Erlass von Umsatzsteuer bzw. von Zinsen zur Umsatzsteuer nach § 233a AO nach Wegfall der Gefährdungslage i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG und weitere Einzelfragen zu § 14c Abs. 2 UStG
Bezug:
1. Erlass der Umsatzsteuer einerseits und Erlass der Nachzahlungszinsen andererseits
Nach Rz. 86 des BStBl 2004 I S. 258, sind die Regelungen der Rz. 82 bis 85 sinngemäß in allen Fällen anzuwenden, in denen in einer vor dem begebenen Rechnung die Steuer unberechtigt ausgewiesen wurde und deshalb geschuldet wird (§ 14 Abs. 3 UStG a.F.). Sofern eine Änderung der Festsetzung für den Besteuerungszeitraum, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt wurde, nicht mehr möglich ist, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Erlass nach § 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen vorliegen.
Hierzu vertritt das Finanzministerium im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder die Auffassung, dass in den Fällen, in denen mangels Umsatzsteuer-Festsetzung für das Jahr der Beseitigung der Gefährdung für das Steueraufkommen kein Erlass nach § 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen möglich ist, ein Erlass für das Jahr der Erteilung der Rechnung vorzunehmen ist. Der Erlass kann dabei nicht auf eine in der Summe für den Besteuerungszeitraum eventuell bestehende Zahllast begrenzt werden, sondern muss die gesamte wegen unberechtigten Steuerausweises geschuldete Steuer umfassen.
Die Festsetzung der Umsatzsteuer für 1995 führt für Unternehmer U zu einem Guthaben von umgerechnet 1.000 €. Im Jahr 1997 wird die Umsatzsteuer für 1995 geändert auf 5.000 € festgesetzt; darin enthalten ist ein wegen unberechtigten Steuerausweises nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. geschuldeter Betrag i.H.v. 6.000 €.
Mit Ablauf des Jahres 1997 gibt U die unternehmerische Tätigkeit auf. Im Jahr 1998 beseitigt er durch Berichtigung der Rechnung die Gefährdungslage (der ursprüngliche Rechnungsempfänger hat die unberechtigt zum Abzug gebrachte Vorsteuer zurückgezahlt).
Lösung:
Entsprechend dem Ergebnis der Erörterung auf Bundesebene muss der Erlass nach § 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen in der Summe die gesamte wegen unberechtigten Ausweises nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. geschuldete Steuer umfassen, soweit die Gefährdungslage beseitigt wurde (hier: Umsatzsteuer i.H.v. 6.000 €).
Wenn und soweit ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen für das Jahr der Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens nicht vorgenommen werden kann (hier: 1998), weil der Erlass insoweit auf die festgesetzte Steuer begrenzt ist, ist ein Erlass nach § 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen für das Jahr der Rechnungsbegebung (hier: 1995) vorzunehmen.
In den Fällen, in denen der nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. geschuldete Steuerbetrag für das Kalenderjahr der Beseitigung der Gefährdungslage nicht nach § 227 AO vollständig erlassen werden kann, ist der Erlass des verbleibenden Betrags für den Besteuerungszeitraum der Rechnungsbegebung vorzunehmen.
Ein Erlass nach § 227 AO kann nicht mit Wirkung für die Vergangenheit ausgesprochen werden. Der Anspruch besteht bis zum Zeitpunkt des Erlasses und erlischt dann mit Wirkung für die Zukunft. Daher müssen die Zinsen nach § 233a AO und die Säumniszuschläge entsprechend erlassen werden.
Für 1995 wird Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. in Höhe von 6.000 € festgesetzt. Die Festsetzung ist am wirksam geworden (Bekanntgabe), daher werden Zinsen nach § 233a AO zur Umsatzsteuer 1995 für die Zeit vom bis zum berechnet.
Wegfall der Gefährdungslage am . Der Umsatzsteuerbescheid 1997 kann nach den Vorschriften der AO nicht mehr geändert werden.
Lösung:
Die Erhebung der Umsatzsteuer 1997 in Höhe von 6.000 € ist sachlich unbillig. Durch den Erlass nach § 227 AO in Höhe von 6.000 € erfolgt eine Erstattung an den Steuerpflichtigen. Die Zinsen nach § 233a AO zur Umsatzsteuer 1995 müssen für den Zeitraum bis erlassen werden, unabhängig davon, für welche Besteuerungszeiträume der Erlass vorzunehmen ist.
2. Berichtigungserklärung (Belegaustausch)
Nach § 14c Abs. 2 UStG kann ein unberechtigt ausgewiesener Steuerbetrag berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Ein Fürungültig-Erklären kann in verschiedenen Formen erfolgen.
Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder kann auf die Ungültigkeitserklärung des unberechtigten Steuerausweises durch den Rechnungsaussteller in den Fällen verzichtet werden, in denen feststeht, dass die Rechnung nicht mehr für Zwecke des Vorsteuerabzugs durch den Rechnungsempfänger verwendet werden kann, weil z.B. der Vorsteuerabzug beim Rechnungsempfänger rückgängig gemacht worden ist oder weil die in Frage kommende Steuerfestsetzung beim Rechnungsempfänger unanfechtbar geworden ist, ohne dass dieser einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat.
3. Beseitigung der Gefährdungslage im Fall der Aufrechnung bei nicht steuerbaren Geschäftsveräußerungen
In Fällen des irrtümlichen Steuerausweises bei einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG wird von den beteiligten Steuerpflichtigen häufig angestrebt, sukzessive Zahlungen (Rückzahlung der Vorsteuern an das Finanzamt, dann Erstattung der vereinnahmten Umsatzsteuer vom Leistenden an den Rechnungsempfänger und schließlich Erstattung der berichtigten Umsatzsteuer vom Finanzamt an den Leistenden) zu vermeiden. Es ist daher fraglich, ob ein unberechtigt ausgewiesener Steuerbetrag bereits berichtigt werden kann, wenn erst mit der Abtretung des Erstattungsanspruchs an den Rechnungsempfänger die von diesem zurückzuzahlenden Vorsteuern getilgt werden sollen.
Nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder kann auch in den Fällen des unrichtigen Steuerausweises bei einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG nicht auf die Rückzahlung unberechtigt in Abzug gebrachter Vorsteuerbeträge an das Finanzamt des Leistungsempfängers als Voraussetzung für die Beseitigung der Gefährdungslage nach § 14c Abs. 2 UStG verzichtet werden.
Finanzministerium NRW v. - S 7280 - 46 - V A
4S 0457 - 66/2 - V A
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Fundstelle(n):
MAAAC-52035