Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 7368

Genehmigung und Widerruf der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten

Der Antrag nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist an keine Frist gebunden (Abschn. 254 Abs. 1 UStR). Versteuert der Unternehmer ohne förmliche Genehmigung nach vereinnahmten Entgelten (z. B. Freiberufler), ist ein nachträglicher Antrag anzuregen. In die Genehmigung können auch Besteuerungszeiträume einbezogen werden, die dem Kalenderjahr der Antragstellung vorangehen, soweit die betreffenden Steuerfestsetzungen noch nicht durchgeführt wurden oder noch nicht formell bestandkräftig sind (Abschn. 247 Abs. 6 UStR). Für zurückliegende Besteuerungszeiträume, in denen der Unternehmer nach vereinbarten Entgelten versteuert hat, kommt eine rückwirkende (nachträgliche) Genehmigung nicht in Betracht.

Wird bei der Bearbeitung der USt-Jahreserklärungen festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht mehr vorliegen, ist die Genehmigung entsprechend dem Widerrufsvorbehalt in der Genehmigungsverfügung (Vordruck S 7 – 20 a/b) zu widerrufen. Bei Einhaltung der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG können Genehmigungen widerrufen werden, wenn durch die (weitere) Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten der Steueranspruch gefährdet ist. Solche Sachverhalte, die insbesondere Umsätze an vorsteuerabzugsberechtigte nahestehende Personen betreffen, sind aktenkundig – ggf. über längere Zeiträume – zu dokumentieren. Eine vom Finanzamt verweigerte Genehmigung für zurückliegende Kalenderjahre hat das (nicht veröffentlicht) zu folgendem Sachverhalt bestätigt:

Der Steuerpflichtige war in den Streitjahren als Erfinder und Autor unternehmerisch tätig. Die Verwertung seiner Patente, Gebrauchsmuster und Autorenrechte übertrug er einer zu diesem Zweck gegründeten GmbH, an der er zu 80 % beteiligt war. Über mehrere Jahre hinweg erteilte er der GmbH Tantieme-Abrechnungen mit offenem Steuerausweis, erklärte aber für diese Jahre keine oder nur sehr geringe Umsätze mit der Begründung, er brauche nur die vereinnahmten Umsätzen zu versteuern, da bei ihm die Voraussetzungen des § 20 Nr. 1 und 3 UStG vorlägen. Die GmbH habe aber die vereinbarten Entgelte bisher nicht an ihn bezahlt. Die Ist-Besteuerung sei als genehmigt anzusehen, weil darauf ein Rechtsanspruch bestehe. Hilfsweise stellte er den Antrag, die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten rückwirkend zu genehmigen.

Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab und unterwarf die in den Streitjahren vereinbarten Entgelte der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts mit folgender Begründung:

Grundsätzlich sei Anträgen auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten zwar stattzugeben, wenn die Voraussetzungen des § 20 UStG vorliegen. Im vorliegenden Fall sei es aber nicht ermessensfehlerhaft gewesen, den Antrag abzulehnen.

Wörtlich führte das Finanzgericht aus:

„Die vom Gesetz beabsichtigte Vereinfachung der Besteuerung für den Steuerpflichtigen kann bei einer nachträglichen Bewilligungserteilung nicht mehr erreicht werden. Die vom Kläger praktizierte Verfahrensweise, zwischen seinem Einzelunternehmen und der GmbH Abrechnungen vorzunehmen, die einerseits den Vorsteuerabzug ermöglichen, andererseits zu keiner USt-Schuld führen, schließt die Genehmigung einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten aus; denn die Genehmigung einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten soll der Vereinfachung der Besteuerung dienen, nicht aber dazu, das Steueraufkommen zu gefährden oder – wie im vorliegenden Fall von verbundenen Unternehmen – den Vorsteuerabzug ohne eine korrespondierende Umsatzsteuerschuld zuzulassen”.

Nach den Grundsätzen dieses Urteils ist in allen Fällen zu verfahren, in denen ein Unternehmer Leistungen an nahestehende Personen erbringt, Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt, aber die Entgelte über unverhältnismäßig lange Zeit nicht vereinnahmt. Anträge auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten sind in diesen Fällen abzulehnen, bereits erteilte Genehmigungen mit Wirkung für die Zukunft nach § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO zu widerrufen.

Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 7368

Fundstelle(n):
DStR 2009 S. 856 Nr. 17
JAAAD-15473