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Grundlagen - Stand: 06.09.2021

Betriebsvorrichtungen

Dr. Pascal Schäfer-Elmayer und Rita Stolz

A. Problemanalyse

I. Einleitung und Abgrenzungsnotwendigkeit

1Betriebsvorrichtungen werden als „Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören” definiert (§ 68 BewG). Diese relativ unbestimmte Definition wird durch eine Fülle von Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechungen mit Leben gefüllt. Grundsätzlich gilt als Abgrenzung der zivilrechtliche Gebäudebegriff. Sofern ein Wirtschaftsgut sämtliche zivilrechtlichen Merkmale eines Gebäudes erfüllt, liegt keine Betriebsvorrichtung vor. Dies lässt aber keinesfalls den Umkehrschluss zu, dass grds. immer dann eine Betriebsvorrichtung vorliegt, wenn nicht alle Merkmale des Gebäudebegriffs erfüllt sind. Vielmehr muss dann geprüft werden, ob es sich handelt um

  • einen Gebäudebestandteil,

  • eine Außenanlage,

  • eine Betriebsvorrichtung oder

  • ein sonstiges bewegliches Wirtschaftsgut.

Nur wenn ein Gewerbe mit der jeweiligen Vorrichtung unmittelbar betrieben wird, liegt eine Betriebsvorrichtung vor.

Hinweis

Die Begriffe Grundvermögen, Grundstück, Grund und Boden werden umgangssprachlich häufig als Synonym verwendet. Inhaltlich richtig ist jedoch wie folgt zu differenzieren:

  • Grundvermögen umfasst die Bestandteile Grund und Boden, Gebäude, sonstige Bestandteile und das Zubehör (§ 68 BewG).

  • Der Grund und Boden ist also lediglich einer der Bestandteile des Grundvermögens.

  • Grundstücke sind die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens (§ 70 BewG).

2Sofern ein physisch vorhandenes Wirtschaftsgut zu qualifizieren ist, das in irgendeiner Art mit dem Gebäude verbunden ist, lässt sich grds. das nachfolgende Schema zur ersten Grobabgrenzung nutzen, welches im Wesentlichen aus dem Abgrenzungserlass abgeleitet ist. Die Gliederung des vorliegenden Beitrags orientiert sich ebenfalls an diesem Schema.

3-4 Einstweilen frei

II. Bedeutung und Notwendigkeit der Abgrenzung

1. Erbschaftsteuer
5Bewertungsmethode

Die Bedeutung der Abgrenzung von Betriebsvorrichtungen hat seit der Erbschaftsteuerreform 2008 zwar abgenommen, weil Grundbesitz nunmehr mit realitätsnäheren Werten als zuvor angesetzt wird. Dennoch besteht auch heute noch Unterscheidungsbedarf, der sich im Wesentlichen aus der unterschiedlichen Bewertungsmethodik ergibt (Grundbesitz mit den Werten gem. §§ 157 BewG ff.).

6Begünstigung

Daneben besteht weiterer Unterscheidungsbedarf aus den Spezialvorschriften zum Betriebsvermögen. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke zählen zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 ErbStG). Bei der Prüfung, ob das Verwaltungsvermögen eines Betriebs oder einer Gesellschaft mehr als 50 % des Vermögens ausmacht (§ 13b Abs. 2 ErbStG), kann die Abgrenzung von Grundstück und Betriebsvorrichtung im Einzelfall von Bedeutung sein (insbesondere natürlich, wenn die Betriebsvorrichtung nicht nur von untergeordnetem Wert ist). Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur teilweisen Verfassungswidrigkeit des derzeitigen Erbschaftsteuerrechts auf diese Thematik auswirken wird.

2. Gewerbesteuer
a) Hinzurechnungen von Miet- und Pachtentgelten

7Die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen von den Grundstücken hat zum einen materielle Auswirkungen auf die Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag. So differenziert der prozentuale Betrag der Hinzurechnungen bei Miet- und Pachtzinsen danach, ob bewegliche oder unbewegliche Wirtschaftsgüter gemietet oder gepachtet werden (derzeit ein Viertel von einem Fünftel der Miet- oder Pachtzinsen bei beweglichen Wirtschaftsgütern und ein Viertel der Hälfte der Miet- oder Pachtzinsen bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern, vgl. § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG). Da Betriebsvorrichtungen als bewegliche Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sind, ist der Anteil der Hinzurechnung geringer als bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Sofern ein Grundstück samt Betriebsvorrichtungen zu einem einheitlichen Entgelt vermietet wird, hat eine Aufteilung zu erfolgen.

Praxistipp

Fraglich ist, wie eine Aufteilung des Miet- oder Pachtentgelts (dies gilt auch für Leasingraten) in Entgelt für die Nutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern erfolgen soll. So werden beispielsweise häufiger Betriebsvorrichtungen im Rahmen einer Grundstücksvermietung mitvermietet. Denkbar ist z. B. die Mitvermietung eines Lastenaufzugs in einem Lagergebäude. Sofern in einem gemischten Miet- und Pachtvertrag das Gesamtentgelt auf bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter aufgeteilt wurde, ist hierauf wohl auch für die Zwecke des § 8 Nr. 1 GewStG abzustellen. Sofern keine vertragliche Aufteilung erfolgt ist, sollte die Aufteilung im Wege einer sachgerechten Schätzung vorzunehmen sein. Die für die Schätzung maßgeblichen Anhaltspunkte sollten dann sorgfältig dokumentiert werden.

8 Einstweilen frei

b) Einheitswertkürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG)

9Bei den Kürzungsvorschriften ist die Abgrenzung zunächst bei der sogenannten Einheitswertkürzung von Relevanz (§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG; Kürzung des Gewerbeertrags um 1,2 % des maßgeblichen Einheitswerts bzw. ab Erhebungszeitraum 2025 0,11 % des Grundsteuerwerts), weil der Wert der Betriebsvorrichtungen nicht in die Einheitswertermittlung einbezogen wird (vgl. den Wortlaut des § 68 BewG).

c) Erweiterte Grundstückskürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG)
10Bedeutung

In der Praxis hat die Abgrenzung aber vor allem für die sog. erweiterte Grundstückskürzung erhebliche Bedeutung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG). Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern, können auf Antrag anstelle der Einheitswertkürzung den Gewerbeertrag um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

11Mitvermietung von Betriebsvermögen

Der reine Gesetzeswortlaut („ausschließlich”) deutet daraufhin, dass jegliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen für das Wahlrecht zur erweiterten Grundstückskürzung schädlich sein könnte. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung soll eine Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen allerdings unschädlich sein, wenn sie

  • als zwingend notwendiger Teil („unentbehrlich”) einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung anzusehen ist und

  • in quantitativer Hinsicht nicht den Rahmen eines unbedeutenden Hilfsgeschäfts überschreitet.

Hierzu zählt beispielsweise der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen für Mieter und von notwendigen Sondereinrichtungen im Rahmen der allgemeinen Wohnungsbewirtschaftung, etwa die Unterhaltung von zentralen Heizungsanlagen, Gartenanlagen und ähnlichem.

12Enger funktionaler Zusammenhang

In einem BFH-Urteilssachverhalt war ein Silogebäude nach seiner funktionalen Ausrichtung ohne die im Streitfall mitvermieteten Betriebsvorrichtungen (Elevatoren, Regler, Kühlgebläse und Temperaturfühler) nicht sinnvoll nutzbar. Insoweit standen diese Betriebsvorrichtungen in einem so engen funktionalen Zusammenhang mit dem vermieteten Grundvermögen, dass eine getrennte Nutzung nicht möglich war. Die funktionale Ausrichtung der speziell im Streitfall vermieteten Betriebsvorrichtungen rechtfertigte es, diese als Grundstücksverwaltung i. S. von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzuordnen.

13Keine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze

Eine darüber hinausgehende Mitvermietung von nicht fest mit dem Grundstück verbundenen Betriebsvorrichtungen schließt die Kürzung regelmäßig aus. Daneben schließt auch eine nur geringfügige Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, die sich weder auf dem vermieteten Grundstück befinden, noch einen funktionalen Zusammenhang mit diesem aufweisen, die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung aus. Eine allgemeine Geringfügigkeitsgrenze für eine nicht zwingend notwendige Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen besteht bis einschließlich Erhebungszeitraum 2020 nach mittlerweile wohl ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht. Die damit einhergehenden praktischen Probleme in der Vermietungstätigkeit werden ab dem Erhebungszeitraum 2021 durch Einführung nachfolgender Bagatellregelungen abgemildert. Bestimmte, nachfolgend beschriebene, Nebentätigkeiten sind danach doch unschädlich für die erweiterte Grundstückskürzung, wenn:

  • die Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (vor allem wohl Photovoltaikanlagen) an Mieter und Energieversorgungsunternehmen nicht 10 % der Mieteinnahmen übersteigen,

  • die Einnahmen aus der Lieferung von Strom über Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder- fahrräder nicht 10 % der Mieteinnahmen übersteigen,

  • die Einnahmen aus anderen Vertragsverhältnissen mit Mietern, also auch die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen und Einrichtungsgegenständen, nicht 5 % der Mieteinnahmen übersteigen.

Sofern die genannten Bagatellgrenzen überschritten werden, ist das Betreiben einer Photovoltaikanlage oder eines Blockheizkraftwerks schädlich für die erweiterte Grundstückskürzung, wenn mit der Einspeisung von Strom in das Stromnetz der Betreiber am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt und damit die Grenze der unschädlichen Grundstücks- und Vermögensverwaltung überschreitet.

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