Dritter Teil: Allgemeine Verfahrensvorschriften
Erster Abschnitt: Verfahrensgrundsätze
3. Unterabschnitt: Besteuerungsgrundsätze, Beweismittel
I. Allgemeines
§ 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten [1]
(1) 1Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. 2Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. 3Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
(2) [2] 1Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. 2Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. 3Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
(3) [3] 1Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. 2Die Aufzeichnungspflicht umfasst
eine Übersicht über die Geschäftsvorfälle (Transaktionsmatrix),
eine Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) und
eine Darstellung der wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). [4]
3Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. 4Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. 5Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. 6Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen. [5]
(4) [6] 1Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. 2Die Aufzeichnungen sind innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung vorzulegen. 3Im Fall einer Außenprüfung sind die Transaktionsmatrix nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 1, eine nach Absatz 3 Satz 3 zu erstellende Stammdokumentation und die Aufzeichnungen über die außergewöhnlichen Geschäftsvorfälle ohne gesondertes Verlangen innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen; hiervon bleibt das Recht der Finanzbehörde unberührt, im Rahmen der Außenprüfung jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 entsprechend der Frist nach Satz 2 zu verlangen. 4In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.
(5) [7] Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.
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WAAAA-88276
1Anm. d. Red.: § 90 Abs. 2 i. d. F. des Gesetzes v. (BGBl I S. 2056) mit Wirkung v. ; Abs. 3 und 4 i. d. F. des Gesetzes v. (BGBl 2024 I Nr. 323) mit Wirkung v. ; Abs. 5 angefügt gem. Gesetz v. (BGBl I S. 2730) mit Wirkung v. .
2Anm. d. Red.: Zur Anwendung des § 90 Abs. 2 siehe Art. 97 § 22 Abs. 2 und 4 EGAO.
3Anm. d. Red.: Zur Anwendung des § 90 Abs. 3 siehe Art. 97 § 22 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 4 EGAO.
4Anm. d. Red.:
Kursiver § 90 Abs. 3 Satz 2 ist gem. Art. 97 § 37 Abs.
5 EGAO ab dem
anzuwenden. Bis zum
ist die am
geltende folgende Fassung des § 90 Abs. 3
Satz 2 weiterhin anzuwenden:
„Die Aufzeichnungspflicht
umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation)
auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den
Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere
Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt
der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und
zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten
(Angemessenheitsdokumentation).“
5Anm. d. Red.:
Kursiver § 90 Abs. 3 Satz 5 und 6 ist gem.
Art. 97 § 37 Abs. 5 EGAO ab dem
anzuwenden. Bis zum
ist die am
geltende folgende Fassung des § 90 Abs. 3
Satz 5 bis 11 weiterhin
anzuwenden:
„5Die
Finanzbehörde soll die Vorlage von Aufzeichnungen im Regelfall nur für die
Durchführung einer Außenprüfung verlangen. 6Die
Vorlage richtet sich nach § 97. 7Sie hat jeweils
auf Anforderung innerhalb einer Frist von 60 Tagen zu erfolgen.
8Aufzeichnungen über außergewöhnliche
Geschäftsvorfälle sind zeitnah zu erstellen und innerhalb einer Frist von 30
Tagen nach Anforderung durch die Finanzbehörde vorzulegen.
9In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist
nach den Sätzen 7 und 8 verlängert werden. 10Die
Aufzeichnungen sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.
11Um eine einheitliche Rechtsanwendung
sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit
Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der zu
erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.“
6Anm. d. Red.: Kursiver § 90 Abs. 4 ist gem. Art. 97 § 37 Abs. 5 EGAO ab dem anzuwenden.
7Anm. d. Red.: Kursiver § 90 Abs. 5 ist gem. Art. 97 § 37 Abs. 5 EGAO ab dem anzuwenden.