LStH H 3.12 (Zu § 3 EStG)

Zu § 3 EStG

H 3.12 Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG)

Allgemeines zu § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG

Aufwandsentschädigungen, bei denen die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG nicht vorliegen, sind nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG nur steuerfrei, wenn sie aus öffentlichen Kassen (>H 3.11) an Personen gezahlt werden, die öffentliche Dienste für einen inländischen Träger öffentlicher Gewalt leisten (> BStBl 1983 II S. 219). Dabei kann es sich auch um eine Nebentätigkeit handeln. Aufwandsentschädigungen können nicht nur bei Personen steuerfrei sein, die öffentlich-rechtliche (hoheitliche) Dienste leisten, sondern auch bei Personen, die im Rahmen des öffentlichen Dienstes Aufgaben der schlichten Hoheitsverwaltung erfüllen (> BStBl II S. 437, vom – BStBl II S. 519 und vom – BStBl II S. 418).

Beamte bei Postunternehmen

>§ 3 Nr. 35 EStG

Begriff der Aufwandsentschädigung

  • Zur Abgeltung von Werbungskosten/Betriebsausgaben > (BStBl 1993 II S. 50) und vom (BStBl 2007 II S. 308)

  • Zur Prüfung dieser Voraussetzung durch das Finanzamt > (BStBl III S. 425) und vom (BStBl 1990 II S. 121 und 123)

Daseinsvorsorge

Beispiel:

Ein kirchlicher Verein erbringt Pflegeleistungen im Rahmen der Nachbarschaftshilfe.

Die den Pflegekräften gewährten Entschädigungen sind nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerbefreit, da Pflegeleistungen zur Daseinsvorsorge gehören; ggf. kann eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26 oder Nr. 26a EStG in Betracht kommen.

Entschädigungen für Zeitaufwand nach § 41 Abs. 3 Satz 2 SGB IV

Die den ehrenamtlich tätigen Versichertenberatern und Mitgliedern eines Widerspruchsausschusses gewährten Entschädigungen für Zeitaufwand nach § 41 Abs. 3 Satz 2 SGB IV sind nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei ( BStBl II S. 715).

Fiskalische Verwaltung

Keine öffentlichen Dienste i. S. d. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG leisten Personen, die in der fiskalischen Verwaltung tätig sind (> BStBl II S. 818, vom – BStBl II S. 631 und vom – BStBl II S. 563). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Tätigkeit für die juristische Person des öffentlichen Rechts ausschließlich oder überwiegend auf die Erfüllung von Aufgaben

  1. in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder

  2. in einem Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG bezieht.

Ob es sich um einen Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts handelt, beurteilt sich nach dem Körperschaftsteuerrecht (§ 4 KStG und R 4.1 KStR 2022 ). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Betrieb gewerblicher Art von der Körperschaftsteuer befreit ist. Zu den Betrieben gewerblicher Art in diesem Sinne gehören insbesondere die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unterhaltenen Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme (> BStBl II S. 679), dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen, sowie die in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts betriebenen Sparkassen (> BStBl II S. 818).

Öffentliche Dienste

Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder eines Versorgungswerks leisten öffentliche Dienste i. S. d. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG, wenn sich das Versorgungswerk als juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenzuweisungen auf die Gewährleistung der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung für seine Zwangsmitglieder beschränkt und dabei die insoweit bestehenden Anlagegrundsätze beachtet (> – BStBl 2014 II S. 248).

Öffentliche Kassen

>H 3.11

Steuerlicher Aufwand

Zur Voraussetzung der Abgeltung steuerlich zu berücksichtigender Werbungskosten/Betriebsausgaben > (BStBl III S. 425), vom (BStBl 1990 II S. 121 und 123), vom (BStBl 1993 II S. 50) und vom (BStBl 2007 II S. 308)

Übertragung nicht ausgeschöpfter steuerfreier Monatsbeträge (Beispiel)

Für öffentliche Dienste in einem Ehrenamt in der Zeit vom 1.1. bis 31.5. werden folgende Aufwandsentschädigungen im Sinne von § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG und R 3.12 Abs. 3 Satz 3 LStR gezahlt:
Januar 275 €, Februar 75 €, März 205 €, April 325 €, Mai 500 €; Zeitaufwand wird nicht vergütet. Für den Lohnsteuerabzug können die nicht ausgeschöpften steuerfreien Monatsbeträge i. H. v. 250 € wie folgt mit den steuerpflichtigen Aufwandsentschädigungen der anderen Lohnzahlungszeiträume dieser Tätigkeit verrechnet werden:


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Gezahlte
Aufwandsentschädi-
gung
Steuerliche
Behandlung nach
R 3.12 Abs. 3
Satz 3 LStR
Steuerliche Behandlung bei Übertragung
nicht ausgeschöpfter steuerfreier
Monatsbeträge
Steuer-
frei
sind:
Steuer-
pflichtig
sind:
Steuer-
freier
Höchst-
betrag:
Steuerpflichtig sind:
Januar
275 €
250 €
25 €
250 €
25 €
Februar
75 €
75 €
0 €
2 x 250 € = 500 €
0 €
(275 + 75 – 500),
Aufrollung des Januar
März
205 €
205 €
0 €
3 x 250 € = 750 €
0 €
(275 + 75 + 205 – 750)
April
325 €
250 €
75 €
4 x 250 € = 1.000 €
0 €
(275 + 75 + 205 + 325 – 1.000)
Mai
500 €
250 €
250 €
5 x 250 € = 1.250 €
130 €
(275 + 75 + 205 + 325 + 500 – 1.250)
Summe
1.380 €
1.030 €
350 €
5 x 250 € = 1.250 €
130 €

Bei Verrechnung des nicht ausgeschöpften Freibetragsvolumens mit abgelaufenen Lohnzahlungszeiträumen ist im Februar der Lohnsteuereinbehalt für den Monat Januar zu korrigieren.

Werbungskostenabzug bei Dienstaufwandsentschädigungen

Sollen steuerfrei gewährte Dienstaufwandsentschädigungen den gesamtem beruflich veranlassten Aufwand ersetzen, können Werbungskosten nur insoweit berücksichtigt werden, als diese die Entschädigung übersteigen. Dies gilt auch für die nicht durch die steuerfreie Reisekostenvergütung nach § 3 Nr. 13 EStG abgegoltenen Reisekosten, wenn auch diese durch die Dienstaufwandsentschädigung abgegolten werden (> BStBl 2017 II S. 345).

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
BAAAJ-33551