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Editorial //

Doppelte Haushaltsführung im Ausland

Muss aus beruflichen Gründen ein Zweithaushalt geführt werden, kommt dem Abzug der dadurch entstehenden Kosten maßgebliche Bedeutung zu, um eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu erreichen. Zum Fall eines Beamten im höheren Dienst des Auswärtigen Amts entschied der BFH mit Urteil v. 17.6.2025 - VI R 21/23, dass Aufwendungen für eine Dienstwohnung im Ausland, die der Dienstherr für Zwecke des Mietzuschusses nach § 54 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) als notwendig anerkennt, in tatsächlicher Höhe als entsprechende Unterkunftskosten abzugsfähig sind. Der Kläger im Verfahren war im Streitjahr 2015 im Ausland in einer Botschaft beschäftigt und bewohnte dort eine von ihm selbst angemietete, etwa 200 qm große Wohnung. Er war verpflichtet, in seinen Privaträumen auch dienstlichen Repräsentationsaufgaben und gesellschaftlicher Kontaktpflege nachzugehen. Obwohl der Mietleitfaden für Ledige eine für berufliche und private Zwecke notwendige Wohnfläche von 140 qm vorsah, erkannte der Dienstherr für Zwecke des Mietzuschusses gleichwohl die Kosten für die Wohnung in voller Höhe als notwendig an, da der vereinbarte Mietzins nicht über dem vergleichbaren Preisniveau für angemessene Wohnungen lag. Das Finanzamt gestattete den Kostenabzug nur basierend auf einer Wohnungsgröße von 140 qm sowie abzüglich des Mietzuschusses und unter weiterer anteiliger Kürzung um die sonstigen steuerfreien Auslandsbezüge. Der BFH stellt zunächst heraus, dass kein Grund bestand, die Wertung zur Notwendigkeit des Wohnraums nicht gelten zu lassen. Notwendigkeit im Sinne der besoldungsrechtlichen Regelung ist gegeben, soweit der Wohnraum status- sowie personengerecht, angemessen und preisgünstig ist, was sowohl anhand einer individuellen Prüfung der konkreten Verhältnisse als auch mittels typisierender Mietobergrenzen gemessen werden kann. Zu kürzen ist der Abzugsbetrag nur um den Mietzuschuss, denn dieser steht in einem direkten Veranlassungszusammenhang zu den Unterkunftskosten. Die sonstigen steuerfreien Auslandsbezüge hingegen hängen wirtschaftlich nicht unmittelbar mit den Wohnungsaufwendungen zusammen, sodass eine Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG insoweit nicht in Betracht kommt.

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Umsatzsteuer //

Lieferung von alkoholischen Flüssigkeiten durch Landwirte unterliegt der Regelbesteuerung (FG)

Alkohol ist weder ein landwirtschaftliches Erzeugnis noch ist die Herstellung von Rohalkohol aus Obstmaische eine landwirtschaftliche Dienstleistung. Die Herstellung von Alkohol mittels einer Destillieranlage (Schnapsbrennkessel) ist umsatzsteuerrechtlich kein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb, weil er nicht mit Mitteln ausgeübt wird, die normalerweise in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.4.2024 - 14 K 2016/21; Revision anhängig, BFH-Az. V R 37/24).

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Umsatzsteuer //

Reemtsma-Direktanspruch auf Vorsteuererstattung im Insolvenzfall (FG)

Das FG Baden-Württemberg entschied, dass bei zu Unrecht in Rechnung gestellter und abgeführter Umsatzsteuer der Leistungsempfänger im Falle der Insolvenz des Leistenden die zu viel gezahlte Umsatzsteuer statt vom Leistenden im Billigkeitswege sofort und in voller Höhe gegenüber dem Finanzamt geltend machen kann. Er ist nicht gehalten, seinen Anspruch zunächst zur Insolvenztabelle anzumelden und abzuwarten, mit welchem Bruchteil sein Anspruch im Insolvenzverfahren erfüllt wird (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 6.12.2023 - 14 K 1423/21, Revision zugelassen, BFH-Az. V R 31/24).

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Einkommensteuer/DBA UK //

Einkünftequalifizierung einer britischen General Partnership (FG)

Unternehmensgewinne i. S. von Art. 7 Abs. 1 DBA-UK setzen bei einer Personengesellschaft voraus, dass diese selbst ein „originär“ gewerbliches Unternehmen i. S. von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG betreibt. Eine gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG hat als innerstaatlich normierte fiktive Umqualifikation auf die abkommensrechtliche Einkünftequalifikation keinen Einfluss (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.12.2023 - 3 K 2355/20; NZB anhängig, BFH-Az. I B 11/24).

Fokus //

Fokus: Zahlung auf fremde Schuld und Insolvenzanfechtung gemäß § 134 Abs. 1 InsO

Der BGH hatte Folgendes zu entscheiden: Ist eine Zahlung auf eine fremde Schuld als unentgeltliche Leistung gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, wenn die Forderung des Leistungsempfängers gegen seinen eigenen Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung wirtschaftlich wertlos war? Lesen Sie im Folgenden, warum das Urteil des OLG Köln vom BGH aufgehoben wurde und die Insolvenzanfechtung des Insolvenzverwalters gelang (BGH, Urteil v. 31.7.2025 - IX ZR 160/24, LAAAJ-97997).

Beruf //

Beteilungen von Investoren an Kanzleien und Beteiligungen von Steuerberatern an gewerblichen Unternehmen

Die Branche sucht gerade in Zeiten der Digitalisierung, des Fachkräftemangels und der Prozessoptimierung durch Künstliche Intelligenz (KI/AI) zunehmend nach Neuausrichtungen. Nicht wenige Berufsausübungsgesellschaften erwägen die Aufnahme von berufsfremden Gesellschaftern oder gar Investoren. Der Anfang August vom Bundesfinanzministerium veröffentlichte Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes enthält mit § 55a Abs. 1 StBerG-E allerdings eine Regelung, die die Möglichkeiten zum Einstieg von (ausländischen) Investoren in deutsche Steuerkanzleien deutlich zuungunsten der Berufsträgerschaft verschlechtern würde.

Gesellschaftsrecht //

Haftung des GmbH Geschäftsführers für Risikogeschäfte

Unternehmerische Entscheidungen des GmbH-Geschäftsführers unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Dabei dürfen nach den Grundsätzen der „Business Judgement Rule“ Risiken eingegangen werden. Das OLG Brandenburg (Urteil v. 9.4.2025 - 4 U 144/23) hat sich mit einem Sachverhalt befasst, in dem der Geschäftsführer existenzgefährdende Risiken für die städtische GmbH einging.

Leser-Kommentar //

Leser-Kommentar: Wie Unternehmer andere Unternehmer finanzieren können

Weil Banken zunehmend restriktiver und auch langsamer Finanzierungszusagen geben als bspw. noch vor zehn Jahren, kommt neben den bekannten Finanzierungsalternativen für Unternehmer eine wenig verbreitete Möglichkeit der Fremdkapitalbeschaffung in den Fokus: Die Finanzierung von Unternehmern durch andere Unternehmer. Vielleicht handelt es sich auch für Ihre Mandanten um eine interessante Alternative – ob als Finanzmittelnehmer oder auch -geber.

Außenprüfung //

Richtsätze ade? – oder doch nur ein weiteres Urteil zur Schätzung bei Kassenmängeln?

Mit dem BFH-Urteil v. 18.6.2025 - X R 19/21 ( WAAAK-00473) liegt das erste Urteil zur Zulässigkeit einer Schätzung nach der amtlichen Richtsatzsammlung nach der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage aus dem Jahr 2018 vor. Dieser BFH-Senat hat „erhebliche Zweifel an der Eignung der Richtsatzsammlung in ihrer bisherigen Form als Grundlage für eine Schätzung“. Entscheidungserheblich war dies jedoch nicht, da eine Schätzung anhand eines inneren Betriebsvergleichs vorzugswürdig war. Denn das Ermessen von Finanzamt und Finanzgericht bei der Wahl der geeigneten Schätzungsmethode ist nicht gänzlich frei. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wie auch die Zumutbarkeit bei der Anwendung von Schätzungsmethoden sind zu beachten.

Umsatzsteuer //

Neues zum Gutglaubensschutz im Umsatzsteuerrecht

Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen v. 19.2.2025 - XI R 23/24 (BStBl 2025 II S. 668) will der (mittlerweile aufgelöste) XI. Senat des BFH unionsrechtlich klären lassen, in welchem Verfahren (Festsetzungs- oder Billigkeitsverfahren) ein Gutglaubensschutz bei der Umsatzsteuer zu berücksichtigen ist (s. dazu auch Brill, NWB 33/2025 S. 2236, OAAAJ-97503). Das Verfahren betrifft unmittelbar zwar nur einen Gutglaubensschutz im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG. Die Begründung des Vorabentscheidungsersuchens stellt jedoch ganz wesentlich auf allgemeine Erwägungen ab, die für das gesamte Umsatzsteuerrecht Geltung beanspruchen. Die Entscheidung des EuG könnte daher weitreichende Folgen im Umsatzsteuerrecht zeitigen und die bisherige Rechtspraxis in Deutschland – Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes nur im Billigkeitsverfahren – beenden.

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