Geschäftsveräußerungen
Durch Art. 20 Nr. 1b des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom (BStBl 1994 I S. 49) ist in Anlehnung an Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie Abs. 1a in § 1 UStG eingefügt worden. Danach unterliegen Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht mehr der Umsatzsteuer. Bei der Anwendung des § 1 Abs. 1a UStG ist, Folgendes zu beachten:
Eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Zur Begriffsbestimmung verweise ich auf Abschn. 5 Abs. 1 bis 3 UStR. Danach ist es für die Annahme einer Geschäftsveräußerung grundsätzlich erforderlich, dass der Veräußerer dem Erwerber alle wesentlichen Grundlagen seines Unternehmens bzw. seines gesondert geführten Betriebs übereignet. Das Zurückbehalten einzelner wesentlicher Grundlagen ist insoweit unschädlich, wenn diese an den Erwerbenden vermietet oder verpachtet werden, so dass der Erwerber in der Lage ist, das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen unverändert fortzuführen.
Dies gilt im Hinblick auf die in Zusammenhang mit der Einführung des § 1 Abs. 1a UStG vorgenommene Streichung der Sätze 2 und 3 in § 24 Abs. 1 UStG insbesondere auch für Fälle, in denen ein land- und forstwirtschaflicher Betrieb oder Teilbetrieb übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung liegt in derartigen Fällen weiterhin auch dann vor, wenn der vormalige Betriebsinhaber z. B. die land- und forstwirtschaftlichen Flächen zurückbehält und an den Erwerber verpachtet (siehe Abschn. 5 Abs. 1 Satz 7 UStR sowie – 42 – St IV 16 –, USt-Kartei OFD Ffm. zu § 24 – S 7410 – Karte 9).
Die Übereignung einzelner Betriebsgegenstände, die nicht im Rahmen einer Geschäftsveräußerung erfolgt, stellt dagegen je nach dem, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, wie bisher einen steuerbaren Veräußerungs- oder Entnahmevorgang dar.
Die Vorschrift des § 1 Abs. 1a UStG erfasst neben den entgeltlichen auch die unentgeltlichen Geschäftsveräußerungen im Ganzen, z. B. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, die nach bisherigem Recht als Eigenverbrauch anzusehen waren (vgl. dazu Abschn. 8 Abs. 5 UStR 1992 – sowie – 24 – St IV 11 –, USt-Kartei OFD Ffm. zu § 1 – S 7102 – Karte 2).
Die Nichtsteuerbarkeit der Geschäftsveräußerungsumsätze setzt voraus, dass der Erwerber Unternehmer ist und das Geschäft für sein Unternehmen bezieht. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn der Erwerber mit der Fortführung des erworbenen Unternehmens erstmals unternehmerisch tätig wird (vgl. auch Abschn. 5 Abs. 1 Satz 3 UStR). In allen anderen Fällen ist die Besteuerung beim Veräußerer – ggf. als Eigenverbrauch (vgl. Abschn. 5 Abs. 5 und Abschn. 8 UStR 1996) bis bzw. als der Lieferung bzw. sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellte Leistung im Rahmen der unentgeltlichen Warenabgabe (vgl. Abschn. 5 Abs. 5 und Abschn. 24a UStR) ab dem – erforderlich, um einen unbelasteten Letztverbrauch zu vermeiden.
Nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG tritt der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers. Dies hat Bedeutung insbesondere für die Anwendung des § 15a UStG. Dort wird durch Abs. 6a bestimmt, dass der für das Wirtschaftsgut maßgebliche Berichtigungszeitraum durch die Veräußerung des Geschäfts nicht unterbrochen wird. Das bedeutet, dass der Erwerber den vom Veräußerer begonnenen Berichtigungszeitraum fortzuführen hat und bei eintretenden Nutzungsänderungen den ursprünglichen Vorsteuerabzug des Veräußerers aus der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes entsprechend § 15a UStG berichtigen muss. Der Veräußerer ist verpflichtet, dem Erwerber die für die Durchführung der Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen (§ 15a Abs. 6a Satz 2 UStG).
Zur Überwachung der Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG beim Erwerber wird gebeten die für den Veräußerer geführten Überwachungsblätter (siehe – 2 – St IV 21 –, USt-Kartei OFD Ffm. zu § 15a – S 7316 – Karte 3) abzulichten und die Ablichtungen den Umsatzsteuerakten des Erwerbers vorzuheften. Auf den Ablichtungen ist zu vermerken, dass der Erwerber den Berichtigungszeitraum des Veräußerers nach § 15a Abs. 6a UStG fortführt.
Wird der Erwerber bei einem anderen Finanzamt geführt, sind die Ablichtungen der Überwachungsblätter unter Hinweis auf die Geschäftsveräußerung diesem Finanzamt zuzuleiten. Die dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen über die Geschäftsveräußerung (z. B. Vertragsunterlagen) sind in diesen Fällen ebenfalls in Ablichtung beizufügen.
Da der Erwerber nach § 1 Abs. 1a UStG in die Rechtsstellung des Veräußerers eintritt, ist er bei dem Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auch an die vom Veräußerer ggf. erklärte Option zur Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 UStG gebunden. Der Erwerber hat deshalb seine Umsätze bis zum Ablauf der vom Veräußerer begonnenen Jahres-(Bindungs-)Frist ebenfalls nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu besteuern (§ 24 Abs. 4 S. 2 UStG). Entsprechendes gilt für die Bindungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 UStG beim Verzicht des Veräußerers auf die Kleinunternehmerbesteuerung des § 19 Abs. 1 UStG.
Im Zusammenhang mit der Einführung des § 1 Abs. 1a UStG sind die bis zum geltenden Vorschriften des § 10 Abs. 3 und § 20 Abs. 2 UStG aufgehoben worden.
Hat der Unternehmer für die nach § 1 Abs. 1a UStG nichtsteuerbare Veräußerung seines Geschäfts im Ganzen Umsatzsteuer im Kaufvertrag gesondert ausgewiesen, so handelt es sich bei der ausgewiesenen Umsatzsteuer um einen unrichtigen (zu hohen) Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG. Nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG steht es ihm jedoch unter Beachtung des § 14c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Sätze 3 – 5 UStG frei, den fehlerhaften Steuerbetrag zu berichtigen. In diesem Fall ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden.
Die Anforderungen an eine wirksame Rechnungsberichtigung i. S. des § 14c Abs. 1 UStG sind im (BStBl 2004 I S. 258) geregelt. Bzgl. des Zeitpunktes des Wirksamwerdens der Rechnungsberichtigung wird auf das BStBl 1993 II S. 251 hingewiesen. Danach wird diese in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Empfänger tatsächlich zugeht.
Der fehlerhafte Steuerausweis kann nach § 14c Abs. 1 UStG zu einer Haftungsinanspruchnahme des Erwerbers in folgenden Fällen führen:
8.1Wird die fehlerhafte Rechnung durch den Rechnungsaussteller nicht berichtigt und kann die Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG beim Veräußerer nicht erhoben werden, so kann der Erwerber unter den Voraussetzungen des § 75 AO i.V.m. § 191 AO als Betriebsübernehmer für die vom Veräußerer geschuldete Umsatzsteuer in Haftung genommen werden. Dies gilt jedoch nicht für Erwerbe aus einer Konkurs- bzw. Gesamtvollstreckungsmasse, aus dem Vermögen eines Vergleichsschuldners oder im Vollstreckungsverfahren (§ 75 Abs. 2 AO). Eine Haftungsinanspruchnahme ist auch möglich, wenn die fehlerhafte Rechnung vom Veräußerer erst nach dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs des Unternehmens gestellt wird und der Steueranspruch aus § 14c Abs. 1 UStG somit erst nach der Übereignung entsteht. Nach dem (BStBl 1978 II S. 241) kommt es nicht darauf an, ob die Steuerschuld vor oder nach der Übereigung entstanden ist, sondern dass der Grund für das Entstehen der Steuerschuld in der Person des früheren Unternehmens lag und dieser damit zum Steuerschuldner wurde.
8.2Wird die fehlerhafte Rechnung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens vom Verwalter bzw. vorläufigen Verwalter i. S. v. § 22 Abs. 1 InsO ausgestellt und kann die daraus resultierende Steuerschuld nicht beglichen werden, kann der Verwalter bzw. vorläufige Verwalter unter den Voraussetzungen des § 69 AO für die fehlerhafte ausgewiesene Umsatzsteuer als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden. Das VII Verwalters für unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG bei Kenntnis des Fehlens vorhandener Mittel bejaht wird; ist auch auf Fälle der unrichtig ausgewiesenen Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG anwendbar.
Der Leistungsempfänger (Erwerber) kann die zu hoch ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer abziehen, da sie nicht mit einem der Umsatzsteuer unterworfenen Umsatz in Zusammenhang steht (vgl. , BStBl 1998 II S. 695 und Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie). Abschn. 192 Abs. 6 UStR 1996 ist insoweit nicht mehr anzuwenden. Diese Regelung ist erstmals auf alle Fälle anzuwenden, in denen das umsatzsteuerrechtliche Abrechnungspapier nach der Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt () dem Leistungsempfänger – bzw. im Gutschriftsfall dem leistenden Unternehmer – zugegangen ist (vgl. auch Abschn. 192 Abs. 9 UStR).
Der Erwerber hat den vom Veräußerer begonnenen Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 6a UStG fortzuführen (vgl. Tz. 4). Nicht steuerbare Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG werden durch die Erteilung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer nicht zu steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen. Deshalb entsteht durch die Rechnungserteilung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer beim Erwerber kein neuer Berichtigungszeitraum.
Diese Verfügung ersetzt die Az. w. o.
OFD Frankfurt am Main v. - S 7100 b A - 1 - St I 1.10
Fundstelle(n):
GAAAB-44115