Niedrigere Festsetzung oder Erlass von Umsatzsteuer nach § 26 Absatz 3 UStG für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr
Nach § 26 Abs. 3 UStG kann das BMF anordnen, dass die Steuer für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder ganz oder zum Teil erlassen wird, soweit der Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Steuer (§ 14 Abs. 1 UStG) erteilt hat.
Die dazu erforderliche Anordnung hat das BMF in den UStR (Abschnitt 281) getroffen und die Prüfung der Voraussetzungen auf die zuständigen Landesbehörden delegiert. Weiterführende Einzelheiten ergeben sich aus den Abschn. 277, 278, 279, und 280 UStR.
Der Erlass der Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Personenbeförderungen im Luftverkehr nach § 26 Abs. 3 UStG setzt folgende Bedingungen voraus:
Ausführung der Umsätze durch einen so genannten „Luftverkehrsunternehmer”
Erbringung von grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen an Personen
Verzicht auf den gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnungen und Tickets.
1 Luftverkehrsunternehmen
Luftverkehrsunternehmer sind Unternehmer, die die Beförderung selbst durchführen. Als Luftverkehrsunternehmen kommen neben originär befördernden Unternehmen auch sog. vertragliche Luftverkehrsunternehmen in Betracht. Diese verpflichten sich gegenüber dem Reisenden im eigenen Namen zur Durchführung der Reise, befördern jedoch nicht selbst (Abschn. 277 Abs. 1 S. 2 UStR).
Bei Luftverkehrsunternehmern, die ihren Sitz nicht im Inland haben, kommt eine niedrigere Festsetzung oder ein Erlass der Umsatzsteuer nur in Betracht, wenn mit dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, ein „Gegenseitigkeitsabkommen” besteht (vgl. hierzu ergänzt durch , BStBl 2003 I S. 463).
2 grenzüberschreitende Beförderungsleistungen
2.1 Beförderungsleistungen
Ob eine Beförderungsleistung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Entscheidend ist, ob wesentlicher Vertragsinhalt die Beförderung ist. Hierunter ist die Fortbewegung einer Person von einem Ort zum anderen zu verstehen.
Das Wesen eines Beförderungsvertrags bestimmt sich nach den damit typischerweise einhergehenden Hauptpflichten der beteiligten Parteien. Diese bestehen darin, dass der Unternehmer die Beförderung und der Reisende den Beförderungspreis schulden.
Die für die Qualifizierung als Beförderungsleistung maßgeblichen Primärpflichten bleiben auch in dem Fall, in dem der Beförderer Schadenersatzansprüche ausschließt, unberührt.
Liegt die Gebrauchsüberlassung eines beweglichen Gegenstandes vor (z. B. Flugzeug samt Flugzeugführer), so handelt es sich nicht um eine Beförderungsleistung, sondern um eine Vermietungsleistung, die von der Anwendung des § 26 Abs. 3 UStG ausgeschlossen ist.
2.2 grenzüberschreitend
Eine grenzüberschreitende Beförderung liegt vor, wenn sich eine Beförderung sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland erstreckt (§ 3b Abs. 1 S. 3 UStG)
Die Anwendung des § 26 Abs. 3 UStG kommt bei folgenden grenzüberschreitenden Beförderungen im Luftverkehr in Betracht:
von einem ausländischen Flughafen zu einem Flughafen im Inland
von einem Flughafen im Inland zu einem ausländischen Flughafen
von einem ausländischen Flughafen zu einem anderen ausländischen Flughafen über das Inland.
3 gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer
Ein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer in den Rechnungen oder auf den Tickets des Luftverkehrsunternehmers schließt den Erlass nach § 26 Abs. 3 UStG aus.
Wenn nur ein Teilerlass (dies betrifft nur ausländische Unternehmen) der Umsatzsteuer für den Luftfahrtunternehmer ausgesprochen wird, ist der offene Ausweis der nicht erlassenen Umsatzsteuer in den Rechnungen unschädlich.
Ein ausländischer Luftfahrtunternehmer führt grenzüberschreitende Personenbeförderungen vom Land X nach Frankfurt durch.
Laut Gegenseitigkeit mit dem Staat X ist eine Steuerfreiheit i. H. v. 40 v. H. gegeben. Der inländische Anteil der Flugstrecke beträgt 5 v. H. der gesamten Flugstrecke von X nach Frankfurt.
Aus der Gesamtrechnung sind 5 v. H. mit deutscher Umsatzsteuer belastet. Hieraus ergäbe sich generell eine geschuldete Umsatzsteuer in Höhe des vollen Steuersatzes von 19 %. Auf Grund der Gegenseitigkeit können 40 v. H. der Zahllast erlassen werden. Der Umsatzsteuerausweis würde somit nur 40 v. H. der geschuldeten Umsatzsteuer betragen.
Auch im Falle einer nachträglichen Korrektur einer Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis (§ 14 Abs. 4 UStG) in einer Rechnung ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis kann § 26 Abs. 3 UStG nicht angewendet werden, da weder ein Fall des unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises i. S. d. § 14c UStG noch eine Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 17 UStG) vorliegt.
4 Vorprüfung durch das Finanzamt
Im Rahmen der Vorprüfung durch das Finanzamt, ob § 26 Abs. 3 UStG Anwendung findet, sollten in der Regel folgende Unterlagen angefordert werden bzw. im Voraus folgende Ermittlungen erfolgen:
4.1 Luftfahrtunternehmen, die eine originäre Beförderung durchführen
Prüfung, ob das Luftfahrtunternehmen zugelassen ist (www.LBA.de unter Betrieb/Genehmigungen)
Kopien der Bordbücher der eingesetzten Flugzeuge
Kopien der Erlöskonten für den Zeitraum, für den bzw. ab dem der Erlass beantragt wird
Kopien der erteilten Rechnungen ohne Steuerausweis
Kopie der Betriebsgenehmigung
Kopie der vom Luftfahrt-Bundesamt ausgestellten Zuverlässigkeitsbescheinigung
Die Benennung der für die grenzüberschreitende Personenbeförderung eingesetzten Flugzeuge (Kennzeichnung)
Bestätigung, dass die Beförderungsleistung durch die Fluggesellschaft selbst ausgeführt wird
Bei ausländischen Unternehmen eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde, dass die Fluggesellschaft dort als Unternehmer registriert ist
4.2 sog. vertragliche Luftfahrtunternehmen (keine originäre Beförderung)
Chartervertrag
Kopien der Erlöskonten für den Zeitraum für den bzw. ab dem der Erlass beantragt wird
Kopien der erteilten Rechnungen ohne Steuerausweis
Die Benennung der für die grenzüberschreitende Personenbeförderung eingesetzten Flugzeuge (Kennzeichnung)
5 Berichtspflicht und Überwachung
Anträge auf eine niedrigere Steuerfestsetzung oder einen Erlass nach § 26 Abs. 3 UStG sind in der Regel, nach vorausgegangenen Prüfung durch das zuständige Finanzamt, mit den vom steuerpflichtigen eingereichten Unterlagen der OFD zur abschließenden Entscheidung vorzulegen.
Die bisher ergangene Einzelverfügung für das Finanzamt Frankfurt am Main-Börse (jetzt Finanzämter Frankfurt am Main III und Frankfurt am Main V-Höchst) hinsichtlich des Erlasses von Umsatzsteuer bei ausländischen Luftverkehrsgesellschaften bleibt unberührt.
Seitens der OFD besteht Berichtspflicht an das HMdF.
Das Finanzamt hat in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für einen Erlass oder Teilerlass noch vorliegen.
Ein Arbeitsablaufplan zur Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 UStG ist als Anlage dieser Karteikarte beigefügt.
OFD Frankfurt/M. v. - S 7433 A - 16 - St 113
Fundstelle(n):
NAAAD-08108