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Rechtsprechung

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Verfahrensrecht //

Verhältnis zwischen § 47 Abs. 2 und § 52d FGO (BFH)

Ein Steuerberater, der eine Klage nach Inkrafttreten des § 52d Satz 2 FGO gemäß § 47 Abs. 2 FGO in Papierform bei dem Finanzamt anbringt, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, würde sich ‑ selbst wenn § 47 Abs. 2 FGO durch § 52d Satz 2 FGO suspendiert würde, was hier nicht zu entscheiden ist ‑ bis zur Veröffentlichung der ersten Entscheidungen, in denen die Möglichkeit einer Klageerhebung nach § 47 Abs. 2 FGO verneint wird, in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befinden. Daher ist ihm ‑ bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 56 FGO ‑ jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (BFH, Urteil v. 17.9.2025 - X R 11, 12/24; veröffentlicht am 20.11.2025).

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Verfahrensrecht //

Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs vor Zugang des Registrierungsbriefs (BFH)

Der Senat verfolgt seine Auffassung, die maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen zum beSt seien dahingehend auszulegen, dass dieses Postfach dem einzelnen Steuerberater erst dann zur Verfügung stehe, wenn er den für die Erstanmeldung zu diesem Postfach erforderlichen Registrierungsbrief erhalten habe, nicht weiter (BFH, Urteil v. 1.10.2025 - X R 31/23; veröffentlicht am 20.11.2025).

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Einkommensteuer //

Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für eine denkmalgeschützte Immobilie in Grund- und Boden- sowie Gebäudeanteil für Zwecke der AfA (BFH)

Ist für die Anschaffung einer denkmalgeschützten Immobilie ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Boden- sowie den Gebäudeanteil aufzuteilen (BFH, Urteil v. 7.10.2025 - IX R 26/24; veröffentlicht am 20.11.2025).

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Einkommensteuer //

Spendenabzug der Mietzahlungen eines Alleingesellschafters einer eigennützigen gemeinnützigen GmbH (FG)

Vermietet der Alleingesellschafter einer gemeinnützigen GmbH an diese ein Grundstück und stellt ihr die dafür erforderlichen Mietzahlungen als Spende zur Verfügung, sind bei Fremdüblichkeit des Mietvertrages sowohl der Spendenabzug als auch die zu Beginn des Mietverhältnisses entstehenden Verluste steuerlich anzuerkennen (FG Münster, Urteil v. 2.9.2025 - 1 K 102/23 E).

Abgabenordnung //

Entkräftung der Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO in Fällen eines strukturellen Zustellungsdefizits

Die Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO kann in Fällen eines „strukturellen Zustellungsdefizits“ ohne Weiteres entkräftet werden. Ein strukturelles Zustellungsdefizit liegt vor, wenn nicht sichergestellt werden kann, dass das durch den privaten Postdienstleister abgeholte Schreiben dem Empfänger zuverlässig innerhalb der Frist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO seit Abholung der Post zugeht.

Umsatzsteuer //

Mehr Luft für § 14c-Steuer-Korrekturen im Massengeschäft

Aufgrund der Komplexität der gesetzlichen Regelungen kann ein zu hoher Umsatzsteuerausweis schnell vorliegen. Dieser wurde in der Vergangenheit nach § 14c UStG streng sanktioniert, nach dem Grundsatz: Wer zu viel Umsatzsteuer in der Rechnung ausweist, schuldet sie, ganz gleich, ob der Kunde Vorsteuer geltend machen kann oder nicht. Durch das BMF-Schreiben v. 27.2.2024 hat die Finanzverwaltung jedoch auf das EuGH-Urteil v. 8.12.2022 - C-378/21 „P GmbH I“ ( TAAAJ-29638) reagiert und klargestellt, dass die sog. § 14c-Steuer nicht bei einem unrichtigen Steuerausweis an Endverbraucher entsteht und geschuldet wird. Mit dem EuGH-Urteil v. 1.8.2025 - C-794/23 „P GmbH II“ ( TAAAJ-97173) werden nun die Möglichkeiten der Korrektur zugunsten der Steuerpflichtigen weiter definiert – und zugleich klare unionsrechtliche Spielregeln für Mischfälle und Schätzungen aufgestellt.

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Sozialversicherung //

Gesetzlicher Mindestlohn - Keine Erfüllung durch Firmenwagen (BSG)

Ein Arbeitgeber muss zusätzlich zu den wegen Überlassung eines Firmenwagens bereits entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen auch Beiträge auf den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Durch die Überlassung eines Firmenwagens wird der Mindestlohnanspruch nicht erfüllt. Mit seiner vom Gesetz angeordneten Entstehung werden hierauf Sozialversicherungsbeiträge fällig. Diese sind nicht durch die wegen der Überlassung des Firmenwagens bereits gezahlten Beiträge abgegolten. Dies hat der 12. Senat des BSG in seiner Sitzung am 13.11.2025 entschieden (Az: B 12 BA 8/24 R und B 12 BA 6/23 R).

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Arbeitsrecht //

Keine primäre Korrekturkompetenz der Tarifvertragsparteien im Anwendungsbereich unionsrechtlich überformter Diskriminierungsverbote (BAG)

Verstößt eine tarifliche Norm gegen das Diskriminierungsverbot befristet beschäftigter Arbeitnehmer nach § 4 Abs. 2 TzBfG und ist deshalb gem. § 134 BGB (teil)nichtig, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch darauf, so behandelt zu werden wie die vergleichbaren Dauerbeschäftigten, ohne dass den Tarifvertragsparteien zuvor die Möglichkeit zur Korrektur ihrer diskriminierenden Regelung einzuräumen ist (BAG, Urteil v. 13.11.2025 – 6 AZR 131/25).

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Verfahrensrecht //

Entkräftung der Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bei einem strukturellen Zustellungsdefizit innerhalb der Drei-Tages-Frist (BFH)

Wird innerhalb der Drei-Tages-Frist an zwei Tagen planmäßig keine Post zugestellt und am dritten Tag lediglich die Post vom ersten zustellfreien Tag nachgeliefert, ist die Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO ohne Weiteres entkräftet (BFH, Urteil v. 29.7.2025 - VI R 6/23; veröffentlicht am 13.11.2025).

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Zollrecht //

Grenzüberschreitende Geschäfte zwischen verbundenen Unternehmen (BFH)

Ist der Preis bei Geschäften zwischen verbundenen Unternehmen ursprünglich zu niedrig angegeben und wird der Preis nachträglich erhöht, deutet dies darauf hin, dass die Verbundenheit der Unternehmen den Preis beeinflusst hat. Die Transaktionswertmethode (Art. 29 ZK / Art. 70 UZK) gelangt dann möglicherweise nicht zur Anwendung (BFH, Urteil v. 15.7.2025 - VII R 36/22; veröffentlicht am 13.11.2025).

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Einkommensteuer //

Besteuerung deutscher Rentner in Portugal - Status des "residente não habitual" im DBA-Portugal (BFH)

Rentenzahlungen, die ein früherer Freiberufler aus einem berufsständischen Versorgungswerk erhält, fallen unter die Auffangklausel des Art. 22 DBA-Portugal und sind insbesondere nicht als Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Art. 14 DBA-Portugal) anzusehen. Die in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 DBA-Portugal enthaltene Rückfallklausel (Subject-to-tax-Klausel) ist dahingehend auszulegen, dass das Besteuerungsrecht für aus Deutschland gezahlte Renten, das grundsätzlich beim Ansässigkeitsstaat (hier: Portugal) liegt, an Deutschland zurückfällt, wenn es sich beim Steuerpflichtigen um eine neu nach Portugal zugezogene Person handelt, die dort aufgrund eines vor dem 1.4.2020 bei der portugiesischen Steuerverwaltung gestellten Antrags den Status eines "residente não habitual" hat und mit ihren Renteneinkünften in den ersten zehn Jahren steuerfrei gestellt wird (BFH, Urteil v. 3.9.2025 - X R 1/24; veröffentlicht am 13.11.2025).

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