IFRS 10 B13

Anhang B: Anwendungsleitlinien

Dieser Anhang ist integraler Bestandteil des IFRS. Er erläutert die Anwendung der Paragraphen 1–33 und hat die gleiche bindende Kraft wie die anderen Teile des IFRS.

Beurteilung, ob Beherrschung vorliegt

Maßgebliche Tätigkeiten und Lenkung der maßgeblichen Tätigkeiten

B13

In einigen Fällen können Tätigkeiten sowohl vor als auch nach dem Eintreten besonderer Umstände oder eines bestimmten Ereignisses maßgebliche Tätigkeiten sein. Verfügen zwei oder mehr Investoren über die gegenwärtige Fähigkeit, die maßgeblichen Tätigkeiten zu lenken, und finden diese Tätigkeiten zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt, müssen die Investoren bestimmen, wer von ihnen die Fähigkeit zur Lenkung derjenigen Tätigkeiten besitzt, die diese Renditen am signifikantesten beeinflussen. Dies muss mit der Behandlung gleichzeitiger Entscheidungsbefugnisse übereinstimmen (siehe Paragraph 13). Wenn sich relevante Fakten oder Umstände im Laufe der Zeit ändern, müssen die Investoren diese Beurteilung im Laufe der Zeit erneut überprüfen.

Anwendungsbeispiele

Beispiel 1

Zwei Investoren gründen ein Beteiligungsunternehmen für die Entwicklung und Vermarktung eines medizinischen Produkts. Der eine Investor ist für die Entwicklung und Einholung der aufsichtsbehördlichen Zulassung des medizinischen Produkts verantwortlich. Zu dieser Verantwortung gehört die einseitige Fähigkeit, alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Produktentwicklung und aufsichtsrechtlichen Zulassung zu treffen. Sobald das Produkt von der Aufsichtsbehörde zugelassen wird, übernimmt der andere Investor seine Herstellung und Vermarktung – dieser Investor besitzt die einseitige Fähigkeit, alle Entscheidungen über die Herstellung und Vermarktung des Projekts zu treffen. Wenn alle Tätigkeiten – d. h. sowohl die Entwicklung und die Einholung der aufsichtsbehördlichen Zulassung als auch die Herstellung und Vermarktung des medizinischen Produkts – maßgebliche Tätigkeiten sind, muss jeder Investor feststellen, ob er die Fähigkeit zur Lenkung derjenigen Tätigkeiten hat, die die Renditen des Beteiligungsunternehmens am signifikantesten beeinflussen. Dementsprechend muss jeder Investor beurteilen, ob die Entwicklung und die Einholung der aufsichtsbehördlichen Zulassung oder die Herstellung und Vermarktung des medizinischen Produkts die Tätigkeit mit dem signifikantesten Einfluss auf die Rendite des Beteiligungsunternehmens ist, und ob er in der Lage ist, diese Tätigkeit zu lenken. Bei der Bestimmung, welcher Investor Verfügungsgewalt hat, würden die Investoren Folgendes berücksichtigen:

(a)

den Zweck und die Ausgestaltung des Beteiligungsunternehmens,

(b)

die Faktoren, die für die Gewinnmarge, die Umsatzerlöse und den Wert des Beteiligungsunternehmens sowie den Wert des medizinischen Produkts ausschlaggebend sind,

(c)

die Auswirkungen der Entscheidungsbefugnisse der einzelnen Investoren bezüglich der unter b genannten Faktoren auf die Rendite des Beteiligungsunternehmens und

(d)

den Umfang, in dem die Investoren dem Risiko schwankender Renditen ausgesetzt sind.

In diesem konkreten Beispiel würden die Investoren zudem Folgendes berücksichtigen:

(e)

die Unsicherheit, ob die aufsichtsbehördliche Zulassung erteilt wird, und den damit verbundenen erforderlichen Aufwand (unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen des Investors mit der erfolgreichen Entwicklung medizinischer Produkte und der Einholung der erforderlichen aufsichtsbehördlichen Zulassung) und

(f)

welcher Investor nach dem erfolgreichen Abschluss der Entwicklungsphase die Verfügungsmacht über das medizinische Produkt besitzt.

Beispiel 2

Es wird eine Investmentgesellschaft (das Beteiligungsunternehmen) gegründet, die mit einem von einem Investor gehaltenen Schuldinstrument (Schuldinstrument-Investor) und den von einer Reihe anderer Investoren gehaltenen Eigenkapitalinstrumenten finanziert wird. Die Eigenkapitaltranche ist so ausgelegt, dass die ersten Verluste aufgefangen werden und eine etwaige verbleibende Rendite des Beteiligungsunternehmens ihr zufließt. Einer der Eigenkapitalinvestoren, der 30 Prozent des Eigenkapitals hält, ist zugleich der Vermögensverwalter. Das Beteiligungsunternehmen erwirbt mit seinen Mitteln ein Portfolio von finanziellen Vermögenswerten und setzt sich damit dem Ausfallrisiko aus, das mit dem möglichen Ausfall der Tilgungs- und Zinszahlungen auf die Vermögenswerte verbunden ist. Die Transaktion wird an den Schuldinstrument-Investor als eine Anlage vermarktet, die aufgrund der Art dieser Vermögenswerte und weil die Eigenkapitaltranche die ersten Verluste des Beteiligungsunternehmens auffängt, nur mit einem minimalen Ausfallrisiko für die Vermögenswerte im Portfolio behaftet ist. Die Rendite des Beteiligungsunternehmens wird durch die Verwaltung seines Vermögensportfolios signifikant beeinflusst. Hierzu gehören Entscheidungen über Auswahl, Erwerb und Veräußerung der Vermögenswerte nach den Portfolio-Richtlinien sowie die Vorgehensweise bei Ausfall von Vermögenswerten des Portfolios. All diese Tätigkeiten werden vom Vermögensverwalter ausgeübt, bis die Ausfälle einen bestimmten Anteil des Portfoliowerts erreichen (d. h. wenn der Wert des Portfolios so weit gesunken ist, dass die Eigenkapitaltranche des Beteiligungsunternehmen verbraucht ist). Ab diesem Zeitpunkt werden die Vermögenswerte von einem fremden Treuhänder nach den Weisungen des Schuldinstrument-Investors verwaltet. Die maßgebliche Tätigkeit des Beteiligungsunternehmens ist die Verwaltung seines Portfolios an Vermögenswerten. Der Vermögensverwalter kann die maßgeblichen Tätigkeiten so lange lenken, bis die ausgefallenen Vermögenswerte den festgelegten Anteil am Portfoliowert erreicht haben. Der Schuldinstrument-Investor kann die maßgeblichen Tätigkeiten ab dem Augenblick lenken, in dem der Wert der ausgefallenen Vermögenswerte diesen festgelegten Anteil am Portfoliowert übersteigt. Der Vermögensverwalter und der Schuldtitelinvestor müssen jeweils ermitteln, ob sie in der Lage sind, die Tätigkeiten mit dem signifikantesten Einfluss auf die Rendite des Beteiligungsunternehmens zu lenken. Hierbei sind auch der Zweck und die Ausgestaltung des Beteiligungsunternehmens sowie der Umfang, in dem jede Partei dem Risiko schwankender Renditen ausgesetzt ist, zu berücksichtigen.

Fundstelle(n):
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AAAAE-26071