OFD Hannover - S 7240 - 37 - StO 183

Steuersatz für Umsätze aus der Überlassung von Computerprogrammen (Software)

Mit den Urteilen vom ( BStBl 2005 II S. 415 und 419) hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach die entgeltliche Überlassung urheberrechtlich geschützter Computerprogramme nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, wenn der Urheber oder Nutzungsberechtigte dem Leistungsempfänger die in § 69 UrhG bezeichneten Rechte auf Vervielfältigung und Verbreitung nicht als Nebenfolge einräumt (Abschn. 168 Abs. 1 S. 8 UStR). Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Vertrieb von Standard-Software und sogenannten Updates

Die Überlassung von Standard-Software und so genannten Updates ist eine Lieferung (s. Abschn. 25 Abs. 2 Nr. 7 Satz 3 UStR).

Standard-Software sind serienmäßig hergestellte Gegenstände, die von jedem beliebigen Käufer erworben und nach ihrem Aufbau und begrenzter Ausbildung in Standardform verwendet werden können, um gleiche Anwendungen oder Aufgaben auszuführen. Sie bestehen aus einer kohärenten und unabhängigen Serie von Programmen und Datenträgermaterial und schließen oft die Dienstleistungen des Aufbaus, der Ausbildung und der Wartung mit ein. Hierzu gehört Software für Heimcomputer und Computerspiele. Ferner gehören hierzu Standardpakete, die auf Wunsch so angepasst sind, dass sie Sicherheits- oder ähnliche Vorrichtungen enthalten. Standard-Software liegt auch dann vor, wenn die Software auf einen bestimmten Anwender-/Benutzerkreis zugeschnitten ist.

Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG kommt für diese Umsätze, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Lieferung anzusehen sind, bereits mangels Vorliegens einer sonstigen Leistung nicht in Betracht.

2. Vertrieb von Individual-Software

Die Überlassung von nicht standardisierter Software, die speziell nach den Anforderungen des Anwenders erstellt wird oder die eine vorhandene Software den Bedürfnissen des Anwenders individuell anpasst, ist umsatzsteuerrechtlich als sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) zu beurteilen (s. Abschn. 25 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 UStR).

Werden dem Auftraggeber bei der Erstellung der Individual-Software gleichzeitig die Verwertungsrechte an dem Programm übertragen, kann für diese Umsätze der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG nur dann in Betracht kommen, wenn die Übertragung der Verwertungsrechte als leistungsbestimmend zu beurteilen ist und nicht lediglich eine unselbständige Nebenleistung einer einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtleistung darstellt, die nicht in der Übertragung urheberrechtlicher Schutzrechte besteht.

Bei der Prüfung, ob die in § 69c UrhG bezeichneten Rechte nicht nur als Nebenfolge eingeräumt worden sind, sind die vertraglichen Vereinbarungen und die tatsächlichen Leistungen maßgebend. Ergänzend ist auf objektive Beweisanzeichen wie z. B. die Tätigkeit des Leistungsempfängers, die vorhandenen Vertriebsvorbereitungen und Vertriebswege, die tatsächliche Durchführung der Vervielfältigung und Verbreitung sowie die Vereinbarung über die Bemessung und Aufteilung des Entgelts abzustellen.

Für die Beurteilung der Frage, in welchen Fällen die Übertragung der Verwertungsrechte als leistungsbestimmend zu beurteilen ist, bittet die OFD nachfolgende – zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmte – Sachverhaltsvarianten zu beachten:

2.1 Überlassung von Individual-Software an Anwender

Das für den Auftraggeber entwickelte Programm ist nach der Vertragsgestaltung dazu bestimmt, den Bedürfnissen des Auftraggebers (Anwenders) zu genügen. Der Auftraggeber entrichtet für die Einräumung eines generellen Verwertungsrechts kein zusätzliches Entgelt, da für ihn die Programminhalte leistungsbestimmend sind. Die Hauptleistung besteht hier nicht in der Einräumung des Verwertungsrechts, sondern in der Programmerstellung selbst und der Überlassung von Software zur Benutzung. Die Einräumung des Verwertungsrechts stellt im Verhältnis zur Hauptleistung nur eine Nebenleistung dar, die in der Gesamtleistung untergeht.

Diese Leistungen unterliegen daher dem allgemeinen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG (vgl. Abschn. 168 Abs. 1 Sätze 6 und 7 UStG).

2.2 Auftragsvergabe zur ausschließlichen Verwertung durch eine entgeltliche Lizenzvergabe bzw. Veräußerung des Programms durch den Auftraggeber

Eine Auftragsvergabe zur ausschließlichen Verwertung durch eine entgeltliche Lizenzvergabe bzw. Veräußerung des Programms durch den Auftraggeber lassen darauf schließen, dass die Hauptleistung in der Einräumung des urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechts liegt (Abschn. 168 Abs. 1 i. V. m. Abs. 14 UStR) und es dem Auftraggeber nicht primär auf die Programminhalte zur Nutzung des Know-hows, sondern auf die Marktfähigkeit des Programms ankommt; dieses muss sich allerdings aus dem Vertrag zwischen Auftraggeber und Programmhersteller ergeben.

Eine derartige Leistung unterliegt, wenn sie entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt wird, dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG.

2.3 Auftragsvergabe sowohl zur eigenen Benutzung als auch zur entgeltlichen Vermarktung des Programms durch den Auftraggeber

Bei Mischfällen, bei denen die Programmerstellung sowohl den eigenen Zwecken dient als auch zur entgeltlichen Vermarktung von vornherein vorgesehen ist, ist auf den Werkvertrag abzustellen. Dabei genügt eine nur allgemein gehaltene Formel, dass das Verwertungsrecht auf den Auftraggeber übergeht und es beabsichtigt ist, das Programm auch durch Lizenzen o. ä. entgeltlich weiterzugeben, nicht. Hier muss ergänzend der Betrag genannt sein, der zur Einräumung des Verwertungsrechts aufzuwenden ist. Nur dieser Betrag ist mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.

In einem solchen Fall erbringt der Programmhersteller gegenüber dem Auftraggeber zwei selbständige Hauptleistungen, die unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen (die dem allgemeinen Steuersatz unterliegende Überlassung von Software zur Benutzung und die dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG unterliegende Einräumung des Verwertungsrechts zur entgeltlichen Vermarktung des Programms).

In der Regel wird jedoch bei Auftragsvergabe nur die Verwendung zu eigenen Zwecken feststehen; eine zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit wird sich erst nachträglich einstellen und wirkt sich daher auf den Steuersatz nicht mehr aus.

Die vorstehenden Grundsätze gelten auch, wenn Leistender und Leistungsempfänger demselben Konzern angehören. Folglich kann der Weitervertrieb von Computerprogrammen an rechtlich selbständige Konzernunternehmen und Kooperationspartner eine Verbreitung i. S. d. §§ 17, 69c Nr. 3 UrhG sein ( a. a. O.).

OFD Hannover v. - S 7240 - 37 - StO 183

Fundstelle(n):
DStR 2007 S. 808 Nr. 18
JAAAC-38782