Rechtsprechung

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Kindergeld //

Vereinbarkeit des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG mit höherrangigem Recht (BFH)

Die Regelung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG, dass die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats erfolgt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, ist sowohl verfassungsgemäß als auch unionsrechtskonform. Auch für inländische Saisonarbeitnehmer gilt die Rechtsprechung des EuGH v. 29.9.2022 - C-3/21 "Chief Appeals Officer u.a.", dass ein im Heimatland (z.B. gleich nach der Geburt des Kindes) gestellter Kindergeldantrag nur dann als ein auch für die inländische Familienkasse relevanter Antrag zu verstehen ist, wenn die antragstellende Person ihr Recht auf Freizügigkeit im Zeitpunkt ihres im Heimatland gestellten Antrags bereits ausgeübt hat (BFH, Urteil v. 8.8.2024 - III R 19/22; veröffentlicht am 21.11.2024).

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Abo Einkommensteuer //

Inländisches Besteuerungsrecht für einen in der Schweiz ansässigen Piloten im internationalen Luftverkehr (BFH)

Die inländischen Einkünfte eines in der Schweizerischen Eidgenossenschaft ansässigen Piloten aus nichtselbständiger Arbeit, die an Bord eines Luftfahrzeugs im internationalen Luftverkehr ausgeübt wird, das von einem Unter-nehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird, können nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DBA-Schweiz 1971/2010 in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden (BFH, Urteil v. 1.8.2024 - VI R 32/21; veröffentlicht am 21.11.2024).

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Körperschaftsteuer //

Familienstiftung als Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2011 (BFH)

Für die Qualifikation als Finanzunternehmen im Sinne des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2011 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) 2011 ist die Rechtsform unerheblich. Auch eine privatrechtliche Familienstiftung kann grundsätzlich ein Finanzunternehmen sein. Ob sie eine finanzunternehmerische Haupttätigkeit ausübt, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls (BFH, Urteil v. 3.7.2024 - I R 46/20; veröffentlicht am 14.11.2024).

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Verfahrensrecht //

Hemmung der Verjährung durch Abgabe einer Feststellungserklärung (BFH)

Gibt der Steuerpflichtige nach Ergehen eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheids erstmals eine inhaltlich abweichende Feststellungserklärung ab, so liegt darin zugleich ein Änderungsantrag gemäß § 164 Abs. 2 AO. Dieser führt, wird er vor Ablauf der Feststellungsfrist gestellt, gemäß § 171 Abs. 3, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO zu einer Ablaufhemmung (BFH, Urteil v. 7.8.2024 - IV R 9/22; veröffentlicht am 14.11.2024).

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Abo Einkommensteuer //

Verlustausgleichsvolumen durch Einlagen trotz sogenannter Mehrentnahmen in Vorjahren (BFH)

Bei der Ermittlung der Höhe des verrechenbaren Verlustes des Kommanditisten gemäß § 15a EStG sind dessen im Verlustentstehungsjahr erbrachte Einlagen auch dann in voller Höhe zu berücksichtigen, wenn die Mittel hierfür bei wirtschaftlicher Betrachtung aus Entnahmen stammen, die der Kommanditist in Vorjahren über die von ihm erbrachten Einlagen hinaus getätigt hat und die wegen § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG nicht zu einer Gewinnhinzurechnung geführt haben. Eine Minderung der Einlagen um einen (negativen) außerbilanziellen Korrekturposten "Rückführung Mehrentnahmen" kommt nicht in Betracht (BFH, Urteil v. 10.10.2024 - IV R 10/22; veröffentlicht am 14.11.2024).

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Abo Erbschaftsteuer //

Freibetrag für das Kind eines zivilrechtlich als verstorben geltenden Elternteils (BFH)

Der zivilrechtliche Verzicht eines Kindes gegenüber seinen Eltern auf den gesetzlichen Erbteil bewirkt nicht, dass seinem Kind dem Enkel des Erblassers der Freibetrag zu gewähren ist, der im Falle des Versterbens des Kindes zu gewähren ist. Das Erbschaftsteuerrecht folgt insoweit nicht der Fiktion des Zivilrechts (BFH, Urteil v. 31.7.2024 - II R 13/22, veröffentlicht am 14.11.2024).

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Abo Erbschaftsteuer //

Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung (BFH)

Hat der Erblasser Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, erhöht sich der Nachlass um einen Sachleistungsanspruch der Erben gegen das Bestattungsunternehmen. Die Kosten der Bestattung sind im vollen Umfang als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zu berücksichtigen (BFH, Urteil v. 10.7.2024 - II R 31/21; veröffentlicht am 14.11.2024).

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Abo Einkommensteuer //

Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung und Prozesszinsen als Kapitaleinkünfte (BFH)

Es können nur solche vom Arbeitnehmer getragenen Aufwendungen den geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Fahrzeugs als Einzelkosten mindern, die bei einer (hypothetischen) Kostentragung durch den Arbeitgeber Bestandteil dieses Vorteils und somit von der Abgeltungswirkung der 1 %-Regelung erfasst wären (BFH, Urteil v. 18.6.2024 - VIII R 32/20; veröffentlicht am 14.11.2024).

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Kirchensteuer //

Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe in Sachsen in 2014 und 2015 verfassungswidrig (BVerfG)

§ 4 Abs. 1 Nr. 5 des Sächsischen Kirchensteuergesetzes (SächsKiStG) in der bis zum 31.8.2015 geltenden Fassung (a.F.) ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, weil darin Ehegatten nicht mit Lebenspartnern gleichgestellt werden. Die Vorschrift bleibt für VZ bis zum 31.12.2013 weiter anwendbar (BVerfG, Beschluss v. 15.10.2024 - 2 BvL 6/19).

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Sozialversicherung //

Versicherungspflicht von Lehrern und Dozenten immer einzelfallabhängig (BSG)

Ob Lehrende sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ist von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Es gibt keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit - insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule - bei entsprechender Vereinbarung stets als selbständig anzusehen wäre (Bundessozialgericht, Urteil v. 5.11.2024 - B 12 BA 3/23 R).

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