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Rechtsprechung

Einkommensteuer //

Hinterbliebenenrente nach dem AltEinkG – Hessisches FG weist Klage auch im zweiten Rechtsgang ab und lässt Revision zu

Die Klage einer Witwe gegen den einfachgesetzlich zutreffend angesetzten Besteuerungsanteil von 76 % wurde im ersten Rechtsgang noch unter dem Gesichtspunkt der „individuellen Betrachtungsweise“ zurückgewiesen, da nach Ansicht des Hessischen FG die Altersvorsorgebeiträge des Verstorbenen der Witwe nicht zugerechnet werden konnten. Der BFH hatte das Urteil jedoch aufgehoben und die Sache an das Hessische FG zurückverwiesen (Beschluss v. 30.8.2023 - X B 58/23, PAAAJ-49036; dazu Ermel, NWB 42/2023 S. 2864). Der Entscheidung im zweiten Rechtsgang wurde nun aber eine „strukturelle“ statt einer „individuellen“ Betrachtungsweise zugrunde gelegt (Hessisches FG, Urteil v. 12.11.2025 - 11 K 286/22, EAAAK-04714).

Außensteuerrecht //

Stellt die „Switch-over“-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit dar?

Der BFH-Vorlagebeschluss v. 3.6.2025 an den EuGH kann wie folgt zusammengefasst werden: Stellt die Umschaltklausel in § 20 Abs. 2 AStG von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode bei nicht begünstigten passiven Einkünften einer EU-ausländischen Betriebsstätte einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit dar, weil der Motivtest in diesen Fällen nicht zur Anwendung gelangt?

Umsatzsteuer //

Keine Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL für ein nicht zugelassenes privates Krankenhaus

Ein Krankenhaus, welches nicht nach § 108 SGB V zugelassen ist, hat für seine Behandlungsleistungen keinen Anspruch auf die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL, wenn es aus sozialrechtlicher Sicht als nicht wirtschaftlich anzusehen ist, so der BFH mit Urteil v. 8.7.2025. Für die Prüfung dieses Tatbestands kommt es nicht auf ein ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Kosten an, sondern darauf, inwieweit die Leistungen und die hierdurch bedingten Kosten im Hinblick auf die medizinische Versorgung erforderlich sind.

Grunderwerbsteuer //

Grundstückserwerb durch eine auf der Verkäuferseite stehende Person gilt nicht als einheitlicher Erwerbsgegenstand

Beim – auch mittelbaren – Grundstückserwerb durch eine sowohl auf der Käufer- als auch der Verkäuferseite stehende Person ist Gegenstand des Erwerbs das unbebaute Grundstück. Dies gilt auch in dem Fall, in dem dem Grunde nach ein einheitlicher Erwerbsgegenstand gegeben ist, bei dem die Baukosten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, weil die Verkäuferseite das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung bestimmt.

Einkommensteuer //

Sanierungsertrag im Sonderbetriebsvermögen und Begriff der unternehmensbezogenen Sanierung bei einer Mitunternehmerschaft

Mit Urteil v. 21.8.2025 entschied der BFH, dass (1) bei einer Mitunternehmerschaft die einzelnen Tatbestandsmerkmale einer unternehmensbezogenen Sanierung i. S. des § 3a Abs. 2 EStG bezogen auf die Gesellschaft vorliegen müssen, dass (2) für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestandsmerkmale auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a. F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen ist und dass (3) ein im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers angefallener Sanierungsertrag i. S. des § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG – wie ein im Gesamthandsbereich einer Mitunternehmerschaft angefallener Sanierungsertrag – nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen ist.

Einkommensteuer //

Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für eine denkmalgeschützte Immobilie

Wird ein Gesamtkaufpreis für die Anschaffung einer Immobilie vereinbart, ist dieser zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Dies gilt auch bei einer denkmalgeschützten Immobilie, da auch bei einer solchen der Bodenwert nicht mit 0,00 € angenommen werden kann. Für die Aufteilung des Gesamtkaufpreises sind zunächst einerseits der Gebäudewert und andererseits der Bodenwert getrennt zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile aufzuteilen, so der BFH mit Urteil v. 7.10.2025.

Abgabenordnung //

Entkräftung der Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bei einem strukturellen Zustellungsdefizit

Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO kann ein schriftlicher Verwaltungsakt durch Übermittlung durch die Post bekanntgegeben werden. Post im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur die Deutsche Post AG, sondern auch ein (sonstiger) privater Postdienstleister. Der Verwaltungsakt gilt in diesem Fall gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bei einer Übermittlung im Inland am dritten (ab 1.1.2025 am vierten) Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

Gewerbesteuer //

Treuhandmodell in Bezug auf Betriebsvorrichtungen bei erweiterter Gewerbesteuerkürzung

Die verdeckte treuhänderische Tätigkeit einer grundbesitzenden Gesellschaft für eine Schwestergesellschaft in Bezug auf übertragene Betriebsvorrichtungen (wirtschaftliches Eigentum) steht der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG entgegen. Die fremdnützige Vermietungstreuhand zugunsten einer Schwestergesellschaft stellt auch keine unschädliche Nebentätigkeit dar. Eine Gegenleistung in einem Übertragungsvertrag kann auf die beiden Hauptleistungspflichten (Übertragung und Treuhandtätigkeit) aufzuteilen sein.

Umsatzsteuer //

Der Auffangerwerb bei innergemeinschaftlichen Lieferungen – Entwicklungen und Risiken

Bei „missglückten“ innergemeinschaftlichen Lieferungen stellt sich nicht nur die Frage, ob dem Leistungsempfänger gegebenenfalls bei einer daraus folgenden Umsatzsteuerpflicht ein Vorsteuerabzugsrecht zusteht (siehe hierzu Höink/Radtke, NWB 9/2025 S. 568), sondern auch, ob es für den Leistungsempfänger zu einer Auffangerwerbsbesteuerung nach § 3d Satz 2 UStG/Art. 41 MwStSystRL kommt. Häufig stellt sich die Frage nach einem Auffangerwerb erst während einer Betriebsprüfung. Dies gibt Anlass zu der Überlegung, in welchen Fällen überhaupt eine Besteuerung eines Auffangerwerbs vorzunehmen ist. Hier kann unter anderem die aktuelle und wohl auch die zukünftige Rechtsprechung des EuGH/EuG Antworten liefern.

Abgabenordnung //

Entkräftung der Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO in Fällen eines strukturellen Zustellungsdefizits

Die Bekanntgabevermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO kann in Fällen eines „strukturellen Zustellungsdefizits“ ohne Weiteres entkräftet werden. Ein strukturelles Zustellungsdefizit liegt vor, wenn nicht sichergestellt werden kann, dass das durch den privaten Postdienstleister abgeholte Schreiben dem Empfänger zuverlässig innerhalb der Frist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO seit Abholung der Post zugeht.

Umsatzsteuer //

Mehr Luft für § 14c-Steuer-Korrekturen im Massengeschäft

Aufgrund der Komplexität der gesetzlichen Regelungen kann ein zu hoher Umsatzsteuerausweis schnell vorliegen. Dieser wurde in der Vergangenheit nach § 14c UStG streng sanktioniert, nach dem Grundsatz: Wer zu viel Umsatzsteuer in der Rechnung ausweist, schuldet sie, ganz gleich, ob der Kunde Vorsteuer geltend machen kann oder nicht. Durch das BMF-Schreiben v. 27.2.2024 hat die Finanzverwaltung jedoch auf das EuGH-Urteil v. 8.12.2022 - C-378/21 „P GmbH I“ ( TAAAJ-29638) reagiert und klargestellt, dass die sog. § 14c-Steuer nicht bei einem unrichtigen Steuerausweis an Endverbraucher entsteht und geschuldet wird. Mit dem EuGH-Urteil v. 1.8.2025 - C-794/23 „P GmbH II“ ( TAAAJ-97173) werden nun die Möglichkeiten der Korrektur zugunsten der Steuerpflichtigen weiter definiert – und zugleich klare unionsrechtliche Spielregeln für Mischfälle und Schätzungen aufgestellt.

Erbschaft- und Schenkungsteuer //

Ersatzerbschaftsteuerpflicht von ausländischen Familienstiftungen

Bei einer Familienstiftung mit Satzungssitz im Ausland und Geschäftsleitung im Inland muss es sich um eine rechtsfähige Stiftung handeln, da nichtrechtsfähige Stiftungen vom Begriff der Stiftung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht erfasst werden. Für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit von nach ausländischem Recht errichteten Stiftungen ist dabei auf die Grundsätze des internationalen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen (Sitz- und Gründungstheorie). Auf eine nach schweizerischem Recht errichtete Familienstiftung, die nach inländischem Recht nicht als rechtsfähige Stiftung zu behandeln ist, ist nach der Sitztheorie deutsches Recht anzuwenden, so dass sie nicht der Ersatzerbschaftsteuer i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt.

Umwandlungssteuerrecht //

Keine Verlustverrechnung nach § 15a EStG bei Veräußerung einbringungsgeborener Anteile nach § 21 UmwStG 1995

Nach dem BFH-Urteil vom 19.3.2025 wird der Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 im Jahr 2017 nach dem Formwechsel einer GmbH & Co. KG in eine GmbH im Jahr 2001 nicht durch einen für den früheren Kommanditisten festgestellten verrechenbaren Verlust i. S. von § 15a EStG gemindert.

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