Reform Radar - Freitag, 24.11.2023

Wachstumschancengesetz

NWB ReformRadar. Ihr Frühwarnsystem zu allen wichtigen Reformvorhaben.

Aktueller Stand:

  • Ein Termin für die Behandlung des Gesetzes im Vermittlungsausschuss steht derzeit (24.11.2023) noch nicht fest.

  • : Bundesrat beschließt Anrufung des Vermittlungsausschusses

  • : 2./3. Lesung Bundestag

  • : 1. Lesung Bundestag

  • : Bundesregierung beschließt Wachstumschancengesetz

  • : BMF veröffentlicht Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes auf seiner Homepage

Hintergrund: Die ökonomischen Folgen der multiplen Krisen – die Corona-Pandemie und der russische Überfall auf die Ukraine – belasten die deutsche Wirtschaft, aber auch die öffentlichen Haushalte. Zugleich stellen die Dekarbonisierung und der demographische Wandel die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, müssen auch aus steuerlicher Sicht die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen verbessert werden. Gleichzeitig ist der finanzielle Spielraum der öffentlichen Haushalte für steuerpolitische Impulse durch die vorangegangenen Krisen erheblich eingeengt.

Um die Wachstumschancen für die deutsche Wirtschaft zu erhöhen, Investitionen und Innovation in neue Technologien zu ermöglichen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland zu stärken, sollen daher zielgerichtete Maßnahmen ergriffen werden, die die begrenzten Spielräume der öffentlichen Haushalte in den Blick nehmen und dadurch – auch vor dem Hintergrund der außerordentlich hohen Inflationsrate – keinen zusätzlichen Preisdruck erzeugen.

Ziel des "Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" (Wachstumschancengesetz) ist es, die Liquiditätssituation von Unternehmen zu verbessern sowie Impulse für Investitionen zu setzen. Daneben soll das Steuersystem an zentralen Stellen vereinfacht werden. Durch die Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen sollen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie entlastet werden.

Ebenfalls sollen Maßnahmen umgesetzt werden, die dazu beitragen, unerwünschte Steuergestaltungen aufzudecken und abzustellen.

Hervorzuheben sind insbesondere die folgenden Maßnahmen:

  • Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung insbesondere von mehr Klimaschutz,

  • befristete Wiedereinführung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter (neu eingefügt mit Regierungsentwurf),

  • befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude (neu eingefügt mit Regierungsentwurf),

  • Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung,

  • Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs,

  • Anhebung der GWG-Grenze auf 1.000 € und Verbesserung der Sonderabschreibung nach § 7g EStG für mehr Liquidität bei KMU,

  • Verbesserungen bei den Abschreibungsmöglichkeiten des Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a EStG) für Zwecke des Bürokratieabbaus,

  • Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) und

  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG

  • Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (§ 241a HGB, § 141 AO) und der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten) nach § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG;

  • Digitalisierung des Spendenverfahrens – Anpassung des Zuwendungsempfängerregisters;

  • Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung;

  • Erhöhung des Schwellenwertes zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 € auf 2.000 €;

  • Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen;

  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen zwischen inländischen Unternehmen;

  • Anpassung der Zinsschranke an die EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie;

  • Einführung einer Zinshöhenschranke;

  • Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung;

  • Anpassung der Abgabenordnung und anderer Steuergesetze an das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) vom (BGBl. I S. 3436).

Vom Finanzausschuss des Bundestags eingebrachte Änderungen:

  • Änderungen im Zusammenhang mit der Klimaschutz-Investitionsprämie;

  • Erweiterung der Abfragemöglichkeit für den Arbeitgeber zur Mitteilung der steuerlichen Identifikationsnummer durch das Finanzamt (Bundesrat Ziffer 5);

  • Dienstwagenbesteuerung – Halbierung der Anhebung der Bruttolistenpreisgrenze und Entfall der alternativen Reichweitengrenze ab ;

  • Bewertung von Einlagen junger Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen;

  • Änderungen an der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau (§ 7b EStG);

  • Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen bei Anwendung von DBA;

  • Anwendung des § 36a EStG bei Dividendenbezug über eine ausländische Betriebsstätte;

  • Vorziehen des Anwendungszeitpunkts der Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (auch Bundesrat Ziffer 12);

  • Streichung der Zinshöhenschranke

  • Außensteuergesetz; Fremdvergleichsgrundsatz - grenzüberschreitende Gewinnabgrenzung in multinational tätigen Unternehmensgruppen;

  • Streichung der Anti-Fragmentierungsregelung bei der Zinsschranke;

  • Anhebung des Pauschbetrags für Berufskraftfahrer, die im Fahrzeug übernachten, und Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen;

  • Verlustrücktrag (10 Mio. € für 2024 und 2025; danach 5 Mio. €) Verlustvortrag (75 Prozent für 4 Jahre);

  • Energetische Gebäudesanierung;

  • Digitales Verfahren zur Ermittlung der Elterneigenschaft sowie der Kinderanzahl im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung und Folgeänderungen im Lohnsteuerabzugsverfahren;

  • Besteuerung von Tätigkeit im ausländischen Homeoffice u. a., wenn nach DBA DEU ein Besteuerungsrecht zusteht (Bundesrat Ziffer 20);

  • Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern; Verschiebung der Einführung des neuen Verfahrens um zwei Jahre (Bundesrat Ziffer 22);

  • Internationale Risikobewertungsverfahren (Bundesrat Ziffer 25);

  • Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen; Änderung zur Prüfung der Einkünfte- oder Einkommensschwelle (§ 138l Abs. 5 AO);

  • Angabe der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit bei mitteilungspflichtigen Auslandssachverhalten nach § 138 Abs. 2 AO (Bundesrat Ziffer 29);

  • Klarstellung in Art. 97 § 19 Abs. 4 Satz 2 EGAO;

  • Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs der Option zur Körperschaftsbesteuerung auf eingetragene GbR (Bundesrat Ziffer 33);

  • Streichung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG (doppelte Verlustberücksichtigung bei ertragsteuerlicher Organschaft - Bundesrat Ziffer 35);

  • Änderungen im Zusammenhang mit der Einführung der obligatorischen eRechnung (EDI-Verfahren und Verlängerung Optionszeitraum);

  • Ausschluss der Immobilienteilfreistellung bei fehlender Vorbelastung;

  • Steuerbarkeit der Werterhöhung einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA (Bundesrat Ziffer 42);

  • Befristete Beibehaltung des Status Quo in der GrESt (Bundesrat Ziffer 1);

  • EU-Amtshilfegesetz; redaktionelle Änderungen (Bundesrat Ziffer 44);

  • Folgeänderung im SGB IV an die Anhebung der Freigrenze in § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG;

  • Steuersatz für Gas- und Wärmelieferungen.

Quelle: Wachstumschancengesetz in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 20/9341 (Stand: ) (il)

Nachrichten zum Wachstumschancengesetz

Aufsätze

  • Hörster, Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes - Einführung einer neuen Klimaschutz-Investitionsprämie und Änderungen bei der Forschungszulage,

  • Hörster, Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes - Überblick über die wichtigsten Änderungen in der AO, im KStG, GewStG, UStG, UmwStG und InvStG, NWB 41/2023 S. 2790

  • Grotherr, Erweiterung der beschränkten Steuerpflicht auf Homeoffice-Tätigkeiten bei einpendelnden Arbeitnehmern,

  • Uhl-Ludäscher/Schrade, Entwurf des Wachstumschancengesetzes

  • Frischmuth, Thesaurierungsbegünstigung und Option zur Körperschaftsbesteuerung nach dem Wachstumschancengesetz,

  • Baum, Anpassung der AO an das MoPeG - Berücksichtigung der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften ab 2024 im Besteuerungsverfahren,

  • Bolik/Nonnenmacher, (Ertrag-)Steuerliche Aspekte des Wachstumschancengesetzes,

  • van der Ham/Jagenburg, Schafft das Wachstumschancengesetz größere Steuersicherheit? Neue Entwicklungen zu ICAP, ETACA und Joint Audits,

  • Hörster, Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes - Überblick über die wichtigsten Änderungen im EStG

  • Eisele, Entwurf eines Wachstumschancengesetzes: Änderungen im ErbStG, BewG und BodSchätzG - Kabinettsbeschluss der Bundesregierung liegt vor,

  • Zawodsky, Die Klimaschutz-Investitionsprämie kommt,

  • Prätzler, Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung in Deutschland geplant,

  • Sangen-Emden, Gesetzentwurf eines Wachstumschancengesetzes - Vorstellung der wesentlichen Punkte, BBK 18/2023 S. 810

  • Müller, Änderungen beim Optionsmodell des § 1a KStG nach dem Entwurf des Wachstumschancengesetzes,

  • Hechtner, Steuerpolitisches Update aus Berlin: Wachstumschancengesetz,

  • Rüll, Finanzierungsgestaltungen verbundener Unternehmen - Sind Verrechnungspreisregelungen ein geeignetes Gegenmittel oder braucht es eine Zinshöhenschranke?

Blog-Beiträge/Editorials

Stellungnahmen zum Referentenentwurf

Gesetzesmaterialien

Fundstelle(n):
NWB SAAAJ-44097