsvorgang aufzuzeichnen):

  • die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. Aufwendungen für das betreffende Berichtigungsobjekt und die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge. Falls es sich hierbei um mehrere Einzelbeträge handelt, ist auch jeweils die Gesamtsumme aufzuzeichnen. Insoweit sind auch die Vorsteuerbeträge aufzuzeichnen, die den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen zuzurechnen sind;

  • den Zeitpunkt der erstmaligen tatsächlichen Verwendung des Berichtigungsobjekts;

  • in den Fällen des § 15a Abs. 1 UStG die Verwendungsdauer (betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer) i. S. der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften und den maßgeblichen Berichtigungszeitraum für das Berichtigungsobjekt;

  • die Anteile, zu denen das Berichtigungsobjekt zur Ausführung der den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätze und zur Ausführung der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze verwendet wurde. In den Fällen des § 15a Abs. 1 UStG sind die Anteile für jedes Kalenderjahr des Berichtigungszeitraums aufzuzeichnen;

  • bei einer Veräußerung oder unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b oder 9a UStG des Berichtigungsobjekts den Zeitpunkt und die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieses Umsatzes. In den Fällen des § 15a Abs. 1 UStG gilt dies nur, wenn die Veräußerung oder die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG in den Berichtigungszeitraum fallen;

  • in den Fällen des § 15a Abs. 1 UStG bei einer Verkürzung des Berichtigungszeitraums wegen vorzeitiger Unbrauchbarkeit des Berichtigungsobjekts die Ursache unter Angabe des Zeitpunkts und unter Hinweis auf die entsprechenden Unterlagen.

Die Aufzeichnungen für das einzelne Berichtigungsobjekt sind von dem Zeitpunkt an zu führen, für den der Vorsteuerabzug vorgenommen worden ist. Die besondere Aufzeichnungspflicht nach § 22 Abs. 4 UStG entfällt insoweit, als sich die erforderlichen Angaben aus den sonstigen Aufzeichnungen oder der Buchführung des Unternehmers eindeutig und leicht nachprüfbar entnehmen lassen.

VI. Besteuerung

Tz. 252 Besteuerungszeitraum, Steuerberechnung

Die Umsatzsteuer ist grds. nach vereinbarten Entgelten zu berechnen, d. h. mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Nur in den Fällen des § 20 UStG (Tz. 280) und des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a Satz 4 UStG ist die Berechnung nach vereinnahmten Entgelten vorgesehen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG). Besteuerungszeitraum ist – außer in den Fällen des § 16 Abs. 1a UStG – das Kalenderjahr, nicht ein hiervon abweichendes Wirtschaftsjahr (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG). Auch für das Umsatzsteuerrecht ist also der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung maßgebend. Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung bindet das Finanzamt nicht an eine in anderen Besteuerungszeiträumen vertretene Rechtsauffassung, wenn sie für den streitigen Besteuerungszeitraum nicht mehr für richtig angesehenen wird ( NWB RAAAB-14649). Der Unternehmer hat die Umsatzsteuer nach § 16 Abs. 1 Satz 3 UStG von der Summe der Umsätze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStG zu berechnen, soweit die Umsatzsteuer im Besteuerungszeitraum entstanden ist (vgl. § 13 UStG; Tz. 205–207, und § 13b Abs. 1 UStG; Tz. 212) und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist (vgl. § 13a UStG, Tz. 211, und § 13b Abs. 2 UStG; Tz. 212). Der Unternehmer hat damit nicht nur die Umsatzsteuer für von ihm ausgeführte Umsätze zu berechnen, sondern auch soweit er als Leistungsempfänger Steuerschuldner für an ihn erbrachte Umsätze ist (§ 13b Abs. 2 UStG, Tz. 212). Der Umsatzsteuer sind hinzuzurechnen Steuermehrbeträge, die nach § 6a Abs. 4 Satz 2 UStG (Tz. 175), § 14c UStG (Tz. 227) sowie nach § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG (Zentralregulierer; Tz. 256) geschuldet werden. Die Umsätze in allen Betrieben (Zweigniederlassungen, Organgesellschaften) des einheitlichen Unternehmens sind dabei zusammenzufassen, auch wenn die Unternehmensteile in verschiedenen Bundesländern liegen und in ihnen völlig unterschiedliche Leistungen bewirkt werden (Grundsatz der Einheit des Unternehmens). Im Fall der Zwangsverwaltung sind dem Unternehmer auch die Umsätze zuzurechnen, die der Zwangsverwalter im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit ausführt (, BStBl 1997 II S. 552). Zur örtlichen Zuständigkeit für die Umsatzsteuer bei der Zwangsverwaltung umsatzsteuerpflichtig vermieteter oder verpachteter Grundstücke vgl. NWB NAAAB-75510. Zu den Auswirkungen der Insolvenzordnung auf die Umsatzsteuer vgl. NWB NAAAA-86283, und Rondorf, NWB F. 7 S. 5391. Vgl. zur Umsatzsteuererhebung während des Insolvenzverfahrens auch Wenzel, NWB F. 7 S. 6763.

Von der berechneten Umsatzsteuer sind – außer in den Fällen des § 16 Abs. 1a UStG – die nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen, die in den Besteuerungszeitraum fallen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 UStG). Dazu gehört auch die Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb. Vorsteuerberichtigungen (§ 15a UStG) sind dabei zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 UStG). Auf den Zeitpunkt der Entrichtung der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer (Vorsteuer) kommt es nicht an. Der BFH hatte dem NWB PAAAA-88047 die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der Steuerpflichtige das Recht auf Vorsteuerabzug nur mit Wirkung für das Kalenderjahr ausüben kann, in dem er gem. Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL (= Art. 178 Buchst. a MwStSystRL) die Rechnung besitzt, oder ob die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug stets für das Kalenderjahr (auch rückwirkend) gilt, in dem das Recht auf Vorsteuerabzug gem. Art. 17 Abs. 1 der 6. EG-RL (= Art. 167 MwStSystRL) entsteht. Die Vorlagefrage betrifft einen Fall, in dem der Empfang der Leistung und der Rechnung in verschiedene Besteuerungszeiträume fällt. Hier nimmt die Verwaltung an, dass der Vorsteuerabzug erst in dem Besteuerungszeitraum zulässig ist, in dem erstmalig beide Voraussetzungen erfüllt sind (Abschn. 192 Abs. 2 Satz 4 UStR). Der EuGH hat die Verwaltungsauffassung bestätigt. Das Recht auf Vorsteuerabzug darf erst in dem und für den Erklärungszeitraum ausgeübt werden, in dem beide Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (Ausführung des Umsatzes durch den leistenden Unternehmer und Vorliegen der Rechnung beim Leistungsempfänger) erfüllt sind (, Terra Baubedarf-Handel GmbH NWB GAAAB-72592, und , BStBl 2004 II S. 861). Die Einfuhrumsatzsteuer ist in dem Besteuerungszeitraum absetzbar, in dem sie entrichtet worden ist oder bis zum 16. Tag nach Ablauf dieses Zeitraums zu entrichten ist, wenn sie in ihm entstanden ist (§ 16 Abs. 2 Satz 3 und 4 UStG).

§ 16 Abs. 1a Satz 1 UStG definiert das Kalendervierteljahr für die Fälle des § 18 Abs. 4c UStG (besonderes Besteuerungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet als Steuerschuldner ausschließlich sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer erbringen und vom Wahlrecht der Erfassung in nur einem EU-Mitgliedstaat Gebrauch machen; vgl. Tz. 258) als Besteuerungszeitraum. Der Besteuerungszeitraum entspricht hier dem Steuererklärungszeitraum. In den Fällen des § 18 Abs. 4c UStG brauchen die Drittlandsunternehmer nur vierteljährlich Erklärungen abzugeben. Eine Steuererklärung für das Kalenderjahr ist nicht vorgesehen (zum Besteuerungsverfahren vgl. Tz. 258). Die vorgenannten Unternehmer melden in den Fällen des § 18 Abs. 4c UStG in ihrer Steuererklärung die Umsätze und die darauf entfallende Umsatzsteuer an. Ihre Vorsteuerbeträge können sie nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren (§ 18 Abs. 9 UStG, §§ 59 ff. UStDV; vgl. Tz. 264) geltend machen. Die Steuerberechnung darf dementsprechend keine Vorsteueranrechnung beinhalten. Entsprechend bestimmt § 16 Abs. 1a Satz 2 UStG, dass bei der Berechnung der Umsatzsteuer in den Fällen des § 18 Abs. 4c UStG von der Summe der Umsätze nach § 3a Abs. 3a UStG (sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer durch Drittlandsunternehmer) auszugehen ist, die im Gemeinschaftsgebiet (also im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet) steuerbar sind, soweit für sie in dem Besteuerungszeitraum die Umsatzsteuer entstanden und die Steuerschuldnerschaft gegeben ist. Die Anwendung der Vorsteueranrechnung bei der Steuerberechnung (§ 16 Abs. 2 UStG) ist in den Fällen des § 18 Abs. 4c UStG ausdrücklich ausgeschlossen (§ 16 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Hat ein Unternehmer seine Tätigkeit während eines Kalenderjahrs begonnen oder eingestellt (nur in einem Teil des Kalenderjahrs ausgeübt), tritt dieser Teil an die Stelle des Kalenderjahrs (§ 16 Abs. 3 UStG). Erscheint der Eingang der Umsatzsteuer gefährdet, kann das Finanzamt einen kürzeren Besteuerungszeitraum bestimmen (§ 16 Abs. 4 erste Alternative UStG). Die Bestimmung eines kürzeren Besteuerungszeitraums in anderen Fällen (als bei Gefährdung des Steuereingangs) ist nur mit Zustimmung des Unternehmers möglich (§ 16 Abs. 4 zweite Alternative UStG). Das kann geboten sein, wenn ein Rechtsbehelfsverfahren über eine Grundsatzfrage beschleunigt durchgeführt werden soll. Die Möglichkeit der Bestimmung eines kürzeren Besteuerungszeitraums (§ 16 Abs. 4 UStG) gilt nicht bei Drittlandsunternehmern, die von der Regelung in § 18 Abs. 4c UStG Gebrauch machen, da hier ein kürzerer Besteuerungszeitraum (als das Kalendervierteljahr) aufgrund zwingenden Gemeinschaftsrechts nicht vorgesehen werden kann.

Für die Steuerberechnung bei der Einfuhrumsatzsteuer verweist § 16 Abs. 7 UStG auf § 21 Abs. 2 UStG, der seinerseits auf die sinngemäß anzuwendenden Vorschriften für Zölle – ausgenommen die Vorschriften über den aktiven Veredelungsverkehr nach dem Verfahren der Zollrückvergütung und über den passiven Veredelungsverkehr – verweist (vgl. Tz. 145). Zur Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer im IT-Verfahren ATLAS vgl. , UR 2000 S. 259.

Tz. 253 Beförderungseinzelbesteuerung

§ 16 Abs. 5 und 5b UStG

Bei Beförderungen von Personen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen (Ausflugsfahrten, Ferienziel-Reisen, Verkehr mit Mietomnibussen, in bilateralen Abkommen mit Drittstaaten als Pendelverkehr bezeichnete Beförderungsleistungen), die nicht im Inland zugelassen sind, wird die Umsatzsteuer für jeden einzelnen steuerpflichtigen Umsatz durch die zuständige Zolldienststelle (Eingangs-, Ausgangszollstelle) berechnet, wenn eine Grenze zum Drittlandsgebiet überschritten wird (§ 16 Abs. 5 Satz 1 und 2 UStG). Die Beförderungseinzelbesteuerung ist nicht auf den grenzüberschreitenden Beförderungsverkehr beschränkt, sondern auch anzuwenden auf Personenbeförderungen, die nur im Inland durchgeführt werden (z. B. Sonderfahrten während eines Aufenthalts im Inland), wenn sie im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Beförderung stehen, bei der eine Drittlandsgrenze überschritten wurde. Nicht erforderlich ist, dass der Unternehmer im Ausland ansässig ist. Kraftomnibusse sind Fahrzeuge, die nach Bauart und Ausstattung zur Beförderung von mehr als 9 Personen (einschließlich Fahrer) geeignet und bestimmt sind. Die Beförderungseinzelbesteuerung ist nicht anzuwenden für den Linienverkehr und für Personenbeförderungen mit Pkw.

Der Besteuerung unterliegt nur der auf das Inland entfallende Teil der Beförderungsleistung. Streckenanteile im Ausland scheiden für die Besteuerung aus. Das Gleiche gilt für die Streckenanteile, die nach den §§ 2 oder 5 UStDV (Tz. 75) als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen sind. Umgekehrt sind Streckenanteile, die nach den §§ 3 oder 6 UStDV (Tz. 75) als inländische Beförderungsstrecken gelten, in die Beförderungseinzelbesteuerung einzubeziehen. Zwar ist grds. davon auszugehen, dass für den inländischen Streckenanteil Umsatzsteuerpflicht besteht. Werden Schüler-, Studenten-, Jugend- oder kulturelle Gruppen oder auch Vereinsmitglieder in Kraftomnibussen befördert, die dem Schulträger, dem Träger der kulturellen Gruppe oder dem Verein gehören, kann im Allgemeinen aber angenommen werden, dass es sich um nicht steuerbare Beförderungen außerhalb eines Unternehmens handelt. Gleiches gilt bei unentgeltlicher Beförderung. Entsprechende Nachweise sind jeweils erforderlich. Vgl. weiterführend , BStBl 2002 I S. 493, und , BStBl 2004 I S. 1015 (Abschn. V des Merkblatts).

Bemessungsgrundlage für den inländischen Teil der Beförderung ist ein Durchschnittsbeförderungsentgelt (vgl. Tz. 189). Die Umsatzsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Kraftomnibus in das Inland gelangt (vgl. Tz. 207). Die besonderen Regelungen zur Steuerentstehung bei bestimmten Umsätzen u. a. durch ausländische Unternehmer (§ 13b Abs. 1 UStG) und zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b Abs. 2 UStG) finden nach § 13b Abs. 3 UStG im Rahmen der Beförderungseinzelbesteuerung ausdrücklich keine Anwendung (vgl. Tz. 212).

Zuständig für die Beförderungseinzelbesteuerung ist die Eingangs- oder Ausgangszollstelle, bei der der Kraftomnibus in das Inland gelangt oder es verlässt. Die jeweilige Zollstelle handelt hierbei für das Finanzamt, in dessen Bezirk sie liegt (§ 16 Abs. 5 Satz 2 und 3 UStG). Bei der Beförderungseinzelbesteuerung dürfen weder Vorsteuerbeträge abgesetzt noch die für Kleinunternehmer geltende Freistellungsregelung des § 19 Abs. 1 UStG angewendet werden (§ 16 Abs. 5 Satz 4 UStG). Ein ausländischer Unternehmer kann die Vergütung der Vorsteuer im Vorsteuer-Vergütungsverfahren beantragen (Tz. 264) oder – falls dieses Verfahren bei ihm nicht durchzuführen ist – bei der Besteuerung nach den §§ 16 und 18 UStG geltend machen. Durch die Besteuerung nach den §§ 16 und 18 UStG wird die Einzelbesteuerung nicht berührt. Die hierbei bereits versteuerten Umsätze sind nicht in das Besteuerungsverfahren einzubeziehen (Abschn. 221 Abs. 8 UStR). Allerdings kann der Unternehmer nach Ablauf des Besteuerungszeitraums beim Finanzamt beantragen, dass für die bisher einzelbesteuerten Umsätze die Steuer nach den allgemeinen Vorschriften festgesetzt wird (§ 16 Abs. 5b und § 18 Abs. 5b UStG). Zum Verfahren vgl. Tz. 260.

Tz. 254 Fahrzeugeinzelbesteuerung

§ 16 Abs. 5a UStG

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge durch solche Personen, die normalerweise keinen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern haben, ist die Umsatzsteuer nicht im Wege des allgemeinen Besteuerungsverfahrens, sondern im Wege der Einzelbesteuerung für jeden einzelnen steuerpflichtigen Erwerb zu berechnen (§ 16 Abs. 5a UStG). Die Fahrzeugeinzelbesteuerung gilt für Privatpersonen, nichtunternehmerisch tätige Personenvereinigungen und Unternehmer, die das Fahrzeug für ihren nichtunternehmerischen Bereich erwerben (vgl. § 1b UStG, Tz. 28). Sie gilt nicht für Unternehmer, die das Fahrzeug für ihren unternehmerischen Bereich erwerben, oder für juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die das Fahrzeug für ihren nichtunternehmerischen Bereich erwerben. Diese Unternehmer oder juristischen Personen haben den innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge in der entsprechenden Voranmeldung und zusätzlich in der Steuererklärung für das Kalenderjahr anzumelden (Abschn. 221a Abs. 2 UStR). Für die Fahrzeugeinzelbesteuerung ist grds. das Finanzamt zuständig, das auch für die Durchführung der Einkommensteuerveranlagung des Käufers zuständig ist (§ 21 Abs. 2 AO). Vgl. zum innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge und zur Fahrzeugeinzelbesteuerung auch , UR 2003 S. 510. Zum Besteuerungsverfahren vgl. Tz. 261.

Tz. 255 Umrechnung von Werten in fremder Währung

§ 16 Abs. 6 und 7 UStG

Werte in fremder Währung (Entgelt, Umsatzsteuer) sind zur Berechnung der Umsatzsteuer und der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf Euro nach den Durchschnittskursen umzurechnen, die vom BMF im BStBl Teil I monatlich veröffentlicht werden. Maßgebend ist der Durchschnittskurs für den Monat, in dem im Fall der Sollversteuerung die Leistung ausgeführt oder das Entgelt bzw. Teilentgelt vor Ausführung der Leistung vereinnahmt wird und hierfür die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG entsteht (§ 16 Abs. 6 Satz 1 UStG). Hat das Finanzamt dem Unternehmer die Istversteuerung gestattet (§ 20 UStG), sind die Werte nach dem Durchschnittskurs des Monats umzurechnen, in dem sie vereinnahmt werden (§ 16 Abs. 6 Satz 2 UStG). Zur Umrechnung der Bemessungsgrundlage für die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie der abziehbaren Vorsteuerbeträge sind die Durchschnittskurse für den Monat der Rechnungsausstellung maßgebend. Wird die Rechnung überhaupt nicht oder erst nach Ablauf des Monats ausgestellt, in dem die Lieferung ausgeführt wurde, ist der Kurs des der Lieferung folgenden Monats maßgebend (§ 18b Satz 2 und 4 UStG i. V. mit § 16 Abs. 6 UStG; vgl. a. Abschn. 245c Abs. 2 UStR). Das Finanzamt kann die Umrechnung nach dem Tageskurs gestatten, der durch Bankmitteilung oder Kurszettel nachzuweisen ist (§ 16 Abs. 6 Satz 3 UStG). Aus Vereinfachungsgründen kann das Finanzamt auch zulassen, dass die Umrechnung regelmäßig nach den veröffentlichten Durchschnittskursen für den Monat vorgenommen wird, der dem Monat vorangeht, in dem die Leistung ausgeführt oder das Entgelt vereinnahmt wird (Abschn. 222 Abs. 2 Satz 2 UStR). Kursänderungen zwischen der Ausführung der Leistung und der Vereinnahmung des Entgelts bleiben unberücksichtigt. Demgegenüber müssen Drittlandsunternehmer, die elektronische Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz im Gemeinschaftsgebiet erbringen, in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke erfasst sind und das Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG (vgl. Tz. 258) in Anspruch nehmen, bei der Umrechnung von Werten in fremder Währung einheitlich den von der Europäischen Zentralbank festgestellten Umrechnungskurs des letzten Tags des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) anwenden (§ 16 Abs. 6 Satz 4 UStG). Wurde für diesen Tag kein Umrechnungskurs festgelegt, ist der für den nächsten Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) von der Europäischen Zentralbank festgestellte Umrechnungskurs anzuwenden (§ 16 Abs. 6 Satz 5 UStG). Die Anwendung eines monatlichen Durchschnittskurses entsprechend § 16 Abs. 6 Satz 1–3 UStG ist in den Fällen des § 18 Abs. 4c UStG nicht möglich, da es ansonsten zu Abweichungen bei der Zahlung und Überweisung an sowie bei Prüfungen durch die anderen EU-Mitgliedstaaten kommen kann (Revenue-Sharing-System).

Für die Umrechnung von Werten in fremder Währung bei der Einfuhrumsatzsteuer verweist § 16 Abs. 7 UStG auf § 11 Abs. 5 UStG, der seinerseits auf die entsprechend anzuwendenden Vorschriften über den Zollwert der Waren verweist, die in den Rechtsakten des Rates und der Kommission festgelegt sind (vgl. Tz. 145).

Tz. 256 Änderung der Bemessungsgrundlage

§ 17 UStG

a) Nachträgliche Änderung des Entgelts

Das Umsatzsteuersystem ist darauf angelegt, dass nur der Endverbraucher wirtschaftlich mit der Umsatzsteuer belastet wird. Für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sind, muss die Umsatzbesteuerung neutral sein. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze darf dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften von der Produktion bis zum Endverbrauch insgesamt nur der Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher wirtschaftlich aufwendet. Wird im Rahmen einer Werbemaßnahme ein Gutschein ausgegeben, der einen Endverbraucher in die Lage versetzt, eine Leistung um den Nennwert des Gutscheins verbilligt zu erwerben, führt dies grds. zu einer Minderung der dem Fiskus zufließenden Umsatzsteuer in Höhe der in dem Nennwert des Gutscheins enthaltenen Umsatzsteuer. Dies gilt unabhängig davon, ob die mit dem Gutschein verbundene Vergütung auf allen Stufen der Leistungskette erfolgt.

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, sind der geschuldete Umsatzsteuerbetrag durch den Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, und der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug durch den Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, entsprechend zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG). Die Berichtigungspflicht besteht auch dann, wenn sich die Berichtigung der Umsatzsteuer und die Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Ergebnis ausgleichen. Die Berichtigungspflicht ist bei der Änderung der Bemessungsgrundlage nicht von einer Änderung des Steuerbetrags in der ursprünglichen Rechnung abhängig (, BStBl 1996 II S. 206). Ein Belegaustausch ist nur für die in § 17 Abs. 4 UStG bezeichneten Fälle (z. B. Jahresboni und Jahresrückvergütungen für unterschiedlich besteuerte Umsätze) vorgeschrieben. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb oder einen Umsatz, für den der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet (§ 13b Abs. 2 UStG; Tz. 212), hat der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer gleichzeitig den Umsatzsteuerbetrag und den Vorsteuerabzug zu berichtigen. Nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Erwerb-Steuerpflichtige (z. B. nichtunternehmerische juristische Personen) bzw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger als Steuerschuldner haben nur den Umsatzsteuerbetrag zu korrigieren (§ 17 Abs. 1 Satz 5 UStG).

§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG regelt, dass der Unternehmer, an den der Umsatz unmittelbar ausgeführt wurde, seinen Vorsteuerabzug nicht berichtigen muss, soweit ihm die Änderung der Bemessungsgrundlage nicht finanziell zugute gekommen ist. Sollte sich die Änderung der Bemessungsgrundlage bei einem anderen Unternehmer finanziell auswirken, bestimmt § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG, dass dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen hat.

Die Bemessungsgrundlage wird geändert, wenn die Beteiligten das Entgelt für einen steuerpflichtigen Umsatz erhöhen (z. B. infolge Einbaus einer Preisgleitklausel, bei Umstellung langfristiger Verträge in den Grenzen des § 29 UStG) oder nachträglich mindern (z. B. Skonti, Rabatte, Jahresboni, Retouren, Teilanfechtung). Vgl. zu Begriff und Umfang der Entgeltminderungen Abschn. 151 UStR.

Zu Fragen hinsichtlich der Änderung der Bemessungsgrundlage im Zusammenhang mit der Anhebung des allgemeinen Steuersatzes sowie der land- und forstwirtschaftlichen Durchschnittssätze zum vgl. , BStBl 2006 I S. 477 (Tz. 26–32).

b) Einzelfälle der nachträglichen Änderung des Entgelts
aa) Gutschriften von Genossenschaften an ihre Mitglieder

Gewährt eine Genossenschaft ihren Mitgliedern mit Gutschriften eine umsatzabhängige Rückvergütung für die an die Genossenschaft erbrachten Lieferungen, handelt es sich um eine nachträgliche Erhöhung des Entgelts für die an die Genossenschaft bewirkten Umsätze mit der Folge, dass die Genossenschaft insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und die Mitglieder ihre für die Lieferungen an die Genossenschaft geschuldete Umsatzsteuer berichtigen müssen (, BStBl 2003 II S. 215).

bb) Rabatte von Konsolidierern

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Gewährung nachträglicher Rabatte auf die offiziellen Porti für Briefsendungen durch die Deutsche Post AG an sog. Konsolidierer, die Inhaber einer postrechtlichen Lizenz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG sind und die Briefsendungen eines oder mehrerer Absender bündeln und vorsortiert in Briefzentren der Deutsche Post AG einliefern, vgl. , BStBl 2007 I S. 119.

cc) Apotheken

Der Kürzungsbetrag bei Nichterfüllen der Importquote gem. § 129 SGB V bei Apotheken mindert das Entgelt des Apothekers für seine steuerpflichtigen Umsätze, so dass er die von ihm geschuldete Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG mindern kann. Der (nicht ausgezahlte) Gutschriftsbetrag bei Übererfüllen der Importquote gem. § 129 SGB V erhöht dagegen das Entgelt des Apothekers nicht. Die Gutschrift mindert vielmehr für die Zukunft zu erwartende Kürzungsbeträge, so dass künftige Entgeltminderungen i. S. des § 17 UStG geringer ausfallen ( NWB NAAAA-82106). Zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung des sog. Herstellerrabatts nach § 130a Abs. 1 SGB V gilt bundeseinheitlich abgestimmt für alle noch offenen Fälle (OFD Düsseldorf, Kurzinformation Umsatzsteuer Nr. 6/2005 v. NWB KAAAB-50812, und NWB AAAAB-92598):

  • Die Medikamente werden von den Herstellern über einen oder mehrere Zwischenhändler an die Apotheken geliefert. Die Erstattung des Rabatts erfolgt zwischen dem Hersteller und der Apotheke. Der Hersteller kann aufgrund der Erstattung des Abschlags gegenüber den Apotheken eine Minderung der Bemessungsgrundlage geltend machen. Eine Rechnungsberichtigung ist nicht erforderlich. Die Ausführungen im (BStBl 2004 I S. 443) sind entsprechend anzuwenden. Die Erstattung des Abschlags durch die Hersteller (eventuell über die Apothekenabrechnungsstelle) an die Apotheken stellt bei den Apotheken Entgelt von Dritter Seite für die Lieferung der Arzneimittel dar.

  • Die Medikamente werden von den Herstellern über einen oder mehrere Zwischenhändler an die Apotheken geliefert. Der Rabatt wird in der Kette durchgereicht. Der jeweils leistende Unternehmer hat den für die ursprüngliche Lieferung geschuldeten Steuerbetrag, der jeweilige Leistungsempfänger hat den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 UStG).

  • Die Medikamente werden vom Hersteller direkt an die Apotheken geliefert. Analoge Behandlung wie zur zweiten Fallvariante.

Der Herstellerrabatt nach § 130a Abs. 1 SGB V ist mit 6 % vom Netto-Herstellerabgabepreis (ohne Umsatzsteuer) zu berechnen. Der so ermittelte Betrag stellt aus umsatzsteuerlicher Sicht die Preisminderung dar und ist demnach als Bruttobetrag zu verstehen. Bei der Berechnung der Entgeltminderung für die Berichtigung nach § 17 UStG ist daher die Umsatzsteuer aus dem Rabattbetrag herauszurechnen. Der Korrekturbetrag nach § 17 UStG beträgt daher 19/119 des Rabattbetrags. Der BFH hat inzwischen die Verwaltungsauffassung, dass der Rabatt umsatzsteuerlich als Bruttobetrag zu verstehen ist, bestätigt (, UR 2009 S. 652).

dd) Lagerung und Verwahrung landwirtschaftlicher Erzeugnisse

Bei der getrennten Lagerung und Verwahrung einer dem Gewicht nach geschätzten Menge von landwirtschaftlichen Erzeugnissen erfolgt die Lieferung an den Landhändler bereits im Zeitpunkt der Einlagerung. Gegenstand des Kaufvertrags bleibt die getrennt lagernde Partie landwirtschaftlicher Erzeugnisse, deren Gewicht erst bei Auslagerung festgestellt wird. Änderungen der Bemessungsgrundlage sind nach § 17 UStG zu berücksichtigen ( NWB YAAAA-82137).

ee) Forderungen

In den Fällen des Forderungsverzichts (privat oder unternehmerisch veranlasst) liegt i. d. R. eine Entgeltminderung vor ( NWB KAAAA-67184). Dies gilt auch bei einem auf der Grundlage eines Erlassvertrags zivilrechtlich vereinbarten Forderungserlass ( NWB QAAAC-79268). Bei der Abtretung einer Forderung unter dem Nennwert bestimmt sich das Entgelt nach den tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsempfängers. Vgl. Beispiel in Abschn. 223 Abs. 6 UStR. Zur Umsatzsteuer bei der Factorierung mit notleidenden Forderungen vgl. Klenk, DB 2005 S. 743.

ff) Gutscheine

Die Gewährung von Vergütungen an Endabnehmer einer Lieferkette durch Hersteller unter Überspringen von Zwischenstufen stellt eine Entgeltminderung dar. Nach , Elida Gibbs (BStBl 2004 II S. 324) mindert sich die Bemessungsgrundlage für die Lieferung eines Herstellers an einen Einzelhändler auch in den Fällen, in denen der Hersteller Preiserstattungsgutscheine nicht über die Lieferkette (Einzelhändler als Leistungsempfänger des Herstellers), sondern unmittelbar an den Endabnehmer ausgibt, der diese unmittelbar beim Hersteller einlöst. Vgl. auch , Kommission/Deutschland NWB AAAAB-72811. In einer weiteren Entscheidung stellte der EuGH fest, dass sich die Gegenleistung bei dem Umsatz des Einzelhändlers an den Endverbraucher aus dem vom Endverbraucher aufgewendeten Barbetrag und dem vom Hersteller an den Einzelhändler geleisteten Erstattungsbetrag zusammensetzt (, Yorkshire Co-operatives Ltd. NWB MAAAB-79443).

Die Verwaltung trägt den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage inzwischen Rechnung (, BStBl 2004 I S. 443; vgl. zur Lösung der Verwaltung auch Slotty-Harms/Jansen, UVR 2004 S. 252). Die gesetzliche Regelung wurde ebenfalls angepasst (s. oben).

Beispiel

Hersteller A verkauft an den Zwischenhändler B eine Ware für 1 000 zzgl. 190 Umsatzsteuer. B verkauft diese Ware an den Einzelhändler C für 1 500 zzgl. 285 Umsatzsteuer. C verkauft diese Ware an den Endverbraucher D für 2 000 zzgl. 380 Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer wird jeweils gesondert ausgewiesen. D zahlt C einen Barbetrag in Höhe von 2 230 und übergibt C einen von A ausgegebenen Warengutschein mit einem Nennwert in Höhe von 150 an Zahlungsstatt. C legt den Warengutschein A vor und erhält von A eine Vergütung in Höhe von 150 (Variante 1 = Preisnachlassgutschein). D zahlt C den gesamten Kaufpreis in Höhe von 2 380 und legt den Warengutschein A vor. D erhält von A eine Erstattung in Höhe von 150 (Variante 2 = Preiserstattungsgutschein).

Im Einzelnen ergibt sich bezogen auf den Beispielsfall für die Änderung der Bemessungsgrundlage bei der Ausgabe von Gutscheinen folgendes:

  • Die Bemessungsgrundlage beim Hersteller mindert sich, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

    • Der Hersteller hat eine im Inland steuerpflichtige Lieferung erbracht.

    • Der Hersteller hat einem Abnehmer, der nicht unmittelbar in der Lieferkette nachfolgen muss, den Nennwert eines ausgegebenen Gutscheins vergütet.

    • Die Lieferung an den Abnehmer, der den Gutschein einlöst, ist im Inland steuerpflichtig.

    • Der Hersteller hat das Vorliegen der vorstehenden Voraussetzungen nachgewiesen.

  • In den Fällen des Preisnachlassgutscheins soll der Hersteller den Nachweis regelmäßig wie folgt führen:

    • durch einen Beleg über die ihn belastende Erstattung des Nennwerts des Gutscheins gegenüber dem Einzelhändler (Beleg soll außerdem Bezeichnung des Gutscheins – z. B. Registriernummer –, Namen und Anschrift des Endverbrauchers und Angaben zur Vorsteuerabzugsberechtigung des Endverbrauchers enthalten) und

    • durch Vorlage eines Belegs des Einzelhändlers, aus dem sich ergibt, dass die Lieferung an den Endverbraucher im Inland steuerpflichtig ist; aus dem Beleg muss sich der maßgebliche Steuersatz und der Preis, aufgegliedert nach dem vom Endverbraucher aufgewendeten Betrag und Nennwert des Gutscheins, den der Endverbraucher an Zahlungsstatt hingibt, ergeben.

  • In den Fällen des Preiserstattungsgutscheins soll der Hersteller den Nachweis regelmäßig wie folgt führen:

    • durch eine Kopie der Rechnung des Einzelhändlers, aus der sich eindeutig der steuerpflichtige Umsatz ergibt, für den die Erstattung geleistet wurde, und

    • durch einen Beleg über die ihn belastende Erstattung (z. B. Überweisung oder Barzahlung) des Nennwerts des Gutscheins gegenüber dem Endverbraucher (Beleg soll außerdem Bezeichnung des Gutscheins – z. B. Registriernummer –, Namen und Anschrift des Endverbrauchers und Angaben zur Vorsteuerabzugsberechtigung des Endverbrauchers enthalten).

  • Die Nachweise können sich bei beiden Fallvarianten auch aus der Gesamtheit anderer beim Hersteller vorliegender Unterlagen ergeben, wenn sich aus ihnen leicht und eindeutig nachprüfen lässt, dass die Voraussetzungen für eine Minderung der Bemessungsgrundlage vorgelegen haben.

  • Der Vorsteuerabzug beim Zwischenhändler bleibt unverändert.

  • Die Minderung der Bemessungsgrundlage beim Hersteller hängt nicht davon ab, ob der Hersteller seine Lieferung unmittelbar an den Einzelhändler oder an einen Großhändler oder Zwischenhändler bewirkt.

  • Die Minderung der Bemessungsgrundlage beim Hersteller kommt auch in Betracht, wenn die Lieferung an einen voll oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer als Endverbraucher bewirkt wird, der den Gutschein einlöst. In diesem Fall mindert sich bei diesem Endverbraucher der Vorsteuerabzug aus der Lieferung um den im Nennwert des Gutscheins enthaltenen Umsatzsteuerbetrag, ohne dass es bei dem Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, zu einer Berichtigung seiner Bemessungsgrundlage kommt.

  • Die Bemessungsgrundlage beim Hersteller wird um den Erstattungsbetrag abzüglich der Umsatzsteuer gemindert, die sich nach dem Umsatzsteuersatz berechnet, der auf die Lieferung Anwendung findet, für die der Gutschein eingelöst wird. Der Hersteller kann frühestens für den Besteuerungszeitraum die Minderung der Bemessungsgrundlage vornehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist, d. h. für den Besteuerungszeitraum, in dem der Hersteller den Gutschein erstattet hat.

  • Aus der Minderung der Bemessungsgrundlage folgt nicht, dass die Rechnung des Herstellers an seinen Abnehmer und ein etwaiger Vorsteuerabzug dieses Abnehmers zu berichtigen wäre. § 14c Abs. 1 UStG (Tz. 227) findet keine Anwendung.

  • In den Fällen des Preisnachlassgutscheins ist der Nennwert des Gutscheins Teil der Gegenleistung für die Lieferung des Einzelhändlers an den Endverbraucher (wirkt wie Entgelt von dritter Seite durch den Hersteller). Deshalb ändert sich die Bemessungsgrundlage beim Einzelhändler nicht.

Eine Minderung der Bemessungsgrundlage setzt voraus, dass der Gutschein von einem Unternehmer ausgegeben wird, der mit einem eigenen Umsatz an der Fördermaßnahme beteiligt ist. Eine Minderung der Bemessungsgrundlage kommt dagegen nicht in Betracht, wenn der mit dem eingelösten Gutschein verbundene finanzielle Aufwand von dem Unternehmer aus allgemeinem Werbeinteresse getragen wird und nicht einem nachfolgenden Umsatz in der Leistungskette (Hersteller - Endverbraucher) zugeordnet werden kann. Eine Minderung des Kaufpreises einer Ware liegt deshalb nicht vor, wenn der Käufer vom Verkäufer zur Ware einen Parkchip erhält, der zum verbilligten Bezug von Leistungen eines Dritten (Parkhausbetreiber) berechtigt, und der Kunde den vereinbarten Kaufpreis für die Ware unabhängig davon, ob er den Parkchip annimmt, zu zahlen hat und die Rechnung über den Warenkauf diesen Kaufpreis ausweist (, BStBl 2006 II S. 699). Auf Seiten des leistenden Unternehmers liegt ein „Werbegeschenk” vor. Im vorliegenden Fall kommt auch im Hinblick auf die neuere EuGH- und BFH-Rechtsprechung zu den „Preisnachlass- und Preiserstattungen” keine Entgeltminderung in Betracht, weil diese Gutscheine nur dann zur Entgeltminderung führen, wenn sie beim ausgebenden Unternehmer selbst oder doch in derselben Leistungskette eingelöst werden (LK, DStR 2006 S. 1227).

Wegen weiterer Einzelheiten vgl. Abschn. 224 UStR und Tz. 178.

gg) Preisnachlässe bei Vermittlungsleistungen

Der , BStBl 2006 II S. 479; vgl. hierzu auch Henkel, UStB 2006 S. 175; Tehler, UVR 2006 S. 173, und Wagner, NWB F. 7 S. 6703) hat – mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung zur Minderung der Bemessungsgrundlage – entschieden, dass Preisnachlässe gegenüber Reisenden zu einer Minderung des durch die Vermittlung von Reisen erzielten Entgelts führen können:

  • Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.

  • Preisnachlässe, die dem Abnehmer von Reiseleistungen vom Reisebüro für eine von ihm lediglich vermittelte Reise gewährt werden, mindern die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Reisebüro dem Reiseveranstalter gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung.

Das , BStBl 2007 I S. 117) hat auf das BFH-Urteil reagiert und die Minderung der Bemessungsgrundlage bei Vermittlungsleistungen von Verkaufsagenten neu geregelt. Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Abschn. 151 Abs. 3 UStR 2005 (Behandlung von Preisnachlässen durch Verkaufsagenten) ist, soweit er diesen Grundsätzen entgegensteht, nicht mehr anzuwenden. Vgl. hierzu auch Hundt-Eßwein, UStB 2007 S. 105. Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist jedoch eine Korrektur des Vorsteuerabzugs beim Endverbraucher (vgl. , BStBl 2007 I S. 117, Rz. 3) nicht für Preisnachlässe durch Verkaufsagenten vorzunehmen, die bis zur Veröffentlichung des o. g. BFH-Urteils im BStBl am gewährt wurden. Für Preisnachlässe, die ab dem gewährt wurden, ist in allen offenen Fällen eine Korrektur des Vorsteuerabzugs beim Endverbraucher vorzunehmen. Eine Minderung der Bemessungsgrundlage bei den Verkaufsagenten (vgl. , BStBl 2007 I S. 117, Rz. 11) ist auch weiterhin in allen offenen Fällen vorzunehmen (, BStBl 2009 I S. 205).

Nach dem , BStBl 2007 II S. 186, mindern Preisnachlässe, die dem Telefonkunden vom Vermittler des Telefonanbietervertrags gewährt werden, die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Vermittler dem Telefonunternehmen gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung. Die Urteilsgrundsätze dürften auch auf andere Vermittlungsleistungen anzuwenden sein.

hh) Rückzahlung von Über- oder Doppelzahlungen

Entgelt für eine Leistung i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist alles, was der Leistende für seine Leistung vom Leistungsempfänger erhalten hat, außer der Umsatzsteuer. Zahlt der Kunde die Leistung irrtümlich doppelt oder zahlt er versehentlich zu viel, ist der Gesamtbetrag Entgelt i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (Anschluss an , BStBl 1996 II S. 208). Werden Über- oder Doppelzahlungen zurückgezahlt, liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG vor (, BStBl 2007 II S. 966; vgl. hierzu Neeser, UVR 2008 S. 186).

ii) Preisnachlässe durch Einkaufsgenossenschaften an ihre Mitglieder

Preisnachlässe, die eine Einkaufsgenossenschaft (= Zentralregulierer) ihren Mitgliedern – zusätzlich zu dem von den Warenlieferanten an die Mitglieder eingeräumten Skonto – für den Warenbezug gewährt („Zusatzskonto”), mindern die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der von der Einkaufsgenossenschaft gegenüber den Warenlieferanten erbrachten Leistungen – Zentralregulierung, Bürgschaftsübernahme etc. – (, BStBl 2008 II S. 993; vgl. hierzu Specker, UR 2009 S. 1).

c) Einzelfälle, in denen keine nachträgliche Änderung des Entgelts vorliegt

Verkauft ein Einzelhändler Waren auf Kredit, der ohne Kosten für den Kunden von einer anderen Person als dem Verkäufer gewährt wird, bildet der volle vom Käufer für die Lieferung geschuldete Betrag die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage, auch wenn die Finanzierungsgesellschaft dem Verkäufer einen unter dem Kaufpreis liegenden Betrag zuwendet (, Primback NWB MAAAB-72739).

In den Fällen, in denen der Leistungsempfänger beim Empfang von Bauleistungen nach § 48 EStG einen 15%igen Steuerabzug von der vereinbarten Bruttovergütung einzubehalten hat und demzufolge nur 85 % der Bausumme an den Leistenden zahlt, jedoch der Leistungsempfänger pflichtwidrig die 15%igen Abzugsteuer nicht an das Finanzamt des Leistenden abführt, liegt keine Entgeltminderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG vor. Die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG bleibt insoweit unberührt. Dies gilt auch dann, wenn das Finanzamt die Anrechnung nach § 48c Abs. 3 EStG ablehnt (, UR 2002 S. 187).

Die Erfüllung reiner Schadensersatzansprüche ist keine Entgeltänderung (z. B. die Zahlung von Verzugszinsen, Fälligkeits-, Prozess- und Nutzungszinsen). Keine Entgeltminderungen stellen dar: Preisnachlässe, die ein Handelsvertreter den Abnehmern über den Rahmen der ihn bindenden Bedingungen hinaus ohne Beteiligung der Lieferfirma (des Geschäftsherrn) auf eigene Rechnung (zu Lasten seiner Provision) gewährt; die Ablieferung von Mehrerlösen aus Umsätzen an eine Behörde; Einzahlungen in eine Ausgleichskasse außerhalb der Umsatzkette; der als selbständige Lieferung zu behandelnde Rückkauf.

Bietet ein (Umzugs-) Unternehmen seinen Kunden an, von ihm verkaufte Umzugskartons in verwertbarem Zustand gegen ein bestimmtes Entgelt zurückzunehmen, und machen die Kunden davon Gebrauch, ist die Bemessungsgrundlage für die ursprüngliche Lieferung nicht zu berichtigen. Es liegt kein Preisnachlass für die ursprüngliche Lieferung vor; vielmehr liegt eine selbständige Rücklieferung vor (, BStBl 2009 II S. 558).

d) Sinngemäße Anwendung der Vorschrift

In bestimmten Fällen sind die Vorschriften zur Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG sinngemäß oder entsprechend anzuwenden.

aa) Uneinbringlichkeit des Entgelts

Ist das vereinbarte Entgelt für einen steuerpflichtigen Umsatz (Lieferung, sonstige Leistung oder innergemeinschaftlicher Erwerb) uneinbringlich geworden, haben der Unternehmer (im Fall des innergemeinschaftlichen Erwerbs ggf. auch ein Nichtunternehmer) die geschuldete Umsatzsteuer und der Zahlungsschuldner den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu kürzen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG). Eine Forderung ist uneinbringlich, wenn sie nicht realisierbar ist, z. B. bei tatsächlicher Zahlungsunfähigkeit oder bei mangelndem Zahlungswillen des Schuldners, der sich erfolgreich den Zahlungsverpflichtungen entzieht. Bestreitet der Leistungsempfänger substanziiert Bestehen und Höhe des vereinbarten Entgelts, kommt eine Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG in Betracht. Eine Forderung ist aber nicht schon dann uneinbringlich, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (, BStBl 2004 II S. 684; mit kritischer Anmerkung Stadie in UR 2004 S. 480). Dies gilt unbeschadet dessen, dass nachträglich noch Zahlungen auf diese Forderung beim leistenden Unternehmer eingehen ( NWB YAAAB-81726). Eine Berichtigung kommt auch in Betracht, wenn der Leistungsempfänger zwar nicht die Entgeltsforderung selbst bestreitet, sondern mit einer vom Gläubiger (dem leistenden Unternehmer) substantiiert bestrittenen Gegenforderung aufrechnet, und wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann. Nicht uneinbringlich ist hingegen eine Forderung, wenn deren Schuldner (Leistungsempfänger) mit einer ihm gegenüber dem Leistenden (Gläubiger) zustehenden unbestrittenen Forderung aufrechnet (vgl. , BStBl 2007 II S. 22). Die Umwandlung einer Lieferantenforderung (oder einer sonstigen Forderung auf Zahlung eines Entgelts) in eine Darlehensforderung kann nicht der Bezahlung der Lieferantenforderung (oder einer vergleichbaren Forderung) mit anschließender Darlehensgewährung an den Schuldner gleichgesetzt werden, wenn der Schuldner (Leistungsempfänger) gar nicht in der Lage ist, das von ihm geschuldete Entgelt zu zahlen ( NWB ZAAAB-51711). Aus Rechtsgründen uneinbringlich ist auch eine Forderung, die einredebehaftet ist und den Schuldner zur Zahlungsverweigerung berechtigt (, BStBl 1983 II S. 389, und , BStBl 2003 II S. 206). Zur Uneinbringlichkeit beim sog. Akzeptantenwechsel vgl. (BStBl 1994 II S. 338). Die Uneinbringlichkeit im Insolvenzverfahren steht spätestens im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung fest, und zwar unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe (vgl. hierzu auch Rondorf, NWB F. 7 S. 5391 NWB ZAAAA-74362). Zu den Auswirkungen der InsO auf die Umsatzsteuer vgl. NWB NAAAA-86283. Vgl. zur Umsatzsteuererhebung während des Insolvenzverfahrens auch Wenzel, NWB F. 7 S. 6763 NWB WAAAB-97426. Ertragsteuerlich zulässige pauschale Wertberichtigungen (Delkredere) führen für sich nicht zu Berichtigungen der Umsatzsteuer und des Vorsteuerabzugs. Der Gläubiger, der eine Forderung als uneinbringlich behandelt, ist nicht verpflichtet, dem Schuldner hiervon Mitteilung zu machen. Das Finanzamt des Gläubigers ist jedoch berechtigt, das Finanzamt des Schuldners auf die Ausbuchung der Forderung hinzuweisen. Der Anspruch des Finanzamts des Schuldners auf Rückzahlung der Vorsteuerbeträge entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Uneinbringlichkeit eingetreten ist. Der Schuldner hat seinen Vorsteuerabzug bereits dann zu berichtigen, wenn sich aus den Gesamtumständen (z. B. längerer Zeitablauf nach Eingehung der Verbindlichkeit) ergibt, dass er seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger nicht mehr nachkommen wird. Wird das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich, ist der Vorsteuerabzug nicht gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem im Zeitpunkt des Uneinbringlichwerdens bestehenden Unternehmen – dem früheren Organ – zu berichtigen (, BStBl 2007 II S. 848). Zur Frage der Uneinbringlichkeit vgl. auch , UR 2000 S. 133. Wird der Anspruch des Gläubigers später ganz oder teilweise befriedigt, sind Umsatzsteuer und Vorsteuer erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Dies kann auch der Fall sein, wenn wegen der Insolvenz des Leistungsempfängers eine Forderung zunächst uneinbringlich geworden ist und später eine Bank an den leistenden Unternehmer gegen Abtretung der Insolvenzforderung einen Betrag zahlt (Entgelt von dritter Seite), der sich – unter Berücksichtigung von Gewährleistungsansprüchen – an der Höhe des noch nicht gezahlten Entgelts orientiert (, BStBl 2003 II S. 210). Zu den Möglichkeiten zur Berichtigung der Umsatzsteuerschuld und der Vorsteuerberichtigung bei der Uneinbringlichkeit von Forderungen vgl. Rondorf, INF 2006 S. 228.

bb) Nichtausführung oder Rückgängigmachung eines Umsatzes

Umsatzsteuer- und Vorsteuerberichtigungen sind ferner durchzuführen, wenn ein steuerpflichtiger Umsatz (Lieferung, sonstige Leistung oder innergemeinschaftlicher Erwerb) rückgängig gemacht wird (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG) oder wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt (Zahlung vor Ausführung der Leistung; vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 UStG, Tz. 206) entrichtet, der Umsatz jedoch nicht ausgeführt worden ist (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Vgl. Beispiel in Abschn. 223 Abs. 7 UStR.

Werden Gutscheine über bestimmte, konkret bezeichnete Leistungen (z. B. Restaurant stellt Gutschein für ein Brunch aus, gezahlter Betrag unterliegt als Anzahlung der Umsatzsteuer) endgültig nicht eingelöst, ist die Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen ( NWB QAAAC-75344; vgl. Tz. 206).

Eine Lieferung ist auch dann i. S. von § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht worden, wenn der Konkursverwalter die Erfüllung eines zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens vom Gemeinschuldner und seinem Vertragspartner noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllten Vertrags ablehnt (§ 17 KO) und der Lieferer infolgedessen die Verfügungsmacht an dem gelieferten Gegenstand zurückerhält (, BStBl 2003 II S. 953). Die Entscheidung dürfte auch für die Insolvenzordnung (§ 103 InsO) Bedeutung haben. Die Grundsätze der Entscheidung dürften allerding nicht ohne weiteres auf sonstige Leistungen anwendbar sein, da diese – soweit sie bis zum Konkurs des Leistungsempfängers bereits erbracht worden sind – nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. FK, DStR 2003 S. 1751).

Eine erbrachte und bezahlte Maklerleistung kann nicht im Sinne der Vorschrift "rückgängig gemacht" werden. Die Vorschrift greift nicht ein bei einer erbrachten sonstigen Leistung, die sich als reine Dienstleistung darstellt und sich mit ihrer Erbringung verbraucht hat und deshalb nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (, BStBl 2009 II S. 250; vgl. hierzu Robisch, UR 2009 S. 343).

Bietet ein (Umzugs-) Unternehmen seinen Kunden an, von ihm verkaufte Umzugskartons in verwertbarem Zustand gegen ein bestimmtes Entgelt zurückzunehmen, und machen die Kunden davon Gebrauch, ist die Bemessungsgrundlage für die ursprüngliche Lieferung nicht zu berichtigen. Die ursprüngliche Lieferung wird nicht rückgängig gemacht; vielmehr liegt eine selbständige Rücklieferung vor (, BStBl 2009 II S. 558).

cc) Nachweis der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs

Die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb kann im Sonderfall des § 3d Satz 2 UStG zu berichtigen sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG). Die Umsatzsteuer entfällt in diesem Fall, wenn nachgewiesen wird, dass der Mitgliedstaat des Endes der Beförderung oder Versendung sein Besteuerungsrecht wahrgenommen hat (Tz. 85).

dd) Aufwendungen, die unter das Abzugsverbot fallen

Tätigt der Unternehmer Aufwendungen, für die das Abzugsverbot i. S. des § 15 Abs. 1a UStG gilt (Tz. 242), ist der Vorsteuerabzug rückgängig zu machen (§ 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG). Nach der Regierungsbegründung soll dadurch erreicht werden, dass eine eventuelle Vorsteuerberichtigung in diesen Fällen in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen ist, in dem diese Aufwendungen getätigt werden (BR-Drucks. 910/98). Der Vorschrift dürfte insoweit Vorrang gegenüber der Anwendung des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG zukommen (a. A. Rondorf, DStR 1999 S. 576, und Kollruss/Weissert/Schanz/Ilin, UStB 2008 S. 341). Dies hat Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage, da im Rahmen des § 17 UStG nur die Rückgängigmachung des (historischen) Vorsteuerabzugs vorzunehmen ist, während die Bemessungsgrundlage bei Anwendung des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG nach den aktuellen Einkaufskosten (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG) zu ermitteln ist. Hierdurch können sich erhebliche Abweichungen ergeben (vgl. Widmann, UR 2000 S. 19). Von der Vorschrift werden z. B. Fälle erfasst, in denen der Unternehmer Gegenstände, mit denen er handelt, für sein Unternehmen mit Vorsteuerabzugsberechtigung erwirbt, von denen er einen Gegenstand einem Geschäftsfreund für dessen Geschäftsjubiläum schenkt. Der Vorsteuerabzug ist dann in dem Voranmeldungszeitraum rückgängig zu machen, in dem der Gegenstand verschenkt wird.

Vorsteuerbeträge, die auf laufende Aufwendungen für Segeljachten entfallen, sind ab dem gem. § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG 1999 i. V. mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht abziehbar, wenn der Unternehmer die Segeljachten zwar nachhaltig und zur Erzielung von Einnahmen, jedoch ohne Gewinn-/Überschusserzielungsabsicht vermietet. Hat der Unternehmer die Segeljachten bereits vor dem erworben und die Vorsteuer für die Kosten des Erwerbs abgezogen, ist der Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1999 zu berichtigen, soweit er auf die AfA in der Zeit ab dem entfällt (, BStBl 2009 II S. 167 und v. - XI R 70/06 NWB LAAAC-97778).

ee) Rechnungsberichtigung

§ 17 Abs. 1 UStG findet in den Fällen der Rechnungsberichtigung nach § 14c UStG entsprechend Anwendung. Zur Frage, in welchem Besteuerungszeitraum die Berichtigung in diesen Fällen vorzunehmen ist, vgl. Tz. 227.

e) Zu berichtigende Beträge

Wird das Entgelt für einen steuerpflichtigen Umsatz gemindert, hat der leistende Unternehmer bzw. im Fall des innergemeinschaftlichen Erwerbs der Erwerber und im Fall der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers der Leistungsempfänger den dafür geschuldeten Umsatzsteuerbetrag von seiner Umsatzsteuer abzusetzen. Im Fall der Entgelterhöhung ist die entsprechende Umsatzsteuer der anderen Umsatzsteuer zuzuschlagen. Maßgebend ist der Steuersatz, der für den Umsatz gilt, auf den sich die Änderung bezieht. Die Umsatzsteuerberichtigung ist unabhängig davon durchzuführen, ob der leistende Unternehmer in seiner Rechnung die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen hat oder nicht, ob der Leistungsempfänger eine Privatperson oder ein zum Vorsteuerabzug berechtigter oder nicht berechtigter Unternehmer ist. Der Leistungsempfänger hat im Fall einer Entgeltminderung den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu kürzen und im Falle einer Entgelterhöhung die auf den Erhöhungsbetrag entfallende Vorsteuer zusätzlich von seiner Umsatzsteuer abzusetzen. Wird der Betrag der Änderung nicht in Entgelt und Umsatzsteuer aufgegliedert, haben zum Zwecke der Umsatzsteuer- und Vorsteuerberichtigung der Leistende und der Leistungsempfänger den zutreffenden Umsatzsteuerbetrag aus dem Änderungsbetrag herauszurechnen. Berechnet der Leistungsempfänger z. B. ein Skonto nicht vom Gesamtpreis einschließlich Umsatzsteuer, sondern nur vom Entgelt, hat er unabhängig von der Behandlung der Skontoabzüge durch den Lieferanten den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen (Aufteilung in Entgelt- und Steueranteil).

Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann unterbleiben, soweit ein dritter Unternehmer als Schuldner der Umsatzsteuer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet (§ 17 Abs. 1 Satz 6 UStG). Die Regelung hat Bedeutung für die Zentralregulierungsgeschäfte. Vgl. Beispiel in Abschn. 223 Abs. 4 UStR.

f) Zeitpunkt der Berichtigung

Unternehmer und Leistungsempfänger haben die Berichtigung von Umsatzsteuer und Vorsteuerabzug für den Voranmeldungszeitraum durchzuführen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG). Der in § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG erfasste – durch die Änderung der Bemessungsgrundlage begünstigte – andere Unternehmer hat die Berichtigung in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem er wirtschaftlich begünstigt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 8 UStG). Sie ist bereits bei der Berechnung der Vorauszahlungen zu beachten, nicht erst in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr. Erhält der Leistungsempfänger zum Zeitpunkt des Umsatzes lediglich einen Rückvergütungsanspruch, führt dieser im Zeitpunkt, zu dem der Umsatz bewirkt wird, noch nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage. Bei einem derartigen Rückvergütungsanspruch handelt es sich vielmehr um einen Preisnachlass nach Bewirkung des Umsatzes, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem der Leistungsempfänger den ihm zustehenden Rückvergütungsanspruch tatsächlich realisiert. Andernfalls käme es in Fällen, in denen der Rückvergütungsanspruch letztlich vom Leistungsempfänger nicht realisiert wird, insoweit zu einer Nichtbesteuerung. Werden trotz Vereinbarung einer Entgeltminderung vom Leistungsempfänger bereits gezahlte Entgelte nicht zurückgewährt, liegt ebenfalls keine Minderung des Entgelts vor (, Freemans Jale NWB GAAAB-72874). Unter Bezugnahme auf dieses EuGH-Urteil hat der BFH unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass bei einer Vereinbarung der vollständigen oder teilweisen Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts sich die Bemessungsgrundlage nur ändert, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (, BStBl 2009 II S. 250; vgl. hierzu Robisch, UR 2009 S. 343). An den beiden folgenden Urteilen hält der BFH damit nicht mehr fest:


  • Erlischt eine Entgeltforderung aufgrund einer späteren Vertragsänderung, mindert sich das Entgelt bereits im Zeitpunkt der Vertragsänderung (, BStBl 1996 II S. 206).

  • Bei einer Änderung aufgrund einer Mängelrüge ändert sich die Bemessungsgrundlage bereits in dem Zeitpunkt, in dem sich der Käufer mit der Minderung – z. B. durch Erteilung einer Kaufpreisgutschrift – einverstanden erklärt (, BStBl 1996 II S. 208).

In den Fällen des Skontos, des Bonus und des Rabatts ist die Berichtigung des Steuerbetrags nach § 17 Abs. 1 UStG durch den leistenden Unternehmer für den Zeitpunkt vorzunehmen, in dem sich die Minderung der Bemessungsgrundlage durch Inanspruchnahme des Skonto oder die Gewährung des Bonus oder des Rabatts verwirklicht. Das gilt für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs durch den Leistungsempfänger entsprechend (, BStBl 2004 I S. 739). Zum Zeitpunkt der Berichtigung bei Entgeltminderungen aufgrund von Vertragsänderungen, Mängelrügen, Boni, Skonti, Rabatte und der Uneinbringlichkeit von Forderungen vgl. auch NWB UAAAB-76079, und NWB UAAAB-76079.

Die ursprüngliche Umsatzsteueranmeldung ist nicht zu berichtigen, und zwar auch dann nicht, wenn ihre Umsatzsteuer noch nicht festgesetzt sein sollte. Eine Berichtigung im Voranmeldungszeitraum der Änderung der Bemessungsgrundlage ist unabhängig davon zulässig, ob die Steuerfestsetzung des Kalenderjahrs Rechtskraft erlangt hat oder nicht, in dem die Umsatzsteuer für den Umsatz entstanden ist, der sich nachträglich geändert hat. Eine Berichtigung der Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer erübrigt sich, wenn die Bemessungsgrundlage für einen Umsatz nach dessen Ausführung, aber vor Entstehung der Umsatzsteuer bzw. des Vorsteueranspruchs geändert wird. Es genügt, dass in die Voranmeldung lediglich die erhöhte oder geminderte Bemessungsgrundlage aufgenommen wird.

g) Einfuhrumsatzsteuer

Ist Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen worden und wird sie nachträglich herabgesetzt, erlassen oder erstattet, muss der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem die Zollstelle die Herabsetzung usw. ausgesprochen hat (§ 17 Abs. 3 UStG).

h) Belegerteilung

Bei Jahresrückvergütungen, Jahresboni und sonstigen Preisnachlässen, die für Umsätze eines bestimmten Zeitabschnitts gemeinsam gewährt werden, hat der Unternehmer dem Leistungsempfänger dann einen Beleg zu erteilen, wenn die Lieferungen oder sonstigen Leistungen verschiedenen Steuersätzen unterliegen. Aus dem Beleg muss zu ersehen sein, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt (§ 17 Abs. 4 UStG). Eine weitere Aufteilung der Rückvergütungen in Nettominderung und Umsatzsteuerbetrag wird nicht verlangt. Genossenschaften brauchen in dem Beleg über die Vergütungen nicht kenntlich zu machen, wie sich die Änderung der Bemessungsgrundlage auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt, wenn die Abnehmer (Land- und Forstwirte) ihre Umsätze nach § 24 UStG versteuern. Zur Belegerteilung nach § 17 Abs. 4 UStG vgl. auch , UR 1999 S. 225.

Tz. 257 Voranmeldung, Vorauszahlung

Ab dem hat der Unternehmer Voranmeldungen auf elektronischem Weg nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung (StDÜV) bzw. ab nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der StDÜV mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (§ 150 Abs. 7 AO) abzugeben (zu den Risiken des elektronischen Übermittlungsverfahrens vgl. Betzwieser, DStR 2005 S. 463). Das Finanzamt kann allerdings auf Antrag des Unternehmers zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten und die Abgabe in herkömmlicher Form per Papier oder Telefax nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gestatten (vgl. hierzu auch Drüen/Hechtner, DStR 2006 S. 821). Zum Muster der Umsatzsteuer-Voranmeldung für 2008 vgl. , BStBl 2007 I S. 744, und für 2009 vgl. , BStBl 2008 I S. 912. Das Finanzamt wird dem Antrag – so die Gesetzesbegründung – insbesondere dann entsprechen, wenn der Unternehmer nicht über die technischen Voraussetzungen verfügt, die nach der StDÜV eingehalten werden müssen. Nach dem (BStBl 2004 I S. 1135) gilt hierzu Folgendes:

  • Für Voranmeldungszeiträume, die nach dem enden, sind Umsatzsteuer-Voranmeldungen grds. auf elektronischem Weg nach Maßgabe der StDÜV v. (BGBl 2003 I S. 139) zu übermitteln. Dafür stellt die Steuerverwaltung das kostenlose Programm ElsterFormular (www.elsterformular.de) zur Verfügung.

  • Zur Vermeidung unbilliger Härten kann das zuständige Finanzamt auf Antrag zulassen, dass die Umsatzsteuer-Voranmeldung in herkömmlicher Form – auf Papier oder per Telefax – abgegeben werden. Dem Antrag ist insbesondere dann zuzustimmen, wenn dem Unternehmer die Schaffung der technischen Voraussetzungen, die für die Übermittlung nach der StDÜV erforderlich sind (vgl. , BStBl 2007 I S. 95), nicht zuzumuten ist.

  • Aus Vereinfachungsgründen ist es für bis zum endende Voranmeldungszeiträume nicht zu beanstanden, wenn die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung in herkömmlicher Form (per Papier oder per Telefax) als entsprechender Antrag des Unternehmers angesehen wird. Eine förmliche Zustimmung des Finanzamts ist nicht erforderlich. Umsatzsteuer-Voranmeldungen auch ohne Vorliegen eines Härtefalls weiterhin in Papierform abzugeben, ist nach der Ansicht der Finanzverwaltung unzulässig (, UR 2005 S. 517).

Bei der Beantwortung der Frage, ob eine unbillige Härte vorliegt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (s. NWB ZAAAB-53370). Eine unbillige Härte kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Unternehmer finanziell nicht in der Lage ist, entsprechende Investitionen zu tätigen, oder die kurzfristige Einstellung seiner betrieblichen Tätigkeit oder in nächster Zeit eine Umstellung der Software/Hardware beabsichtigt. Der Umstand, dass der Unternehmer keinen Internetzugang besitzt, führt nach Verwaltungsansicht nicht zu der Annahme einer unbilligen Härte. Nach Ansicht des NWB FAAAB-52169) liegt demgegenüber eine unbillige Härte nicht erst dann vor, wenn einer der drei anerkannten Ausnahmefälle (finanzielle Unfähigkeit, Einstellung der betrieblichen Tätigkeit, Umstellung der Software/Hardware) eingetreten ist. Eine unbillige Härte in diesem Sinne liegt – unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung – auch dann vor, wenn ein Internetanschluss nicht besteht. Der Unternehmer ist also nicht verpflichtet, sich nur zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten in § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG einen Internetanschluss anzuschaffen.

Nachdem von Verwaltungsseite die offenen Fragen auf Bundesebene geklärt worden sind, hat die O 2000 NWB GAAAB-56875) die Vorgehensweise bezüglich der elektronischen Übermittlung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen zusammengefasst. In diesem Zusammenhang nimmt sie hinsichtlich der Behandlung der Fälle, in denen der Steuerpflichtige nicht über einen Internetzugang verfügt, im Vergleich zur bisherigen Verwaltungsauffassung eine wesentlich weniger restriktive Haltung ein. Danach ist zukünftig Folgendes zu beachten:

  • Fälle, in denen trotz fehlender Anerkennung als Härtefall die Umsatzsteuer-Anmeldung weiterhin in Papierform/Telefax abgegeben wird: Es bestehen bis auf Weiteres keine Bedenken, die Abgabe der Steuererklärung regelmäßig als entsprechenden Härtefallantrag des Unternehmers anzusehen, dem das Finanzamt nicht förmlich zuzustimmen braucht. Dies bedeutet, dass bei Steuerpflichtigten, die bisher keinen Härtefallantrag gestellt haben und ihren steuerlichen Verpflichtungen uneingeschränkt auf herkömmlichem Übermittlungsweg nachkommen, von einer separaten Antragsbearbeitung und weiteren Zwangsmaßnahmen abzusehen ist.

  • Beantragte und abgelehnte Härtefallanträge: Wurde ein Härtefallantrag durch gesonderte Entscheidung angelehnt und ist einem ggf. hiergegen gerichteten Einspruch nicht abzuhelfen (z. B. alle technischen Voraussetzungen für eine elektronische Übermittlung sind vorhanden), können Zwangsmaßnahmen (insbesondere Verspätungszuschläge und Zwangsgeld) eingeleitet werden, wenn der Steuerpflichtige auch weiterhin seine Umsatzsteuer-Anmeldungen nicht in elektronischer Form einreicht. Die Steuer ist entsprechend der in herkömmlicher Form erklärten Besteuerungsgrundlagen durch Bescheid festzusetzen.

  • Bei der Entscheidung über anhängige ausdrückliche Härtefall-Anträge bzw. über Einsprüche gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Härtefalls ist zu berücksichtigen, dass ein Härtefall insbesondere dann anzunehmen sein wird, wenn der Steuerpflichtige nicht über die technischen Voraussetzungen verfügt, die für die Übermittlung nach der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung eingehalten werden müssen. Abweichend von der bisherigen Verfahrensweise erübrigt sich damit eine Prüfung,ob der Steuerpflichtige finanziell in der Lage ist, bisher nicht vorhandene IT-Technik zu beschaffen.

  • Härtefall-Anerkennungen sind grds. mit Widerrufsvorbehalt zu versehen.

  • Über eine Befristung von Härtefall-Anerkennungen ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Dies schließt ein, dass eine Härtefall-Anerkennung nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls auch über den hinaus ausgesprochen werden kann. Abweichend von der bisherigen Verfahrensweise können z. B. bei Kleinstunternehmen (Ich-AG), bei denen kurzfristig mit keiner Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu rechnen ist, Härtefall-Anerkennungen über den hinaus erteilt werden.

In Bezug auf die Härtefallregelung ist ab ergänzend zu den einzelgesetzlichen Regelungen die den Ermessensspielraum einschränkende Regelung in § 150 Abs. 8 AO zu beachten. Danach ist einem Härtefallantrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen. In der Praxis dürften diese Voraussetzungen – nach der Gesetzesbegründung – insbesondere bei Kleinstbetrieben gegeben sein. Der Härtefallantrag kann auch konkludent (z. B. in Gestalt der Abgabe einer herkömmlichen Erklärung auf Papier) gestellt werden. In diesem Fall sind Sachverhaltsermittlungen der Finanzbehörde nur geboten, wenn das Vorliegen eines Härtefalls nicht als glaubhaft angesehen werden kann.

Der Unternehmer hat in der Voranmeldung die Vorauszahlung (ggf. den Überschuss) selbst zu berechnen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Auszugehen ist von der Summe der Umsätze, für die die Umsatzsteuer im jeweiligen Voranmeldungszeitraum entstanden ist, und von den in diesen Zeitraum fallenden abziehbaren Vorsteuerbeträgen (Tz. 252). § 17 UStG (Änderung der Bemessungsgrundlage, Tz. 256) ist entsprechend anzuwenden (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG). Für Einzelhändler und Handwerker, die als Sollversteuerer Kreditverkäufe kleineren Umfangs nach R 29 Abs. 1 Satz 7 Buchst. b EStR zulässigerweise vereinfacht verbuchen, besteht hinsichtlich dieser Leistungen eine Vereinfachungsregelung (vgl. Abschn. 229 UStR). Die Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen besteht auch dann, wenn sie auf „null” lauten (, V B 204/05 NWB JAAAC-18564). Auch bei der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG, vgl. Tz. 280) hat der Unternehmer für alle Voranmeldungszeiträume Voranmeldungen abzugeben. Dies gilt auch für Monate, in denen er keine Entgelte vereinnahmt hat ( NWB OAAAA-70579).

Voranmeldungen haben auch die Unternehmer (Kleinunternehmer, voll steuerbefreite Unternehmer, pauschalierende Land- und Forstwirte) und nichtunternehmerische juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG bzw. als die Umsatzsteuer schuldende Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 oder § 25b Abs. 2 UStG zu entrichten haben (§ 18 Abs. 4a Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt für die Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG) sowie für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 UStG oder § 14c Abs. 2 UStG schulden (§ 18 Abs. 4b UStG). Hinsichtlich des maßgeblichen Voranmeldungszeitraums gelten die folgenden Ausführungen entsprechend. Die Möglichkeit, den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2a UStG zu wählen, ist für diese Fälle aber ausdrücklich ausgeschlossen (§ 18 Abs. 4a Satz 3 UStG). Voranmeldungen sind jedoch nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen tatsächlich Umsatzsteuer entstanden ist (§ 18 Abs. 4a Satz 2 UStG). Zur Abgabe von Voranmeldungen im Rahmen der Fiskalvertretung vgl. Tz. 294. Unternehmer, die auch Umsätze ausführen, für die der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 und 2 UStG ist, müssen diese Umsätze erst in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Voranmeldungszeiträume ab dem Kalenderjahr 2005 anmelden (Umsatzsteuer-Voranmeldung 2005: Zeile 41, Kennzahl 60; vgl. , BStBl 2004 I S. 1129).

Die Voranmeldung ist binnen zehn Tagen nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums abzugeben. Gleichzeitig ist die selbst berechnete Vorauszahlung zu entrichten (§ 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG). Fällt der zehnte Tag auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, verlängert sich diese Frist bis zum nächstfolgenden Werktag (§ 108 Abs. 3 AO). Voranmeldungszeitraum ist grds. das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). Wenn die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7.500 € (bis : 6.136 €) betragen hat, ist allerdings der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG). Anträgen von Monatszahlern, Voranmeldungen vierteljährlich abgeben zu dürfen, weil die Grenze im Vorjahr nur ausnahmsweise aufgrund besonderer Umsätze (z. B. einmaliger, ungewöhnlich hoher Umsatz von Anlagevermögen) überschritten worden ist, kann nicht entsprochen werden. Dies gilt selbst dann, wenn feststeht, dass sich künftig regelmäßige Zahllasten von nicht mehr als 7.500 € (bis : 6.136 €) ergeben werden ( NWB EAAAB-15245). Soweit die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 € (bis : 512 €) betragen hat, kann das Finanzamt den Unternehmer (grds. auf Antrag) von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und der Entrichtung der Vorauszahlungen befreien (§ 18 Abs. 2 Satz 3 UStG). Hat sich für das vorangegangene Kalenderjahr kein Überschuss zugunsten des Unternehmers ergeben (Umsatzsteuer 0 512 € bzw. 0–1.000 €), erteilt das Finanzamt die Befreiung allerdings ohne Antrag des Unternehmers von Amts wegen. Sie unterbleibt in diesen Fällen nur auf Antrag des Unternehmers in begründeten Einzelfällen (z. B. nachhaltige Änderungen in der betrieblichen Struktur). Ergibt sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zugunsten des Unternehmers (Vorsteuerüberhang), bleibt das Kalendervierteljahr von Amts wegen Voranmeldungszeitraum. Allerdings gibt das Finanzamt dem Antrag des Unternehmers auf Befreiung in diesen Fällen regelmäßig statt. Nach ihrem Sinn und Zweck gilt die Befreiungsvorschrift nur für kleinere Unternehmen, deren Zahllast nachhaltig nicht mehr als 1 000 € (bis : 512 €) beträgt. Befreiungsanträge sind deshalb abzulehnen, wenn sich der Überschuss im Vorjahr nur ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände ergeben hat (z. B. einmalige, ungewöhnlich hohe Investitionen) und wenn damit zu rechnen ist, dass sich im Jahr der Antragstellung und in den Folgejahren (wieder) eine Zahllast von mehr als 1.000 € (bis : 512 €) ergeben wird ( NWB EAAAB-15245). Eine Steuererklärung für das Kalenderjahr ist stets abzugeben. Unabhängig von der Regelung in § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG kann das Finanzamt den Unternehmer von der Abgabe der Voranmeldung in Sonderfällen befreien (z. B. wenn und soweit in bestimmten Voranmeldungszeiträumen bei Saisonbetrieben oder Aufsichtsratsmitgliedern regelmäßig keine Umsatzsteuer entsteht). Vgl. hierzu im Übrigen Abschn. 230 UStR.

Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr – unabhängig von der Höhe der Steuerbeträge – zwingend der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Durch die Verpflichtung zur monatlichen Abgabe von Voranmeldungen sollen die Finanzämter früher Informationen über neu gegründete Unternehmen erhalten. Die Unternehmen können zeitnäher geprüft und damit Hinterziehungsfälle – insbesondere sog. Karussellgeschäfte – schneller aufgedeckt werden. Bei einem örtlichen Zuständigkeitswechsel liegt kein Neugründungsfall vor. Entsprechendes gilt, wenn ein bestehendes Unternehmen einen Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer stellt. Bei Umwandlungen durch Verschmelzung (§ 2 UmwG), Spaltung (§ 123 UmwG) oder Vermögensübertragung (§ 174 UmwG) liegt eine Aufnahme der beruflichen und gewerblichen Tätigkeit vor, wenn dadurch ein Rechtsträger neu entsteht oder seine unternehmerische Tätigkeit aufnimmt. Ein Formwechsel (§ 190 UmwG) führt nicht zu einem neuen Unternehmen, da der formwechselnde Rechtsträger weiter besteht (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Der bei einer Betriebsaufspaltung neu entstehende Rechtsträger fällt unter § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG, wenn durch die Betriebsaufspaltung keine Organschaft begründet wird. Ein Gesellschafterwechsel oder ein Gesellschafteraustritt oder -eintritt führt nicht zu einem Neugründungsfall. Nicht unter die Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG fallen Neugründungsfälle, in denen aufgrund der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit keine Umsatzsteuer festzusetzen ist (z. B. Unternehmer mit ausschließlich den Vorsteuerabzug ausschließenden steuerfreien Umsätzen, Kleinunternehmer oder der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegende Land- und Forstwirte (, BStBl 2003 I S. 153). Bei einer Betriebsaufspaltung ohne Begründung einer Organschaft liegt beim abgespaltenen Betriebsunternehmen ein Neugründungsfall vor. Gleiches gilt bei Geschäftsveräußerungen beim neuen Unternehmer. Bei der Auflösung einer Organschaft liegt hingegen kein Neugründungsfall vor ( NWB BAAAA-82068).

Der Unternehmer kann anstelle des Kalendervierteljahrs den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7.500 € (bis : 6.136 €) ergibt (§ 18 Abs. 2a Satz 1 UStG). Wenn sich aufgrund besonderer Umstände (z. B. Verkauf von Anlagevermögen) im vorangegangenen Kalenderjahr kein Überschuss zugunsten des Unternehmers von mehr als 7.500 € (bis : 6 136 €) ergeben hat (obwohl der Überschuss ansonsten alljährlich mehr als 6.136 € bzw. 7.500 € betragen hat), kann dem Antrag auf monatliche Abgabe der Voranmeldung für das Folgejahr nicht entsprochen werden, weil der für die Bestimmung des zutreffenden Veranlagungszeitraums allein maßgebende Überschuss des Vorjahrs nicht mehr als 6.136 € bzw. 7.500 € betragen hat ( NWB EAAAB-15245). Insoweit besteht kein Ermessensspielraum für das Finanzamt (vgl. , DStR 2005 S. 602). Der Unternehmer übt das Wahlrecht zur Abgabe monatlicher Voranmeldungen in der Weise aus, dass er bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahrs eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat des laufenden Kalenderjahrs (Januar) abgibt (§ 18 Abs. 2a Satz 2 UStG). Die Frist ist nicht verlängerbar, jedoch kann unter den Voraussetzungen des § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (vgl. hierzu auch NWB PAAAA-79176). Ist dem Unternehmer eine Dauerfristverlängerung gewährt worden (§ 18 Abs. 6 UStG), verschiebt sich das Fristende auf den 10. März des laufenden Kalenderjahrs. Macht der Unternehmer von dem Wahlrecht Gebrauch, ist er hieran für das Kalenderjahr gebunden, d. h. er muss für das Kalenderjahr monatliche Voranmeldungen abgeben (§ 18 Abs. 2a Satz 3 UStG).

Die Einordnung der Unternehmer in die verschiedenen Abgabegruppen erfolgt durch das Finanzamt von Amts wegen spätestens bis Ende Februar des Kalenderjahrs aufgrund der Vorjahrswerte. Sollten diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt sein, werden sie hochgerechnet. Wird die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr geändert, ist dies bei der Einordnung in die Abgabegruppen im laufenden Kalenderjahr zu berücksichtigen, soweit sich die Änderung noch auswirkt. In den Fällen, in denen sich durch die Änderung des Vorjahrs nachträglich ein Überschuss zugunsten des Unternehmers von mehr als 7.500 € (bis : 6.136 €) ergibt, ist eine Abgabe monatlicher Voranmeldungen im laufenden Kalenderjahr allerdings nur noch möglich, wenn die nicht verlängerbare Antragsfrist nach § 18 Abs. 2a Satz 2 UStG noch nicht abgelaufen ist.

Das Finanzamt hat dem Unternehmer auf Antrag die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen und für die Entrichtung der Vorauszahlungen um einen Monat zu verlängern (Dauerfristverlängerung). Dies gilt sowohl für Monatszahler (auch bei Inanspruchnahme des Wahlrechts nach § 18 Abs. 2a UStG) und Vierteljahrszahler als auch in den Fällen des § 18 Abs. 4a UStG (§ 18 Abs. 6 UStG i. V. mit § 46 UStDV). Auch in Neugründungsfällen nach § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG kann eine Dauerfristverlängerung gewährt werden (, BStBl 2003 I S. 153). Ein schriftlicher Bescheid ist nicht erforderlich, so dass der Unternehmer die beantragte Dauerfristverlängerung in Anspruch nehmen kann, solange das Finanzamt den Antrag nicht ablehnt oder die bereits erteilte Fristverlängerung widerruft. Der Antrag ist abzulehnen oder eine bereits gewährte Fristverlängerung zu widerrufen, wenn der Steueranspruch gefährdet erscheint (z. B. der Unternehmer gibt seine Voranmeldungen nicht oder nicht rechtzeitig ab; vgl. hierzu , UR 2001 S. 86). Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Umsatzsteuer 1 H) bis zum 10. des Monats zu stellen, der dem maßgeblichen Voranmeldungszeitraum folgt, ab dem die Fristverlängerung gelten soll (§ 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStDV), d. h. bei Monatszahlern bis zum 10. Februar und bei Vierteljahrszahlern bis zum 10. April des Kalenderjahrs, wenn sie die Dauerfristverlängerung für das gesamte Kalenderjahr in Anspruch nehmen wollen. Die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Stellen können auf Antrag bestimmten Personen genehmigen, dass sie für die Abgabe der Voranmeldungen Vordrucke verwenden, die von den amtlich vorgeschriebenen Vordrucken abweichen (Abschn. 226 UStR). Die Vordrucke müssen u. a. im Format grds. den amtlich vorgeschriebenen Vordrucken entsprechen. Nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung - StDÜV - v. (BStBl 2003 I S. 162) i. d. F. der ÄnderungsVO v. (BGBl 2006 I S. 3380) können u. a. Anträge auf Dauerfristverlängerung elektronisch übermittelt werden (vgl. erläuternd O 2250, BStBl 2007 I S. 95). Eine aktuelle Übersicht der eröffneten Zugänge ist im Internet unter http://www.eSteuer.de veröffentlicht. Der Unternehmer muss von einer gewährten Dauerfristverlängerung keinen Gebrauch machen. Er kann weiterhin die Voranmeldung unmittelbar nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums abgeben, wenn sich z. B. in einem Voranmeldungszeitraum ein Vorsteuerüberhang ergibt.

Bei Monatszahlern ist die Fristverlängerung nur unter der Auflage zu gewähren, dass sie eine Sondervorauszahlung auf die Umsatzsteuer eines jeden Kalenderjahrs entrichten. Sie beträgt 1/11 der Summe der Vorauszahlungen des Vorjahrs. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahrs ausgeübt, sind die tatsächlichen Vorauszahlungen dieses Zeitraums in eine Jahressumme umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind hierbei als volle Kalendermonate zu behandeln. Ist die unternehmerische Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr begonnen worden, hat der Unternehmer die Sondervorauszahlung auf der Grundlage der zu erwartenden Vorauszahlungen dieses Kalenderjahrs zu berechnen (§ 47 UStDV). Eine Sondervorauszahlung für Vierteljahrszahler entfällt. Der Monatszahler hat im Antrag auf Fristverlängerung die Sondervorauszahlung selbst zu berechnen und zu entrichten. Das Finanzamt kann die Sondervorauszahlung festsetzen, wenn sie vom Unternehmer nicht oder nicht richtig berechnet wurde oder wenn die Anmeldung zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (§ 48 Abs. 3 UStDV). Führt die fristgerechte Entrichtung der Sondervorauszahlung im Einzelfall zu einer erheblichen Härte, kann sie den jeweiligen Verhältnissen entsprechend ganz oder teilweise gestundet werden. Ferner kann das Finanzamt die Sondervorauszahlung im Einzelfall abweichend von § 47 UStDV niedriger festsetzen, wenn infolge Rechtsänderungen die vorgeschriebene Berechnung zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt oder wenn die Vorauszahlungen des Vorjahrs durch außergewöhnliche Umsätze beeinflusst worden sind, mit deren Wiederholung nicht zu rechnen ist (Abschn. 228 Abs. 4 UStR). Die Sondervorauszahlung ist i. d. R. bei der Festsetzung der Vorauszahlung für den Monat Dezember anzurechnen. Zur Anrechnung in den Fällen des § 18 Abs. 4a UStG vgl. Abschn. 228 Abs. 1 Satz 5 und 6 UStR. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahrs eingestellt, hat er die Anrechnung bereits in der Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem die Geschäftsaufgabe erfolgt ist. Will der Unternehmer im Laufe des Kalenderjahrs auf die Dauerfristverlängerung verzichten, hat er die Anrechnung der Sondervorauszahlung in der Voranmeldung vorzunehmen, für die die Fristverlängerung letztmalig in Anspruch genommen wird. Danach sind die Voranmeldungen zum gesetzlichen Zeitpunkt abzugeben. Die festgesetzte Sondervorauszahlung ist bei der Festsetzung der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums anzurechnen, für den die Fristverlängerung gilt. In den Fällen, in denen der Unternehmer im Laufe des Kalenderjahrs auf die Dauerfristverlängerung verzichtet, seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit einstellt oder das Finanzamt eine gewährte Dauerfristverlängerung widerruft, ist damit die Sondervorauszahlung einheitlich in dem letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums anzurechnen, für den die Dauerfristverlängerung noch in Anspruch genommen werden kann (d. h. in der Voranmeldung, für die die Fristverlängerung letztmalig in Anspruch genommen wird). Auch im Fall der Insolvenz gilt, dass die Sondervorauszahlung zunächst bei der Festsetzung der Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum des Besteuerungszeitraums (Kalenderjahr) anzurechnen ist. Soweit die festgesetzte Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum die Sondervorauszahlung übersteigt, bleibt es bei der Anrechnung nach § 48 Abs. 4 UStDV (, BStBl 2003 II S. 39, und v. - VII R 17/08 NWB IAAAD-20494). Voraussetzung für einen Anspruch auf Rückerstattung von Vorauszahlungen – zu denen auch die Sondervorauszahlung gehört – ist, dass die Jahressteuer niedriger ist als die Summe der – an das Finanzamt abgeführten – Vorauszahlungen. Nach Festsetzung der Jahressteuer kommt die Erstattung der Sondervorauszahlung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO nur noch in Betracht, soweit sie nicht zur Tilgung der Jahressteuer benötigt wird. Der Erstattungsanspruch ist nach Konkurseröffnung in dem an den Konkursverwalter gerichteten Abrechnungsbescheid zur Jahresumsatzsteuer zu berücksichtigen (, BStBl 2002 II S. 705, und v. - VII R 17/08 NWB IAAAD-20494). Zur Anrechnung der Sondervorauszahlung in Insolvenzfällen vgl. auch NWB AAAAA-82077, und , S 7348 A NWB IAAAB-16019). Vgl. zur Umsatzsteuererhebung während des Insolvenzverfahrens auch Wenzel, NWB WAAAB-97426.

Eine zeitliche Beschränkung der Fristverlängerung ist nicht vorgesehen. Sie wirkt auch für folgende Kalenderjahre bis zu ihrem Widerruf durch den Unternehmer oder das Finanzamt. Während der Geltungsdauer der Fristverlängerung haben Monatszahler die Sondervorauszahlung für das jeweilige Folgejahr bis zum 10. Februar erneut zu berechnen, nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Umsatzsteuer 1 H) anzumelden und zu entrichten (§ 48 Abs. 2 UStDV; vgl. auch , BStBl 2005 II S. 813). Hinsichtlich der Möglichkeit der elektronischen Übermittlung der Anmeldung der Sondervorauszahlungen gelten die Ausführungen zur elektronischen Übermittlung der Dauerfristverlängerung entsprechend. Die für Steuern geltenden Vorschriften der AO sind nach Auffassung der Verwaltung (Abschn. 228 Abs. 3 Satz 3 UStR) auf die Sondervorauszahlungen anzuwenden (z. B. § 152 AO: Festsetzung von Verspätungszuschlägen; § 240 AO: Verwirkung von Säumniszuschlägen). Dem hat der BFH zumindest für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nach § 152 AO wegen der verspäteten Abgabe der Dauerfristverlängerung widersprochen ( NWB UAAAA-67762). Vgl. hierzu , S 7348 NWB HAAAB-20700 mit Differenzierung zwischen Antrag auf Dauerfristverlängerung und Anmeldung der Umsatzsteuersondervorauszahlung. Mit Urteil v. (V R 63/03, BStBl 2005 II S. 813) hat der BFH dann – in Abgrenzung zum Urteil v. – klargestellt, dass die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung eine Steueranmeldung ist und das Finanzamt als Sanktion gegen die verspätete Erfüllung der Verpflichtung zur Berechnung, Anmeldung und Entrichtung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung – anders als bei der verspäteten Abgabe des Antrags auf Dauerfristverlängerung – einen Verspätungszuschlag festsetzen kann. Die Verwaltung folgt der BFH-Rechtsprechung v. und ( NWB YAAAB-80874).

Die Voranmeldung ist eine Steueranmeldung i. S. der AO (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO), für die die Vorschriften der §§ 167 und 168 AO gelten. Der Eingang einer Voranmeldung mit einer Zahllast hat die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 168 Satz 1 AO). Die fällige Umsatzsteuer ist ohne besonderes Leistungsgebot vollstreckbar (§ 254 Abs. 1 Satz 4 AO). Eine Voranmeldung mit negativer Steuerschuld (z. B. Vorsteuerüberhang) ist ein Antrag auf Steuerfestsetzung (§ 155 Abs. 1 und 4 AO), der erst nach der Zustimmung des Finanzamts (§ 168 Satz 2 AO) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Ergibt die Voranmeldung einen Überschuss zugunsten des Unternehmers, hat ihn das Finanzamt betraglich unbegrenzt nach der erforderlichen Zustimmung ohne besonderen Antrag auszuzahlen, soweit nicht eine Verrechnung mit Steuerschulden vorzunehmen ist.

Falsche Angaben in der Voranmeldung können als vollendete Steuerhinterziehung strafbar sein (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO) oder als leichtfertige Steuerverkürzung mit einem Bußgeld geahndet werden (§ 378 AO). Gibt der Unternehmer eine Voranmeldung nicht ab oder hat er die Vorauszahlung nicht richtig berechnet, kann das Finanzamt die Vorauszahlung festsetzen. Gegen den schriftlichen Festsetzungsbescheid (mit Zahlungsfrist für den Mehrbetrag) ist – ebenso wie gegen die Voranmeldung – der Rechtsbehelf des Einspruchs gegeben. Vorauszahlungsfestsetzungen sind stets (auch ohne Vermerk) Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO). Finanzamt und Unternehmer können sie deshalb nach Maßgabe des § 164 Abs. 2 AO jederzeit ändern bzw. deren Änderung beantragen.

Bei verspäteter Abgabe der Voranmeldung kann das Finanzamt dem Unternehmer einen Verspätungszuschlag bis zu 10 % der Vorauszahlung (höchstens jedoch 25 000 €) auferlegen (§ 152 Abs. 2 AO). Der Zuschlag ist zu erlassen oder zurückzunehmen, wenn die Säumnis entschuldbar erscheint. Wird eine Vorauszahlung nicht bis zum Ablauf des gesetzlichen Fälligkeitstags (zuzüglich einer Zahlungsschonfrist von drei Tagen) entrichtet, sind nach Maßgabe des § 240 AO Säumniszuschläge verwirkt. Die Zahlungsschonfrist gilt wie bisher bei Überweisung der fälligen Steuern, nicht aber bei Scheckeinzahlung.

Tz. 258 Besonderes Besteuerungsverfahren für auf elektronischem Weg durch Drittlandsunternehmer erbrachte sonstige Leistungen

§ 18 Abs. 4c und 4d UStG

Im Rahmen der Umsetzung der RL 2002/38/EG zur Änderung der 6. EG-RL bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie bestimmter elektronisch erbrachter Dienstleistungen (ABl EG 2002 Nr. L 128 S. 41; vgl. Vellen, UR 2003 S. 53) wurde in § 18 Abs. 4c UStG ein besonderes Besteuerungsverfahren geschaffen (vgl. auch Huschens, NWB F. 7 S. 6065 NWB PAAAA-74387). Das Verfahren dient der Vereinfachung der Besteuerung von im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmern, die auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer in der Gemeinschaft bewirken. Diese Unternehmer müssten sich eigentlich aufgrund der allgemeinen Besteuerungsvorschriften (vgl. § 18 Abs. 1–4 UStG) in jedem Mitgliedstaat erfassen lassen, die Umsatzsteuer erklären und abführen, in dem sie auf elektronischem Weg sonstige Leistungen an Nichtunternehmer in der EU erbringen. Die Drittlandsunternehmer erhalten die Möglichkeit (machen sie nicht davon Gebrauch, gelten die allgemeinen Registrierungs- und Erklärungsregelungen), sich nur in einem EU-Mitgliedstaat für umsatzsteuerliche Zwecke erfassen zu lassen, soweit sie Umsätze an im Gemeinschaftsgebiet ansässige Nichtunternehmer erbringen (Registrierungsmitgliedstaat). Ungeachtet dessen ist der allgemeine Steuersatz des Mitgliedstaats anzuwenden, in dem der Leistungsempfänger ansässig ist (Verbrauchsmitgliedstaat). Diesem Mitgliedstaat steht auch die Umsatzsteuer zu. Die Regelungen, wie der Verbrauchsmitgliedstaat die ihm zustehende Umsatzsteuer bei elektronischen Leistungen von im Drittland ansässigen Unternehmern an im Gemeinschaftsgebiet ansässige Nichtunternehmer erhält und wie eine Kontrolle dieser Unternehmer erfolgen soll, beinhaltet die gleichzeitig verabschiedete VO (EG) Nr. 792/2002 zur vorübergehenden Änderung der VO (EWG) Nr. 218/92 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der indirekten Besteuerung (MWSt.) im Hinblick auf zusätzliche Maßnahmen betreffend den elektronischen Geschäftsverkehr (ABl EG 2002 Nr. L 128 S. 1).

Das allgemeine Besteuerungsverfahren (§ 18 Abs. 1–4 UStG; vgl. Tz. 257 und 259) und das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG schließen sich gegenseitig aus (d. h. solange der Unternehmer von dem besonderen Besteuerungsverfahren Gebrauch macht, finden die Regelungen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens in § 18 Abs. 1–4 UStG für ihn keine Anwendung).

Ein im Drittlandsgebiet ansässiger Unternehmer, der als Steuerschuldner ausschließlich auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen i. S. des § 3a Abs. 3a UStG im Gemeinschaftsgebiet (also im Inland und im übrigen Gemeinschaftsgebiet) erbringt und in keinem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst ist, kann abweichend von den Regelungen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens (§ 18 Abs. 1–4 UStG) für jeden Besteuerungszeitraum i. S. des § 16 Abs. 1a Satz 1 UStG (Kalendervierteljahr) eine Steuererklärung auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums i. S. des § 16 Abs. 1a Satz 1 UStG (= Kalendervierteljahr) abgeben, in der er die Umsatzsteuer entsprechend § 16 Abs. 1a UStG (vgl. Tz. 252) selbst zu berechnen hat (§ 18 Abs. 4c Satz 1 UStG). Hierbei hat er die auf den jeweiligen Mitgliedstaat entfallenden Umsätze zu trennen und dem im betreffenden Mitgliedstaat geltenden allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen. Voraussetzung für die Teilnahme am besonderen Besteuerungsverfahren ist u. a., dass der Unternehmer als Steuerschuldner ausschließlich auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen i. S. des § 3a Abs. 3a UStG im Gemeinschaftsgebiet (also im Inland und im übrigen Gemeinschaftsgebiet) erbringt. Soweit er Leistungen im Gemeinschaftsgebiet erbringt, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet (z. B. auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen an Unternehmer in der Gemeinschaft), ist dies für die Teilnahme am besonderen Besteuerungsverfahren unschädlich. Erbringt er allerdings auch andere Leistungen im Gemeinschaftsgebiet, für die er die Umsatzsteuer originär schuldet, ist die Teilnahme am besonderen Besteuerungsverfahren nicht möglich. Ein Vorsteuerabzug ist im Rahmen des besonderen Besteuerungsverfahrens nicht vorgesehen (vgl. Tz. 252). Der Vorsteuerabzug kann in diesen Fällen nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren erfolgen (vgl. Tz. 264). Bei der Umrechnung von Werten in fremder Währung muss der Unternehmer einheitlich den von der Europäischen Zentralbank festgestellten Umrechnungskurs des letzten Tages des Besteuerungszeitraums bzw. falls für diesen Tag kein Umrechnungskurs festgelegt wurde, den für den nächsten Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums festgelegten Umrechnungskurs anwenden (§ 16 Abs. 6 Satz 4 und 5 UStG; vgl. Tz. 255). Die Anwendung eines monatlichen Durchschnittskurses entsprechend § 16 Abs. 6 Satz 1–3 UStG ist ausgeschlossen. Für das besondere Besteuerungsverfahren ist in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuständig (§ 5 Abs. 1 Nr. 21 FVG). Die Steuererklärung ist dem Bundeszentralamt für Steuern elektronisch zu übermitteln (§ 18 Abs. 4c Satz 1 UStG). Eine Übersendung in Papierform ist nicht zulässig. Darüber hinaus ist zwingend der von der Verwaltung bereitgestellte elektronische Vordruck zu verwenden („Abgabe auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck”). Eine Unterschrift der Steuererklärung ist nicht vorgesehen. Sie muss auch nicht mit einer elektronischen Signatur versehen werden. Darüber hinaus ist in dem besonderen Verfahren neben der Abgabe der vierteljährlichen Steuererklärungen für die gleichlautenden Besteuerungszeiträume die Abgabe einer „Jahreserklärung” nicht vorgesehen. Die Umsatzsteuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums i. S. des § 16 Abs. 1a Satz 1 UStG (Kalendervierteljahr) fällig (§ 18 Abs. 4c Satz 2 UStG). Informationen zum besonderen Besteuerungsverfahren einschließlich der elektronischen Vordrucke finden sich auf der Homepage des Bundeszentralamts für Steuern: www.bff-online.de).

Entscheidet sich ein Unternehmer für Deutschland als Registrierungsmitgliedstaat, muss er dies dem Bundeszentralamt für Steuern vor Beginn seiner Tätigkeit im Gemeinschaftsgebiet mitteilen. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 3a UStG im Gemeinschaftsgebiet erbringt (§ 18 Abs. 4c Satz 3 UStG). Auch hier ist eine Übersendung in Papierform nicht zulässig und zwingend der von der Verwaltung bereitgestellte elektronische Vordruck zu verwenden. Bei der Ausübung des Wahlrechts muss der Unternehmer bestimmte – EG-rechtlich vorgegebene – Angaben machen (Name, Anschrift, elektronische Anschrift einschließlich Websites, nationale Steuernummer – soweit vorhanden –, Erklärung, dass der Unternehmer nicht für Zwecke der Umsatzsteuer in einem EU-Mitgliedstaat erfasst ist). Unternehmer, die ihre Tätigkeit erstmalig nach dem beginnen, müssen allerdings die Anzeige auf dem amtlich vorgeschriebenen Dokument elektronisch übermitteln, bevor sie Umsätze nach § 3a Abs. 3a UStG im Gemeinschaftsgebiet erbringen (, BStBl 2003 I S. 375).

Der Unternehmer kann die Inanspruchnahme des besonderen Besteuerungsverfahrens widerrufen. Ein Widerruf ist nur bis zum Beginn eines neuen Besteuerungszeitraums mit Wirkung ab diesem Zeitraum möglich (§ 18 Abs. 4c Satz 4 UStG). Dadurch wird vermieden, dass der Unternehmer für ein Kalendervierteljahr sowohl Voranmeldungen nach § 18 Abs. 1 UStG als auch eine Steuererklärung nach § 18 Abs. 4c UStG abgeben muss. Außerdem wären die ihm in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge zum Teil im Vorsteuer-Vergütungsverfahren, zum Teil im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend zu machen. Dies wäre für die betroffenen Unternehmer und die Finanzverwaltung ein nicht zu rechtfertigender Aufwand. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären (§ 18 Abs. 4c Satz 5 UStG).

Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach § 18 Abs. 4c Satz 1–3 UStG oder § 22 Abs. 1 UStG (Aufzeichnungspflichten) wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem besonderen Besteuerungsverfahren aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum i. S. des § 16 Abs. 1a Satz 1 UStG (Kalendervierteljahr), der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt (§ 18 Abs. 4c Satz 6 und 7 UStG). Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Regelungen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens.

Die Regelungen zum allgemeinen Besteuerungsverfahren (§ 18 Abs. 1–4 UStG) gelten nicht für Unternehmer, die im Inland im Besteuerungszeitraum i. S. des § 16 Abs. 1 Satz 2 UStG (Kalenderjahr) als Steuerschuldner ausschließlich elektronische Dienstleistungen nach § 3a Abs. 3a UStG erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten (§ 18 Abs. 4d UStG). Die Vorschrift legt fest, dass nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Inland als Steuerschuldner nur steuerbare sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an Nichtunternehmer erbringen, die Umsatzbesteuerung aber in einem dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG entsprechenden Verfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat erfolgt, von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen und der Steuererklärung für das Kalenderjahr befreit sind. Es handelt sich also um die Fälle, in denen der Unternehmer nicht Deutschland, sondern einen anderen Mitgliedstaat als Registrierungsmitgliedstaat gewählt hat. In diesem Mitgliedstaat erklärt er auch die in Deutschland auf elektronischem Weg an hier ansässige Nichtunternehmer erbrachten sonstigen Leistungen. Die Regelung vermeidet eine durch Gemeinschaftsrecht bei Inanspruchnahme der Sonderregelung nach Art. 26c der 6. EG-RL (= Art. 358 f. MwStSystRL) ausgeschlossene mehrfache umsatzsteuerliche Erfassung der vorgenannten Unternehmer.

Entsprechendes ergibt sich aus Art. 20 der VO (EG) Nr. 1777/2005 des Rates v. zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl EU 2005 Nr. L 288/1; vgl. hierzu auch Huschens, NWB NAAAC-19257). Die dort festgelegten Vorschriften für das besondere Besteuerungsverfahren für auf elektronischem Weg durch Drittlandsunternehmer erbrachte sonstige Leistungen entsprechen der nationalen Gesetzeslage bzw. – soweit keine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht – der verwaltungsmäßigen Praxis.

Tz. 259 Jahressteuererklärung, Jahressteuerfestsetzung

§ 18 Abs. 3–4b UStG

a) Jahressteuererklärung (Steueranmeldung)

Der Unternehmer hat für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum (Tz. 252) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG). Zum Muster der Umsatzsteuererklärung für 2007 vgl. , BStBl 2007 I S. 556, und für 2008 vgl. , BStBl 2008 I S. 899.. Die Verwendung privater Formulare, die der Unternehmer nach dem Muster einer amtlichen Druckvorlage durch Druck oder Ablichtung selbst hergestellt hat, ist unter Beachtung der Grundsätze für die Verwendung von Steuererklärungsvordrucken ( O 2250, S 0082, BStBl 1999 I S. 1049) zulässig. Die Abgabe von Steuererklärungen auf maschinell verwertbaren Datenträgern ist nicht möglich. Die elektronische Übermittlung von Steuererklärungsdaten ist möglich; hierdurch wird aber nicht die Abgabe der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ersetzt ( O 2250, , BStBl 1999 I S. 1051). Nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung (StDÜV) v. (BStBl 2003 I S. 162) i. d. F. der ÄnderungsVO v. (BGBl 2006 I S. 3380) können u. a. Steuererklärungen elektronisch übermittelt werden (vgl. erläuternd , BStBl 2007 I S. 95). Eine aktuelle Übersicht der eröffneten Zugänge ist im Internet unter http://www.eSteuer.de veröffentlicht.

Der Unternehmer hat in der Erklärung die zu entrichtende Umsatzsteuer oder den Überschuss zu seinen Gunsten nach § 16 Abs. 1–4 UStG und nach § 17 UStG selbst zu berechnen (Steueranmeldung i. S. des § 150 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Steueranmeldung für das Kalenderjahr ist i. d. R. bis zum 31. 5. des Folgejahrs abzugeben (§ 149 Abs. 2 AO). Bei durch steuerliche Berater vertretenen Steuerpflichtigen wird die Frist regelmäßig generell (ab Kalenderjahr 2005) bis zum 31.12. verlängert (vgl. die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen für Steuererklärungen des Kalenderjahrs 2006, BStBl 2007 I S. 89, und des Kalenderjahrs 2007, BStBl 2008 I S. 266). In den Fällen verkürzter Besteuerungszeiträume gem. § 16 Abs. 3 und 4 UStG muss sie binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums dem Finanzamt vorliegen (§ 18 Abs. 3 Satz 2 UStG). Hiervon ausgenommen sind Unternehmer, die ihre gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe des Kalenderjahrs beginnen. Ihnen wird die Abgabefrist abweichend von § 18 Abs. 3 Satz 2 UStG allgemein bis zum 31. 5. des folgenden Kalenderjahrs verlängert (Abschn. 225 Abs. 3 UStR).

Steuererklärungen haben auch die Unternehmer (Kleinunternehmer, voll steuerbefreite Unternehmer, pauschalierende Land- und Forstwirte) und nichtunternehmerische juristische Personen abzugeben, die ausschließlich Umsatzsteuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG bzw. als die Umsatzsteuer schuldende Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 oder § 25b Abs. 2 UStG zu entrichten haben (§ 18 Abs. 4a Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt für die Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG) sowie für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder § 14c Abs. 2 UStG schulden (§ 18 Abs. 4b UStG). Zur Abgabe von Steuererklärungen im Rahmen der Fiskalvertretung vgl. Tz. 294. Unternehmer, die auch Umsätze ausführen, für die der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 und 2 UStG ist, müssen diese Umsätze in der Umsatzsteuererklärung erklären (vgl. , BStBl 2004 I S. 1129).

In die Steueranmeldung sind sämtliche steuerbaren Umsätze aufzunehmen, die der Unternehmer im Besteuerungszeitraum in allen seinen Unternehmensteilen getätigt hat bzw. für die er die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger schuldet (Tz. 252). Im Fall der Istversteuerung (§ 20 Abs. 1 UStG) und der Istversteuerung von Anzahlungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG) treten an die Stelle der ausgeführten Umsätze die vereinnahmten Entgelte oder Teilentgelte.

Der Unternehmer hat die Steueranmeldung eigenhändig zu unterschreiben (§ 18 Abs. 3 Satz 3 UStG). Eine eigenhändige Unterschrift liegt nicht vor, wenn der Unternehmer auf einem Unterschriftsstreifen unterschreibt (Blankounterschrift), den der steuerliche Berater nach Erstellung der Steueranmeldung auf den amtlichen Vordruck klebt (, BStBl 1984 II S. 13). Eine Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten ist nur zulässig, wenn der Unternehmer infolge körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist (§ 150 Abs. 3 AO). Vgl. zur Bevollmächtigung auch NWB YAAAA-80851. Eine Steueranmeldung ohne die gesetzlich vorgeschriebene Unterschrift ist zwar unwirksam. Dieser Mangel ist aber unbeachtlich, wenn auf eine solche Steueranmeldung ein wirksamer Steuerbescheid ergeht (, BStBl 2002 II S. 642). Das Urteil betrifft insoweit nur die Frage, ob der Mangel der fehlenden Unterschrift in der Steueranmeldung zur Unwirksamkeit der Steuerfestsetzung führt. Trotz der Steuerfestsetzung bleibt das Recht des Finanzamt bestehen, zur Abgabe einer unterschriebenen Steueranmeldung aufzufordern und diese Aufforderung ggf. nach den §§ 328 ff. AO zu erzwingen bzw. wegen der Nichterfüllung der Erklärungspflicht einen Verspätungzuschlag nach § 152 AO festzusetzen (Anmerkung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bei der Veröffentlichung des Urteils im BStBl).

Hat der Unternehmer die zu entrichtende Umsatzsteuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung abweichend von der Summe der Vorauszahlungen für das Kalenderjahr berechnet, ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamt einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig (§ 18 Abs. 4 Satz 1 UStG). Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen bleibt unberührt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG). Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Unternehmers wird an ihn zurückgezahlt oder verrechnet.

b) Jahressteuerfestsetzung

Die Jahreserklärung ist wie die Voranmeldung eine Steueranmeldung i. S. des § 150 Abs. 1 Satz 2 AO, so dass die in Tz. 257 dargestellten Grundsätze entsprechend gelten. Weicht das Finanzamt von der angemeldeten Jahressteuer nicht ab, ist eine Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid nicht erforderlich (§ 167 AO). Der Eingang der Steueranmeldung mit einer Zahllast hat dann die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 168 Satz 1 AO). Eine Steueranmeldung mit einem Vorsteuerüberhang oder eine berichtigte Steueranmeldung mit einem Mindersoll gegenüber der bisher angemeldeten Umsatzsteuer wirkt erst nach Zustimmung durch das Finanzamt als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 Satz 2 AO). Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann das Finanzamt jederzeit die Steuerfestsetzung ändern oder mehrmals ändern und der Unternehmer die Änderung der Vorbehaltsfestsetzung – dem Umfang nach uneingeschränkt – beantragen oder mehrmals beantragen. Weicht das Finanzamt von der Steueranmeldung ab, muss es eine förmliche Steuerfestsetzung mit schriftlichem Steuerbescheid durchführen, die nicht kraft Gesetzes unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (§ 164 Abs. 1 Satz 2 AO). In diesem Fall muss der Vorbehalt der Nachprüfung besonders angeordnet und im Bescheid vermerkt werden.

Das Finanzamt hat eine förmliche Steuerfestsetzung mit schriftlichem Steuerbescheid insbesondere durchzuführen, wenn es

  • vor der Steuerfestsetzung die erstmalige Steueranmeldung an Amtsstelle oder im Betrieb des Unternehmers abschließend überprüft (Steuerfestsetzung darf nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen);

  • von der erstmalig angemeldeten Umsatzsteuer abweicht (abweichende Steuerfestsetzung kann unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vorgenommen werden);

  • keine Zustimmung zur erstmaligen oder berichtigten Steueranmeldung mit einem Vorsteuerüberhang erteilt (abweichende Steuerfestsetzung kann unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig ergehen);

  • eine erstmalige oder geänderte Vorbehaltsfestsetzung aufgrund einer Außenprüfung berichtigt (berichtigte Umsatzsteuer darf nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden).

Eine anderweitige Steuerfestsetzung mit Steuerbescheid ist nicht durchzuführen, wenn die Abweichung 10 € nicht übersteigt (KleinbetragsVO v. , BGBl 2000 I S. 1790).

Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Umsatzsteuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für das Kalenderjahr fest, ist der Unterschiedsbetrag (Abschlusszahlung) zugunsten des Finanzamt einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig (§ 18 Abs. 4 Satz 2 UStG). Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen bleibt unberührt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG). Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Unternehmers wird an ihn zurückgezahlt oder verrechnet.

Der Steuerpflichtige kann sowohl gegen die förmliche Steuerfestsetzung durch das Finanzamt als auch gegen die von ihm abgegebene Jahressteueranmeldung, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, nach § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO Einspruch einlegen. Die Einspruchsfrist von einem Monat gem. § 355 Abs. 1 AO ist gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. , BStBl 2007 II S. 436). Geht in einem Schätzungsfall nach Erlass des Steuerbescheids beim Finanzamt innerhalb der Einspruchsfrist die Steuererklärung ohne weitere Erklärung ein, ist dies im Zweifel als Einlegung eines Einspruchs gegen den Schätzungsbescheid – und nicht als bloßer Antrag auf schlichte Änderung des Steuerbescheids – zu werten (, BStBl 2003 II S. 505). Die Zustimmung zu einer Steueranmeldung, die keiner bestimmten Form bedarf, ist ein Verwaltungsakt. Wird die nach § 168 AO i. V. mit § 18 Abs. 3 UStG erforderliche Zustimmung zu einer Jahressteueranmeldung schriftlich und ohne Rechtsbehelfsbelehrung erteilt, ist der Einspruch nach § 356 Abs. 2 AO binnen eines Jahrs seit Bekanntgabe der Zustimmung zulässig (, BStBl 2003 II S. 904).

Tz. 260 Verfahren bei der Beförderungseinzelbesteuerung

Bei Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind, wird die Umsatzsteuer für jede einzelne steuerpflichtige Beförderungsdienstleistung durch die zuständige Zolldienststelle (§ 16 Abs. 5 UStG; Tz. 253) auf der Grundlage eines Durchschnittsbeförderungsentgelts (Tz. 199) berechnet und festgesetzt, wenn bei der Ein- oder Ausreise eine Grenze zum Drittlandsgebiet überschritten wird (§ 18 Abs. 5 Nr. 1 UStG). Wird geltend gemacht, die Voraussetzungen für die Beförderungseinzelbesteuerung seien nicht gegeben, muss dies vom Steuerpflichtigen in eindeutiger und leicht nachprüfbarer Form gegenüber der Zolldienststelle nachgewiesen werden. Andernfalls wird die Umsatzsteuer von der Zolldienststelle durch Steuerbescheid festgesetzt.

Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben. Im Fall der Einreise über eine Drittlandsgrenze setzt die für die Einreise zuständige Zolldienststelle für das zuständige Finanzamt nach Prüfung der Angaben die Umsatzsteuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest. Der Beförderer erhält eine Ausfertigung zurück, die er während der Fahrt mit der Steuerquittung mit sich führen muss (§ 18 Abs. 5 Nr. 2 UStG). Er hat vor der Weiterfahrt die geschuldete Umsatzsteuer zu entrichten. Um Unternehmern, die häufig über dieselbe Eingangszollstelle einreisen, den Grenzaufenthalt zu verkürzen, kann das für diese Zollstelle zuständige Hauptzollamt auf Antrag zulassen, dass die Umsatzsteuer bis zum zehnten Tag des Folgemonats gestundet wird. Dieses Verfahren gilt nicht, wenn der Kraftomnibus über eine Binnengrenze in das Inland gelangt ist und das Inland bei der Ausreise über eine Drittlandsgrenze verlässt. Hier wird nur eine Steuerfestsetzung durch die Ausgangszollstelle durchgeführt.

In den Fällen, in denen der Beförderer nach der Einreise wieder über eine Drittlandsgrenze ausreist, hat er der zuständigen Zolldienststelle bei der Ausreise eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (Tz. 189), von der die Eingangszollstelle bei der Steuerfestsetzung ausgegangen ist, während der Fahrt geändert hat. Die Ausgangszollstelle setzt dann die Umsatzsteuer neu fest. Ein dabei sich ergebender Mehr- oder Minderbetrag ist sofort zu entrichten oder zu erstatten. Die Neufestsetzung der Steuer beim Verlassen des Inlands entfällt jedoch, wenn der Kraftomnibus das Inland über eine Binnengrenze verlässt oder wenn der Unterschiedsbetrag zur erstmaligen Steuerfestsetzung weniger als 2,50 € beträgt (§ 18 Abs. 5 Nr. 3 UStG). In diesem Fall kann die Zolldienststelle auf die Abgabe einer weiteren schriftlichen Steuererklärung verzichten. Eine eventuelle Steuererstattung ist von der Dienststelle auf der ursprünglichen Steuererklärung zu vermerken.

Gegen die Steuerfestsetzung durch die Zolldienststelle ist der Einspruch gegeben (§ 347 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Die Zolldienststelle kann ihm abhelfen oder ihn andernfalls an das örtlich zuständige Finanzamt zur Entscheidung vorlegen. Der Einspruch kann auch beim Finanzamt unmittelbar eingelegt werden. Gibt eine Zolldienststelle einen Einspruch zur Entscheidung an das örtlich zuständige Finanzamt ab, bleibt das Finanzamt bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens einschließlich der Abwicklung von Umsatzsteuererstattungen und Umsatzsteuernacherhebungen zuständig. Diese Verfahrensweise ist auch bei Einsprüchen anzuwenden, die unmittelbar beim zuständigen Finanzamt eingelegt werden.

Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind dazu im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen berechtigt, die nach der äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die für die Umsatzbesteuerung tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzuhalten. Diese Daten werden an die zuständigen Finanzbehörden weitergeleitet (§ 18 Abs. 11 UStG). Für die Übermittlung der durch die Mobilen Kontrollgruppen festgestellten Daten ist das Vordruckmuster 2604 zu verwenden ( NWB LAAAB-52368).

Nach Ablauf des Besteuerungszeitraums, in dem die im Rahmen der Beförderungseinzelbesteuerung festgesetzte Umsatzsteuer entstanden ist, kann der Unternehmer bei dem zuständigen Finanzamt eine Neuberechnung der Umsatzsteuer im allgemeinen Besteuerungsverfahren beantragen (§ 16 Abs. 5b UStG). Auf die sich danach ergebende Umsatzsteuer wird die bei den Zolldienststellen im Rahmen der Beförderungseinzelbesteuerung gezahlte Umsatzsteuer angerechnet, soweit sie auf dieselbe Beförderungsleistung entfällt (§ 18 Abs. 5b UStG). Die bereits gezahlte Umsatzsteuer ist durch Vorlage aller im Rahmen der Beförderungseinzelbesteuerung ergangenen Steuerbescheide nachzuweisen. Vorsteuerbeträge, die bereits im Vorsteuer-Vergütungsverfahren vergütet wurden, sind nicht mehr zu berücksichtigen. Die abziehbaren Vorsteuerbeträge sind durch Vorlage der Rechnungen und Einfuhrbelege im Original nachzuweisen (§ 62 UStDV).

Nach § 18 Abs. 12 UStG haben im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Abs. 4 UStG), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs.1 Satz 2 UStG) bei dem für die Umsatzbesteuerung nach § 21 AO zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5 UStG) unterliegen oder der Leistungsempfänger für derartige Umsätze die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 Satz 1 oder 3 UStG nicht schuldet (vgl. auch , BStBl 2004 I S. 622). Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat (§ 13b Abs. 4 Satz 1 UStG). Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird (§ 13b Abs. 4 Satz 2 UStG). Grenzüberschreitende Personenbeförderungen umfassen den Linienverkehr und den Gelegenheitsverkehr. Erstreckt sich eine Personenbeförderung sowohl auf das Inland als auch auf andere Gebiete, unterliegt nur der Teil der Beförderungsleistung der Umsatzsteuer, der auf die im Inland zurückgelegte Strecke entfällt (§ 3b Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Anzeige über die erstmalige Ausführung grenzüberschreitender Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen ist zwar an keine Form gebunden. Für die Anzeige über die Ausführung derartiger Umsätze sollte der Unternehmer aber das Vordruckmuster Umsatzsteuer 1 TU „Anzeige über grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit Kraftomnibussen (§ 18 Abs. 12 Satz 1 UStG)” verwenden. Das (BStBl 2004 I S. 622) enthält ein entsprechendes Vordruckmuster. Wird das Vordruckmuster Umsatzsteuer 1 TU nicht verwendet, sind jedoch die mit dem Vordruckmuster Umsatzsteuer 1 TU verlangten Angaben zu machen. Aus Vereinfachungsgründen muss ein im Ausland ansässiger Unternehmer seiner Anzeigepflicht nicht nachkommen, wenn er bereits vor dem bei einem inländischen Finanzamt umsatzsteuerlich erfasst ist. Das Finanzamt erteilt über die umsatzsteuerliche Erfassung des im Ausland ansässigen Unternehmers für jeden nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibus, der für derartige grenzüberschreitende Personenbeförderungen eingesetzt werden soll, eine gesonderte Bescheinigung, die während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen ist. Für die Bescheinigung gilt das Vordruckmuster Umsatzsteuer 1 TV „Bescheinigung über die umsatzsteuerliche Erfassung (§ 18 Abs. 12 Satz 2 UStG)” (s. hierzu , BStBl 2004 I S. 622). Die Gültigkeit der Bescheinigung sollte nicht länger als ein Jahr betragen. Unternehmern, die ihrer Anzeigepflicht nicht nachkommen müssen, weil sie bereits vor dem 1. 1. 2005 bei einem inländischen Finanzamt umsatzsteuerlich erfasst sind, erteilt das Finanzamt unaufgefordert eine Bescheinigung nach § 18 Abs. 12 Satz 2 UStG. Die Nichtvorlage der Bescheinigung ist als Ordnungswidrigkeit geregelt (vgl. Tz. 324). Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Umsatzsteuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist im Rahmen der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) auf die zu entrichtende Umsatzsteuer anzurechnen. Für die Anordnung der Sicherheitsleistung wird von den Mobilen Kontrollgruppen das Vordruckmuster 2605 verwendet ( NWB LAAAB-52368). Zur Anrechnung der Sicherheitsleistung im Rahmen der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr wird dem betroffenen Unternehmer eine Ausfertigung des Vordrucks 2605 sowie eine Quittung über die Entrichtung der Sicherheitsleistung ausgehändigt. Für Unternehmer, die Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland haben, ergeben sich die nach § 21 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. mit der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung zentralen Zuständigkeiten. Dem (BStBl 2004 I S. 622) ist eine entsprechende Liste beigefügt.

Tz. 261 Verfahren bei der Fahrzeugeinzelbesteuerung

§ 18 Abs. 5a und 10 UStG

a) Besteuerungsverfahren

In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5a UStG; Tz. 254) hat der Erwerber nach § 18 Abs. 5a UStG eine eigenhändig unterschriebene Steuererklärung (Steueranmeldung i. S. des § 150 Abs. 1 Satz 2 AO, so dass die in Tz. 257 dargestellten Grundsätze entsprechend gelten) nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck Umsatzsteuer 1 B (zum zu verwendenden Muster vgl. BStBl 2006 I S. 616) abzugeben. Eine Steueranmeldung ohne die gesetzlich vorgeschriebene Unterschrift ist zwar unwirksam. Dieser Mangel ist aber unbeachtlich, wenn auf eine solche Steueranmeldung ein wirksamer Steuerbescheid ergeht (, BStBl 2002 II S. 642). Vgl. hierzu auch Tz. 259, a. Für jedes erworbene neue Fahrzeug ist jeweils eine Umsatzsteuererklärung abzugeben. Der Steuererklärung ist die vom Lieferer ausgestellte Rechnung beizufügen. Abgabetermin ist spätestens der zehnte Tag nach Ablauf des Tags, an dem die Steuer entstanden ist, d. h. die Erklärung ist bis spätestens zehn Tage nach dem Erwerb abzugeben. Zuständiges Finanzamt ist das auch für die Einkommensbesteuerung zuständige Finanzamt (§ 21 Abs. 2 AO). Die Umsatzsteuer ist ebenfalls zehn Tage nach dem Erwerb fällig. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, kann das Finanzamt die Steuer – gegebenenfalls im Schätzungswege – selbst festsetzen. Der Schätzung sind die Mitteilungen zugrunde zu legen, die dem Finanzamt von den für die Zulassung oder Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden (§ 18 Abs. 10 Nr. 1 UStG) oder dem für die Besteuerung des Fahrzeuglieferers zuständigen EG-Mitgliedstaat zur Verfügung gestellt werden. In diesen Fällen (und in den Fällen, in denen der Erwerber neuer Fahrzeuge die Umsatzsteuer in der Erklärung nicht richtig berechnet hat) erfolgt die Festsetzung der Umsatzsteuer nach dem Vordruckmuster Umsatzsteuer 1 C/D ( NWB XAAAA-96127). Die Abgabe der Steuererklärung kann das Finanzamt mit Zwangsmitteln durchsetzen (§§ 328 ff. AO). Vgl. zum Besteuerungsverfahren bei der Fahrzeugeinzelbesteuerung auch , UR 2003 S. 510.

b) Kontrollverfahren

Zur Sicherung des Steueranspruchs bei der Fahrzeugeinzelbesteuerung neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge sind die für die Zulassung oder die Registrierung dieser Fahrzeuge zuständigen Behörden verpflichtet, dem für die Fahrzeugeinzelbesteuerung zuständigen Finanzamt die erstmalige Ausgabe von Fahrzeugbriefen (Zulassungsbescheinigungen Teil 2) oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens in Bezug auf neue motorbetriebene Landfahrzeuge bzw. die erstmalige Registrierung (Eintragung in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen) in Bezug auf neue Luftfahrzeuge ohne Ersuchen mitzuteilen (§ 18 Abs. 10 Nr. 1 UStG).

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer motorbetriebener Landfahrzeuge hat die Zulassungsbehörde das für den Erwerb örtlich zuständige Finanzamt über den Erwerbstatbestand zu informieren. Dazu muss der Erwerber bei der erstmaligen Ausgabe von Fahrzeugbriefen (Zulassungsbescheinigungen Teil 2) oder der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen der Finanzbehörde detaillierte Angaben über das Fahrzeug machen (§ 18 Abs. 10 Nr. 2 Buchst. a UStG). Die Zulassungsbehörde darf den Fahrzeugbrief (die Zulassungsbescheinigung Teil 2) oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen den Nachweis über die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens erst aushändigen, wenn der Antragsteller diese Angaben gemacht hat. Sie bedient sich dazu eines besonderen Vordrucks, den sie anschließend an das örtlich zuständige Finanzamt weiterleitet.

Ein ähnliches Kontrollverfahren gilt in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge. Hier hat der Antragsteller bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle Einzelangaben zum Luftfahrzeug zu machen, die das Luftfahrt-Bundesamt an das örtlich zuständige Finanzamt weiterleitet (§ 18 Abs. 10 Nr. 3 Buchst. a UStG). Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die geforderten Angaben gemacht hat.

Bei Nichtzahlung der Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb kann das Finanzamt bei der Kraftfahrzeug-Zulassungsbehörde die Einziehung des Fahrzeugscheins (der Zulassungsbescheinigung Teil 1 oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen des Nachweises über die Zuteilung des amtlichen Kennzeichens und die Entstemplung des amtlichen Kennzeichens (§ 18 Abs. 10 Nr. 2 Buchst. b UStG) oder beim Luftfahrt-Bundesamt den Widerruf der Betriebserlaubnis (§ 18 Abs. 10 Nr. 3 Buchst. b UStG) beantragen. Das Finanzamt kann die Abmeldung neuer motorbetriebener Landfahrzeuge auch von Amts wegen selbst vornehmen. Für die Durchführung der Abmeldung gilt jeweils das VwVfG (bei Streitigkeiten der Verwaltungsrechtsweg).



Vgl. zum Kontrollverfahren bei der Fahrzeugeinzelbesteuerung auch , UR 2003 S. 510.

Tz. 262 Verzicht auf die Steuererhebung im Börsenhandel mit Edelmetallen

§ 18 Abs. 7 UStG; § 49 UStDV

Im Voranmeldungs- und Jahressteuerfestsetzungsverfahren wird auf die Erhebung der Umsatzsteuer für die Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie für die sonstigen Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen verzichtet, wenn folgende Voraussetzungen zusammen vorliegen:

  • die Umsätze müssen zwischen Unternehmern ausgeführt werden, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind;

  • die Edelmetalle müssen zum Handel an einer Wertpapierbörse im Inland zugelassen sein;

  • der Unternehmer darf keine Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt haben.

Unter die Vorschrift fallen nicht Lieferungen und sonstige Leistungen mit Münzen oder Medaillen aus Edelmetallen.

Tz. 263 Besteuerung der Umsätze des im Ausland ansässigen Unternehmers nach den §§ 13b, 16, 18 UStG

Voranmeldungen (§ 18 Abs. 1 und 2 UStG) und eine Steuererklärung für das Kalenderjahr (§ 18 Abs. 3 und 4 UStG) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen des öffentlichen Rechts abzugeben, soweit sie als Leistungsempfänger ausschließlich eine Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 UStG zu entrichten haben. Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Umsatzsteuer für die Umsätze i. S. des § 13b Abs. 1 UStG zu erklären ist (§ 18 Abs. 4a UStG). Die Anwendung des § 18 Abs. 2a UStG ist ausgeschlossen. Vgl. im Übrigen Tz. 257 und 259.

Hat der im Ausland ansässige Unternehmer im Besteuerungszeitraum oder Voranmeldungszeitraum nur Umsätze ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet (§ 13b Abs. 2 UStG), sind von ihm nur dann Steueranmeldungen abzugeben, wenn

  • er selbst als Leistungsempfänger eine Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet,

  • er eine Umsatzsteuer nach § 14c UStG schuldet oder

  • ihn das Finanzamt hierzu besonders auffordert (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO).

Hat der im Ausland ansässige Unternehmer auch steuerpflichtige Umsätze ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 UStG nicht schuldet (z. B. steuerpflichtige Lieferungen, die keine Werklieferungen sind, oder steuerpflichtige Werklieferungen und steuerpflichtige sonstige Leistungen an Personen, die weder Unternehmer noch juristische Personen des öffentlichen Rechts sind), ist der ausländische Unternehmer zur Abgabe von Steueranmeldungen verpflichtet. Dies gilt allerdings nicht, soweit diese Umsätze – nach Ausübung des Wahlrechts durch den Steuerpflichtigen – dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG in Deutschland oder einem vergleichbaren Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat unterliegen (§ 18 Abs. 4c und 4d UStG; vgl. Tz. 258).

Das Finanzamt hat den Unternehmer insbesondere in den Fällen zur Abgabe von Steueranmeldungen aufzufordern, in denen es zweifelhaft ist, ob er tatsächlich nur Umsätze ausgeführt hat, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. Eine Besteuerung des Unternehmers nach § 16 und § 18 Abs. 1–4 UStG ist jedoch nur dann durchzuführen, wenn der im Ausland ansässige Unternehmer im Inland steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat, für die der Leistungsempfänger die Steuer nicht schuldet bzw. das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG in Deutschland oder ein vergleichbares Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung findet.

Bei der Besteuerung des im Ausland ansässigen Unternehmers nach § 16 und § 18 Abs. 1–4 UStG sind die Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet, nicht zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für die Umsätze, die – nach Ausübung des Wahlrechts durch den Steuerpflichtigen – dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG in Deutschland oder einem vergleichbaren Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat unterliegen. Ferner bleiben die Vorsteuerbeträge unberücksichtigt, die im Vorsteuer-Vergütungsverfahren (s. unten Tz. 264) vergütet wurden. Die danach verbleibenden Vorsteuerbeträge sind ggf. durch Vorlage der Rechnungen und Einfuhrbelege nachzuweisen. Abschn. 202 Abs. 1 UStR (vgl. Tz. 240) gilt sinngemäß. Das Finanzamt hat die vorgelegten Rechnungen und Einfuhrbelege durch Stempelaufdruck oder in anderer Weise zu entwerten und dem Unternehmer zurückzusenden.

Hat der im Ausland ansässige Unternehmer im Besteuerungszeitraum oder im Voranmeldungszeitraum nur Umsätze ausgeführt, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet, oder nur Umsätze, die – nach Ausübung des Wahlrechts durch den Steuerpflichtigen – dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG in Deutschland oder einem vergleichbaren Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat unterliegen, und kommt deshalb das allgemeine Besteuerungsverfahren nach § 16 und § 18 Abs. 1–4 UStG nicht zur Anwendung, können die nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge unter den weiteren Voraussetzungen nur im Vorsteuer-Vergütungsverfahren vergütet werden (§ 18 Abs. 9 UStG; vgl. Tz. 264).

Tz. 264 Vorsteuer-Vergütungsverfahren

§ 18 Abs. 9 UStG; §§ 5962 UStDV

Einem im Ausland ansässigen Unternehmer (§ 13b Abs. 4 UStG; vgl. Tz. 212 sowie 264, b und f) können in bestimmten Fällen die im Inland angefallenen und nach Maßgabe des § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge außerhalb des normalen Besteuerungsverfahrens (§§ 16, 18 Abs. 1–4 UStG) in einem besonderen Verfahren (Vorsteuer-Vergütungsverfahren) auf Antrag erstattet werden (§ 18 Abs. 9 Satz 1 UStG). Durch die Begründung einer Betriebsstätte im Inland (ausgenommen eine Zweigniederlassung) wird der Unternehmer nicht zu einem im Inland ansässigen Unternehmer. Unternehmer, die im Inland ein Grundstück besitzen (Eigentum nicht erforderlich!) und steuerpflichtig oder steuerfrei vermieten, sind hingegen als im Inland ansässig zu behandeln, so dass diese Unternehmer dem allgemeinen Besteuerungsverfahren unterliegen.

Aus dem Verweis in § 18 Abs. 9 UStG auf § 15 UStG folgt, dass sich der Erstattungsanspruch für im Ausland ansässige Unternehmer im Vorsteuer-Vergütungsverfahren ausschließlich nach den Verhältnissen im Erstattungsstaat bestimmt, die gelten würden, wenn der Antragsteller seine Umsätze im Inland bewirkt hätte. Auf die Verhältnisse im Sitzstaat kommt es nicht an. Diese Regelung entspricht aber nicht den Grundsätzen, die der EuGH in seinem Urteil v. - Rs. C-136/99, Société Monte Dei Paschi Di Siena (UR 2000 S. 390) aufgestellt hat. Danach haben Unternehmer, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem nur ein Teil ihrer Umsätze steuerpflichtig ist, nach Art. 2 und 5 der 8. RL 79/1072/EWG zwar einen Anspruch auf einen Teil der Vorsteuer in einem anderen Mitgliedstaat für dort bezogene Eingangsleistungen im Zusammenhang mit den im Sitzstaat erzielten Ausgangsumsätzen. Der Vorsteueranspruch ist in der Weise zu berechnen, dass zunächst die Umsätze ermittelt werden, die im Sitzstaat zum Vorsteuerabzug berechtigen. Von diesen werden nur diejenigen Umsätze, die auch im Erstattungsstaat zum Vorsteuerabzug berechtigen würden, wenn sie dort bewirkt worden wären, sowie die im Erstattungsstaat zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgaben berücksichtigt. Der Vorsteueranspruch ist nach Ansicht des EuGH also in einem dreistufigen Verfahren zu ermitteln:

  • Ermittlung des Höchstbetrags des Anspruchs im Sitzstaat aufgrund des dort geltenden Pro-Rata-Satzes;

  • Korrektur des Pro-Rata-Satzes, wenn im Erstattungsstaat die im Sitzstaat bewirkten steuerpflichtigen Umsätze nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (korrigierter Pro-Rata-Satz stellt neues Höchstmaß dar);

  • Ausschluss nicht erstattungsfähiger Vorsteuerbeträge auf der Grundlage des Rechts im Erstattungsstaat.

Danach sind Art. 17 der 6. EG-RL (= Art. 167 f. MwStSystRL) und Art. 5 der 8. RL kumulativ nebeneinander anzuwenden und nicht so zu verstehen, dass die letztgenannte Vorschrift nur besagt, welches Recht (Sitzstaat oder Erstattungsstaat) für den Vorsteuerabzug maßgebend ist. Die Verwaltung hat aus diesem Urteil keine Konsequenzen gezogen. Die deutsche Rechtspraxis stellt allein auf die Verhältnisse im Erstattungsstaat ab und führt im Vergleich zur EuGH-Rechtsprechung für den ausländischen Unternehmer zu günstigeren Ergebnissen, da die Beschränkung auf das Höchstmaß der Erstattung nach dem Recht des Sitzstaats keine Rolle spielt. Zu den sich aus der EuGH-Rechtsprechung ergebenden Problemen vgl. Vellen, UStB 2000 S. 232.

Vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren ausgeschlossen sind Umsatzsteuerbeträge, die dem Leistungsempfänger irrtümlich (z. B. aufgrund einer falschen Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts) in Rechnung gestellt wurden und vom leistenden Unternehmer an den entsprechenden Mitgliedstaat abgeführt wurden. Abgesehen von den ausdrücklich geregelten Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist nur der leistende Unternehmer gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat als Schuldner der Umsatzsteuer anzusehen. Die Grundsätze der Neutralität, der Effektivität und der Nichtdiskriminierung stehen nationalen Regelungen wie denen im Ausgangsfall, nach denen nur der Leistungserbringer einen Anspruch auf Erstattung von zu Unrecht als Umsatzsteuer gezahlten Beträgen gegen die Steuerbehörden hat und der Leistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Leistung gegen diesen Leistungserbringer erheben kann, nicht entgegen. Für den Fall, dass die Erstattung der Umsatzsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, müssen die Mitgliedstaaten jedoch, damit der Grundsatz der Effektivität gewahrt wird, die erforderlichen Mittel vorsehen, die es dem Leistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer vergütet zu bekommen. Die nationalen Regelungen im Bereich der direkten Steuern sind ohne Bedeutung (, Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH, UR 2007 S. 343 und 430). Vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren ausgeschlossen ist auch die Vergütung von Vorsteuerbeträgen, für die der die Vergütung beantragende Unternehmer zwar auf ihn lautende Rechnungen vorlegt, diesen Rechnungen aber tatsächlich keine Lieferungen oder sonstige Leistungen an ihn, sondern an einen Anderen zugrunde liegen (vgl. für die Lieferbeziehungen bei Betankung von Leasingfahrzeugen durch den Leasingnehmer auf Rechnung des Leasingebers , Auto Lease Holland, BStBl 2004 II S. 573, und , BStBl 2004 II S. 571). Im Zuge der Umsetzung dieser Rechtsprechung wird es für Kraftstofflieferungen im Kraftfahrzeug-Leasingbereich, die vor dem erbracht werden, im Rahmen einer Übergangsregelung nicht beanstandet, wenn ein Finanzierungsgeschäft zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer mit Kraftstofflieferungen von der Mineralölgesellschaft an den Leasingnehmer wie Liefergeschäfte zwischen Mineralölgesellschaft, Leasinggeber und Leasingnehmer behandelt wird. Insoweit kommen § 14 Abs. 3 UStG (bis ) und § 14c Abs. 2 UStG nicht zur Anwendung. Der Vorsteuerabzug des Leasinggebers bzw. des Leasingnehmers aus den Rechnungen über die Lieferung des Kraftstoffs wird bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 15 UStG ebenfalls nicht beanstandet (, BStBl 2004 I S. 605). Dies muss auch im Vorsteuer-Vergütungsverfahren gelten. Die Grundsätze dieses Schreibens sind auch außerhalb des Kraftfahrzeugleasingbereichs in vergleichbaren Fällen anzuwenden (vgl. NWB TAAAD-08106).

Der Umstand, dass im Inland nicht ansässige Personen aus praktischen Erwägungen in einem anderen Verfahren besteuert werden als hier ansässige Personen, ist keine unzulässige Diskriminierung i. S. des Art. 24 OECD-MA 1992, Art. 24 Abs. 1 DBA-USA (, BStBl 2005 II S. 585).

Zum derzeitigen Stand ausgewählter Fragestellungen in der Rechtsprechung und in Verwaltungsanweisungen zum Vorsteuer-Vergütungsverfahren vgl. von Streit, UStB 2009 S. 64 und 94.

a) Erstattungsfähige Vorsteuerbeträge

Die Anwendung des Vergütungsverfahrens setzt nach § 59 UStDV voraus, dass der Unternehmer im Inland im Vergütungszeitraum entweder

  • keine Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStG oder nur steuerfreie Umsätze i. S. des § 4 Nr. 3 UStG (steuerfreie grenzüberschreitende Güterbeförderungen oder steuerfreie andere sonstige Leistungen, die sich auf Gegenstände der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr beziehen) ausgeführt hat (zu den Folgen, wenn es durch die nachträgliche Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch den ausländischen Unternehmer zur Nichtsteuerbarkeit oder Steuerfreiheit der Leistung bzw. durch nachträgliche Beschaffung der notwendigen Belege zur Steuerfreiheit der Leistung und jeweils zur Rechnungsberichtigung durch den inländischen Leistungserbringer kommt, vgl. NWB QAAAA-77508) oder

  • nur solche Umsätze ausgeführt hat, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet oder die der Beförderungseinzelbesteuerung unterlegen haben (vgl. zu § 13b UStG und dem Vorsteuer-Vergütungsverfahren auch von Streit, IStR 2002 S. 700), oder

  • im Inland nur innergemeinschaftliche Erwerbe und daran anschließende Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG ausgeführt hat, oder

  • im Inland als Steuerschuldner nur Umsätze i. S. des § 3a Abs. 3a UStG erbracht hat und von dem Wahlrecht nach § 18 Abs. 4c UStG Gebrauch gemacht hat oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Umsatzsteuer entrichtet hat. Vgl. hierzu Tz. 258.

In diesen Fällen ist die Erstattung abziehbarer Vorsteuerbeträge ausschließlich im Vorsteuer-Vergütungsverfahren durchzuführen. Wenn der Antragsteller im Vergütungsverfahren nicht nachweist, dass er die Voraussetzungen des § 59 UStDV erfüllt, kommt es auf die Frage seiner Ansässigkeit im Ausland (EU-Mitgliedstaat oder Drittland) nicht an ( NWB QAAAA-70574).

b) Einschränkung der Vergütungsberechtigung für Drittlandsunternehmer

Drittlandsunternehmern wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Drittlandsunternehmer seinen Sitz hat, entweder keine Umsatzsteuer oder ähnliche allgemeine Verbrauchsteuer erhoben wird oder im Fall der Erhebung einem deutschen Unternehmer vergütet wird (§ 18 Abs. 9 Satz 6 UStG). Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren wird also in diesen Fällen von dem Vorliegen der Gegenseitigkeit abhängig gemacht. Das BMF hat Listen veröffentlicht, aus denen sich in Bezug auf Drittländer das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Gegenseitigkeit ergibt (, www.bundesfinanzministerium.de). § 18 Abs. 6 UStG verstößt weder gegen das GG noch das DBA-Brasilien (, BStBl 2003 II S. 782). Die Begriffe „ansässig” bzw. „Sitz” i. S. des § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG sind nicht anhand der Sitz-Regelung in § 11 AO auszulegen, nach der z. B. eine Körperschaft den Sitz an dem Ort hat, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt ist. Die Begriffe sind solche des Gemeinschaftsrechts; ihre Auslegung ist am Gemeinschaftsrecht auszurichten. Nach der für die Vorsteuervergütung an nicht in der EU ansässige Unternehmer zugrunde liegenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift in Art. 1 der 13. RL gilt als nicht in der EU ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige (Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-RL = Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL), der in diesem Gebiet „weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch – in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung – seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt hat”. Der Rechtsprechung zur für die Ansässigkeit bedeutsamen Voraussetzung der „festen Niederlassung” ist zu entnehmen, dass diese einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur besitzen muss, die eine Erbringung von Umsätzen ermöglicht (vgl. , BStBl 2003 II S. 819, und v. - V R 95/01 NWB TAAAB-17839). Auch eine Auslegung des Begriffs „Ansässigkeit” anhand der nationalen Regelung des § 10 AO über die Geschäftsleitung kommt aus diesem Grund nicht in Betracht (vgl. NWB DAAAB-63576). Zum Begriff „Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit” hat der EuGH nunmehr für ein Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft entschieden, dass der Sitz von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird, insbesondere aber vom statutarischen Sitz. Weiter spielten eine Rolle der Ort der zentralen Verwaltung, der Ort, an dem die Führungskräfte der Gesellschaft zusammentreffen, und der Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik der Gesellschaft bestimmt wird. Andere Kriterien wie der Wohnsitz der Hauptführungskräfte, der Ort, an dem die Gesellschafterversammlung zusammentritt, der Ort, an dem die Verwaltungsunterlagen erstellt und die Bücher geführt werden, oder der Ort, an dem die Finanz- und insbesondere die Bankgeschäfte hauptsächlich wahrgenommen werden, könnten ebenfalls in Betracht gezogen werden. Fiktive Ansiedlungen, wie sie für „Briefkastenfirmen” oder „Strohfirmen” charakteristisch sind, könnten aber nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit angesehen werden (, Planzer Luxemburg Sàrl NWB ZAAAC-53756). Darüber hinaus konkretisiert der EuGH in diesem Urteil auch den Niederlassungsbegriff im Hinblick auf die Tätigkeit von Speditionsunternehmen. Für Speditionsunternehmen soll dieser Begriff zumindest ein Büro verlangen, in dem die Verträge abgefasst und die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung getroffen werden können, und einen Stellplatz für die Transportfahrzeuge. Dagegen soll der Umstand, dass die Transportfahrzeuge im Mitgliedstaat, der die Unternehmerbescheinigung ausgestellt hat, zugelassen sind, nicht auf eine feste Niederlassung in diesem Mitgliedstaat hinweisen. Weiter soll eine feste Einrichtung, die nur dazu verwendet wird, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten vorzunehmen (z. B. Anwerben von Personal oder Ankauf von für die Durchführung der Unternehmertätigkeit erforderlichen Sachmitteln) keine feste Niederlassung sein.

Das FG Köln hatte dem EuGH folgende Frage zur Möglichkeit der Versagung der Vorsteuervergütung für Drittlandsunternehmer bei Nichtvorliegen der Gegenseitigkeit vorgelegt ( NWB YAAAB-67428): Ist Art. 2 Abs. 2 der 13. RL einschränkend dahin gehend auszulegen, dass die dort den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, die Mehrwertsteuererstattung von der Gewährung vergleichbarer Vorteile im Bereich der Umsatzsteuern durch Drittländer abhängig zu machen, sich nicht auf solche Staaten bezieht, die sich als Vertragsparteien des General Agreement on Trade in Services – GATS – (BGBl 1994 II S. 1473, 1643) auf dessen Meistbegünstigungsklausel (Artikel II Abs. 1 GATS) berufen können? Der , ŘLP, IStR 2007 S. 474) hat entschieden, dass der verwendete Begriff „Drittländer” alle Drittländer umfasst und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung die Befugnis und die Verantwortung der Mitgliedstaaten unberührt lässt, ihren Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Verträgen wie dem GATS nachzukommen. Mit anderen Worten: Die 13. RL erlaubt den Mitgliedstaaten die Vorsteuervergütung gegenüber Drittländern von weitergehenden Voraussetzungen als bei EU-Unternehmern oder (im Rahmen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens) Inländern abhängig zu machen, sie verpflichtet die Mitgliedstaaten aber nicht dazu. Es liegt also in der Verantwortung der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob diese Möglichkeit der 13. RL mit anderen völkerrechtlichen Verpflichtungen vereinbar ist. Die entstandene Rechtssituation ist nicht ganz eindeutig, zumal der EuGH in der Vergangenheit den WTO-Abkommen eine direkte Schutzwirkung zugunsten des Steuerpflichtigen abgesprochen hat (vgl. insoweit Korf, IStR 2007 S. 475, der aufgrund der Ausführungen des EuGH im Ergebnis davon ausgeht, dass ein Berufungsrecht des Steuerpflichtigen besteht). Vgl. hierzu auch Billig, UR 2007 S. 685. Das FG Köln hat in seiner Folgeentscheidung festgestellt, dass selbst wenn § 18 Abs. 9 Satz 6 UStG gegen Artikel II Abs. 1 GATS verstieße, dies nicht zur Nichtanwendbarkeit der nationalen Norm führt, denn das GATS sei ein rein völkerrechtliches Abkommen, das nur zwischen den Mitgliedern (= Vertragsstaaten) Rechte und Pflichten begründet (, IStR 2009 S. 106 mit Anm. Korf). Das Gegenseitigkeitserfordernis gilt damit auch für Unternehmer, die in Staaten ansässig sind, die Vertragspartner des GATS sind. Die Meistbegünstigungsklausel des GATS führt nicht zu einer einschränkenden Auslegung des Art. 2 Abs. 2 der 13. RL.

Unternehmer mit Sitz auf den Kanarischen Inseln, in Ceuta und Melilla werden hinsichtlich der Durchführung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens wie Unternehmer mit Sitz in der EG behandelt (Abschn. 240 Abs. 4 Satz 2 UStR). Für sie gilt weder die Voraussetzung der Gegenseitigkeit noch die Einschränkung in § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG (Ausschluss der Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen; vgl. Tz. 264, c) und die erhöhten Mindestbeträge für die Vergütung (vgl. Tz. 264, e).

Bei fehlender Gegenseitigkeit wird das Vorsteuer-Vergütungsverfahren allerdings bei Drittlandsunternehmern nach Abschn. 240 Abs. 4 Satz 4 UStR – unter Beibehaltung des Ausschlusses der Vergütung von Vorsteuerbeträgen, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen (vgl. Tz. 264, c) – durchgeführt, wenn sie

  • nur Umsätze ausführen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet oder die der Beförderungseinzelbesteuerung unterlegen haben, oder

  • im Inland nur innergemeinschaftliche Erwerbe und daran anschließende Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG ausgeführt haben.

Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet als Steuerschuldner ausschließlich sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer erbringen und von dem Wahlrecht der steuerlichen Erfassung in nur einem EU-Mitgliedstaat Gebrauch machen, können Vorsteuerbeträge nur im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens gelten machen (§ 16 Abs. 1a Satz 3, § 18 Abs. 9 Satz 8 UStG i. V. mit § 59 Nr. 4 UStDV, vgl. Tz. 264). § 18 Abs. 9 Satz 8 UStG bestimmt, dass die Vorausetzung der Gegenseitigkeit (§ 18 Abs. 9 Satz 6 UStG) und der Ausschluss der Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen (§ 18 Abs. 9 Satz 7 UStG; vgl. Tz. 264, c), nicht für Drittlandsunternehmer gelten, soweit sie im Besteuerungszeitraum i. S. des § 16 Abs. 1 Satz 2 UStG (Kalenderjahr) als Steuerschuldner ausschließlich elektronische Leistungen nach § 3a Abs. 3a UStG im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Abs. 4c UStG Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben. Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit diesen Umsätzen stehen (d. h. die den Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Eingangsumsätze müssen im Zusammenhang mit den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen – Ausgangsumsätze – stehen). Für Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit anderen Umsätzen (z. B. elektronisch erbrachte sonstige Leistungen durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmer an einen in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmer, der Steuerschuldner ist) gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG unverändert.

c) Vorsteuerbeträge, die vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren ausgeschlossen sind

Vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren sind die Vorsteuerbeträge in einem Vergütungszeitraum ausgeschlossen, die anderen als den in Tz. 264, a bezeichneten Umsätzen zuzurechnen sind. Das sind z. B. Lieferungen im Inland, die keine Werklieferungen sind, oder Werklieferungen und sonstige Leistungen im Inland, die ein im Ausland ansässiger Unternehmer für eine Privatperson ausführt (vgl. Beispiele 1 bis 3 in Abschn. 240 Abs. 1 UStR). Dies gilt u. E. zutreffend auch nach dem . Durch die Streichung des § 59 Abs. 2 UStDV im Rahmen des StÄndG 2001 ergeben sich insoweit keine Auswirkungen.

Nicht vergütet werden Vorsteuerbeträge, die mit Umsätzen im Ausland zusammenhängen, die, wenn sie im Inland ausgeführt würden, den Vorsteuerabzug ausschließen. Vgl. Beispiel in Abschn. 240 Abs. 3 UStR. Die Umsatzsteuer, die einem im Ausland ansässigen Reiseveranstalter für Reisevorleistungen in Rechnung gestellt wird, ist nicht abzugsfähig (§ 25 Abs. 4 UStG) und kann daher auch im Vorsteuer-Vergütungsverfahren nicht erstattet werden.

Bei Drittlandsunternehmern sind auch bei Vorliegen der Gegenseitigkeit Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen, in jedem Fall von der Vergütung ausgeschlossen (§ 18 Abs. 9 Satz 7 UStG). Zu den Ausnahmen vgl. Tz. 264, b.

d) Vergütungszeitraum

Vergütungszeitraum ist nach Wahl des im Ausland ansässigen Unternehmers ein Zeitraum von mindestens drei aufeinander folgenden Kalendermonaten in einem Kalenderjahr bis zu höchstens einem Kalenderjahr (§ 60 UStDV). Es müssen nicht in jedem Kalendermonat Vorsteuerbeträge angefallen sein. Der Vergütungszeitraum kann weniger als drei Monate (z. B. November und Dezember oder nur Dezember) umfassen, wenn es sich dabei um den restlichen Zeitraum des Kalenderjahrs handelt. In den Antrag für den letzten Vergütungszeitraum eines Kalenderjahrs können auch abziehbare Vorsteuerbeträge aufgenommen werden, die in vorangegangene Vergütungszeiträume des betreffenden Kalenderjahrs fallen. Als Vergütungszeiträume kommen nur volle Kalendermonate in Betracht. Eine tageweise Abgrenzung des Vergütungszeitraums ist nicht vorgesehen. Auswirkungen auf den zu wählenden Vergütungszeitraum ergeben sich allerdings dadurch, dass bestimmte Mindestbeträge vorliegen müssen.

e) Mindestbeträge für die Vorsteuervergütung

Der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Unternehmer kann einen Vergütungsantrag erst stellen, wenn der Vergütungsanspruch mindestens 200 € beträgt (§ 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV). Das gilt nicht, wenn der Vergütungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum des Kalenderjahrs ist. Für diese Vergütungszeiträume muss die Vergütung mindestens 25 € betragen (§ 61 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStDV). Für Drittlandsunternehmer gelten erhöhte Beträge. Diese Unternehmer können einen Vergütungsantrag erst stellen, wenn der Vergütungsanspruch mindestens 500 € bzw. wenn der Vergütungszeitraum das Kalenderjahr oder der letzte Zeitraum des Kalenderjahrs ist, mindestens 250 € beträgt (§ 61 Abs. 2 Satz 4 UStDV).

f) Vergütungsverfahren

Der im Ausland ansässige Unternehmer hat die Vergütung von abziehbaren Vorsteuerbeträgen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Umsatzsteuer 1 T) oder nach einem entsprechenden Vordruck eines anderen EG-Mitgliedstaats grds. beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu beantragen. Abweichende Vordrucke können zugelassen werden (vgl. z. B. , BStBl 2007 I S. 121). Der Vordruck muss in jedem Fall in deutscher Sprache ausgefüllt werden. Auf Antrag des Unternehmers überträgt das Bundeszentralamt für Steuern die Vergütung der Vorsteuerbeträge auf ein Finanzamt, wenn dieses zustimmt. Unternehmer, die die Zuständigkeit eines Finanzamts begründen wollen, haben dies beim Bundeszentralamt für Steuern oder dem Finanzamt zu beantragen (§ 61 Abs. 1 UStDV). Zu den Anforderungen an Vorsteuervergütungsanträge vgl. auch Langer/Zugmaier, DStR 2007 S. 983 und Haupt, UR 2007 S. 602).

Der Vergütungsantrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist (§ 18 Abs. 9 Satz 3 UStG). Bei der Frist handelt es sich um eine Ausschlussfrist, die nicht verlängert werden kann (, BStBl 2000 II S. 214). Dies entspricht der zwingenden EG-rechtlichen Vorgabe (vgl. , BStBl 2004 II S. 196). Die durch sekundäres Gemeinschaftsrecht vorgegebene Antragsfrist von sechs Monaten verstößt weder gegen das primärrechtliche Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gem. Art. 12 EG-Vertrag noch gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (, BStBl 2005 II S. 585, und NWB GAAAB-66073). Allerdings ist unter den Voraussetzungen des § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich. Der Unternehmer hat in dem Antrag die Vergütung selbst zu berechnen (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG). Im Antragsvordruck sind die Vorsteuerbeträge, deren Vergütung begehrt wird, grds. einzeln aufzuführen. Aus Gründen der Arbeitsvereinfachung ist für diese Einzelaufstellung ein vereinfachtes Verfahren zugelassen, und zwar bei Rechnungen, deren Gesamtbetrag 150 € nicht übersteigt und bei denen das Entgelt und die Umsatzsteuer in einer Summe angegeben sind (Kleinbetragsrechnungen), bei Fahrausweisen, in denen das Entgelt und die Umsatzsteuer in einer Summe angegeben sind sowie bei Einfuhrumsatzsteuer-Belegen. Die vereinfachten Verfahren sind in Abschn. 242 Abs. 2 UStR aufgeführt. Im Antragsvordruck ist zu erklären, zu welcher unternehmerischen Tätigkeit die erworbenen Sachen und Dienstleistungen verwendet worden sind. Eine Erklärung zu jedem Einzelbeleg ist nicht erforderlich. Pauschale Erklärungen reichen aus (z. B. grenzüberschreitende Güterbeförderungen im Monat ...).

Die gesonderten Aufstellungen sind mit den Originalrechnungen und den Originaleinfuhrbelegen dem Vergütungsantrag beizufügen (§ 18 Abs. 9 Satz 4 UStG). Die Pflicht für den Antragsteller, die Vorsteuerbeträge bereits mit dem Vergütungsantrag durch Vorlage der Rechnungen im Original nachzuweisen, ergibt sich aus dem gebotenen Zusammenlesen von § 18 Abs. 9 Satz 3–5 UStG; werden die Originalrechnungen nicht innerhalb der Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG eingereicht, ist die Vergütung abzulehnen (, BStBl 2007 II S. 430). Eine Ausnahme von der Pflicht zur Vorlage von Originalbelegen besteht nur bei Verlust der Originalbelege. Ist der Nachweis durch Vorlage der Originalbelege im Einzelfall nicht mehr möglich, erkennt die Verwaltung Zweitschriften grds. nur an, wenn der Antragsteller den Verlust der Originalbelege nicht zu vertreten hat, der dem Vergütungsantrag zugrunde liegende Vorgang tatsächlich stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Vergütungsanträge gestellt werden. Nur bei Zweitausfertigungen eines Ersatzbelegs für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer kommt es nach Auffassung der Verwaltung nicht auf die Umstände an, aufgrund derer die Erstschrift des Ersatzbelegs nicht mehr vorgelegt werden kann (vgl. Abschn. 242 Abs. 3 UStR). Die Verwaltungsauffassung ist u. E. in Bezug auf die Anerkennung von Zweitschriften von Rechnungen zu einengend gefasst, da es hier weiterhin darauf ankommen soll, dass der Antragsteller den Verlust der Originalbelege nicht zu vertreten hat. Diese Voraussetzung kann im Vorsteuer-Vergütungsverfahren nicht maßgebend sein, da dies auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren nicht Tatbestandsmerkmal für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs auf der Grundlage einer Zweitschrift der Rechnung ist (vgl. , BStBl 1989 II S. 120, und , BStBl 1997 II S. 582). Diese Voraussetzung im Vorsteuer-Vergütungsverfahren widerspricht somit den Grundsätzen des , Société générale des grandes sources d'eaux minérales françaises NWB MAAAB-72752, da einem ausländischen Unternehmer im Vorsteuer-Vergütungsverfahren die Vergütung unter den entsprechenden Bedingungen wie einem inländischen Unternehmer im allgemeinen Verfahren eingeräumt werden muss (ansonsten Verstoß gegen Art. 12 EG-Vertrag). Für diese Rechtsauffassung spricht, dass der BFH in seinem Urteil v. - V R 102/96 (BStBl 1999 II S. 255) die vom EuGH angeführte Voraussetzung des vom Unternehmer nicht zu vertretenen Abhandenkommens einer Rechnung als irrelevant behandelt. Diese Voraussetzung kam offenbar aufgrund einer etwas überschießenden Formulierung in der Vorlagefrage in das EuGH-Urteil (vgl. Wagner, LSW, Gruppe 3 S. 64). Zusammenfassend kommt es u. E. auch beim Verlust einer Originalrechnung nicht darauf an, dass der Antragsteller den Verlust der Originalbelege nicht zu vertreten hat (so auch Mößlang in Sölch/Ringleb, UStG § 18, Rn. 169, und Wagner, a. a. O.). Offen ist, ob diese EuGH-Rechtsprechung auch für Vergütungsanträge außerhalb des Gebiets der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger anwendbar ist, da für sie das Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG-Vertrag nicht gilt (, BStBl 2007 II S. 430).

Erteilt ein Unternehmer einem ausländischen Rechnungsempfänger nachträglich eine Gutschrift über die in Rechnung gestellten Entgelte (z. B. wegen Materialrücklieferung, Abweichung beim Leistungsumfang, Gewährleistungsangelegenheiten), vermindert sich der Anspruch auf Vorsteuervergütung des ausländischen Antragstellers in Höhe der in der Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Die in der Gutschrift ausgewiesene Umsatzsteuer ist im Vergütungsantrag von der Vorsteuer aus der Ursprungsrechnung abzusetzen. Eine erst in einem späteren Vergütungszeitraum erteilte Gutschrift ist der Vergütungsbehörde mitzuteilen. Sie führt zur Rückforderung – ggf. durch Verrechnung mit einem neueren Vergütungsanspruch – des zu viel vergüteten Betrags (vgl. NWB SAAAA-88114).

Der im Ausland ansässige Unternehmer muss in den Fällen, in denen er im Vergütungszeitraum keine das Vorsteuer-Vergütungsverfahren ausschließenden Umsätze getätigt hat, der zuständigen Behörde nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer geführt wird. Der Nachweis ist durch eine behördliche Bescheinigung des Staats zu führen, in dem er ansässig ist (§ 61 Abs. 3 UStDV). Für die Bescheinigung ist das Muster zu verwenden, das dem (BStBl 1999 I S. 192) sowie den ggf. hierzu später ergangenen BMF-Schreiben beigefügt ist (Abschn. 242 Abs. 6 UStR). Entsprechende Bescheinigungen in der Amtssprache eines anderen EG-Mitgliedstaats sind anzuerkennen, wenn sie die erforderlichen Angaben enthalten. grds. ist davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige in dem eine Unternehmerbescheinigung ausstellenden Mitgliedstaat ansässig ist. Die behördliche Bescheinigung muss zum einen den Vergütungszeitraum abdecken und zum anderen – angesichts des offenkundigen Zwecks der Regelung in § 61 Abs. 3 UStDV – die Aussage enthalten, dass der Antragsteller Unternehmer i. S. des Umsatzsteuerrechts ist; ein Hinweis auf die Unternehmereigenschaft und die Eintragung für Zwecke der direkten Steuern reicht nicht aus (, BStBl 2007 II S. 426). Er ist nur dann als nicht in diesem Mitgliedstaat ansässig anzusehen, wenn gewichtige Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der Bescheinigung sprechen (, BStBl 2004 II S. 630). Eine Unternehmerbescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV ist dementsprechend nicht als Nachweis über die Ansässigkeit als Steuerpflichtiger anzusehen, wenn die ausstellende Behörde des betreffenden Mitgliedstaats nachträglich mitteilt, die bezeichnete Person sei in der Vergangenheit zu Unrecht als Steuerpflichtiger beurteilt worden (, BStBl 2004 II S. 30) oder wenn Tatsachen vorliegen, die dafür sprechen, dass der Steuerpflichtige in dem ausstellenden Staat nur seinen „rechtlichen Sitz” hat (, BStBl 2003 II S. 819, und NWB TAAAB-17839; vgl. hierzu die Ausführungen zur Ansässigkeit unter Tz. 264, b). Der Begriff der Ansässigkeit i. S. des § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG ist danach weder anhand der Sitz-Regelung in § 11 AO noch anhand der Geschäftsleitungsregelung in § 10 AO auszulegen. Der Begriff ist ein gemeinschaftsrechtlicher Begriff, dessen Auslegung am Gemeinschaftsrecht auszurichten ist. Allein die Tatsache, dass der Geschäftsführer eines – nach der von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Unternehmerbescheinigung – in diesem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmens im Inland als Kapitän an Bord eines Schiffs einzelne Aufträge abwickelt und dort telefonisch erreichbar ist, führt nicht zu einer Ansässigkeit des Unternehmens im Inland (über § 10 AO) und damit zu einer Versagung der Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 UStG (, BStBl 2004 II S. 630). Nach alledem hat die Unternehmerbescheinigung für die Frage der Ansässigkeit im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG eine hohe Beweiswirkung. Diese Auffassung bestätigt auch der EuGH (, Planzer Luxemburg Sàrl NWB ZAAAC-53756). Hier macht der EuGH deutlich, dass die vom Ausstellungsstaat erteilte Unternehmerbescheinigung für den Vergütungsstaat keine – uneingeschränkte – Bindungswirkung bzw. unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat der Bescheinigung entfaltet. Die Bescheinigung begründe lediglich eine Vermutung über die Ansässigkeit. Zwar sei der Vergütungsstaat grds. in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an die Angaben der Bescheinigung gebunden. Dies schließe jedoch nicht aus, dass er eigene Anstrengungen unternehmen darf, um sich zu vergewissern, dass der vom Antragsteller angegebene (in der Bescheinigung enthaltene) Sitz wirtschaftlich tatsächlich existiert. Für diese Verifizierung stünden dem Vergütungsstaat zwei Wege offen:

  • Er könne dem Antragsteller aufgeben, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

  • Er könne sich auch (und solle sich auch) unmittelbar an den Staat wenden, der die Bescheinigung ausgestellt hat, und diesen um Auskünfte im Wege der Amtshilfe bitten.

Der EuGH hat jedoch keinesfalls vorgeschrieben, dass nur der Weg der zwischenstaatlichen Amtshilfe beschritten werden soll. Vielmehr können dem Antrag stellenden Unternehmer die erbetenen Auskünfte auch unmittelbar abverlangt werden.

Die Bindungswirkung der Unternehmerbescheinigung entfällt, wenn die inländische Steuerverwaltung bei Zweifeln an deren Richtigkeit aufgrund von Aufklärungsmaßnahmen (z. B. eigene Auskünfte des Steuerpflichtigen, Amtshilfe) Informationen erhält, aus denen hervorgeht, dass die in der Bescheinigung angegebene Anschrift weder dem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen entspricht noch die einer festen Niederlassung ist, von der aus der Steuerpflichtige seine Umsätze tätigt (, BStBl 2008 II S. 831).

Für Vergütungsanträge, die später als ein Jahr nach dem Ausstellungsdatum der Bescheinigung gestellt werden, ist eine neue Bescheinigung vorzulegen. Die Pflicht zur Vorlage einer behördlichen Bescheinigung entfällt bei staatlichen Stellen, die nach Abschn. 34a Abs. 5 UStR als Unternehmer anzusehen sind.

Das zuständige deutsche Finanzamt hat eine Bescheinigung ausschließlich nach dem Muster im (BStBl 1999 I S. 192) sowie den ggf. hierzu später ergangenen BMF-Schreiben an den im Inland ansässigen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer auszustellen, der für die Beantragung der Vergütung von Vorsteuerbeträgen in einem anderen Staat eine Bestätigung seiner Unternehmereigenschaft benötigt (vgl. hierzu , UR 2001 S. 85, und NWB KAAAB-27442). Das gilt auch für Organgesellschaften oder Zweigniederlassungen im Inland, die zum Unternehmen eines im Ausland ansässigen Unternehmers gehören. Die Bescheinigung nach dem Muster im (BStBl 1999 I S. 192) sowie den ggf. hierzu später ergangenen BMF-Schreiben gilt ausschließlich für die Durchführung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat. Zur „Bescheinigung der Unternehmereigenschaft” in anderen Fällen vgl. NWB QAAAB-44116. Die Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung nach dem Muster im (BStBl 1999 I S. 192) sowie den ggf. hierzu später ergangenen BMF-Schreiben ist noch keine Hilfeleistung in Steuersachen i. S. von § 1 StBerG. Sie bereitet lediglich eine Hilfeleistung in ausländischen Steuersachen vor, die nicht dem nationalen Recht unterliegen. Eine nicht zur Hilfeleistungen in Steuersachen nach § 3 oder 4 StBerG befugte Person kann deshalb für einen inländischen Unternehmer eine entsprechende Bescheinigung beantragen, um für den Unternehmer in einem anderen Staat einen Antrag auf Vorsteuervergütung zu stellen, wenn der Unternehmer dieser Person eine schriftliche Vollmacht zur Beantragung der Bescheinigung erteilt hat und die Vollmacht bei der Antragstellung vorgelegt wird ( NWB TAAAB-82461). Eine Übersicht über die zentralen Erstattungsbehörden in den EU-Mitgliedstaaten und in einigen Drittstaaten finden Sie in der , UR 2008 S. 441, oder in einer Übersicht des Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) (Stand: Juli 2008), UR 2008 S. 694.

Der Vergütungsantrag ist eine Steueranmeldung i. S. des § 150 Abs. 1 AO. Sie steht nach Zustimmung durch die Finanzbehörde einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 AO). Vgl. hierzu im Übrigen die Ausführungen in Tz. 257 und 259. Der Steuervergütungsanspruch nach § 18 Abs. 9 UStG i. V. mit §§ 59 ff. UStDV beruht auf einer „Festsetzung der Umsatzsteuer” i. S. des § 233a Abs. 1 Satz 1 AO und ist deshalb nach näherer Maßgabe des § 233a AO zu verzinsen (, BStBl 2009 II S. 2); vgl. hierzu a. Langer/Maunz, NWB F. 7 S. 7127 NWB QAAAC-97908, und Neeser, UR 2008 S. 845). Vgl. zur fehlenden Verzinsung von Vorsteuervergütungen auch Prätzler, UR 2008 S. 713.

Der Vergütungsantrag ist vom Unternehmer eigenhändig zu unterschreiben (§ 18 Abs. 9 Satz 5 UStG). Bei juristischen Personen müssen bei solchen Verfahrenshandlungen die gesetzlichen Vertreter tätig werden; bei einer juristischen Person in der Rechtsform einer GmbH reicht deshalb die Unterschrift eines Prokuristen nicht aus (, rkr. NWB XAAAC-46701). Auch die Unterschrift durch den für Steuersachen Bevollmächtigten ist jedenfalls dann nicht ausreichend, wenn der Unternehmer nicht i. S. des § 150 Abs. 3 AO an der Leistung der Unterschrift gehindert ist (, nrkr. NWB JAAAC-38704; Az. des BFH für die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde: V B 197/06). Der BFH hat schließlich mit Urteil v. - XI R 19/08, BStBl 2009 II S. 497 dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, um den Begriff der „Unterschrift” bei Stellung eines Antrags auf Vergütung der Umsatzsteuer zu klären (Az. des EuGH: Rs. C-433/08):

  • Ist der Begriff der „Unterschrift”, der in dem Muster lt. Anhang A der 8. EG-RL zur Stellung eines Antrags auf Vergütung der Umsatzsteuer gemäß Art. 3 Buchst. a dieser Richtlinie verwendet wird, ein einheitlich auszulegender gemeinschaftsrechtlicher Begriff?

  • Falls die Frage zu 1. bejaht wird: Ist der Begriff der „Unterschrift” dahin zu verstehen, dass der Vergütungsantrag zwingend von dem Steuerpflichtigen persönlich oder bei einer juristischen Person von dem gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden muss, oder genügt die Unterschrift eines Bevollmächtigten (z. B. eines steuerlichen Vertreters oder Arbeitnehmers des Steuerpflichtigen)?

Der Unternehmer kann den Vergütungsanspruch abtreten (§ 46 Abs. 2 und 3 AO). Die Finanzbehörde hat die Anträge und Belege vor Auszahlung des Vergütungsbetrags auf ihre formelle und rechnerische Richtigkeit abschließend zu prüfen. Die Finanzbehörde hat im Fall der Vergütung die Originalbelege nach Prüfung durch Stempelaufdruck oder in anderer Weise zu entwerten und sie dem Unternehmer mit einem erläuternden Begleitschreiben zurückzusenden. Sie hat den Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Eingang aller Unterlagen abschließend zu bearbeiten, soweit dieser von Unternehmern aus anderen EG-Mitgliedstaaten, den Kanarischen Inseln, Ceuta oder Melilla gestellt wird. Für Unternehmer aus anderen Drittstaaten besteht keine Bearbeitungsfrist.

g) Abschnittsweises Vorliegen der Voraussetzungen für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren und für das allgemeine Besteuerungsverfahren

Für denselben Voranmeldungszeitraum schließen sich das Vorsteuer-Vergütungsverfahren und das allgemeine Besteuerungsverfahren (nicht aber das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG) aus. Im Laufe eines Kalenderjahrs kann aber der Fall eintreten, dass die Vorsteuer eines im Ausland ansässigen Unternehmers abschnittsweise im Wege des Vergütungsverfahrens und im Wege des allgemeinen Besteuerungsverfahrens zu vergüten oder von der Umsatzsteuer abzuziehen sind.

Ab dem Voranmeldungszeitraum, in dem das allgemeine Besteuerungsverfahren durchzuführen ist, endet die Zuständigkeit des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt). Zuständig wird das Finanzamt, dem die Zuständigkeit für die Besteuerung aller Umsätze der in einem bestimmten Staat ansässigen Unternehmer nach der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung (vgl. hierzu auch , UR 2002 S. 50) übertragen wurde, oder das Finanzamt des Umsatzschwerpunkts (§ 21 AO) bzw. ein im Bereich eines Landes hierfür bestimmtes zentrales Finanzamt oder ein Finanzamt bzw. zentrales Finanzamt, das vom Bundeszentralamt für Steuern dazu bestimmt worden ist, oder das Finanzamt, das mit Zustimmung des zuständigen Finanzamts die Besteuerung des Unternehmers übernommen hat. Vgl. hierzu auch NWB BAAAB-25556. Bei dieser Zuständigkeit verbleibt es bis zum Ablauf des Kalenderjahrs, auch wenn der Unternehmer im Laufe dieses Kalenderjahrs erneut die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erfüllt. Das Finanzamt hat die Vorsteuer-Vergütung jeweils in dem zutreffenden Verfahren durchzuführen. Für Voranmeldungszeiträume des allgemeinen Besteuerungsverfahrens hat der Unternehmer entsprechende Voranmeldungen abzugeben. Für Vergütungszeiträume, in denen die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erfüllt sind, ist ein Vergütungsantrag nach amtlich vorgeschriebenem Muster abzugeben. In beiden Fällen sind die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach § 62 Abs. 2 UStDV durch Vorlage der Rechnungen und Einfuhrbelege im Original nachzuweisen (zur Vorlage anderer als Originalbelege vgl. Tz. 264, f). Im Einzelfall können irrtümlich verwandte Voranmeldungs-Vordrucke hingenommen werden. Wenn Missbrauch zu befürchten ist, ist der Unternehmer um die richtige Antragstellung zu bitten. Der im Ausland ansässige Unternehmer hat nach Ablauf des Kalenderjahrs bei dem Finanzamt eine Jahressteuererklärung abzugeben. Das Finanzamt hat die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr festzusetzen. Hierbei sind die Vorsteuerbeträge nicht zu berücksichtigen, die im Vorsteuer-Vergütungsverfahren vergütet worden sind (§ 62 Abs. 1 UStDV).

Erfüllt der im Ausland ansässige Unternehmer nach Beginn des neuen Kalenderjahrs zunächst die Voraussetzungen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens und stellt er den Vergütungsantrag bei dem bisher zuständigen Finanzamt, ist hierin ein Antrag zu sehen, die Zuständigkeit für die Vergütung auf das Finanzamt zu übertragen (§ 5 Abs. 1 Nr. 8 FVG). Stellt der Unternehmer den Vergütungsantrag beim Bundeszentralamt für Steuern und beantragt er nicht die Übertragung der Zuständigkeit auf das Finanzamt, ist das Vorsteuer-Vergütungsverfahren vom Bundeszentralamt für Steuern durchzuführen.

Ist bei einem im Ausland ansässigen Unternehmer das allgemeine Besteuerungsverfahren durchzuführen und besitzt das Finanzamt keine Kenntnis darüber, ob der Unternehmer im laufenden Kalenderjahr die Vergütung von Vorsteuerbeträgen im Vorsteuer-Vergütungsverfahren beantragt hat, hat das Finanzamt beim Bundeszentralamt für Steuern entsprechend anzufragen. Bejaht dieses die Anfrage, hat der Unternehmer die abziehbaren Vorsteuerbeträge auch im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach § 62 Abs. 2 UStDV durch Vorlage der Rechnungen und Einfuhrbelege im Original nachzuweisen (zur Vorlage anderer als Originalbelege vgl. Tz. 264, f). Diese Belege sind in gleicher Weise zu entwerten wie im Vorsteuer-Vergütungsverfahren.

Tz. 265 Zusammenfassende Meldung

§ 18a UStG

Die Zusammenfassende Meldung (ZM) ist Bestandteil des Kontrollverfahrens, das am an die Stelle der Grenzkontrollen innerhalb des EG-Binnenmarkts getreten ist. Die Mitgliedstaaten sammeln von ihren Unternehmern Daten über Lieferungen und andere Warenbewegungen vom jeweiligen Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Diese Daten werden in elektronischen Datenbanken gespeichert (Art. 22 der VO (EG) Nr. 1798/2003 des Rates v. über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der VO (EWG) Nr. 218/92 (ABl EU 2003 Nr. L 264 S. 1) – Zusammenarbeitsverordnung; vgl. auch Anleitung für die zwischenstaatliche Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Umsatzsteuersachen innerhalb der EU, , UR 2003 S. 101). Durch das Mehrwertsteuer-Informations-Austausch-System (MIAS) kann die zuständige zentrale Behörde des Bestimmungslands die in der Datenbank des Ursprungslands gespeicherten Daten unmittelbar abrufen. Die Mitgliedstaaten können diese Daten in einem zweistufigen elektronischen Verfahren austauschen (zur dritten Stufe des Informationsaustauschs vgl. Tz. 272). Das Bundeszentralamt für Steuern (zuständige zentrale Behörde für Deutschland) kann in der ersten Stufe alle deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern, die ausländischen EG-Unternehmer in ihren Zusammenfassenden Meldungen angegeben haben, und – bezogen auf jeden deutschen Erwerber – die Summe der innergemeinschaftlichen Lieferungen aus jedem Mitgliedstaat (die Summe seiner innergemeinschaftlichen Erwerbe) pro Meldezeitraum aus den Datenbanken der anderen Mitgliedstaaten erhalten. In der zweiten Stufe können die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern aller Unternehmer eines Mitgliedstaats, die in ihren Zusammenfassenden Meldungen innergemeinschaftliche Lieferungen an im Inland ansässige Abnehmer gemeldet haben, und die von den Unternehmern für den einzelnen Erwerber angegebenen Beträge pro Meldezeitraum abgerufen werden (Art. 23 bis 25, Art. 5 der Zusammenarbeitsverordnung; vgl. auch Anleitung für die zwischenstaatliche Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Umsatzsteuersachen innerhalb der EU, , UR 2003 S. 101). Die Finanzverwaltung kann anhand der Daten eines anderen Mitgliedstaats überprüfen, ob die innergemeinschaftlichen Erwerbe eines inländischen Unternehmers mit den innergemeinschaftlichen Lieferungen aus einem anderen Mitgliedstaat übereinstimmen (vgl. NWB TAAAA-77935, und - S 7427 c, UR 1998 S. 88). Die Finanzämter melden dem Bundeszentralamt für Steuern zur Sicherstellung der Abgabe der Zusammenfassenden Meldung die erforderlichen Angaben zur Bestimmung der Unternehmer, die zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung verpflichtet sind, und das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt den Finanzämtern die Angaben aus den Zusammenfassenden Meldungen, soweit diese für steuerliche Kontrollen benötigt werden (§ 18a Abs. 1 Satz 8–10 UStG).

Die Informationen der deutschen Datenbank beim Bundeszentralamt für Steuern werden von den Unternehmern in den Zusammenfassenden Meldungen übermittelt. Die Zusammenfassende Meldung ist – vorbehaltlich der Regelung in § 18a Abs. 6 UStGam zehnten Tag nach Ablauf jedes Kalendervierteljahrs (Meldezeitraum) bis einschließlich 2006 nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Umsatzsteuer 1 ZM mit ausführlicher Anleitung für 2003 vgl. , BStBl 2003 I S. 300) beim Bundeszentralamt für Steuern abzugeben. Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht zwingend. Hinsichtlich der Verwendung abweichender Vordrucke ist Abschn. 245f UStR 2005 zu beachten. Nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung (StDÜV) v. (BStBl 2003 I S. 162) i. d. F. der ÄnderungsVO v. (BGBl 2006 I S. 3380) können u. a. Zusammenfassende Meldungen elektronisch übermittelt werden (vgl. erläuternd , BStBl 2007 I S. 95). Eine aktuelle Übersicht der eröffneten Zugänge ist im Internet unter http://www.eSteuer.de veröffentlicht.

Durch das JStG 2007 ist ab 2007 die Verpflichtung zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung auf elektronischem Weg eingeführt worden. Danach hat der Unternehmer bis zum 10. Tag nach Ablauf des Kalendervierteljahrs (Meldezeitraum), in dem er innergemeinschaftliche Warenlieferungen ausgeführt hat, beim Bundeszentralamt für Steuern eine Zusammenfassende Meldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf elektronischem Weg nach Maßgabe der StDÜV bzw. ab nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der StDÜV mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (§ 18a Abs. 8 Satz 1 UStG i. V. mit § 150 Abs. 7 AO) zu übermitteln (§ 18a Abs. 1 Satz 1 UStG). Zur Vermeidung von unbilligen Härten kann das zuständige Finanzamt aber auf Antrag eine Ausnahme von der elektronischen Übermittlung gestatten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Meldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. In Bezug auf die Behandlung von Härtefallanträgen gilt § 150 Abs. 8 AO nach § 18a Abs. 1 Satz 4 UStG entsprechend (vgl. hierzu die Ausführungen in Tz. 257). Dieser ausdrücklichen Regelung kommt u. E. im Hinblick auf § 18a Abs. 8 Satz 1 UStG, wonach auf die Zusammenfassenden Meldungen ergänzend die für Steuererklärungen geltenden Vorschriften der AO Anwendung finden, rein deklaratorische Bedeutung zu. Soweit das Finanzamt auf eine elektronische Übermittlung der Voranmeldung verzichtet hat (vgl. Tz. 257), gilt das auch für die Zusammenfassende Meldung (§ 18a Abs. 1 Satz 5 UStG).

Verpflichtet zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldungen sind nach § 18a Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG alle Unternehmer, die im Meldezeitraum innergemeinschaftliche Warenlieferungen (§ 18a Abs. 2 UStG) und/oder Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG (Tz. 320) ausgeführt haben. Zur Abgabe von Zusammenfassenden Meldungen verpflichtet sind auch nichtselbständige juristische Personen i. S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG (Organgesellschaften; Tz. 34), die umsatzsteuerlich keine Unternehmer sind (18a Abs. 1 Satz 7 UStG); andernfalls würde der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten nicht funktionieren. Dies gilt unabhängig davon, dass diese Vorgänge umsatzsteuerlich weiterhin als Umsätze des Organträgers behandelt werden und von diesem zu erklären sind. Kleinunternehmer i. S. des § 19 Abs. 1 UStG sind nicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung verpflichtet (§18a Abs. 1 Satz 3 UStG). Land- und Forstwirte, die ihre Umsätze nach § 24 UStG versteuern, sind zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung verpflichtet, wenn sie innergemeinschaftliche Lieferungen i. S. des § 6a UStG und/oder Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG ausführen. Zur Abgabe von Zusammenfassenden Meldungen im Rahmen der Fiskalvertretung vgl. Tz. 295.

Eine innergemeinschaftliche Warenlieferung i. S. des § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG ist gem. § 18a Abs. 2 UStG

  • eine innergemeinschaftliche Lieferung i. S. des § 6a Abs. 1 UStG mit Ausnahme der Lieferung eines neuen Fahrzeugs an einen Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer;

  • ein Verbringen von Gegenständen i. S. des § 6a Abs. 2 UStG vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet (Tz. 26).

Vgl. zur Zusammenfassenden Meldung auch Weimann, UStB 2007 S. 178 und 202.

Tz. 266 Inhalt der Zusammenfassenden Meldung

§ 18a Abs. 4 UStG

Die Zusammenfassende Meldung muss enthalten

  • die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers und den Meldezeitraum;

  • bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a Abs. 1 UStG) die ausländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers, unter der die innergemeinschaftliche Lieferung an ihn ausgeführt worden ist, und die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 18a Abs. 4 Nr. 1 UStG);

  • beim Verbringen von Gegenständen (§ 6a Abs. 2 UStG) die ausländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmensteils im übrigen Gemeinschaftsgebiet, in den der Gegenstand verbracht wurde, und die darauf entfallende Summe der Bemessungsgrundlagen der Verbringensfälle (§ 18a Abs. 4 Nr. 2 UStG);

  • bei Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des letzten Abnehmers, die diesem in dem Mitgliedstaat erteilt worden ist, in dem die Versendung oder Beförderung beendet worden ist, für jeden letzten Abnehmer die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn ausgeführten Lieferungen und einen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts (§ 18a Abs. 4 Nr. 3 UStG).

Die Summe der Bemessungsgrundlagen ist für jeden Erwerber getrennt für die im Meldezeitraum ausgeführten innergemeinschaftlichen Warenlieferungen und/oder Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG anzugeben, wobei es unmaßgeblich ist, ob der leistende Unternehmer seine Umsätze nach vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten versteuert. Anzugeben ist jeweils die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage nach § 10 UStG. Werden in einem Meldezeitraum an denselben Abnehmer neben innergemeinschaftlichen Warenlieferungen auch Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG ausgeführt, sind diese in der zweiten Zeile unter dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zusammenzufassen.

Bei der Umrechnung von Werten in ausländische Währung in Euro gilt § 16 Abs. 6 UStG entsprechend (§ 18a Abs. 4 Satz 2 UStG). Hat der Unternehmer die Rechnung für eine innergemeinschaftliche Warenlieferung, die er im letzten Monat des Meldezeitraums ausgeführt hat, erst nach Ablauf des Meldezeitraums ausgestellt, ist für die Umrechnung grds. der Durchschnittskurs des auf den Monat der Ausführung der Lieferung folgenden Monats heranzuziehen. Für die Anmeldung solcher Lieferungen in den Voranmeldungen und der Steuererklärung gilt Entsprechendes (§ 18b Satz 4 UStG). Dies soll auch für Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG gelten (Abschn. 245c Abs. 2 Satz 4 UStR 2000).

Tz. 267 Abgabezeitpunkt

Die Zusammenfassende Meldung ist grds. bis zum 10. Tag nach Ablauf des Meldezeitraums abzugeben (§18a Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Voranmeldungen (§§ 46 ff. UStDV) gilt auch für die Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a Abs. 1 Satz 6 UStG), ohne dass ein gesonderter Antrag notwendig ist. Ein Antrag auf Dauerfristverlängerung nur für die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung ist unzulässig. Unternehmer, die von der Abgabe der Voranmeldungen und der Entrichtung von Vorauszahlungen befreit sind (Jahreszahler; § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG), können die Zusammenfassende Meldung jährlich, d. h. bis zum 10. Tag nach Ablauf des Kalenderjahrs abgeben, in dem sie innergemeinschaftliche Warenlieferungen (offensichtlich nicht: Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG) ausgeführt haben (§ 18a Abs. 6 Satz 1 UStG). Dies gilt allerdings nur, wenn

  • die Summe ihrer Lieferungen und sonstigen Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr 200.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen wird,

  • die Summe ihrer innergemeinschaftlichen Warenlieferungen im vorangegangenen Kalenderjahr 15.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen wird und

  • es sich bei diesen innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht um Lieferungen von neuen Fahrzeugen an Abnehmer mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer handelt.

Die Angaben in der Zusammenfassenden Meldung sind für den Meldezeitraum (Kalendervierteljahr oder Kalenderjahr) zu machen, in dem die Rechnung für die innergemeinschaftliche Warenlieferung ausgestellt wird, spätestens für den Meldezeitraum, in dem der auf die Ausführung der innergemeinschaftlichen Warenlieferung folgende Monat endet. Die Angaben für Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG sind für den Meldezeitraum zu machen, in dem diese Lieferungen ausgeführt worden sind (§ 18a Abs. 5 UStG).

Für Meldezeiträume, in denen keine innergemeinschaftlichen Warenlieferungen und/oder Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG getätigt wurden, ist keine Zusammenfassende Meldung abzugeben; es besteht also keine Verpflichtung zur Abgabe von Nullmeldungen.

Tz. 268 Änderung und Berichtigung der Zusammenfassenden Meldung

§ 18a Abs. 4 und 7 UStG

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für innergemeinschaftliche Lieferungen und/oder Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG, die bereits in einer Zusammenfassenden Meldung gemeldet wurden, in einem späteren Meldezeitraum (z. B. bei Preisnachlass, Uneinbringlichkeit des Entgelts, ganz oder teilweise Rückgängigmachung), ist § 17 UStG entsprechend anzuwenden (§ 18a Abs. 4 Satz 2 UStG). Die Änderungen sind also in die Zusammenfassende Meldung für den Meldezeitraum aufzunehmen, in dem sie eingetreten sind. Hierbei ist ggf. der Änderungsbetrag mit der Summe der Bemessungsgrundlagen, die im maßgeblichen Zeitraum ausgeführt wurden, zu saldieren. Wird die zu meldende Summe der Bemessungsgrundlagen dadurch negativ, ist der negative Betrag mit einem Minuszeichen zu kennzeichnen. Beträgt die zu meldende Summe der Bemessungsgrundlagen durch die Saldierung ausnahmsweise 0 €, ist als Bemessungsgrundlage „0” anzugeben. Wird eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer berichtigt, ist die falsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erneut anzugeben und die Summe der Bemessungsgrundlagen durch Eintragung einer „0” zu löschen. Die korrekte Angabe ist erneut vollständig zu machen. Entsprechend ist vorzugehen, wenn nicht durchgeführte Lieferungen gemeldet wurden.

Erkennt der Unternehmer, dass eine abgegebene Zusammenfassende Meldung unrichtig oder unvollständig ist (z. B. Schreibfehler, Angabe einer falschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder eines falschen Namens, Rechenfehler), hat er die Zusammenfassende Meldung innerhalb von drei Monaten zu berichtigen. Dazu muss er eine gesonderte Zusammenfassende Meldung für den Meldezeitraum abgeben, in dem er die unvollständigen oder unrichtigen Angaben gemacht hat. In diese Zusammenfassende Meldung sollen nur die Berichtigungen aufgenommen werden; die ursprünglich korrekt gemeldeten Daten dürfen grds. nicht wiederholt werden (Nettoberichtigung). Zu den Ausnahmen vgl. Abschn. 245e Abs. 1 Satz 3–5 UStR 2000. Anzugeben ist immer der korrekte Gesamtbetrag der Summe der Bemessungsgrundlagen (nicht Unterschiedsbetrag zwischen der ursprünglich gemeldeten und der korrekten Summe). Maßgeblich für die Einhaltung der Dreimonatsfrist ist der Eingang der berichtigten Zusammenfassenden Meldung beim Bundeszentralamt für Steuern).

Tz. 269 Sanktionen

§ 18a Abs. 8 UStG

Für die Zusammenfassende Meldung sind die für Steuererklärungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden. Dadurch wird die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung erzwingbar. Bei verspäteter Abgabe der Zusammenfassenden Meldung kann das Bundeszentralamt für Steuern einen Verspätungszuschlag festsetzen (§ 152 AO), der 1 % der vom Unternehmer zu meldenden Bemessungsgrundlagen, höchstens aber 2 500 €, betragen darf. Anwendbar sind die Vorschriften über die Festsetzung von Zwangsgeld (§§ 328 ff. AO), über die Vollstreckung und – z. B. bei Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung – über das Rechtsbehelfsverfahren. Gegebenenfalls ist der Finanzrechtsweg gegeben.

Gibt der Unternehmer eine Zusammenfassende Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig ab oder berichtigt er sie nicht oder nicht rechtzeitig, handelt er nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG ordnungswidrig (Tz. 324).

Tz. 270 Gesonderte Erklärung innergemeinschaftlicher Lieferungen im Besteuerungsverfahren

§ 18b UStG

Ein Unternehmer, der innergemeinschaftliche Lieferungen und/oder Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG ausführt, ist verpflichtet, die Bemessungsgrundlagen (§ 10 Abs. 1 UStG) für diese Lieferungen in seinen Voranmeldungen und Steuererklärungen (übereinstimmend mit den Angaben in der Zusammenfassenden Meldung) gesondert zu erklären. Die Finanzbehörden haben so die Möglichkeit, die Angaben in der Zusammenfassenden Meldung mit denen in den Voranmeldungen und Steuererklärungen zu vergleichen und bei Abweichungen vom Unternehmer Aufklärung zu verlangen.

Die Bemessungsgrundlagen über innergemeinschaftliche Lieferungen sind in der Voranmeldung des Monats zu erklären, in dem die Rechnungen über diese Lieferungen ausgestellt werden. Bei späterer Erteilung einer Rechnung oder bei deren Ausbleiben sind die Angaben spätestens in dem auf die Ausführung der Lieferungen folgenden Monat zu machen. Die Angaben für Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG sind in der Voranmeldung des Monats zu erklären, in dem diese Lieferungen ausgeführt worden sind. Werte in fremder Währung sind nach § 16 Abs. 6 UStG in Euro umzurechnen. Hat der Unternehmer die Rechnung für eine innergemeinschaftliche Lieferung, die er im letzten Monat des Meldezeitraums ausgeführt hat, erst nach Ablauf des Meldezeitraums ausgestellt, ist für die Umrechnung grds. der Durchschnittskurs des auf den Monat der Ausführung der Lieferung folgenden Monats heranzuziehen. Dies soll auch für Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG gelten (Abschn. 245c Abs. 2 Satz 4 UStR 2000). Für die Anmeldung innergemeinschaftlicher Lieferungen und/oder Lieferungen i. S. des § 25b Abs. 2 UStG in der Zusammenfassenden Meldung gilt Entsprechendes (§ 18a Abs. 4 Satz 2 UStG).

Berichtigungen wegen Änderungen der Bemessungsgrundlage i. S. des § 17 UStG sind in der Voranmeldung des Monats vorzunehmen, in dem sich die Änderungen ergeben. Ebenso sind unvollständige oder unrichtige Angaben unverzüglich zu berichtigen, wenn der Unternehmer die Fehler erkennt. In diesen Fällen ist die ursprüngliche Voranmeldung zu berichtigen. Diese Verpflichtungen gelten entsprechend für die Steuererklärung.

Tz. 271 Meldepflicht bei der Lieferung neuer Fahrzeuge

§ 18c UStG

Die Vorschrift enthält eine Ermächtigung, nach der das BMF mit Zustimmung des Bundesrats zur Sicherung des Steueraufkommens durch einen Austausch von Auskünften mit anderen Mitgliedstaaten durch Rechtsverordnung bestimmen kann, dass Unternehmer (§ 2 UStG) und Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG) der Finanzbehörde ihre innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer melden müssen. Von der Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit der Fahrzeuglieferungs-Meldepflichtverordnung (FzgLiefgMeldV) vom Gebrauch gemacht (BGBl 2009 I S. 630, BStBl 2009 I S. 472). Die Verordnung tritt am in Kraft.

Am haben die EU-Mitgliedstaaten (außer Luxemburg) eine multilaterale Vereinbarung zwischen den für die Amtshilfe zuständigen Behörden über den Informationsaustausch über neue Fahrzeuge unterzeichnet, die am selben Tag in Kraft getreten ist. Hierin verständigen sich die unterzeichnenden Mitgliedstaaten auf einen verstärkten Informationsaustausch bezüglich neuer Wasser-, Luft- und motorbetriebener Landfahrzeuge. Deutschland wird sich zunächst bis zur Verabschiedung der Meldepflicht-Verordnung nach § 18c UStG an dem verstärkten spontanen Informationsaustausch beteiligen ( NWB DAAAA-82144). Es steht zu vermuten, dass sich Deutschland nach Verabschiedung der Meldepflichtverordnung nach § 18c UStG an dem automatischen Informationsaustausch beteiligen wird, weil dann die dafür notwendigen Informationen bei den Finanzbehörden vorliegen werden.

Tz. 272 Vorlage von Urkunden

§ 18d UStG



Reichen die Informationen aus dem zweistufigen elektronischen Datenaustauschverfahren (Tz. 265) zur Kontrolle der Besteuerung innergemeinschaftlicher Lieferungen und Erwerbe nicht aus, können die Mitgliedstaaten im Rahmen von Einzelauskunftsersuchen innerhalb von drei Monaten weitergehende Informationen voneinander erhalten (dritte Stufe des Informationsaustauschs; Art. 5 der Zusammenarbeitsverordnung; vgl. auch Anleitung für die zwischenstaatliche Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Umsatzsteuersachen innerhalb der EU, , UR 2003 S. 101). Diese Einzelauskunftsersuchen betreffen ausschließlich innergemeinschaftliche Lieferungen oder innergemeinschaftliche Erwerbe. Bei der Beantwortung von Auskunftsersuchen aus anderen Mitgliedstaaten sind zumindest die Rechnungsnummern, -daten und -beträge für einzelne Umsätze zwischen Lieferer und Erwerber in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten anzugeben. Die Finanzbehörden sind aus diesem Grund berechtigt, von Unternehmern die Vorlage der jeweils erforderlichen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und anderer Urkunden zur Einsicht und Prüfung zu verlangen. Der Unternehmer muss diese Unterlagen ggf. der Finanzbehörde (an Amtstelle) vorlegen.

Zuständig für die zur Beantwortung von Einzelauskunftsersuchen erforderlichen Ermittlungen ist das Finanzamt, das nach § 21 AO für die Umsatzbesteuerung des Vorgangs zuständig ist, auf das sich das Ersuchen bezieht. Kann dieses Finanzamt nicht festgestellt werden, ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk die Ermittlungshandlungen vorzunehmen sind (§ 24 AO).

Tz. 273 Bestätigungsverfahren

§ 18e UStG

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bestätigt auf Anfrage einem Unternehmer die Gültigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ein anderer Mitgliedstaat erteilt hat. Durch die Bestätigung wird dem Unternehmer die Anwendung der umsatzsteuerlichen Regelungen erleichtert. Ein inländischer Lieferer kann überprüfen, ob ein Abnehmer aus einem anderen Mitgliedstaat, der diese Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beim Einkauf verwendet, zur Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs verpflichtet ist. Die positive Bestätigung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgrund einer qualifizierten Bestätigungsanfrage ist die Mindestvoraussetzung, dass der Unternehmer die „Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns” beachtet hat (vgl. § 6a Abs. 4 UStG). Das Vorliegen einer positiven Bestätigung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dürfte für sich alleine aber noch nicht ausreichen, dass eine Lieferung weiterhin als steuerfrei anzusehen ist, selbst wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen (a. A. wohl , UR 1996 S. 275; vgl. hierzu auch NWB VAAAA-77554). Zu den Voraussetzungen für den Vertrauensschutz s. Tz. 174, 175. Zur Bedeutung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vgl. auch , BStBl 2004 I S. 480. Die für innergemeinschaftliche Lieferungen geltende Vertrauensschutzregelung in § 6a Abs. 4 UStG ist nicht auf Ausfuhrlieferungen in Drittstaaten (analog) anwendbar (, BStBl 2004 II S. 748). Der EuGH stellt allerdings in seinem Urteil v. - Rs. C-271/06, Netto Supermarkt NWB OAAAC-73301 fest, dass auch für Ausfuhrlieferungen der Grundsatz des Gutglaubensschutzes gilt und eröffnet damit auch für Ausfuhren den Weg für Billigkeitsmaßnahmen, wenn zwar die Voraussetzungen für eine Ausfuhrbefreiung nicht vorliegen, der Steuerpflichtige dies aber auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns infolge der Fälschung des vom Abnehmer vorgelegten Ausfuhrnachweises nicht erkennen konnte.

Bei der Anfrage muss der Unternehmer seine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder seine Steuernummer, unter der er für Zwecke der Umsatzsteuer geführt wird, und die von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der innergemeinschaftlichen Lieferung angeben (einfache Bestätigungsanfrage). Bei Anfragen zur Bestätigung einer ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch einen Unternehmer, der noch keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten hat, wird die Anfrage gleichzeitig als Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer behandelt.

Aufgrund der Identifikationsmerkmale sind Anfragen inländischer Unternehmer nach der Gültigkeit einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ein anderer Mitgliedstaat erteilt hat, zulässig. Ist die ausländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in dem anderen Mitgliedstaat gültig, erhält der Unternehmer vom Bundeszentralamt für Steuern eine Bestätigung („gültig”). Gibt der Unternehmer zusätzlich zu der zu überprüfenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer den Namen und die Anschrift des Inhabers der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer an, teilt das Bundeszentralamt für Steuern detailliert mit, inwieweit die angefragten Angaben von dem Mitgliedstaat, der die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, als zutreffend gemeldet werden. Die Informationen beziehen sich jeweils auf die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer/Name/Ort/Postleitzahl/Straße des ausländischen Kunden (qualifizierte Bestätigungsanfrage). Weitere Anfragen, z. B. um die nicht bekannte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Kunden in einem anderen Mitgliedstaat zu erfahren, werden nicht beantwortet.

Darüber hinaus erhält der Lagerhalter die Möglichkeit, sich vom Bundeszentralamt für Steuern die Gültigkeit der inländischen (!) Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters sowie deren Namen und Anschrift bestätigen zu lassen. Damit wird das Verfahren auch für die Bestätigung inländischer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer geöffnet. Diese Bestätigung ist erforderlich, weil der Lagerhalter Name, Adresse und inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers aufzeichnen muss (§ 22 Abs. 4c UStG; Tz. 291).

Für die Durchführung des Bestätigungsverfahrens hält das Bundeszentralamt für Steuern keine Informationen zu in anderen EU-Mitgliedstaaten vergebenenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern vor, sondern leitet die Anfragen an die jeweilige nationale Datenbank (mit allen Personen, denen von dem jeweiligen Mitgliedstaat eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt wurde) der anderen Mitgliedstaaten weiter und teilt dem anfragenden Unternehmer mit, inwieweit die abgefragten Angaben vom betreffenden Mitgliedstaat als zutreffend bestätigt wurden. Das Bundeszentralamt für Steuern ist nicht befugt, die Antworten der Mitgliedstaaten zu bewerten, zu ändern oder zu ergänzen (, UR 2007 S. 395).

Der Unternehmer kann Bestätigungsanfragen schriftlich, telefonisch oder per Telefax an das Bundeszentralamt für Steuern – Außenstelle –, 66738 Saarlouis, stellen. Anfragen nach der Bestätigung mehrerer Umsatzsteuer-Identifikationsnummern sind schriftlich zu stellen. Einfache Bestätigungsanfragen können auch über Internet (http://www.bzst.bund.de) gestellt werden. Das Bundeszentralamt für Steuern teilt das Ergebnis der Bestätigungsanfrage – gegebenenfalls nach mündlicher Vorabinformation – grds. schriftlich mit. Einfache Bestätigungsanfragen über das Internet werden unmittelbar beantwortet. Eine schriftliche Bestätigung durch das Bundeszentralamt für Steuern ergeht in diesen Fällen nicht. Ist die angefragte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gültig, besteht auch die Möglichkeit der qualifizierten Online-Anfrage mit Angaben zu Name/Rechtsform, Ort, Postleitzahl und Straße/Hausnummer des ausländischen Unternehmers. Das Ergebnis der qualifizierten Anfrage wird unmittelbar angezeigt. Von dieser Anzeige kann vom anfragenden Unternehmer ein Bildschirmausdruck gefertigt werden. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, eine offizielle Bestätigungsmitteilung anzufordern, die den anfragenden Unternehmern dann per Post zugeht. Eine qualifizierte Anfrage mit Angaben zu Name, Ort, Postleitzahl und Straße kann allerdings auch weiterhin schriftlich, telefonisch oder per E-Mail an das Bundeszentralamt für Steuern, Außenstelle Saarlouis, gerichtet werden. Die Online-Bestätigungsanfrage steht – außer bei notwendigen Wartungsarbeiten – täglich zwischen 5:00 Uhr und 23:00 Uhr zur Verfügung. Vgl. zum qualifizierten Bestätigungsverfahren über das Internet auch NWB PAAAB-41935.

Unternehmer, die die Gültigkeit der von einem Kunden angegebenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern überprüfen wollen, können hierfür – neben dem Bestätigungsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern – auch unmittelbar die MIAS-Datenbank (MWSt-Informationsaustauschsystem unter der Internetadresse: http://europa.eu.int/vies/) benutzen. Auch hier können Umsatzsteuer-Identifikationsnummer-Anfragen zu den – zu diesem Zeitpunkt – beigetretenen neuen Mitgliedstaaten gestellt werden. Diese neue Möglichkeit für die Unternehmer ist Teil der Bemühungen, die unternehmerische Tätigkeit im Binnenmarkt so weit wie möglich zu erleichtern. Es ist grds. nur eine einfache Bestätigungsabfrage möglich, allerdings erhält der Anfragende im Falle einer positiven Rückmeldung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in Bezug auf bestimmte Länder (Belgien, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Schweden und Slowenien) auch den Namen und die Adresse des Steuerpflichtigen. Für die Tschechische Republik wird lediglich der Name des Steuerpflichtigen angezeigt. Eine Identifizierung des anfragenden Unternehmers durch Angabe seiner eigenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder seiner Steuernummer bedarf es hier – anders als bei einer Abfrage über das Bundeszentralamt für Steuern – nicht (vgl. Wohlfart, UStB 2002 S. 244). Vgl. zur Praxisrelevanz der neuen Abfragemöglichkeit Lehr, DStR 2003 S. 100. Die neue Abfragemöglichkeit kann einem Drittlandsunternehmer (da es keiner Zugangsidentifizierung bedarf, kann auch dieser eine Abfrage durchführen), der z. B. einem in der EU ansässigen Unternehmer sonstige Leistungen auf elektronischem Weg erbringt, zumindest einen Anhaltspunkt bieten, dass sein Abnehmer tatsächlich ein in der EU ansässiger Unternehmer ist und insoweit die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers greift (vgl. Vellen, UR 2003 S. 53).

Am hat die Europäische Kommission einen neuen Dienst zur Verbesserung der bereits online vorhandenen MIAS-Datenbank eingerichtet. Der Zugang dazu erfolgt über: http://ec.europa.eu/taxation_customs/vies/vieshome.do?selectedLanguage=DE. In dem Verfahren kann sich ein Unternehmer Umsatzsteuer-Identifikationsnummern bestätigen lassen. Hierfür muss sich der anfragende Unternehmer mit seiner eigenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer identifizieren. Bestätigt oder als ungültig angegeben wird die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer; in Bezug auf verschiedene Länder wird auch der Inhaber der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer offengelegt. Der anfragende Unternehmer erhält eine Bescheinigung, mit der er nachweisen kann, dass er eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu einem bestimmten Zeitpunkt auf ihre Gültigkeit überprüft hat.

Zur Übergangsregelung im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt verschiedener Staaten zum s. , BStBl 2004 I S. 480 bzw. zum s. , BStBl 2007 I S. 208.

Das Finanzamt kann Bestätigungsanfragen online (USLO-Verfahren), schriftlich, telefonisch oder per Telefax stellen. Bestätigungsanfragen im USLO-Verfahren und telefonische Anfragen werden unmittelbar beantwortet. Eine schriftliche Mitteilung durch das Bundeszentralamt für Steuern ergeht in diesen Fällen nicht.

Tz. 274 Sicherheitsleistung

§ 18f UStG

Bei Steueranmeldungen i. S. von § 18 Abs. 1 und 3 UStG (vgl. Tz. 257, 259) kann die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO im Einvernehmen mit dem Unternehmer von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden (s. Tz. 275). Das gilt entsprechend für die Festsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie zu einer Erstattung führt (s. Tz. 276). Die Zustimmung wird erst mit Stellung der Sicherheitsleistung wirksam (aufschiebende Bedingung). Eine Sicherheitsleistung kommt nur in Betracht bei Steueranmeldungen gem. § 18 Abs. 1 UStG, also bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen (vierteljährlich oder monatlich), sowie gem. § 18 Abs. 3 UStG, also bei Jahressteuererklärungen (oder Erklärungen für entsprechend kürzere Zeiträume). Die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO erfasst zwei Anwendungsgebiete. Es kann sich einmal um die Herabsetzung einer bisher zu entrichtenden Umsatzsteuer („Soll-Minderung”) oder andererseits um die Vergütung der angemeldeten Steuerbeträge (Vorsteuererstattung) handeln. Nach § 168 Satz 1 AO steht eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, gilt die Gleichsetzung nach § 168 Satz 1 AO erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt (§ 168 Satz 2 AO). Bis zur Erteilung der Zustimmung wird die Steueranmeldung (Voranmeldung, Jahreserklärung) als Antrag auf eine Steuerfestsetzung angesehen. Dieser berechtigt allein noch nicht zur Herabsetzung der Steuer oder zur Auszahlung eines Erstattungsbetrags. Erst nach der Zustimmung steht die Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich und entfaltet Außenwirkung (die Erstattung wird fällig). § 18f UStG gilt im Übrigen auch bei von der Finanzbehörde berichtigten Anmeldungen, die zu einer Herabsetzung der angemeldeten Steuer und entsprechender Erstattung oder zu einer Erhöhung der bisher festgesetzten Vergütung oder Erstattung führen (§ 18f Satz 2 UStG).

Inhalt und Art der Sicherheitsleistung richten sich nach den §§ 241248 AO. In welcher Form eine Sicherheitsleistung im Einzelfall erbracht werden kann, ist im Gesetz nicht geregelt. Dies steht zum einen im Belieben des Unternehmers und ist zum anderen abhängig von der Akzeptanz des Finanzamts. In der Praxis dienen hauptsächlich Bankbürgschaften entsprechend der Höhe der geltend gemachten Erstattungsbeträge oder Steuerherabsetzungen als Sicherheiten. Die Kosten dafür (Bankbürgschaften kosten etwa 0,5–3 % der Bürgschaftssumme pro Jahr, vielfach verlangen die Banken ihrerseits auch Sicherheiten für die Bürgschaft) hat der Unternehmer zu tragen. Sie schmälern nicht sein Umsatzsteuer-Soll, gehören jedoch ertragsteuerlich zu den Betriebsausgaben. Die Sicherheitsleistung muss nicht zwingend in voller Höhe des zu sichernden Steueranspruchs erbracht werden. Es sind das Ausfallrisiko zu Lasten des Fiskus und die Liquidität des Unternehmers zu berücksichtigen. Die Sicherheitsleistung muss unverzüglich zurückgegeben werden, wenn der zu sichernde Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist. Zu Anlass, Art und Höhe einer Sicherheitsleistung, vgl. auch , BStBl 2002 I S. 1018.

Tz. 275 Sicherheitsleistung bei Steueranmeldungen

Nach § 18f Satz 1 UStG kann bei Steueranmeldungen i. S. von § 18 Abs. 1 und 3 UStG die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO im Einvernehmen mit dem Unternehmer von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Es kann also nur die Zustimmung zu einer Steueranmeldung (nicht zur Erstattung eines Vorsteuerüberhangs) von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Die erforderliche Zustimmung ist kein selbständiger Verwaltungsakt und an keine bestimmte Form und Frist gebunden. Die Frist ist unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten zu bemessen. Dabei kann die notwendige Prüfung der Vorsteuerabzugsberechtigung durch die Verwaltung eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Sollte die Dauer der Ermittlungen langwieriger sein und zu finanziellen Überbrückungsproblemen bei den Unternehmen führen, kann im Einvernehmen mit dem Unternehmen eine Sicherheitsleistung vereinbart werden. Damit soll ein Interessensausgleich zwischen dem Unternehmen und der Verwaltung herbeigeführt werden. Die Verwaltung kann die Zustimmung zur Festsetzung geben und gegebenenfalls Vorsteuerüberhänge des Unternehmers auszahlen, ohne einen dauerhaften Steuerausfall zu riskieren. Auf der anderen Seite kommt das Unternehmen schneller in den Genuss der Vorsteuerauszahlung. Die Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO, von der die Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann, bezieht sich auf die Herabsetzung einer bisher zu entrichtenden Umsatzsteuer oder Vergütung der angemeldeten Steuerbeträge (Vorsteuererstattung). Die Zustimmung ist eine Ermessensentscheidung, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegt. In Fällen, in denen die bestehenden Zweifel mit einer Umsatzsteuer-Nachschau oder einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kurzfristig ausgeräumt werden können, ist eine Sicherheitsleistung grds. nicht angezeigt. Sicherheitsleistungen sollen regelmäßig nur verlangt werden, wenn die erforderliche Prüfung der Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Erstattungsbetrags wegen der besonderen Schwierigkeit des Sachverhalts voraussichtlich länger als sechs Wochen dauert. Die Sicherheitsleistung darf nicht zu einer Verzögerung bei der Prüfung des Erstattungsanspruchs führen.

Tz. 276 Sicherheitsleistung bei Steuerfestsetzungen

Nach § 18f Satz 2 UStG gilt Satz 1 der Vorschrift entsprechend für die Festsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie zu einer Erstattung führt. Damit ist der Verwaltung die Möglichkeit der Forderung einer Sicherheitsleistung auch dann gegeben, wenn das Finanzamt von der Voranmeldung abweicht. § 18f Satz 1 UStG gilt somit auch bei vom Finanzamt berichtigten Anmeldungen, die zu einer Herabsetzung der angemeldeten Steuer und infolge dessen zu einer entsprechenden Erstattung oder zu einer Erhöhung der früher festgesetzten Vergütung oder Erstattung führen. Bei Festsetzungen, die lediglich zu einer Herabsetzung der bisher angemeldeten Steuer (Mindersoll) – ohne Steuererstattung – führen, kann die Finanzbehörde keine Sicherheitsleistung verlangen. Obwohl im Falle einer Festsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO eine Zustimmung nicht erfolgt, kann das Sicherheitsverlangen nicht nur von der Auszahlung der Umsatzsteuer abhängig gemacht werden.

Tz. 277 Nichterhebung der Umsatzsteuer für Umsätze von Kleinunternehmern

§ 19 Abs. 1 und 4 UStG

Die Umsatzsteuer, die ein Kleinunternehmer, der im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansässig ist (zweifelnd an der Vereinbarkeit der Beschränkung der Kleinunternehmerregelung auf Inländer mit dem EU-Primärrecht Pülzl, UVR 2008 S. 383), für seine steuerpflichtigen Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (einschließlich der unentgeltlichen Wertabgaben) schuldet, wird nicht erhoben, wenn sein Umsatz (netto) zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG). § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG gilt (auch bei Kleinunternehmern mit stark schwankenden Umsätzen) nach seinem Sinn und Zweck grds. auch dann, wenn bereits zu Beginn des Jahrs vorauszusehen ist, dass der Jahresumsatz wieder unter die Grenze von 17 500 € sinken wird; übersteigt der Vorjahresumsatz 17 500 € ist die Kleinunternehmerregelung im Folgejahr deshalb zwingend nicht mehr anwendbar (, BStBl 2008 II S. 263; vgl. hierzu auch Matheis, UVR 2008 S. 94). § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG gilt (auch bei Kleinunternehmern mit stark schwankenden Umsätzen) nach seinem Sinn und Zweck grundsätzlich auch dann, wenn bereits zu Beginn des Jahres voraussehbar ist, dass der Jahresumsatz wieder unter die Grenze von 17 500 € sinken wird; übersteigt der Vorjahresumsatz 17 500 € ist die Kleinunternehmerregelung im Folgejahr deshalb zwingend nicht mehr anwendbar (, BStBl 2008 II S. 263; vgl. hierzu auch Matheis, UVR 2008 S. 94). Vgl. zur Kleinunternehmerregelung auch Zugmaier, NWB F. 7 S. 6577 NWB UAAAB-74553. Die Kleinunternehmerregelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich ( NWB AAAAA-65806). Bei der Ermittlung der beiden Umsatzgrenzen ist jeweils vom Gesamtumsatz i. S. des § 19 Abs. 3 UStG (Nettoumsatz; Tz. 279) auszugehen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Gesamtumsatz für Zwecke des § 19 Abs. 1 UStG ist aber (abweichend von der Berechnung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 UStG) stets nach den vereinnahmten Bruttobeträgen einschließlich der (rein rechnerisch) enthaltenen Umsatzsteuer (nicht der Bemessungsgrundlage) zu berechnen. Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes für Zwecke des § 19 Abs. 1 UStG ist es deshalb ohne Bedeutung, ob der Unternehmer seine Umsätze mit dem Regelsteuersatz oder mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern hat ( NWB DAAAA-70681). In den Fällen des § 10 Abs. 4 und 5 UStG ist der jeweils in Betracht kommenden Bemessungsgrundlage ggf. die darauf entfallende Umsatzsteuer hinzuzurechnen. Der so ermittelte Gesamtumsatz ist um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (Veräußerung oder Entnahme) zu kürzen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG). Ob ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens vorliegt, ist nach den einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Allerdings sind auch Wirtschaftsgüter, die einkommensteuerrechtlich nicht zum Betriebsvermögen gehören, bei der Berechnung des Gesamtumsatzes auszuscheiden (Veräußerung von Gegenständen durch einen nichtgewerblichen Vermieter einer Ferienwohnung).

Die für die Einfuhr (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) und den innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG) geschuldete Umsatzsteuer hat der Kleinunternehmer abzuführen. Das gilt auch für die im Rahmen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5 UStG) erhobene Umsatzsteuer. Darüber hinaus hat der Kleinunternehmer die Umsatzsteuer abzuführen, die er im Fall der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 UStG, als letzter Abnehmer im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft nach § 25b Abs. 2 UStG oder nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet (§ 19 Abs. 1 Satz 3 UStG). Auslagerer oder Lagerhalter können auch Kleinunternehmer sein. § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG stellt klar, dass die vom Auslagerer oder Lagerhalter geschuldete Umsatzsteuer nicht unter die Kleinunternehmerregelung fällt.

Die Frage, ob der Umsatz des Kleinunternehmers im laufenden Kalenderjahr 50 000 € voraussichtlich nicht überschreiten wird, ist nach den Verhältnissen zu Beginn dieses Kalenderjahrs zu beantworten (Prognoseentscheidung). Der Unternehmer hat dem Finanzamt auf Verlangen die Verhältnisse darzulegen, aus denen sich ergibt, wie hoch der Umsatz des laufenden Kalenderjahrs voraussichtlich sein wird. Ist danach ein voraussichtlicher Umsatz zuzüglich Umsatzsteuer von nicht mehr als 50 000 € zu erwarten, wird die Umsatzsteuer für das laufende Kalenderjahr selbst dann nicht erhoben, wenn im Einzelfall der tatsächliche Bruttoumsatz im Laufe des Kalenderjahrs diese Grenze überschreitet, der Bruttoumsatz des Vorjahrs jedoch höchstens 17 500 € betrug.

Nimmt der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahrs neu auf, wird Umsatzsteuer für seine Umsätze im Erstjahr nicht erhoben, wenn nach den Verhältnissen zu Beginn der unternehmerischen Betätigung der Umsatz in diesem Zeitraum voraussichtlich 17.500 € nicht übersteigen wird (, BStBl 1985 II S. 142). Die Grenze von 50.000 € ist insoweit unmaßgeblich. Der tatsächliche Gesamtumsatz ist in diesem Fall in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 UStG; Tz. 279). Zur Frage der Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei fehlenden Umsätzen im Jahr der Unternehmensgründung vgl. NWB LAAAB-71656.

Eine Änderung der Unternehmensverhältnisse des laufenden Kalenderjahrs durch Aufgabe des bisherigen und Eröffnung eines neuen Betriebs oder durch Erweiterung des Unternehmens um einen neuen Betrieb ist bei der Beurteilung der voraussichtlichen Umsatzgröße des laufenden Kalenderjahrs mit zu berücksichtigen. Bei der Erweiterung des Unternehmens im Wege der Erbfolge darf der Unternehmer die Besteuerung für das laufende Kalenderjahr so fortführen, wie sie für den jeweiligen Teil des Unternehmens ohne Berücksichtigung der Gesamtumsatzverhältnisse anzuwenden wäre. Vgl. dazu Abschn. 246 Abs. 5 UStR. Dem Unternehmer bleibt es allerdings unbenommen, für das ganze Unternehmen einheitlich die Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen anzuwenden. Zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei stark schwankenden Umsätzen (hier: Vereinsgemeinschaft, die nur alle drei Jahre ein Fest ausrichtet) vgl. , UR 2008 S. 905.

Unterhält ein Unternehmer einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, dessen Umsätze er nach den Durchschnittssätzen des § 24 Abs. 1 UStG versteuert, und daneben einen Gewerbebetrieb, sind in die Ermittlung des jeweils maßgeblichen Gesamtumsatzes für die Frage, ob für den Gewerbebetrieb § 19 Abs. 1 UStG Anwendung findet, auch die im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze einzubeziehen (Abschn. 269 Abs. 4 UStR). Soweit der Unternehmer diese Umsätze nicht aufgezeichnet hat (§ 67 UStDV), sind sie nach den Betriebsmerkmalen und unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse zu schätzen. Zur Schätzungsmethode vgl. NWB YAAAC-54173.

Der Unternehmer, der § 19 Abs. 1 UStG anwendet, darf die Umsatzsteuer für seine Umsätze in der Rechnung nicht gesondert ausweisen. Ein dennoch gesondert ausgewiesener Umsatzsteuerbetrag bzw. die Umsatzsteuer aus einer Kleinbetragsrechnung mit Steuersatzangabe wird vom Unternehmer nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldet und ist von ihm an das Finanzamt abzuführen. Wird über Leistungen, die ein unter § 19 Abs. 1 UStG fallender Unternehmer ausgeführt hat, in Form von Gutschriften abgerechnet, kann der darin ausgewiesene Steuerbetrag vom Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Der Kleinunternehmer i. S. des § 19 Abs. 1 UStG darf ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer und Einfuhrumsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Ebenso wenig finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9 UStG) und über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7 UStG) Anwendung.

Zu den Aufzeichnungspflichten vgl. § 65 UStDV. Kleinunternehmer sind zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Von der Abgabe von Voranmeldungen sind sie nach § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG regelmäßig – ggf. durch konkludentes Handeln des Finanzamts – befreit. Kleinunternehmer, die ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit neu aufnehmen, fallen nicht unter die Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG für Neugründungsfälle (vgl. Tz. 257) und müssen deshalb keine monatlichen Voranmeldungen abgeben (, BStBl 2003 I S. 153).

Liefert ein Kleinunternehmer aber ein neues Fahrzeug i. S. des § 1b Abs. 3 UStG in das übrige Gemeinschaftsgebiet, findet die Kleinunternehmerregelung und der damit verbundene Ausschluss der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. mit § 6a UStG keine Anwendung. Die Lieferung des neuen Fahrzeugs durch den Kleinunternehmer ist nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. mit § 6a UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Darüber hinaus kann der Kleinunternehmer in diesen Fällen den nachträglichen (eingeschränkten) Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 4a UStG vornehmen (§ 19 Abs. 4 UStG).

Wegen der umsatzsteuerlichen Auswirkungen beim Übergang von der Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG zur Regelbesteuerung oder zur Besteuerung nach § 24 UStG bzw. von der Regelbesteuerung oder der Besteuerung nach § 24 UStG zur Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG (Wechsel der Besteuerungsform) vgl. Abschn. 253 UStR. Der Wechsel von der Besteuerung als Kleinunternehmer nach § 19 UStG zur Regelbesteuerung ist eine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15a UStG (, BStBl 2004 II S. 858).

Tz. 278 Option eines Kleinunternehmers zur Normalbesteuerung

§ 19 Abs. 2 UStG

Der Kleinunternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er seine Umsätze versteuern will, d. h. auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichtet (§ 19 Abs. 2 Satz 1 UStG). Eine im Rahmen eines Klageantrags gegenüber dem Finanzgericht abgegebene Optionserklärung ist grds. unwirksam, da es sich um keine Erklärung gegenüber dem Finanzamt handelt (, BStBl 1985 II S. 173). Für die Erklärung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Jede konkludente Handlung (z. B. Abgabe von Voranmeldungen oder Steuererklärungen mit Steuerberechnung) reicht hierzu aus. Der offene Umsatzsteuerausweis in Rechnungen ist hingegen keine Erklärung i. S. des § 19 Abs. 2 UStG, da es sich nicht um eine Erklärung gegenüber dem Finanzamt handelt. Im Zusammenhang mit der rückwirkenden Erhöhung der Kleinunternehmergrenze durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz zum von 16 620 € auf 17 500 € ist bei der Abgabe von Voranmeldungen für 2003 vor Verkündung der Gesetzesänderung (am ), weil der Unternehmer bis dahin von einem Überschreiten der Kleinunternehmergrenze ausgehen musste, nicht automatisch von einer Optionserklärung auszugehen. S. hierzu NWB RAAAB-36542.

Die Optionserklärung gilt vom Beginn des Kalenderjahrs an, für das der Unternehmer sie abgegeben hat. Beginnt er seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit während des Kalenderjahrs, gilt die Erklärung von Beginn dieser Tätigkeit an. Die Option kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4 UStG) erklärt werden. Das sind Jahressteueranmeldungen unter Vorbehalt der Nachprüfung oder Jahressteuerfestsetzungen durch Steuerbescheid, nicht Voranmeldungen oder Vorauszahlungsfestsetzungen. Wird die nach § 168 AO i. V. mit § 18 Abs. 3 UStG erforderliche Zustimmung zu einer Jahressteueranmeldung schriftlich und ohne Rechtsbehelfsbelehrung erteilt, ist der Einspruch nach § 356 Abs. 2 AO binnen eines Jahrs seit Bekanntgabe der Zustimmung zulässig (, BStBl 2003 II S. 904). Unter Unanfechtbarkeit ist die formelle Bestandskraft der erstmaligen Steuerfestsetzung zu verstehen (vgl. Abschn. 247 Abs. 5 und 6 UStR). Ein Rücktritt von der Option vor der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung ist mit Wirkung für die Vergangenheit zulässig. Macht der Unternehmer hiervon Gebrauch, kann er die Rechnungen, in denen er die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen hat, in entsprechender Anwendung des § 14c Abs. 2 UStG berichtigen.

Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Option zur Besteuerung der Umsätze den Kleinunternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre (§ 19 Abs. 2 Satz 2 UStG). Die Fünfjahresfrist ist vom Beginn des ersten Kalenderjahrs an zu berechnen, für das die Erklärung gilt. Für die Zeit nach Ablauf der Fünfjahresfrist kann der Unternehmer die Optionserklärung mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahrs an widerrufen. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahrs zu erklären, für das er gelten soll (§ 19 Abs. 2 Satz 3 und 4 UStG). Im Fall des Widerrufs kann der Unternehmer die Rechnungen, in denen er die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen hat, in entsprechender Anwendung des § 14c Abs. 2 UStG berichtigen. Das gilt für Umsätze, die er seit Beginn des Kalenderjahrs des Widerrufs bis zur Widerrufserklärung ausgeführt hat. Weitere Einzelheiten enthält Abschn. 247 UStR.

Tz. 279 Begriff des Gesamtumsatzes

§ 19 Abs. 3 UStG

Gesamtumsatz ist die Summe der steuerbaren Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG abzüglich der im nachfolgenden Absatz bezeichneten Umsätze. Zum Gesamtumsatz gehören auch die Umsätze, die nach § 1 Abs. 3 UStG wie Umsätze im Inland zu behandeln sind, und die Umsätze, für die ein Anderer als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 UStG ist (Abschn. 251 Abs. 1 Satz 1 UStR). Die Lieferungen an den letzten Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft i. S. des § 25b Abs. 2 UStG gehören beim letzten Abnehmer nicht zum Gesamtumsatz. Ebenso gehört die Umsatzsteuer, die der Leistungsempfänger im Rahmen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b Abs. 2 UStG) schuldet, nicht zum Gesamtumsatz des Leistungsempfängers (Abschn. 251 Abs. 1 Satz 2 UStR). Für die Ermittlung des Gesamtumsatzes ist die für die Besteuerung in Betracht kommende Bemessungsgrundlage (Entgelt, also Nettobeträge) anzusetzen (Abschn. 251 Abs. 1 Satz 4 UStR). Dies gilt ab nicht mehr für die Ermittlung des Gesamtumsatzes in Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG und der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG. Hier ist ab diesem Zeitpunkt auf die vereinnahmten Entgelte und nicht auf den Differenzbetrag gemäß § 25 Abs. 3 UStG bzw. § 25a Abs. 3 UStG abzustellen. Abschn. 251 Abs. 1 Satz 4 UStR (Verweis auf Abschn. 274 und 276a Abs. 8–14 UStR) ist insoweit ab dem nicht mehr anzuwenden ( NWB XAAAD-24121). Soweit der Unternehmer die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet, ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 2 UStG).

Von den steuerbaren Umsätzen sind für die Ermittlung des Gesamtumsatzes abzuziehen (§ 19 Abs. 3 Satz 1 UStG)

Entscheidend für die Steuerfreiheit sind die Vorschriften des laufenden Kalenderjahrs. Hat der Unternehmer wirksam nach § 9 UStG zur Steuerpflicht für die genannten Umsätze optiert, gehören diese zum Gesamtumsatz.

Der Begriff „Gesamtumsatz” ist in § 19 Abs. 3 UStG zentral geregelt. Wenn im UStG auf den Begriff „Gesamtumsatz” Bezug genommen wird (z. B. § 19 Abs. 1 UStG, § 20 UStG), ist dieser nach Maßgabe des § 19 Abs. 3 UStG zu berechnen. Es ist jedoch zu beachten, dass der für die Berechnung der Jahresumsatzgrenzen in § 19 Abs. 1 UStG maßgebende Umsatzbegriff nicht identisch mit dem Begriff des Gesamtumsatzes i. S. des § 19 Abs. 3 UStG ist. Der Gesamtumsatz bildet vielmehr die Ausgangsgröße für die Ermittlung der Jahresumsatzgrenzen in § 19 Abs. 1 UStG. Es bestehen folgende Unterschiede zwischen § 19 Abs. 1 und Abs. 3 UStG:

  • Für die Berechnung nach § 19 Abs. 1 UStG kommt es immer auf die vereinnahmten Entgelte an.

  • Bei der Berechnung nach § 19 Abs. 1 UStG ist die Umsatzsteuer „zuzüglich” zu berücksichtigen, während die (rechnerische) Umsatzsteuer gerade nicht zum Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG gehört.

  • Aus dem Jahresumsatz nach § 19 Abs. 1 UStG sind Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens auszusondern.

Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahrs ausgeübt (während des Kalenderjahrs begonnen oder beendet), ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 UStG). Das gilt auch, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit von vornherein auf einen Teil des Kalenderjahrs begrenzt war. Umsätze aus der Veräußerung oder der Entnahme des Anlagevermögens sind bei der Umrechnung auf den Jahresgesamtumsatz nicht zu berücksichtigen; sie sind mithin vorher abzuziehen und nach der Umrechnung wieder zu addieren. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung voll dem Zeitraum zuzurechnen, in dem die unternehmerische Tätigkeit bestanden hat. Die Umrechnung nach Tagen ist vorzunehmen, wenn sie zu einem niedrigeren Gesamtumsatz führt (§ 19 Abs. 3 Satz 4 UStG).

Der Beginn der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit fällt mit dem Beginn des Unternehmens zusammen. Die unternehmerische Tätigkeit beginnt mit Vorbereitungshandlungen, die auf die Ausführung von Umsätzen gerichtet sind (, BStBl 1999 II S. 146; vgl. Tz. 35). In einer Schulung des Unternehmers, die der Unternehmensgründung vorausgeht, ist grds. keine Tätigkeit zu sehen, die den Beginn des Unternehmens beeinflusst (, BStBl 1999 II S. 146). Die Erarbeitung einer Aufgabenstellung für ein Forschungsprojekt kann als Beginn der unternehmerischen Tätigkeit beurteilt werden (, BStBl 2000 II S. 241).

Tz. 280 Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten

§ 20 UStG

Das Finanzamt kann nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer die Umsatzsteuer nicht nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung, § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach vereinnahmten Entgelten (Istversteuerung, § 20 UStG; vgl. zur Istversteuerung insgesamt und mit Blick auf die Gesetzesänderung zum Radeisen, INF 2006 S. 295) berechnet, wenn er eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt:

a)

Der nach vereinnahmten Entgelten berechnete Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG; Tz. 279) darf im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 250 000 € (bis : 125 000 €) betragen haben (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Unternehmer, die aufgrund dieser Verdoppelung der Umsatzgrenze die Voraussetzungen der Istversteuerung erfüllen und hiervon Gebrauch machen wollen, unterliegen dann für sechs Monate des Jahrs 2006 der Sollversteuerung und für weitere sechs Monate des Jahrs 2006 der Istversteuerung. Ein unterjähriger Wechsel von der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kann – abweichend von Abschn. 254 Abs. 1 Satz 4 UStR (Genehmigung nur für das volle Kalenderjahr) allein für den Besteuerungszeitraum 2006 aufgrund der Anhebung der Umsatzgrenze – mit Wirkung v. genehmigt werden, wenn der Gesamtumsatz des Unternehmers im Kalenderjahr 2005 mehr als 12  000 €, aber nicht mehr als 250 000 € betragen hat. Ein rückwirkender Wechsel zum ist im Hinblick auf § 27 Abs. 1 UStG abzulehnen (FinBeh Hamburg, Erlass v. - S 7368 NWB UAAAB-91080 und FinMin Nordrhein Westfalen, Erlass v. - S 7368 NWB SAAAB-90194). Der Unternehmer hat den tatsächlichen Umsatz des Vorjahrs in einen Gesamtumsatz umzurechnen, wenn er seine unternehmerische Tätigkeit erst während dieses Zeitraums begonnen hat. Wird im laufenden Kalenderjahr das Unternehmen gegründet, ist für die Frage, ob dem Unternehmer im Kalenderjahr der Betriebseröffnung die Istversteuerung genehmigt werden kann, die Höhe des voraussichtlichen Gesamtumsatzes des Erstjahrs maßgebend.

Bei Unternehmern, für deren Umsatzbesteuerung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AO ein Finanzamt in den neuen Bundesländern zuständig ist, gilt in der Zeit vom bis zum nach § 20 Abs. 2 UStG anstatt des Betrags von 250 000 € der erhöhte Betrag von 500.000 €.

Durch Art. 8 des Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung; BGBl 2009 I S. 1959) ist die bisher nur für Unternehmer mit Sitz in den neuen Bundesländern geltende Umsatzgrenze von 500.000 € (rückwirkend) vom bis zum auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet worden. Dabei ist Folgendes zu beachten (, UR 2009 S. 539; vgl. auch Huschens, NWB 2009 S. 2740):

  • Anträgen auf Gestattung der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann im Vorgriff auf die zu erwartende Verkündung im BGBl bereits vor dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsnorm entsprochen werden. Die Genehmigung der Istversteuerung kann jedoch nur für Umsätze erteilt werden, die nach dem ausgeführt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG). Abschn. 254 Abs. 1 Satz 4 UStR ist in diesen Fällen nicht anzuwenden. Ein rückwirkender Wechsel für Voranmeldungszeiträume, die vor dem enden, ist nicht möglich.

  • Hinsichtlich des maßgeblichen Gesamtumsatzes ist ausschließlich auf den Umsatz des Kj. 2008 abzustellen, der für eine Genehmigung der Istversteuerung nach der Neuregelung nicht mehr als 500.000 € betragen darf. Der im ersten Hj. des Kj. 2009 erzielte Gesamtumsatz bleibt außer Betracht. Für Umsätze, die vor dem Wechsel zur Istversteuerung ausgeführt wurden, wird auf Abschn. 182 Abs. 3 Satz 4 UStR hingewiesen.

b)

Das Finanzamt hat den Unternehmer nach § 148 AO von der steuerrechtlichen Verpflichtung befreit, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Sind die Erleichterungen ausgesprochen, kommt es für die Genehmigung der Istversteuerung auf die Höhe des Vorjahrsgesamtumsatzes nicht an. Erstreckt sich die Buchführungserleichterung auf einzelne Betriebe des Unternehmers, ist die Genehmigung zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten auf diese Betriebe zu beschränken, wenn der Vorjahrsgesamtumsatz aus allen Unternehmensteilen 250.000 € bzw. in den neuen Bundesländern 500.000 € überstiegen hat (§ 20 Abs. 1 Satz 2 UStG).

c)

Der Unternehmer führt Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Das Finanzamt kann ihm die Istversteuerung ohne die Vorjahrsgesamtumsatzgrenze (vgl. a) und ohne Buchführungserleichterungen (vgl. b) genehmigen. Die Istversteuerung ist auf die Umsätze aus der Tätigkeit als Freiberufler zu beschränken. Soweit der Unternehmer auch andere Umsätze ausführt (z. B. aus Gewerbebetrieb), kann ihre Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten nur zugelassen werden, wenn für den Gewerbebetrieb Buchführungserleichterungen ausgesprochen sind (vgl. b) oder wenn der Vorjahrsgesamtumsatz aus der freiberuflichen und der anderen Betätigung nicht mehr als 250 000 € bzw. in den neuen Bundesländern 500.000 € beträgt (vgl. a).

Besteuert ein Unternehmer seine Umsätze teilweise nach den allgemeinen Vorschriften und teilweise nach § 24 UStG (sog. Mischbetrieb), ist zur Prüfung der Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Gesamtumsatz aus beiden Unternehmensteilen zu ermitteln. Soweit für den landwirtschaftlichen Unternehmensteil die Umsätze nicht aufgezeichnet wurden, sind diese zu schätzen (vgl. NWB YAAAC-54173 mit verschiedenen Schätzungsmethoden).

Einer Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH kann nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gestattet werden, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen (, BStBl 1999 II S. 630). Entsprechendes gilt in Fällen, in denen sich Angehörige anderer Berufsgruppen in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts zusammengeschlossen haben und dem Grunde nach Freiberufler sind, z. B. Architekten- oder Ingenieur-GmbH ( NWB OAAAA-79107). Es besteht lediglich die Möglichkeit der Genehmigung zur Istversteuerung unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 UStG.

Zur Durchführung der Istbesteuerung durch den leistenden Unternehmer in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger ab dem für den Empfang von Bauleistungen einen 15%igen Steuerabzug nach § 48 EStG von der Bruttovergütung einzubehalten hat, vgl. , UR 2002 S. 187.

Die Finanzämter sollen Anträgen auf Genehmigung zur Istversteuerung grds. entsprechen, wenn der Unternehmer eine der drei Voraussetzungen erfüllt. Anträge sollen aber in den Fällen abgelehnt bzw. erteilte Genehmigungen mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, in denen ein Unternehmer Leistungen an nahe stehende Personen erbringt, Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt, aber die Entgelte über unverhältnismäßig lange Zeit nicht vereinnahmt ( NWB JAAAD-15473). Wegen des Abschnittsprinzips erstreckt sich eine Genehmigung stets auf das volle Kalenderjahr. Die – grds. unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilte – Genehmigung der Istversteuerung ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der unter den Voraussetzungen der §§ 130, 131 AO zurückgenommen oder widerrufen werden kann. Eine Berechtigung zur Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist nicht vorhanden, wenn das Finanzamt keine oder keine nach außen hin erkennbare Entscheidung über einen entsprechenden Antrag bekannt gegeben hat ( NWB WAAAA-68473). Der Antrag ist an keine Frist gebunden. Er kann jederzeit gestellt werden und auch Besteuerungszeiträume umfassen, die dem Kalenderjahr der Antragstellung vorangehen, soweit die betreffenden Steuerfestsetzungen noch nicht bestandskräftig sind und die Voraussetzungen für die Istversteuerung vorliegen. Vgl. auch (NWB SAAAAB-90194). Ein rückwirkender Wechsel von der Istversteuerung zur Sollversteuerung ist bis zur formellen Bestandskraft (Unanfechtbarkeit, vgl. Tz. 278) der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung zulässig ( NWB XAAAD-09895). Dies dürfte nach der Urteilsbegründung auch für den Wechsel von der Sollversteuerung zur Istversteuerung gelten.

Bei der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten hat der Unternehmer für alle Voranmeldungszeiträume Voranmeldungen abzugeben. Dies gilt auch für Monate, in denen er keine Entgelte vereinnahmt hat ( NWB OAAAA-70579). Wechselt der Unternehmer die Art der Steuerberechnung, dürfen Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben (§ 20 Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Voraussetzungen für die Entstehung der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung bleiben auch maßgebend, wenn der Unternehmer von der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zur Besteuerung nach vereinbarten Entgelten wechselt oder wechseln muss. § 20 Abs. 1 Satz 3 UStG enthält keine davon abweichende Regelung über die Entstehung der Umsatzsteuer. Insbesondere kann die Umsatzsteuer für nicht vereinnahmte Entgelte hiernach nicht – abweichend von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG – als entstanden behandelt werden. Für Umsätze, die in dem Besteuerungszeitraum ausgeführt wurden, für den dem Unternehmer die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten erlaubt war, gilt diese Besteuerung weiterhin, auch wenn in späteren Besteuerungszeiträumen ein Wechsel zur Sollversteuerung eintritt. Danach entsteht insoweit die Umsatzsteuer bei Vereinnahmung des Entgelts. Wird kein Entgelt vereinnahmt, entsteht keine Umsatzsteuer (, BStBl 2003 II S. 817).

Tz. 281 Vereinnahmungsarten und -zeitpunkte

Ein Entgelt ist vereinnahmt, sobald der Unternehmer für seinen Umsatz eine verwertbare Gegenleistung erhält und über sie wirtschaftlich verfügen kann. Das ist im Falle der Barzahlung der Tag des Geldempfangs. Bei Ratenzahlungen ist der Tag maßgebend, an dem die einzelnen Raten beim Unternehmer eingehen, nicht der Tag der Abschlusszahlung. Zum Vereinnahmungszeitpunkt bei Überweisungen, Schecks, Wechsel usw. vgl. Tz. 207. Schreibt der Geschäftsherr seinem Handelsvertreter die fälligen Provisionen in seinen eigenen Büchern zur jederzeitigen Abhebung durch den Handelsvertreter gut, sind sie in diesem Zeitpunkt vereinnahmt. Die Annahme eines Schuldscheins stellt grds. keine Entgeltvereinnahmung dar, es sei denn, der Unternehmer kann die anstelle baren Gelds erhaltene Urkunde alsbald verwerten. In den Fällen der Novation wird das Leistungsentgelt i. d. R. mit der Schuldumwandlung vereinnahmt. Eine Verkehrshypothek realisiert die Gegenleistung bereits mit der bindenden Einigungserklärung in der Form des § 873 Abs. 2 BGB, nicht erst mit der Eintragung im Grundbuch. Keine Entgeltvereinnahmungen sind die Bestellung einer reinen Sicherungshypothek, die kumulative Schuldübernahme, die Bürgschaft, der Erlass, die Stundung, die Ausstellung eines Schuldanerkenntnisses, die Hinterlegung oder die Wechselprolongation.

Tz. 282 Aufzeichnungspflichten: Ordnungsgrundsätze

§ 22 Abs. 1 UStG

Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Feststellung der Umsatzsteuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Diese Verpflichtung gilt in den Fällen des § 13a Abs. 1 Nr. 2 und 5 UStG, der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 UStG und des § 14c Abs. 2 UStG auch für Personen, die Nichtunternehmer sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG). Wenn ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nach § 24 Abs. 3 UStG als gesondert geführter Betrieb zu behandeln ist, hat der Unternehmer die Aufzeichnungspflichten für diesen Betrieb gesondert zu erfüllen (§ 22 Abs. 1 Satz 3 UStG).

Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten sowie die Grundlagen für die Steuerberechnung festzustellen (§ 63 Abs. 1 UStDV). Die Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, dass der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird (§ 145 Abs. 2 AO). Die allgemeinen Vorschriften über das Führen von Büchern und Aufzeichnungen der §§ 145148 AO sind zu beachten. Die Aufzeichnungen müssen vollständig, sachlich und formell richtig, zeitgerecht und geordnet geführt werden. Bei der Verwendung von Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbolen muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen.

Die Aufzeichnungen und die zugehörigen Belege können unter bestimmten Voraussetzungen als Wiedergaben auf einem Bildträger (z. B. Mikrofilm) oder anderen Datenträgern aufbewahrt werden. Das bei der Aufbewahrung von Bild- oder anderen Datenträgern angewandte Verfahren muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, insbesondere den Anforderungen des (BStBl 1984 I S. 155) und den diesem Schreiben beigefügten Mikrofilm-Grundsätzen sowie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Speicherbuchführung (, BStBl 1995 I S. 738), ergänzt um die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen – GDPdU – (, BStBl 2001 I S. 415) entsprechen. Vgl. im Übrigen Abschn. 255 Abs. 2 und 3 UStR.

Die Aufzeichnungen sind grds. im Inland zu führen. Sie sind dort mit den zugehörigen Belegen (vgl. aber § 14b UStG, der ab dem die Aufbewahrung von Rechnungen usw. unter bestimmten Voraussetzungen im Ausland zulässt; Tz. 226) für die Dauer der Aufbewahrungsfrist geordnet aufzubewahren und müssen dem Finanzamt jederzeit auf Verlangen vorgelegt werden. Darüber hinaus können nach dem durch das JStG 2009 mit Wirkung vom (Art. 10 Nr. 8 i. V. mit Art. 39 Abs. 1 JStG 2009) eingeführten § 146 Abs. 2a AO Bücher und Aufzeichnungen unter bestimmten Bedingungen auch außerhalb des Geltungsbereichs der AO in der EU und dem EWR elektronisch geführt und aufbewahrt werden. Für die Führung der Aufzeichnungen bei Betriebsstätten und Organgesellschaften im Ausland gilt § 146 Abs. 2 Satz 2 ff. AO. Soweit die geforderten Angaben aus dem Rechnungswerk oder den Aufzeichnungen des Unternehmers für andere Zwecke eindeutig und leicht nachprüfbar hervorgehen, brauchen sie für die Umsatzbesteuerung nicht noch gesondert aufgezeichnet zu werden. Die Aufbewahrungsfrist der Aufzeichnungen beträgt zehn Jahre (§ 147 Abs. 3 AO). Sie beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die Aufzeichnungen vorgenommen sind.

In den Fällen des § 18 Abs. 4c und 4d UStG (Drittlandsunternehmer, die sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der Gemeinschaft ansässige Nichtunternehmer erbringen; vgl. Tz. 258) sind die erforderlichen Aufzeichnungen auf Anfrage des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 UStG). Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige hat über die im Rahmen der Regelung nach § 18 Abs. 4c und 4d UStG getätigten Umsätze Aufzeichnungen mit ausreichenden Angaben zu führen, damit das Bundeszentralamt für Steuern feststellen kann, ob im Inland (d. h. der Steuerpflichtige wählt Deutschland als Registrierungsmitgliedstaat, § 18 Abs. 4c UStG) oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat (d. h. der Steuerpflichtige wählt einen anderen EU-Mitgliedstaat als Registrierungsmitgliedstaat und erklärt hier auch seine in Deutschland bewirkten elektronischen Umsätze, § 18 Abs. 4d UStG) abgegebene Steuererklärungen zutreffend sind. Diese Aufzeichnungen sind dem Bundeszentralamt für Steuern auf Anfrage auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen.

Tz. 283 Folgen fehlender oder unzureichender Aufzeichnungen

Werden die Aufzeichnungspflichten verletzt, kann das Finanzamt deren Erfüllung nach Maßgabe der §§ 328 ff. AO erzwingen. Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle nicht oder in tatsächlicher Hinsicht unrichtig verbucht oder verbuchen lässt und dadurch ermöglicht, Umsatzsteuer zu verkürzen, handelt ordnungswidrig, was mit einer Geldbuße geahndet werden kann (§ 379 AO).

Fehlende oder unzureichende Aufzeichnungen oder formell oder sachlich unrichtige Aufzeichnungen führen zu Schätzungen bzw. Teilschätzungen der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt (§ 162 AO). Es sind dabei alle für die Schätzung bedeutungsvollen Umstände zu berücksichtigen. Im Schätzungswege sind diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Fehlen tatsächliche Anhaltspunkte, ist eine griffweise Schätzung möglich. Unsicherheiten gehen zu Lasten des Unternehmers. Aus Sicherheitsgründen sind entsprechend den Umständen des Einzelfalls Zuschläge geboten, wenn das Finanzamt feststellt, dass die Bemessungsgrundlagen nicht oder zu niedrig aufgezeichnet sind, und die Wahrscheinlichkeit besteht, dass weitere Nicht- oder Falschbuchungen unentdeckt geblieben sind.

Tz. 284 Umfang der Aufzeichnungspflichten für ausgeführte Umsätze

§ 22 Abs. 2 Nr. 1–4 UStG

Unternehmer haben die vereinbarten Nettoentgelte (ohne Umsatzsteuer) für die von ihnen ausgeführten steuerbaren Lieferungen und sonstigen Leistungen aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungspflichten gelten auch für innergemeinschaftliche Lieferungen einschließlich der innergemeinschaftlichen Verbringensfälle. Aufzuzeichnen sind auch nachträgliche Entgeltänderungen, die nach § 17 Abs. 1 UStG zu Steuerberichtigungen führen. Die Entgelte und die geänderten Entgeltteile für steuerpflichtige Umsätze sind aufzuteilen in solche, die dem allgemeinen Steuersatz, und in solche, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Auch die Entgelte für steuerfreie Umsätze sind getrennt aufzuzeichnen. Ist dem Unternehmer die Istversteuerung genehmigt worden (§ 20 Abs. 1 UStG), treten an die Stelle der vereinbarten die vereinnahmten Entgelte. Weitere Einzelheiten enthält Abschn. 256 Abs. 2–7 UStR.

Unternehmer, die ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuern, haben neben den vereinbarten Entgelten auch sämtliche vor der Ausführung von Leistungen vereinnahmten Entgelte oder Teilentgelte – ungeachtet, ob die Leistung steuerpflichtig oder steuerfrei ist – aufzuzeichnen. Aufzuzeichnen sind ferner nachträgliche Minderungen oder Erhöhungen der vereinnahmten Entgelte. Aus den Aufzeichnungen muss zu ersehen sein, wie sich die Einnahmen auf steuerpflichtige (getrennt nach Steuersätzen) und steuerfreie Umsätze verteilen.

In den Fällen des § 13b Abs. 1 UStG i. V. mit Abs. 2 UStG muss der leistende Unternehmer (neben dem Leistungsempfänger) die o. g. Aufzeichnungen über die von ihm ausgeführten oder noch nicht ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen machen.

Soll- und Istversteuerer haben die vereinbarten bzw. vereinnahmten Entgelte für (an sich steuerfreie) Umsätze, die sie nach § 9 UStG als steuerpflichtig behandeln, getrennt von den übrigen steuerpflichtigen Umsätzen aufzuzeichnen oder in den Aufzeichnungen besonders kenntlich zu machen. Dies gilt auch, soweit Entgelte oder Teilentgelte vor Ausführung der Leistung vereinnahmt werden. Wird eine steuerpflichtige Leistung zusammen mit einer nach § 9 UStG für steuerpflichtig erklärten Leistung ausgeführt und für beide ein einheitliches Entgelt vereinbart, kann aus Vereinfachungsgründen darauf verzichtet werden, den auf die einzelne Leistung entfallenden Entgeltsanteil zu errechnen und den Teil des Entgelts, der auf die freiwillig versteuerte Leistung entfällt, gesondert aufzuzeichnen (Abschn. 256 Abs. 4 UStR).

Bei Lieferungen i. S. des § 3 Abs. 1b UStG müssen als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG der Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder einen gleichartigen Gegenstand oder mangels Einkaufspreis die Selbstkosten jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes getrennt nach steuerpflichtigen Umsätzen zum allgemeinen Steuersatz, nach steuerpflichtigen Umsätzen zum ermäßigten Steuersatz und nach steuerfreien Umsätzen aufgezeichnet werden. Für sonstige Leistungen i. S. des § 3 Abs. 9a UStG ist in Bezug auf die Kosten, die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, entsprechend zu verfahren. Entsprechendes gilt, wenn die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG zur Anwendung kommt. Geht der Unternehmer bei Leistungen an das Personal von den lohnsteuerlichen Werten aus, sind diese aufzuzeichnen.

Die jeweils aufgezeichneten (vereinbarten bzw. vereinnahmten) Nettoentgelte, Nettoteilentgelte, Entgeltänderungen, Beträge der Entgeltminderungen i. S. von § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG und die Nettobemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 und 5 UStG sind am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums zusammenzurechnen.

Unternehmer, die in einer Rechnung überhöhte Umsatzsteuer gesondert ausweisen, oder Personen, die eine Rechnung mit unzulässigem Steuerausweis erteilen, haben die geschuldeten Umsatzsteuermehrbeträge bzw. die ungerechtfertigt ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge aufzuzeichnen (§ 14c UStG) und am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums zusammenzurechnen (§ 22 Abs. 2 Nr. 4 UStG).

Der Unternehmer kann die Aufzeichnungspflichten auch in der Weise erfüllen, dass er anstelle der Nettoentgelte, Nettoteilentgelte usw. die jeweiligen Bruttobeträge aufzeichnet (vgl. dazu § 63 Abs. 3 UStDV und Abschn. 258 UStR). Daneben kann das Finanzamt auf Antrag Erleichterungen für die getrennte Aufzeichnung der Bemessungsgrundlagen nach Maßgabe des § 63 Abs. 4 UStDV genehmigen (Tz. 285).

Nicht unter die Aufzeichnungspflicht des § 22 UStG fallen Beträge, die keine umsatzsteuerlichen Entgelte sind, z. B. durchlaufende Posten, echter Schadensersatz, reine Mitgliederbeiträge, nicht steuerbare Zuschüsse. Der Kaufmann wird sie allerdings grds. aus ertragsteuerlichen und handelsrechtlichen Geboten in seiner Buchführung festhalten.

Tz. 285 Erleichterte Verfahren für die Trennung der Ausgangsentgelte

§ 63 Abs. 4 UStDV

Dem Unternehmer, dem wegen der Art und des Umfangs seines Geschäfts eine Trennung der vereinbarten oder vereinnahmten Entgelte und Teilentgelte oder der Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 und 5 UStG nach Steuersätzen in den Aufzeichnungen nicht zuzumuten ist, kann das Finanzamt auf Antrag widerruflich gestatten, dass er die Entgelte, Teilentgelte und sonstigen Bemessungsgrundlagen nachträglich auf der Grundlage der Wareneingänge oder, falls diese hierfür nicht verwendet werden können, nach anderen Merkmalen trennt (Bruttomethode). Es muss also eine Genehmigung des Finanzamts vorliegen. Zulässig ist nur ein Verfahren, dessen steuerliches Ergebnis nicht wesentlich von dem Ergebnis einer nach Steuersätzen getrennten Aufzeichnung der Bemessungsgrundlagen abweicht. Die Anwendung des Verfahrens kann auf einen in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betrieb beschränkt werden. Das Finanzamt kann auf Antrag verschiedene Aufschlagsverfahren zulassen. Näheres zu diesen Verfahren (Anwendung tatsächlicher und üblicher Aufschläge; Anwendung eines gewogenen Durchschnittsaufschlags; besondere Verfahren für bestimmte Unternehmer) enthält Abschn. 259 UStR und (BStBl 2005 I S. 69, das durch das , BStBl 2009 I S. 681 mit Stand Mai 2009 aktualisiert wurde). Eine erleichterte Trennung der Entgelte darf dem Steuerpflichtigen nicht genehmigt werden, wenn ihm eine genaue Ermittlung der zum ermäßigten und allgemeinen Steuersatz steuerpflichtigen Umsätze zuzumuten ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige eine elektronische Registrierkasse verwendet, mit der die den verschiedenen Steuersätzen unterliegenden Verkäufe besonderen Warengruppen zugeordnet, gespeichert und über Warengruppenberichte ausgelesen werden können (, UR 2003 S. 460; vgl. auch Abschn. 259 Abs. 1 Satz 5 UStR). Zur erleichterten Trennung der Entgelte bei teilweisen Restaurationsleistungen und Lieferungen außer Haus sofern keine Registrierkasse mit Zählwerken für mehrere Warengruppen oder eine entsprechende andere Speichermöglichkeit eingesetzt wird vgl. NWB SAAAC-97848).

Tz. 286 Vereinfachte Aufzeichnungen der Kleinunternehmer

§ 65 UStDV

Unternehmer, die für ihre Umsätze § 19 Abs. 1 UStG anwenden, haben lediglich die Werte der erhaltenen Gegenleistungen für die von ihnen ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen einschließlich der Leistungen i. S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG mit den Bruttobemessungsgrundlagen (vereinnahmter Preis), eine nach § 14c UStG geschuldete Umsatzsteuer und gegebenenfalls die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge aufzuzeichnen. Kleinunternehmer schulden als Auslagerer auch die Umsatzsteuer für den einer Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager vorangehenden Umsatz (§ 4 Nr. 4a Buchst. a Satz 2, § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG) sowie als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b UStG. Sie haben daher auch die Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 2 Nr. 8 und Nr. 9 UStG (vgl. Tz. 286) zu erfüllen.

Tz. 287 Aufzeichnungspflichten bei der Anwendung der Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe

§ 67 UStDV

Unternehmer, auf deren Umsätze § 24 UStG anzuwenden ist, sind für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb von den Aufzeichnungspflichten des § 22 UStG befreit.

Ausgenommen hiervon ist die Aufzeichnung der Bemessungsgrundlagen (nicht der Vorsteuerbeträge) für die Lieferungen von in der Anlage des UStG nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnissen und Getränken sowie von alkoholischen Flüssigkeiten, soweit es sich dabei nicht um Lieferungen in das Ausland und um im Ausland bewirkte Umsätze handelt. Die Verpflichtung, Umsatzsteuerbeträge oder Umsatzsteuermehrbeträge aufzuzeichnen, die nach § 14c UStG geschuldet werden, sowie die Verpflichtung zur Aufzeichnung der Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen und die hierauf entfallenden Steuerbeträge bleiben unberührt. Land- und forstwirtschaftliche Unternehmer, die die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden, schulden als Leistungsempfänger auch die Umsatzsteuer nach § 13b UStG. Sie haben daher insoweit die Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 2 Nr. 8 UStG (vgl. Tz. 288) zu erfüllen.

Tz. 288 Aufzeichnung von Entgelt und Umsatzsteuer für empfangene steuerpflichtige Leistungen

§ 22 Abs. 2 Nr. 5–9 und Abs. 3 UStG

Der Unternehmer hat die Entgelte für steuerpflichtig erworbene und für sein Unternehmen bestimmte Gegenstände und sonstige Leistungen, die entrichteten Anzahlungen für noch nicht bezogene Leistungen, soweit für sie die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG entsteht, die Bemessungsgrundlagen für Einfuhren sowie die jeweils darauf entfallenden Umsatzsteuer- und Einfuhrumsatzsteuerbeträge aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungspflicht der Entgelte für empfangene steuerpflichtige Leistungen und die Einfuhr von Gegenständen entfällt jedoch, wenn der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist oder die Umsatzsteuer in den Abrechnungen nicht gesondert ausgewiesen wurde (§ 22 Abs. 3 Satz 1 UStG i. V. mit Abs. 2 Nr. 5 und 6 UStG). Die Verpflichtung des Unternehmers zur Aufzeichnung erworbener Sachen und Dienstleistungen nach anderen Vorschriften (z. B. §§ 141, 143 AO; § 238 Abs. 1, §§ 266, 275, 276 Abs. 1 HGB) wird hiervon nicht berührt. Die Bemessungsgrundlagen für den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie die hierauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge sind in jedem Fall aufzuzeichnen.

Unternehmer, die nach § 15 Abs. 4 UStG nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und die deshalb die angefallenen Vorsteuerbeträge aufzuteilen haben, haben ihre Aufzeichnungen so zu führen, dass die Vorsteuerbeträge eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sind, die den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Sie brauchen dazu neben den Vorsteuerbeträgen, die voll vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, auch die vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen anteiligen Vorsteuerbeträge nicht gesondert aufzuzeichnen. Aufgezeichnet werden müssen in den Fällen, in denen die Vorsteuerbeträge nur teilweise abziehbar sind (s. Abschn. 257 UStR):

  • die Entgelte für die betreffenden steuerpflichtigen Leistungen an den Unternehmer getrennt von den Entgelten für die übrigen Umsätze (ausgenommen die Einfuhren und die innergemeinschaftlichen Erwerbe), die für diese Leistungen gesondert in Rechnung gestellten gesamten Umsatzsteuerbeträge und die als Vorsteuern abziehbaren Teilbeträge;

  • die Entgelte für die betreffenden steuerpflichtigen Leistungen an den Unternehmer, für die der Unternehmer die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet, und die als Vorsteuer abziehbaren Teilbeträge;

  • die vorausgezahlten Entgelte und Teilentgelte für die betreffenden steuerpflichtigen Leistungen an den Unternehmer, die dafür in Rechnung gestellten gesamten Umsatzsteuerbeträge und die als Vorsteuern abziehbaren Teilbeträge;

  • die gesamten Einfuhrumsatzsteuerbeträge für die für das Unternehmen eingeführten Gegenstände, die als Vorsteuern abziehbaren Teilbeträge und die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhren oder Hinweise auf die entsprechenden zollamtlichen Belege;

  • die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb und die als Vorsteuern abziehbaren Teilbeträge.

Entsprechendes gilt für nachträgliche Entgeltminderungen und die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge. Das Finanzamt kann dem Unternehmer auf Antrag gestatten, dass er die Entgeltminderungen für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze nach dem Verhältnis dieser Umsätze aufteilt. Entsprechendes gilt, wenn die Umsätze an den Unternehmer unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der vom Unternehmer erbrachten Umsätze ist in jedem Fall ausgeschlossen.



Ist der Unternehmer uneingeschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt, hat er getrennt aufzuzeichnen die Entgelte für steuerpflichtige empfangene Umsätze, die geleisteten Vorauszahlungen für noch nicht empfangene Leistungen, soweit die Umsatzsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG entsteht und hierfür Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis vorliegen; die auf diese Entgelte und Vorauszahlungen entfallenden Vorsteuerbeträge; die Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr von Gegenständen oder Hinweise auf entsprechende zollamtliche Belege (§ 64 UStDV); die entrichtete oder nach § 16 Abs. 2 Satz 4 UStG zu entrichtende Einfuhrumsatzsteuer; die Bemessungsgrundlage für innergemeinschaftliche Erwerbe sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge (s. § 22 Abs. 2 Nr. 5–7 UStG).

In den Fällen des § 13b Abs. 1 i. V. mit Abs. 2 UStG muss der Leistungsempfänger (neben dem leistenden Unternehmer) die in § 22 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG enthaltenen Angaben über die an ihn ausgeführten oder noch nicht ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen aufzeichnen (§ 22 Abs. 2 Nr. 8 UStG). Diese Verpflichtung, zur Feststellung der Umsatzsteuer und zu den Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen, gilt in den Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 22 Abs. 1 Satz 2 UStG auch für Personen, die nicht Unternehmer sind (z. B. Bezug einer Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers oder den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts).

Der Unternehmer ist von der Pflicht zur Aufzeichnung seiner empfangenen steuerpflichtigen Umsätze und der Vorsteuer insoweit entbunden, als er die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen der §§ 23, 23a UStG (§§ 66a, 69, 70 UStDV) berechnet (§ 66 UStDV). Soweit neben den Durchschnittssätzen Vorsteuern gesondert ausgewiesen werden können (§ 70 Abs. 2 UStDV), gelten die allgemeinen Aufzeichnungspflichten.

Der Unternehmer kann die Entgelte oder Teilentgelte für die an ihn steuerpflichtig ausgeführten Leistungen zusammen mit den darauf entfallenden und gesondert berechneten Umsatzsteuerbeträgen (Vorsteuer) jeweils in einer Summe (Einkaufspreise) aufzeichnen, und zwar getrennt nach den in den Eingangsrechnungen angewandten Steuersätzen. Am Schluss jedes Voranmeldungszeitraums sind die Einkaufspreise für empfangene bzw. noch zu empfangende Leistungen zum ermäßigten Steuersatz und gesondert die Einkaufspreise für empfangene bzw. noch zu empfangende Leistungen zum allgemeinen Steuersatz zusammenzurechnen. Aus jeder Summe sind die Vorsteuern zutreffend herauszurechnen und die Summe der Nettoentgelte sowie die Summe der Vorsteuerbeträge aufzuzeichnen (Bruttoregelung; § 63 Abs. 3 und 5 UStDV). Die Bruttoverbuchung ist insoweit nicht anzuwenden, als die Eingangsrechnung einen gegenüber den gesetzlichen Steuersätzen unzutreffenden Umsatzsteuerbetrag ausweist oder zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wurde und als die gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge für Leistungsempfänge von Land- und Forstwirten, die ihre Umsätze nach § 24 Abs. 1 UStG versteuern, die gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer übersteigen. In den letztgenannten Fällen ist die Umsatzsteuer nur bis zu der Höhe als Vorsteuer abziehbar, die der gesetzlichen Umsatzsteuer für den maßgeblichen Umsatz entspricht (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG).

Durch das StÄndG 2003 wurde mit Wirkung v. 1. 1. 2004 ein neuer § 22 Abs. 2 Nr. 9 UStG angefügt. Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der Einführung der Steuerlagerregelung bei der Umsatzsteuer durch das StÄndG 2003 (Tz. 97). Nach der neuen Vorschrift muss der Auslagerer die Bemessungsgrundlage einschließlich etwaiger Hinzurechnungen nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG und den hierauf entfallenden Steuerbetrag für den der Auslagerung vorangehenden Umsatz aufzeichnen.

Wegen weiterer Aufzeichnungspflichten vgl. die Aufzählung in Abschn. 256 Abs. 12 UStR.

Tz. 289 Besondere Aufzeichnungspflichten für Gegenstände, die vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangen

§ 22 Abs. 4a UStG

Der Unternehmer ist verpflichtet, Gegenstände aufzuzeichnen, die unternehmensintern vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht werden, ohne dass die Voraussetzungen für ein steuerbares Verbringen vorliegen (vgl. Tz. 26, b). Diese Warenbewegungen als solche führen nicht zu steuerbaren Umsätzen. Die Aufzeichnungspflicht soll der Finanzverwaltung die Kontrolle ermöglichen, ob die Voraussetzungen für die Nichtsteuerbarkeit vorliegen. Aufzuzeichnen sind die Gegenstände, wenn sie

  • in einen anderen EG-Mitgliedstaat verbracht werden und an ihnen Arbeiten ausgeführt werden (z. B. Reparaturen, Wartungsarbeiten);

  • vorübergehend in einen anderen EG-Mitgliedstaat verbracht werden und sie dort zur Ausführung sonstiger Leistungen verwendet werden (ausgenommen sind die Fälle, in denen der Unternehmer in dem anderen Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung hat);

  • in einen anderen EG-Mitgliedstaat zur vorübergehenden Verwendung verbracht werden und in entsprechenden Fällen die Einfuhr der Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet steuerfrei wäre (z. B. ein Ausstellungsstück für eine Messe). Vgl. dazu § 5 UStG; Tz. 144.

Die besonderen Aufzeichnungspflichten gelten als erfüllt, wenn sich die aufzeichnungspflichtigen Angaben aus Buchführungsunterlagen, Versandpapieren, Karteien, Dateien oder anderen im Unternehmen befindlichen Unterlagen entnehmen lassen. Eine Berichtigung der besonderen Aufzeichnungen hat zu erfolgen, wenn der Gegenstand im Bestimmungsland untergeht oder veräußert wird oder wenn die Verwendungsfristen überschritten werden. In diesen Fällen treten an die Stelle der besonderen Aufzeichnungspflichten die allgemeinen Aufzeichnungspflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen.

Tz. 290 Besondere Aufzeichnungspflichten für Gegenstände, die vom übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gelangen

§ 22 Abs. 4b UStG

Unternehmer, die Gegenstände von in anderen EG-Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmern mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten, um diese zu bearbeiten oder zu begutachten (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG), müssen diese Gegenstände aufzeichnen. Im Übrigen gelten die Ausführungen in Tz. 289 entsprechend.

Tz. 291 Besondere Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit der Steuerlagerregelung bei der Umsatzsteuer

§ 22 Abs. 4c UStG

Der Lagerhalter hat Aufzeichnungen zu führen über

  • die in das Umsatzsteuerlager eingelagerten Gegenstände;

  • die im Zusammenhang mit den eingelagerten Gegenständen erbrachten Leistungen (werden Leistungen im Zusammenhang mit den eingelagerten Gegenständen nicht im Auftrag des Lagerhalters erbracht, hat er die Leistungen nur dem Grunde und der Art nach aufzuzeichnen);

  • die ausgelagerten Gegenstände und die Identität des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters sowie deren inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (vgl. auch § 18e UStG; Tz. 273).

Tz. 292 Besondere Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit der Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen und Änderung der Bemessungsgrundlage

Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung einer Forderung kann der Abtretungsempfänger bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 13c UStG (Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen; vgl. Tz. 214) für Steuerschulden des leistenden Unternehmers in Haftung genommen werden. § 22 Abs. 4d UStG enthält besondere Aufzeichnungspflichten bei der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen. Die aufzeichnungspflichtigen Angaben dienen dem Nachvollzug des Forderungsübergangs sowie der Bestimmung der Haftungsschuld des Abtretungsempfängers. Im Fall der Abtretung eines Anspruchs auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer hat der leistende Unternehmer aufzuzeichnen (§ 22 Abs. 4d Satz 1 Nr. 1 UStG):

  • Name und Anschrift des Abtretungsempfängers sowie

  • Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung.

Auf die nach Steuersätzen getrennte Aufzeichnung des im abgetretenen Anspruch auf Gegenleistung enthaltenen Entgelts sowie des darauf entfallenden Steuerbetrags durch den leistenden Unternehmer wurde an dieser Stelle verzichtet, da diese Angaben bereits nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG (vgl. Tz. 284) aufzeichnungspflichtig oder aus der Buchführung des leistenden Unternehmers ersichtlich sind.

Der Abtretungsempfänger hat aufzuzeichnen (§ 22 Abs. 4d Satz 1 Nr. 2 UStG):

  • Name und Anschrift des leistenden Unternehmers,

  • Höhe des abgetretenen Anspruchs auf die Gegenleistung sowie

  • Höhe der auf den abgetretenen Anspruch vereinnahmten Beträge.

  • Sofern der Abtretungsempfänger die Forderung oder einen Teil der Forderung an einen Dritten abtritt, hat er zusätzlich den Namen und die Anschrift des Dritten aufzuzeichnen.

Die Angaben sind für die Bestimmung des Haftungsschuldners sowie der Haftungssumme unerlässlich. Sie brauchen nicht noch gesondert aufgezeichnet zu werden, soweit sie aus dem Rechnungswesen oder den Aufzeichnungen des Unternehmers für andere Zwecke (z. B. aus zivilrechtlichen Vereinbarungen über die Abtretung) eindeutig und leicht nachprüfbar hervorgehen. Da entsprechende Unterlagen bereits heute regelmäßig vorgehalten werden, ergeben sich durch die Normierung von Aufzeichnungspflichten auch künftig keine neuen Lasten für die Wirtschaftsbeteiligten.

Die o. g. Aufzeichnungspflichten gelten entsprechend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen. An die Stelle des Abtretungsempfängers tritt im Fall der Verpfändung der Pfandgläubiger und im Fall der Pfändung der Vollstreckungsgläubiger (§ 22 Abs. 4d Satz 2 und 3 UStG).

Wer in den Fällen der §§ 13c und 13d UStG (Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen und Änderung der Bemessungsgrundlage; vgl. Tz. 214 und 215) Zahlungen nach § 48 AO leistet, hat folgende Angaben aufzuzeichnen (§ 22 Abs. 4e UStG):

  • Höhe der entrichteten Beträge,

  • Name und Anschrift des Schuldners der Umsatzsteuer,

  • die Steuernummer des Schuldners der Umsatzsteuer.

In folge der Aufhebung von § 13d UStG mit Wirkung v. durch das JStG 2008 wurde die Regelung in § 22 Abs. 4e UStG ab diesem Zeitpunkt auf die Fälle des § 13c UStG beschränkt (vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6949 NWB UAAAC-66317, und Weber, BB 2007 S. 2603).

Tz. 293 Führen eines Steuerhefts

§ 22 Abs. 5 UStG

Zur Führung eines Steuerhefts sind alle Unternehmer verpflichtet, die ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung oder außerhalb einer solchen von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Straßen oder an anderen öffentlichen Orten (z. B. Ausstellungen, Messen oder sonstigen der Öffentlichkeit zugänglichen Privatgrundstücken) Umsätze ausführen oder Gegenstände erwerben. Das Steuerheft ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu führen (vgl. hierzu , BStBl 2009 I S. 370). Die Pflicht zur Führung eines Steuerhefts erstreckt sich u. a. auch auf nicht im Inland ansässige Unternehmer, die eingeführte Gegenstände im Inland außerhalb einer gewerblichen Niederlassung umsetzen, oder Kleinunternehmer, die für ihre Umsätze § 19 Abs. 1 UStG anwenden.

Der Unternehmer hat das Steuerheft bei der Ausübung seines Gewerbes stets mitzuführen. Das gilt auch für eine Hilfskraft, die zusätzlich eine schriftliche Vollmacht des Unternehmers mitzuführen hat. Werden ständig mehrere Hilfskräfte eingesetzt, ist für jede ein gesondertes Steuerheft (Nebenheft) zu führen.

Die Grundsätze über das Führen des Steuerhefts enthält das , S 7340 (BStBl 1981 I S. 312, zuletzt ergänzt durch , S 7532, BStBl 2001 I S. 785). Einzutragen sind grds. sämtliche an den Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstige Leistungen, sämtliche Einfuhren von Gegenständen für sein Unternehmen sowie alle Lieferungen und sonstige Leistungen des Unternehmers (tägliche Gesamtbeträge der vereinbarten oder vereinnahmten Entgelte oder Preise). Das Finanzamt kann erforderlichenfalls verlangen, dass bestimmte Umsätze des Unternehmers oder an den Unternehmer gesondert aufgezeichnet werden. Entgelte und Preise sind ggf. getrennt nach Steuersätzen einzutragen. Erleichterungen nach § 63 Abs. 5 UStDV kann das Finanzamt gewähren. Es bestimmt auch den Zeitpunkt, an dem der Unternehmer das Steuerheft spätestens zur Prüfung vorzulegen hat.

Handelt der Unternehmer mit Zeitungen und Zeitschriften oder werden seine Umsätze nach den Durchschnittssätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 UStG) besteuert, ist er von der Verpflichtung, ein Steuerheft zu führen, befreit. Das gilt auch, wenn der Unternehmer im Inland eine gewerbliche Niederlassung besitzt und ordnungsmäßige Aufzeichnungen nach § 22 UStG i. V. mit §§ 6366 UStDV führt (§ 68 Abs. 1 Nr. 1–3 UStDV). Durch das MEG III (BGBl 2009 I S. 550, BStBl 2009 I S. 470) wurde § 68 Abs. 1 UStDV mit Wirkung vom 25. 3. 2009 um die Nr. 4 ergänzt. Danach sind nun auch Unternehmer von der Verpflichtung zur Führung eines Steuerhefts befreit, soweit sie aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen, oder ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen. In den genannten Fällen erteilt das Finanzamt dem Unternehmer eine Bescheinigung über die Befreiung von der Führung des Steuerhefts.

Zur Frage, ob Angehörige des schaustellenden Gewerbes unter die Befreiung nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 UStDV (Vorhandensein einer gewerblichen Niederlassung) fallen können, vgl. NWB JAAAC-81916.

Tz. 294 Fiskalvertreter

§§ 22a22e UStG

Die Fiskalvertretung soll die Durchführung des Besteuerungsverfahrens für im Ausland ansässige Unternehmer (Vertretene) vereinfachen, indem eine umsatzsteuerliche Registrierung bei einem inländischen Finanzamt vermieden wird und gleichwohl die Erfüllung der Verpflichtungen zur Abgabe von Erklärungen und Zusammenfassenden Meldungen dadurch erreicht wird, dass sie im Inland einen Fiskalvertreter bestellen. Die Grundsätze zur Fiskalvertretung enthält (BStBl 1999 I S. 515). Durch einen Fiskalvertreter kann sich vertreten lassen, wer bestimmte persönliche und sachliche Voraussetzungen erfüllt. Die Fiskalvertretung beschränkt sich auf die Fälle, in denen der Vertretene im Inland ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt und keine Vorsteuerbeträge abziehen kann (§ 22a Abs. 1 UStG). Der Vertretene darf weder im Inland (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG) noch in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete seinen Wohnsitz (§ 8 AO), seinen Sitz (§ 11 AO), seine Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder eine Zweigniederlassung (§ 12 Nr. 2 AO) haben (vgl. Abschn. 182a Abs. 28–31 und Abschn. 239 Abs. 1 UStR). Damit kommen als Anwendungsfälle insbesondere in Betracht:

  • steuerfreie Einfuhren, an die sich unmittelbar eine innergemeinschaftliche Lieferung anschließt (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG, vgl. hierzu Möller, UStB 2008 S. 46),

  • steuerfreie innergemeinschaftliche Erwerbe, an die sich unmittelbar eine innergemeinschaftliche Lieferung anschließt (§ 4b Nr. 4 UStG),

  • steuerfreie grenzüberschreitende Beförderungen von Gegenständen i. S. des § 4 Nr. 3 UStG, sofern der Unternehmer keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen bezieht, für die er die Vorsteuern abziehen kann,

  • steuerfreie Umsätze im Zusammenhang mit der Auslagerung aus einem Umsatzsteuerlager.

Die Fiskalvertretung ist ausgeschlossen, wenn der Vertretene im Inland neben seinen steuerfreien Umsätzen auch steuerpflichtige Umsätze ausführt. Sie dürfte auch ausgeschlossen sein, wenn der Vertretene Empfänger eines Umsatzes ist, für den er als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet oder Umsätze ausführt, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet (§ 13b Abs. 2 UStG). Eine Äußerung der Verwaltung liegt hierzu allerdings noch nicht vor.

Zur Fiskalvertretung sind nur die in § 3 Nr. 1–3 und § 4 Nr. 9 Buchst. c StBerG genannten Personen befugt (§ 22a Abs. 2 UStG). Dazu gehören u. a.

  • Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer (§ 3 Nr. 1 StBerG);

  • Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich die o. a. Personen sind (§ 3 Nr. 2 StBerG);

  • Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften (§ 3 Nr. 3 StBerG);

  • Speditionsunternehmen, soweit sie Hilfe in Eingangsabgabensachen oder bei der verbrauchsteuerlichen Behandlung von Waren im Warenverkehr mit anderen EU-Mitgliedstaaten leisten (§ 4 Nr. 9 Buchst. a und c StBerG);

  • sonstige gewerbliche Unternehmen (z. B. Zolldeklaranten, Lagerhalter), soweit sie im Zusammenhang mit der Zollbehandlung Hilfe in Eingangsabgabensachen leisten (§ 4 Nr. 9 Buchst. b und c StBerG).

Die vorgenannten Speditionsunternehmen und sonstigen gewerblichen Unternehmen sind nur dann zur Fiskalvertretung befugt, wenn sie im Inland ansässig, nicht Kleinunternehmer i. S. des § 19 UStG und nicht durch Untersagung von der Fiskalvertretung nach § 22e UStG ausgeschlossen sind (§ 4 Nr. 9 Buchst. c StBerG).

Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist berechtigt, einen Fiskalvertreter mit der Erfüllung seiner umsatzsteuerlichen Pflichten im Inland zu beauftragen. Er kann einen Fiskalvertreter bei Vorliegen der Voraussetzungen zu Beginn oder im Laufe eines Besteuerungszeitraums (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) bestellen. Die zur Vertretung befugten Personen werden durch eine – vor der Ausführung steuerfreier Umsätze zu erteilende, nicht an die Schriftform gebundene – Vollmachterteilung durch den Vertretenen zu Fiskalvertretern (§ 22a Abs. 3 UStG). Auf Verlangen des Finanzamts hat ein Fiskalvertreter seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen (§ 80 Abs. 1 AO). Ein Vertretener kann sich im Inland von mehreren Fiskalvertretern vertreten lassen. Die Vertretung gilt, soweit die jeweils erteilte Vollmacht reicht.

Der Fiskalvertreter erhält auf Antrag für seine Tätigkeit eine gesonderte Steuernummer und eine gesonderte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von dem Finanzamt, das für die Umsatzbesteuerung des Fiskalvertreters zuständig ist (§ 22d UStG). Die Steuernummer wird unabhängig vom Vorliegen einer Vollmacht eines Vertretenen erteilt. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass er zu dem zur Fiskalvertretung bevollmächtigten Personenkreis gehört und die Absicht hat, als Fiskalvertreter tätig zu werden. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer wird durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf Antrag erteilt (§ 27a Abs. 1 Satz 1 UStG). Unter dieser tritt er für alle von ihm vertretenen im Ausland ansässigen Unternehmern auf.

Der Fiskalvertreter hat die Pflichten des im Ausland ansässigen Unternehmers, die diesem nach dem UStG obliegen, als eigene Pflichten zu erfüllen (§ 22b Abs. 1 Satz 1 UStG). Diese Verpflichtung bezieht sich grds. nur auf die Erklärungspflichten. Der Fiskalvertreter wird grds. nicht Steuerschuldner. In besonderen Ausnahmefällen ist er originärer Steuerschuldner (z. B. Ausweis einer zu hohen Steuerschuld i. S. des § 14c UStG oder einer unberechtigten Steuer i. S. des § 14 Abs. 3 UStG). Er hat die gleichen Rechte wie der Vertretene und kann die erforderlichen Anträge im Inland stellen (§ 22b Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Fiskalvertreter hat nach § 22b Abs. 2 Satz 1 UStG unter der gesonderten Steuernummer eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr abzugeben. Dort fasst er die Besteuerungsgrundlagen für alle von ihm Vertretenen zusammen. Einzelaufstellungen sind nicht erforderlich. Die Frist zur Abgabe der Erklärung richtet sich nach den allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften. Der Fiskalvertreter hat zudem bis zum 10. Tag nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahrs eine Zusammenfassende Meldung beim Bundeszentralamt für Steuern abzugeben (§ 22b Abs. 2 Satz 2 UStG). In den Zusammenfassenden Meldungen sind die Bemessungsgrundlagen für alle Vertretenen zusammenzufassen. Von der vierteljährlichen Abgabe der Zusammenfassenden Meldung kann der Fiskalvertreter befreit werden, wenn die Summe der Umsätze der von ihm Vertretenen die in § 18a Abs. 6 UStG bezeichneten Beträge im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht übersteigen wird. Darüber hinaus hat der Fiskalvertreter die allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG zu erfüllen. Dabei sind für jeden Vertretenen die vereinbarten Entgelte für die steuerfreien Umsätze gesondert aufzuzeichnen. Aus den Aufzeichnungen müssen Name und Anschrift des Vertretenen zu erkennen sein (§ 22b Abs. 3 UStG).

Die Rechnung über die Leistung des Vertretenen kann im Fall der Fiskalvertretung sowohl vom Vertretenen als auch vom Fiskalvertreter erteilt werden. In beiden Fällen hat die Rechnung stets folgende zusätzliche Angaben zu enthalten (§ 22c UStG):

  • den Hinweis auf die Fiskalvertretung,

  • den Namen und die Anschrift des Fiskalvertreters sowie

  • die dem Fiskalvertreter nach § 22d Abs. 1 UStG erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Dies gilt auch für sog. „pro-forma-Rechnungen”, die ein im Ausland ansässiger Unternehmer in Verbringungsfällen auszustellen hat (Abschn. 190a Abs. 3 Satz 2 UStR). Hat der Vertretene mehrere Fiskalvertreter, hat er in den Fällen, in denen er selbst Rechnungen ausstellt, in der Rechnung auf die Fiskalvertretung hinzuweisen und jeweils den zutreffenden Fiskalvertreter zu benennen.

Die Fiskalvertretung ist beendet, wenn dem Fiskalvertreter die Vollmacht durch den Vertretenen entzogen wird oder das Finanzamt die Fiskalvertretung untersagt. Gleiches gilt, wenn der Vertretene, der zunächst einen Fiskalvertreter wirksam bestellt hat, im weiteren Verlauf des Besteuerungszeitraums im Inland steuerpflichtige Umsätze ausführt oder ihm in Rechnung gestellte Vorsteuerbeträge abziehen kann. Die Fiskalvertretung endet folglich auch, wenn nach einer Einfuhr von Waren eine beabsichtigte innergemeinschaftliche Lieferung fehlschlägt und damit der Grund für die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung entfällt. Die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer führt bei dem Unternehmer zur Vorsteuerabzugsberechtigung, die die Fiskalvertretung ausschließt. Zu den Folgen der Beendigung der Fiskalvertretung vgl. , BStBl 1999 I S. 515).

Die Fiskalvertretung der in § 22a Abs. 2 UStG mit Ausnahme der in § 3 StBerG genannten Person kann untersagt werden, wenn der Fiskalvertreter wiederholt gegen die ihm auferlegten Pflichten nach § 22b UStG verstößt oder ordnungswidrig i. S. des § 26a UStG handelt (§ 22e Abs. 1 UStG). Bei den in § 3 StBerG genannten Personen können nur Sanktionen nach dem StBerG in Betracht kommen. Eine Untersagung nach § 22e Abs. 1 UStG ist z. B. möglich, wenn der Fiskalvertreter

  • entgegen § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG ein Doppel der Rechnung nicht aufbewahrt,

  • entgegen § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG i. V. mit Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 oder 6 UStG eine Zusammenfassende Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig abgibt oder entgegen § 18a Abs. 7 UStG eine Zusammenfassende Meldung nicht oder nicht rechtzeitig berichtigt oder

  • entgegen § 18d Satz 3 UStG die dort bezeichneten Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt.

Bei Rechtsbehelfen gegen die Untersagung der Fiskalvertretung gelten die Bestimmungen über den vorläufigen Rechtsschutz gem. § 361 Abs. 4 AO und § 69 Abs. 5 FGO (§ 22e Abs. 2 UStG). Danach darf die Fiskalvertretung grds. bis zum Abschluss des Verfahrens weiter ausgeübt werden. Die hemmende Wirkung kann durch eine besondere Anordnung aber ganz oder zum Teil beseitigt werden, wenn das Finanzamt dies im öffentlichen Interesse für geboten hält.

VII. Besondere Besteuerungsformen

§§ 2325d UStG

Tz. 295 Allgemeine Vorsteuer-Durchschnittssätze für nicht buchführungspflichtige Unternehmer

§ 23 UStG; §§ 69, 70 UStDV

Unternehmer, die nicht verpflichtet sind, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, können auf Antrag die nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge teilweise oder ganz nach Durchschnittssätzen berechnen, sofern ihr Vorjahrsumsatz in den einzelnen begünstigten Berufs- und Gewerbezweigen 61 356 € nicht überstiegen hat. Die Vorsteuerpauschalierung erfordert, dass das FA den Unternehmer leicht und eindeutig einer der in § 70 UStDV genannten Berufsgruppe zuordnen kann (vgl. ).

a) Antragsverfahren

Der Antrag für die Anwendung von Vorsteuer-Durchschnittssätzen kann bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung gestellt werden. Der Antrag (auch seine Rücknahme und sein Widerruf) ist an keine besondere Form gebunden und kann auch durch schlüssiges Verhalten vorgenommen werden. Ein Antrag ist z. B. auch darin zu sehen, dass der Unternehmer in den Voranmeldungen oder der Jahressteueranmeldung die Vorsteuerbeträge nach einem Durchschnittssatz berechnet. Eines besonderen Bescheids bedarf es nur bei Ablehnung des Antrags.

Der Antrag auf die Anwendung von Durchschnittssätzen kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahrs an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahrs zu erklären, für das er gelten soll. Eine erneute Besteuerung nach Durchschnittssätzen ist frühestens nach Ablauf von fünf Jahren zulässig. Ein Widerruf liegt nicht vor, wenn der Antrag auf Besteuerung nach Durchschnittssätzen zurückgenommen wird, bevor die Steuerfestsetzung zumindest eines Kalenderjahrs, für das ein Durchschnittssatz in Anspruch genommen wurde, unanfechtbar geworden ist.

Der Wegfall von Voraussetzungen für die Anwendung von Durchschnittssätzen (Überschreiten der 61 356-€-Grenze, Eintritt der Buchführungspflicht) gilt nicht als Widerruf, wenn der Unternehmer die Durchschnittssätze für das Kalenderjahr wieder in Anspruch nimmt, bei dessen Beginn die Voraussetzungen zuerst wieder vorliegen. Macht der Unternehmer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, gilt dies als Widerruf mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahrs ab, für das die Durchschnittssätze zuerst nicht mehr angewendet werden durften (vgl. Abschn. 263 Abs. 4 UStR).

Geht der Unternehmer zur Anwendung der Durchschnittssätze über, gelten die Durchschnittssätze die Vorsteuern für Leistungen nicht ab, die er vor dem Übergang empfangen oder eingeführt hat. Widerruft er dieses Verfahren, haben die Durchschnittssätze die Vorsteuern bereits insoweit erfasst, als sie auf Dienste und Sachen entfallen, die der Unternehmer vor dem Übergang zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG erhalten hat oder die für sein Unternehmen eingeführt worden sind. Vgl. Abschn. 262 Abs. 2 und 3 UStR.

b) Umsatzgrenze

Die Durchschnittssätze sind nicht anzuwenden, wenn der Umsatz in den einzelnen begünstigten Berufs- und Gewerbezweigen im vorangegangenen Kalenderjahr 61 356 € überstiegen hat (§ 69 Abs. 3 UStDV). Wird die Grenze nicht überschritten, darf der Gesamtumsatz unbegrenzt darüber liegen, sofern noch Umsätze getätigt werden, die nicht den in der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV bezeichneten Gruppen zuzuordnen sind. Umsatz ist die Summe der steuerbaren (steuerpflichtigen und steuerfreien) Leistungen und der unentgeltlichen Wertabgaben (jeweils ohne Umsatzsteuer), den der Unternehmer im Rahmen der begünstigten Berufs- und Gewerbezweige im Inland ausführt, mit Ausnahme der Einfuhr, des innergemeinschaftlichen Erwerbs und der in § 4 Nr. 8, 9 Buchst. a, Nr. 10 und 21 UStG bezeichneten Umsätze (§ 69 Abs. 2 UStDV). Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer gem. § 9 UStG auf die Steuerbefreiung von Umsätzen des § 4 Nr. 8 Buchst. a–g und Nr. 9 Buchst. a UStG verzichtet hat. In die Bemessungsgrundlage sind nicht einzubeziehen die nicht steuerbaren Leistungen im Ausland. Vorsteuern, die mit Umsätzen außerhalb der begünstigten Betriebsarten zusammenhängen, sind daneben in ihrer tatsächlichen Höhe abziehbar, soweit sie die Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllen.

Hat der Unternehmer, der einen Durchschnittssatz in Anspruch nehmen will, seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahrs ausgeübt, ist der tatsächliche Umsatz in den begünstigten Betriebsarten in einen Jahresumsatz umzurechnen. § 19 Abs. 3 UStG ist entsprechend anzuwenden. Bei Betriebseröffnung innerhalb des laufenden Kalenderjahrs ist der voraussichtliche Umsatz dieses Jahrs maßgebend. Das gilt auch dann, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass der tatsächliche Umsatz vom voraussichtlichen Umsatz abweicht. Weitere Einzelheiten enthält Abschn. 260 Abs. 3 UStR.

c) Aufzeichnungspflichten

Der Unternehmer ist von der Pflicht zur Aufzeichnung seiner Vorumsätze und Vorsteuern (§ 22 Abs. 2 Nr. 5 UStG) sowie der Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr und der Einfuhrumsatzsteuer (§ 22 Abs. 2 Nr. 6 UStG) insoweit befreit, als er die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach einem Durchschnittssatz berechnet (§ 66 UStDV). Handels- und ertragsteuerrechtliche Buchführungspflichten bleiben unberührt. § 14 UStG (Rechnungsausstellung) ist zu beachten. Erfasst der Durchschnittssatz nur Teile von Vorsteuerbeträgen, müssen die mit dem Durchschnittssatz nicht abgegoltenen Vorsteuern und die Vorumsätze nach § 22 Abs. 2 Nr. 5 und 6 UStG aufgezeichnet werden. Eine dabei notwendige Vorsteueraufteilung ist nach § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.

Tz. 296 Durchschnittssätze zur Abgeltung sämtlicher Vorsteuern

Für die in Abschnitt A der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV bezeichneten Berufs- und Gewerbezweige sind Durchschnittssätze festgesetzt, die sämtliche abziehbaren Vorsteuern erfassen, wenn die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen. Nicht einbezogene Zusatztätigkeiten sind der begünstigten Gruppe zuzurechnen, wenn sie bei Handelsbetrieben nicht überwiegen und in allen anderen Fällen 25 % des gesamten Umsatzes aus dem jeweiligen Berufs- oder Gewerbezweig (einschließlich des Umsatzes aus der zusätzlichen Tätigkeit) nicht übersteigen (Abschn. 261 Abs. 2 UStR). Werden diese Anteile überschritten, können die in Betracht kommenden Durchschnittssätze zwar auf die Umsätze aus der Haupttätigkeit, nicht aber auf die Umsätze aus der Nebentätigkeit angewendet werden. Für die Nebentätigkeit besteht jedoch die Möglichkeit, einen anderen Durchschnittssatz in Anspruch zu nehmen, soweit die Nebentätigkeit unter einen der in Abschnitt A der Anlage genannten Berufs- oder Gewerbezweige fällt. Andernfalls sind die tatsächlichen Vorsteuern, soweit sie auf die Fremdumsätze entfallen, nach Maßgabe des § 15 UStG gesondert absetzbar.

Der Abgrenzung der einzelnen Berufs- und Gewerbezweige liegt in den Fällen des Handwerks, Einzelhandels und der sonstigen Gewerbebetriebe sowie der Architekten, Patentanwälte, Rechtsanwälte, Notare, Schornsteinfeger, der Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und wirtschaftlichen Unternehmensberatung die „Systematik der Wirtschaftszweige”, Ausgabe 1961 (herausgegeben vom Statistischen Bundesamt) zugrunde. Diese Systematik kann bei Zweifelsfragen zur Abgrenzung herangezogen werden (Abschn. 261 Abs. 1 UStR). Bei den Berufs- und Gewerbezweigen handelt es sich um Gruppen von Unternehmern annähernd gleicher Verhältnisse der Besteuerungsgrundlagen. Die Durchschnittssätze können daher nur von den Unternehmern in Anspruch genommen werden, die die wesentlichen Leistungen des Berufs- und Gewerbezweigs erbringen. Übersetzer sind keine „Schriftsteller” im Sinne der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV Abschn. A IV. Nr. 5. Eine einzelfallorientierte Zuordnung von Übersetzern zu dieser Berufsgruppe oder von Untergruppen der Übersetzer (Literaturübersetzer, Fachübersetzer), je nach der Übersetzungstiefe oder dem wissenschaftlichen Gehalt der Übersetzung, widerspricht dem Vereinfachungszweck (vgl. ).

Tz. 297 Durchschnittssätze für Teile von Vorsteuern

Die in Abschnitt B der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV aufgeführten Unternehmer dürfen auf Antrag bestimmte Teile ihrer Vorsteuern nach Durchschnittssätzen absetzen, sofern sie die genannten Voraussetzungen erfüllen. Diese Sätze erfassen im Wesentlichen die Vorsteuern, die den Gemeinkosten (ohne Raumkosten) zuzurechnen sind. Hierzu zählen insbesondere Vorsteuerbeträge, die zusammenhängen mit Bürokosten, Kosten für Heizung, Beleuchtung, Reinigung, Steuerberatung und Betriebsabrechnung, mit den Anschaffungs-, Instandhaltungs- und Nutzungskosten (auch Miet- und Pachtkosten) für Fahrzeuge, Einrichtungsgegenstände, Maschinen und sonstige zu einer Betriebsanlage gehörende Vorrichtungen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Die Durchschnittssätze gelten schließlich alle anderen Vorsteuerbeträge ab, für die ein gesonderter Abzug nicht zulässig ist.

Neben den Vorsteuerbeträgen nach Durchschnittssätzen können die in Abschnitt B der Anlage genannten Unternehmer unter den Voraussetzungen des § 15 UStG abziehen (§ 70 Abs. 2 UStDV)

  • die tatsächlich angefallenen Vorsteuerbeträge für Gegenstände, die sie zur Weiterveräußerung erworben oder eingeführt haben, einschließlich der Vorsteuerbeträge für Rohstoffe, Halberzeugnisse, Hilfsstoffe und Zutaten sowie der Vorsteuern für Fracht, Verpackung u. Ä., die bei diesen Wareneingängen anfallen;

  • die tatsächlich entstandenen Vorsteuerbeträge für Lieferungen von Gebäuden, Grundstücken und Grundstücksteilen, für deren Ausbauten, Einbauten, Umbauten und Instandsetzungen und für Miete und Pacht von Grundstücken i. S. von § 4 Nr. 12 UStG, bebaut oder unbebaut (sog. Raumkosten).

Das gilt nicht für Vorsteuerbeträge, die mit Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art in Zusammenhang stehen, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind; sie sind mit den Durchschnittssätzen abgegolten. Vgl. im Übrigen Abschn. 261 und 262 UStR.

Tz. 298 Durchschnittssatz für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG

§ 23a UStG

Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, können ihre abziehbaren Vorsteuern durch Anwendung eines Durchschnittssatzes von 7 % auf ihre steuerpflichtigen Umsätze (mit Ausnahme der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs) ermitteln. Voraussetzung ist, dass die genannten Personenvereinigungen, wozu insbesondere Vereine zählen, nicht verpflichtet sind, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen. Weitere Voraussetzung für die Anwendung des Durchschnittssatzes ist, dass der steuerpflichtige Umsatz, mit Ausnahme der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs, im vorangegangenen Kalenderjahr 30 678 € nicht überstiegen hat (§ 23a Abs. 2 UStG). Für die Anwendbarkeit der Regelung ist im ersten Kalenderjahr der unternehmerischen Betätigung der voraussichtliche Umsatz dieses Jahrs maßgebend (vgl. , BStBl 2006 II S. 732).

Die genannten Personenvereinigungen können wählen, ob sie die abziehbaren Vorsteuerbeträge einzeln ermitteln oder den Durchschnittssatz anwenden wollen (§ 23a Abs. 3 UStG). Die Entscheidung für die Anwendung des Durchschnittssatzes bindet für einen Zeitraum von fünf Kalenderjahren. Zum Widerrufsrecht vgl. § 23a Abs. 3 Satz 3 und 4 UStG.

Die Personenvereinigungen sind von der Pflicht zur Aufzeichnung ihrer Vorumsätze und Vorsteuern (§ 22 Abs. 2 Nr. 5 UStG) sowie der Bemessungsgrundlagen für die Einfuhr und der Einfuhrumsatzsteuer (§ 22 Abs. 2 Nr. 6 UStG) insoweit befreit, als sie die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach dem Durchschnittssatz berechnen (§ 66a UStDV).

Tz. 299 Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe

§ 24 Abs. 1 UStG

Umsatzsteuer und Vorsteuer sind für Umsätze pauschal festgesetzt, die ein Unternehmer im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausführt. Die Durchschnittssätze für die Umsatzsteuer und für die Vorsteuer sind grds. gleich hoch, so dass eine Steuerzahllast nicht entsteht. Das gilt nicht für die Lieferungen von in der Anlage 2 des UStG nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnissen und Getränken sowie von alkoholischen Flüssigkeiten (Tz. 301).

Neben dem Vorsteuer-Durchschnittssatz ist die Geltendmachung eines weiteren Vorsteuerabzugs ausgeschlossen.

Die Durchschnittssätze gelten bei Anwendung des § 24 UStG auch für Umsätze des § 4 Nr. 1–7 UStG. Die Steuerbefreiungen des § 4 Nr. 8 ff. UStG bleiben unberührt (vgl. dazu Abschn. 266 UStR). § 9 UStG ist nicht anzuwenden. Ein besonderer Abzug der diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuern entfällt. Die Durchschnittssatzbesteuerung umfasst auch die Lieferungen in das Ausland und die Umsätze im Ausland (Abschn. 267 Abs. 1 UStR), damit also auch innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG. Der innergemeinschaftliche Erwerb wird nicht nach Durchschnittssätzen besteuert. Maßgebend ist § 1a UStG.

Im Zuge der Anhebung des Normalsatzes von 16 auf 19 % zum durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 v. (BGBl 2006 I S. 1402; vgl. Huschens, NWB F. 7 S. 6735) sind

  • die Vorsteuerpauschale für forstwirtschaftliche Umsätze (§ 24 Abs. 1 Satz 3 UStG) von 5 % auf 5,5 % sowie

  • die Vorsteuerpauschale für alle anderen Umsätze (§ 24 Abs. 1 Satz 3 UStG) von 9 % auf 10,7 %.

angehoben werden.

Die Durchschnittssätze für die land- und forstwirtschaftlichen Ausgangsumsätze nach § 24 Abs. 1 UStG betragen ab entsprechend:

  • 5,5 % für Lieferungen von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, ausgenommen Sägewerkserzeugnisse (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 UStG),

  • 19 % für Lieferungen der in der Anlage 2 zum UStG nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG),

  • 10,7 % für die übrigen Umsätze (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG).

Tz. 300 Lieferungen forstwirtschaftlicher Erzeugnisse

§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG

Für die Lieferungen forstwirtschaftlicher Erzeugnisse (ausgenommen Sägewerkserzeugnisse) im Rahmen eines forstwirtschaftlichen Betriebs sind die Umsatzsteuer und die Vorsteuer auf je 5,5 % festgesetzt. Zu den forstwirtschaftlichen Erzeugnissen vgl. im Einzelnen Abschn. 265 Abs. 1 UStR.

Tz. 301 Sägewerkserzeugnisse und Getränke, die nicht in der Anlage 2 des UStG aufgeführt sind; alkoholische Flüssigkeiten

§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG

Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen der in der Anlage des UStG nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse (z. B. Balken, Bohlen, Kanthölzer, besäumte und unbesäumte Bretter, Holzwolle, Holzmehl) sind die Umsatzsteuer auf 19 % und die Vorsteuer auf 10,7 % festgesetzt. Es entsteht somit eine Zahllast von 8,3 %.

Für Lieferungen in das Ausland und im Ausland bewirkte Lieferungen von nicht in der Anlage des UStG aufgeführten Sägewerkserzeugnissen betragen Umsatzsteuer und Vorsteuer je 10,7 %. Insoweit entsteht keine Zahllast. Dasselbe gilt für nicht unter § 4 Nr. 8 ff. UStG fallende Lieferungen dieser Gegenstände, für die ohne Anwendung des § 24 UStG eine niedrigere oder keine Umsatzsteuer zu entrichten wäre (z. B. Umsätze nach dem Offshore-Steuerabkommen, NATO-Truppenstatut, Ergänzungsabkommen zum Protokoll über die NATO-Hauptquartiere; Abschn. 267 Abs. 2 UStR).

Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen von in der Anlage des UStG nicht aufgeführten Getränken und von alkoholischen Flüssigkeiten (vgl. dazu Abschn. 265 Abs. 2 UStR) sind die Umsatzsteuer auf 19 % und die Vorsteuer auf 10,7 % festgesetzt. Die Zahllast beträgt also 8,3 %. Vergorene Kirschmaische stellt eine alkoholische Flüssigkeit dar, die dem Regelsteuersatz unterliegt (vgl. , BStBl 2008 II S. 532).

Für Lieferungen in das Ausland und im Ausland bewirkte Lieferungen von alkoholischen Flüssigkeiten und von Getränken betragen die Umsatzsteuer und Vorsteuer jeweils 10,7 %. Es entsteht also keine Zahllast.

Tz. 302 Vereinfachungsregelung für Umsätze von alkoholischen Flüssigkeiten und von nicht in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Getränken

Umsatzsteuer wird nicht erhoben für die Lieferung von alkoholischen Flüssigkeiten und von nicht in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Getränken, wenn diese Umsätze im laufenden Kalenderjahr nicht mehr als 1 200 € betragen (vgl. , BStBl 2001 I S. 1009), für sie die Durchschnittssätze des § 24 Abs. 1 UStG angewendet werden und wenn der Unternehmer daneben nur Umsätze bewirkt, die unter § 24 UStG ohne Entstehung einer Zahllast fallen.

Andere Umsätze außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs schließen die Billigkeitsregelung nicht aus, wenn für sie die Vorschrift des § 19 Abs. 1 UStG angewendet wird oder wenn sie nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG den Vorsteuerabzug ausschließen. Die Entrichtung von Vorauszahlungen und die Abgabe von Voranmeldungen entfallen, wenn zu erwarten ist, dass die Umsatzgrenze von 1 200 € im laufenden Kalenderjahr nicht überschritten wird. Die Pflicht zur Aufzeichnung der Umsätze, für die die Billigkeitsregelung gilt, bleibt unberührt (Abschn. 268 UStR).

Tz. 303 Sägewerkserzeugnisse der Anlage 2 des UStG; sonstige Leistungen; Hilfsumsätze

Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen der in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Sägewerkserzeugnisse (insbesondere Holzabfälle, die in Sägewerken anfallen, z. B. Schwarten, Hobel-, Hack- und Sägespäne), für die sonstigen Leistungen sowie für die Hilfsumsätze sind Umsatzsteuer und Vorsteuer auf je 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Zu den sonstigen Leistungen im Rahmen eines forstwirtschaftlichen oder landwirtschaftlichen Betriebs zählen z. B. das Fällen von Bäumen für andere im Werklohn; Lohnfuhren; die Abgabe von Ausweisen zur Berechtigung zum Sammeln von Raff- und Leseholz, Waldbeeren oder Pilzen, zum Aufstellen von Bienenvölkern; die Pensionsviehhaltung und die Tieraufzucht für andere, soweit die Fremdviehhaltung und -aufzucht nach den Grundsätzen des Einkommensteuer und Gewerbesteuerrechts den land- und forstwirtschaftlichen, nicht den gewerblichen Tätigkeiten zuzurechnen ist (Abschn. 264 Abs. 4 UStR). Zu den sonstigen Leistungen zählen ferner der Lohndrusch, die Pflanzenanzucht im Lohnverfahren, das Decken von Tieren, Fischerei- und Jagdrechtsübertragungen, die Ausgabe von Angelkarten. Hilfsumsätze sind z. B. der Verkauf einer gebrauchten Landmaschine, die Lieferungen von Erzeugnissen aus Nebenbetrieben (z. B. Sand-, Kiesgruben, Steinbrüche, Torfstiche) oder aus Be- oder Verarbeitungsbetrieben (z. B. Käsereien, Konservenfabriken), der Verkauf zugekaufter fremder Erzeugnisse im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und die Lieferungen von Wild, wenn es nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung gehört. Nicht als Hilfsumsatz anzusehen ist der Verkauf eines Anlageguts, das selbst ein landwirtschaftliches Erzeugnis ist (z. B. Verkauf einer Milchkuh). Wegen weiterer Einzelheiten s. , BStBl 1984 I S. 604.

Tz. 304 Übrige landwirtschaftliche Umsätze

§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG

Für die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten übrigen Umsätze sind die Umsatzsteuer und die Vorsteuer auf jeweils 10,7 % festgelegt, so dass eine Zahllast nicht entsteht. Zu den übrigen Umsätzen zählen nur Lieferungen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, z. B. von Getreide, Vieh, Fleisch, Milch, Milchmischgetränken mit einem Milchanteil von mindestens 75 % des Fertigerzeugnisses, Obst, Gemüse, Pflanzen, Eier (Abschn. 265 Abs. 3 UStR).

Tz. 305 Ausstellung von Rechnungen; Ausweis zu hoher Steuerbeträge; Voranmeldungen der Land- und Forstwirte

Für Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nach § 24 UStG ist § 14 UStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass neben dem Umsatzsteuerbetrag der für den Umsatz maßgebliche Durchschnittssatz in der Rechnung oder Gutschrift zusätzlich anzugeben ist. Wird in der Rechnung oder Gutschrift ein überhöhter Umsatzsteuerbetrag gesondert ausgewiesen, schuldet der Land- und Forstwirt den Mehrbetrag nach § 14 Abs. 2 UStG. Der Leistungsempfänger darf abweichend von § 15 Abs. 1 UStG den gesondert berechneten Steuerbetrag nur bis zu der Höhe als Vorsteuer abziehen, der der gesetzlichen Umsatzsteuer für den Umsatz entspricht.

Land- und Forstwirte, die für ihre Umsätze § 24 UStG anwenden, haben nur dann Voranmeldungen abzugeben, wenn sie Umsätze mit nicht in der Anlage des UStG aufgeführten Getränken und Sägewerkserzeugnissen bewirken oder Umsätze mit alkoholischen Getränken, wobei der Betrag von 1.200 € im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich nicht überstiegen wird. Weitere Einzelheiten enthält Abschn. 230 Abs. 2 und 3 UStR. Wegen der Aufzeichnungspflichten vgl. § 67 UStDV.

Tz. 306 Begriff „land- und forstwirtschaftlicher Betrieb”

§ 24 Abs. 2 UStG

Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten die Forstwirtschaft, die Landwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen (z. B. der Weiden-, Hopfen- und Tabakanbau, der Anbau von anderen Handelsgewächsen, die Pflanzenzucht in Gewächshäusern, der Anbau von Heilkräutern, die Pilzzucht in Kellern), die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft (nicht die Zierfischzucht in Aquarien), die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht. Bei der Imkerei und Wanderschäferei sind eigene oder gepachtete landwirtschaftliche Flächen nicht erforderlich. Land- und forstwirtschaftliche Liebhabereibetriebe sind den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zuzuordnen.

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe und ihre Nebenbetriebe sind von den Gewerbebetrieben i. d. R. nach den Grundsätzen des Einkommensteuer- und des Gewerbesteuerrechts abzugrenzen (vgl. R 135 EStR). Die Heranziehung der ertragsteuerrechtlichen Grundsätze beschränkt sich jedoch auf die Klärung der Frage, ob die jeweilige Tätigkeit ihrem Wesen nach eine land- und forstwirtschaftliche oder eine gewerbliche Tätigkeit ist. Leistungen, die ihrer Natur nach gewerbliche Leistungen sind (z. B. Fuhrleistungen) und von jedem gewerblichen Unternehmer erbracht werden könnten, unterliegen dann der Durchschnittssatzbesteuerung, wenn sie eine landwirtschaftliche Hilfstätigkeit oder eine Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs darstellen (vgl. Abschn. 264 Abs. 1 UStR). Ein Gewerbebetrieb ist grds. anzunehmen, wenn dauernd und nachhaltig fremde Erzeugnisse über den betriebsnotwendigen Umfang hinaus zugekauft werden.

Werden selbstgewonnene land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse über ein eigenes Handelsgeschäft (z. B. Ladengeschäft, Einzel- oder Großhandelsbetrieb) abgesetzt, sind die Betriebe zusammen als ein einheitlicher Betrieb anzusehen, wenn der Unternehmer die Eigenerzeugnisse (anzusetzen mit dem Abgabepreis an Wiederverkäufer) regelmäßig und nachhaltig zu mehr als 40 % in seinem Handelsgeschäft veräußert. Der einheitliche Betrieb ist ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, wenn der steuerschädliche Zukauf 30 % des Gesamtumsatzes nicht übersteigt. Der einheitliche Betrieb ist i. d. R. ein Gewerbebetrieb, wenn der Fremdzukauf mehr als 30 % beträgt. Für die im Gewerbebetrieb veräußerten eigenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse können die Durchschnittssätze des § 24 Abs. 1 UStG nicht angewendet werden. Veräußert ein Landwirt Waren in einem sog. Hofladen, unterliegt nur die Veräußerung selbsterzeugter landwirtschaftlicher Produkte zugekaufter landwirtschaftlicher Produkte der Durchschnittssatzbesteuerung, und nicht auch die Veräußerung (vgl. , BStBl 2008 II S. 158 – Abkehr v. Urteil v. - V R 43/00, BStBl 2002 II S. 701). Der BFH stellt dabei nicht auf die Umsätze eines Hofladens ab, sondern verleiht seinen Aussagen eine allgemeine Gültigkeit. Werden Waren in einem Hofladen oder einer anderen Verkaufseinrichtung (z. B. mobiler Marktstand) abgesetzt, beschränkt sich die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung daher auf die Veräußerung der im eigenen Betrieb erzeugten land- und forstwirtschaftlichen Produkte. Umsätze aus der Lieferung von zugekauften Erzeugnissen unterliegen hingegen einer Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG. Dies gilt auch für die Veräußerung von aus selbst erzeugten land- und forstwirtschaftlichen Produkten hergestellten Gegenständen, wenn diese Gegenstände durch eine Be- oder Verarbeitung ihren land- und forstwirtschaftlichen Charakter verloren haben (z. B. Wurstwaren, Gestecke, Adventskränze), vgl. , BStBl 2008 I S. 293. Diese Regelungen gelten auch für Umsätze, die außerhalb der im BMF-Schreiben genannten Verkaufseinrichtungen ausgeführt werden (vgl. NWB JAAAC-85276).

Das Handelsgeschäft ist ein selbständiger Gewerbebetrieb, wenn die Erzeugnisse des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu nicht mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden, der Wert des Zukaufs fremder Erzeugnisse aber 30 % des Umsatzes des Handelsgeschäfts übersteigt oder die eigenen Erzeugnisse des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden, diese jedoch im Verhältnis zur gesamten Absatzmenge des Handelsgeschäfts nur von untergeordneter Bedeutung sind. Zum Betrieb von Biogasanlagen vgl. ).

Übernimmt eine Gärtnerei auch die Grabpflege und werden hierzu weit überwiegend eigenerzeugte Pflanzen verwendet, liegt grds. ein landwirtschaftlicher Betrieb vor. Eine Friedhofsgärtnerei, deren Umsatz aus der Grabpflege 50 % des Gesamtumsatzes übersteigt und bei der im Gesamtumsatz die Entgelte für sonstige Leistungen und für Lieferungen nicht selbst gezogener Pflanzen überwiegen, ist i. d. R. als Gewerbebetrieb anzusehen. Eine Friedhofsgärtnerei gilt auch dann als Gewerbebetrieb, wenn die Entgelte für sonstige Leistungen und für Lieferungen nicht selbst gezogener Pflanzen zwar nicht überwiegen, bei der aber die dazu benötigten Pflanzen nahezu ausschließlich für die Friedhofsgärtnerei eingesetzt werden. Mit Urteil vom 31. 5. 2007 - V R 5/05 NWB JAAAC-59570 hat der BFH entschieden, dass Grabpflegeleistungen keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen sind und somit nicht in den Anwendungsbereich der Sonderregelung für Land- und Forstwirte fallen. Die Finanzverwaltung wendet das Urteil derzeit nicht allgemein an. Daher können u. a. Friedhofsgärtnereien, die nach den ertragsteuerlichen Regelungen die Voraussetzungen für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erfüllen, bis auf Weiteres sowohl reine Pflanzenlieferungen als auch andere damit im Zusammenhang stehende Leistungen mit den Durchschnittssätzen des § 24 UStG versteuern. Zu den mit einer Pflanzenlieferung im Zusammenhang stehenden Leistungen zählt auch die Grabpflege.

Erschöpft sich die unternehmerische Betätigung im Bereich der Landwirtschaft in der Verpachtung des landwirtschaftlichen Betriebs, betreibt der Unternehmer mit der Verpachtung keinen landwirtschaftlichen Betrieb (Abschn. 264 Abs. 5 UStR). Verpachtet ein Land- und Forstwirt seinen landwirtschaftlichen Betriebszweig ganz oder nur zum Teil, unterliegen die Verpachtungsumsätze nicht der Durchschnittssatzbesteuerung, auch wenn er nach der Verpachtung weiterhin als Land- oder Forstwirt tätig ist (vgl. , BStBl 2002 II S. 555; , Harbs NWB OAAAB-79425, sowie , BStBl 2005 II S. 896). Auch die Verpachtung einzelner Flächen durch einen Landwirt im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unterliegt danach nicht der Durchschnittsbesteuerung. Zur Vermietung und Verpachtung im landwirtschaftlichen Bereich s. auch Schrader, NWB F. 7 S. 6551. Zur Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe vgl. im Einzelnen auch NWB TAAAD-15474.

Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf Vermietungsleistungen setzt voraus (vgl. , BStBl 2005 I S. 1064), dass das für land- und forstwirtschaftliche Zwecke überlassene Wirtschaftsgut dem Grunde oder der vorhandenen Anzahl nach dem betriebsgewöhnlichen, d. h. normalen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnen ist. Zudem muss das Wirtschaftsgut trotz der Vermietung normalerweise im Rahmen der eigenen Erzeugertätigkeit des Vermieters verwendet werden, d. h. der Vermieter bleibt gewöhnlicher Nutzer des Gegenstands. Ein Wirtschaftsgut ist dem Grunde oder der vorhandenen Anzahl nach dem betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnen, wenn es nach seiner objektiven Zweckbestimmung und der tatsächlichen Übung den vom Steuerpflichtigen ausgeübten Erzeugertätigkeiten dient.

Umsätze aus der Vermietung von Wirtschaftsgütern, die

  • im eigenen Betrieb nicht verwendet werden oder

  • einem nicht betriebstypischen Überbestand zuzurechnen sind oder

  • ausschließlich zur Überlassung an Dritte vorgehalten werden

sind unabhängig von der Dauer sowie dem Zweck der Vermietung aus dem Anwendungsbereich der Durchschnittssatzbesteuerung ausgeschlossen, da diese Mittel von vornherein nicht zum betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören.

Ein Wirtschaftsgut, das bis zur Vermietung als zum betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehörig anzusehen ist, scheidet für die Dauer der Vermietung aus diesem Kreis aus, wenn sich der Vermieter durch eine langfristige Vermietung einer Nutzungsmöglichkeit im eigenen Betrieb begibt. Eine Mietdauer von mindestens zwölf Monaten ist stets als langfristig anzusehen. Solche Vermietungsumsätze unterliegen daher nicht der Durchschnittssatzbesteuerung.

Ob das überlassene Wirtschaftsgut zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird, ist aus der Sicht des Leistungsempfängers zu beurteilen. Ein solcher Zweck liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut in der Sphäre des Leistungsempfängers unter planmäßiger Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie zur Vermarktung der daraus selbst gewonnenen Erzeugnisse eingesetzt wird. Zur landwirtschaftlichen Erzeugung gehören auch Tätigkeiten der ersten Be- oder Verarbeitungsstufe, wenn im Wesentlichen selbst erzeugte landwirtschaftliche Produkte be- oder verarbeitet werden. Wird die Leistung nicht an einen anderen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erbracht, ist davon auszugehen, dass die Vermietung nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient. Für die Frage, ob ein solcher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, ist auf die wirtschaftliche Betätigung des Leistungsempfängers abzustellen. Hinsichtlich der Frage, ob eine Betätigung ihrem Wesen nach eine land- und forstwirtschaftliche oder eine gewerbliche Tätigkeit ist, sind die ertragsteuerrechtlichen Grundsätze anzuwenden (Abschn. 264 Abs. 1 Satz 3 UStR i. V. mit R 135 Abs. 1 Satz 1 EStR). Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung wird jedoch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Vermietung an eine Gesellschaft erfolgt, die zwar eine land- und forstwirtschaftliche Erzeugertätigkeit ausübt und die angemieteten Wirtschaftsgüter auch für diese verwendet, aber kraft ihrer Rechtsform ertragsteuerrechtlich als Gewerbebetrieb einzuordnen ist (z. B. Kapitalgesellschaften, Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, die auch eine Tätigkeit i. S. des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausüben).

Die Vermietung von Gästezimmern und Ferienwohnungen zur Beherbergung Betriebsfremder dient nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken. Entsprechende Umsätze unterliegen ab nicht mehr der Durchschnittssatzbesteuerung, sondern den allgemeinen Vorschriften des UStG.

Im Rahmen des Netzaufbaus mieten Betreiber von Mobilfunknetzen flächendeckend Standorte u. a. auf landwirtschaftlich genutzten Flächen an, um darauf Funkfeststationen zu errichten. Die Vermietung solcher Standorte dient nicht landwirtschaftlichen Zwecken. Eine Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung kommt insoweit nicht in Betracht.

Mit der Überlassung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, von Betriebsteilen oder einzelner Wirtschaftsgüter durch Verpachtung oder Einräumung eines Nießbrauchs wird dem Pächter bzw. Nießbrauchsberechtigten die Möglichkeit des Gebrauchs und der Fruchtziehung eingeräumt. Der Verpächter bzw. Nießbrauchsverpflichtete kann die überlassenen Gegenstände für die Dauer der Pacht bzw. der Einräumung des Nießbrauchs nicht mehr für Zwecke der eigenen Erzeugertätigkeit einsetzen. Mit Beginn der Überlassung scheiden die Wirtschaftsgüter aus dem normalen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs aus. Auf entsprechende Umsätze findet die Durchschnittssatzbesteuerung keine Anwendung. Diese Leistungen unterliegen ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang der Verpächter oder Nießbrauchsverpflichtete weiterhin als Land- oder Forstwirt tätig ist, den allgemeinen Vorschriften des UStG.

Die Verpachtung eines Eigenjagdbezirks durch einen Forstwirt ist kein im Rahmen des forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführter Umsatz. Sie unterliegt der allgemeinen Besteuerung (vgl. , BStBl 1999 II S. 378; so auch , BStBl 2006 II S. 280, Nachfolgeentscheidung zu , Stadt Sundern NWB FAAAB-79454 zur Verpachtung eines Jagdbezirks durch eine Kommune). Die Überlassung einer Milchquote gegen Entgelt unterliegt nicht der Durchschnittssatzbesteuerung, wenn sie in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb steht (, BStBl 1999 II S. 149). Zur Abgrenzung der Land- und Forstwirtschaft vom gewerblichen Betrieb bei Herstellung und Vertrieb von Sekt durch Weinbaubetriebe vgl. (BStBl 1996 I S. 1434). Zur Frage, ob sich die Struktur eines landwirtschaftlichen Betriebs zu der eines gewerblichen verändert hat vgl. , BStBl 1996 II S. 550. Ein Land- und Forstwirt, der aus seinem Eigenjagdrecht heraus Dritten gegen Entgelt die Teilnahme an Treibjagden gestattet oder sonst die Möglichkeit des Einzelabschusses von Wildtieren einräumt, erbringt insoweit keine land- und forstwirtschaftlichen Dienstleistungen i. S. des Gemeinschaftsrechts und damit keine Dienstleistungen, die der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterfallen (vgl. , BStBl 2009 II S. 216).

Zur Frage, ob landwirtschaftliche Erzeugnisse, die nach Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs noch vorhanden sind, noch im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs i. S. des § 24 UStG geliefert werden vgl. , BStBl 2007 II S. 485. Das BMF hält daran fest, dass die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung voraussetzt, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb noch bewirtschaftet wird (Abschn. 264 Abs. 5 Satz 1 UStR). Daher unterliegen Umsätze aus dem Verkauf selbst erzeugter land- und forstwirtschaftlicher Produkte nach Betriebsaufgabe nicht der Durchschnittssatzbesteuerung. Für diese Wirtschaftsgüter kommt die Berichtigung des Vorsteuerabzugs in Betracht (vgl. , BStBl I 2007 S. 507).

Tz. 307 Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe

§ 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG

Die Abgrenzung der landwirtschaftlichen Tierzucht und Tierhaltung von der gewerblichen Tierzucht und Tierhaltung ist nach den Grundsätzen vorzunehmen, die für die Zwecke der Einkommen- und Gewerbesteuer gelten (vgl. , BStBl 1983 II S. 36, und R 124a EStR). Ein Unternehmer, der überwiegend mit erworbenem Vieh Handel treibt und daneben erworbenes Magervieh zum Zwecke des Verkaufs als Schlachtvieh mästet, unterhält einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Als land- und forstwirtschaftliche Betriebe gelten Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.

Pelztierzucht und -haltung gehören nur dann zur landwirtschaftlichen Nutzung, wenn die dazu erforderlichen Futtermittel überwiegend von den vom Inhaber des Betriebs landwirtschaftlich genutzten Flächen gewonnen werden.

Als landwirtschaftliche Betriebe gelten auch die gemeinschaftliche Tierzucht und Tierhaltung von Personengesellschaften und Vereinen, wenn sie die Voraussetzungen des § 51a BewG erfüllen. Wegen der Behandlung von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vgl. Tz. 308.

Die Aufzucht und das Halten von fremdem Vieh durch Landwirte kann den im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätzen zuzurechnen sein oder eine davon losgelöste gewerbliche Tätigkeit darstellen. Die Zierfischzucht in Teichen fällt nicht unter § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Zur Frage, inwieweit die Aufzucht von Köderfischen, Testfischen, Futterfischen und Besatzfischen in Teichen als land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gilt, vgl. , BStBl 1987 II S. 467. Für Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder selbständigen oder gewerblichen, nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, ist die Durchschnittssatzbesteuerung nicht anwendbar (, BStBl 2004 I S. 851). Das gilt auch für die Vermietung von Pferden zu Reitzwecken. Diese Vermietungsumsätze unterliegen aber dem ermäßigten Steuersatz. Umsätze aus einem Tierzuchtbetrieb werden dann nicht im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgeführt, wenn dem Unternehmer für die Tierhaltung nicht in ausreichendem Umfang selbst bewirtschaftete Grundstücksflächen zur Verfügung stehen. Es ist rechtsmissbräuchlich, wenn ein Händler und ein Landwirt die Umsätze des Landwirts durch Verkauf und Rückkauf von Tieren oder sonstigen landwirtschaftlichen Produkten ohne Rücksicht auf den wirtschaftlichen Gehalt der vom Landwirt erbrachten Leistung künstlich erhöhen und der Händler in den Genuss eines hierdurch erhöhten Vorsteuerabzugs zu gelangen versucht (, BStBl 1998 II S. 637).

Tz. 308 Gewerbebetrieb kraft Rechtsform

§ 24 Abs. 2 Satz 3 UStG

Die Durchschnittssatzbesteuerung erstreckt sich nicht auf Gewerbebetriebe kraft Rechtsform. Hierzu gehören insbesondere Betriebe der Land- und Forstwirtschaft in der Form von Kapitalgesellschaften oder von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die nach § 2 Abs. 2 GewStG als Gewerbebetriebe gelten. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann die Durchschnittssatzbesteuerung ebenfalls nicht anwenden. Personengesellschaften, die sowohl gewerblich als auch land- und forstwirtschaftlich tätig sind, können die Durchschnittssätze nach § 24 UStG für solche land- und forstwirtschaftlichen Umsätze in Anspruch nehmen, die im Rahmen von abgrenzbaren Teilbereichen ausgeführt werden; vgl. Abschn. 264 Abs. 3 UStR. Ein Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG; Abschn. 16 GewStR) gilt auch dann nicht als ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, wenn im Übrigen die Merkmale eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs vorliegen.

Tz. 309 Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe

§ 24 Abs. 2 Satz 2 UStG

Die Anerkennung eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs setzt einen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb desselben Unternehmers voraus. Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind und nach Einkommensteuer- und Gewerbesteuerrecht keinen gewerblichen Betrieb darstellen. Zu den Nebenbetrieben gehören Be- oder Verarbeitungsbetriebe (z. B. Brennereien, Kartoffelverarbeitungsbetriebe, Käsereien, Keltereien, Klenganstalten, Molkereien, Mostereien, Mühlen, Sägewerke), wenn die eingesetzte Rohstoffmenge überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb erzeugt wird und die be- oder verarbeiteten Produkte überwiegend für den Verkauf bestimmt sind. Werden vorübergehend fremde Erzeugnisse über den betriebsnotwendigen Umfang hinaus zugekauft, um eine zeitlich begrenzte Notlage des landwirtschaftlichen Hauptbetriebs zu überbrücken, kann der Betrieb auch für die Zeit des erhöhten Zukaufs als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb anerkannt werden. Die Lieferungen von in land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieben hergestellten Erzeugnissen (z. B. Gemüsekonserven, Sauerkraut) fallen in vollem Umfang unter die Regelung des § 24 UStG, also auch für den Anteil, der den zugekauften Rohstoffen entspricht.

Ein Substanzbetrieb (z. B. Kies-, Lehm-, Sand- und Tongruben, Torfstiche, Steinbrüche), der dauernd und nachhaltig Substanz an Fremde veräußert, ist als land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb anzusehen, wenn die gewonnene Substanz überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet wird (R 135 Abs. 3 EStR). Leistungen, die ihrer Natur nach gewerbliche Leistungen sind (z. B. Fuhrleistungen) und von jedem gewerblichen Unternehmer erbracht werden könnten, unterliegen dann der Durchschnittssatzbesteuerung, wenn sie eine landwirtschaftliche Hilfstätigkeit oder eine Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs darstellen (vgl. , BStBl 1998 II S. 359).

Eine Brennerei ist nur dann ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb, wenn sie überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe verarbeitet (, BStBl 1998 II S. 359). Veräußert ein Landwirt, der neben seinem landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb einen gewerblichen Absatzbetrieb unterhält, landwirtschaftliche Erzeugnisse an Dritte, sind die entsprechenden Umsätze im Rahmen des gewerblichen Unternehmens ausgeführt, wenn durch dieses die mit den Umsätzen verbundene Verkaufstätigkeit ausgeübt wird.

Bei Land- und Forstwirten, die für ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Durchschnittssatzbesteuerung anwenden, sind die Umsätze aus der vorübergehenden Beherbergung von Betriebsfremden in Gästezimmern in die Durchschnittssatzbesteuerung einzubeziehen, wenn die Beherbergung nicht als Gewerbebetrieb anzusehen ist (vgl. R 137 EStR). Aus Vereinfachungsgründen ist keine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, wenn weniger als vier Zimmer oder weniger als sechs Betten zur Beherbergung von Fremden bereitgehalten werden und keine Hauptmahlzeit gewährt wird. Die Gewährung von Frühstück und die Reinigung der Räume sind insoweit unschädlich.

Tz. 310 Land- und Forstwirtschaft als gesondert geführter Betrieb

§ 24 Abs. 3 UStG

Führt ein Unternehmer neben land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen auch andere Umsätze aus, ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als gesondert geführter Betrieb zu behandeln. Die gewerblichen oder beruflichen Umsätze unterliegen der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften, nicht nach § 24 UStG. Hängt die Anwendung einer Vorschrift (z. B. § 19 Abs. 1 und 3 UStG) vom Gesamtumsatz ab, sind die Umsätze aus dem gewerblichen oder beruflichen und aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zusammenzurechnen. Soweit der Unternehmer die im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bewirkten Umsätze nicht aufgezeichnet hat (§ 67 UStDV), sind sie nach den Betriebsmerkmalen und unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse zu schätzen. Die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG beschränkt sich auf die Umsätze außerhalb der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1–3 UStG. Für die Umsätze des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs verbleibt es bei der Durchschnittssatzbesteuerung.



Vorsteuern können nach Maßgabe des § 15 UStG nur abgezogen werden, soweit sie dem Gewerbebetrieb zuzurechnen sind. Entfallen sie sowohl auf die gewerblichen (beruflichen) als auch auf die land- und forstwirtschaftlichen Umsätze, sind sie nach der vorgesehenen Verwendung der bezogenen Sachen oder Dienste aufzuteilen (vgl. , BStBl 1994 II S. 339). Der auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entfallende Anteil ist mit den Durchschnittssätzen des § 24 Abs. 1 UStG abgegolten (vgl. Beispiel in Abschn. 269 Abs. 2 UStR). Bei der Verwendung von Gegenständen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im eigenen Gewerbebetrieb kann ein Vorsteuerabzug im Gewerbebetrieb insoweit nicht vorgenommen werden. Werden Sachen i. S. des § 91 BGB (z. B. Düngemittel) im Rahmen des gewerblichen Betriebs erworben, die später im landwirtschaftlichen Betriebsteil verwendet werden sollen, sind die Vorsteuerbeträge durch eine entsprechende Zuordnungsentscheidung des Unternehmers (§ 15 Abs. 4 UStG) ggf. im Schätzungswege aufzuteilen. Werden aus den gewerblichen Betrieben Wirtschaftsgüter in den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb überführt, entfällt ein Vorsteuerabzug im Rahmen des Gewerbebetriebs insoweit, als ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) vorliegt. Vgl. Abschn. 269 Abs. 1 und 2 UStR.

Tz. 311 Verzicht auf die Durchschnittssatzbesteuerung

§ 24 Abs. 4 UStG

Der Unternehmer kann spätestens bis zum 10. Tag eines Kalenderjahrs gegenüber dem Finanzamt erklären, dass an seine land- und forstwirtschaftliche Umsätze vom Beginn des vorangegangenen Kalenderjahrs an nicht nach § 24 Abs. 1–3 UStG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen. Bei mehreren land- und forstwirtschaftlichen Betrieben kann die Erklärung ebenso wie der Widerruf nur einheitlich abgegeben werden, unabhängig davon, wie viele Teilbetriebe i. S. des Ertragsteuerrechts der Unternehmer hat.

Die Optionserklärung bindet den Land- und Forstwirt mindestens für fünf Kalenderjahre. Im Falle der Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG) ist der Erwerber als Rechtsnachfolger an die Optionsfrist gebunden. Eine Ausnahme besteht für Kleinunternehmer, vgl. § 71 UStDV. Die Optionserklärung kann nach Ablauf dieser Frist nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahrs an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum zehnten Tag nach Beginn dieses Kalenderjahrs zu erklären. Die Frist für den Widerruf kann das Finanzamt verlängern. Ist sie bereits abgelaufen, kann sie rückwirkend verlängert werden, wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen.

Mit dem Beginn des Kalenderjahrs, ab dem die Option zur Regelbesteuerung wirkt, sind Vorsteuern für nach dem Übergang bezogene Sachen und Dienste sowie nach dem Übergang für das Unternehmen eingeführte Gegenstände nach Maßgabe des § 15 UStG abziehbar. Die Vorsteuern sind dagegen mit den Durchschnittssätzen des § 24 Abs. 1 UStG abgegolten, soweit die Umsätze vor dem Übergang an den Unternehmer ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Leistungsbezüge, die erst nach dem Übergang zur allgemeinen Besteuerung verwendet werden. Widerruft der Unternehmer die Option, bleibt ihm der Vorsteuerabzug für Leistungen erhalten, die vor dem Übergang zur Besteuerung nach § 24 UStG an ihn ausgeführt wurden.

Gehen nach dem Übergang zur Regelbesteuerung Außenstände für Umsätze ein, die vor dem Übergang ausgeführt worden sind, unterliegen diese Umsätze noch der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG. Das gilt auch bei Anwendung der Istversteuerung nach § 20 Abs. 1 UStG. Anzahlungen vor dem Wechsel für nach dem Wechsel ausgeführte Umsätze sind mit den Steuersätzen des § 12 UStG zu versteuern. Widerruft der Unternehmer die Optionserklärung, sind Anzahlungen, die er vor dem Wechsel zur Besteuerung nach § 24 UStG für Umsätze erhalten hat, die er erst nach dem Wechsel ausführt, mit den Durchschnittssätzen des § 24 Abs. 1 UStG zu versteuern; Außenstände, die nach dem Übergang für vor dem Wechsel ausgeführte Umsätze eingehen, unterliegen der Umsatzsteuer zum normalen oder ermäßigten Steuersatz des § 12 UStG. Das hat Bedeutung für Unternehmer, denen vor dem Übergang zur Besteuerung nach § 24 UStG die Istversteuerung gestattet war.

Tz. 312 Besteuerung von Reiseleistungen

§ 25 Abs. 1 UStG; § 72 UStDV

Alle bei Durchführung einer Reise erbrachten Leistungen gelten als einheitliche sonstige Leistung des Reiseveranstalters, wenn sie nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind und soweit der leistende Unternehmer dabei im eigenen Namen auftritt sowie Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Die einheitliche sonstige Leistung wird an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Reiseveranstalter sein Unternehmen betreibt. Bewirkt er die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte aus, gilt der Ort der Betriebsstätte als Leistungsort (§ 3a Abs. 1 UStG). Als Reiseleistungen sind insbesondere anzusehen die Beförderung zu den einzelnen Reisezielen, der Transfer, die Unterbringung und Verpflegung, die Betreuung durch Reiseleiter, die Durchführung von Veranstaltungen, eine im Reisepreis enthaltene Reiserücktrittskostenversicherung. Es ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer ein Bündel von Einzelleistungen erbringt. Eine Reiseleistung i. S. von § 25 Abs. 1 UStG liegt auch vor, wenn der Reiseunternehmer nur eine Leistung bewirkt, z. B. Vermietung von Ferienwohnungen ohne Anreise und Verpflegung. Die Sonderregelung gilt auch für Reiseveranstalter, deren Reiseleistungen nicht allein Gegenstand ihres Unternehmens sind, z. B. Reiseleistungen eines Kaufhauskonzerns. Leistungsempfänger ist der Besteller der Reiseleistung. Er braucht nicht mit dem Reisenden identisch zu sein (z. B. Vater schenkt seinem Sohn eine Pauschalreise). Die Sonderregelung für Reiseleistungen gilt auch für Umsätze eines Veranstalters von sog. „High-School-Programmen” und „College-Programmen” mit Auslandsaufenthalt von drei bis zehn Monaten (sog. Sprachreisen), vgl. , iSt internationale Sprach- und Studienreisen GmbH NWB WAAAB-79405. Die Leistungen eines Unternehmers, der die Durchführung von Sprachstudienaufenthalten im Ausland einschließlich Beförderung und Betreuung im eigenen Namen anbietet, können als einheitliche Leistung unter § 25 UStG fallen. Auf den Zweck oder die Dauer des Auslandsaufenthalts der Teilnehmer kommt es insoweit nicht an (, BStBl 2007 II S. 142). Vgl. zur Anwendung dieser Grundsätze ab dem , BStBl 2007 I S. 216.

Auf folgende Formen von Reiseleistungen kann § 25 UStG nicht angewendet werden:

  • Ein Reisebüro tritt als Vermittler des Reisenden auf. Für das Reisebüro gilt § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG, eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 UStG scheidet aus.

  • Ein Reisebüro tritt als Vermittler des Hotels usw. auf. Für das Reisebüro gilt § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG. Einzelne Vermittlungsleistungen können unter den Voraussetzungen von § 4 Nr. 5 UStG steuerfrei sein.

  • Ein Reiseveranstalter organisiert eine Reise im eigenen Namen und bedient sich dabei eigener oder angemieteter Beförderungsmittel, Hotels usw. (Eigenleistungen). Es handelt sich um verschiedene Leistungen, die jeweils für sich zu beurteilen sind: § 3 Abs. 9 UStG für Verpflegungsleistungen, sofern es sich um sonstige Leistungen handelt, § 3 Abs. 5a–7 UStG für Lieferungen, § 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a UStG für die Hotelunterbringung, § 3a Abs. 2 Nr. 2 UStG für die Beförderungsleistung.

Eine Reiserücktrittskostenversicherung, deren Abschluss bei Buchung der Reise in das Belieben des Leistungsempfängers gestellt wird und für die das Versicherungsentgelt neben dem Reisepreis ggf. gesondert berechnet wird, unterliegt als gesondert zu beurteilende Leistung nicht der Margenbesteuerung. Auch der Abschluss einer obligatorisch vom Reiseveranstalter angebotenen Reiserücktrittskostenversicherung kann eine selbständige Leistung darstellen (vgl. , BStBl 2006 II S. 935). Für vor dem ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer den Abschluss einer obligatorischen Reiserücktrittskostenversicherung unter Berufung auf Abschn. 272 Abs. 13 Satz 1 und 2 UStR 2005 als Bestandteil einer einheitlichen Reiseleistung i. S. des § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG behandelt (vgl. , BStBl 2006 I S. 790).

Reisevorleistungen sind alle Leistungen, die von einem Dritten erbracht werden und dem Reisenden unmittelbar zugute kommen. Das sind alle Leistungen, die der Reisende in Anspruch nehmen würde, wenn er die Reise selbst durchgeführt hätte. Keine Reisevorleistungen sind die Leistungen Dritter, die den Reisenden nur mittelbar zugute kommen, z. B. die Vermittlung einer Pauschalreise des Reiseveranstalters durch ein selbständiges Reisebüro oder die Reparatur eines Fahrzeugs durch eine Werkstatt anlässlich einer Reise.

Tz. 313 Reiseleistungen mit eigenen Mitteln

§ 25 Abs. 1 UStG gilt nur bei der Inanspruchnahme von Reisevorleistungen durch den Reiseunternehmer, nicht jedoch, soweit dieser Reiseleistungen durch den Einsatz eigener Mittel (z. B. eigene oder angemietete Beförderungsmittel, eigenes Hotel, Betreuung durch angestellte Reiseleiter) erbringt. Für die Unterscheidung zwischen Eigenleistungen und Reisevorleistungen sind die tatsächlichen Verhältnisse der Leistungsausführung gegenüber dem Reisenden von Bedeutung. Die umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen und die zivilrechtliche Beurteilung sind nicht entscheidend (vgl. NWB XAAAB-34022). Allein die Tatsache, dass der Reiseveranstalter die volle Verantwortung für die Durchführung der Reise zu tragen hat, führt nicht zur Annahme von Eigenleistungen (vgl. Abschn. 272 Abs. 8 UStR). Auf jede einzelne Eigenleistung sind die allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften anzuwenden. Bei grenzüberschreitenden Eigenbeförderungen unterliegt nur der Teil der Beförderungsleistung der Besteuerung, der sich auf das Inland bezieht (§ 3b Abs. 1 UStG). Besteht der Teil der Eigenleistung in der Gewährung von Unterkunft für Reisende, wird sie dort erbracht, wo das eigene Hotel oder Ferienhaus des Unternehmers liegt (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a UStG). Befindet es sich im Ausland, ist die selbsterbrachte Unterkunftsleistung nicht steuerbar. Bei Verpflegungsleistungen im Rahmen von Pauschalreisepaketen – mitverkaufte Verpflegung von Hotelgästen im Ausland – handelt es sich um eine Nebenleistung zur Übernachtung, die als Teil der Gesamtleistung am Ort des Hotels nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG steuerbar ist. Die Leistung wird auch dann am Belegenheitsort des Hotels ausgeführt, wenn es sich um Leistungen eines Reiseorganisators gegenüber anderen Unternehmern handelt (vgl. NWB TAAAD-17979). Betreut der Reiseveranstalter die Reisenden durch seine Arbeitnehmer (angestellte Reiseleiter), gilt die Betreuungsleistung als am Ort seines Unternehmens bzw. seiner Betriebsstätte ausgeführt (§ 3a Abs. 1 UStG).

Bei gemischten Reiseleistungen (Reisen sowohl mit eigenen Mitteln als auch mit Reisevorleistungen) ist der einheitliche Reisepreis aufzuteilen. Vgl. dazu Abschn. 272 Abs. 11 und Abschn. 274 Abs. 2 UStR.

Tz. 314 Reiseleistungen an Leistungsempfänger für deren Unternehmen

Der Anwendungsbereich des § 25 UStG ist begrenzt auf Reiseleistungen, die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind. § 25 UStG gilt demzufolge nicht, soweit Reiseleistungen eines Unternehmers für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind, also für dessen unternehmerische Zwecke bezogen werden. Nach Abschn. 272 Abs. 2 UStR unterliegen insbesondere „Kettengeschäfte” und „Incentive-Reisen” in den jeweiligen Vorstufen (d. h. bei ihrem Verkauf an einen Unternehmer für dessen Unternehmen) nicht der Besteuerung nach § 25 UStG. In diesen Fällen erfolgt die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes. Die Beurteilung der Steuerbarkeit, Nichtsteuerbarkeit und der Steuerfreiheit richtet sich für die erbrachten Leistungen insbesondere nach den allgemeinen Vorschriften. Erklärt der Leistungsempfänger nicht ausdrücklich, dass er die Reise für Zwecke seines Unternehmens erwirbt oder bringt er dies nicht durch das Verlangen des gesonderten Steuerausweises in der Rechnung des Reiseveranstalters zum Ausdruck, kann der Reiseveranstalter seine Reiseleistung grds. nach § 25 UStG versteuern. Weitere Einzelheiten und Beispiele, insbesondere die steuerliche Behandlung von Incentive-Reisen und Kettengeschäften, enthält Abschn. 272 Abs. 2 UStR. Zu Restaurationsleistungen im Zusammenhang mit Kettengeschäften vgl. NWB HAAAA-82121).

Tz. 315 Steuerfreie Reiseleistungen

§ 25 Abs. 2 UStG

Die einheitliche sonstige Leistung des § 25 Abs. 1 UStG ist insgesamt steuerfrei, soweit die ihr zuzurechnenden Vorleistungen (z. B. Personenbeförderung, Unterkunft, Verpflegung) ausschließlich im Drittlandsgebiet erbracht werden (§ 25 Abs. 2 Satz 1 UStG). Die einheitliche sonstige Leistung ist insgesamt steuerpflichtig, wenn ihr zuzurechnende Reisevorleistungen ausschließlich im Gemeinschaftsgebiet erbracht werden. Werden die Reisevorleistungen z. T. im Drittlandsgebiet und z. T. im Gemeinschaftsgebiet erbracht, ist die einheitliche sonstige Leistung insoweit steuerfrei, als die Vorleistungen auf das Drittlandsgebiet entfallen. Verkauft ein Reiseveranstalter z. B. eine Flugreise von Frankfurt nach Tunesien, hat er die Leistung insoweit zu versteuern, als die Personenbeförderung über Gemeinschaftsgebiet führt.

Führt eine Flugreise (Reisevorleistung) vom Gemeinschaftsgebiet ins Drittland, kann der Reiseveranstalter seine sonstige Leistung als insgesamt nicht steuerbar behandeln. Die Beförderungsleistung gilt insgesamt als im Drittlandsgebiet erbracht. Liegt der Zielort im Gemeinschaftsgebiet, gilt die Beförderungsleistung insgesamt als im Gemeinschaftsgebiet erbracht. Die sonstige Leistung des Reiseveranstalters ist insgesamt steuerpflichtig. Hin- und Rückflug werden als eine Reisevorleistung angesehen, wobei der Zielort nach dem Hinflug bestimmt wird. Zwischenlandungen sind nicht zu berücksichtigen (vgl. Abschn. 273 Abs. 4 UStR). Ein Reiseveranstalter kann diese Vereinfachungsregelung nur für sämtliche von ihm durchgeführten Reisen anwenden. Der Übergang zur Aufteilung nach Streckenanteilen ist jederzeit möglich.

Schiffsreisen, die sich sowohl auf das Gemeinschaftsgebiet als auch auf Drittlandsgebiet erstrecken, können abweichend von den o. g. Grundsätzen als im Drittlandsgebiet ausgeführt behandelt werden. Die auf das Gemeinschaftsgebiet entfallende Strecke ist wegen Geringfügigkeit vernachlässigbar (vgl. Abschn. 273 Abs. 6 UStR).

Der Reiseunternehmer hat die Voraussetzungen für steuerfreie oder teilweise steuerfreie Reiseleistungen buchmäßig nachzuweisen (§ 72 Abs. 1, § 13 Abs. 1 UStDV). Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein. Der Unternehmer soll regelmäßig aufzeichnen die Leistung, die ganz oder zum Teil steuerfrei ist; den Tag der Leistung; die der Leistung zuzurechnenden einzelnen Reisevorleistungen i. S. von § 25 Abs. 2 UStG und die dafür vom Unternehmer aufgewendeten Beträge; den vom Leistungsempfänger für die Leistung aufgewendeten Betrag; die Bemessungsgrundlage für die steuerfreie Leistung oder für den steuerfreien Teil der Leistung (vgl. Abschn. 276 UStR).

Tz. 316 Bemessungsgrundlagen für Reiseleistungen

§ 25 Abs. 3 UStG

Die Umsatzsteuer für die einheitliche sonstige Leistung bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Reiseleistung zu erhalten, und dem Betrag, den der Reiseveranstalter für die Vorleistungen entrichtet, hiervon ist die Umsatzsteuer abzusetzen (Marge).

Treffen bei einer Reise Leistungen des Unternehmers mit eigenen Mitteln (Eigenleistungen) und Leistungen Dritter (Vorleistungen) zusammen (gemischte Reiseleistungen), sind für die Berechnung der Marge die eigenen Leistungen grds. im prozentualen Verhältnis zu den Fremdleistungen auszuscheiden. Die eigenen Leistungen sind mit den dafür aufgewendeten Kosten (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen. Vgl. Abschn. 274 Abs. 2 UStR. Die Eigenleistungen können auch in anderer Weise ermittelt werden, wenn dies zu einem sachgerechten Ergebnis führt.

Ist die einheitliche sonstige Leistung teils steuerfrei und teils steuerpflichtig, ist die Bemessungsgrundlage für die unter § 25 UStG fallenden Umsätze im Verhältnis der Reisevorleistungen des § 25 Abs. 2 UStG zu den übrigen Reisevorleistungen aufzuteilen (vgl. Abschn. 274 Abs. 3 UStR).

Der Unternehmer kann zur Behebung von abrechnungstechnischen Schwierigkeiten die Marge statt für jede einzelne Leistung für Gruppen von Leistungen oder für die gesamten innerhalb des Besteuerungszeitraums erbrachten Leistungen ermitteln (§ 25 Abs. 3 Satz 3 UStG). Dies kann z. B. die Marge für eine in sich abgeschlossene Reise oder für sämtliche Reisen während eines bestimmten Zeitraums in einen Zielort oder in ein Zielgebiet sein. Er kann aber auch die Marge für seine gesamten innerhalb eines Besteuerungszeitraums bewirkten Reiseleistungen in einer Summe ermitteln, soweit sie unter die Sonderregelung des § 25 UStG fallen.

Durch die erleichterte Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 25 Abs. 3 UStG wird die Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht berührt. Der Reiseunternehmer darf der Voranmeldung geschätzte Beträge zugrunde legen, die anhand der Kalkulation oder nach Erfahrungssätzen der Vorjahre zu ermitteln sind, soweit die Höhe der Marge für die im Voranmeldungszeitraum bewirkten Umsätze noch nicht feststeht. Das Gleiche gilt in den Fällen, in denen der Unternehmer zwar die Marge für jede einzelne Leistung ermittelt, ihm aber am Ende des Voranmeldungszeitraums die Höhe der Reisevorleistungen für die in diesem Zeitraum ausgeführten Leistungen noch nicht bekannt ist. Das Schätzungsverfahren muss gewährleisten, dass sich nach endgültiger Feststellung der Bemessungsgrundlage nicht regelmäßig höhere Abschlusszahlungen ergeben.

Tz. 317 Vorsteuerabzug bei Reiseleistungen

§ 25 Abs. 4 UStG

Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind die Umsatzsteuerbeträge, die auf Reisevorleistungen (s. Tz. 312) entfallen. Der Ausschluss tritt nur insoweit ein, als der Unternehmer Reiseleistungen bewirkt, die nach § 25 UStG der Besteuerung unterliegen. Allerdings kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer für die steuerpflichtige Reiseleistungen tatsächlich Umsatzsteuer zu entrichten hat. Der Vorsteuerabzug kann deshalb auch in den Fällen nicht beansprucht werden, in denen es für die Reiseleistung des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG an einer Bemessungsgrundlage (§ 25 Abs. 3 UStG) fehlt. Eine Bemessungsgrundlage ergibt sich dann nicht, wenn die Aufwendungen für Reisevorleistungen genau so hoch oder höher sind als der Betrag, den der Leistungsempfänger für die Reiseleistung gezahlt hat. Der Vorsteuerabzug ist folglich insbesondere bei Incentive-Reisen ausgeschlossen, die der Unternehmer erwirbt und den Arbeitnehmer entweder als Sachzuwendung überlässt oder ohne Aufschlag weiterberechnet. Eine Marge ergibt sich nicht, weil sich die Kosten des Unternehmers für den Erwerb der Reise mit dem Wert nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG decken.

Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG gilt u. a. auch für im Ausland ansässige Reiseveranstalter oder bei im Ausland befindlichen Betriebsstätten eines im Inland ansässigen Reiseveranstalters. Der im Ausland ansässige Reiseveranstalter kann somit die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für im Inland in Anspruch genommene Vorleistungen weder als Vorsteuer abziehen noch eine Vergütung der Umsatzsteuer in dem besonderen Verfahren (§§ 5961 UStDV; Tz. 264) begehren. Der im Inland ansässige Unternehmer, der im Ausland eine Betriebsstätte unterhält, ist auch insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, als dieser Betriebsstätte für die von ihr in Anspruch genommenen Reisevorleistungen Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist.

Abziehbar sind unter den Voraussetzungen des § 15 UStG die gesondert berechneten Umsatzsteuerbeträge für den Empfang von Leistungen für das Reiseunternehmen, die keine Reisevorleistungen sind. Der Vorsteuerabzug ist nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG nicht ausgeschlossen, wenn die Reiseleistung gem. § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei ist. Gleiches gilt nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a UStG für Reiseleistungen im Ausland und für unentgeltliche Reiseleistungen, die im Inland bzw. bei Zahlung eines Entgelts nach § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei wären. So wird sichergestellt, dass der Unternehmer den Vorsteuerabzug für alle empfangenen Leistungen beanspruchen kann, die wirtschaftlich den nach § 25 Abs. 2 UStG steuerfreien oder entsprechenden nicht steuerbaren Reiseleistungen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Für die in § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG bezeichneten Reisevorleistungen entfällt der Vorsteuerabzug, denn sie unterliegen im Inland nicht der Besteuerung.

Tz. 318 Aufzeichnungspflichten bei Reiseleistungen

§ 25 Abs. 5 UStG

Die Sonderregelung des § 25 UStG erfordert beim Unternehmer besondere Aufzeichnungen. Unternehmer, die nicht nur Reiseleistungen i. S. des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG ausführen, müssen die Aufzeichnungen für diese Leistungen und für die übrigen Umsätze – d. h. auch für die Reiseleistungen, auf die § 25 UStG nicht anzuwenden ist (z. B. Reiseleistungen, die für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind) – gegeneinander abgrenzen. In Abschn. 276 Abs. 2 UStR wird darauf hingewiesen, dass sich die Aufzeichnungspflicht nicht nur auf die umsatzsteuerpflichtigen Reiseleistungen i. S. des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG, sondern auch auf die nach § 25 Abs. 2 UStG steuerfreien Reiseleistungen erstreckt. Bei den steuerfreien Leistungen muss außerdem der buchmäßige Nachweis erbracht sein. Werden sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Reiseleistungen ausgeführt, muss aus den Aufzeichnungen auch hervorgehen, welche Leistungen steuerpflichtig und welche steuerfrei sind. Dazu ist es erforderlich, entweder in den Aufzeichnungen die steuerpflichtigen und die steuerfreien Reiseleistungen voneinander abzugrenzen oder die steuerpflichtigen Reiseleistungen getrennt von den steuerfreien aufzuzeichnen. Aus den Aufzeichnungen muss zu ersehen sein:

  • der Betrag, den der Leistungsempfänger für die Reiseleistung aufwendet (§ 25 Abs. 5 Nr. 1 UStG). Einzelheiten dazu enthält Abschn. 276 Abs. 4–6 UStR;

  • die Beträge, die der Unternehmer für Reisevorleistungen aufwendet (§ 25 Abs. 5 Nr. 2 UStG). Einzelheiten dazu enthält Abschn. 276 Abs. 7–10 UStR;

  • die Bemessungsgrundlage für Reiseleistungen nach § 25 Abs. 3 UStG (§ 25 Abs. 5 Nr. 3 UStG). Einzelheiten dazu enthält Abschn. 276 Abs. 11–13 UStR.

Ferner muss sich aus den Aufzeichnungen ergeben, wie sich die genannten Beträge und die Bemessungsgrundlage nach § 25 Abs. 3 UStG auf steuerpflichtige und steuerfreie Leistungen verteilen.

Tz. 319 Differenzbesteuerung für Gebrauchtgegenstände

§ 25a UStG

a) Anwendungsbereich

Eine umfassende Differenzbesteuerung gilt für Umsätze von beweglichen körperlichen Gegenständen einschließlich Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten, sofern für diese Gegenstände kein Recht zum Vorsteuerabzug bestand (nachfolgend als Gebrauchtgegenstände bezeichnet). Ausgenommen sind lediglich Edelsteine (rohe oder bearbeitete Diamanten sowie Rubine, Saphire, Smaragde, Positionen 71.02 und 71.03 ZT) und Edelmetalle (Silber, Gold und Platin, aus Positionen 71.06, 71.08, 71.10 und 71.12 ZT). Nicht unter die Ausnahme fallen Gegenstände (z. B. Schmuckwaren, Gold- und Silberschmiedewaren), die aus Edelstahl oder Edelmetallen hergestellt sind, sowie Edelmetalllegierungen und -plattierungen.

Die Differenzbesteuerung kann nur von Wiederverkäufern vorgenommen werden. Das sind Unternehmer, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit üblicherweise Gebrauchtgegenstände erwerben und sie anschließend, gegebenenfalls nach Instandsetzung, in eigenem Namen wieder verkaufen (gewerbsmäßige Händler), und die Veranstalter öffentlicher Versteigerungen, die Gebrauchtgegenstände im eigenen Namen und auf eigene oder fremde Rechnung versteigern. Der An- und Verkauf der Gegenstände kann auf einen Teil- oder Nebenbereich des Unternehmens beschränkt sein (z. B. bei Kreditinstituten der Verkauf sicherungsübereigneter Gegenstände). Der Wiederverkäufer muss die Gegenstände im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet für sein Unternehmen erworben haben. Bei der Weiterlieferung eingeführter oder aus dem Privatvermögen eingelegter Gegenstände entfällt daher die Differenzbesteuerung. Das Gleiche gilt, wenn aus mehreren erworbenen Gebrauchtgegenständen ein „neuer” einheitlicher Gegenstand hergestellt oder zusammengestellt wird oder wenn von einem erworbenen Gebrauchtgegenstand anschließend lediglich einzelne Teile geliefert werden (z. B. beim Ausschlachten eines Pkw). Der Wiederverkäufer kann die Differenzbesteuerung auch bei der Veräußerung von Gegenständen des Anlagevermögens anwenden (z. B. Vorführwagen bei einem Kraftfahrzeughändler). Allerdings: Die einmalige Veräußerung eines zum Anlagevermögen gehörenden Gegenstands begründet nicht die Eigenschaft als Wiederverkäufer (vgl. , BStBl 2006 II S. 675; vgl. auch NWB SAAAB-22792).

Für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf Lieferungen des Wiederverkäufers kommt es darauf an, dass für die Lieferung an den Wiederverkäufer die „Differenzbesteuerung vorgenommen” wurde. Die Vornahme der Differenzbesteuerung setzt voraus, dass die Lieferung an den Wiederverkäufer die gesetzlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG erfüllt. Es reicht nicht aus, dass die Lieferung an den Wiederverkäufer nur faktisch als der Differenzbesteuerung unterliegend behandelt wurde (vgl. ).

Wesentliche Voraussetzung der Differenzbesteuerung ist, dass für die Lieferung des Gegenstands an den Wiederverkäufer Umsatzsteuer im Gemeinschaftsgebiet nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung im Gemeinschaftsgebiet vorgenommen wurde. Hauptanwendungsfall ist der Erwerb eines Gebrauchtgegenstands von einer Privatperson. Die Differenzbesteuerung ist auch beim Erwerb von einem anderen Wiederverkäufer möglich, der auf die Lieferung ebenfalls die Differenzbesteuerung angewendet hat. Ausgenommen sind Gebrauchtgegenstände, die von einem nach den Durchschnittssätzen des § 24 UStG besteuernden Land- und Forstwirt oder von einem Lieferer im übrigen Gemeinschaftsgebiet erworben worden sind, der dort die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen angewendet hat.

Die Differenzbesteuerung ist anzuwenden, wenn der Gebrauchtgegenstand i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geliefert wird. Zu erfassen sind im Ergebnis nur entgeltliche Lieferungen. Lieferungen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft können entgeltlich z. B. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich als „verdeckte Einlage” erfolgen (vgl. , BStBl 2009 II S. 612). Zwar sind unentgeltliche Wertabgaben von Gegenständen (Entnahmen, unentgeltliche Zuwendungen, insbesondere an das Personal) nach § 3 Abs. 1b UStG entgeltlichen Lieferungen gleichgestellt. Die Steuerbarkeit setzt jedoch voraus, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Nachdem EuGH und BFH das Vorsteuerabzugsrecht für die Bestandteile isoliert von dem Vorsteuerabzugsrecht für den Gegenstand selbst betrachten ( und , Fischer und Brandenstein NWB ZAAAB-72726 und NWB JAAAB-72727; , BStBl 2002 II S. 551), kommt eine Differenzbesteuerung bei unentgeltlichen Wertabgaben von Gebrauchtgegenständen i. d. R. nicht in Betracht (vgl. auch Tz. 50, d).

b) Besonderheiten bei Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten

Hat der Wiederverkäufer Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten selbst eingeführt oder Kunstgegenstände von Künstlern selbst oder von einem Nicht-Wiederverkäufer erworben und dafür Umsatzsteuer berechnet erhalten, kann er nach einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Finanzamt auf diese Gegenstände, auch auf einzelne Gruppen davon, die Differenzbesteuerung anwenden. In der spätestens bei Abgabe der ersten Voranmeldung des Kalenderjahrs einzureichenden Erklärung müssen die Gegenstände bezeichnet werden, auf die sich die Differenzbesteuerung erstreckt. An die Erklärung ist der Wiederverkäufer für mindestens zwei Kalenderjahre gebunden. Bei Anwendung der Differenzbesteuerung ist er abweichend von § 15 Abs. 1 UStG nicht berechtigt, die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer oder die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen. Auch der Abzug einer nach § 13b Abs. 2 UStG als Leistungsempfänger geschuldeten Steuer (z. B. beim Verkauf eines sicherungsübereigneten Kunstgegenstands) ist nicht zulässig.

c) Bemessungsgrundlage
aa) Einzeldifferenz

Der entscheidende Vorteil der Differenzbesteuerung besteht in einer gegenüber der Normalbesteuerung deutlich geminderten Bemessungsgrundlage. Im Fall der Lieferung gegen ein angemessenes Entgelt an Dritte ist als Bemessungsgrundlage der Betrag anzusetzen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt; die in dem Unterschiedsbetrag enthaltene Umsatzsteuer ist herauszurechnen (mit dem Divisor von 6,26 oder dem Faktor 0,1597). Einkaufspreis ist der Betrag, der für den Gebrauchtgegenstand unmittelbar an den Vorlieferer gezahlt worden ist. Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Einkauf (z. B. Reparaturkosten, Kosten für die Abmeldung oder Überführung eines Gebrauchtwagens) gehören nicht dazu. Verkaufspreis ist der Preis, den der Käufer dem Wiederverkäufer gem. § 433 BGB schuldet. Er enthält verdeckt die Umsatzsteuer auf die Marge nach § 25a UStG. Bei Lieferungen, für die die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG anzusetzen ist (z. B. Lieferungen an nahestehende Personen), tritt an die Stelle des Verkaufspreises der Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes. Da dieser sich bei zeitnahen Verkäufen kaum vom tatsächlichen Einkaufspreis unterscheiden dürfte, entfällt in aller Regel eine Differenzbesteuerung. Wird ein Gebrauchtgegenstand beim Verkauf eines Neugegenstands in Zahlung genommen, ist bei der Differenzbesteuerung des Gebrauchtgegenstands sein tatsächlicher Wert anzusetzen. Gegebenenfalls ist nach Abschn. 153 Abs. 4 UStR bei der Inzahlungnahme von Gebrauchtfahrzeugen in der Kraftfahrzeugwirtschaft ein verdeckter Preisnachlass beim Neuwagenentgelt zu berücksichtigen. Bleibt das Neuwagenentgelt ungemindert, kann für das Gebrauchtfahrzeug bei der Differenzbesteuerung der Einkaufspreis angesetzt werden, mit dem es in Zahlung genommen worden ist (vgl. das Beispiel in Abschn. 276a Abs. 10 UStR). Die Verschaffung von Versicherungsschutz durch einen Gebrauchtwagenverkäufer ist keine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige, nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG steuerfreie Leistung (, BStBl 2003 II S. 378). Gleiches gilt für jede andere Garantieleistung eines Autoverkäufers, die zusätzlich zu eventuellen Gewährleistungsansprüchen aus dem Kauf dem Käufer weitere Reparaturansprüche gegenüber dem Verkäufer gegen Zahlung eines Aufpreises einräumt (, BStBl 2003 II S. 445). In diesen Fällen ist daher der für § 25a UStG maßgebliche Verkaufspreis des Gebrauchtwagens nicht um die Aufpreise für die Garantieleistungen zu erhöhen.

Die Bemessungsgrundlage ist für jeden Gegenstand einzeln zu ermitteln (Einzeldifferenz). Anzusetzen ist stets nur ein positiver Unterschiedsbetrag. Sind Einkaufs- und Verkaufspreis gleich hoch oder wird der Gegenstand mit Verlust verkauft, entfällt die Besteuerung. Ein positiver Unterschiedsbetrag zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis kann nicht mit einer negativen Einzeldifferenz aus dem Umsatz eines anderen Gegenstands oder einer negativen Gesamtdifferenz verrechnet werden. Bei einem negativen Unterschiedsbetrag beträgt die Bemessungsgrundlage 0 €; dieser Unterschiedsbetrag kann auch in späteren Besteuerungszeiträumen nicht berücksichtigt werden. Die Einzeldifferenz ist nicht auf das Jahr der Anschaffung des Gegenstands beschränkt.

bb) Gesamtdifferenz

Aus Vereinfachungsgründen kann bei Gegenständen, deren Einkaufspreis den Betrag von 500 € nicht übersteigt, die Bemessungsgrundlage anstatt nach der Einzeldifferenz nach der Gesamtdifferenz ermittelt werden. Die Gesamtdifferenz ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Summe der Verkaufspreise und der Summe der Einkaufspreise – jeweils bezogen auf den Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr). Die in dem Unterschiedsbetrag enthaltene Umsatzsteuer ist herauszurechnen. Wenn ein Gegenstand endgültig nicht mehr veräußert oder entnommen werden kann, ist die Summe der Einkaufspreise entsprechend zu mindern.

Grds. muss für jeden einzelnen Gegenstand festgestellt und geprüft werden, dass sein Einkaufspreis bis zu 500 € beträgt. Wendet der Wiederverkäufer für eine Mehrheit von Gegenständen oder für Sachgesamtheiten einen Gesamteinkaufspreis auf (z. B. beim Kauf von Sammlungen oder Nachlässen) und werden die Gegenstände üblicherweise später einzeln verkauft, kann er aus Vereinfachungsgründen von der Ermittlung der auf die einzelnen Gegenstände entfallenden Einkaufspreise absehen, wenn der Gesamteinkaufspreis bis zu 500 € beträgt. Übersteigt der Gesamteinkaufspreis den Betrag von 500 €, ist der auf die einzelnen Gegenstände entfallende Einkaufspreis grds. im Wege sachgerechter Schätzung zu ermitteln. Die Schätzung kann auf wertbestimmende Einzelgegenstände so lange beschränkt werden, bis der Gesamtbetrag für die restlichen Gegenstände 500 € oder weniger beträgt.

Der Wiederverkäufer kann die Gesamtdifferenz nur einheitlich für alle innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Umsätze ermitteln, die sich auf Gegenstände mit Einkaufspreisen bis zu 500 € beziehen. Er darf die Gesamtdifferenz innerhalb dieser Preisgruppe nicht auf bestimmte Arten von Gegenständen beschränken. Für Gegenstände mit Einkaufspreisen von mehr als 500 € hat er daneben die Ermittlung nach der Einzeldifferenz vorzunehmen. Die positive Gesamtdifferenz eines Besteuerungszeitraums kann nicht mit einer negativen Einzeldifferenz verrechnet werden. Ist die Gesamtdifferenz eines Besteuerungszeitraums negativ, beträgt die Bemessungsgrundlage 0 €; der negative Betrag kann nicht in späteren Besteuerungszeiträumen berücksichtigt werden. In den einzelnen Voranmeldungszeiträumen wird die Gesamtdifferenz in entsprechender Weise berechnet. Hier sind jedoch positive und negative Gesamtdifferenzen einzelner Voranmeldungszeiträume am Schluss des Kalenderjahrs auszugleichen.

Ein Wechsel von der Ermittlung nach der Einzeldifferenz zur Ermittlung nach der Gesamtdifferenz und umgekehrt ist nur zu Beginn eines Kalenderjahrs zulässig. Ein Ausgleich nicht berücksichtigter Einkaufspreise ist nicht vorgesehen.

d) Steuersatz, Steuerausweis, Aufzeichnungspflichten

Auf die Einzel- oder Gesamtdifferenz ist die Umsatzsteuer stets mit dem allgemeinen Steuersatz von 19 % zu berechnen. Von den Steuerbefreiungen ist nur die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeschlossen (vgl. dazu auch , BStBl 2007 II S. 420). Der Vorsteuerabzug (z. B. aus in Anspruch genommenen Reparaturleistungen) bleibt unbeeinflusst. Äußeres Merkmal der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG ist der fehlende Steuerausweis in der Rechnung: Die Umsatzsteuer auf die Einzel- oder Gesamtdifferenz darf, auch bei Lieferungen an einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer, nicht gesondert ausgewiesen werden. Andernfalls schuldet der Unternehmer die ausgewiesene Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG und zusätzlich die Steuer aus der Differenz nach § 25a UStG.

Die Vorschrift des § 22 UStG über die Aufzeichnungspflichten gilt mit der Maßgabe, dass aus den Aufzeichnungen des Wiederverkäufers zu ersehen sein müssen die Verkaufspreise oder die Werte nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, die Einkaufspreise sowie die Bemessungsgrundlagen (Einzel- oder Gesamtdifferenzen). Getrennte Aufzeichnungen sind zu führen, wenn neben der Differenzbesteuerung die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften angewendet wird. Zu den Aufzeichnungspflichten vgl. auch .

e) Besonderheiten beim innergemeinschaftlichen Warenverkehr

Die Differenzbesteuerung kann auch auf Lieferungen vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge (Tz. 28), angewendet werden. Die Versandhandelsregelung des § 3c UStG und die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen finden keine Anwendung. Wird bei der Lieferung eines Gegenstands vom übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland die Differenzbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat angewendet, entfällt für den Gegenstand eine Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Inland. Der Gegenstand kann im Inland im Wege der Differenzbesteuerung weitergeliefert werden. Wird bei der Lieferung des Gegenstands vom übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland dagegen in dem anderen Mitgliedstaat die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen angewendet (z. B. zwingend bei neuen Fahrzeugen), muss der inländische Erwerber den innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern; die Differenzbesteuerung bei der Weiterlieferung scheidet aus.

f) Option für die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften

Der Wiederverkäufer kann bei jeder einzelnen Lieferung auf die Differenzbesteuerung verzichten und statt dessen die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG vornehmen. Der Verzicht ist nur bei der Besteuerung nach der Einzeldifferenz, nicht bei der Gesamtdifferenz zulässig. Er ist an keine besondere Form oder Frist gebunden und daher noch so lange möglich, wie die Steuerfestsetzung noch nicht unanfechtbar geworden ist oder noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Es reicht aus, dass sich der Wiederverkäufer bei dem einzelnen Verkauf so verhält, wie es die allgemeinen Vorschriften des UStG vorschreiben, d. h. dass er eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer auf der Grundlage des vollen Verkaufsentgelts (ohne Umsatzsteuer) ausstellt. Der Verzicht kann auch auf Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten erstreckt werden, die der Wiederverkäufer zulässigerweise nach § 25a Abs. 2 UStG in die Differenzbesteuerung einbezogen hat. In diesem Fall ist ein Vorsteuerabzug frühestens in der Voranmeldung möglich, in der auch die Steuer für die Lieferung angemeldet wird.

Tz. 320 Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte

§ 25b UStG

a) Definition

Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft liegt nach § 25b Abs. 1 UStG vor, wenn

  • drei Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt,

  • die Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind,

  • der Gegenstand der Lieferungen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats gelangt und

  • der Gegenstand der Lieferungen durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer befördert oder versendet wird.

Es handelt sich um eine Vereinfachungsregelung für die Besteuerung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften mit drei beteiligten Unternehmern. Die Vereinfachung besteht darin, dass eine steuerliche Registrierung des mittleren Unternehmers im Bestimmungsland vermieden wird. Die o. a. Voraussetzungen für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft müssen vollständig erfüllt sein. Bei einem solchen Geschäft werden unter Berücksichtigung der allgemeinen Regelungen für Reihengeschäfte (vgl. Abschn. 31a Abs. 1–11 UStR; Tz. 58) grds. folgende Umsätze ausgeführt:

  • eine innergemeinschaftliche Lieferung des ersten Unternehmers in der Reihe (erster Lieferer) in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG),

  • ein innergemeinschaftlicher Erwerb des mittleren Unternehmers in der Reihe (erster Abnehmer) in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (§ 3d Satz 1 UStG),

  • ein innergemeinschaftlicher Erwerb des ersten Abnehmers in dem Mitgliedstaat, der dem ersten Abnehmer die von ihm verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat (§ 3d Satz 2 UStG) und

  • eine (Inlands-)Lieferung des ersten Abnehmers in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG).

b) Voraussetzungen

Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft setzt voraus, dass drei Unternehmer (erster Lieferer, erster Abnehmer und letzter Abnehmer) beteiligt sind, die über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, und dieser Gegenstand unmittelbar vom Ort der Lieferung des ersten Lieferers an den letzten Abnehmer gelangt (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Sind an den Umsatzgeschäften mehr als drei Unternehmer beteiligt, liegt kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor. Allerdings kann ein solches Dreiecksgeschäft auch zwischen mehr als drei unmittelbar nacheinander liefernden Unternehmern bei Reihengeschäften mit mehr als drei Beteiligten vorliegen, wenn die drei unmittelbar nacheinander liefernden Unternehmer am Ende der Lieferkette stehen. Der erste Abnehmer in dem Dreiecksgeschäft ist als mittlerer Unternehmer in der Reihe zugleich Abnehmer und Lieferer. Letzte Abnehmer sind auch Unternehmer, die nur steuerfreie – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende – Umsätze ausführen, sowie Kleinunternehmer und pauschalierende Land- und Forstwirte. Voraussetzung ist, dass sie umsatzsteuerlich in dem Mitgliedstaat erfasst sind, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet. Die Dreiecksregelung greift auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt und die in dem Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst ist, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet (§ 25b Abs. 1 Satz 2 UStG).

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts ist, dass die beteiligten Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Die tatsächliche Registrierung für Umsatzsteuerzwecke (Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer) reicht hierfür aus. Es ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer in einem dieser Mitgliedstaaten ansässig ist. Die beteiligten Unternehmer dürfen jedoch nicht in demselben Mitgliedstaat registriert sein.

Der Gegenstand der Lieferungen muss tatsächlich von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangen (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG). Diese Voraussetzung ist im Hinblick auf § 3 Abs. 8 UStG auch dann erfüllt, wenn der erste Lieferer den Gegenstand zuvor in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat. Gelangt der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet unmittelbar in den Mitgliedstaat des letzten Abnehmers, liegt kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor. Der Liefergegenstand kann durch Beauftragte des ersten Lieferers vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein. In diesem Fall ist Gegenstand der Lieferung der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand. Der Liefergegenstand kann auch an einen vom letzten Abnehmer beauftragten Dritten, z. B. einen Lohnveredelungsunternehmer oder einen Lagerhalter, befördert oder versendet werden.

Der Liefergegenstand muss durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer (mittlerer Unternehmer) befördert oder versendet werden (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG). Für den mittleren Unternehmer gilt dies nur dann, wenn er in seiner Eigenschaft als Abnehmer befördert oder versendet, d. h. wenn die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn (erste Lieferung) zugeordnet wird. Wird die Beförderung oder Versendung der zweiten Lieferung zugeordnet oder wird der Liefergegenstand durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet (Abholfall), liegt kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor (vgl. die Beispiele in Abschn. 276b Abs. 5 UStR).

c) Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den letzten Abnehmer

Liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor, wird die Steuerschuld für die (Inlands-)Lieferung von dem ersten Abnehmer auf den letzten Abnehmer übertragen. Im Fall der Übertragung der Steuerschuld gilt zugleich auch der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abnehmers als besteuert (§ 25b Abs. 3 UStG). Diese fiktive Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs gilt für die Erwerbsbesteuerung in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet und zugleich auch für die Beurteilung einer Erwerbsbesteuerung in dem Mitgliedstaat, unter dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der erste Abnehmer auftritt (vgl. § 3d UStG). Die Übertragung der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer ist bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend vorgeschrieben. Durch die Übertragung der Steuerschuld wird der letzte Abnehmer Steuerschuldner für die vom ersten Abnehmer an ihn ausgeführte Lieferung. Die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft ist von folgenden Voraussetzungen abhängig (§ 25b Abs. 2 UStG):

  • Der Lieferung ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorausgegangen;

  • der erste Abnehmer ist in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, nicht ansässig. Er verwendet gegenüber dem ersten Lieferer und dem letzten Abnehmer dieselbe Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist als dem, in dem die Beförderung oder Versendung beginnt oder endet;

  • der erste Abnehmer erteilt dem letzten Abnehmer eine Rechnung i. S. des § 14a Abs. 7 UStG, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist, und

  • der letzte Abnehmer verwendet eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Mitgliedstaats, in dem die Beförderung oder Versendung endet.

d) Besonderheiten bei der Rechnungserteilung

Materielle Voraussetzung für die Übertragung der Steuerschuld ist, dass der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer eine Rechnung i. S. des § 14a Abs. 7 UStG erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist. Neben den Angaben nach § 14 Abs. 1 UStG sind in der Rechnung des ersten Abnehmers danach folgende zusätzliche Angaben erforderlich:

  • ein Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts, z. B. „Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG” oder „Vereinfachungsregelung nach Artikel 28c Teil E der 6. EG-RL”,

  • ein Hinweis auf die Steuerschuld des letzten Abnehmers,

  • die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ersten Abnehmers und

  • die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des letzten Abnehmers.

Der letzte Abnehmer soll durch die Hinweise in der Rechnung eindeutig und leicht erkennen können, dass er letzter Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft ist und die Steuerschuld auf ihn übertragen wird.

e) Bemessungsgrundlage

Bei der Übertragung der Steuerschuld auf den letzten Abnehmer gilt für die Berechnung der geschuldeten Steuer die Gegenleistung als Entgelt (Nettobetrag ohne Umsatzsteuer). Die Umsatzsteuer ist auf diesen Betrag aufzuschlagen. Der letzte Abnehmer ist unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG berechtigt, die geschuldete Steuer als Vorsteuer abzuziehen.

f) Aufzeichnungspflichten

Neben den allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG sind bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften vom ersten Abnehmer und vom letzten Abnehmer zusätzliche Aufzeichnungspflichten zu erfüllen, wenn sie eine inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwenden (§ 25b Abs. 6 Satz 1 UStG). Verwendet der erste Abnehmer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats, ist er von den allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG befreit, wenn die Beförderung oder Versendung im Inland endet (§ 25b Abs. 6 Satz 2 UStG). Aus den Aufzeichnungen müssen zu ersehen sein:

  • beim ersten Abnehmer, der eine inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, das vereinbarte Entgelt für die Lieferung i. S. des § 25b Abs. 2 UStG sowie der Name und die Anschrift des letzten Abnehmers;

  • beim letzten Abnehmer, der eine inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet, die Bemessungsgrundlage der an ihn ausgeführten Lieferung i. S. des § 25b Abs. 2 UStG und die hierauf entfallenden Steuerbeträge sowie der Name und die Anschrift des ersten Abnehmers.

Tz. 321 Besteuerung von Umsätzen mit Anlagegold

§ 25c UStG

a) Steuerbefreiung

Nach § 25c Abs. 1 UStG sind steuerfrei die Lieferung, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von Anlagegold einschließlich Anlagegold in Form von Zertifikaten über sammel- oder einzelverwahrtes Gold und über Goldkonten gehandeltes Gold, insbesondere auch Golddarlehen und Goldswaps, durch die ein Eigentumsrecht an Anlagegold oder ein schuldrechtlicher Anspruch auf Anlagegold begründet wird, sowie Terminkontrakte und im Freiverkehr getätigte Terminabschlüsse mit Anlagegold, die zur Übertragung eines Eigentumsrechts an Anlagegold oder eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Anlagegold führen. Unter die Steuerbefreiung fällt auch die Vermittlung der Lieferung von Anlagegold. Als Lieferungen von Anlagegold gelten auch die Veräußerung von ideellen Miteigentumsanteilen an einem Goldbarrenbestand oder einem Goldmünzenbestand, die Veräußerung von Gewichtsguthaben an einem Goldbarrenbestand, wenn die Gewichtskonten obligatorische Rechte ausweisen, die Veräußerung von Goldbarrenzertifikaten oder Goldmünzenzertifikaten, die Abtretung von Ansprüchen auf Lieferung von Goldbarren oder Goldmünzen sowie die Veräußerung von Golddarlehen und Goldswaps und die Veräußerung von Terminkontrakten bzw. im Freiverkehr getätigte Terminabschlüssen mit Anlagegold.

Optionsgeschäfte mit Anlagegold und die Vermittlung derartiger Dienstleistungen fallen unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG.

b) Definition Anlagegold

Anlagegold wird definiert als

  • Gold in Barren- oder Plättchenform mit einem von den Goldmärkten akzeptierten Gewicht und einem Feingehalt von mindestens 995 Tausendstel;

  • Goldmünzen, die einen Feingehalt von mindestens 900 Tausendstel aufweisen, nach dem Jahr 1800 geprägt wurden, in ihrem Ursprungsland gesetzliches Zahlungsmittel sind oder waren und üblicherweise zu einem Preis verkauft werden, der den Offenmarktwert ihres Goldgehalts um nicht mehr als 80 % übersteigt.

Goldbarren und -plättchen bestehen aus Feingold in firmenspezifischer typisierter eckiger Form mit eingestanzter oder geprägter Angabe des Herstellers, des Feingoldgehalts und des Gewichts; auf das Herstellungsverfahren kommt es nicht an. Die Barren können mit bildlichen Darstellungen geprägt sein. Bei Goldmünzen ist eine Mindestauflagenhöhe nicht erforderlich.

Die EU-Kommission veröffentlicht jedes Jahr vor dem 1. Dezember ein Verzeichnis der Goldmünzen, welche die Kriterien für die Steuerbefreiung erfüllen, in der Reihe C des ABl EU. Für Umsätze von Goldmünzen, die in dem Verzeichnis enthalten sind, gilt die Steuerbefreiung während des gesamten Jahrs, das auf das Jahr der Veröffentlichung folgt (vgl. z. B. für das Jahr 2009 ABl EU 2008 Nr. C 306 S. 6). Bei Münzen, die nicht in dem Verzeichnis enthalten sind, muss der Unternehmer im Einzelfall prüfen, ob die genannten Voraussetzungen für die Behandlung als Anlagegold erfüllt sind. Der Metallwert von Goldmünzen ist dabei grds. anhand des aktuellen Tagespreises für Gold zu ermitteln. Maßgeblich ist der von der Londoner Börse festgestellte Tagespreis (Nachmittagsfixing) für die Feinunze Gold (1 Unze = 31,1035 Gramm). Dieser in US-Dollar festgestellte Wert muss anhand der aktuellen Umrechnungskurse in Euro umgerechnet werden. Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer auch den letzten im Monat November festgestellten Gold-Tagespreis (Nachmittagsfixing) für das gesamte folgende Kalenderjahr zugrunde legen.

Nicht zum Anlagegold gehört unverarbeitetes Gold (Industriegold). Unverarbeitetes Gold sind insbesondere Barren mit einem Feingoldgehalt von weniger als 995 Tausendsteln, sowie Granalien und Feingoldband in handelsüblicher Form.

c) Option zur Steuerpflicht

Der Unternehmer, der Anlagegold herstellt oder Gold in Anlagegold umwandelt, kann eine nach § 25c Abs. 1 UStG steuerfreie Lieferung als steuerpflichtig behandeln, wenn sie an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Unternehmer, der üblicherweise Gold zu gewerblichen Zwecken liefert, kann eine steuerfreie Lieferung von Gold in Barren- oder Plättchenform mit einem von den Goldmärkten akzeptierten Gewicht und einem Feingehalt von mindestens 995 Tausendstel als steuerpflichtig behandeln, wenn sie an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Ist eine solche Option ausgeübt worden, kann der Unternehmer, der diesen Umsatz vermittelt hat, für die Vermittlungsleistung ebenfalls zur Steuerpflicht optieren. Kreditinstitute sind grds. als Unternehmer anzusehen, die üblicherweise Gold zu gewerblichen Zwecken liefern.

d) Vorsteuerabzug

Ein Unternehmer, der steuerfreie Goldumsätze bewirkt, ist für folgende an ihn ausgeführte Umsätze zum Vorsteuerabzug berechtigt:

  • die Lieferungen von Anlagegold durch einen anderen Unternehmer, der diese Lieferungen nach § 25b Abs. 3 Satz 1 oder 2 UStG als steuerpflichtig behandelt;

  • die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von Gold, das anschließend von ihm oder für ihn in Anlagegold umgewandelt wird;

  • die sonstigen Leistungen, die in der Veränderung der Form, des Gewichts oder des Feingehalts von Gold, einschließlich Anlagegold, bestehen.

Ein Unternehmer, der Anlagegold herstellt oder Gold in Anlagegold umwandelt und anschließend steuerfrei liefert, ist für an ihn ausgeführte Umsätze, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung oder Umwandlung des Golds stehen, ebenfalls – abweichend von § 15 Abs. 2 UStG – zum Vorsteuerabzug berechtigt.

e) Aufzeichnungspflichten

Bei Umsätzen mit Anlagegold gelten zusätzlich zu den Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG die Identifizierungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten des Geldwäschegesetzes (GwG) mit Ausnahme der Identifizierungspflicht in Verdachtsfällen nach § 6 GwG in entsprechender Weise. Unternehmer haben demnach insbesondere für Umsätze mit Anlagegold, die einen Wert von 15 000 € übersteigen, den Leistungsempfänger zu identifizieren (§§ 2 und 3 GwG). Es müssen mindestens Name, Geburtsdatum und Anschrift sowie Art, Nummer und ausstellende Behörde eines Ausweispapiers (z. B.: Reisepass, Personalausweis) aufgezeichnet werden. Dies hat regelmäßig durch Kopie der vorgelegten Dokumente zu erfolgen. Eine Abspeicherung auf Bild- oder Datenträgern ist möglich (§ 9 Abs. 2 GwG). Die Aufbewahrungsfrist beträgt sechs Jahre. Sie beginnt regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der aufzuzeichnende Umsatz stattgefunden hat (§ 9 Abs. 3 GwG).

Der ECOFIN-Rat hat am 17. 10. 2005 die VO (EG) Nr. 1777/2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur 6. EG-RL verabschiedet, die mit Wirkung v. 1. 7. 2006 (ABl EU 2005 Nr. L 288 S. 1) gilt. – Vgl. hierzu Tz. 107, b. – Art. 19 Abs. 1 der Verordnung regelt, dass der Begriff „mit einem von den Golfmärkten akzeptierten Gewicht” in Art. 26b Teil A Buchst. i der 6. EG-RL mindestens die in Anhang II der Verordnung aufgeführten Einheiten und Gewichte umfasst. Dass bedeutet, dass die Mitgliedstaaten diese Einheiten und Gewichte für die Einstufung von Gold als Anlagegold i. S. von Art. 26b der 6. EG-RL (entspricht § 25c UStG) akzeptieren müssen. Art. 19 Abs. 2 der Verordnung bestimmt für Zwecke des in Art. 26b Teil A dritter Unterabsatz der 6. EG-RL genannten von der EU-Kommission jährlich zu erstellenden Verzeichnisses der Goldmünzen (die für das betreffende Jahr auf jeden Fall die Kriterien für die Steuerbefreiung erfüllen), dass sich die Begriffe „Preis” und „Offenmarktwert” i. S. von Art. 26b Teil A erster Unterabsatz Buchst. ii vierter Gedankenstrich der 6. EG-RL (entspricht § 25c Abs. 2 Nr. 2 UStG) auf den Stichtag 1. April eines jeden Jahrs beziehen.

Tz. 322 Haftung für die schuldhaft nicht abgeführte Steuer

§ 25d UStG

a) Haftung

Der Unternehmer haftet für die Steuer aus einem vorangegangenen Umsatz, soweit diese in einer Rechnung i. S. des § 14 UStG ausgewiesen wurde, der Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht die ausgewiesene Steuer nicht entrichtet oder sich vorsätzlich außer Stande gesetzt hat, die ausgewiesene Steuer zu entrichten, und der Unternehmer bei Abschluss des Vertrags über seinen Eingangsumsatz davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen. Trifft dies auf mehrere Unternehmer zu, haften diese als Gesamtschuldner. Die Haftung kann sich auf mehrere vorangegangene Umsätze erstrecken, sie gilt deshalb nicht nur für den unmittelbaren Eingangsumsatz des Unternehmers, sondern auch für die Umsätze auf den Vorstufen.

Voraussetzungen für die Haftung sind demnach (vgl. auch , BStBl 2004 I S. 450):

  • Die aus einem vorangegangenen Umsatz geschuldete Umsatzsteuer wurde nicht entrichtet. Vorangegangener Umsatz ist auch ein Umsatz auf den Vorstufen, nicht nur der unmittelbare Eingangsumsatz des Unternehmers.

  • Diese Umsatzsteuer wurde in einer Rechnung nach § 14 UStG ausgewiesen.

  • Die ausgewiesene Steuer wurde vom Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht nicht entrichtet oder er hat sich vorsätzlich außer Stande gesetzt, diese zu entrichten.

  • Der in Haftung zu nehmende Leistungsempfänger hatte bei Abschluss des Vertrags über seinen Eingangsumsatz vom vorsätzlichen Handeln des Rechnungsausstellers Kenntnis oder hätte nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns Kenntnis haben müssen.

Nicht unter die Regelung fällt die unrichtig bzw. unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer (§ 14c Abs. 1 und 2 UStG), da ein Vorsteuerabzug insoweit bereits gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist. Die Darlegungs- und Feststellungslast liegt grds. bei dem für den Erlass des Haftungsbescheids zuständigen Finanzamt.

Die Haftungsinanspruchnahme setzt die positive Kenntnis des Unternehmers voraus, dass ein Rechnungsaussteller in der Lieferkette die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht ans Finanzamt abgeführt hat. Der potenziell haftende Unternehmer trägt damit das Risiko einer Haftungsinanspruchnahme, wenn er etwas über seine Vorlieferanten weiß. Allerdings werden nicht alle Zweifel des Rechnungsempfängers an der Bonität seines Vertragspartners als tatbestandsbegründend zu werten sein. Von der Kenntnis oder dem Kennenmüssen ist insbesondere auszugehen, wenn der Unternehmer für seinen Umsatz einen Preis in Rechnung stellt, der zum Zeitpunkt des Umsatzes unter dem marktüblichen Preis liegt. Dasselbe gilt, wenn der ihm in Rechnung gestellte Preis unter dem marktüblichen Preis oder unter dem Preis liegt, der seinem Lieferanten oder anderen Lieferanten, die am Erwerb der Ware beteiligt waren, in Rechnung gestellt wurde. Marktüblich ist ein Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter fremden Dritten unter Berücksichtigung der Handelsstufe üblicherweise realisiert wird. Weist der Unternehmer nach, dass die Preisgestaltung betriebswirtschaftlich begründet ist, kann eine Haftung nicht eintreten.

b) Zuständigkeit

Örtlich zuständig für den Erlass des Haftungsbescheids ist das Finanzamt, das für die Besteuerung des Unternehmers zuständig ist. Im Falle der Gesamtschuldnerhaftung ist jedes Finanzamt örtlich zuständig, bei dem der Vorsteueranspruch geltend gemacht wird. Dadurch wird das Finanzamt in die Lage versetzt, einen Haftungsbescheid in eigener Zuständigkeit zu erlassen.

c) Prüfung der Haftungsvoraussetzungen

Nach § 25d Abs. 3 UStG prüft das zuständige Finanzamt, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids vorliegen. Dabei kann bis zum Abschluss dieser Prüfung die Erteilung der Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO versagt werden. Dies gilt auch für die Festsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie zu einer Erstattung führt. Damit wird dem örtlich zuständigen Finanzamt die Möglichkeit eröffnet, die Zustimmung zu einer Steueranmeldung, die zu einer Steuererstattung führt, zurückzustellen, bis mit dem Haftungsanspruch aufgerechnet werden kann.

d) Haftungsbescheid

Für den Erlass des Haftungsbescheids gelten die allgemeinen Grundsätze, mit Ausnahme des § 219 AO. Erfüllt ein Unternehmer die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25d UStG, macht die Verwaltung den gesetzlichen Haftungsanspruch gegen den Haftungsschuldner mittels eines Haftungsbescheids i. S. von § 191 AO geltend. Liegen die Haftungsvoraussetzungen vor, muss der Unternehmer zunächst angehört werden (§ 91 AO). Im Rahmen der Anhörung hat der Unternehmer nach § 25d Abs. 2 Satz 3 UStG Gelegenheit, die Vermutung des § 25d Abs. 2 Satz 1 und 2 UStG zu widerlegen, indem er nachweist, dass die Preisgestaltung betriebswirtschaftlich begründet ist. Kann der Unternehmer diesen Nachweis führen, kann die Finanzverwaltung ungeachtet dessen prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale Kenntnis oder Kennenmüssen aufgrund anderer Tatsachen als der Preisgestaltung vorliegen. Bis zum Abschluss der Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheids vorliegen, kann die Erteilung der Zustimmung zu einer Steueranmeldung zur Umsatzsteuer (Umsatzsteuer-Voranmeldung, Umsatzsteuererklärung) i. S. von § 168 Satz 2 AO versagt werden. Dies gilt entsprechend für die Festsetzung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie zu einer Umsatzsteuererstattung führt. Kommen mehrere Haftungsschuldner in Betracht, haften diese als Gesamtschuldner (§ 25d Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Haftungsschuldner darf auf Zahlung auch in Anspruch genommen werden, ohne dass die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Ausstellers der Rechnung ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein wird (vgl. § 25d Abs. 5 UStG).

VIII. Durchführung, Bußgeld-, Straf-, Verfahrensvorschriften, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

§§ 2629 UStG

Tz. 323 Grenzüberschreitende Personenbeförderungen im Luftverkehr

§ 26 Abs. 3 UStG

Das BMF kann nach § 26 Abs. 3 Satz 1 UStG unbeschadet der Vorschriften der §§ 163 und 227 AO anordnen, dass die Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Personenbeförderungen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder ganz oder zum Teil erlassen wird (nachfolgend als Erlass bezeichnet). Vgl. hierzu auch Thomsen/Brete, UStB 2007 S. 317 und NWB NAAAD-08108. Von der Ermächtigung wurde durch die Regelungen in Abschn. 277–281 UStR Gebrauch gemacht. Der Erlass bezieht sich auf den steuerbaren Teil der Leistung, der auf das Inland entfällt (§ 3b Abs. 1 UStG). Er setzt voraus, dass die Leistungen von einem Luftverkehrsunternehmer ausgeführt werden. Das sind Unternehmer, die die Beförderung selbst durchführen oder die als Vertragsparteien mit dem Reisenden einen Beförderungsvertrag abschließen und sich hierdurch im eigenen Namen zur Durchführung der Beförderung verpflichten. Unter diesen Voraussetzungen können auch Veranstalter von Pauschalreisen als Luftverkehrsunternehmer angesehen werden. Der Erlass ist hier aber auf die Fälle beschränkt, in denen der Veranstalter die Reisenden mit seinen eigenen Mitteln befördert oder Beförderungsleistungen an Unternehmer für ihr Unternehmen erbringt (vgl. auch , UR 1998 S. 284).

Der Erlass ist ferner davon abhängig, dass der Luftverkehrsunternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausstellt (§ 26 Abs. 3 Satz 1 UStG). Das gilt auch für Bescheinigungen i. S. von § 34 Abs. 2 UStDV, die den Steuersatz und den Anteil des Beförderungspreises enthalten, der auf die inländische Strecke entfällt.

Erlassfähig ist die Umsatzsteuer für den inländischen Teil von grenzüberschreitenden Personenbeförderungen (nicht Güterbeförderungen), die sich von einem ausländischen Flughafen zu einem inländischen Flughafen oder umgekehrt oder von einem ausländischen Flughafen zu einem anderen ausländischen Flughafen über das Inland erstrecken. Der Erlass wird jedoch nicht gewährt bei Beförderungen vom Inland in die nach § 1 Abs. 2 UStG vom Inland ausgenommenen Gebiete (frühere Zollfreigebiete) und umgekehrt (z. B. Flüge zwischen Hamburg und Helgoland) sowie bei Beförderungen von einem dieser Gebiete zu einem anderen über das Inland (z. B. Rundflüge von Helgoland über das Inland). Zwischenlandungen im Inland schließen den Erlass nicht aus, wenn der Fluggast mit demselben Flugzeug weiterfliegt oder wenn er deshalb in das nächste Anschlussflugzeug umsteigt, weil das erste Flugzeug seinen gebuchten Zielflughafen nicht anfliegt. Unterbricht der Fluggast einen Flug im Inland (z. B. in A), dehnt er also seinen Aufenthalt über den nächstmöglichen Anschlussflug hinaus aus, und liegt sein Zielflughafen B oder der nächste Flughafen, in dem er den Flug wiederum unterbricht (C), im Inland, entfällt der Erlass für die inländische Teilstrecke von A nach B bzw. nach C. Bei den Flugunterbrechungen kann bei der Berechnung des anteiligen Entgelts für die inländische Beförderungsleistung (von A nach B oder C) von der Differenz der Flugpreise zwischen dem ausländischen Flughafen und den beiden im Inland liegenden Flughäfen ausgegangen werden. Der Luftverkehrsunternehmer darf in diesen Fällen im Einvernehmen mit dem zuständigen Finanzamt den steuerpflichtigen Umsatz auch durch geeignete Schätzungsverfahren ermitteln, wenn die Flugunterbrechungen nur mit erheblichem Verwaltungsaufwand ermittelt werden könnten.

Wird eine grenzüberschreitende Beförderung über Teilstrecken durch mehrere aufeinander folgende Luftfrachtführer ausgeführt, gilt sie als eine einzige Beförderung, sofern sie als einheitliche Leistung vereinbart worden ist. Der Erlass kommt daher für die Gesamtbeförderung in Betracht, auch wenn sich der Leistungsteil der beteiligten Luftfrachtführer nur auf das Inland erstreckt. Dies gilt aber nicht, wenn der Fluggast den Flug im Inland unterbricht. Zum Erlass der Umsatzsteuer bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Luftverkehr unter Inanspruchnahme inländischer Zubringerbeförderungen (mit Bus, Bahn, Taxi etc.) vgl. , StEd 2009 S. 492.

Luftverkehrsunternehmern, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, kann die Umsatzsteuer i. d. R. nur im Fall der Gegenseitigkeit erlassen werden (§ 26 Abs. 3 Satz 2 UStG). Die Gegenseitigkeit braucht in den Ländern dieser Unternehmer jedoch nicht voll gewährleistet zu sein. Sie wird auch dann angenommen, wenn die von den deutschen Luftverkehrsunternehmern in dem jeweiligen Land erhobene Umsatzsteuer unverhältnismäßig niedrig ist oder wenn die Gegenseitigkeit nur in einem Teilbereich (z. B. Charterverkehr) erfüllt ist.

Der Erlass wird grds. durch die obersten Finanzbehörden oder die von ihnen beauftragten nachgeordneten Dienststellen (z. B. Finanzämter) ausgesprochen. Die Erlassbefugnis ist damit durch das BMF – unabhängig von der Höhe des Steuerbetrags – auf die Länder delegiert. Luftverkehrsunternehmern mit Sitz in Deutschland kann danach die Umsatzsteuer für begünstigte Beförderungen im internationalen Luftverkehr allgemein erlassen werden. Das Gleiche gilt für Luftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland, wenn ihr Sitzland in dem vom BMF herausgegebenen Verzeichnis (zum Stand: vgl. und , BStBl 2003 I S. 463) der Länder aufgeführt ist, zu denen die Gegenseitigkeit festgestellt ist. Das BMF ist nur zu beteiligen bei Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Ländern, die in der Gegenseitigkeitsliste nicht enthalten sind, bzw. wenn Zweifel bestehen, dass die Gegenseitigkeit noch gegeben ist. Zu den Aufzeichnungspflichten vgl. , , BStBl 1998 I S. 159.

Tz. 324 Bußgeldvorschriften

§ 26a UStG

Nach § 26a Abs. 1 UStG kann die Verletzung bestimmter Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Den Tatbestand erfüllt, wer vorsätzlich oder leichtfertig


  • entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 Satz 2 UStG (vgl. Tz. 216) eine Rechnung nicht oder nicht rechtzeitig ausstellt (§26a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Damit wird der Verstoß gegen die sich aus § 14 Abs. 2 und 4, § 14a UStG ergebenden Pflichten bei Erteilung einer Rechnung bußgeldrechtlich bewehrt. Die Erteilung einer Rechnung, die nicht alle in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG aufgeführten Pflichtangaben enthält, gilt nicht als Ordnungswidrigkeit. Dies gilt auch, wenn der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG erforderliche Hinweis nicht in der Rechnung angebracht wird (, BStBl 2004 I S. 1122);

  • entgegen § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG i. V. mit Satz 4 UStG ein dort bezeichnetes Doppel oder eine dort bezeichnete Rechnung nicht oder nicht mindestens zehn Jahre lang aufbewahrt (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 UStG);

  • entgegen § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG eine dort bezeichnete Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage nicht oder nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt (§ 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Die Nichtaufbewahrung einer Rechnung oder eines anderen Dokuments über eine steuerpflichtige Werklieferung oder sonstige Leistung durch einen Nichtunternehmer oder einen Unternehmer, der die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezogen hat, wird als Ordnungswidrigkeit definiert. Durch den in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 UStG eingeführten Hinweis auf die Aufbewahrungspflichten (vgl. Tz. 218) ist der Leistungsempfänger in der Lage zu erkennen, dass er die Rechnung über einen bestimmten Zeitraum aufbewahren muss. Die bußgeldrechtliche Bewehrung bei Nichtaufbewahrung einer Rechnung oder eines anderen Dokuments über Werklieferungen oder sonstige Leistungen in Zusammenhang mit einem Grundstück soll der effektiveren Bekämpfung der Schwarzarbeit dienen;

  • entgegen § 18 Abs. 12 Satz 3 UStG die dort bezeichnete Bescheinigung nicht oder rechtzeitig vorlegt (§ 26a Abs. 1 Nr. 4 UStG). Die Regelung trägt der Bedeutung des neuen § 18 Abs. 12 UStG Rechnung, wonach im Ausland ansässige Unternehmer, die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze beim zuständigen Finanzamt anzeigen müssen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung unterliegen;

  • entgegen § 18a Abs. 1 Satz 1 i. V. mit Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 oder 6 UStG eine Zusammenfassende Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig abgibt (§ 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG);

  • entgegen § 18a Abs. 7 UStG eine Zusammenfassende Meldung nicht oder nicht rechtzeitig berichtigt (§ 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG);

  • einer Rechtsverordnung nach § 18c UStG zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf die Bußgeldvorschrift verweist (§ 26a Abs. 1 Nr. 6 UStG). Die Änderung hat folgenden Hintergrund: Im Rahmen der Prüfung der Rechtsförmlichkeit für den Entwurf einer Verordnung nach § 18c UStG wies das BMJ darauf hin, dass die bisher in § 18c Satz 2 Nr. 5 UStG enthaltene Ermächtigung zur Regelung der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die in der Rechtsverordnung festzulegende Meldepflicht über innergemeinschaftliche Lieferungen neuer Fahrzeuge an Abnehmer ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer keine ausreichende Grundlage für eine Bußgeldvorschrift bietet. Die Verordnungsermächtigung in § 18c Satz 2 Nr. 5 UStG enthalte nicht die zum Erlass einer Bußgeldvorschrift zwingend erforderlichen Mindestangaben wie die Art der Sanktion und den Bußgeldrahmen. § 18c Satz 2 Nr. 5 UStG wurde folglich im Rahmen des EURLUmsG aufgehoben und eine entsprechende Ermächtigung in § 26a UStG normiert;

  • entgegen § 18d Satz 3 UStG die dort bezeichneten Unterlagen den Finanzbehörden nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt (§ 26a Abs. 1 Nr. 6 UStG).

Es handelt sich um eine Steuerordnungswidrigkeit (§ 377 Abs. 1 AO), für die nach § 377 Abs. 2 AO die §§ 134 OWiG und nach § 410 Abs. 1 AO die Verfahrensvorschriften der §§ 35–110 OWiG anwendbar sind.

Täter kann derjenige sein, der eine der in § 26a Abs. 1 UStG aufgezählten Verpflichtungen zu erfüllen hat. Das sind die Unternehmer i. S. des § 2 UStG. Privatpersonen können dann Täter i. S. des § 26a Abs. 1 Nr. 2 UStG sein, wenn sie innergemeinschaftliche Lieferungen von neuen Fahrzeugen erbringen. Nach § 2a UStG gelten sie in diesem Fall als Unternehmer und haben über die Fahrzeuglieferung eine Rechnung auszustellen und das Doppel aufzubewahren (§ 14a Abs. 3 Satz 3 UStG i. V. mit § 14b Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 UStG). Darüber hinaus können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts Täter i. S. des § 26a Abs. 1 Nr. 2 UStG sein, wenn sie entgegen der Verpflichtung in § 14b Abs. 1 Nr. 3 UStG als Steuerschuldner i. S. des § 13b Abs. 2 UStG das Doppel der Rechnung nicht aufbewahren. Schließlich können Nichtunternehmer oder Unternehmer, die die Leistung für ihren nichtunternehmerischen Bereich bezogen haben, Täter i. S. des § 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG sein.

Ordnungswidrig i. S. des § 26a Abs. 1 UStG handelt auch, wer sich in irgendeiner Form an einem Verstoß gegen § 26a Abs. 1 UStG (Haupttat) beteiligt (§ 14 Abs. 1 OWiG). Nach § 9 OWiG begeht auch der eine Ordnungswidrigkeit i. S. des § 26a Abs. 1 UStG, der für den Unternehmer, privaten Fahrzeuglieferer, Nichtunternehmer oder juristische Personen des öffentlichen Rechts handelt und dabei einen der genannten Pflichtverstöße begeht.

Die Tat muss vorsätzlich oder leichtfertig begangen worden sein. Vorsätzlich handelt, wer die Tatbestandsmerkmale kennt und ihre Verwirklichung will (direkter Vorsatz) oder ihr Eintreten zumindest billigt (bedingter Vorsatz). Wer einen der Tatumstände nicht kennt, handelt nicht vorsätzlich (§ 10 OWiG). Beruht die Unkenntnis auf Leichtfertigkeit, kann die Verletzungshandlung ggf. als leichtfertiges Handeln geahndet werden (§ 26a Abs. 1 UStG i. V. mit § 11 Abs. 1 OWiG). Ein Mitwirken an einer Ordnungswidrigkeit (§ 14 OWiG) kann nur dann nach § 26a Abs. 1 UStG geahndet werden, wenn es vorsätzlich war.

Leichtfertigkeit ist ein gesteigertes Maß der Fahrlässigkeit. Fahrlässiges Handeln liegt vor, wenn der Täter die ihm nach den jeweiligen Umständen und seinen persönlichen Fähigkeiten obliegenden Sorgfaltspflichten außer Acht lässt und dadurch die Verwirklichung des Tatbestands nicht erkennt (unbewußte Fahrlässigkeit) oder sie erkennt, aber darauf vertraut, dass der Tatbestand nicht verwirklicht wird (bewusste Fahrlässigkeit).

Die Pflichtverletzung muss rechtswidrig begangen worden sein. Von einem rechtswidrigen Handeln kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn kein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Als solcher vorstellbar ist eine Fristverlängerung durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), so dass im Fall des § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG z. B. eine verspätete Berichtigung der Zusammenfassenden Meldung nicht rechtswidrig ist.

Die in § 26a Abs. 1 UStG genannten Verstöße müssen vorwerfbar begangen worden sein (§ 1 Abs. 1 OWiG). Vorwerfbar handelt, wer nach den Umständen des Falls in der Lage gewesen wäre, sich rechtmäßig zu verhalten, und trotzdem die Pflichtverletzung begeht. Nicht vorwerfbar handelt, wem bei der Tat das Bewusstsein fehlt, etwas Unrechtes zu tun (unvermeidbarer Verbotsirrtum; § 11 Abs. 2 OWiG). Der Irrtum ist allerdings vorwerfbar, wenn der Täter das Unerlaubte seines Handelns hätte erkennen können.

Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des § 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG mit einer Geldbuße bis zu 500 €, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu 5 000 € geahndet werden (§ 26a Abs. 2 UStG). Die Höhe der Geldbuße wird nach der Bedeutung der Tat und dem Vorwurf, der den Täter trifft, bemessen (§ 17 Abs. 3 OWiG). Bei nicht geringfügigen Ordnungswidrigkeiten können auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters berücksichtigt werden. Eine Geldbuße von bis zu 2 500 € kann bei leichtfertigem Handeln verhängt werden (§ 17 Abs. 2 OWiG).

Nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG i. V. mit §§ 409, 387 AO ist für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit die Finanzbehörde zuständig, die die betroffene Steuer verwaltet. Ein Pflichtverstoß gegen § 26a Abs. 1 Nr. 1–4 UStG wird somit vom Finanzamt (Bußgeld- und Strafsachenstelle) verfolgt. Die in § 26a Abs. 1 Nr. 5 und 6 UStG genannten Verpflichtungen haben keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwaltung der Umsatzsteuer, sondern mit dem Kontrollverfahren. § 387 AO ist aber der allgemeine Gedanke zu entnehmen, dass diejenige Finanzbehörde für die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit zuständig ist, in deren Aufgabenbereich der Verdacht entstanden ist. Zuständig für Pflichtverletzungen nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG ist somit das Bundeszentralamt für Steuern, das die Zusammenfassende Meldung verwaltet. Zuständig für Verletzungen i. S. des § 26a Abs. 1 Nr. 6 UStG sind die Finanzämter die die in § 18d UStG bezeichneten Ermittlungen führen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. d FVG).

Kann eine Handlung nach § 26a Abs. 1 UStG geahndet werden und verletzt sie gleichzeitig eine Strafvorschrift, wird nur das Strafgesetz angewendet (§ 21 Abs. 1 OWiG).

Tz. 325 Schädigung des Umsatzsteueraufkommens

§ 26b UStG

Nach § 26b UStG handelt derjenige ordnungswidrig, der die in einer Rechnung i. S. von § 14 UStG ausgewiesene Umsatzsteuer zu einem in § 18 Abs. 1 Satz 3 (Vorauszahlung) oder Abs. 4 Satz 1 oder 2 (Jahressaldo) UStG genannten Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht vollständig entrichtet (§ 26b Abs. 1 UStG). Nach § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG ist die nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG für den Voranmeldungszeitraum selbst zu berechnende Steuer (Vorauszahlung) am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums (Kalendervierteljahr oder Kalendermonat) fällig. Nach § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG ist für den Fall, dass der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen berechnet, der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach Eingang der Steueranmeldung fällig. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für das Kalenderjahr fest, ist nach § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig. Ordnungswidrig handelt damit, wer zwar Umsatzsteuer in einer Rechnung i. S. des § 14 UStG ausweist, die Pflicht zur Abführung dieser Steuer zu einem der drei Fälligkeitszeitpunkte jedoch missachtet, d. h. die Steuer nicht oder nicht vollständig zu diesen Zeitpunkten entrichtet. Auf die Motive, d. h. insbesondere auf Vorsatz, Fahrlässigkeit oder leichtfertiges Handeln, kommt es nicht an. Es ist objektiv geregelt, dass eine Ordnungswidrigkeit gegeben ist, wenn die Steuer zu einem Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht vollständig entrichtet wird. Das bedeutet, dass im Hinblick auf § 377 Abs. 2 AO i. V. mit § 10 OWiG nur vorsätzliches Handeln als Ordnungswidrigkeit i. S. des § 26b UStG geahndet werden kann. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50 000 € geahndet werden (§ 26b Abs. 2 UStG). Dieser Betrag orientiert sich an den Geldbußen nach § 378 Abs. 2 AO (leichtfertige Steuerverkürzung) und § 383 Abs. 2 AO (unzulässiger Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen).

Tz. 326 Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens

§ 26c UStG

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer in den Fällen des § 26b UStG gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Handlungen verbunden hat, handelt. § 26c UStG ist vergleichbaren Strafvorschriften des StGB nachgebildet, etwa § 244a StGB (schwerer Bandendiebstahl), § 260 StGB (gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei) oder § 260a StGB (gewerbsmäßige Bandenhehlerei). § 26c UStG stuft die Nichtentrichtung oder nicht vollständige Entrichtung der Umsatzsteuer, wenn sie gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande erfolgt, nicht als Verbrechen, sondern als Vergehen ein (§ 12 Abs. 1 StGB: „Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind”; § 12 Abs. 2 StGB: „Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.”). Der Versuch der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer ist ohne strafrechtliche Folgen. Die Handlungen nach § 26c UStG sind die – strafrechtlich relevanten – qualifizierten Fälle der von § 26b UStG erfassten Taten. Es muss sich um eine Schädigung des Umsatzsteueraufkommens i. S. von § 26b UStG handeln, die gewerbsmäßig oder bandenmäßig betrieben wird.

Bei den Delikten nach § 26c UStG handelt es sich um Steuerstraftaten (§ 369 Abs. 1 Nr. 1 AO: „Steuerstraftaten (Zollstraftaten) sind Taten, die nach den Steuergesetzen strafbar sind”). Für Steuerstraftaten gelten die allgemeinen Gesetze über das Strafrecht, soweit die Strafvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen (§ 369 Abs. 2 AO). Es kommen also, da § 26c UStG insoweit keine abweichenden Regelungen enthält, über § 385 Abs. 1 AO für das Strafverfahren wegen Steuerstraftaten die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich die StPO, das GVG und das JGG zur Anwendung, soweit die Vorschriften der AO nichts anderes bestimmen. Damit ist auch für Strafverfahren auf der Basis von § 26c UStG nicht die Finanzgerichtsbarkeit, sondern die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig (§ 13 GVG).

Tz. 327 Allgemeine Übergangsvorschriften

§ 27 UStG

a) Allgemeine Grundsätze bei der Änderung von Vorschriften des UStG (§ 27 Abs. 1 UStG)

Wird eine Bestimmung des UStG geändert, ist, soweit das Änderungsgesetz nichts anderes bestimmt, die Änderung auf Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 UStG anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsvorschrift ausgeführt werden. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung, der Rechnungserteilung oder der Vereinnahmung des Entgelts kommt es nicht an. Unbeachtlich ist, ob der Unternehmer seine Umsätze nach dem Soll oder dem Ist versteuert oder der Sollversteuerer teilweise der Istversteuerung von Anzahlungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG unterliegt. Ist in den Fällen der Istversteuerung die Umsatzsteuer bereits vor dem Inkrafttreten der Änderungsvorschrift entstanden, wird die Steuerberechnung für den Voranmeldungszeitraum berichtigt, in dem der Umsatz ausgeführt wird.

§ 27 Abs. 1 Satz 2 UStG stellt klar, dass die o. g. Grundsätze auch für die Umsätze, in denen die Umsatzsteuer für eine An- oder Vorauszahlung nach § 13b Abs. 1 Satz 3 UStG entsteht (Entgelts- oder Teilentgeltsvereinnahmung vor Ausführung der Leistungen oder Teilleistungen in den Fällen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers; vgl. Tz. 212), gelten.

b) Besondere Übergangsvorschriften (§ 27 Abs. 1a–13 UStG)

In § 27 Abs. 1a–13 UStG sind besondere Übergangsvorschriften enthalten, die die erstmalige/letztmalige Anwendung einzelner Vorschriften des UStG betreffen.

Tz. 328 Bedeutung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

§ 27a UStG

Unternehmer, die Waren in andere EG-Mitgliedstaaten liefern oder Waren aus diesen Staaten beziehen, benötigen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Erwirbt ein im Inland ansässiger Unternehmer in einem anderen EG-Mitgliedstaat einen Gegenstand unter Angabe seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, ist für den Lieferer erkennbar, dass er den Umsatz an einen Unternehmer ausführt, der im Inland die Erwerbsbesteuerung vornimmt. Der ausländische Unternehmer kann steuerfrei liefern. Als notwendiger Buchnachweis für diese Steuerbefreiung kommt der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer über § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV insoweit materiell-rechtliche Bedeutung zu.

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hat auch materiell-rechtliche Bedeutung für den Ort der Beförderungsleistung bei innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen. § 3b Abs. 3 Satz 2 UStG verlegt den Ort dieser Leistung abweichend von § 3b Abs. 3 Satz 1 UStG in das Land, das die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vergeben hat, unter der der Leistungsempfänger die Dienstleistung empfangen hat (Tz. 79). Dasselbe gilt für die mit innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen zusammenhängenden selbständigen Nebentätigkeiten (§ 3b Abs. 4 UStG; Tz. 80), für die Vermittlung dieser Leistungen (§ 3b Abs. 5 und 6 UStG; Tz. 81), den Ort der Arbeiten an und der Begutachtung von beweglichen körperlichen Gegenständen (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c UStG; Tz. 70) sowie den Ort der übrigen Vermittlungsleistungen (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG; Tz. 71). Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist auch im Zusammenhang mit der Ortsbestimmung des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 3d Satz 2 UStG und bei Lieferungen im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG zu beachten (Tz. 85). Zudem muss der Lagerhalter u. a. die inländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers oder dessen Fiskalvertreters aufzeichnen (§ 22 Abs. 4c UStG; Tz. 294).

Der Unternehmer hat in Rechnungen über die genannten Leistungen seine sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben (§ 14a Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 7 Satz 2 UStG, Tz. 225).

Tz. 329 Unternehmer, die eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten

Grds. können alle regelversteuernden Unternehmer die Zuteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen (§ 27a Abs. 1 Satz 1 UStG). Benötigt wird die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer jedoch nur von den Unternehmern, die innergemeinschaftliche Lieferungen oder Erwerbe ausführen, innergemeinschaftliche Güterbeförderungsleistungen und damit zusammenhängende selbständige Nebentätigkeiten ausführen oder in Anspruch nehmen, Vermittlungsleistungen ausführen oder in Auftrag geben, Arbeiten an und die Begutachtung von beweglichen körperlichen Gegenständen ausführen oder in Auftrag geben, Lieferungen im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG tätigen, Waren unternehmensintern vom Inland ins EG-Ausland bzw. umgekehrt verbringen und insoweit eine innergemeinschaftliche Lieferung bzw. einen innergemeinschaftlichen Erwerb ausführen. Auch der Auslagerer oder dessen Fiskalvertreter benötigen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die der Lagerhalter aufzeichnen muss (§ 22 Abs. 4c UStG; Tz. 291). Nicht im Inland ansässige Auslagerer müssen sich daher im Inland bei dem örtlich zuständigen Finanzamt für Umsatzsteuerzwecke erfassen lassen. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist grds. zeitlich unbeschränkt gültig, sie kann aber bei Missbrauch von Amts wegen widerrufen werden (vgl. § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO). Kleinunternehmer i. S. des § 19 Abs. 1 UStG, Pauschallandwirte i. S. des § 24 UStG, Unternehmer, die ausschließlich zum Vorsteuerausschluss führende steuerfreie Umsätze ausführen, und juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder Gegenstände nicht für ihr Unternehmen erwerben, erhalten (auf Antrag) eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nur dann, wenn sie sie benötigen (§ 27a Abs. 1 Satz 2 und 3 UStG). Das ist dann der Fall, wenn sie Waren aus anderen EG-Mitgliedstaaten beziehen und dabei im vorangegangenen Kalenderjahr die Erwerbsschwelle von 12 500 € überschritten haben oder sie im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich überschreiten (§ 1a Abs. 3 Nr. 2 UStG; Tz. 25, e), wenn sie zur Erwerbsbesteuerung optieren (§ 1a Abs. 4 UStG; Tz. 25, f) oder wenn sie verbrauchsteuerpflichtige Waren oder neue Fahrzeuge erwerben wollen (§ 1a Abs. 5 UStG; Tz. 25, h). Diese enge gesetzliche Regelung kann u. E. ab dem keinen Bestand mehr haben, da auch ein Kleinunternehmer Auslagerer aus einem Umsatzsteuerlager sein kann. In diesen Fällen müsste dem Kleinunternehmer auch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt werden, da der Lagerhalter die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auslagerers aufzeichnen muss (§ 22 Abs. 4c UStG; Tz. 291). Ansonsten könnte der Lagerhalter selbst bei gutem Willen faktisch seinen Aufzeichnungspflichten gar nicht nachkommen und könnte als Gesamtschuldner für die vom Auslagerer geschuldete Umsatzsteuer in Anspruch genommen werden. Eine entsprechende Änderung der Vorschrift ist offensichtlich im Zusammenhang mit der Einführung eines Umsatzsteuerlagers zum (Tz. 97) übersehen worden. Pauschallandwirte i. S. des § 24 UStG, die ausschließlich Umsätze im Rahmen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausführen, erhalten darüber hinaus auch dann eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, wenn sie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen i. S. des § 6a UStG an Abnehmer in anderen Mitgliedstaaten für die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung benötigen (vgl. Abschn. 245a Abs. 4 UStR). Fahrzeuglieferer i. S. des § 2a UStG erhalten allein aufgrund dieser Tätigkeit keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

Ein Organträger erhält auf Antrag für jede seiner inländischen Organgesellschaften eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, wenn diese Gesellschaften im eigenen Namen und für eigene Rechnung innergemeinschaftliche Lieferungen oder innergemeinschaftliche Erwerbe bzw. Lieferungen im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft nach § 25b Abs. 2 UStG ausführen (§ 27a Abs. 1 Satz 4 UStG). Der vom Organträger zu stellende Antrag muss enthalten:

  • Steuernummer, unter der der Organträger für Zwecke der Umsatzsteuer geführt wird;

  • Name und Anschrift des Organträgers;

  • Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Organträgers (soweit bereits erteilt);

  • Bezeichnung des Finanzamts, bei dem der Organträger für Zwecke der Umsatzsteuer geführt wird;

  • Namen und Anschriften der einzelnen Organgesellschaften;

  • Steuernummern, unter denen die einzelnen Organgesellschaften ertragsteuerlich geführt werden;

  • Bezeichnung der zuständigen Finanzämter, bei denen die Organgesellschaften ertragsteuerlich geführt werden.

Da für die Gebietskörperschaften Bund und Länder zugelassen wird, dass einzelne Organisationseinheiten (Ressorts, Behörden, Ämter) ihre innergemeinschaftlichen Erwerbe der Umsatzsteuer unterwerfen (Tz. 25, g), können diese auch jeweils eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten.

Tz. 330 Verfahren bei der Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern werden auf Antrag vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vergeben (§ 27a Abs. 1 Satz 1 UStG). Der Antrag ist schriftlich zu stellen und muss Name, Anschrift und die Steuernummer, unter der der Antragsteller umsatzsteuerlich geführt wird, enthalten (§ 27a Abs. 1 Satz 5 und 6 UStG). Der Unternehmer kann zusätzlich beim Bundeszentralamt für Steuern (auch wenn bereits eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vergeben wurde) die Eintragung der Adresse beantragen, unter der er im innergemeinschaftlichen Geschäftsverkehr auftritt (Euro-Adresse). Allerdings wird dann auch nur diese Adresse bei der qualifizierten Bestätigungsanfrage bestätigt. Bei der Neugründung eines Unternehmens kann der Antrag auf Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zusammen mit dem Fragebogen, der für die steuerliche Erfassung auszufüllen ist, dem zuständigen Finanzamt eingereicht werden. Der Antrag wird von dort dem Bundeszentralamt für Steuern weitergeleitet. Ein gesonderter Antrag ist hier nicht zu stellen. Zur Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei der erstmaligen Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit vgl. , UR 2000 S. 135. Erklärt der Unternehmer in der Voranmeldung innergemeinschaftliche Lieferungen, obwohl er noch keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragt hat, wird ihm diese von Amts wegen zugeteilt (vgl. Lohse, UVR 1994 S. 2). Bei Anfragen zur Bestätigung einer ausländischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch einen Unternehmer, der noch keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhalten hat, wird die Anfrage gleichzeitig als Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer behandelt.

Voraussetzung für die Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist, dass der Antragsteller von einer Finanzbehörde der Länder umsatzsteuerlich erfasst ist. Im Falle der Option zur Erwerbsbesteuerung muss der Antragsteller die entsprechende Erklärung gegenüber dem zuständigen Finanzamt abgegeben haben (§ 1a Abs. 4 UStG). Jeder Unternehmer erhält nur eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Ausnahme: Organschaften und Gebietskörperschaften Bund und Länder). Die Finanzbehörden der Länder unterrichten das Bundeszentralamt für Steuern über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Hierzu übermitteln die Finanzbehörden dem Bundeszentralamt für Steuern die für die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erforderlichen Angaben über die bei ihnen umsatzsteuerlich geführten natürlichen und juristischen Personen und Personenvereinigungen (§ 27a Abs. 2 Satz 1 UStG). Diese Angaben dürfen nur für die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, für Zwecke der Zusammenarbeits-VO, für die Umsatzsteuerkontrolle, für Zwecke der Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden anderer Staaten in Umsatzsteuersachen sowie für Übermittlungen an das Statistische Bundesamt nach § 2a des Statistikregistergesetzes verarbeitet oder genutzt werden (§ 27a Abs. 1 Satz 2 UStG). Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt den Finanzbehörden seinerseits die erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und die Daten, die sie für die Umsatzsteuerkontrolle benötigen (§ 27a Abs. 1 Satz 3 UStG).

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bietet einen Web-Service zur Automatisierung der Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer(www.bzst.de). Hierbei wird über das Formular-Management-Systems (FMS) des Bundes ein entsprechendes Internet-Formular zur Verfügung gestellt, über das eine vollautomatisierte Beantragung ermöglicht wird. Dazu muss der Antragsteller – je nach Rechtsform des Unternehmens – unterschiedliche Identifikationsmerkmale in das Formular eingeben. Diese werden nach der Übermittlung sofort mit dem vorliegenden Datenbestand des Bundeszentralamts für Steuern verglichen und auf Übereinstimmung geprüft. Im Ergebnis erhält der berechtigte Antragsteller unmittelbar und ohne Medienbruch einen entsprechenden Online-Bescheid hinsichtlich der automatisierten Bearbeitung. Die Bekanntgabe einer neu zugeteilten oder der bereits bestehenden, gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erfolgt in diesem Verfahren jedoch ausschließlich auf dem Postweg an die Anschrift des jeweils betroffenen Unternehmers, die dem Bundeszentralamt für Steuern zur Verfügung steht. Dadurch soll vermieden werden, dass einem nicht berechtigten Antragsteller die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer unmittelbar bekannt gegeben wird, um eine missbräuchliche Verwendung zu verhindern. Steuerliche Vertreter können die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für ihre Mandanten beantragen. Die schriftliche Bekanntgabe der zugeteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erfolgt jedoch auch in diesen Fällen unmittelbar an den Unternehmensinhaber bzw. das Unternehmen selbst. Für die Online-Beantragung sind folgende Daten einzugeben, die mit den dem zuständigen Finanzamt vorliegenden Adressdaten übereinstimmen müssen:

  • Finanzamt, das für die Umsatzbesteuerung des Unternehmens zuständig ist;

  • Steuernummer, unter der das Unternehmen umsatzsteuerlich geführt wird (bei Organgesellschaften die Körperschaftsteuernummer);

  • Rechtsform des Unternehmens.

Tz. 331 Umsatzsteuer-Nachschau

§ 27b UStG

Die unangekündigte Umsatzsteuer-Nachschau lässt Ermittlungshandlungen bei Personen zu, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben (also bei allen Unternehmern i. S. des § 2 UStG), ohne dass es einer formellen Prüfungsanordnung bedarf oder in Bezug auf den betroffenen Unternehmer ein Verdacht auf eine mögliche Steuerverkürzung vorliegt. Zu Anlass und Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau vgl. auch , BStBl 2002 I S. 1447.

§ 27b Abs. 1 UStG regelt, dass zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörden ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Unternehmern – Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben – während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten können, um besteuerungserhebliche Sachverhalte festzustellen. Dabei dürfen Wohnräume gegen den Willen des Inhabers nur in Ausnahmefällen – zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung – betreten werden. Es handelt sich um eine Maßnahme zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs. Bisher war die von der Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführte Einnahme des Augenscheins (Nachschau) nur im Rahmen des Beweismittelverfahrens (§ 98 AO) oder der Steueraufsicht in besonderen Fällen (§ 210 AO) vorzunehmen. Sie blieb ohne konkrete Auswirkungen für den Überprüften. § 27b UStG ist zwar hauptsächlich für diese Fälle geschaffen worden, der Regelungsbereich ist aber keineswegs auf Fälle der Unternehmensgründungen beschränkt.

§ 27b UStG gewährt das Recht, Grundstücke und Räume von Personen zu betreten, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben. Diese Personen sind Adressaten der Umsatzsteuer-Nachschau. Die in ihrem Eigentum stehenden oder gemieteten bzw. gepachteten Grundstücke und Räume können betreten werden. Zulässig ist nur das Betreten, nicht das Durchsuchen der genannten Räumlichkeiten. Insbesondere ist unter „Durchsuchung” das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts zu verstehen, um etwas aufzuspüren, das der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offen legen oder herausgeben will.

Das Betreten von Grundstücken und Räumen im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau ist nur während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. Grds. ist dabei wohl von den branchenüblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten auszugehen. Eine unzulässige Umsatzsteuer-Nachschau liegt dann vor, wenn das Unternehmen außerhalb des werktäglichen Geschäftsbetriebs besucht werden soll. Ist es im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau notwendig, Bücher einzusehen, die der betroffene Unternehmer in separaten Büroräumen lagert (eventuell räumliche Trennung von Produktions- und Verwaltungsgebäude), ist die von der zeitlichen Organisation im Produktionsbereich eventuell abweichende Bürozeit zu beachten. Die Zumutbarkeit, innerhalb der Geschäfts- und Arbeitszeiten Grundstücke und Räume im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau betreten zu können, orientiert sich am Übermaßverbot i. S. der §§ 5, 88, 92 AO. Danach dürfen insbesondere keine Überforderung des Betroffenen und kein unangenehmes Eindringen in seine Intimsphäre vorliegen. Außerdem muss das Betreten von Grundstücken und Räumen innerhalb der Geschäfts- und Arbeitszeiten erforderlich und verhältnismäßig sein (vgl. §§ 92, 93 AO).

Die mit der Umsatzsteuer-Nachschau betrauten Amtsträger können nach § 27b Abs. 2 UStG von den betroffenen Personen verlangen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist. Die Regelung knüpft an die bereits für den Bereich der Zölle und Verbrauchsteuern festgeschriebene Verfahrensweise (§ 211 AO) an. Die Eigenschaft des Amtsträgers erfüllen insbesondere Beamte oder Richter (§ 7 Nr. 1 AO). Aber auch wer in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht (§ 7 Nr. 2 AO) oder sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen (§ 7 Nr. 3 AO), kommt als Amtsträger i. S. von § 27b UStG in Betracht.

Als Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden kommen alle denkbaren Geschäftsunterlagen in Betracht. Zu den Unterlagen i. S. von § 27b Abs. 2 UStG gehören insbesondere Belege, Urkunden oder sonstige Schriftstücke. Auch die in § 147 AO genannten Inventare, Bilanzen (sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen), die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe, die Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe und Buchungsbelege sind Unterlagen i. S. von § 27b Abs. 2 UStG. Außerdem gehören dazu auch für betriebsinterne Zwecke gedachte statistische Unterlagen, die Protokolle über Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen oder Bankauszüge, Briefe, Fernschreiben, Telegramme, Spendenbescheinigungen und andere Belege.

§ 27b Abs. 3 UStG eröffnet die Möglichkeit, ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 AO) zu einer Außenprüfung nach § 193 AO überzugehen, wenn die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben. Allerdings ist dazu ein entsprechender schriftlicher Hinweis notwendig. Daraus folgt, dass die Umsatzsteuer-Nachschau selbst keine Außenprüfung i. S. der §§ 193 ff. AO ist. Sie gibt lediglich die Gelegenheit einer zeitnahen kursorischen Kontrolle, die eine Außenprüfung nicht ersetzen kann. Durch die Möglichkeit des Übergangs zu einer Außenprüfung soll verhindert werden, dass wichtige Erkenntnisse aus der Umsatzsteuer-Nachschau verloren gehen, d. h. ohne Auswirkung bzw. Auswertung für den betroffenen Unternehmer bleiben. Vertiefte Ermittlungen können aber auch weiterhin nur im Rahmen einer – auch formell – strenger geregelten Außenprüfung vorgenommen werden.

Eine sich an die Nachschau anschließende Außenprüfung muss sich nicht nur auf die Umsatzsteuer, sondern kann sich auch auf andere Steuerarten (z. B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer) beziehen. Im Übrigen gelten ab dem Übergang zur Außenprüfung die §§ 199207 AO. Eine Frist zwischen der Bekanntgabe des Übergangshinweises und dem Prüfungsbeginn sieht § 27b UStG nicht vor.

Nach § 27b Abs. 4 UStG ist die Auswertung der Feststellungen, die im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau getroffen werden, auch für andere Steuerarten, z. B. Ertragsteuern, zulässig. Zu der Frage, nach welchen Kriterien eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durchgeführt wird, vgl. , BStBl 2002 I S. 1366. Umsatzsteuer-Sonderprüfungen bewirken keine Änderungssperre i. S. des § 173 Abs. 2 AO (vgl. , BStBl 2007 II S. 420).

Tz. 332 Zeitlich begrenzte Fassung einzelner Gesetzesvorschriften

§ 28 UStG

§ 28 Abs. 4 UStG enthält als einzige in § 28 UStG noch vorhandene Vorschrift die bis zum geltende Fassung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG (Tz. 203 f.). Die Übergangsregelung wurde durch das EURLUmsG um weitere drei Jahre bis zum verlängert. Danach unterliegen Personenbeförderungen mit Schiffen unabhängig von der Beförderungsstrecke sowie innerhalb einer Gemeinde oder mit Beförderungsstrecken bis zu 50 km durchgeführte Personenbeförderungen im Schienenbahnverkehr (Ausnahme: Bergbahnen), im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen und die Beförderungen im Fährverkehr dem ermäßigten Steuersatz.

Die befristete Übergangsregelung wurde durch das JStG 2008 mit Wirkung v. 1. 1. 2008 erneut, diesmal bis zum verlängert. Darüber hinaus wurde die Vorschrift inhaltlich erweitert (vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6949 und Weber, BB 2007 S. 2603). Der bisherige Ausschluss der Bergbahnen von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes wurde aufgegeben. Stattdessen unterfallen mit Wirkung v. auch Personenbeförderungen „mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art” dem ermäßigten Steuersatz. Steuerbegünstigt sind demnach insbesondere Beförderungen mit Drahtseilbahnen, Zahnradbahnen, Seilschwebebahnen, Sesselliften und Schleppliften (auch für Wintersportzwecke). Die Erweiterung wirft neue Abgrenzungsfragen auf (vgl. hierzu auch Huschens, NWB F. 7 S. 6949 NWB UAAAC-66317). Vgl. zu den Konsequenzen aus den Regelungen des JStG auch , BStBl 2008 I S. 880.

Tz. 333 Umstellung langfristiger Verträge

§ 29 UStG

Beruht bei einer Änderung des UStG die Leistung (einschließlich Teilleistung) auf einem Vertrag (z. B. Kauf-, Werk-, Dienst-, Lizenz-, Miet- oder Pachtvertrag), der nicht später als vier Kalendermonate vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden ist, kann der eine Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 UStG). Den Vertragspartnern werden zivilrechtliche Ausgleichsansprüche eingeräumt, und zwar dem Leistungsempfänger gegen den leistenden Unternehmer bei einer Verringerung der umsatzsteuerlichen Belastung und dem leistenden Unternehmer gegen den Leistungsempfänger bei einer Erhöhung der umsatzsteuerlichen Belastung. Das gilt, wenn der Umsatz durch die Änderung steuerpflichtig, steuerfrei oder nicht steuerbar wird bzw. ein anderer Steuersatz anzuwenden ist. Angemessen ist grds. der volle Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung. Über die Berechtigung und die Höhe von Ausgleichsansprüchen entscheiden in Streitfällen nach § 29 Abs. 1 Satz 3 UStG die ordentlichen Gerichte unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung (§ 287 Abs. 1 ZPO).

Ein Ausgleichsanspruch besteht nicht, soweit der Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs – ganz oder teilweise – ausdrücklich vereinbart worden ist (§ 29 Abs. 1 Satz 2 UStG). Das kann sich auch aus einer allgemeinen vertraglichen Vereinbarung (z. B. durch Vereinbarung eines Festpreises) ergeben.

Sind Entgelte (Vergütungen, lich den Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung durch das Inkrafttreten des UStG 1980. Nach § 29 Abs. 2 UStG finden diese Regelungen aber auf Belastungsänderungen durch spätere Änderungsgesetze (das UStG 1980 ändernde Gesetze) entsprechend Anwendung.

Fundstelle(n):
NWB Fach 7 Seite 5565
NWB2002 Seite 2675
NWB WAAAD-33147

1Bearbeiternachweis: Huschens Tz. 30–46, 89–141, 145–204, 228–251, 274–276, 295–322, 325–326, 331; Vellen Tz. 1–29, 47–88, 142–144, 205–227, 252–273, 277–294, 323–324, 327–330, 332–333.