NWB Nr. 17 vom Seite 1235

Der steuerfreie Sanierungsgewinn in Zeiten der Corona-Pandemie und im Lichte des SanInsFoG (Teil 1)

Eine Bewährungsprobe für das Sanierungsprivileg

Prof. Dr. Hans-Joachim Kanzler *

[i]Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, Einkommensteuergesetz Kommentar, 6. Aufl. 2021, NWB FAAAH-64846 Zur Unterstützung der infolge der Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Unternehmen hat der Gesetzgeber zuletzt einige insolvenzrechtliche Erleichterungen geschaffen. Anders als diese insolvenzrechtlichen Maßnahmen waren steuerliche Sanierungsmaßnahmen zwar nicht unmittelbar Gegenstand pandemiebezogener Gesetzgebung. Die erst mit dem Lizenzschrankengesetz v.  wieder eingeführte Steuerbefreiung von Sanierungserträgen nach § 3a EStG wurde aber alsbald auch für die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie reklamiert und muss sich nun einer Bewährungsprobe unterziehen. Der nachfolgende Beitrag erläutert die steuerliche Behandlung des Sanierungsgewinns in Zeiten der Pandemie und im Lichte des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes.

Arbeitshilfe:

In der NWB Datenbank (Login über www.nwb.de) finden Sie unter NWB AAAAG-50151
das Prüfschema „Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen nach § 3a EStG“.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

Teil 2 des Beitrags von Prof. Dr. Kanzler finden sie NWB MAAAH-77403.S. 1236

I. Sanierung als Alternative zur Insolvenz in pandemiebedingter Unternehmenskrise

1. Vorübergehende Erleichterungen im Insolvenzrecht

[i]Jähne, NWB Online-Beitrag, NWB MAAAH-45667 Die COVID-19-Pandemie hat viele Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht und bedroht deren Existenz auch weiterhin, so lange die pandemiebedingten Beschränkungen des öffentlichen Lebens anhalten. Der Gesetzgeber hat auf diese Gefahren reagiert und mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht − COVInsAG − v.  (BGBl 2020 I S. 569) u. a. die Insolvenzantragspflicht zunächst bis zum für die Unternehmen, die pandemiebedingt insolvenzreif wurden und die sanierungsfähig sind, ausgesetzt. Diese Maßnahme wurde durch Änderungsgesetz zum COVInsAG v.  (BGBl 2021 I S. 237) bis zum für die Schuldner verlängert, die einen Anspruch auf finanzielle Hilfen aus den aufgelegten Corona-Hilfsprogrammen haben und deren Auszahlung noch aussteht.

[i]Gehrmann, Insolvenzverfahren, infoCenter, NWB BAAAB-05672 Die Insolvenz, als ultima ratio in Krisenzeiten, kann allerdings auch durch eine Sanierung des Unternehmens vermieden werden. Eine solche Sanierung eines insolventen oder überschuldeten Betriebs ist immer dann sinnvoll, wenn sein Fortführungswert höher ist als sein Liquidationswert. Unternehmen aber, die die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht erfüllen, sind sehr wahrscheinlich auch sanierungsfähig, denn nach § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 COVInsAG hat der Schuldner nachzuweisen, dass die Aussicht besteht, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War er am nicht zahlungsunfähig, greift die gesetzliche Vermutung ein, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine vorliegende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 COVInsAG).

2. Unternehmensfortführung statt Betriebszerschlagung: Die Steuerbefreiung im Rahmen der Gesetze zur Insolvenzrechtsreform und Sanierungsfortentwicklung

[i]§ 3a EStG als Krisenhelfer ...Anders als die Insolvenzen waren steuerliche Sanierungsmaßnahmen zwar nicht unmittelbar Gegenstand pandemiebezogener Gesetzgebung. Die erst 2017 wieder eingeführte Steuerbefreiung von Sanierungserträgen nach § 3a EStG wurde aber alsbald auch für die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie reklamiert (s. Oppel, SteuerStud 11/2020 S. 746). Einige Autoren sahen in der COVID-19-Krise gar eine Bewährungsprobe für das deutsche Sanierungssteuerrecht (Eilers/Walter-Yadegardjam, S. 1237FR 2020 S. 481). Ein solches Sanierungssteuerrecht, das auf einem Gesetz mit aufeinander abgestimmten Regelungen für alle einschlägigen Steuerarten beruhen würde, existiert aber nicht. Es finden sich nur einzelne sanierungsbezogene Steuervorschriften, wie etwa die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG und die im Zusammenhang mit der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3a EStG erlassenen Regelungen der § 3c Abs. 4 EStG, § 8 Abs. 8 Satz 6 und Abs. 9 Satz 9 KStG, § 8c Abs. 2 KStG, § 8d Abs. 1 Satz 9 KStG, § 15 Satz 1 Nr. 1 und 1a KStG und § 7b GewStG, die sich alle auf die einkommensteuerlichen Grundnormen der § 3a, § 3c Abs. 4 EStG beziehen.

[i]... und zentrale steuerrechtliche Regelung zur Vermeidung von Insolvenzen durch frühzeitige Restrukturierung notleidender UnternehmenGegenüber der Insolvenz, die zur Unternehmenseinstellung führt, bietet die Sanierung die Möglichkeit der Fortführung und Erholung des Unternehmens. Es war daher auch schon das Grundanliegen der Insolvenzrechtsreform 2012 mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) v.  (BGBl 2011 I S. 2582) die „Zerschlagungsautomatik“ des Konkursrechts zu beenden (LG Wiesbaden, Urteil v.  - 1 O 139/13, ZIP 2014 S. 386). Schließlich führte das Bestreben der EU, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine frühzeitige Restrukturierung notleidender Unternehmen zu verbessern und sinnlose Liquidationen zu verhindern, zur sog. EU-Restrukturierungsrichtlinie 2019/1023 v.  (ABl EU 2019 Nr. L 172 S. 18), die der deutsche Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts – SanInsFoG v.  (BGBl 2020 I S. 3256) umgesetzt hat. Dieses Artikelgesetz enthält zwar keine steuerrechtlichen Regelungen, es stellt jedoch einen Rechtsrahmen für insolvenzabwendende Maßnahmen zur Verfügung, der es Unternehmen ermöglichen soll, sich auf der Grundlage eines von den Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans zu sanieren (BT-Drucks. 19/24181 S. 1). Nach den Vorstellungen der Bundesregierung werden die Verbesserungen der Sanierungsoptionen durch das SanInsFoG insbesondere den Unternehmen zugutekommen, die durch die Folgen der COVID-19-Pandemie Umsatzeinbrüche erlitten haben (BT-Drucks. 19/24181 S. 2).

[i]Steuerbefreiung von Sanierungserträgen als Beitrag zu den neu geregelten Stabilisierungs- und RestrukturierungsverfahrenDiesen Zielvorstellungen wird die Steuerbefreiung für Sanierungserträge in besonderer Weise gerecht, weil sie – anders als die Vorgängerregelung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. – auch die Behandlung von Verlusten regelt. Die Vorschrift des § 3a EStG und die mit ihr zusammenhängenden Regelungen erweisen sich damit als entscheidender steuerrechtlicher Beitrag zu einem modernen Insolvenz- und Restrukturierungsverfahren (Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner/Geserich, Einkommensteuergesetz Kommentar [im Folgenden: KKB/Kanzler], 6. Aufl. 2021, § 3a Rz. 1, m. w. N.). Nachdem das SanInsFoG und die zentralen Regelungen seines Artikels 1, des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes – StaRUG, zum in Kraft getreten sind, bedarf es der Prüfung, ob und inwieweit die neu geschaffenen Ämter, Aufgaben, Begriffe und Institutionen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der steuerlichen Sanierungsvoraussetzungen haben. Das StaRUG verwendet etwa die Begriffe des Sanierungsvergleichs (§ 97), der durch einen Sanierungsmoderator durchzuführenden Sanierungsmoderation (§§ 94 ff.) und der durch ein Restrukturierungsgericht festzustellenden Restrukturierungsfähigkeit (§§ 30, 34), der ein Restrukturierungsplan zugrunde liegen muss (§§ 5 ff).

3. Pflichten und Risiken des Sanierungsberaters, Sanierungsmoderators und Restrukturierungsbeauftragten

[i]Neue Pflichten für Berater im Rahmen von Restrukturierungen ...Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind die geborenen Sanierungsberater, denn sie werden als Erste die Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens feststellen, mit dessen Abschlussarbeiten sie betraut sind. Diese Berufsträger unterliegen daher ebenso wie vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte nach § 102 StaRUG Hinweis- und Warnpflichten gegenüber dem Mandanten, wie sie bisher schon S. 1238von der Rechtsprechung der Zivilgerichte anerkannt wurden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil v.  - 4 U 4/17, NWB YAAAH-13327). Daraus entstehen für den Berater aber keine neuen Haftungstatbestände, weil sich die Hinweis- und Warnpflichten nach der Rechtsprechung des BGH aus der Mandantenbeziehung ergeben. Der Regierungsentwurf zum SanInsFoG (BT-Drucks. 19/24181 S. 187) verweist insoweit auf das (NWB JAAAG-37973, Rz. 19 und 44), wonach der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses beauftragte Steuerberater den Mandanten auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht seines Geschäftsführers hinzuweisen hat, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass diesem die mögliche Insolvenzreife des Betriebs nicht bewusst ist.

Im Übrigen ersetzt die Hinweis- und Warnpflicht auch nicht die eigenen Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder der Überwachungsorgane zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement nach den einschlägigen Gesetzen, sondern ergänzt diese nur (BT-Drucks. 19/24181 S. 188). Die Geschäftsleiter müssen für den Fall eines Scheiterns der Sanierungsbemühungen auch die drohende Insolvenz im Blick behalten und dürfen nur die Zahlungen vornehmen, die zur Aufrechterhaltung des Unternehmens im Sinne des Erhalts der Sanierungschancen unter Beachtung der Pflicht zum Masseerhalt erforderlich sind (vgl. Brandenburgisches , NWB EAAAF-73505, unter Hinweis auf , NWB EAAAC-66934). Dieser Maßstab der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters gilt nach § 89 Abs. 3 StaRUG auch für das Restrukturierungsverfahren.

[i]... und neue Tätigkeitsfelder als Sanierungsmoderator und Restrukturierungsbeauftragter ...Sanierungsberater, Sanierungsmoderatoren oder Restrukturierungsbeauftragte sind weder einer konkreten Berufsgruppe zuzuordnen noch handelt es sich um Ausbildungsberufe. Das Berufsbild wird lediglich durch die Übernahme berufstypischer Aufgaben charakterisiert. Dabei geht auch das Gesetz davon aus, dass sich der Sanierungsberater vom Insolvenzverwalter unterscheidet (s. etwa § 2 Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz a. F.). Allerdings wird der Sanierungsberater nicht durch die neu eingeführten Berufsbilder des Sanierungsmoderators und Restrukturierungsbeauftragten verdrängt. Diese neuen Ämter werden nur in dem besonderen Verfahren zur Stabilisierung und Restrukturierung insolvenzbedrohter Unternehmen durch das Amtsgericht als Restrukturierungsgericht vergeben (§§ 34, 73, § 94 Abs. 3 StaRUG).

[i]... mit bekannten HaftungsrisikenBis sich in Restrukturierungssachen eine fundierte Rechtsprechung der streitwertunabhängig zuständigen Landgerichte bis hin zum BGH entwickelt hat (BT-Drucks. 19/24181 S. 189), müssen sich die mit Restrukturierungen befassten Berater an den bisherigen Urteilen der Zivilgerichte zur Haftung in Sanierungs- und Insolvenzfällen orientieren. Berufsrechtlich bleibt daher für den Steuerberater weiterhin maßgebend, dass er als Sanierungs- bzw. Restrukturierungsberater die Grenzen des § 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) zu beachten hat. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt und können eine Haftung begründen, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. [i]Römermann, NWB Sanieren 1/2021 S. 4Daher hat der Steuerberater bei Prüfung der Insolvenzreife lediglich die Pflicht, das Vorliegen einer Rangrücktrittsvereinbarung als solcher zu überprüfen. Von deren Wirksamkeit kann und darf er ausgehen, wenn nicht offensichtliche Unwirksamkeitsgründe vorliegen. Er muss in einem solchen Fall auch nicht den Unternehmensträger darauf hinweisen, die Frage der Wirksamkeit der Rangrücktrittsvereinbarung durch einen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen (, DStR 2017 S. 2631). Andererseits wird ein Rechtsanwalt, der nicht über die erforderliche Expertise in Steuerfragen verfügt, den Rat eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers suchen. S. 1239

II. Überblick und Einordnung der Steuerbefreiung von Sanierungserträgen

1. Begriff und Arten der Unternehmenssanierung

a) Betriebswirtschaftlicher und ertragsteuerlicher Sanierungsbegriff

[i]Sanierung als Sammelbegriff für verschiedene Maßnahmen, zu denen auch der Schuldenerlass zähltDer Begriff der Sanierung wird weder im ESUG noch im SanInsFoG oder den Materialien zu diesen Gesetzen definiert. Betriebswirtschaftlich steht Sanierung als Sammelbegriff für alle Maßnahmen in einer Unternehmenskrise zur Wiederherstellung existenzerhaltender Gewinne. Der Sanierungsbegriff vereint alle betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Maßnahmen der Problembewältigung.

Auch im ertragsteuerlichen Sinne ist die in § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG angeführte Sanierung kein juristisch fest umgrenzter Begriff. Mit ihr wird ein Inbegriff von Maßnahmen bezeichnet, die die finanzielle Gesundung eines notleidenden Unternehmens bezwecken und geeignet sind, das Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und auf Dauer wieder ertragsfähig zu machen (ständige Rechtsprechung, zuletzt , BStBl 2010 II S. 916). Als Sanierung in diesem engeren Sinne werden daher nur finanztechnische Rettungsmaßnahmen bezeichnet.

b) Bisherige Sanierung in gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren

[i]Bisheriges Nebeneinander freier und insolvenzgerichtlicher Sanierung ...Die Sanierung kann in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfahren durchgeführt werden.

Die außergerichtliche Sanierung kann vorteilhaft sein, wenn die Unternehmensführung beim Schuldner verbleiben soll und die Sanierung im Konsens von Schuldner und Gläubigern relativ schnell und geräuschlos abzuwickeln ist, so dass Wertverluste vermieden werden. Als nachteilig kann sich das Erfordernis einer Konsenslösung erweisen, wenn der Schuldner zu Zugeständnissen gezwungen wird und dinglich abgesicherte Gläubiger in erster Linie ihre Verwertungsinteressen verfolgen. In einem solchen Fall kann auch die in § 3a Abs. 2 EStG geforderte Sanierungsabsicht der Gläubiger eines Schuldenerlasses zweifelhaft sein.

[i]... mit jeweiligen Vor- und Nachteilen, ...Mit umgekehrten Vorzeichen treffen diese Vor- und Nachteile auf das gerichtliche (Insolvenz-)Verfahren zu. Zwar begünstigt der mit der Insolvenzrechtsreform 1999 eingeführte und zuletzt mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) ab 2012 nach wie vor geförderte Vorrang der Unternehmensfortführung im Eröffnungsverfahren unternehmensbezogene Sanierungen; allerdings ist mit dem Insolvenzeröffnungsverfahren und dem eigentlichen Insolvenzverfahren für den Schuldner in der Regel der Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 21 Abs. 2 Satz 1 InsO verbunden, wenn die Fortführung des Unternehmens nicht ausnahmsweise durch Eigenverwaltung erfolgen soll (§ 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 und §§ 270 ff. InsO). Die Anordnung der Eigenverwaltung mit dem Schutzschirmverfahren nach § 270b Abs. 1 InsO bedingt jedoch meistens, dass die Gläubiger durch Teilzahlungen zu befriedigen sind, während eine Fortführung des Unternehmens durch den Insolvenzverwalter im Rahmen eines Insolvenzplans eine Befriedigung der Gläubiger durch spätere Unternehmensgewinne erleichtert. Im Übrigen ist die unternehmerbezogene Sanierung nach § 3a Abs. 5 EStG nur im gerichtlichen Verfahren begünstigt (s. Teil 2 unter IV).

c) Sanierung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz

[i]... wird ab 2021 durch das Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG ergänztSeit dem besteht nun eine dritte Möglichkeit der Sanierung. Mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und -Restrukturierungsrahmen für Unternehmen – StaRUG – wird den von einer Unternehmenskrise Betroffenen ein Stabilisierungs- und Restrukturierungsprogramm angeboten. Die dazu vorgegebenen, in § 31 StaRUG als Instrumente bezeichneten Verfahrenshilfen dienen allein einer insolvenzvermeidenden Sanierung. S. 1240Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wird mit diesem Verfahren die Lücke geschlossen, die bisher zwischen der freien und konsensgebundenen Sanierung einerseits und der streng verfahrensgebundenen und dafür einschneidenden Sanierungsalternative im Insolvenzverfahren andererseits bestanden hat. Dieser Mittelweg ermöglicht nicht zuletzt auch Sanierungslösungen gegen den Willen opponierender Minderheiten (Regierungsentwurf zum StaRUG, BT-Drucks. 19/24181 S. 86). Obwohl das neue Gesetz die privatautonome Bewältigung der Unternehmenskrise in den Vordergrund stellt, kann es nicht ganz auf die Gerichtsbarkeit verzichten. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ist nämlich die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht (§ 31 StaRUG). Dieses Gericht, ein Amtsgericht, ist ausschließlich für Entscheidungen in Restrukturierungssachen zuständig (§ 34 StaRUG).

[i]Restrukturierungsplan als wichtigstes Instrument des neuen Sanierungsverfahrens ... Wichtigstes Instrument des neuen Sanierungsverfahrens ist der Restrukturierungsplan, auf dessen Grundlage die Rechtsverhältnisse zwischen Schuldner und Gläubigern, den sog. Planbetroffenen, im Wege eines Vergleichs gestaltet werden (§ 2 StaRUG). Nach § 4 StaRUG sind allerdings bestimmte Rechtsverhältnisse von dieser Regelung ausgenommen. Dazu gehören etwa Forderungen von Arbeitnehmern und deren Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung oder Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen. Der Restrukturierungsplan ist in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil gegliedert (§§ 6, 7 StaRUG) und muss nach § 5 Satz 2 StaRUG die in einer Anlage zum Gesetz enthaltenen notwendigen Angaben enthalten. Das Gesetz orientiert sich insoweit an dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild (BT-Drucks. 19/24181 S. 110 f.).

[i]... kann vom Schuldner eigenverantwortlich oder von einem Restrukturierungsbeauftragten erstellt werdenDen Restrukturierungsplan kann der Schuldner außergerichtlich und im Grundsatz eigenverantwortlich aufstellen. Allerdings kann auch ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt werden. Dies geschieht von Amts wegen aber nur unter bestimmten in § 73 StaRUG geregelten Voraussetzungen. Auf Antrag der Beteiligten ist auch eine fakultative Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten möglich (§ 78 StaRUG). Gegenüber einer außergerichtlichen Sanierung hat das neue Verfahren den entscheidenden Vorteil, dass der Restrukturierungsplan schon mit einer Mehrheit von drei Viertel der Stimmrechte in jeder Gläubigergruppe angenommen ist (§ 25 StaRUG). Das Stimmgewicht, das eine Forderung oder ein Recht gewährt, ist in § 24 StaRUG im Einzelnen so geregelt, dass das Risiko einer Majorisierung von Kleingläubigern durch Großgläubiger vermindert wird (BT-Drucks. 19/24181 S. 119).

2. Unternehmens- und unternehmerbezogene Sanierung im Steuerrecht

[i]Unternehmens- vs. unternehmerbezogene SanierungDas Gesetz folgt der von der Rechtsprechung zu der Vorgängerregelung (§ 3 Nr. 66 EStG a. F.) und der Finanzverwaltung getroffenen Unterscheidung der unternehmensbezogenen von der unternehmerbezogenen Sanierung. Danach ist grundsätzlich nur die unternehmensbezogene Sanierung begünstigt, während die unternehmerbezogene Sanierung, die dem Steuerpflichtigen lediglich ein schuldenfreies Weiterleben ermöglichen soll, nur ausnahmsweise in bestimmten und abschließend in § 3a Abs. 5 Satz 1 EStG aufgeführten Fällen zu einer Steuerbefreiung führt (s. nur KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 173 ff., m. w. N.).

a) Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der unternehmensbezogenen Sanierung (§ 3a Abs. 1 bis 4 EStG)

[i]Grundsatz: unternehmensbezogene SanierungDie Tatbestandsvoraussetzungen der unternehmensbezogenen Sanierung ergeben sich aus § 3a Abs. 1 und 2 EStG und erfordern

  • einen Sanierungsertrag durch Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem

  • betrieblich begründeten Schuldenerlass bzw. Forderungsverzicht der Gläubiger zuS. 1241

  • Sanierungszwecken, also mit der Absicht der Unternehmensfortführung.

Nach § 3a Abs. 2 EStG hat der Schuldner für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses ferner

  • die Sanierungsbedürftigkeit (s. unten III, 5, a),

  • die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens (s. unten III, 5, b),

  • die Sanierungseignung des Schuldenerlasses (s. unten III, 5, c) und

  • die Sanierungsabsicht der Gläubiger (s. unten III, 5, d)

nachzuweisen.

Die Rechtsfolgen sind abgestuft. Grundsätzliche Rechtsfolge ist die Steuerbefreiung des reinen Sanierungsertrags (§ 3a Abs. 1 Satz 1 EStG), die aber weitere Rechtsfolgen auslöst, nämlich

  • den Zwang zur gewinnmindernden Ausübung steuerlicher Wahlrechte (s. unten III, 6, b),

  • die Minderung um nach § 3c Abs. 4 EStG nicht abziehbare Beträge zur Ermittlung des geminderten Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 3 Satz 1 EStG (s. unten III, 6, c) und

  • die Verlust- und Aufwandsverrechnung erster und zweiter Stufe nach § 3a Abs. 3 Satz 2 ff. EStG zur Ermittlung des verbleibenden Sanierungsertrags (s. unten III, 6, d).

Abschließende Rechtsfolgen sind dann nach § 3a Abs. 3 Satz 5 EStG

  • die Steuerbefreiung des verbleibenden Sanierungsertrags und

  • der Untergang der verbrauchten Verlustverrechnungsmöglichkeiten (s. unten III, 6, e).

b) Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der unternehmerbezogenen Sanierung (§ 3a Abs. 5 EStG)

[i]Ausnahme: unternehmerbezogene SanierungDie unternehmerbezogene Sanierung ist nur ausnahmsweise in den abschließend in § 3a Abs. 5 Satz 1 EStG aufgeführten Fällen begünstigt (s. Teil 2 unter IV). Die Vorschrift ist nur auf natürliche Personen anwendbar. Voraussetzung ist auch hier, dass es sich um

  • Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen und

  • einen Schuldenerlass

handelt. Da die unternehmerbezogene Sanierung nicht auf eine Fortführung des Unternehmens gerichtet ist, wird auf die Voraussetzungen für eine unternehmensbezogene Sanierung nach § 3a Abs. 2 EStG (Sanierungsbedürftigkeit, -fähigkeit, -eignung und -absicht) ausdrücklich verzichtet (§ 3a Abs. 5 Satz 1 EStG).

Als Rechtsfolge führt die in § 3a Abs. 5 Satz 2 EStG angeordnete entsprechende Anwendung des § 3a Abs. 3 EStG auch bei der unternehmerbezogenen Sanierung zu

Hinweis:

[i]Prüfschema unter NWB AAAAG-50151 aufrufbar Ein Prüfschema für den steuerfreien Sanierungsertrag nach § 3a und § 3c Abs. 4 EStG können Sie unter NWB AAAAG-50151 in der NWB Datenbank aufrufen.

3. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und rückwirkende Anwendung

a) Steuerbefreiung des Sanierungsertrags weder verfassungs- noch unionsrechtswidrig

[i]Steuerbefreiung als Subvention sachlich gerechtfertigt und daher sowohl verfassungsgemäß ...Als Ausnahme vom Prinzip der Gewinnrealisierung sind die § 3a und § 3c Abs. 4 EStG sowie die sie ergänzenden Regelungen im KStG und GewStG verfassungsgemäß. Da diese Vorschriften die Restrukturierung notleidender Unternehmen fördern und damit wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Ziele verfolgt werden, sind sie auch als Subventionsnormen sachlich gerechtfertigt. Dass die Steuerbefreiung nicht auch die privaten Einkünfte oder andere Sanierungsmaßnahmen, wie etwa direkte Zuschüsse, erfasst, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, weil diese Differenzierung auf sachlichen Gründen beruht (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz.  11 f., m. w. N.). S. 1242

[i]... als auch unionsrechtlich nicht zu beanstandenAuch unionsrechtlich ist das Sanierungsprivileg nicht zu beanstanden. Der X. Senat des BFH hatte bereits in seinem Vorlagebeschluss zum Großen Senat den mit der gesetzlichen Regelung weitgehend übereinstimmenden Sanierungserlass als vereinbar mit dem unionsrechtlichen Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV beurteilt und dies ausführlich begründet (, BStBl 2015 II S. 696). Die Bundesregierung hatte die Regelungen zum steuerfreien Sanierungsertrag zwar unter einen beihilferechtlichen Inkrafttretensvorbehalt gestellt und damit das unionsrechtliche Notifizierungsverfahren eingeleitet (Art. 6 Abs. 2 Lizenzschrankengesetz v. , BGBl 2017 I S. 2074). Dieses Verfahren hatte die EU-Kommission dann aber formlos durch einen sog. letter of comfort im Juli 2018 abgeschlossen. Dieses Dokument wurde allerdings durchaus kritisch beurteilt, weil einer solchen Einverständniserklärung keine Bindungswirkung zukommt und ein nationales Gericht daher durch Vorlage beim EuGH jederzeit eine europarechtliche Klärung herbeiführen könnte. Der Steuerpflichtige müsste sich dann auf den Vertrauensschutz berufen, den auch ein letter of comfort begründen dürfte (zum Vertrauensschutz nach Äußerungen der EU-Kommission zu beihilferechtlichen Fragen s. auch , NWB UAAAH-03387, Rz. 69 ff.).

b) Anwendungs- und Übergangsregelungen für Neu- und Altfälle

Die Anwendungs- und Übergangsregelungen zu § 3a EStG und den damit zusammenhängenden Vorschriften sind unbefriedigend und nur vor dem Hintergrund der Rechtsentwicklung der Steuerbefreiung zu verstehen. Nachdem der Gesetzgeber die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. ab 1998 aufgehoben hatte, erließ das BMF mit dem sog. Sanierungserlass eine Verwaltungsanordnung, die unter bestimmten Voraussetzungen einen Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen vorsah ( BStBl 2003 I S. 240), jedoch vom Großen Senat des BFH wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt beanstandet wurde (, BStBl 2017 II S. 393).

Nun hätten sich überhaupt keine Probleme ergeben, wenn der Gesetzgeber die Anwendung des § 3a EStG und der Folgeregelungen für alle noch offenen Fälle angeordnet hätte. Stattdessen aber wurde in § 52 Abs. 4a Satz 1 und Abs. 5 Satz 3 EStG sowie § 36 Abs. 2c GewStG festgelegt, dass die neuen Vorschriften der § 3a, § 3c Abs. 4 und § 7b GewStG auf alle Fälle anzuwenden sind, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem , dem Tag der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH, erlassen wurden. Nach § 52 Abs. 4a Satz 2 EStG gilt dies aber bei einem Schuldenerlass nach dem nicht, wenn die verwaltungsseitige Vertrauensschutzregelung anzuwenden ist. [i]Kanzler, NWB 10/2019 S. 626Nachdem der BFH durch mehrere Entscheidungen wiederholt und zu Recht die BMF-Schreiben zur Anwendung des Sanierungserlasses auf Altfälle für unverbindlich erklärt hatte (dazu Kanzler, FR 2018 S. 794, 796, m. w. N.), wurde durch das UStAVermG dem § 52 Abs. 4a EStG ein Satz 3 angefügt, wonach § 3a EStG auf Antrag des Steuerpflichtigen auch in den Fällen anzuwenden ist, in denen die Schulden vor dem erlassen wurden. [i]Behandlung der Altfälle immer noch problematisch, ...Für diese Fälle wurden auch das Betriebsausgabenabzugsverbot des § 3c Abs. 4 EStG erweitert und die entsprechenden Regelungen des KStG und des GewStG angepasst.

[i]... da zeitlicher Anwendungsbereich dreigeteiltDie durch § 52 Abs. 4a EStG geschaffene Rechtslage führt nun zu drei unterschiedlichen Rechtsfolgen für die noch offenen Fälle:

  • Schuldenerlass nach dem (§ 52 Abs. 4a Satz 1 EStG): Sanierungserträge, die nach dem anfallen, sind unter den Voraussetzungen des § 3a EStG zwingend steuerfrei zu stellen.

  • Schuldenerlass nach dem gemäß Sanierungserlass (§ 52 Abs. 4a Satz 2 EStG): Nach dieser Vorschrift gilt § 3a EStG nicht bei einem Schuldenerlass nach dem S. 1243, wenn auf Antrag des Steuerpflichtigen der Sanierungserlass aus Vertrauensschutzgründen anzuwenden ist. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll dem Steuerpflichtigen damit ein Wahlrecht zwischen der Anwendung des § 3a EStG und des möglicherweise vorteilhafteren Sanierungserlasses eingeräumt sein (BT-Drucks. 18/12128 S. 33). Ein solches Wahlrecht läuft aber ins Leere, weil der Sanierungserlass nach der Rechtsprechung des BFH keinen Vertrauensschutz erzeugen kann (s. zuletzt , NWB JAAAG-86022, und v.  - VIII B 124/17, NWB OAAAG-86778). Dies gilt auch für eine etwaige verbindliche Auskunft, deren Bindungswirkung nach § 2 Abs. 3 Steuer-Auskunftsverordnung v.  (BGBl 2007 I S. 2783) ab dem Zeitpunkt entfällt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden (gl. A. Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach [HHR], EStG, § 3a, Anm. 9).

  • Schuldenerlass vor dem für die sog. Altfälle (§ 52 Abs. 4a Satz 3 EStG): Bei einem Schuldenerlass vor dem ist § 3a EStG nur auf Antrag des Steuerpflichtigen anzuwenden. Da die Regelung des § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG erst geschaffen wurde, nachdem der BFH auch die vertrauensschützende Anwendung des Sanierungserlasses für Altfälle verworfen hatte (s. oben) und daher in dieser Vorschrift auch auf einen Bezug zum Sanierungserlass verzichtet wurde, kann dieses Wahlrecht nur auf die Alternative einer Anwendung oder Nichtanwendung des § 3a EStG, also Steuerbefreiung oder Besteuerung des Ertrags aus dem Schuldenerlass, gerichtet sein (gl. A. Hallerbach in HHR, EStG, § 3a, Anm. 9); nach a. A. eröffnet § 52 Abs. 4a Satz 3 EStG zwar ebenfalls ein Wahlrecht zwischen der Anwendung des § 3a EStG und dem Sanierungserlass, das aber nicht im finanzgerichtlichen Verfahren gelten soll (Eilers/Schwahn, Sanierungssteuerrecht, 2. Aufl. 2020, S. 41).

Hinweis:

Bei Schuldenerlass vor dem sollte der Steuerpflichtige für den Fall, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, stets den Antrag auf Anwendung des § 3a EStG stellen, weil ihm ansonsten der Verlust sowohl des Sanierungserlasses als auch der Steuerbefreiung drohen könnte. Das FG Münster hatte in dem Altfall einer unternehmerbezogenen Sanierung die Klage auf eine Billigkeitsmaßnahme nach dem Sanierungserlass abgewiesen, weil der auch rückwirkend anwendbare § 3a EStG kein Erlassverfahren eröffnet, sondern die Steuerbefreiung bereits im Wege des Festsetzungsverfahrens oder Feststellungsverfahrens vorsieht (, NWB ZAAAH-23197). S. 1244

Abb.: Anwendungsregelungen des § 52 Abs. 4a EStG

Die für die Praxis unbefriedigende Rechtslage begegnet nicht nur wegen der beharrlichen Beibehaltung des Sanierungserlasses verfassungsrechtlichen Zweifeln; die sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Rechtsfolgen verstoßen auch gegen das Gebot der Folgerichtigkeit. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH zur Unverbindlichkeit des Sanierungserlasses und seiner Folgeregelungen für Altfälle wäre es konsequent gewesen, auf die in § 52 Abs. 4a Satz 2 EStG vorgesehene Anwendung des Sanierungserlasses ganz zu verzichten und § 3a EStG in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

III. Die unternehmensbezogene Sanierung (§ 3a Abs. 1 bis 4 EStG)

1. Begriff des Sanierungsertrags und Anwendungsbereich der Steuerbefreiung

[i]Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen als Sanierungsertrag ...Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zweck einer unternehmensbezogenen Sanierung steuerfrei. Die beiden als Sanierungsertrag bezeichneten Tatbestandsvoraussetzungen „Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen“ verweisen auf den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung, der sich „unterschiedslos auf alle Unternehmen“ (BT-Drucks. 18/12128 S. 31) mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 5 EStG bezieht.

[i]... bei Betriebsvermögensvergleich, EÜR und DurchschnittssatzgewinnermittlungNeu gegenüber der Regelung in § 3 Nr. 66 EStG a. F. und dem Anwendungsbereich des Sanierungserlasses sind auch Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass steuerbefreit. Damit ist die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG in die Begünstigung einbezogen. Verbindlichkeiten kommt zwar für die Einnahmenüberschussrechnung keine Bedeutung zu, weil erst die Ausgaben erfasst werden. Erlässt der Gläubiger jedoch dem Steuerpflichtigen mit Einnahmenüberschussrechnung eine Verbindlichkeit, die sich auf die Anschaffung eines Anlageguts bezieht, ist der Wegfall der Verbindlichkeit als gewinnerhöhende Betriebseinnahme zu erfassen (s. etwa , BStBl 1973 II S. 51). Der Erlass anderer Verbindlichkeiten führt erst nach einem Übergang zum Bestandsvergleich zu einem Sanierungsgewinn (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 54). Da die Sondergewinne bei der Durchschnittssatzgewinnermittlung der Land- und Forstwirte nach § 13a Abs. 7 EStG zwingend nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln sind, gilt die Steuerbefreiung auch insoweit. Bei der Tonnagegewinnermittlung (§ 5a EStG) ist § 3a EStG allerdings nicht anwendbar, weil sich dort ein Schuldenerlass nicht gewinnerhöhend auswirkt.

[i]Anwendung auf die betrieblichen Einkunftsarten, die KSt und GewSt sowie auf ausländische GewinneAus der Definition des Sanierungsertrags als Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen folgt zugleich, dass die Steuerbefreiung nur auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft und selbständiger Arbeit anzuwenden ist. Damit ist § 3a EStG nicht – auch nicht analog – auf einen Sanierungserlass in anderen Einkunftsarten, etwa den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, anwendbar. Für Zwecke der Körperschaftsteuer gilt § 3a EStG über § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG unmittelbar; Anpassungsregelungen finden sich in § 8 Abs. 8 und 9, §§ 8c, 8d und § 15 KStG. Nach § 7b Abs. 1 GewStG sind die §§ 3a und 3c EStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden; Sonderregelungen dazu sind in § 7b Abs. 2 und 3 GewStG vorgesehen. Der Steuerbefreiung unterliegen auch ausländische Gewinne, soweit diese zu Zwecken der Besteuerung im Inland ermittelt werden. Ob danach ein zur Ausbuchung der Verbindlichkeit führender Forderungsverzicht vorliegt, ist nach ausländischem Recht zu beurteilen (gl. A. Hallerbach in HHR, EStG, § 3a, Anm. 10).

[i]Sanierungserträge bei MitunternehmerschaftenBei Mitunternehmerschaften entfällt der Sanierungsertrag entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die einzelnen Gesellschafter, so dass auch etwa bestehende negative Kapitalkonten der Kommanditisten durch den Gewinn aufgefüllt werden. Beim Wechsel der Gesellschafter ist der Ertrag aus einem Forderungsverzicht S. 1245der Gesellschaftsgläubiger dem Neugesellschafter zuzurechnen, wenn dieser nach den im konkreten Fall getroffenen Vereinbarungen die betreffenden Verbindlichkeiten anstelle des Altgesellschafters wirtschaftlich tragen sollte; bei davon abweichender Vereinbarung ist der Sanierungsertrag dem Altgesellschafter zuzurechnen, der durch den Schuldenerlass von seiner Haftung entbunden wird (, BStBl 2015 II S. 389). In diesem Fall ist die Steuerbefreiung aber zu versagen, weil es sich um eine unternehmerbezogene Sanierung handelt, die nur unter den engen Voraussetzungen des § 3a Abs. 5 EStG begünstigt ist. An einer unternehmensbezogenen Sanierung fehlt es auch, wenn nur eine einzige Verbindlichkeit im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters erlassen wird und die Gesellschaft selbst nicht sanierungsbedürftig ist (s. unten III, 5, a, cc).

2. Betrieblich begründeter Schuldenerlass

[i]Schuldenerlass durch Vertrag und im InsolvenzplanverfahrenDas Gesetz verwendet den Begriff des Schuldenerlasses, weil es um die Begünstigung des Schuldners geht. Aus der Sicht der Gläubiger handelt es sich um einen Forderungsverzicht. Beide Begriffe werden im Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen verwendet. Der den Sanierungsertrag bewirkende Schuldenerlass wird nach § 397 Abs. 1 BGB durch einen Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner gewährt ( NWB BAAAB-29655). Nach § 397 Abs. 2 BGB tritt die gleiche Wirkung ein, wenn der Gläubiger in Kenntnis des Bestehens der Schuld durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht besteht (, BStBl 1991 II S. 633). Steuerbegünstigt sind auch Gewinne aufgrund von Forderungsverzichten im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens (§§ 217 ff. InsO), das nicht auf die Zerschlagung des Unternehmens ausgerichtet ist (BT-Drucks. 18/12128 S. 31). Der Schuldenerlass kann nicht mit steuerlicher Rückwirkung vereinbart werden, so dass ein Sanierungsgewinn erst mit Vertragsabschluss oder nach Eintritt einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) entsteht (BR-Drucks. 59/1/17 S. 15). In dem Sanierungsverfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz treten die im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans festgelegten Wirkungen und damit auch der Schuldenerlass erst mit dessen mehrheitlicher Annahme (§§ 17 ff. StaRUG) oder gerichtlicher Bestätigung auf Antrag des Schuldners ein (§ 67 Abs. 1 StaRUG).

[i]Betrieblich begründeter Erlass schließt privat oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Forderungsverzichte ausDa es sich um den „betrieblich begründeten“ Erlass (§ 3a Abs. 2 EStG) einer betrieblichen Verbindlichkeit handeln muss, ist die Steuerbefreiung zu versagen, wenn der Forderungsverzicht privat oder bei einer Mitunternehmerschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Nur der sanierungsbedingte Forderungsverzicht eines Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft aus eigenbetrieblichem Interesse – etwa im Rahmen eines allgemeinen Gläubigerakkords – führt zu einem steuerpflichtigen Sanierungsertrag hinsichtlich des nicht werthaltigen Teils der Forderung. Dieser Gewinn ist entweder allen Gesellschaftern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel oder nur dem verzichtenden Gesellschafter zuzurechnen (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 70, m. w. N.). Bei einem gesellschaftlich veranlassten Forderungsverzicht, der immer dann anzunehmen ist, wenn die übrigen Gläubiger der sanierungsbedürftigen Gesellschaft einen Forderungsverzicht nicht ausgesprochen haben, entsteht kein Sanierungsgewinn (gl. A. Desens, FR 2017 S. 981, 983).

[i]Forderungsverzicht durch GmbH-GesellschafterAuch bei einem Forderungsverzicht durch den Gesellschafter einer GmbH gegenüber der Gesellschaft liegt ein begünstigter Sanierungsgewinn nur vor, wenn der Verzicht eigenbetrieblich − und nicht gesellschaftsrechtlich − veranlasst ist. Von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ist auszugehen, wenn das Darlehen von vornherein als sog. Finanzplandarlehen ausgereicht wurde. Abweichend hiervon kann es sich bei einem Gläubigerakkord unabhängig von der Art des Darlehens um einen S. 1246begünstigten Sanierungsgewinn handeln, weil sich der Gesellschafter in diesem Fall wie ein fremder Dritter verhält; sein Verzicht ist damit betrieblich veranlasst, kann jedoch unter den weiteren Voraussetzungen des § 17 EStG zu nachträglichen Anschaffungskosten führen (zum Ganzen NWB EAAAH-02111, noch zum Sanierungserlass).

[i]MaßnahmenbündelBeruht ein Sanierungsplan auf einem Bündel unterschiedlicher Maßnahmen, ist für jede einzelne zu prüfen, ob es sich um einen betrieblich veranlassten Schuldenerlass handelt, der auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 3a EStG erfüllt (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 67).

3. Schuldenerlass „zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung“ (§ 3a Abs. 1 Satz 1 EStG)

[i]SanierungsabsichtNach dem Gesetz muss der Schuldenerlass „zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung“ erfolgen. Diese als „Sanierungsabsicht“ bezeichnete Voraussetzung war bereits in § 3 Nr. 66 EStG a. F. enthalten und ließ sich – anders als die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungseignung – unmittelbar dem Gesetz entnehmen. Inzwischen sind alle diese Sanierungsvoraussetzungen in § 3a Abs. 2 EStG ausdrücklich aufgeführt, werden aber nicht definiert. Der Schuldenerlass muss einer unternehmensbezogenen Sanierung dienen. Wann diese im Unterschied zur unternehmerbezogenen Sanierung vorliegt, ist ebenfalls in § 3a Abs. 2 EStG geregelt.

4. Einzelfälle begünstigter und nicht begünstigter Sanierungsmaßnahmen

a) Arten des Schuldenerlasses

[i]Bestehende VerbindlichkeitenGegenstand des Schuldenerlasses sind bestehende Verbindlichkeiten. Bezieht sich der Erlass aber auf künftige Forderungen, entsteht keine Verbindlichkeit, die passiviert und alsdann unter Realisierung eines steuerfreien Sanierungsgewinns ausgebucht werden könnte (, NWB EAAAD-90735, m. w. N.). Die Rechtsprechung hat daher zwar den Erlass bereits aufgelaufener Zinsen, nicht aber die Ermäßigung des Zinssatzes für die Zukunft als steuerbegünstigte Sanierungsmaßnahme angesehen (, NWB ZAAAB-34821, m. w. N.).

Praxishinweis:

Als Ausweg bietet sich ein Teilerlass der Hauptschuld bei unveränderter Verzinsung des Restbetrags an (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 78).

[i]Künftige VerbindlichkeitenDer Erlass künftiger Verbindlichkeiten wirkt sich jedoch unmittelbar auf den Gewinn aus, wenn hierfür Rückstellungen (z. B. Pensionsrückstellungen) gebildet wurden und diese sanierungsbedingt ganz oder teilweise aufgelöst werden. § 3a EStG erfasst auch diesen für die Praxis wichtigen Fall (, BStBl 1993 II S. 804, zu § 3 Nr. 66 EStG a. F., allerdings die Sanierungsbedürftigkeit ablehnend).

[i]Erlass mit BesserungsverpflichtungDer Erlass mit Besserungsverpflichtung ist im Zweifel als sofort wirkender Schuldenerlass begünstigt und daher vom Rangrücktritt zu unterscheiden (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 80, m. w. N.). Bei Eintritt des Besserungsfalls entsteht dann eine neue Verbindlichkeit für den Schuldner, weil die Forderung „wieder auflebt“ ( IVa ZR 196/82, NJW 1984 S. 2762). Auch Schuldumwandlungen des Inhalts, dass die Schuld nur aus künftigen Gewinnen getilgt werden soll, sind gewinnwirksam; die Verbindlichkeit ist nicht mehr zu passivieren (, BStBl 1981 II S. 164, unter C.I.5.). Im Ergebnis besteht daher kein Unterschied zum Erlass mit Besserungsverpflichtung.

[i]Erlass öffentlich-rechtlicher VerbindlichkeitenBegünstigt sind auch Sanierungserträge infolge des Erlasses öffentlich-rechtlicher Verbindlichkeiten (s. nur , NWB FAAAB-34122, S. 1247m. w. N.). Ein solcher Erlass erfolgt meist durch Verwaltungsakt, kann aber auch Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Vertrags sein (§ 54 VwVfG). In diesem Zusammenhang kann auch der Erlass von Steuerschulden im Rahmen eines allgemeinen Gläubigerakkords zu einem steuerfreien Sanierungsertrag führen (, BStBl 1964 III S. 434, m. w. N.).

[i]Debt Buy BackDer Rückkauf von Darlehensforderungen (sog. Debt Buy Back) durch den Schuldner führt zwar zur Konfusion und damit nicht zu einem Schuldenerlass (, NWB BAAAB-29655, s. Urteilsgründe unter 3. b). Bei einem Rückkauf unter dem Nennwert entsteht jedoch in Höhe der Differenz zwischen Kaufpreis und passiviertem Wert der Verbindlichkeit ein Ertrag, der auf einem teilweisen Verzicht des Gläubigers auf die Darlehensrückzahlung beruht. Sind die übrigen Voraussetzungen des § 3a EStG erfüllt, kann auch insoweit ein steuerfreier Sanierungsgewinn vorliegen (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 82; Desens, FR 2017 S. 981, 983, jeweils m. w. N).

b) Nicht begünstigte Sanierungsmaßnahmen

[i]Forst/Hanneweber/Schaaf in Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 2166, NWB BAAAG-89759 Zur Sanierung eines überschuldeten Unternehmens können die Gläubiger in unterschiedlicher Weise beitragen. Sie können auf ihnen zustehende Forderungen verzichten, die Erfüllung von Ansprüchen stunden, Zuschüsse gewähren, eigene Ansprüche aus schwebenden Verträgen herabsetzen oder die eigenen Leistungen aus solchen Verträgen erhöhen (ausführlich zu den einzelnen Sanierungsmaßnahmen Forst/Hanneweber/Schaaf in Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 2166 ff.). Alle diese Maßnahmen können auch Teil eines einheitlichen Sanierungskonzepts sein und früher oder später zu Vermögensmehrungen für den Schuldner führen. Da nach dem Gesetz aber nur der Erlass bereits zugunsten des Gläubigers bestehender Ansprüche begünstigt ist, sind die unterschiedlichen Maßnahmen voneinander abzugrenzen.

Nach zutreffender Auffassung zu § 3 Nr. 66 EStG a. F. konnte das Sanierungsprivileg nicht auf andere Sanierungsmaßnahmen ausgedehnt werden (, BStBl 1985 II S. 365). Da die ausschließliche Begünstigung des Schuldenerlasses auf sachlichen Gründen beruht (s. oben III, 1), kann auch für § 3a EStG nichts anderes gelten.

[i]Maßnahmen ohne Erlöschen des SchuldverhältnissesEin begünstigter Schuldenerlass liegt daher nur dann vor, wenn die Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner das Erlöschen oder Teilerlöschen des Schuldverhältnisses zum Gegenstand hat. Daran fehlt es bei den folgenden Sanierungsmaßnahmen:

  • Aufrechnung gegen die Forderung eines Gläubigers ist kein begünstigter Schuldenerlass (, EFG 1998 S. 996, rkr., beiläufig).

  • [i]Debt Equity SwapDie Umwandlung einer Gläubigerforderung in Beteiligungskapital (sog. Debt Equity Swap) ist kein Schuldenerlass. Mit der Forderung wird eine Einlage erbracht. Für die Gesellschaft kann sich allerdings ein Gewinn ergeben, wenn die Forderung unter ihrem Nennwert angerechnet wird oder nicht mehr werthaltig war (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 85, m. w. N.; s. auch NWB EAAAH-02111 unter „Gewinne aus Dept-to-Equity-Swap-Gestaltungen“ sic! richtig: „Debt“).

    Hinweis:

    Die InsO sieht seit dem ESUG in § 225a Abs. 2 InsO u. a. ausdrücklich die Möglichkeit eines Debt Equity Swaps auch im Insolvenzverfahren vor. Danach kann im Insolvenzplan festgelegt werden, Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umzuwandeln. Dies erfordert die Zustimmung der Gläubiger, lässt jedoch Eingriffe in die Rechte der Altgesellschafter auch gegen deren Willen zu. Diese Sanierungsmöglichkeiten sind nach § 7 Abs. 4 StaRUG auch im S. 1248Restrukturierungsverfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz anwendbar (ausführlich dazu BT-Drucks. 19/24181 S. 113).

  • [i]Debt Mezzazine SwapDebt Mezzazine Swap: Bei dieser auch als Debt Hybrid Swap bezeichneten Maßnahme zum Zwecke der Sanierung und der Verbesserung der Bilanzstruktur werden Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft in Genussrechte umgewandelt, die handelsrechtlich als Eigenkapital, steuerlich jedoch als Fremdkapital behandelt werden. Da mit dieser Alternative zum Debt-to-Equity-Swap gerade ein Sanierungsertrag steuerlich vermieden werden soll (s. nur Forst/Hanneweber/Schaaf in Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 2189), findet § 3a EStG keine Anwendung. Zu dieser Sanierungspraxis auch v. Wolfersdorff in Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 5189.

  • [i]Debt Push UpDebt Push Up (auch Debt Hive Up oder Debt Pull Up): Im Unterschied zum Debt Equity Swap werden bei dieser Form der Schuldübernahme hier nicht eigene, sondern fremde Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft zur Erhöhung des Eigenkapitals eingesetzt. Der Debt Push Up kann steuerneutral strukturiert werden. Die Werthaltigkeit der notleidenden Forderung spielt dabei keine Rolle (dazu v. Wolfersdorff in Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 5151).

    Hinweis:

    Solvente Altgesellschafter übernehmen unter sofortigem und unbedingtem Regressanspruch die fremde Forderung gegen die Schuldnergesellschaft und erhöhen damit das Eigenkapital dieser Gesellschaft. Im Gegensatz zum Debt Equity Swap erlischt die Schuld beim Debt Push Up nicht, sondern wird lediglich auf eine höhere Gesellschafterebene transferiert. Die Verbindlichkeit ist von der Gesellschaft auszubuchen und gewinnneutral mit dem zu aktivierenden Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter infolge der Schuldübernahme aufzurechnen (, NWB FAAAA-68081).

  • Freistellung von einer Verpflichtung im Rahmen eines Leistungsaustauschs ist kein Schuldenerlass (, BStBl 1991 II S. 633, zu § 3 Nr. 66 EStG a. F.).

  • Konfusion: Die Vereinigung von Forderung und Schuld durch Schuldübernahme in einer Person ist kein Schuldenerlass (, NWB BAAAB-29655, zu § 3c EStG; anders aber beim Rückkauf einer Forderung unter dem Nennwert s. oben III, 4, a zum Debt Buy Back), der im Umfang des Forderungsverzichts zu einem Sanierungsgewinn führt.

  • [i]LeistungsverweigerungsrechtLeistungsverweigerungsrechte, die der Schuldner gegenüber seinen Gläubigern im Hinblick auf seine Zahlungsunfähigkeit geltend macht, sind kein Schuldenerlass. Das gilt etwa für die einseitige Herabsetzung von Pensionsansprüchen durch den Arbeitgeber. Vereinbaren Schuldner und Gläubiger allerdings eine Herabsetzung oder den Wegfall der Ansprüche, handelt es sich um einen Forderungsverzicht, der nach § 3a EStG begünstigt sein kann (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 85).

  • [i]StillhalteabkommenPactum de non petendo: Ein bloßes Stillhalteabkommen ändert nichts am Bestand der Forderung und gleicht einer Stundung (, BStBl 1998 II S. 307, s. Urteilsgründe unter C.II.5); ein zeitlich unbegrenzter Verzicht kommt allerdings einem Schulderlass gleich.

  • [i]PreiserhöhungenPreiserhöhungen, die der Gläubiger einem notleidenden Schuldner im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses zugesteht, führen nicht zu einem begünstigten Sanierungsertrag (, BStBl 1985 II S. 365); es handelt sich um verdeckte Zuschüsse (s. auch „Zuschüsse“).

  • [i]Einfacher und qualifizierter RangrücktrittRangrücktrittsvereinbarungen: Die Abrede, als Gesellschafter oder Drittgläubiger erst nach anderen Gläubigern befriedigt zu werden, ist kein Schuldenerlass. Da die Forderung bestehen bleibt, entsteht daraus für den Schuldner kein Gewinn (ständige Rechtsprechung, s. nur , BStBl 1968 II S. 720; S. 1249v.  - X R 4/15, BStBl 2017 II S. 786; s. auch BStBl 2006 I S. 497).

    [i]Kanzler, NWB 50/2020 S. 3680, NWB RAAAH-66128 Eine Rangrücktrittserklärung, die die Erfüllung der Verpflichtung nicht nur aus zukünftigen Gewinnen und Einnahmen, sondern auch aus „sonstigem freien Vermögen“ vorsieht, löst selbst dann weder handels- noch steuerbilanziell ein Passivierungsverbot aus, wenn der Schuldner ohne operative Geschäftstätigkeit aus der Sicht des Bilanzstichtags nicht in der Lage ist, freies Vermögen zu schaffen, und sein Vermögen voraussichtlich nicht belastet wird (, NWB RAAAH-65571). Das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG steht dem nur entgegen, wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf Einnahmen oder Gewinne als künftige Vermögenswerte bezieht (, BStBl 2019 II S. 803, und v.  - XI R 32/18, NWB RAAAH-65571, jeweils m. w. N.; a. A. Weber-Grellet, FR 2021 S. 172).

    Unterliegt die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen allerdings denselben Voraussetzungen wie die Rückzahlung von Eigenkapital (qualifizierter Rangrücktritt), entsteht für den Schuldner Eigenkapital, die Verbindlichkeit ist auszubuchen (, BStBl 2012 II S. 332) und ein begünstigter Schuldenerlass zu bejahen (i. E. KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 85, m. w. N.).

  • Schuldübernahme: s. „Debt Equity Swap“, „Debt Push Up“, „Konfusion“.

  • [i]StundungStundung einer Forderung führt nicht zu einem Schuldenerlass. Aus einer zinslosen Stundung können sich früher oder später Vermögensmehrungen für den Schuldner ergeben. Nach dem Gesetz begünstigt ist jedoch allein der Schuldenerlass bereits zugunsten des Gläubigers bestehender Ansprüche (, BStBl 1985 II S. 365).

  • [i]Vertragsaufhebungen oder -änderungenVertragsaufhebungen oder -änderungen: Die Aufhebung oder Änderung eines für den Schuldner nachteiligen Liefervertrags führt nicht zu einem Schuldenerlass.

  • [i]WarenlieferungenWarenlieferungen: Sanierungsleistungen durch unentgeltliche oder verbilligte Lieferung von Waren sind nicht steuerbefreit (, BStBl 1985 II S. 365; v.  - I R 41/88, NWB BAAAB-33014); wie bei Preiserhöhungen handelt es sich um einen verdeckten Zuschuss. Der Erlass bereits aufgelaufener Warenverbindlichkeiten ist allerdings ein begünstigter Schuldenerlass (beiläufig BFH I R 41/88).

  • [i]Zuschüsse (ohne Aussicht auf Gegenleistung)Zuschüsse des Gläubigers (oder eines Dritten) à fonds perdu bewirken zwar eine Vermögensmehrung oder sind Betriebseinnahmen, sind aber kein Schuldenerlass und daher nicht begünstigt (, BStBl 1985 II S. 365; v.  - IV R 71/92, NWB ZAAAB-34821). Die Begünstigung entfällt auch, wenn Zuschüsse verdeckt durch günstige Liefer- oder Abnahmepreise gewährt werden (s. „Preiserhöhungen“, „Warenlieferungen“).

    Praxishinweis:

    Gewährt der Gläubiger anstelle des Zuschusses dem Schuldner zunächst ein Darlehen und verzichtet später auf den Rückzahlungsanspruch, kann es sich um einen Forderungsverzicht bzw. Schuldenerlass handeln, soweit § 42 AO nicht anwendbar ist. Wurde das Darlehen bereits sanierungsbedingt gewährt und erkennt der Gläubiger später, dass sich die wirtschaftliche Lage des Schuldners verschlechtert hat, folgt der Forderungsverzicht als weitere angemessene und wirtschaftlich begründete Sanierungsmaßnahme.

5. Vier Tatbestandsvoraussetzungen der unternehmensbezogenen Sanierung (§ 3a Abs. 2 EStG)

[i]Alle Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt werdenDie Tatbestandsvoraussetzungen der Sanierungsbedürftigkeit, -fähigkeit, -eignung und -absicht werden anders als nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. erstmals als Rechtsbegriffe in § 3a Abs. 2 EStG aufgeführt, ohne allerdings näher erläutert zu werden. Da diese Begriffe zur S. 1250Anwendung der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. von RFH und BFH entwickelt und später in den Sanierungserlass ( BStBl 2003 I S. 240) übernommen wurden, kann die dazu ergangene Rechtsprechung auch zur Auslegung des § 3a Abs. 2 EStG herangezogen werden. Alle vier Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt des Schuldenerlasses durch Insolvenzvergleich oder Vereinbarung der Sanierungsmaßnahme, also gleichzeitig, vorliegen und nachgewiesen werden (BT-Drucks. 18/12128 S. 31). Fehlt nur eine der Voraussetzungen, ist die Steuerbefreiung abzulehnen. Nach § 8 Abs. 9 Satz 9 Halbsatz 2 KStG ist § 3a Abs. 2 EStG „für die Kapitalgesellschaft anzuwenden“.

a) Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens
aa) Einzelunternehmer

[i]ExistenzbedrohungBei einem Einzelunternehmer liegt die nach § 3a Abs. 2 EStG erforderliche Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens ebenso wie bei einer Kapitalgesellschaft vor, wenn die Existenz des Unternehmens infolge der Überschuldung derart bedroht ist, dass es ohne den Schuldenerlass nicht ertragbringend weitergeführt werden kann (, BStBl 2014 II S. 572). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung maßgebend waren ferner die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d. h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast und die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens (, BStBl 2017 II S. 393, Rz. 62, m. w. N.).

bb) Mehrere selbständige Betriebe

[i]Gesamtheit der BetriebeUnterhält ein Unternehmer mehrere selbständige Betriebe, soll die Sanierungsbedürftigkeit nach der Gesamtheit der Betriebe beurteilt werden (, BStBl 1964 III S. 122; v.  - I 375/60 U, BStBl 1964 III S. 128). Daraus kann aber nicht gefolgert werden, es müssten sämtliche Betriebe sanierungsbedürftig sein, denn der Sanierungsertrag fällt nur in dem sanierungsbedürftigen Betrieb an und erhöht nur dessen Gewinn (so wohl , BStBl 1985 II S. 501); man hat nur zu prüfen, was die übrigen Betriebe zur Sanierung beitragen können (so KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 111). Bei einem Einzelunternehmen ist zudem die Höhe des Privatvermögens des Betriebsinhabers in die Beurteilung einzubeziehen (, BStBl 2014 II S. 572).

cc) Mitunternehmerschaften

[i]Verhältnisse der GesellschaftBei einer Mitunternehmerschaft ist auf die Verhältnisse der Gesellschaft abzustellen. Deshalb führt der Erlass von Schulden aus dem Bereich des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters nur dann zu einem steuerfreien Sanierungsgewinn, wenn die Gesellschaft auch selbst sanierungsbedürftig ist (s. nur , BStBl 1997 II S. 690; v.  - VIII R 43/99, NWB OAAAA-66218) oder ohne den Schuldenerlass selbst sanierungsbedürftig würde (, BStBl 1998 II S. 537, m. w. N.).

Hinweis:

Erfasst der Schuldenerlass gleichermaßen Verbindlichkeiten im Gesamthands- und im Sonderbetriebsvermögen, liegt insgesamt eine unternehmensbezogene Sanierung vor, weil das Sonderbetriebsvermögen dem Betrieb der Mitunternehmerschaft dient. Eine nicht begünstigte unternehmerbezogene Sanierung wäre allenfalls anzunehmen, wenn der Mitunternehmer sein Sonderbetriebsvermögen aufgibt und S. 1251ausscheidet, ohne dass die Voraussetzungen des § 3a Abs. 5 EStG vorlägen (wohl a. A. Seer in Kirchhof, EStG, 20. Aufl. 2021, Rz. 26).

Bei Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit einer Personengesellschaft ist zudem das Privatvermögen des persönlich haftenden Gesellschafters zu berücksichtigen (, BStBl 2004 II S. 9).

dd) Strategische Insolvenz

[i]Neues Restrukturierungsverfahren verdrängt strategische InsolvenzAuch in Fällen der Einleitung einer strategischen Insolvenz (dazu etwa Seibt/Bulgrin, ZIP 2017 S. 353) ist die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens zu prüfen und nur zu bejahen, wenn die Existenz des Unternehmens infolge der Überschuldung derart bedroht ist, dass es ohne den Schuldenerlass nicht ertragbringend weitergeführt werden kann (i. E. KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 112). Das als strategische Insolvenz bezeichnete freiwillig eingeleitete Insolvenzplanverfahren zur Unternehmenssanierung nach dem ESUG wird jedoch vor dem Hintergrund des neuen Restrukturierungsverfahrens nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) aller Voraussicht nach in seiner Bedeutung abnehmen.

b) Sanierungsfähigkeit des Unternehmens

[i]Wiederherstellung der ErtragsfähigkeitEin Unternehmen ist sanierungsfähig, wenn der Schuldenerlass geeignet ist, sein Überleben zu sichern und seine Ertragsfähigkeit wieder herzustellen (, BStBl 1972 II S. 531); die Sanierungsfähigkeit muss objektiv gegeben sein (, BStBl 2014 II S. 572, Rz. 28, m. w. N.). [i]Kanzler, NWB 30/2017 S. 2260Die Prüfung erstreckt sich insoweit auf die Ertragslage und die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens, die Möglichkeiten zur Zahlung von Steuern und sonstiger Schulden, d. h. das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast und die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens (, BStBl 1964 III S. 128, m. w. N. zur Rechtsprechung des RFH; Kanzler, NWB 30/2017 S. 2260, 2267).

c) Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses

[i]Prognose im Zeitpunkt des SchuldenerlassesStehen Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit fest, ist in einem weiteren Schritt konkret zu prüfen, ob der Schuldenerlass objektiv geeignet ist − ggf. gemeinsam mit anderen Maßnahmen −, das Überleben des Unternehmens herbeizuführen (, BStBl 2014 II S. 572, m. w. N.). Für diese Prognose ist entscheidend, ob die Sanierung im Zeitpunkt des Schuldenerlasses möglich ist (, NWB NAAAB-28802), denn nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhindern könnten, rechtfertigen keine andere Beurteilung (, NWB RAAAB-33736). Als ungeeignet wurden aber Maßnahmen angesehen, die von vornherein erkennbar nicht ausreichten, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (, BStBl 1970 II S. 518; v.  - VIII R 30/66, BStBl 1972 II S. 531).

Daher ist auch zu untersuchen, welche Zahlungsverpflichtungen das Unternehmen im Zeitpunkt des Schuldenerlasses hat, wie weit diese Verpflichtungen aus dem laufenden Geschäft erfüllt werden können und ob nach Fortfall der erlassenen Schulden die Zahlungsfähigkeit als gesichert angesehen werden kann. Zu den Zahlungsverpflichtungen gehören danach auch Tilgungsleistungen für verbliebene Verbindlichkeiten, denn wenn die voraussichtlich erzielbaren Erträge nicht zur Erbringung dieser Leistungen ausreichen würden, träte erneut Zahlungsunfähigkeit ein (, NWB VAAAA-63239). S. 1252

d) Sanierungsabsicht der Gläubiger

[i]Sanierungsabsicht bei Gläubigerakkord zu unterstellenDas in § 3a Abs. 2 EStG aufgeführte Erfordernis einer Sanierungsabsicht der Gläubiger ergibt sich bereits aus der Formulierung in § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach der Schuldenerlass „zum Zwecke einer [...] Sanierung“ erfolgen muss. Eine ausschließliche Sanierungsabsicht ist nicht erforderlich. Daher sind eigennützige Motive des Gläubigers, wie etwa die Rettung eines Teils der Restforderung oder der Erhalt von Geschäftsverbindungen, unschädlich, sofern die Sanierungsabsicht mitentscheidend war (, BStBl 1998 II S. 537). An die Sanierungsabsicht sind keine strengen Anforderungen zu stellen (KKB/Kanzler, § 3a EStG Rz. 115). Denn beteiligen sich mehrere Gläubiger an einem Schuldenerlass (sog. Gläubigerakkord), kann in der Regel die Sanierungsabsicht unterstellt werden (, BStBl 1990 II S. 810, m. w. N.). Nur wenn ein einzelner Gläubiger die Schuld erlässt, ist die Sanierungsabsicht konkret zu prüfen (, NWB FAAAB-34122, m. w. N.).

e) Die Sanierungsvoraussetzungen nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz

[i]Alle vier Sanierungsvoraussetzungen im Verfahren nach dem StaRUG zu bejahen, ...Überprüft man die vier Sanierungsvoraussetzungen des § 3a Abs. 2 EStG für die Steuerbefreiung des Schuldenerlasses anhand der einzelnen Regelungen des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes, ist von der Sanierungsbedürftigkeit eines Unternehmens spätestens dann auszugehen, wenn der Schuldner einen Restrukturierungsplan erstellt und zur Annahme durch die Planbetroffenen angeboten hat (§§ 2 ff. StaRUG und §§ 17 ff. StaRUG).

Die Sanierungsfähigkeit des betrieblich begründeten Schuldenerlasses könnte zwar mit dessen Restrukturierungsfähigkeit gleichgesetzt werden. Die mit der Überschrift „Restrukturierungsfähigkeit“ versehene Vorschrift des § 30 StaRUG regelt jedoch nur den persönlichen Anwendungsbereich des Restrukturierungsverfahrens. Von der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens kann in diesem Verfahren aber ausgegangen werden, wenn der nach Maßgabe der §§ 5 ff. StaRUG erstellte Restrukturierungsplan von den Beteiligten akzeptiert oder vom Restrukturierungsgericht bestätigt wurde (§ 60 StaRUG).

[i]... wenn Restrukturierungsplan angenommen oder gerichtlich bestätigt wurdeDie Prognose zur Sanierungseignung des Schuldenerlasses lässt sich ebenfalls aus dem Restrukturierungsplan ableiten. Dieser Plan enthält in seinem darstellenden Teil u. a. die Angaben zu den Krisenursachen und den zur Krisenbewältigung vorzunehmenden Maßnahmen (§ 6 StaRUG). In der Regel wird der Schuldenerlass nur ein Teil eines Maßnahmenbündels sein. In diesem Fall muss die Feststellung genügen, dass der Restrukturierungsplan nicht ohne den Schuldenerlass umzusetzen wäre. Die privatautonom bewirkte Annahme oder die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans ist im Übrigen auch ein Indiz für die Sanierungsabsicht der planbetroffenen Gläubiger. Die darauf gründende Vermutung einer Sanierungsabsicht der Gläubiger wird nicht dadurch infrage gestellt, dass einzelne Gläubiger nicht auf ihre Forderungen verzichtet haben, ein allgemeiner Gläubigerakkord also nicht zustande gekommen ist. Denn nach § 67 Abs. 1 StaRUG treten mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen auch im Verhältnis zu den Planbetroffenen ein, die gegen den Plan gestimmt oder die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, obgleich sie ordnungsgemäß an dem Abstimmungsverfahren beteiligt worden sind.

[wird fortgesetzt]

Fundstelle(n):
NWB 2021 Seite 1235 - 1252
NWB QAAAH-76794