OFD Frankfurt am Main - S 7100 A - 204 - St I 1.10

Besteuerung von Restaurationsumsätzen, insbesondere bei sog. Außer-Haus-Verkäufen

Bezug:

Durch Artikel 4 des Gesetzes zur Datenermittlung für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils am Umsatzsteueraufkommen und zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom (BStBl 1998 I S. 873) sind mit Wirkung vom in § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG die Sätze 2 und 3 gestrichen und in § 3 Abs. 9 die Sätze 4 und 5 angefügt worden.

Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle stellt sich seitdem nicht mehr als Lieferung, sondern als sonstige Leistung (Restaurationsumsatz) dar.

Hinweise zur Besteuerung von Restaurationsumsätzen ergeben sich aus dem  IV C 3 – S 7100 – 97/98 – BStBl 1998 I S. 1148, aus dem  IV D 1 – S 7100 – 133/99 – BStBl 1999 I S. 1039 sowie aus Abschn. 25a UStR, der an die Stelle von Abschn. 161 UStR 1996 getreten ist.

Zur Klarstellung wird auf Folgendes hingewiesen:

1 Umsatzsteuerrechtliche Auswirkungen

1.1 Abgrenzung nach § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG

Die bis zum den Regelungsinhalt des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Sätze 2 und 3 bestimmende Abgrenzung, ob im Einzelfall eine begünstigte Lieferung von dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenständen oder aber eine nicht begünstigte Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle vorlag, ist ab dem in § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG angesiedelt und betrifft die Differenzierung, ob von einer Lieferung oder sonstigen Leistung auszugehen ist.

Dabei ist bei der Abgabe von Speisen weiterhin für jede einzelne Abgabe zu prüfen, ob Verzehr an Ort und Stelle vorliegt.

1.2 Einzelfragen zu den sog. Außer-Haus-Verkäufen

Die sog. Verzehrumsätze werden als eine Gesamtheit von einzelnen Leistungselementen charakterisiert, die vom Zubereiten der Speisen bis zum Darreichen derselben reicht. In diesem Leistungsbündel tritt der Lieferungsanteil (der Nahrungsmittel) zurück, wenn der Dienstleistungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist, d. h. Speisen und Getränke mit weiteren Dienstleistungen abgegeben werden die den „komfortablen Verzehr” sicherstellen sollen. Ob der Kunde davon tatsächlich Gebrauch macht, ist nicht maßgeblich. Die Restaurationsleistungen unterliegen dann dem allgemeinen Steuersatz.

In diesem Zusammenhang weist die OFD unter anderem auf folgende Beispiele hin:

I. Sachverhalt:

Die A-GmbH beliefert Schulen einer Stadt mit warmen Mittagessen. Die Leistungen sind so aufgeteilt, das die Essensausgabe und alle Sonstigen mit der Bewirtschaftung der Essensausgabestelle verbundenen Aufgaben durch eine Catering-GmbH erfolgt.

Vereinbarungsgemäß stellt die A-GmbH das Schulessen her und die Catering-GmbH führt die Essensausgabe und den Transport durch. Die Zahlungen werden insgesamt durch die A GmbH vereinnahmt und teilweise an die Catering-GmbH weitergeleitet, jedoch erfolgt keine Aufteilung des zu zahlenden Entgelts. Zwischen der A-GmbH und der Catering-GmbH besteht eine „Bietergemeinschaft”, wobei die A-GmbH als federführende Gesellschaft auftritt und berechtigt ist, im Namen der Catering-GmbH, rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben und Zahlungen in Empfang zu nehmen.

Umsatzsteuerrechtliche Würdigung:

Die abgeschlossenen Vereinbarungen begründen vertragliche Beziehungen zwischen der „Bietergemeinschaft” selbst und den Leistungsempfängern. Die Leistungsempfänger zahlen aufgrund eines Vertrages ein einheitliches Entgelt für eine bestimmte Leistung, nämlich die Abgabe von Speisen und Getränken für den Verzehr an Ort und Stelle. Die Einbringung der Leistung wird durch die „Bietergemeinschaft” geschuldet. Welcher der Gesellschafter der „Bietergemeinschaft” die dazu notwendigen Dienstleistungen erbringt, ist für den Leistungsempfänger nicht relevant. Eine Aufteilung der erbrachten Leistung in eine reine Essenslieferung und eine Darreichungsleistung ist bereits aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung nicht möglich, insbesondere da für den Leistungsempfänger nicht erkennbar ist, welches Entgelt auf die jeweiligen Leistungen entfallen soll.

Leistungsbeziehungen bestehen nur zwischen den Essenstellnehmen und der „Bietergemeinschaft”. Folglich liegen einheitliche sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG vor. Die „Bietergemeinschaft” ist als Unternehmer mit dem vollen Steuersatz zu besteuern.

II. Sachverhalt:

Eine Großküche liefert Essen an Pflegeheime und karitative Einrichtungen, welche die Verteilung im eigenen Namen übernehmen, sowie an Einzelkunden.

Das Essen wird in der Großküche zu 90 % gegart, auf Spezialgeschirr (metallbeschichtet zum Fertiggaren beim Kunden auf Spezialinduktionsplatten) angerichtet und gekühlt.

Das Spezialgeschirr wird jedoch nicht von der Großküche erworben, sondern von einer zwischengeschalteten Firma G angemietet. An der Firma G sind die Kinder des Großkücheninhabers jeweils zu 50 % beteiligt.

Die von der Großküche belieferten Kunden müssen eine Vereinbarung unterschreiben, die sowohl die Essenslieferung als auch die Anmietung und Reinigung der Teller beinhaltet. Die Darreichungsform des Essens, die Transportbehälter und die endgültige Zubereitungsweise sind derart aufeinander abgestimmt, dass ein Einwirken von dritter Seite den Ablauf nur behindern würde.

Das Inkasso der Leistungen der Firma G erfolgt auf Wunsch des Kunden durch die Großküche im Namen und für Rechnung der Firma G.

Umsatzsteuerrechtliche Würdigung:

Die Leistungen sind aufgrund der Vertragsausgestaltungen nicht einzeln zu beziehen, folglich handelt es sich um eine einheitliche sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegt.

Aufgrund der vertraglichen Gestaltung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Firma G das Geschirr auch Kunden zur Verfügung stellt, die von anderen Großküchen beliefert werden. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass die Großküche nur Kunden beliefert, die bei der Firma G das notwendige Geschirr anmieten (vgl. Vereinbarung mit Kunden).

Darüber hinaus ist rein rechtlich die Firma G zwar eine selbständige juristische Person, es bestehen jedoch familiäre Verbindungen. Folglich liegt auch aus diesem Grunde eine sehr enge Verknüpfung zwischen den beiden Unternehmen vor.

Hinweis:

Eine familiäre o. ä. Verbindung der Gesellschafter oder eine organschaftliche Eingliederung des Anbieters einer Leistung in das Unternehmen des anderen Leistungsanbieters führt nicht zur Einheitlichkeit des „Leistungspakets”, sie kann allenfalls als zusätzliches Indiz angesehen werden.

1.3 Überwiegender Lieferungsanteil im Leistungsbündel

Innerhalb des Leistungsbündels überwiegt der Lieferungsanteil dann, wenn die Speisen derart verabreicht werden, dass ein Verzehr an Ort und Stelle von vornherein ausgeschlossen ist.

Die Abgabe von Speisen erfolgt den Umständen nach nicht zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle, wenn sie in Verpackungen zum Transport überreicht werden (z. B. Warmhalteverpackungen bei Außer-Haus-Verkauf durch Pizzerien). In diesem Falle liegen auch weiterhin Lieferungen vor, auf die unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG der ermäßigte Steuersatz Anwendung findet.

1.4 Restaurationsumsätze in sog. Multiplexkinos

In sog. Multiplexkinos verschiedener Kinoketten z. B. Cineworld, Cinestar, Cineplex, UCI werden im Foyer an einem oder mehreren Verkauftresen vornehmlich an Kinobesucher Speisen und Getränke abgegeben. Der Verkauf von verzehrfertigen Speisen, z. B. zubereiteten Popcorn oder Nachos mit erwärmter Käsesauce unterliegt ab dem dem Regeisteuersatz.

Diese Beurteilung beruht auf der Auffassung, dass die Bestuhlung im Filmvorführsaal auf Grund der besonderen Verhältnisse auch zum Verzehr von Speisen bereitgehalten wird, so dass diese als „besondere Vorrichtung” zur Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle im Sinne des § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG anzusehen ist. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob nicht auch andere Ausstattungsgegenstände eines Kinos als derartige „besondere Vorrichtungen” anzusehen sind.

Eine hiervon abweichende Beurteilung des Verkaufs von Speisen in sog. Multiplexkinos für Zeiträume bis zum soll regelmäßig nicht beanstandet werden. Hiervon unberührt bleiben Fälle, in denen eindeutig andere Ausstattungsgegenstände in Kinos vorhanden sind, die als „besondere Vorrichtungen” im Sinne des § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG anzusehen sind.

1.5 Restaurationsumsätze in Fußballstadien

Die Abgabe von Speisen in Fußballstadien ist dagegen als Lieferung, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, anzusehen, sofern nicht in Verbindung mit dem Verkauf der Speisen besondere Vorrichtung zum Verzehr an Ort und Stelle bereit gehalten werden.

Die von den jeweiligen Stadionbetreibern bereitgehaltenen Tribünenplätzen sind nicht als besondere Vorrichtung im Sinne von § 3 Abs. 9 Satz 5 UStG anzusehen.

1.6 Außer-Haus-Umsätze bei Fast-Food-Unternehmen

Bezüglich der Trennung der Entgelte bei Aufteilungen des Menüpreises bei Außer-Haus-Umsätze von Fast-Food-Unternehmen wird auf die – 35 – St I 2.30 (USt-Kartei OFD Ffm. § 12 Abs. 2 – S 7220 – Karte 4) verwiesen.

1.7 Aufzeichungspflichten

Werden sowohl regelbesteuerte als auch steuerbegünstigte Leistungen ausgeführt, sind über die unterschiedlich besteuerten Umsätze getrennte Aufzeichnungen zu führen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG).

2 Anwendungszeiträume

Die vorstehend geschilderten Grundsätze sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt worden sind.

Für Umsätze, die vor dem ausgeführt worden sind, gilt Folgendes:

Verpflegungsleistungen vor dem (Inkrafttreten der Neufassung des § 3 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG) sind unabhängig von der EuGH- und BFH-Rechtsprechung uneingeschränkt nach den für den Verkehr an Ort und Stelle nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 und 3 UStG a. F. geltenden Grundsätzen des Abschnitts 161 UStR 1996 zu beurteilen.

Die  Az. W. o. ist überholt und wird aufgehoben.

Die zu den Restaurationsumsätzen ergangene – 5 – St IV 22 (USt-Kartei OFD Ffm § 12 Abs. 2 Nr. 1 – S 7222 – Karte 3) ist ebenfalls überholt und kann ausgesondert werden.

OFD Frankfurt am Main v. - S 7100 A - 204 - St I 1.10

Fundstelle(n):
QAAAB-53869