Überentnahmen bei mehrstöckigen Personengesellschaften
Durch § 4 Abs. 4a EStG wird der betriebliche Schuldzinsenabzug im Falle von Überentnahmen nach einem typisierten Berechnungsverfahren eingeschränkt.
Durch § 4 Abs. 4a EStG wird der betriebliche Schuldzinsenabzug im Falle von Überentnahmen nach einem typisierten Berechnungsverfahren eingeschränkt.
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind bei Betriebsprüfungen von Kapitalgesellschaften für die Steuerpflichtigen und ihre Berater ein „Schreckgespenst“, für die Betriebsprüfer aber ein „Joker“. Schwierigkeiten bereiten nicht nur die sperrigen Tatbestandsvoraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung und deren Anwendung im praktischen Einzelfall. Einmal aufgedeckt, halten verdeckte Gewinnausschüttungen noch weitere Überraschungen parat. Denn sie wirken sich nicht nur auf die Steuerfestsetzung bei der Kapitalgesellschaft aus, sondern auch bei deren Gesellschaftern. Bei den Gesellschaftern kann sich die Steuerfestsetzung – je nach Fallgestaltung – vermindern oder erhöhen. Ist gegenüber dem Gesellschafter zuvor bereits ein Steuerbescheid ergangen, muss dieser geändert werden. Das kann auch nach der Bestandskraft des bisherigen Bescheids und sogar nach Eintritt der Festsetzungsverjährung geschehen. Mit einer solchen Konstellation hat sich jüngst das BVerfG befasst.
Der BFH hat im sog. Wächtler-Verfahren mit seinem Urteil vom 6.9.2023 entschieden, dass die Wegzugsbesteuerung gem. § 6 AStG – hier in Zusammenhang mit § 17 EStG – bei einem Wegzug in die Schweiz dauerhaft und zinslos zu stunden ist.
Das BFH-Urteil v. 22.11.2023 thematisiert das Tatbestandsmerkmal der „Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis“, das zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt sein muss. Der BFH befasst sich in seiner Entscheidung mit dem subjektiven Element des Zuwendungswillens und erörtert, inwiefern subjektive Elemente zu den objektiven Abläufen hinzutreten müssen, um den Tatbestand einer vGA zu erfüllen.
Die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UStG erfordert die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers, nicht aber die Verwendung einer gültigen USt-IdNr. durch den Leistungsempfänger.
In zwei Urteilen v. 14.12.2023 entschied der BFH, Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an Ärzte, denen als Nebentätigkeit die ambulante Behandlung von Patienten genehmigt worden ist, rechneten nicht zum Zweckbetrieb „Krankenhaus“ i. S. von § 67 AO, sondern seien – ebenso wie die mit diesen Einnahmen im Zusammenhang stehenden Ausgaben – einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. von § 64 Abs. 1 AO zuzuordnen. In der V-Entscheidung v. 14.12.2023 ging es darüber hinaus um die gemeinnützigkeitsrechtliche Einordung von Mitarbeitercafeterien, die aus arbeitsrechtlichen Gründen defizitär betrieben werden. Hier lässt aufhorchen, dass der BFH zur Zurückverweisung der Sache den Hinweis gibt, ein Dauerverlustbetrieb könne die Steuerbegünstigung auch dann gefährden, wenn seine Verluste durch die Gewinne anderer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe ausgeglichen würden.
Wenn eine Kurgemeinde eine Kurtaxe für die potentielle Nutzung ihrer Kureinrichtungen (pro Aufenthaltstag) verlangt und gewährleistet, dass die Kureinrichtungen nicht von jedermann kostenlos genutzt werden können, liegt darin eine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit.
Der Solidaritätszuschlag ist auch für die Erhebungszeiträume 1999 bis 2002 einschließlich verfassungskonform; er stellt eine zulässige Ergänzungsabgabe i. S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG dar.
Nach dem Urteil des BFH fingiert § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Halbsatz 2 EStG – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen für die Option zum Teileinkünfteverfahren in den vier auf das erste Antragsjahr folgenden Veranlagungszeiträumen.
Ein beschränkt Steuerpflichtiger, der in Deutschland eine endgültige steuerliche Belastung hinsichtlich der von einer GmbH ausgeschütteten Dividenden i. H. von 15 % zu tragen hat, wird Hinblick auf diese Kapitalerträge nicht schlechter gestellt als vergleichbare Inländer, so das FG Köln.
Der EuGH hat auf ein Vorabentscheidungsersuchen des BFH zur Auslegung von Art. 30a Nr. 2 und Art. 30b Unterabs. 2 MwStSystRL geurteilt (EuGH, Urteil v. 18.4.2024 - C‑68/23).
Im Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sind neben dem Festkaufpreis zu leistende gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisbestandteile erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern. Sie erhöhen den im Jahr der Veräußerung entstandenen Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht (Bestätigung der Rechtsprechung). Dies gilt auch für sog. Earn-Out-Klauseln, bei denen das Entstehen der sich hieraus ergebenden variablen Kaufpreisbestandteile sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist (BFH, Urteil v. 9.11.2023 - IV R 9/21; nachträglich am 18.4.2024 zur Veröffentlichung bestimmt).
Der BGH hat die mit Urteilen v. 16.1.2024 - VI ZR 253/22 und VI ZR 239/22 fortentwickelten Grundsätze zum Werkstattrisiko auf überhöhte Kostenansätze eines Sachverständigen übertragen, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat (BGH, Urteil v. 12.3.2024 - VI ZR 280/22).
Das FG Münster hat sich mit den Anforderungen an den Nachweis der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 2 AStG auseinandergesetzt (FG Münster, Urteil v. 6.2.2024 - 2 K 842/19 F; NZB anhängig, BFH-Az. IX B 35/24).
Die Anwendung des § 6e EStG auf abgeschlossene Veranlagungszeiträume stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Rückwirkung dar (FG Münster, Urteil v. 24.1.2024 - 12 K 357/18 F; Revision anhängig, BFH-Az. IV R 6/24).
Im Stromsteuerrecht ist von einem funktionsbezogenen Anlagenbegriff auszugehen und nicht allein auf den Anlagenstandort abzustellen (FG Düsseldorf, Urteil v. 21.2.2024 - 4 K 1324/22 VSt).
Die Infektionsschutzmaßnahmen der beklagten Freie Hansestadt Bremen während des "ersten und zweiten Lockdowns" (März 2020 bis Juni 2021) beruhten auf einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage. Darüber hinaus ist die Ausgestaltung der staatlichen Corona-Hilfen mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Eine sachwidrige Benachteiligung von Großunternehmen gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen ist nicht gegeben (BGH, Urteil v. 11.4.2024 - III ZR 134/22).
Zur Begründung einer Schätzungsbefugnis dem Grunde und der Höhe nach darf der Tatrichter sich nicht mit der bloßen Benennung formeller oder materieller Mängel begnügen, sondern muss diese auch nach dem Maß ihrer Bedeutung für den konkreten Einzelfall gewichten (BFH, Urteil v. 28.11.2023 - X R 3/22; veröffentlicht am 11.4.2024).
Die Frage, ob ein im Steuerbescheid der Höhe nach bindend ermittelter Altersentlastungsbetrag nach § 24a des Einkommensteuergesetzes verlusterhöhend wirkt, ist grundsätzlich im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zu entscheiden (vgl. BFH, Urteil v. 30.6.2020 IX R 3/19, BFHE 269, 314, BStBl II 2021, 859) (BFH, Urteil v. 23.1.2024 - IX R 7/22; veröffentlicht am 11.4.2024).
Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 SGB V ermächtigte Ärzte - und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben - hängen nicht mit dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO) (BFH, Urteil v. 14.12.2023 - V R 28/21; veröffentlicht am 11.4.2024).
Für die Frage, ob eine Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ist bei der Prüfung eines möglicherweise fehlenden Zuwendungswillens aufgrund Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht darauf abzustellen, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre. Maßgebend ist allein, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem solchen Irrtum unterlegen ist (BFH, Urteil v. 22.11.2023 - I R 9/20; veröffentlicht am 11.4.2024).
Die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen für die Anschaffung von ab dem Jahr 2022 steuerbefreiten PV-Anlagen ist nicht zu beanstanden (FG Köln, Beschluss v. 14.3.2024 - 7 V 10/24; Beschwerde anhängig, BFH-Az. III B 24/24).
Die gesetzliche Regelung in § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Sie trägt dem Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung. Diese gehören zu den Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und können sich auf das Elterngrundrecht ebenso wie die rechtlichen Eltern des Kindes berufen (BVerfG, Urteil v. 9.4.2024 - 1 BvR 2017/21).
Das Abzugsverbot des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG für Sozialbeiträge gilt auch, wenn der Arbeitslohn eines in Deutschland ansässigen Beschäftigten einer internationalen Organisation aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarung von deutschen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen befreit ist.
Das FG Rheinland-Pfalz hat den „Hornbach-Baumarkt“-Fall nach dem EuGH erneut entschieden und verfolgt ein einer weites Verständnis der „wirtschaftlichen Gründe“. Liegen solche vor, ist eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG dennoch im Einzelfall abzuwägen und nicht per se ausgeschlossen.
Der BFH bestätigte, dass überobligatorische Beiträge des Schweizer Arbeitgebers eines deutschen Grenzgängers zu einer öffentlich-rechtlichen Schweizer Pensionskasse Arbeitslohn sind. Dieser ist nicht nach § 3 Nr. 62, § 3 Nr. 56 oder § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.
Der BFH hat geurteilt, dass § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG nicht einschränkend so auszulegen ist, dass nur solche inländischen Einkünfte als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend gelten, bei denen das deutsche Besteuerungsrecht im konkreten Einzelfall der Höhe nach beschränkt wurde.
Bei verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 kann wegen der gesetzlich verlängerten Abgabefrist (aufgrund der Corona-Pandemie) ein Verspätungszuschlag nach Ablauf der gesetzlich verlängerten Abgabefrist nicht nach § 152 Abs. 2 AO - sondern allenfalls nach § 152 Abs. 1 AO - festgesetzt werden (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 15.12.2023 - 3 K 88/22, Revision anhängig, BFH-Az. VI R 2/24)
Der Insolvenzverwalter kann einen Anspruch nach dem Anfechtungsgesetz nicht vor Beendigung des Insolvenzverfahrens "zur weiteren Rechtsverfolgung" durch die Behörde "freigeben" (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 1.11.2023 - 3 K 101/16, rechtskräftig).