BMF - IV B 5 - S 1340/23/10001 :001 BStBl 2023 I Sondernummer 1/2023 S. 2

Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes

Als Anlage übersende ich die Neufassung der Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes.

Dieses Schreiben wird nebst Anlage im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Ab sofort steht es für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) zur Verfügung.

Anlage 1

Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes

Die Vorschriften des Außensteuergesetzes wurden durch das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz) vom (BGBl 2021 I S. 2035, BStBl 2021 I S. 874) weitgehend geändert. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des Außensteuergesetzes in der ab geltenden Fassung Folgendes:

Abkürzungsverzeichnis


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a. a. O.
am angeführten Ort
ABl
Amtsblatt (der Europäischen Union)
AG
Aktiengesellschaft
Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom – ABl. L 193 vom , S. 1 (Anti-Steuervermeidungsrichtlinie)
ATADUmsG
Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz)
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BFH
Bundesfinanzhof
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BMF
Bundeministerium der Finanzen
BR-Drs.
Bundesratsdrucksache
bspw.
beispielsweise
BStBl
Bundessteuerblatt
BT-Drs.
Bundestagsdrucksache
bzw.
beziehungsweise
d. h.
das heißt
DBA
Doppelbesteuerungsabkommen
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz
EU
Europäische Union
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
f. / ff.
folgende
gem.
gemäß
ggf.
gegebenenfalls
i. d. R.
in der Regel
i. V. m.
in Verbindung mit
KG
Kommanditgesellschaft
o. ä.
oder ähnlich
OECD-Musterabkommen 2017 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
RFH
Reichsfinanzhof
Rn.
Randnummer
RStBl
Reichssteuerblatt
S.
Seite
sog.
sogenannte / sogenanntes / sogenannter / sogenannten
Tz.
Textziffer
Tzn.
Textziffern
u. U.
unter Umständen
vgl.
vergleiche
WJ
Wirtschaftsjahr
z. B.
zum Beispiel
zzgl.
zuzüglich

0 Verhältnis des AStG zu anderen steuerlichen Vorschriften

1Das AStG tritt ergänzend zu den Bestimmungen hinzu, die in der AO und den anderen Steuergesetzen die Besteuerung von Auslandsbeziehungen regeln. Die DBA stehen der Anwendung des AStG nicht entgegen (vgl. Tz. 20).

1 Internationale Verflechtungen

2Zu den Grundsätzen für die Korrektur von Einkünften gem. § 1 AStG vgl. Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise, BStBl 2023 I S. 1093.

2 Wohnsitzwechsel in niedrig besteuernde Gebiete

2.0 Anwendungsbereich

2.0.1 Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

3Die §§ 2, 4 und 5 AStG erweitern die beschränkte Steuerpflicht für Personen, die ihren Wohnsitz in niedrig besteuernde ausländische Gebiete verlegt haben oder wegziehen, ohne in einem ausländischen Gebiet ansässig zu werden, und nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig sind.

4Wer die persönlichen Voraussetzungen des § 2 AStG erfüllt (vgl. Tz. 2.1), ist im Jahr der Beendigung seiner unbeschränkten Steuerpflicht und während der folgenden zehn Jahre erweitert beschränkt einkommensteuerpflichtig, solange er während dieses Zeitraums

  1. in einem ausländischen Gebiet ansässig ist und dort nicht oder nur niedrig besteuert wird oder in keinem ausländischen Gebiet ansässig ist (§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG, Tzn. 2.1.2 und 2.2) und

  2. wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hat (§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG, Tz. 2.3).

5Solange in diesem Zeitraum die Voraussetzungen der oben genannten Nummern 1 und 2 nicht gegeben sind, verbleibt es ggf. bei der beschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 4 EStG. Beschränkte und erweiterte beschränkte Steuerpflicht können auch wechseln, z. B. wenn ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz zunächst in ein nicht niedrig besteuerndes Gebiet und später von dort aus in ein niedrig besteuerndes Gebiet verlegt.

6Erweitert beschränkt Steuerpflichtige unterliegen ab dem Veranlagungszeitraum 1995 auch der Abgabepflicht nach dem SolZG2 Nummer 2 i. V. m. § 6 Absatz 1 SolZG 1995).

2.0.2 Auswirkungen der DBA
2.0.2.1 Allgemeines

7DBA gehen § 2 AStG vor (§ 2 Absatz 1 AO). Solange der Steuerpflichtige in einem Staat oder Gebiet ansässig ist, mit dem ein DBA besteht, gilt Folgendes:

  1. Einkünfte, für die nach dem DBA dem anderen Staat oder Gebiet (Ansässigkeitsstaat) das ausschließliche Besteuerungsrecht zusteht, sind auch bei der erweiterten beschränkten Steuerpflicht (unter Progressionsvorbehalt gem. § 2 Absatz 5 AStG) von der Besteuerung auszunehmen.

  2. Begrenzt das DBA die deutsche Steuerberechtigung für bestimmte Einkünfte auf einen Höchstsatz (z. B. bei Dividenden), darf auch bei der erweiterten beschränkten Steuerpflicht die Steuer von diesen Einkünften nur bis zu dieser Grenze erhoben werden.

  3. Wird nach dem DBA die deutsche Steuerberechtigung nicht begrenzt (z. B. Einkünfte aus einer im Inland belegenen Betriebsstätte oder Einkünfte aus im Inland belegenem unbeweglichen Vermögen), bemisst sich der Steuersatz für die erweitert beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte auch in diesen Fällen grundsätzlich nach dem Welteinkommen.

Beispiel:

Ein Steuerpflichtiger verlegt seinen Wohnsitz in einen niedrig besteuernden DBA-Staat, unterhält aber weiterhin eine gewerbliche Betriebsstätte im Inland.

Die Voraussetzungen für eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht liegen vor. Nach dem Unternehmensgewinn-Artikel dieses DBA hat Deutschland ein Besteuerungsrecht für die Betriebsstätteneinkünfte. Bei der Bestimmung des auf die Betriebsstätteneinkünfte anzuwendenden Steuersatzes sind sämtliche Einkünfte des Steuerpflichtigen zugrunde zu legen (§ 2 Absatz 5 Satz 1 AStG), mit Ausnahme der Kapitaleinkünfte, die dem gesonderten Steuersatz nach § 32d Absatz 1 EStG unterliegen (vgl. Rn. 40).

8Es ist stets zu prüfen, ob der Steuerpflichtige tatsächlich abkommensberechtigt ist, insbesondere, ob er in dem betreffenden Staat im Sinne des DBA ansässig ist. Zweifel können im Auskunftsverfahren (vgl. Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen vom , BStBl 2019 I S. 480), ggf. im Verständigungsverfahren (vgl. Merkblatt zu internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren (Streitbeilegungsverfahren) auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom , BStBl 2021 I S. 1495) geklärt werden.

2.0.2.2 DBA-Schweiz

9Bei erweitert beschränkt Steuerpflichtigen, die in der Schweiz ansässig sind, können in dem Jahr, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Absatz 1 EStG endet, und in den folgenden fünf Jahren inländische Einkünfte und im Inland belegenes Vermögen – ungeachtet der Bestimmungen des DBA-Schweiz – nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts besteuert werden (Artikel 4 Absatz 4 DBA-Schweiz). Dies gilt nicht bei natürlichen Personen, die im Sinne des Artikels 4 Absatz 4 letzter Satz DBA-Schweiz ein Arbeitsverhältnis in der Schweiz unterhalten oder als Grenzgänger (Artikel 15a DBA-Schweiz) wegen Heirat mit einem oder einer Schweizer Staatsangehörigen in die Schweiz gezogen sind (Verständigungsregelung mit der Schweiz; vgl. BStBl 1994 I S. 683, Tz. 41). Eine in der Schweiz während des vorgenannten Zeitraums erhobene Steuer ist nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 4 DBA-Schweiz auf die Steuer anzurechnen, die über die Steuer hinaus erhoben wird, die ohne Anwendung des Artikels 4 Absatz 4 festzusetzen gewesen wäre. Für die Anwendung von § 2 AStG gilt insoweit Rn. 7 Nummer 3.

10Nach Artikel 4 Absatz 6 DBA-Schweiz gilt eine natürliche Person, die nach den Bestimmungen des Artikels 4 Absatz 1 bis 5 dieses Abkommens in der Schweiz ansässig wäre, nicht als „in der Schweiz ansässig“, wenn sie dort nicht mit allen nach dem Steuerrecht der Schweiz allgemein steuerpflichtigen Einkünften aus Deutschland den allgemein erhobenen Steuern unterliegt („Vorzugsbesteuerung“). Das Abkommen ist daher auf eine solche Person nicht anzuwenden. In der Folge ergeben sich aus Artikel 4 Absatz 6 DBA-Schweiz keine Einschränkungen für die Anwendung des § 2 AStG.

2.0.2.3 DBA-Italien

11Nach Nummer 17 des Protokolls zu Artikel 24 und 6 bis 22 DBA-Italien 1989 können bei deutschen Staatsangehörigen, die der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 AStG unterliegen, inländische Einkünfte und im Inland belegenes Vermögen unabhängig vom DBA nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts besteuert werden. Eine zeitliche Begrenzung besteht – abweichend von der vergleichbaren Regelung des DBA-Schweiz – nicht. Eine in Italien auf diese Einkünfte erhobene Steuer ist in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Steuer anzurechnen. Die Anrechnung erfolgt jedoch insoweit nicht, als die deutsche Steuer nach den allgemeinen Regelungen des DBA erhoben werden könnte.

12Die in Italien erhobene Einkommensteuer stellt für die Anwendung des § 2 AStG keine niedrige Besteuerung im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 1 AStG dar. Das gilt jedoch nicht für Personen, die nur mit den Einkünften aus italienischen Quellen besteuert werden.

2.0.3 Verhältnis zu § 10 StAbwG

13Die Regelungen des § 10 StAbwG können neben der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 AStG grundsätzlich anwendbar sein. § 2 Absatz 5 Satz 2 AStG ist allerdings auch in den Fällen einer parallelen Anwendbarkeit des § 10 StAbwG für Einkünfte zu beachten, die hiernach dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen (vgl. Rn. 36).

Beispiel:

Der in einer Steueroase ansässige A, der die Voraussetzung des § 2 Absatz 1 AStG erfüllt, gibt dem in Deutschland ansässigen B ein unbesichertes Darlehen, für das jährlich 1.000 € Zinsen gezahlt werden. B macht die Zinszahlung als Betriebsausgaben geltend.

Die Zinsen stellen bei A Einkünfte nach § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG dar, die als Zusatzeinkünfte (vgl. Tz. 2.1.4) von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 AStG erfasst sind. Zugleich unterfallen die Zinsen § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 StAbwG, als nach StAbwG beschränkt steuerpflichtige Einkünfte des A. B hat insoweit einen Steuerabzug nach § 10 Absatz 2 StAbwG i. V. m. § 50a EStG in Höhe von 15 Prozent = 150 € vorzunehmen. Über § 2 Absatz 5 Satz 2 AStG ist der vorzunehmende Steuerabzug nach § 10 StAbwG allerdings nicht abgeltend. Vielmehr sind die Zinsen in die Veranlagung zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht einzubeziehen und unterliegen dort dem besonderen Steuertarif nach § 32d Absatz 1 EStG in Höhe von 25 Prozent = 250 €. Die einbehaltenen 150 € sind hierauf anzurechnen.

2.1 Persönliche Voraussetzungen, Umfang der Steuerpflicht und Freigrenze

2.1.1 Unbeschränkte Steuerpflicht

14Zu den (notwendigen) persönlichen Voraussetzungen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht gehört, dass die natürliche Person in den letzten zehn Jahren vor Ende ihrer unbeschränkten Steuerpflicht als Deutsche / Deutscher insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war. Die maßgebenden Zeiträume sind nach § 108 AO i. V. m. §§ 187 ff. BGB zu berechnen. Es ist nur eine unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen; eine unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne des § 1 Absatz 2 oder 3 oder des § 1a Absatz 1 Nummer 2 EStG ist unbeachtlich.

15Im Einzelnen ist Folgendes zu beachten:

  1. War die natürliche Person während des maßgebenden Zehnjahreszeitraums mehrere Male im Inland unbeschränkt steuerpflichtig, sind die Zeiträume zusammenzurechnen, in denen eine unbeschränkte Steuerpflicht bestand. Inlandsaufenthalte, die die unbeschränkte Steuerpflicht nicht begründeten (z. B. weil sie nicht länger als sechs Monate dauerten, weil sie Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken dienten oder weil die natürliche Person diplomatische oder sonstige völkerrechtliche Privilegien genoss), sind nicht mitzuzählen. Andererseits sind kurzfristige Unterbrechungen eines Inlandsaufenthalts nicht abzuziehen.

  2. Deutscher ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder zu den in Artikel 116 Absatz 1 GG genannten Flüchtlingen, Vertriebenen und deren Angehörigen zählt. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die natürliche Person gleichzeitig die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzt oder besaß. Es ist unerheblich, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben hat, nachdem sie während des maßgeblichen Zehnjahreszeitraums als Deutsche / Deutscher fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war.

  3. Verlegt eine natürliche Person ihren Wohnsitz mehrmals vom Inland in das Ausland und von dort in das Inland zurück, so ist bei jeder Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht zu prüfen, ob die persönlichen Voraussetzungen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach den für diesen Wohnsitzwechsel maßgeblichen Verhältnissen gegeben sind.

2.1.2 Ansässigkeit

16Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht setzt zudem voraus, dass die natürliche Person

  1. nur in niedrig besteuernden ausländischen Gebieten ansässig ist oder

  2. in keinem ausländischen Gebiet ansässig ist (z. B. weil sie ihren Aufenthalt ständig wechselt).

17Ansässig ist die natürliche Person in solchen Gebieten, in denen sie aufgrund eines Wohnsitzes, eines gewöhnlichen Aufenthalts oder eines anderen ähnlichen Merkmals nach dortigem Recht steuerpflichtig ist. Sofern die natürliche Person nicht nach Maßgabe des § 90 Absatz 2 AO darlegt, dass sie in dieser Weise in einem Gebiet steuerpflichtig ist, ist davon auszugehen, dass sie in keinem Gebiet ansässig ist.

2.1.3 Ehegatten

18Die beschränkte Steuerpflicht bezieht sich auf die einzelne natürliche Person. Daher sind Ehegatten einzeln zu veranlagen, es sei denn, es handelt sich um einen Fall im Sinne der Rn. 45 Satz 4. Es ist stets für jeden von ihnen gesondert zu ermitteln, ob die Voraussetzungen für die erweiterte beschränkte Steuerpflicht gegeben sind.

2.1.4 Umfang der erweiterten beschränkten Steuerpflicht

19Die erweiterte beschränkte Einkommensteuerpflicht erstreckt sich über die in § 49 EStG genannten Einkünfte hinaus auf alle anderen Einkünfte der natürlichen Person, die nicht ausländische Einkünfte nach § 34d EStG sind (sog. erweiterte Inlandseinkünfte; vgl. , BStBl II 2010 S. 398). Anhand der Einkünftekataloge in § 49 EStG und § 34d EStG wird definiert, welche Einkünfte in den Anwendungsbereich des § 2 AStG fallen. Zu den erweiterten Inlandseinkünften gehören zunächst sämtliche in § 49 EStG aufgezählten Inlandseinkünfte. Von den übrigen Einkünften werden außerdem alle Einkünfte einbezogen, die nicht in § 34d EStG als ausländische Einkünfte genannt sind (sog. Zusatzeinkünfte). Solche Zusatzeinkünfte sind insbesondere:

  1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 und 16 EStG), die keiner inländischen Betriebsstätte und lediglich (mangels Existenz betriebsstättenloser gewerblicher Einkünfte) einer im ausländischen Staat gelegenen bloßen Geschäftsleitungsbetriebsstätte zuzurechnen sind, z. B. Entgelte für Werbeauftritte im Inland von nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Künstlern und Sportlern; für solche Fälle fingiert § 2 Absatz 1 Satz 2 AStG die Existenz einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte der natürlichen Person im Inland, der solche Einkünfte zuzurechnen sind – Einkünfte, die durch eine inländische Betriebsstätte erzielt werden, unterfallen bereits § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a EStG;

  2. Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 EStG)

    1. im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG, wenn der Schuldner weder Wohnsitz, Geschäftsleitung noch Sitz in einem ausländischen Staat hat (keine Doppelansässigkeit) und das Kapitalvermögen weder durch inländischen noch ausländischen Grundbesitz gesichert ist; hierunter fallen z. B. Zinsen aus einem Festgeld- oder Tagesgeldkonto bei einer deutschen Bank oder aus einem an einen Inländer ausgegebenen Privatdarlehen ohne Besicherung – Einkünfte aus Kapitalvermögen, die durch inländischen Grundbesitz gesichert sind, unterfallen bereits § 49 Absatz 1 Nummer 5 EStG oder

    2. im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG, es sei denn, sie fallen unter § 34d Nummer 6 EStG;

  3. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 EStG i. V. m. § 22 Nummer 2 EStG, wenn die veräußerten Wirtschaftsgüter nicht in einem ausländischen Staat belegen sind und es sich nicht um ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Absatz 1 Nummer 1 EStG handelt (bereits von § 49 Absatz 1 Nummer 8 EStG erfasst); hierunter fallen z. B. Gewinne aus der Veräußerung von im Inland belegenen beweglichen Wirtschaftsgütern innerhalb eines Jahres seit Anschaffung;

  4. Einkünfte, die dem Steuerpflichtigen nach § 5 AStG (siehe § 2 Absatz 4 AStG) zuzurechnen sind.

2.1.5 Freigrenze

20Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht kommt trotz Vorliegens der in Tz. 2.0.1 angeführten Voraussetzungen für solche Veranlagungszeiträume nicht zur Anwendung, in denen die insgesamt beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte 16.500 € nicht übersteigen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sind hiermit die tatsächlich steuerpflichtigen Einkünfte gemeint.

Abgeltend besteuerte Einkünfte sind somit einzubeziehen. Insbesondere steuerfrei bleibende Veräußerungsgewinne, mit Ausnahme der nach § 16 Absatz 4 EStG befreiten Gewinne (§ 50 Absatz 1 Satz 4 EStG), nach einem DBA oder dem Auslandstätigkeitserlass von der Besteuerung auszunehmende Einkünfte sowie steuerfreie Einnahmen und nicht abzugsfähige Ausgaben (z. B. nach § 3c EStG) sind daher nicht zu den insgesamt steuerpflichtigen Einkünften zu zählen. Die auf Antrag nach § 50 Absatz 3 EStG abziehbaren Steuern sind bei der Ermittlung der insgesamt beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte zu berücksichtigen.

21Ein Verlustausgleich zwischen positiven und negativen inländischen Einkünften ist insoweit zu berücksichtigen.

22Die Freigrenze steht jedem Ehegatten zu; sie kann, falls ein Ehegatte sie nicht ausschöpft, nicht auf den anderen übertragen werden.

2.2 Niedrige Besteuerung

23Unabhängig davon, ob ein Gebiet als sog. Steueroase bekannt ist, besteuert ein ausländisches Gebiet niedrig, wenn eine der beiden nachstehend bezeichneten Voraussetzungen gegeben ist:

  1. Das ausländische Gebiet erhebt von einer unverheirateten Person bei einem Einkommen in Höhe von 77.000 € eine Einkommensteuer, die um mehr als ein Drittel geringer ist als die deutsche Einkommensteuer (vgl. § 2 Absatz 2 Nummer 1 AStG). Nach dem Stand von 2021 trifft dies bei einem ausländischen Steuersatz von weniger als 20,08 Prozent zu. Der Betrag in Höhe von 77.000 € ist für den Steuerbelastungsvergleich nach dem Kurs am Anfang eines Jahres in die maßgebliche ausländische Währung umzurechnen. Auf unwiderruflichen Antrag der natürlichen Person kann auch der Jahresdurchschnittskurs für die Umrechnung zugrunde gelegt werden. Für den Ausnahmefall einer Zusammenveranlagung von Ehegatten (Rn. 45 Satz 4) kann dieses Wahlrecht von den Ehegatten nur einheitlich ausgeübt werden, wenn in einem solchen Fall beide Ehegatten die übrigen Voraussetzungen für die Anwendung des § 2 AStG erfüllen. Die tariflichen Besonderheiten, die sich aus einer bestimmten Zusammensetzung des Einkommens ergeben können (z. B. bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften nach § 32d Absatz 1 EStG), sind nur bei dem Nachweis, dass eine niedrige Besteuerung nicht vorliegt (§ 2 Absatz 2 Nummer 1 Alternative 2 AStG), bei der Vergleichsberechnung zu berücksichtigen.

    Bei der in dem ausländischen Gebiet erhobenen Einkommensteuer sind die von dem ausländischen Staat oder seinen politischen Untergliederungen erhobenen Steuern vom Einkommen zu berücksichtigen. Zur deutschen Einkommensteuer zählt nicht der Solidaritätszuschlag (vgl. das zur Ergänzungsabgabe ergangene , BStBl II 1989 S. 365). Heranzuziehen ist der ausländische Steuertarif des zu beurteilenden Veranlagungszeitraums.

  2. In dem ausländischen Gebiet kann der natürlichen Person eine wesentliche Vorzugsbesteuerung gewährt werden (vgl. § 2 Absatz 2 Nummer 2 AStG). Dies ist z. B. gegeben, wenn dort

    • Einkünfte von aus dem Ausland zuziehenden Personen einkommensteuerfrei sind;

    • Steuervergünstigungen (z. B. Besteuerung aufgrund ihres Verbrauchs, begünstigende Steuerverträge, Erlasse oder Steuerstundungen ohne Rücksicht auf die steuerliche Leistungsfähigkeit) erlangt werden können oder

    • die Einkünfte aus den im Inland verbliebenen Wirtschaftsinteressen gegenüber anderen Einkünften bevorzugt besteuert werden.

Es genügt, wenn die in Nummer 2 genannten Vorteile für wesentliche Teile des Einkommens gewährt werden.

Eine Vorzugsbesteuerung liegt auch vor, wenn der ausländische Staat, in dem die natürliche Person ansässig ist, nach seinem Rechtssystem gegenüber der allgemeinen Besteuerung eine Vorzugsbesteuerung einräumt, ohne dass es darauf ankommt, dass der jeweils betroffenen Person diese Vorzugsbesteuerung auch tatsächlich gewährt wird oder von Rechts wegen gewährt werden kann. Unterliegen nach dem Steuerrecht eines ausländischen Staates bei allen in seinem Gebiet ansässigen Personen die aus dem Ausland stammenden Einkünfte nicht der Besteuerung (sog. Territorialitätsprinzip), so ist hierin keine gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumte Vorzugsbesteuerung zu sehen. Das Gleiche kann gelten, wenn aus dem Ausland stammende Einkünfte allgemein, ohne weitere an die Ansässigkeit anknüpfende Voraussetzungen, nur besteuert werden, soweit sie in den Staat der Ansässigkeit überwiesen werden (Besteuerung auf der sog. Remittance-Basis). Dagegen kann auch in Staaten, die die Besteuerung nach dem Territorialitätsprinzip bzw. nach der sog. Remittance-Basis durchführen, eine gegenüber der allgemeinen Besteuerung eingeräumte Vorzugsbesteuerung nicht ausgeschlossen werden.

Eine wesentliche Vorzugsbesteuerung liegt daher vor, wenn die Besteuerung nach der sog. Remittance-Basis von besonderen, an die Ansässigkeit anknüpfenden Voraussetzungen abhängig ist, z. B. bei Auslandseinkünften eines in Großbritannien ansässigen Ausländers, der zwar im Vereinigten Königreich ansässig („resident“) ist, jedoch nicht über ein britisches „domicile“ verfügt.

Die Finanzverwaltung kann zur Prüfung, ob eine niedrige Besteuerung im Sinne von § 2 Absatz 2 AStG vorliegt, die Vorlage von Steuererklärungen, ausländischen Steuerbescheiden oder vergleichbaren Beweismitteln verlangen (§ 90 Absatz 2 AO). Dies gilt auch für den Steuerbelastungsvergleich nach § 2 Absatz 2 Nummer 1 AStG.

24Verbleiben Zweifel, ob ein Gebiet mit niedriger Besteuerung im Sinne des § 2 Absatz 2 Nummer 1 und 2 AStG vorliegt, trifft das Bundeszentralamt für Steuern auf Anfrage der zuständigen Finanzbehörde die erforderlichen Feststellungen.

25Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der Rn. 23 liegt keine niedrige Besteuerung vor, wenn die natürliche Person nachweist, dass die bei deutscher beschränkter Steuerpflicht vom Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern mindestens zwei Drittel der Einkommensteuer betragen, die sie bei unbeschränkter Steuerpflicht zu entrichten hätte. Hierbei ist Folgendes zu beachten:

  1. Unter den bei deutscher beschränkter Steuerpflicht vom Einkommen insgesamt zu entrichtenden Steuern sind sowohl die Einkommensteuern, die in Deutschland, als auch die Einkommensteuern, die im Ansässigkeitsstaat oder in Drittstaaten zu entrichten sind, zu verstehen (Ist-Besteuerung). Dazu zählen alle in dem ausländischen Gebiet von Gebietskörperschaften auf der Grundlage des Einkommens erhobenen Steuern. Das gilt insbesondere für föderativ gegliederte Staaten, in denen mehrere Gebietskörperschaften steuerberechtigt sind (, BStBl II 1989 S. 365). Auch die nach dem Einkommen bemessene schweizerische Kirchensteuer zählt dazu.

  2. Bei der Ermittlung der gesamten (deutschen und ausländischen) Einkommensteuer, die bei unbeschränkter Steuerpflicht zu entrichten wäre, sind fiktive Steuerberechnungen durchzuführen. Knüpfen bei der Ermittlung der deutschen Einkommensteuer Regelungen des innerstaatlichen deutschen Steuerrechts als Tatbestandsvoraussetzung ausdrücklich an das Inland an (Ehegattensplitting, Freibeträge nach § 32 Absatz 6 EStG, Pflege-Pauschbetrag), ist für Zwecke der Ermittlung der bei unbeschränkter Steuerpflicht zu entrichtenden Einkommensteuer von dem Sachverhalt auszugehen, der bei unbeschränkter Steuerpflicht der natürlichen Person bestehen würde (Soll-Besteuerung). Die Veranlagungswahlrechte für Ehegatten nach §§ 26 ff. EStG bleiben insoweit unberührt. Bei Ehegatten ist somit Voraussetzung, dass diese nicht dauernd getrennt leben. Wäre hiernach bei unbeschränkter Steuerpflicht § 32a Absatz 5 EStG anzuwenden, ist zum Zwecke der Vergleichsrechnung die sich danach ergebende deutsche Einkommensteuer nach dem Verhältnis der Einkünfte der natürlichen Person zu den Einkünften, die sich bei Einbeziehung der Einkünfte des Ehegatten ergeben, aufzuteilen.

    Die deutsche Steuer ist mit dem Betrag anzusetzen, der sich nach Anwendung von DBA oder des § 34c EStG ergibt (vgl. , BStBl II 1987 S. 363).

  3. Bei der Ermittlung der ausländischen Steuer ist nicht auf die tatsächlich entrichtete ausländische Steuer zurückzugreifen, sondern auf die ausländische Steuer, die angefallen wäre, wenn bei gleichen Einkünften die natürliche Person nicht beschränkt, sondern unbeschränkt steuerpflichtig wäre, d. h. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hätte. Die natürliche Person muss den Nachweis über die Höhe einer fiktiven ausländischen Steuer führen. Sie hat den Nachteil zu tragen, wenn sich aufgrund des ausländischen Rechts nicht klären lässt, ob die für sie günstige Rechtslage eintritt (vgl. , BStBl II 1987 S. 363).

  4. Für die Umrechnung der ausländischen Steuerbeträge ist der amtliche Umrechnungskurs am Ende des Veranlagungszeitraums maßgebend.

26Zur Vereinfachung kann bei den unter den Nummern 2 und 3 genannten Vergleichsbeträgen von der fiktiven Ermittlung der ausländischen Steuer abgesehen werden. Stimmt der Steuerpflichtige einer solchen Vereinfachung zu oder ist er nicht in der Lage, den Nachweis der fiktiven ausländischen Besteuerung zu führen (vgl. Rn. 25 Nummer 3), ist die deutsche Steuer anzusetzen, die für alle in- und ausländischen Einkünfte bei unbeschränkter Steuerpflicht zu entrichten wäre. Hierbei ist die deutsche Steuer vor Anrechnung ausländischer Steuern und vor Berücksichtigung von Steuerbefreiungen aufgrund von DBA zugrunde zu legen.

2.3 Wesentliche wirtschaftliche Inlandsinteressen

27Ob wesentliche wirtschaftliche Inlandsinteressen im Sinne des § 2 Absatz 3 AStG bestehen, ist nach deutschem Steuerrecht zu beurteilen. Insbesondere sind bei der Prüfung, ob

  1. die Einkunftsgrenze des § 2 Absatz 3 Nummer 2 AStG überschritten ist, die Grundsätze des deutschen Steuerrechts über die Ermittlung der Einkünfte anzuwenden;

  2. die Vermögensgrenze des § 2 Absatz 3 Nummer 3 AStG überschritten ist, die nach § 1 Absatz 1 BewG hierfür in Betracht kommenden Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden.

28Einkünfte und Vermögenswerte, für die die deutschen Steuergesetze (ausgenommen DBA) eine Befreiung vorsehen, bleiben außer Ansatz.

29Zu den wesentlichen wirtschaftlichen Inlandsinteressen gehören grundsätzlich neben den inländischen Einkünften im Sinne des § 49 EStG die (nicht abschließend) in Tz. 2.1.4 aufgeführten Zusatzeinkünfte sowie das in § 2 Absatz 3 Nummer 3 AStG definierte, nicht zu ausländischen Einkünften führende Vermögen. Anzusetzen sind danach insbesondere auch Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, die von inländischen Schuldnern gezahlt werden, auch wenn sie einer ausländischen Betriebsstätte zufließen. Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit sind nicht anzusetzen, wenn die Arbeit im Ausland ausgeübt und im Inland nur verwertet wird oder worden ist, es sei denn, es handelt sich um eine Vergütung, die für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder als Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen worden ist.

2.4 Mittelbare Inlandsinteressen

30Bei der Prüfung, ob wesentliche wirtschaftliche Interessen vorliegen, sind nach § 2 Absatz 4 AStG auch Einkünfte und Vermögenswerte einer zwischengeschalteten Gesellschaft im Sinne des § 5 AStG entsprechend der Beteiligung der natürlichen Person einzubeziehen.

31Im Unterschied zur Zurechnung nach § 5 AStG umfasst § 2 Absatz 4 AStG nicht nur niedrig besteuerte passive Einkünfte im Sinne des § 8 AStG (vgl. Rn. 61).

32Eine vergleichbare Regelung sieht das Gesetz für Einkünfte und Vermögenswerte einer Familienstiftung nach § 15 AStG nicht vor.

2.5 Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und Steuersatz

2.5.1 Ermittlung des zu versteuernden Einkommens

33Auch Einkünfte, die von § 2 AStG über § 1 Absatz 4 EStG hinaus erfasst werden, sind nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Hierbei dürfen Betriebsausgaben und Werbungskosten nur abgezogen werden, soweit sie mit diesen Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (vgl. § 50 Absatz 1 EStG und , BStBl 1984 II S. 620).

34Negative Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 EStG können sowohl mit positiven Einkünften im Sinne des § 49 Absatz 1 EStG als auch mit positiven Zusatzeinkünften ausgeglichen werden. Negative Zusatzeinkünfte können sowohl mit positiven Zusatzeinkünften als auch mit positiven Einkünften im Sinne des § 49 Absatz 1 EStG ausgeglichen werden. Ein Verlustabzug (§ 10d EStG) ist sowohl gegenüber positiven Zusatzeinkünften als auch gegenüber Einkünften im Sinne von § 49 Absatz 1 EStG zulässig. Verlustausgleichsbeschränkungen (z. B. nach § 15a und § 20 Absatz 6 EStG) sind zu beachten.

35Auf Freibeträge und sonstige Abzüge finden im Übrigen die Bestimmungen über die beschränkte Steuerpflicht Anwendung (§ 50 EStG). Ehegatten werden einzeln veranlagt (§ 25 EStG), es sei denn, es handelt sich um einen Fall der Rn. 45 Satz 4.

2.5.2 In die Veranlagung einzubeziehende Einkünfte

36In die Veranlagung zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht sind auch Einkünfte einzubeziehen, die dem Steuerabzug aufgrund des § 50a EStG (ggf. i. V. m. § 10 Satz 2 StAbwG) unterlegen haben. Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs nach § 50 Absatz 2 EStG tritt insoweit nicht ein (§ 2 Absatz 5 Satz 2 AStG). Dies gilt auch in den Fällen des § 10 Absatz 2 StAbwG (vgl. Tz. 2.0.3).

37Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterlegen haben, sind grundsätzlich nicht in die Veranlagung einzubeziehen, es sei denn, der Steuerabzug wirkt ausnahmsweise nicht abgeltend (§ 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 EStG); zur Berücksichtigung bei der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes vgl. Rn. 39. Die Vorschriften über die Durchführung des Lohnsteuerabzugs (insbesondere § 38b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b EStG, § 39 Absatz 2 und 3 EStG sowie § 39a Absatz 4 EStG) bleiben unberührt.

38Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterlegen haben, sind aufgrund von dessen Abgeltungswirkung nach § 43 Absatz 5 Satz 1 EStG grundsätzlich nicht in die Veranlagung einzubeziehen (§ 2 Absatz 5 Satz 3 AStG). Die in § 43 Absatz 5 EStG genannten Ausnahmen von der Abgeltungswirkung des Kapitalertragsteuerabzugs gelten auch im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht. Dies umfasst insbesondere die Fälle des § 32d Absatz 2 EStG sowie die Möglichkeiten des Veranlagungswahlrechts nach § 32d Absatz 4 EStG und der Günstigerprüfung nach § 32d Absatz 6 EStG.

2.5.3 Berechnung der Steuer und Anwendung des Progressionsvorbehalts

39§ 2 Absatz 5 AStG erweitert die beschränkte Steuerpflicht in der Weise, dass bei der Festsetzung des Steuersatzes neben den der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünften auch alle ausländischen Einkünfte des Steuerpflichtigen einzubeziehen sind (Progressionsvorbehalt; vgl. Beispiel zur Wirkung bei DBA in Tz. 2.0.2.1 Nummer 3). Das Vorliegen von Zusatzeinkünften (siehe Tz. 2.1.4) ist hierfür nicht erforderlich. Hierzu gehören auch die nicht in die Veranlagung einzubeziehenden Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterlegen haben (vgl. Rn. 37).

40Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Steuersatz nach § 32d Absatz 1 EStG unterliegen, bleiben dagegen bei der Ermittlung des Steuersatzes für die übrigen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünfte außer Betracht (§ 2 Absatz 5 Satz 1 Halbsatz 2 AStG).

41Die zu berücksichtigenden ausländischen Einkünfte sind nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Sonderausgaben – mit Ausnahme von Zuwendungen im Sinne des § 10b EStG –, Abzüge wegen außergewöhnlicher Belastungen sowie Vergünstigungen, die nur bei unbeschränkter Steuerpflicht zu gewähren sind (z. B. Freistellung nach den DBA), werden bei der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes grundsätzlich nicht berücksichtigt (§ 50 Absatz 1 Satz 4 EStG). Ausnahmen bestehen in Bezug auf den Sonderausgabenabzug von Vorsorgeleistungen bei Arbeitnehmern, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 EStG beziehen (vgl. § 50 Absatz 1 Satz 5 und 6 EStG) und von Beiträgen an berufsständische Versorgungseinrichtungen im Zusammenhang mit Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit (vgl. § 50 Absatz 1a EStG). Bei der Ermittlung des Einkommensbetrages und der deutschen Steuer, die für die Berechnung des Steuersatzes maßgebend sind, dürfen ausländische Steuern nur im Rahmen des § 50 Absatz 3 EStG berücksichtigt werden.

42Bei der Ermittlung des Steuersatzes ist § 32a Absatz 1 EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass das nach den Rn. 39 und 40 ermittelte Einkommen um den Grundfreibetrag des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 EStG erhöht wird (§ 50 Absatz 1 Satz 2 EStG). Abweichend davon wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 EStG der Grundfreibetrag prinzipiell gewährt (vgl. § 50 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 EStG). Dabei wird das Einkommen nur um den Teil des Grundfreibetrages erhöht, der die Einkünfte nach § 49 Absatz 1 Nummer 4 EStG abzüglich der Aufwendungen nach § 50 Absatz 1 Satz 5 EStG übersteigt.

43Die Einkommensteuer ermittelt sich durch Anwendung des danach ermittelten Steuersatzes auf das zu versteuernde Einkommen nach Tz. 2.5.2 (§ 50 Absatz 1 Satz 3 EStG). Auf die Einkommensteuer sind die in Rn. 36 genannten Steuerabzugsbeträge anzurechnen, soweit die zugrunde liegenden Einkünfte tatsächlich in der Veranlagung erfasst wurden.

2.5.4 Verfahrensfragen

44Erweitert beschränkt Steuerpflichtige haben nach § 25 Absatz 3 Satz 1 EStG eine Steuererklärung über sämtliche im abgelaufenen Kalenderjahr bezogenen Einkünfte beim örtlich zuständigen Finanzamt abzugeben. Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den EWR anwendbar ist, haben außerdem auf Verlangen des Finanzamts einen Empfangsbevollmächtigten nach § 123 Satz 1 AO zu benennen, andernfalls gilt die Zugangsfiktion des § 123 Satz 2 AO.

45Beim Übergang von der unbeschränkten zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht im Laufe eines Veranlagungszeitraums oder umgekehrt ist nur eine Veranlagung durchzuführen (vgl. § 2 Absatz 7 Satz 3 EStG). Entsprechendes gilt beim Übergang von der beschränkten zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht und umgekehrt. Dabei sind die im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zu erfassenden Einkünfte mit einzubeziehen. In einem solchen Fall kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch eine Zusammenveranlagung von Ehegatten in Betracht kommen, wenn beide Ehegatten in einem Teil des Veranlagungszeitraums unbeschränkt steuerpflichtig waren.

2.6 Begrenzung auf die Steuer bei unbeschränkter Steuerpflicht

46Nach § 2 Absatz 6 AStG ist die aufgrund der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zu entrichtende Gesamtsteuer bei entsprechendem Nachweis durch den Steuerpflichtigen derart zu begrenzen, dass sie die bei unterstellter unbeschränkter Steuerpflicht und ausschließlichem inländischen Wohnsitz zu entrichtende deutsche Steuer nicht überschreitet.

47Die bei beschränkter Steuerpflicht (d. h. die ohne Anwendung des § 2 AStG) entstehende Steuer darf allerdings nicht unterschritten werden.

48Bei der Berechnung der Vergleichsbeträge ist Folgendes zu beachten:

  1. Die bei unbeschränkter Steuerpflicht zu entrichtende Steuer ist die Steuerschuld, die sich bei Heranziehung des gesamten Welteinkommens ergäbe; § 32d EStG ist zu beachten. Hierbei sind auch die Steuerermäßigungen des § 34c EStG und der DBA sowie Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und tarifliche Freibeträge zu berücksichtigen, die bei alleinigem Wohnsitz im Inland abzuziehen oder zu gewähren wären. Bei Ehegatten bedeutet dies, dass im Fall des Zusammenlebens der Eheleute im Ausland der Splittingtarif anzuwenden ist. Die Veranlagungswahlrechte für Ehegatten der §§ 26 ff. EStG bleiben unberührt. Die sich bei Zusammenveranlagung ergebende Steuer ist im Verhältnis der auf den jeweiligen Ehegatten entfallenden Einkünfte aufzuteilen.

  2. Die bei beschränkter Steuerpflicht zu entrichtende Steuer ist grundsätzlich die ohne Anwendung des § 2 AStG zu veranlagende Steuer zzgl. der deutschen Lohnsteuer sowie des deutschen Steuerabzugs vom Kapitalertrag und des Steuerabzugs im Sinne des § 50a Absatz 1 EStG, es sei denn, § 50 Absatz 2 Satz 2 EStG findet Anwendung.

49Bestand die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nur für einen Teil des Jahres, so sind auch die Vergleichsberechnungen nur auf diesen Teil zu beziehen. Bei Ehegatten sind die Vergleichsberechnungen für jeden von ihnen gesondert zu erstellen (Tz. 2.1.3). Ist in einem Fall im Sinne der Rn. 45 Satz 3 und 4 nur eine Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht durchzuführen, entfallen die Vergleichsberechnungen.

3 (weggefallen)

4 Erbschaft- und Schenkungsteuer

4.0 Erweiterte beschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht

50Die nach § 4 AStG erweiterte beschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht tritt ein, wenn die Steuerschuld bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Ende des Jahres, in dem die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Erblassers oder Schenkers geendet hat, entstanden ist (§ 9 ErbStG) und die Voraussetzungen des § 2 Absatz 1 Satz 1 AStG in der Person des Erblassers oder Schenkers zur Zeit der Entstehung der Steuerschuld vorlagen; etwaige DBA und die Freigrenze des § 2 Absatz 1 Satz 3 AStG sind insoweit unbeachtlich. Wegen der Verweisung auf § 2 Absatz 1 Satz 1 AStG kommen als Erblasser und Schenker ausschließlich natürliche Personen in Betracht.

51Die Voraussetzungen des § 2 Absatz 1 Satz 1 AStG lagen zur Zeit der Entstehung der Steuerschuld vor, wenn der Erwerb von Todes wegen, die Schenkung unter Lebenden oder die Zweckzuwendung in einem Veranlagungszeitraum anfällt, in dem der Erblasser oder Schenker der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 2 AStG unterliegt. Ergibt sich nach § 2 AStG keine Steuerpflicht für den Erblasser oder Schenker, ist § 4 AStG gegenstandslos.

52Der Verweis auf § 2 Absatz 1 Nummer 3 ErbStG stellt klar, dass der persönliche Anwendungsbereich des § 4 AStG nur dann eröffnet ist, wenn weder der Erblasser oder Schenker noch der Erwerber Inländer im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 ErbStG ist. Der Eintritt der erweiterten beschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht setzt nicht voraus, dass die Voraussetzungen der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 ErbStG vorliegen und der Vermögensanfall (teilweise) in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG besteht.

53Zu beachten ist, dass sich nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ErbStG die unbeschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht auch auf deutsche Staatsangehörige erstreckt, wenn diese sich zur Zeit der Ausführung der Zuwendung noch nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben (sog. erweiterte unbeschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht). Eine erweiterte beschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht kann daher erst dann eintreten, wenn der Zeitraum, in dem die erweiterte unbeschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht eintreten kann, abgelaufen ist.

4.1 Umfang der erweiterten beschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht

54Die erweiterte beschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht erstreckt sich über das in § 2 Absatz 1 Nummer 3 ErbStG i. V. m. § 121 BewG genannte Inlandsvermögen hinaus auf alle Teile des Erwerbs, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG wären (sog. erweitertes Inlandsvermögen). Unter Erträgen sind neben den laufenden Erträgen auch solche aus der Veräußerung des Vermögens zu verstehen; auf die tatsächliche Erzielung von Erträgen kommt es dabei nicht an. Zum erweiterten Inlandsvermögen gehören insbesondere:

  1. Kapitalforderungen, die nicht bereits § 121 Nummer 3, 7 oder 8 BewG unterfallen, gegen Schuldner, die weder Wohnsitz, Geschäftsleitung noch Sitz in einem ausländischen Staat haben; hierunter können z. B. Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland fallen;

  2. im Inland befindliche inländische und ausländische Zahlungsmittel, die nicht bereits § 121 Nummer 3 BewG unterfallen;

  3. Anteile an Investmentfonds und offenen Immobilienfonds sowie Geschäftsguthaben bei Genossenschaften im Inland, die nicht bereits § 121 Nummer 3 BewG unterfallen;

  4. Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, die nicht bereits § 121 Nummer 3 oder 4 BewG unterfallen; hierunter können z. B. Beteiligungen von weniger als 10 Prozent an inländischen Kapitalgesellschaften fallen;

  5. Ansprüche auf Renten und andere wiederkehrende Leistungen, die nicht bereits § 121 Nummer 7 BewG unterfallen, gegen Schuldner im Inland sowie Nießbrauchs- und Nutzungsrechte an Vermögensgegenständen im Inland, wenn sie nicht bereits zum Inlandsvermögen nach § 121 Nummer 9 BewG gehören;

  6. Erfindungen und Urheberrechte, die im Inland verwertet werden, wenn sie nicht bereits zum Inlandsvermögen nach § 121 Nummer 3, 5 oder 6 BewG gehören;

  7. Versicherungsansprüche, die nicht bereits § 121 Nummer 3 oder 7 BewG unterfallen, gegen Versicherungsunternehmen, die weder Wohnsitz, Geschäftsleitung noch Sitz in einem ausländischen Staat haben;

  8. bewegliche Wirtschaftsgüter, die sich im Inland befinden und nicht dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, dem Grundvermögen oder dem Betriebsvermögen zuzuordnen sind, wenn sie nicht bereits zum Inlandsvermögen nach § 121 Nummer 6 BewG gehören und

  9. Vermögen und Vermögensteile der ausländischen Gesellschaft, deren Erträge dem Steuerpflichtigen nach § 5 AStG zuzurechnen sind (vgl. § 5 Absatz 1 Satz 2 AStG; Tz. 2.1.4 Nummer 4).

55Der steuerpflichtige Erwerb ist nach den Grundsätzen des § 10 ErbStG auf den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) zu ermitteln. Für die Berücksichtigung negativen Vermögens gilt Folgendes: Ergibt sich infolge des Abzugs der Schulden und Lasten ein negatives erweitertes Inlandsvermögen, so kann dieses mit dem positiven Inlandsvermögen (§ 121 BewG) verrechnet werden. Ein negatives Inlandsvermögen (§ 121 BewG) kann im umgekehrten Fall mit einem positiven erweiterten Inlandsvermögen verrechnet werden.

56Der bei beschränkter Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht vorgesehene Freibetrag nach § 16 Absatz 2 ErbStG wird auch gewährt, wenn ausschließlich Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht nach § 4 Absatz 1 AStG besteht. Neben dem Freibetrag nach § 16 ErbStG wird dem überlebenden Ehegatten, dem überlebenden Lebenspartner und Kindern im Sinne der Steuerklasse I Nummer 2 unter den Voraussetzungen des § 17 Absatz 3 ErbStG ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt.

4.2 Entfallen der erweiterten beschränkten Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht

57Die erweiterte beschränkte Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht entfällt, wenn der Nachweis erbracht wird, dass im Ausland von dem Vermögen, das nach § 4 AStG zusätzlich besteuert wird, eine der deutschen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer entsprechende Steuer zu entrichten ist, die mindestens 30 Prozent der auf dieses Vermögen entfallenden deutschen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer beträgt. Es bleibt dann bei der beschränkten Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 ErbStG, sofern die Voraussetzungen vorliegen.

58Bei der Berechnung der deutschen Steuer gilt bei früheren Erwerben § 14 ErbStG entsprechend.

59Bei der Vergleichsberechnung sind sämtliche ausländische Steuern zu berücksichtigen, die der deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuer entsprechen, auch soweit sie in anderen Staaten als dem ausländischen Wohnsitzstaat des Erblassers bzw. Schenkers zu entrichten sind (z. B. auch lokale Steuern von Kantonen und Gemeinden); maßgebend sind insoweit die tatsächlich festgesetzten Steuern. Die auf den Teil des nach § 4 AStG zusätzlich steuerpflichtigen Erwerbs jeweils im Inland und im Ausland entfallenden Steuern sind in sinngemäßer Anwendung des § 21 Absatz 1 Satz 2 ErbStG zu ermitteln.

5. Zwischengeschaltete Gesellschaften

5.0 Allgemeines

60§ 5 AStG ergänzt die §§ 2 und 4 AStG. Die Vorschrift verhindert, dass die erweiterte beschränkte Steuerpflicht durch Einschaltung einer ausländischen Gesellschaft umgangen wird.

61§ 5 Absatz 1 AStG legt den Personenkreis fest, bei dem eine Zurechnung von Einkünften und Vermögen in Frage kommt. Daher wird nicht, wie in § 4 AStG, auf Personen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 AStG abgestellt, sondern lediglich auf Personen, die unter § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG fallen. Für die Zurechnung nach § 5 Absatz 1 AStG ist somit unerheblich, ob diese Personen wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland haben (vgl. hierzu Tz. 2.4). Diese Personen werden ungeachtet dessen in § 5 Absatz 1 Satz 1 AStG als „Personen im Sinne des § 2“ legal definiert.

62Die in Rn. 61 genannten Personen müssen an einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 oder § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG beteiligt sein (vgl. zum Begriff der ausländischen Gesellschaft Tzn. 7.1.1.3 und 13.1.1.2). Ist diese Voraussetzung erfüllt, werden diesen Personen die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft nach Maßgabe der §§ 7 bis 13 AStG zugerechnet, soweit diese nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG sind.

63Nach § 5 Absatz 1 Satz 2 AStG wird die erweiterte beschränkte Steuerpflicht auch auf das Vermögen der ausländischen Gesellschaft ausgedehnt.

5.1 Zurechnung von Einkünften und Vermögenswerten

5.1.1 Einkommensteuer

64Ist eine Person im Sinne des § 2 AStG an einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG oder § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG beteiligt, sind ihr die Einkünfte, mit denen sie im Falle einer gedachten unbeschränkten Steuerpflicht nach den §§ 7 bis 13 AStG steuerpflichtig wäre und die nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG sind, in dieser Höhe zuzurechnen. Die Höhe der nach § 5 Absatz 1 AStG zuzurechnenden Einkünfte bestimmt sich im ersten Schritt nach den §§ 7 bis 13 AStG. Neben der Steuerpflicht nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG sind dabei insbesondere die Regelungen zur Ermittlung der Einkünfte der ausländischen Gesellschaft in § 10 AStG sowie die Freigrenze in § 9 AStG maßgebend. Im zweiten Schritt erfolgt eine Zurechnung der so ermittelten, von der ausländischen Gesellschaft erzielten Einkünfte insoweit, als es sich bei diesen Einkünften nicht um ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG handelt.

65Die persönliche Steuerpflicht der Person im Sinne des § 2 AStG dem Grunde und der Höhe nach, die aus dieser Zurechnung folgen kann, richtet sich nach den anwendbaren Regelungen insbesondere des EStG und ggf. des § 2 AStG. Im Falle eines beschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG können § 5 und §§ 7 bis 13 AStG als solche parallel anwendbar sein. Dies gilt ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit des § 2 AStG auf die betreffende natürliche Person. Für die nach § 5 Absatz 1 AStG zugerechneten Einkünfte kommt auch eine Steueranrechnung nach § 12 AStG in Betracht. Ebenso kann für Bezüge aus der Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft ein Kürzungsbetrag nach § 11 AStG zum Ansatz kommen.

5.1.2 Erbschaft- und Schenkungsteuer

66Vermögen oder Vermögensteile, deren Erträge dem Steuerpflichtigen nach § 5 AStG zuzurechnen sind, unterliegen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht. Das so zugerechnete Vermögen ist entsprechend der Regelung des § 97 BewG als Betriebsvermögen zu behandeln.

67Liegt sowohl unter § 121 BewG fallendes Vermögen als auch erweitertes Inlandsvermögen der Gesellschaft vor, so ist es insgesamt dem erweiterten Inlandsvermögen der Person entsprechend ihrer Beteiligung zuzurechnen.

68Eine auf die Vermögenswerte der Gesellschaft festgesetzte und gezahlte deutsche Erbschaftbzw. Schenkungsteuer wird auf die nach den §§ 4 und 5 AStG zu entrichtende Erbschaftbzw. Schenkungsteuer angerechnet.

5.2 Haftung des zugerechneten Vermögens

69Das Vermögen, das den nach § 5 Absatz 1 AStG einer Person zuzurechnenden Einkünften zugrunde liegt, haftet nur für die von dieser Person für diese Einkünfte geschuldete Einkommensteuer.

5.3 Verfahren

70Die Einkünfte und Vermögenswerte, die dem erweitert beschränkt Steuerpflichtigen nach Maßgabe des § 5 AStG zuzurechnen sind, sind in entsprechender Anwendung des § 18 AStG gesondert und ggf. einheitlich festzustellen (vgl. § 5 Absatz 3 AStG; Tz. 18.1.1.1). Die Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 2 AO, § 17 AStG und § 18 Absatz 3 AStG sind zu beachten.

6. Behandlung einer Beteiligung im Sinne des § 17 EStG bei Wohnsitzwechsel ins Ausland

6.0 Zeitlicher Anwendungsbereich

71§ 6 AStG in der Fassung des ATADUmsG gilt gem. § 21 Absatz 1 AStG erstmals für Sachverhalte, die nach dem verwirklicht werden. Auf noch am laufende Stundungen im Sinne des § 6 Absatz 4 und 5 AStG in der am geltenden Fassung (a. F.) sowie auf noch laufende Fristen im Sinne des § 6 Absatz 3 AStG a. F. ist § 6 AStG a. F. gem. § 21 Absatz 3 Satz 1 AStG weiterhin anzuwenden. Auf Sachverhalte im Sinne des § 6 AStG a. F., die vor dem verwirklicht worden sind, ist § 6 AStG a. F. anzuwenden.

6.1 Entstehung des Steueranspruchs (Voraussetzungen und Rechtsfolgen)

72Nach § 6 AStG stehen bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 1 EStG

einer Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG gleich.

6.1.1 Verhältnis zu den Vorschriften des EStG, des KStG und des UmwStG

73§ 6 AStG kommt nicht zur Anwendung, soweit im Hinblick auf denselben Sachverhalt die Rechtsfolgen eines im EStG (z. B. § 17 Absatz 5 EStG), im KStG oder im UmwStG (z. B. § 13 UmwStG) geregelten Veräußerungstatbestands eintreten (§ 6 Absatz 1 Satz 1 AStG). Zur verdeckten Einlage vgl. Tz. 6.1.4.2.

6.1.2 Persönliche Voraussetzungen

74In persönlicher Hinsicht setzt § 6 AStG voraus, dass der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung (vgl. Tz. 6.1.4) unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG ist. Zu den übrigen Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht im Sinne des § 6 AStG vgl. Tz. 6.2.

6.1.3 Sachliche Voraussetzungen

75§ 6 AStG erstreckt sich auf Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG. Er umfasst Anteile an inländischen oder ausländischen Kapitalgesellschaften, an denen der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Verwirklichung eines Tatbestands des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 AStG zu mindestens 1 Prozent unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Hierfür reicht es aus, wenn diese Beteiligung innerhalb des Fünfjahreszeitraums nur kurzfristig zu mindestens 1 Prozent bestanden hat. Im Zeitpunkt der Verwirklichung eines Tatbestands des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 AStG können somit auch Anteile von weniger als 1 Prozent eine Besteuerung nach § 6 AStG auslösen. Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG liegen auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Anteile während des Fünfjahreszeitraums des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG unentgeltlich erworben hat und wenn die Mindestbeteiligung in der Person des Rechtsvorgängers oder eines der Rechtsvorgänger erfüllt war (§ 17 Absatz 1 Satz 4 EStG). Unter den Voraussetzungen des § 17 Absatz 6 EStG gelten auch Anteile, die nicht die Mindestbeteiligungsquote erreichen, als Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG.

76Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG sind Anteile an Kapitalgesellschaften nach § 17 Absatz 1 Satz 3 EStG sowie solche Anteile, die gem. § 17 Absatz 7 EStG als Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG gelten. Insbesondere zählen hierzu Anteile an Kapitalgesellschaften in- und ausländischer Rechtsform (vgl. zum diesbezüglich durchzuführenden Rechtstypenvergleich Tz. 7.1.1.3) sowie Anteile an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a KStG (vgl. BStBl 2021 I S. 2212, Rn. 62 f.).

77Ab dem Zeitpunkt der Rückkehr einer optierenden Gesellschaft zur transparenten Besteuerung (vgl. hierzu BStBl 2021 I S. 2212, Rn. 90 ff.) findet § 6 AStG keine Anwendung mehr. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verwirklichung eines den § 6 AStG auslösenden Tatbestands (vgl. Tz. 6.1.4).

6.1.4 Die Vermögenszuwachsbesteuerung auslösende Tatbestände

78Die Aufzählung in § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 AStG ist abschließend. Darüber hinaus kommt eine Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG nicht in Betracht. Für die in § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 AStG a. F. genannten Tatbestände („Ansässigkeitswechsel“ und „Einlage in ausländischen Betrieb“) kommt eine Vermögenszuwachsbesteuerung unter den Voraussetzungen des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG („Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts“, vgl. Tz. 6.1.4.3) in Betracht.

79§ 6 AStG gilt nur für Fälle, in denen der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt der fingierten Veräußerung die Anschaffungskosten übersteigt; die Bestimmung führt nicht zur Realisierung von Verlusten. Aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit der Anteile ist bei Vorliegen mehrerer Anteile an derselben Gesellschaft oder an unterschiedlichen Gesellschaften eine anteilsbezogene Betrachtung vorzunehmen (vgl. , BStBl 1990 II S. 615 und , BStBl 2017 II S. 1194).

6.1.4.1 Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG

80Die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts steht der Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG gleich (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG). Ob das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich der Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG tatsächlich ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist unmaßgeblich (, BStBl II 2022 S. 763).

81Die Begründung eines weiteren Wohnsitzes im Ausland bei Weiterbestehen der unbeschränkten Steuerpflicht kann die Vermögenszuwachsbesteuerung nur in den Fällen des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG auslösen (vgl. Tz. 6.1.4.3). Der Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 2 oder 3 EStG erfüllt nicht das Tatbestandsmerkmal des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG (§ 6 Absatz 2 AStG, vgl. auch Tz. 6.2.1).

6.1.4.2 Unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person

82§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG stellt die unentgeltliche Übertragung der Anteile auf eine nicht nach § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG oder § 1 Absatz 1 KStG unbeschränkt steuerpflichtige natürliche oder juristische Person einer Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG zum gemeinen Wert gleich. Für den Begriff der „nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Person“ im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG ist die Legaldefinition der unbeschränkt Steuerpflichtigen in § 6 Absatz 2 Satz 1 AStG nicht relevant. Ob das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich der Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG tatsächlich ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist unmaßgeblich (, BStBl II 2022 S. 763).

Beispiel 1:

Ein unbeschränkt Steuerpflichtiger überträgt eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG unentgeltlich auf sein Kind mit Wohnsitz im Staat A.

Das Kind ist in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 EStG. Es liegt daher eine Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG vor.

Beispiel 2:

Ein unbeschränkt Steuerpflichtiger überträgt eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG unentgeltlich auf sein Kind, das sowohl in Deutschland als auch im Staat A einen Wohnsitz hat und abkommensrechtlich im Staat A ansässig ist.

Das Kind ist – unabhängig von der abkommensrechtlichen Ansässigkeit im Staat A – aufgrund seines inländischen Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG. Es liegt daher keine Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG vor. Im Weiteren ist aber zu prüfen, ob aufgrund der Ansässigkeit des Kindes im Staat A das Besteuerungsrecht für eine künftige Veräußerung der übertragenen Beteiligung ausgeschlossen oder begrenzt ist und damit der Tatbestand des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG erfüllt ist (vgl. Tz. 6.1.4.3).

83Ist der Erwerber der Anteile eine Personengesellschaft, ist auf die Steuerpflicht der einzelnen Gesellschafter abzustellen.

84Stellt die Übertragung der Anteile auf eine Kapitalgesellschaft eine verdeckte Einlage dar, unterfällt sie § 17 Absatz 1 Satz 2 EStG; § 6 AStG kommt nicht zur Anwendung (vgl. Tz. 6.1.1).

85§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG erfasst Übertragungen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Erwerb von Todes wegen. Die Besteuerung des Vermögenszuwachses erfolgt im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung des Übertragenden.

86Teilentgeltliche Übertragungen sind für Zwecke der Anwendung des § 6 AStG in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Anteil aufzuteilen. Auf den voll unentgeltlichen Anteil findet § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG Anwendung, auf den voll entgeltlichen Anteil findet § 17 EStG Anwendung (, BStBl II 1981 S. 11).

6.1.4.3 Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts

87Die Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 AStG kann auch durch den Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile ausgelöst werden (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG).

88Ein Ausschluss des Besteuerungsrechts liegt z. B. vor, soweit ein künftiger Veräußerungsgewinn nach einem DBA erstmals freizustellen wäre. Eine Beschränkung des Besteuerungsrechts liegt z. B. vor, wenn ausländische Steuern nach einem DBA oder § 34c EStG erstmals anzurechnen oder abzuziehen wären. Ursachen hierfür können sowohl Änderungen des Sachverhalts sein, insbesondere durch aktive Handlungen des Steuerpflichtigen, als auch die erstmalige Anwendbarkeit von abkommensrechtlichen Rechtsnormen an sich bei ansonsten unveränderter Sachlage (sog. passive Entstrickungen).

89Beispiele, die zu einem Ausschluss bzw. einer Beschränkung des Besteuerungsrechts führen können:

  • Eine natürliche Person begründet neben ihrem inländischen Wohnsitz einen weiteren Wohnsitz in einem ausländischen Staat, mit dem ein DBA besteht. Ein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts liegt vor, wenn die natürliche Person für Abkommenszwecke im anderen Vertragsstaat ansässig ist und das DBA für den Fall einer künftigen Veräußerung der Anteile dem ausländischen Staat aufgrund einer mit Artikel 13 Absatz 5 OECD-MA 2017 vergleichbaren Regelung das ausschließliche Besteuerungsrecht zuweist.

  • Erstmalige Anwendbarkeit eines erstmals abgeschlossenen oder revidierten DBA, welches eine mit Artikel 13 Absatz 4 OECD-MA 2017 vergleichbare Regelung enthält.

  • Einlage der Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG durch einen im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen in einen Betrieb oder eine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen im ausländischen Staat, wenn das deutsche Besteuerungsrecht für eine künftige Veräußerung der Anteile im Betriebsvermögen nach einem DBA ausgeschlossen oder beschränkt wird oder erstmals in Fällen ohne DBA ausländische Steuern nach § 34c i. V. m. § 34d EStG angerechnet würden. Dies gilt unabhängig davon, ob der ausländische Staat tatsächlich eine Steuer auf den Veräußerungsgewinn erheben würde; die abstrakte Beschränkung des Besteuerungsrechts genügt.

6.1.4.4 Rangfolge der die Vermögenszuwachsbesteuerung auslösenden Tatbestände

90§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG ist subsidiär zu den Tatbeständen des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 AStG anzuwenden.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige lebt seit seiner Geburt in Deutschland und hält seit Jahren eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Kapitalgesellschaft. Am verlegt er seinen ausschließlichen Wohnsitz in den DBA-Staat A. Das Besteuerungsrecht für die Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit Anteilen an einer Kapitalgesellschaft wird gem. Artikel 13 des DBA dem Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft zugewiesen (vergleichbar Artikel 13 Absatz 3 DBA-Tschechoslowakei vom ). Am verlegt er den ausschließlichen Wohnsitz in den DBA-Staat B. Das Besteuerungsrecht für die Veräußerungseinkünfte wird entsprechend Artikel 13 Absatz 5 OECD-MA 2017 dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zugewiesen.

Die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG im Veranlagungszeitraum 01 steht einer Veräußerung von Anteilen nach § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG gleich (§ 6 Absatz Satz 1 Nummer 1 AStG). Die Rechtsfolgen sind im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht zu ziehen (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 AStG). Dass das Besteuerungsrecht Deutschlands nach dem DBA auch nach dem Wegzug bestehen bleibt, ist unbeachtlich für die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG.

Die Wohnsitzverlegung in den Staat B im Veranlagungszeitraum 02 löst nicht die Rechtsfolgen des § 6 AStG aus, da im Zeitpunkt des Wegzugs keine unbeschränkte Steuerpflicht besteht.

6.1.5 Rechtsfolgen
6.1.5.1 Auslösung eines Tatbestands des § 17 EStG

91Die in § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 AStG aufgezählten Tatbestände stehen einer Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG gleich. Die hiernach fingierte Veräußerung der Anteile führt zur Realisierung eines Veräußerungsgewinns gem. § 17 EStG; zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns vgl. Tz. 6.1.5.3.

6.1.5.2 Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns

92Der nach § 6 Absatz 1 AStG steuerpflichtige Veräußerungsgewinn entsteht im Zeitpunkt der fiktiven Veräußerung. Die einzelnen Veräußerungszeitpunkte werden in § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 AStG präzisiert.

93Im Fall der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG) erfolgt die Realisierung in dem Zeitpunkt, in dem die unbeschränkte Steuerpflicht endet (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 AStG).

94Werden Anteile im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG unentgeltlich auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person übertragen (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG), erfolgt die Realisierung im Zeitpunkt der Übertragung (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 AStG).

95Bei einem Ausschluss oder einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG) erfolgt die Realisierung unmittelbar vor dem Zeitpunkt des Eintritts des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AStG).

Beispiel:

Ist ein DBA erstmals zum anzuwenden, erfolgt die fingierte Veräußerung nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AStG mit Ablauf des .

6.1.5.3 Berechnung und Besteuerung des Veräußerungsgewinns

96Die Ermittlung des der Besteuerung nach § 6 AStG unterliegenden Vermögenszuwachses erfolgt nach den Regelungen des § 17 EStG. Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt der fingierten Veräußerung (vgl. § 6 Absatz 1 Satz 2 AStG, Tz. 6.1.5.2) nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Absatz 2 und 2a EStG). Bei der Ermittlung der Einkünfte sind die Vorschriften des § 17 EStG sowie der §§ 9 und 11 BewG über die Ermittlung eines gemeinen Wertes (vgl. BStBl 2011 I S. 859) entsprechend anzuwenden. Auf den Vermögenszuwachs ist das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe c i. V. m. § 3c Absatz 2 EStG) anzuwenden. Auch die Freibetragsregelung in § 17 Absatz 3 EStG findet Anwendung.

97§ 6 AStG enthält hinsichtlich der Ermittlung des Veräußerungsgewinns keine Sonderregelung für Anteile, die einer Person bereits im Zeitpunkt der erstmaligen Begründung ihrer unbeschränkten Steuerpflicht zuzurechnen waren (Zuzugsfälle). Maßgeblich sind grundsätzlich die historischen Anschaffungskosten und nicht der gemeine Wert der Anteile im Zuzugszeitpunkt. Der Besteuerung nach § 6 AStG unterliegt daher grundsätzlich auch der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Vermögenszuwachs; vgl. hinsichtlich der Vermeidung einer Doppelbesteuerung auch Tz. 6.1.7.

98Eine Ausnahme vom Ansatz der historischen Anschaffungskosten gilt gem. § 17 Absatz 2 Satz 3 EStG jedoch dann, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass ihm die Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht zuzurechnen waren, und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer dem § 6 AStG vergleichbaren Vermögenszuwachsbesteuerung unterlegen hat. In diesem Fall tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert, den der Wegzugsstaat bei der Berechnung der nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer angesetzt hat (sog. Wertverknüpfung), höchstens jedoch der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt des Zuzugs. Voraussetzung ist, dass hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „einer [...] Steuer unterlegen hat“ zumindest ein Steuerbescheid des Wegzugsstaats mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss (, BStBl II 2022 S. 172).

99In Fällen, in denen der Steuerpflichtige nur vorübergehend abwesend ist und der Steueranspruch gem. § 6 Absatz 3 AStG entfällt (vgl. Tz. 6.3), erfolgt keine Aufstockung der Anschaffungskosten gem. § 17 Absatz 2 Satz 3 EStG (§ 17 Absatz 2 Satz 4 EStG).

Beispiel:

Der Steuerpflichtige ist am nach Deutschland gezogen. Eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Gesellschaft, die der Steuerpflichtige am für 3 Mio. € erworben hatte, besaß im Zeitpunkt des Zuzugs am einen gemeinen Wert in Höhe von 5 Mio. €. Im Wegzugsstaat unterlag der Vermögenszuwachs der Beteiligung keiner der § 6 AStG vergleichbaren Besteuerung. Am ist der Steuerpflichtige weggezogen. Die Beteiligung besaß zu diesem Zeitpunkt einen gemeinen Wert in Höhe von 10 Mio. €.

§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 i. V. m. § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 AStG fingiert im Zeitpunkt der mit dem Wegzug eintretenden Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht eine Veräußerung der Beteiligung. Der Vermögenszuwachs seit Anschaffung der Beteiligung in Höhe von 7 Mio. € (= 10 Mio. € - 3 Mio. €) unterliegt unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens der unbeschränkten Steuerpflicht. Auf den gemeinen Wert der Anteile im Zuzugszeitpunkt ist nicht abzustellen.

Abwandlung zu obigem Beispiel:

Im Wegzugsstaat unterlag der Vermögenszuwachs der Beteiligung einer dem § 6 AStG vergleichbaren Regelung. Bei der Berechnung der ausländischen festgesetzten Steuer wurde ein Wert in Höhe von 6 Mio. € als fiktiver Veräußerungspreis der Beteiligung angesetzt. Der nach deutschem Recht ermittelte gemeine Wert der Beteiligung betrug im Zeitpunkt des Zuzugs 5 Mio. €.

§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 i. V. m. § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 AStG fingiert auch hier im Zeitpunkt der mit dem Wegzug eintretenden Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht eine Veräußerung der Beteiligung. Da die Voraussetzungen des § 17 Absatz 2 Satz 3 EStG erfüllt sind, ist für den Veranlagungszeitraum 15 nur der Vermögenszuwachs seit Zuzug zu besteuern. Hierbei wird grundsätzlich der nach ausländischem Recht angesetzte fiktive Veräußerungspreis in Höhe von 6 Mio. € als Anschaffungskosten berücksichtigt, höchstens jedoch der nach deutschem Recht ermittelte gemeine Wert in Höhe von 5 Mio. €. Der unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens zu versteuernde Vermögenszuwachs beträgt folglich 5 Mio. € (= 10 Mio. € - 5 Mio. €).

100Wertänderungen, die sich nach dem Zeitpunkt der Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 AStG ergeben, sind unbeachtlich und führen – auch bei einer späteren Veräußerung zu einem niedrigeren als dem bei § 6 AStG angesetzten gemeinen Wert – nicht zu einer Änderung der Steuerfestsetzung in Bezug auf § 6 AStG; zu den Auswirkungen im Zusammenhang mit dem Wegfall der Stundung nach § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 AStG vgl. Tz. 6.4.2.

101Für eine Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG im Zusammenhang mit Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft im Sinne von § 7 Absatz 1 AStG kommt ein Kürzungsbetrag nach § 11 AStG nicht in Betracht (vgl. Tz. 11.4)

6.1.5.4 Erwerb zum gemeinen Wert, soweit die Steuer entrichtet worden ist

102§ 6 AStG schließt die weitere Anwendung des § 17 EStG oder des § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e EStG für eine nachfolgende Veräußerung oder einen nachfolgenden Realisationstatbestand nicht aus. Werden die Anteile nach dem die Vermögenszuwachsbesteuerung des § 6 AStG auslösenden Ereignisses veräußert, unterliegt der hieraus resultierende Veräußerungsgewinn unter den Voraussetzungen des § 17 EStG oder des § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e EStG in Deutschland der Steuerpflicht.

103Eine weitere Besteuerung der bereits nach § 6 AStG besteuerten stillen Reserven wird unter den in § 6 Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 1 AStG genannten Voraussetzungen vermieden. Hiernach gelten die Anteile vom Steuerpflichtigen oder – bei unentgeltlicher Übertragung – von dessen Rechtsnachfolger bei Einschlägigkeit eines der die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG auslösenden Ereignisses als zum gemeinen Wert erworben, soweit die auf den Veräußerungsgewinn nach § 6 AStG geschuldete Steuer tatsächlich entrichtet worden ist. Insoweit erfolgt eine Aufstockung der Anschaffungskosten.

Beispiel:

Der am nach Deutschland gezogene Steuerpflichtige ist am weggezogen. Eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Gesellschaft, die der Steuerpflichtige am für 3 Mio. € erworben hatte, besaß am einen gemeinen Wert in Höhe von 10 Mio. €. Die Beteiligung wird am für 12 Mio. € veräußert. Einen Stundungsantrag nach § 6 Absatz 4 AStG hat der Steuerpflichtige nicht gestellt.

Im Zeitpunkt der mit dem Wegzug eintretenden Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht fingiert § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 i. V. m. § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 AStG eine Veräußerung der Beteiligung. Der Vermögenszuwachs seit Anschaffung der Beteiligung in Höhe von 7 Mio. € (= 10 Mio. € - 3 Mio. €) unterliegt unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens der unbeschränkten Steuerpflicht.

Der aus der späteren tatsächlichen Veräußerung der Anteile im Veranlagungszeitraum 16 resultierende Veräußerungsgewinn unterliegt gem. § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e Doppelbuchstabe aa i. V. m. § 17 EStG der beschränkten Steuerpflicht. Vorausgesetzt der Steuerpflichtige hat die nach § 6 Absatz 1 AStG geschuldete Steuer vollständig entrichtet, gilt die Beteiligung als im Zeitpunkt der fiktiven Veräußerung im Sinne des § 6 AStG zum gemeinen Wert in Höhe von 10 Mio. € angeschafft. Im Veranlagungszeitraum 16 unterliegt daher nur ein Betrag in Höhe von 2 Mio. € (= 12 Mio. € - 10 Mio. €) unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens der beschränkten Steuerpflicht; aus einem ggf. mit dem Ansässigkeitsstaat bestehenden DBA kann sich insoweit noch eine Einschränkung des deutschen Besteuerungsrechts ergeben (vgl. Tz. 6.1.7).

104Soweit die auf den Veräußerungsgewinn nach § 6 AStG geschuldete Steuer noch nicht entrichtet ist, gelten die Anteile weiterhin als zu den ursprünglichen Anschaffungskosten erworben (§ 6 Absatz 1 Satz 3 Halbsatz 2 AStG).

105Die auf den Veräußerungsgewinn nach § 6 AStG geschuldete Steuer ist in dem Zeitpunkt entrichtet, in dem der zugrunde liegende Steueranspruch insbesondere durch Zahlung oder Aufrechnung getilgt und der Steueranspruch insoweit erloschen ist. Ergibt sich aus der Veranlagung des Steuerpflichtigen im Kalenderjahr der fingierten Veräußerung insgesamt ein Verlust, gilt die Steuer grundsätzlich mit Bekanntgabe des Verlustfeststellungsbescheids als entrichtet. Ist das Einkommen im maßgeblichen Veranlagungszeitraum zwar positiv, ergibt sich jedoch aufgrund eines Verlustvortrags oder Verlustrücktrags keine festzusetzende Steuer, gilt die Steuer ebenfalls mit Bekanntgabe des Verlustfeststellungsbescheids als entrichtet.

106In Fällen, in denen die Steuer aus der Steuerfestsetzung, die den Veräußerungsgewinn nach § 6 AStG beinhaltet, nur teilweise getilgt wird und keine Stundung nach § 6 Absatz 4 AStG gewährt wurde, entfällt die Tilgung anteilig auch auf den Veräußerungsgewinn nach § 6 AStG.

107Ist die Steuer nach § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG gestundet, ist die Steuer nur insoweit entrichtet, als die Ratenzahlungen bereits geleistet wurden. Zur Fälligkeit der noch nicht entrichteten Steuer im Veräußerungsfall vgl. Tz. 6.4.2.

108Die spätere Entrichtung der nach § 6 AStG geschuldeten Steuer stellt insoweit ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO für einen der Vermögenszuwachsbesteuerung nachfolgenden Veräußerungsvorgang durch den Steuerpflichtigen dar.

6.1.6. Rechtsweg bei Streitigkeiten über die Steuerfestsetzung

109Die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 AStG, die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 6 AStG und die Festsetzung der hierauf entfallenden Einkommensteuer erfolgt im Rahmen des Festsetzungsverfahrens. Bei diesbezüglichen Streitigkeiten ist insoweit grundsätzlich der Einkommensteuerbescheid anzufechten. Über die Stundungsmöglichkeit nach § 6 Absatz 4 AStG ist demgegenüber im Rahmen des Erhebungsverfahrens zu entscheiden; vgl. Tz. 6.4.4.

6.1.7 Auswirkung von DBA

110Die Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 AStG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Steuerpflichtige nach oder zeitgleich mit dem die Vermögenszuwachsbesteuerung auslösenden Tatbestand in einem Staat abkommensrechtlich ansässig wird, mit dem ein DBA besteht, das die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen in Deutschland ausschließt. Abkommensrechtliche Bestimmungen, die der Formulierung von Artikel 13 Absatz 6 Satz 1 der deutschen DBA-Verhandlungsgrundlage entsprechen, sind lediglich von deklaratorischer Bedeutung und schränken eine Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG – auch bei Nichtvorliegen einer Ansässigkeit von mindestens fünf Jahren im bisherigen Ansässigkeitsstaat – nicht ein.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hat seine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland am - 24:00 Uhr beendet und ist in den Staat A verzogen, mit dem ein dem OECD-MA 2017 vergleichbares DBA besteht. Der Steuerpflichtige hält seit Jahren eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Kapitalgesellschaft. Die Voraussetzungen des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG sind erfüllt.

Nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 AStG erfolgt die fiktive Veräußerung der Beteiligung im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht am - 24:00 Uhr, also in zeitlicher Hinsicht bevor oder zumindest nicht später als der Steuerpflichtige für Zwecke des DBA im Staat A ansässig wird. Es ist somit in Bezug auf den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung kein Fall einer Schrankenwirkung durch das DBA mit dem Staat A denkbar, da Deutschland im Zeitpunkt der fiktiven Veräußerung abkommensrechtlich sowohl Quellen- als auch Ansässigkeitsstaat ist.

111Allerdings kann das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Vermögenszuwachses dadurch beschränkt oder ausgeschlossen sein, dass ein in persönlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht auf den Vorgang anwendbares DBA dies (bereits) für den maßgeblichen Zeitpunkt vorsieht. Für eine hiernach ggf. gebotene Prüfung eines DBA im Hinblick auf die Zuweisung von Besteuerungsrechten am fiktiven Veräußerungsgewinn nach § 6 AStG sind stets die Verhältnisse zu dem nach § 6 Absatz 1 Satz 2 AStG jeweils fallspezifisch bestimmten Zeitpunkt maßgebend.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hat sowohl in Deutschland als auch in Staat A einen Wohnsitz. Nach dem bestehenden DBA (vergleichbar dem OECD-MA 2017) gilt der Steuerpflichtige in Staat A als ansässig. Er hält seit Jahren eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Kapitalgesellschaft, die nach dem bestehenden DBA mit Staat A sachlich unter Artikel 13 Absatz 5 dieses DBA fällt. Am überträgt der Steuerpflichtige seine Beteiligung unentgeltlich im Wege der Schenkung auf seinen im Ausland lebenden, nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Sohn. Die Voraussetzungen des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG sind erfüllt.

Nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 AStG erfolgt die fiktive Veräußerung der Beteiligung im Zeitpunkt der Beendigung der Übertragung am . Zu diesem Zeitpunkt ist nach dem mit dem OECD-MA 2017 vergleichbaren DBA mit Staat A auf die fiktive Veräußerung Artikel 13 Absatz 5 dieses DBA als Verteilungsnorm anwendbar (vgl. , BStBl II 2009 S. 524). Das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der (tatsächlichen oder fiktiven) Veräußerung der Anteile steht demnach ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat A zu. Die Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 AStG durch Deutschland ist daher in diesem Fall abkommensrechtlich ausgeschlossen; § 32b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 EStG ist zu beachten.

112Die Besteuerung des Gewinns aus der tatsächlichen Veräußerung des Anteils entfällt, wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Veräußerung in einem Staat ansässig ist, mit dem ein DBA besteht, das für diesen Gewinn das Besteuerungsrecht nur diesem Staat zuweist. Durch die Besteuerung des Gewinns aus der tatsächlichen Veräußerung im Ansässigkeitsstaat wird jedoch u. U. der nach § 6 Absatz 1 AStG bereits besteuerte Gewinn ein zweites Mal besteuert. Das kann vermieden werden, indem der Ansässigkeitsstaat

  1. bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns an die Wertverhältnisse beim Wegzug anknüpft bzw. den Veräußerungsgewinn insoweit freistellt oder

  2. auf seine Steuer die nach § 6 Absatz 1 AStG erhobene Steuer anrechnet.

113Dies ist in einigen DBA ausdrücklich vorgesehen (z. B. Wertanknüpfung bei den DBA mit Italien, Kanada, Neuseeland, Österreich, der Schweiz und den USA sowie Steueranrechnung bei den DBA mit Dänemark und Schweden).

6.2 Persönlicher Anwendungsbereich

6.2.1 Unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 6 AStG

114Die Anwendung des § 6 AStG setzt hinsichtlich der Person des Steuerpflichtigen zum einen voraus, dass er im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung (vgl. Tz. 6.1.4) unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 EStG ist.

115Die Vermögenszuwachsbesteuerung setzt zum anderen voraus, dass es sich um eine natürliche Person handelt, die innerhalb der letzten zwölf Jahre vor dem Eintritt des auslösenden Besteuerungstatbestands (vgl. Tz. 6.1.4) insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 EStG gewesen ist. Eine unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Absatz 2 oder 3 EStG führt nicht zur Anwendung des § 6 AStG. Es ist nicht erforderlich, dass die Person die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder abkommensrechtlich in Deutschland ansässig ist.

116Für die Berechnung des Zwölfjahreszeitraums sind die Vorschriften über die Fristberechnung nach § 108 AO i. V. m. §§ 187 ff. BGB heranzuziehen.

117War der Steuerpflichtige bzw. sein Rechtsvorgänger (vgl. Tz. 6.2.2) im maßgebenden Zwölfjahreszeitraum mehrere Male (mit zeitlichen Unterbrechungen) unbeschränkt steuerpflichtig, so sind diese Zeiträume zusammenzuzählen.

Beispiel:

Der seit seiner Geburt ununterbrochen in Deutschland wohnhafte 18-jährige A zog am zum Studium in den Staat C. Nach Beendigung seines Studiums kehrte er am nach Deutschland zurück. Im Jahr 08 hatte A 100 Prozent der Anteile an einer deutschen GmbH erworben. Am gab A seinen Wohnsitz in Deutschland erneut auf und zog in den Staat D.

Da die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht des A (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG) mit Aufgabe seines Wohnsitzes (§ 8 AO) zum erfolgt, beginnt der nach § 6 Absatz 2 Satz 1 AStG maßgebende Zwölfjahreszeitraum am (§ 108 Absatz 1 AO i. V. m. §§ 187 Absatz 1, 188 Absatz 2 BGB). Die innerhalb der folgenden zwölf Jahre liegenden Zeiträume der unbeschränkten Steuerpflicht des A vom bis zum (= 2 Jahre und 11 Monate) und vom bis zum (= 6 Jahre und 1 Monat) werden für Zwecke der Anwendung des § 6 Absatz 2 AStG zusammengerechnet. Im Zeitpunkt der mit dem Wegzug zum eintretenden Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht war A daher innerhalb der letzten zwölf Jahre vor seinem Wegzug insgesamt neun Jahre unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG. Die persönlichen Voraussetzungen für eine Besteuerung des Vermögenszuwachses gem. § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG liegen somit vor.

6.2.2 Unentgeltliche Rechtsgeschäfte

118Bei unentgeltlichem Erwerb von Anteilen (z. B. durch Schenkung, Erbfall, letztwillige Verfügung, Vermächtnis) sind Zeiträume, in denen der Rechtsvorgänger innerhalb des zwölfjährigen Betrachtungszeitraums unbeschränkt steuerpflichtig war, nach § 6 Absatz 2 Satz 2 AStG in die Prüfung der siebenjährigen unbeschränkten Steuerpflicht einzubeziehen.

119Sind die Anteile mehrmals nacheinander unentgeltlich übertragen worden (z. B. in Fällen von sog. Kettenschenkungen), wird die gesamte Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht eines jeden Rechtsvorgängers in den maßgebenden zwölfjährigen Betrachtungszeitraum einbezogen. Dabei werden Zeiträume, in denen der Übernehmer der Anteile oder ein oder mehrere Rechtsvorgänger gleichzeitig unbeschränkt steuerpflichtig waren, nach § 6 Absatz 2 Satz 3 AStG nur einmal angesetzt.

6.2.3 Steuerpflicht bei Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung

120Bei Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung des § 6 Absatz 3 AStG (vgl. hierzu Tz. 6.3) gelten der Steuerpflichtige sowie dessen unmittelbarer oder mittelbarer Rechtsnachfolger – abweichend von § 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 AStG – als unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 6 Absatz 1 AStG (§ 6 Absatz 2 Satz 4 AStG). Eine Prüfung des zwölfjährigen Betrachtungszeitraums ist daher nicht erforderlich.

Beispiel 1:

Der seit seiner Geburt ununterbrochen in Deutschland wohnhafte 25-jährige B erbte im Jahr 01 Anteile im Sinne des § 17 EStG an einer deutschen GmbH. Zu Beginn des Jahres 03 zog er berufsbedingt in den Staat E. Durch die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Folge der Aufgabe seines Wohnsitzes im Jahr 03 tritt für die von B gehaltenen Anteile die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG ein. Die persönlichen Voraussetzungen des § 6 Absatz 2 Satz 1 AStG sind erfüllt, da B im gesamten Zwölfjahreszeitraum vor dem Wegzug unbeschränkt steuerpflichtig war. Nach Beendigung der auf sechs Jahre angelegten Auslandstätigkeit kehrte B am nach Deutschland zurück. Mit der Rückkehr entfällt der Steueranspruch nach § 6 Absatz 3 AStG. Am gibt B seinen Wohnsitz in Deutschland endgültig auf und zieht in den Staat E zurück.

In Folge der Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung bei Rückkehr im Jahr 09 gilt B als unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 6 Absatz 1 AStG (§ 6 Absatz 2 Satz 4 AStG). Auf das Vorliegen einer siebenjährigen unbeschränkten Steuerpflicht innerhalb des Zwölfjahreszeitraums vor dem erneuten Wegzug kommt es nicht an. Der erneute Wegzug im Jahr 14 löst daher eine Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG in Bezug auf die von B gehaltenen Anteile aus.

Beispiel 2:

C zog im Jahr 03 mit seiner Familie aus beruflichen Gründen vorübergehend für sieben Jahre ins Ausland. Im Jahr 10 kehrte C mit seiner Ehefrau D nach Deutschland zurück; die inzwischen volljährigen Kinder blieben im Ausland. C nahm bei seiner Rückkehr im Jahr 10 zulässigerweise die Rückkehrerregelung nach § 6 Absatz 3 AStG für die der Vermögenszuwachsbesteuerung im Jahr 03 unterlegenen Anteile in Anspruch. Im Jahr 12 stirbt C überraschend; seine Anteile erbt seine Ehefrau D. D beschließt daraufhin zu ihren Kindern ins Ausland zu ziehen.

In Folge der Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung durch C bei Rückkehr im Jahr 10 gilt auch D als unmittelbare Rechtsnachfolgerin als unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 6 Absatz 1 AStG (§ 6 Absatz 2 Satz 4 AStG). Auf das Vorliegen einer siebenjährigen unbeschränkten Steuerpflicht innerhalb des Zwölfjahreszeitraums vor dem erneuten Wegzug kommt es nicht an. Der Wegzug im Jahr 12 löst daher bei D eine Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG in Bezug auf die von C geerbten Anteile aus.

121Die Fiktion der unbeschränkten Steuerpflicht in § 6 Absatz 2 Satz 4 AStG betrifft den persönlichen Anwendungsbereich des § 6 Absatz 1 AStG bezogen auf den Steuerpflichtigen und dessen Rechtsnachfolger. Sie gilt daher nicht nur in Bezug auf die Beteiligung, für die die Rückkehrerregelung nach § 6 Absatz 3 AStG in Anspruch genommen wurde, sondern für sämtliche Beteiligungen des Steuerpflichtigen oder dessen Rechtsnachfolger, unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs, wenn insoweit ein die Vermögenszuwachsbesteuerung auslösender Tatbestand nach § 6 Absatz 1 AStG erfüllt wird.

122Die Fiktion gilt auch, wenn die Steuer auf Grundlage der Rückkehrerregelung von § 6 Absatz 3 AStG in der am geltenden Fassung entfällt.

6.3 Entfallen des Steueranspruchs (Rückkehrerregelung)

123Nach § 6 Absatz 3 AStG kommt es in bestimmten Fällen bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 Satz 1 bis 3 AStG (ggf. anteilig) zu einem Entfallen des Steueranspruchs nach § 6 Absatz 1 AStG. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen beruht und der Steuerpflichtige innerhalb eines bestimmten Zeitraums wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird (vgl. Tz. 6.3.1). Zum anderen ist dies der Fall, wenn ein Ausschluss des Besteuerungsrechts im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen beruht und der Steuerpflichtige innerhalb eines bestimmten Zeitraums das Besteuerungsrecht wieder begründet (vgl. Tz. 6.3.2). Auch wenn im Fall der unentgeltlichen Übertragung im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG auf eine natürliche Person die betreffende Person innerhalb eines bestimmten Zeitraums seit der Übertragung unbeschränkt steuerpflichtig wird, kommt ein Entfallen des Steueranspruchs nach § 6 Absatz 1 AStG in Betracht (vgl. Tz. 6.3.3).

6.3.1 Rückkehrerregelung in den Fällen des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG

124Beruht die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG) auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen, entfällt der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG unter den Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 Satz 1 bis 3 AStG.

125Persönliche Voraussetzung ist, dass

  1. die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG) auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen beruht (vgl. Tz. 6.3.1.1) und

  2. der Steuerpflichtige – grundsätzlich innerhalb von sieben Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht – wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird (vgl. Tz. 6.3.1.2).

126Die Rückkehrerregelung kommt nur zur Anwendung, soweit

  1. in Bezug auf die Anteile in der Zwischenzeit keine Statusänderungen eingetreten sind (vgl. Tzn. 6.3.1.3 und 6.3.1.4),

  2. keine substanziellen Gewinnausschüttungen sowie keine substanzielle Einlagenrückgewähr erfolgt sind (vgl. Tz. 6.3.1.5) und

  3. mindestens das im Wegzugszeitpunkt bestehende Besteuerungsrecht wiedererlangt wird (vgl. Tz. 6.3.1.6).

127Zu den Stundungsmöglichkeiten der Steuer nach § 6 Absatz 1 AStG in den Fällen des § 6 Absatz 3 AStG vgl. Tz. 6.4.3.

6.3.1.1 Vorübergehende Abwesenheit

128Für die Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung ist Voraussetzung, dass die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen beruht. Dies setzt eine Rückkehrabsicht voraus. Wenn keine Anhaltspunkte bestehen, die eine gegenteilige Wertung nahelegen, reicht die Erklärung des Steuerpflichtigen für die Annahme der Rückkehrabsicht aus.

129Das Tatbestandsmerkmal der nur vorübergehenden Abwesenheit ist auch erfüllt, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des vorgegebenen Siebenjahreszeitraums des § 6 Absatz 3 Satz 1 AStG tatsächlich zurückkehrt (, BStBl II 2023 S. 898).

130Bei einer Rückkehr außerhalb des Siebenjahreszeitraums ist das Tatbestandsmerkmal der vorübergehenden Abwesenheit nur erfüllt, wenn eine Rückkehrabsicht unverändert fortbesteht (§ 6 Absatz 3 Satz 3 AStG). Dabei genügt die bloße Absicht zur Rückkehr und eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts. Die Rückkehrabsicht ist spätestens mit dem Antrag auf Fristverlängerung nach § 6 Absatz 3 Satz 3 AStG (vgl. Tz. 6.3.1.2, Rn. 133, 134) zu dokumentieren.

6.3.1.2 Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht

131Der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG entfällt grundsätzlich nur, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von sieben Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 EStG wird. Eine unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Absatz 2 oder 3 EStG ist nicht ausreichend.

132Für die Berechnung der Frist zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht sind die Vorschriften über die Fristberechnung nach § 108 AO i. V. m. §§ 187 ff. BGB heranzuziehen.

133Im Grundsatz beträgt die Frist zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht sieben Jahre ab dem Tag des Wegzugs. Die Frist kann auf Antrag des Steuerpflichtigen – über den regulären Siebenjahreszeitraum hinaus – insgesamt um höchstens fünf Jahre verlängert werden, wenn die Absicht zur Rückkehr (vgl. Tz. 6.3.1.1) unverändert fortbesteht (§ 6 Absatz 3 Satz 3 AStG). Der maximale Zeitraum zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht beträgt somit zwölf Jahre ab dem Tag des Wegzugs. Für die Berechnung der Fristverlängerung gilt insbesondere § 108 Absatz 1 AO i. V. m. § 190 BGB.

134Formale Voraussetzung für die Fristverlängerung ist ein schriftlicher oder elektronischer Antrag des Steuerpflichtigen. Sachliche Voraussetzung ist, dass die Rückkehrabsicht über den Siebenjahreszeitraum hinaus fortbesteht. Über den Fristverlängerungsantrag kann daher erst zeitnah vor Ablauf des regulären Siebenjahreszeitraums entschieden werden. Einem z. B. bereits zu Beginn des Siebenjahreszeitraums oder bei Abgabe der Steuererklärung für das Wegzugsjahr gestellten Antrag auf Fristverlängerung kann daher regelmäßig erst zwölf Monate vor Ablauf des Siebenjahreszeitraums und nur unter Bekundung des Fortbestehens der Rückkehrabsicht stattgegeben werden. Wird das über den Siebenjahreszeitraum hinausgehende Fortbestehen der Rückkehrabsicht substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, kann im Einzelfall auch von vornherein eine über den Siebenjahreszeitraum hinausgehende Frist zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht eingeräumt werden. Ein Antrag auf Fristverlängerung kann – soweit der Zwölfjahreszeitraum bei einem vorhergehenden Antrag noch nicht ausgeschöpft wurde – auch mehrmals gestellt werden, wenn die Rückkehrabsicht weiterhin besteht und der Zeitraum insgesamt nicht mehr als zwölf Jahre beträgt.

135Für die Gewährung der Fristverlängerung ist nach § 6 Absatz 3 Satz 3 AStG das Finanzamt zuständig, das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 AO zuständig war. Die Zuständigkeit kann im Wege einer Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO von einem anderen Finanzamt – z. B. dem im Fall einer beschränkten Steuerpflicht für die Veranlagung örtlich zuständigen Finanzamt – übernommen werden.

6.3.1.3 Statusänderungen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AStG

136Der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG entfällt nur, soweit die Anteile in der Zwischenzeit nicht

  • veräußert,

  • übertragen oder

  • in ein Betriebsvermögen eingelegt

wurden, also in Bezug auf die Anteile grundsätzlich keine Statusänderungen mit Blick auf die Zurechnung zum Steuerpflichtigen und deren Zugehörigkeit zum Privatvermögen eingetreten sind (§ 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AStG).

137Schädlich sind neben der Veräußerung insbesondere die unentgeltliche Übertragung unter Lebenden (Schenkung), die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft, der Anteilstausch, die Übertragung auf eine Stiftung sowie die Einlage der Anteile in eine in- oder ausländische Betriebsstätte des Steuerpflichtigen. Als Veräußerung gilt dabei – entsprechend § 17 Absatz 4 EStG – auch die Auflösung der Kapitalgesellschaft.

138Keine Veräußerung im Sinne des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AStG stellen – anders als bei § 17 Absatz 4 EStG – Nennkapitalrückzahlungen und Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG dar; in Bezug auf eine schädliche Einlagenrückgewähr vgl. aber Tz. 6.3.1.5.

6.3.1.4 Unschädliche Statusänderungen (§ 6 Absatz 3 Satz 2 AStG)

139Gesetzlich explizit ausgenommen und damit unschädlich sind nur unentgeltliche Übertragungen von Todes wegen auf natürliche Personen, wenn die Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 Satz 1 AStG durch den Rechtsnachfolger erfüllt werden (§ 6 Absatz 3 Satz 2 AStG). Dies gilt auch bei aufeinanderfolgenden unentgeltlichen Weiterübertragungen zwischen natürlichen Personen von Todes wegen, wenn die Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 Satz 1 AStG durch den unmittelbaren oder mittelbaren Rechtsnachfolger erfüllt werden.

140In den Fällen des § 6 Absatz 3 Satz 2 AStG (unentgeltliche Übertragung von Todes wegen auf eine natürliche Person) kann die Rückkehrerregelung nur in Anspruch genommen werden, wenn der Rechtsnachfolger unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 EStG ist oder grundsätzlich innerhalb von sieben Jahren seit dem die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG auslösenden Wegzug unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 EStG wird.

141Es kann auch eine Verlängerung der Rückkehrfrist auf bis zu zwölf Jahre seit dem Tag des Wegzugs, der die Vermögenszuwachsbesteuerung ausgelöst hat, in Betracht kommen, wenn der Rechtsnachfolger die Absicht hat, (ggf. erstmalig) ins Inland zu ziehen und infolgedessen unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 EStG zu werden; zu den Voraussetzungen vgl. Tz. 6.3.1.2.

142Wurde die Rückkehrfrist bereits vor der Übertragung von Todes wegen über den Siebenjahreszeitraum hinaus durch das Finanzamt verlängert und ist der Rechtsnachfolger im Zeitpunkt des Erbfalls nicht unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 EStG, hat er eine Rückkehrabsicht in seiner Person unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) im Rahmen der Mitwirkungspflichten gegenüber dem Finanzamt zu erklären. Anderenfalls entfällt insoweit die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung; zu den Folgen bei gewährter Stundung nach § 6 Absatz 4 Satz 7 AStG vgl. Tz. 6.4.3.

6.3.1.5 Substanzielle Gewinnausschüttungen oder Einlagenrückgewähr nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AStG

143Der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG kann zudem nur entfallen, soweit keine Gewinnausschüttungen sowie keine Einlagenrückgewähr erfolgt sind, deren gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des der Vermögenszuwachsbesteuerung zugrunde gelegten Wertes beträgt (§ 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AStG).

144Unter den Begriff „Gewinnausschüttungen“ fallen sämtliche Bezüge, die Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 1 und 2 EStG darstellen. Dies sind insbesondere offene und verdeckte Gewinnausschüttungen.

145Der Begriff der „Einlagenrückgewähr“ ist normspezifisch zu verstehen. Hierunter fallen alle Rückzahlungen von Einlagen, soweit sie keine Einnahmen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 1 und 2 EStG darstellen.

146Gewinnausschüttungen und Einlagenrückgewähr werden für die Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AStG vorliegen, gleichbehandelt. Auf eine Differenzierung zwischen Gewinnausschüttung und Einlagenrückgewähr und damit verbundener formaler Anforderungen kommt es grundsätzlich nicht an.

147Für die Prüfung, ob eine substanzielle Gewinnausschüttung bzw. Einlagenrückgewähr erfolgt ist, sind sämtliche Gewinnausschüttungen und jegliche Einlagenrückgewähr, die dem Steuerpflichtigen oder in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen auch dessen Rechtsnachfolger ab dem Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bis zum Zeitpunkt der Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht aus dem der Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG unterliegenden Anteil zugeflossen sind, zusammenzurechnen. Die Rückkehrerregelung kann nur insoweit in Anspruch genommen werden, als diese Summe nicht mehr als 25 Prozent des gemeinen Wertes der Anteile beträgt, der der Vermögenszuwachsbesteuerung zugrunde gelegt wurde; zu den Folgen bei Überschreitung der 25-Prozent-Grenze vgl. Tz. 6.3.1.7.

148Die Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung wird somit der Höhe nach aufgrund von § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AStG in folgendem Fall nicht eingeschränkt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Summe aller Gewinnausschüttungen und Einlagenrückgewähr
25 Prozent des gemeinen Wertes der Anteile bei Vermögenszuwachsbesteuerung

149Wertänderungen seit dem die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG auslösenden Ereignis sind insoweit unbeachtlich. Die Prüfung ist bezogen auf den jeweiligen der Vermögenzuwachsbesteuerung unterliegenden Anteil durchzuführen.

6.3.1.6 Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts im Sinne des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 AStG

150Der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG kann schließlich nur insoweit entfallen, als ein Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile mindestens in dem Umfang wieder begründet wird, wie es im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bestand (§ 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 AStG).

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hält eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer Gesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Staat B. Nach dem DBA mit Staat B ist Deutschland als Ansässigkeitsstaat verpflichtet, die in Staat B auf einen Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung erhobene Steuer anzurechnen. Der Steuerpflichtige verlegt am aus beruflichen Gründen vorübergehend seinen ausschließlichen Wohnsitz in den Staat B. Am kehrt der Steuerpflichtige nach Deutschland zurück und gibt seinen Wohnsitz in Staat B auf. Während seiner Abwesenheit sind weder Statusänderungen im Sinne des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AStG noch substanzielle Gewinnausschüttungen oder eine substanzielle Einlagenrückgewähr im Sinne des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AStG erfolgt.

Die Wohnsitzverlegung des Steuerpflichtigen in den Staat B löst in 01 die Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG aus. Mit seiner Rückkehr in 04 entfällt der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG, da der Steuerpflichtige innerhalb des maßgeblichen Zeitraums wieder unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG wurde (§ 6 Absatz 3 Satz 1 AStG). Dass das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Beteiligung durch die Anrechnungsverpflichtung nach dem DBA mit Staat B beschränkt ist, steht dem Entfallen des Steueranspruchs nicht entgegen, da diese Beschränkung im selben Umfang bereits im Zeitpunkt des Wegzugs des Steuerpflichtigen bestand.

6.3.1.7 Rechtsfolgen der Rückkehrerregelung

151Liegen die persönlichen Voraussetzungen der Rückkehrerregelung (vgl. Tzn. 6.3.1.1 und 6.3.1.2) vor, entfällt der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG in dem Umfang, in dem die sachlichen Voraussetzungen (vgl. Tzn. 6.3.1.3 bis 6.3.1.6) erfüllt sind. Das Erfüllen der Rückkehrerregelung stellt ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO dar.

6.3.1.7.1 Statusänderungen

152Sind im Zeitraum zwischen Wegzug und Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht Statusänderungen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AStG (vgl. Tz. 6.3.1.3) erfolgt, kann insoweit der Steueranspruch aus der Vermögenszuwachsbesteuerung nicht entfallen. Die Anwendung der Rückkehrerregelung kommt nur in dem Umfang in Betracht, in dem keine schädlichen Statusänderungen erfolgt sind.

Beispiel:

Bei einer teilweisen Veräußerung der Beteiligung bleibt hinsichtlich des veräußerten Teils der Steueranspruch aus der Vermögenszuwachsbesteuerung bestehen. Für den verbleibenden Teil kommt die Rückkehrerregelung weiterhin in Betracht, so dass der hierauf entfallende Steueranspruch entfallen kann, wenn auch die übrigen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

6.3.1.7.2 Substanzielle Gewinnausschüttungen

153Sind im Zeitraum zwischen Wegzug und Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht insgesamt Gewinnausschüttungen oder eine Einlagenrückgewähr in Höhe von mehr als 25 Prozent des der Vermögenszuwachsbesteuerung zugrunde gelegten gemeinen Wertes der Anteile (vgl. Tz. 6.3.1.5) erfolgt, kann in dem Umfang, in dem die Summe der Gewinnausschüttungen / Einlagenrückgewähr 25 Prozent des gemeinen Wertes übersteigt, der Steueranspruch aus der Vermögenszuwachsbesteuerung nicht entfallen. Übersteigt die Summe der Gewinnausschüttungen / Einlagenrückgewähr insgesamt den Betrag in Höhe von 125 Prozent des der Vermögenszuwachsbesteuerung zugrunde gelegten gemeinen Wertes, kommt ein Entfallen des Steueranspruchs aus der Vermögenszuwachsbesteuerung nicht mehr in Betracht.

Beispiel:

Zwischen Wegzug und Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht sind dem Steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen im Umfang von 30 Prozent des gemeinen Wertes der Anteile bei Vermögenszuwachsbesteuerung zugeflossen. Die 25-Prozent-Grenze für die Gewinnausschüttungen nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AStG ist überschritten. Im Umfang von 5 Prozent (= 30 Prozent abzgl. 25 Prozent) kann der Steueranspruch aus der Vermögenszuwachsbesteuerung nicht entfallen. Für die verbleibenden 95 Prozent des Steueranspruchs nach § 6 Absatz 1 AStG kommt die Rückkehrerregelung weiterhin in Betracht, wenn auch die übrigen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

6.3.1.7.3 Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts

154Wird das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile nicht mindestens in dem Umfang wieder begründet, wie es im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bestand (vgl. Tz. 6.3.1.6), kann der Steueranspruch aus der Vermögenszuwachsbesteuerung in vollem Umfang nicht entfallen.

6.3.1.7.4 Ermittlung des Umfangs der Rückkehrerregelung

155Bei der Ermittlung des Umfangs, in dem die Rückkehrerregelung und damit ein Entfallen des Steueranspruchs in Betracht kommt, sind alle drei sachlichen Tatbestandsmerkmale (insbesondere § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 AStG) kumulativ zu betrachten. Die Tatbestandsmerkmale sind dabei entsprechend ihres zeitlichen Eintritts zu berücksichtigen. Im Fall einer Gewinnausschüttung nach vorhergehender Veräußerung ist für die Anwendung des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 AStG als Wert im Sinne des § 6 Absatz 1 AStG nur der Wert der noch verbliebenen Anteile anzusetzen.

Beispiel 1 (erst teilweise Veräußerung, dann Gewinnausschüttung):

Zum Zeitpunkt des Wegzugs aus Deutschland am war der Steuerpflichtige mit 10 Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt (gemeiner Wert der Anteile: [gesamt] 1.000.000 €, Steueranspruch nach § 6 AStG: 350.000 €). Der Steuerbescheid für 01 wurde am bekanntgegeben. Am veräußerte der Steuerpflichtige 60 Prozent seiner Anteile für 600.000 €. Am erhielt er eine Gewinnausschüttung in Höhe von 400.000 €. Zum kehrt der Steuerpflichtige nach Deutschland zurück und wird wieder unbeschränkt steuerpflichtig. Das Besteuerungsrecht wird hinsichtlich der noch vorhandenen Anteile wieder in dem Umfang begründet, wie es zum Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bestand.

Bei der Prüfung, in welchem Umfang die Rückkehrerregelung in Anspruch genommen werden kann, ist zunächst die zeitlich zuerst erfolgte Veräußerung und im nächsten Schritt die zeitlich nachfolgende Gewinnausschüttung zu betrachten.

Soweit eine Veräußerung erfolgt ist, kommt ein Entfallen des Steueranspruchs nicht mehr in Betracht, d. h. 210.000 € des Steueranspruchs (= 60 Prozent von 350.0000 €) stehen fest.

Soweit später eine substanzielle Ausschüttung erfolgt ist, kommt ebenfalls kein Entfallen des Steueranspruchs zum Tragen. Die Gewinnausschüttung ist schädlich, soweit der gemeine Wert der Gewinnausschüttung (= 400.000 €) ein Viertel des Wertes der verbliebenen Anteile (= 25 Prozent x 40 Prozent x 1.000.000 € = 100.000 €) übersteigt. In Höhe von 300.000 € (= 400.000 € - 100.000 €) liegt somit eine schädliche Gewinnausschüttung vor, und der noch für ein Entfallen in Betracht kommende Steueranspruch (= 40 Prozent x 350.000 € = 140.000 €) kann im Umfang von 75 Prozent (= 300.000 € / 400.000 €), d. h. in Höhe von 105.000 € (= 75 Prozent x 140.000 €) nicht mehr entfallen.

Der Steueranspruch kann in der Folge in Höhe von 315.000 € (= 210.000 € + 105.000 €) nicht mehr entfallen. Die Rückkehrerregelung kommt noch für 35.000 € (= 350.000 € - 315.000 €) in Betracht, so dass der Steueranspruch bei der Rückkehr in Höhe von 35.000 € entfällt.

Beispiel 2 (erst Gewinnausschüttung, dann teilweise Veräußerung):

Zum Zeitpunkt des Wegzugs aus Deutschland am war der Steuerpflichtige mit 10 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt (gemeiner Wert der Anteile: [gesamt] 1.000.000 €, Steueranspruch nach § 6 AStG: 350.000 €). Der Steuerbescheid für 01 wurde am bekanntgegeben. Am erhielt der Steuerpflichtige eine Gewinnausschüttung in Höhe von 400.000 €. Am veräußerte er 60 Prozent seiner Anteile für 600.000 €. Zum kehrt der Steuerpflichtige nach Deutschland zurück und wird wieder unbeschränkt steuerpflichtig. Das Besteuerungsrecht wird hinsichtlich der noch vorhandenen Anteile wieder in dem Umfang begründet, wie es zum Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bestand.

Bei der Prüfung, in welchem Umfang die Rückkehrerregelung in Anspruch genommen werden kann, ist zunächst die zeitlich zuerst erfolgte Gewinnausschüttung und im nächsten Schritt die zeitlich nachfolgende Veräußerung zu betrachten.

Soweit eine substanzielle Ausschüttung erfolgt ist, kommt kein Entfallen des Steueranspruchs mehr in Betracht. Die Gewinnausschüttung ist schädlich, soweit der gemeine Wert der Gewinnausschüttung (= 400.000 €) ein Viertel des Wertes der Anteile (= 25 Prozent x 1.000.000 € = 250.000 €) übersteigt. In Höhe von 150.000 € (= 400.000 € - 250.000 €) liegt somit eine schädliche Gewinnausschüttung vor, und der Steueranspruch (= 350.000 €) kann im Umfang von 15 Prozent (= 150.000 € / 1.000.000 €), d. h. in Höhe von 52.500 € (= 15 Prozent x 350.000 €), nicht mehr entfallen.

Auch soweit eine Veräußerung erfolgt ist, kommt ein Entfallen des Steueranspruchs nicht mehr in Betracht. Bei der Veräußerung von 60 Prozent der Anteile ist dies grundsätzlich ein Steueranspruch in Höhe von 210.000 € (= 60 Prozent x 350.000 €). Infolge der allen Anteilen anteilig zugerechneten zuvor erfolgten schädlichen Gewinnausschüttung wurden davon jedoch bereits 31.500 € (= 60 Prozent x 52.500 €) berücksichtigt und führen nicht noch einmal zum Ausschluss des Entfallens des Steueranspruchs.

Insgesamt kann der Steueranspruch in Höhe von 231.000 € (= 52.500 € aus Gewinnausschüttung + 178.500 € (= 210.000 € - 31.500 €) aus Veräußerung) nicht mehr entfallen. Bei Anwendung der Rückkehrerregelung kommt es nach der Rückkehr noch zu einem Entfallen des Steueranspruchs in Höhe von 119.000 € (= 350.000 € - 231.000 €).

6.3.1.7.5 Zeitpunkt der Anwendung der Rückkehrerregelung

156Für die Anwendung der Rückkehrerregelung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 AStG sind allein die Umstände zum Zeitpunkt der Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht maßgebend. Liegen zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle sachlichen Voraussetzungen für die Rückkehrerregelung – insbesondere die Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts in dem nach § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 AStG erforderlichen Umfang – vor, kann der Steueranspruch nicht nach § 6 Absatz 3 AStG entfallen. Dies gilt i. d. R. auch dann, wenn die Voraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb des Siebenjahreszeitraums bzw. der vom Finanzamt eingeräumten Frist erfüllt werden. Im Einzelfall kann es unbeachtlich sein, wenn die für die Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts erforderliche abkommensrechtliche Ansässigkeit in Deutschland erst innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht begründet wird, sofern in der Zwischenzeit keine (für das Entfallen des Steueranspruchs) schädlichen Ereignisse eingetreten sind.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hält eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer Gesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Staat C. In 01 verlegt er seinen ausschließlichen Wohnsitz aus beruflichen Gründen vorübergehend in den Staat C. Das DBA mit Staat C weist das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft entsprechend Artikel 13 Absatz 5 OECD-MA 2017 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zu. In 04 begründet der Steuerpflichtige wieder einen Wohnsitz in Deutschland, behält aber seinen Wohnsitz im Staat C bei. Abkommens-rechtlich ist der Steuerpflichtige weiterhin in Staat C ansässig. Erst in 06 gibt der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz in Staat C auf, so dass er nun auch abkommensrechtlich in Deutschland ansässig ist.

Für die Anwendung der Rückkehrerregelung sind allein die Umstände im Zeitpunkt der Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht in 04 maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt fehlt es an der Voraussetzung des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 AStG, da Deutschland erst mit dem Ansässigkeitswechsel des Steuerpflichtigen in 06 das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Beteiligung wieder in dem Umfang zusteht, wie es im Zeitpunkt des Wegzugs bestand. Die Rückkehrerregelung kann daher nicht – auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt – in Anspruch genommen werden.

6.3.2 Erweiterung der Rückkehrerregelung für bestimmte Fälle im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG (§ 6 Absatz 3 Satz 4 AStG)

157Die Rückkehrerregelung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 bis 3 AStG gilt – unter den dort genannten Voraussetzungen (vgl. Tzn. 6.3.1.1 bis 6.3.1.6) – entsprechend auch für eine Besteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG infolge des Ausschlusses des Besteuerungsrechts Deutschlands (vgl. Tz. 6.1.4.3), wenn der Ausschluss des Besteuerungsrechts auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen beruht (§ 6 Absatz 3 Satz 4 AStG).

158Voraussetzung ist, dass die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG durch eine vorübergehende Abwesenheit des Steuerpflichtigen (vgl. Tz. 6.3.1.1) ausgelöst wurde, z. B. durch einen nur vorübergehenden Ansässigkeitswechsel (vgl. nachfolgendes Beispiel). Für Fälle der ausschließlichen passiven Ent- und (Wieder-)Verstrickung, z. B. aufgrund geänderter DBA, kommt die Rückkehrerregelung daher nicht zur Anwendung.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hält eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer Gesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Staat D. Er verfügt sowohl in Deutschland als auch im Staat D über einen Wohnsitz. Das DBA mit Staat D weist das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft entsprechend Artikel 13 Absatz 5 OECD-MA 2017 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zu. Der Steuerpflichtige gilt nach dem DBA als in Deutschland ansässig. Beginnend ab Januar 01 hält sich der Steuerpflichtige aus familiären Gründen nur noch in Staat D auf, mit der Folge, dass abkommensrechtlich ein Ansässigkeitswechsel eintritt.

Seinen Wohnsitz in Deutschland gibt der Steuerpflichtige nicht auf. In 02 kehrt er wieder nach Deutschland zurück. Die Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 AStG sollen erfüllt sein.

Der abkommensrechtliche Ansässigkeitswechsel in 01 löst die Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG aus, da hierdurch das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Beteiligung ausgeschlossen wird. Mit der Rückkehr des Steuerpflichtigen in 02 entfällt der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG, da der Ausschluss des Besteuerungsrechts im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG nur auf einer vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen beruht und das Besteuerungsrecht Deutschlands mit der Rückkehr des Steuerpflichtigen innerhalb des maßgeblichen Siebenjahreszeitraums (§ 6 Absatz 3 Satz 3 AStG) wieder in dem Umfang begründet wird, wie es im Zeitpunkt des Ausschlusses bestand (§ 6 Absatz 3 Satz 4 i. V. m § 6 Absatz 3 Satz 1 AStG).

159Die Rückkehrerregelung kann zudem nur für Fälle des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 AStG infolge des Ausschlusses des Besteuerungsrechts – nicht hingegen für Fälle der Beschränkung des Besteuerungsrechts Deutschlands – in Anspruch genommen werden.

160Bei der entsprechenden Anwendung von § 6 Absatz 3 Satz 2 AStG ist maßgebend, dass der Rechtsnachfolger innerhalb der für den Erblasser geltenden Frist die Voraussetzungen für die Anwendung des § 6 Absatz 3 AStG erfüllt, d. h. insbesondere die unbeschränkte Steuerpflicht und das deutsche Besteuerungsrecht (wieder)begründet, vgl. Tz. 6.3.1.4.

6.3.3 Erweiterung der Rückkehrerregelung für bestimmte Fälle im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG (§ 6 Absatz 3 Satz 5 AStG)

161Die Rückkehrerregelung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 bis 3 AStG gilt – unter den dort genannten Voraussetzungen (vgl. Tzn. 6.3.1.2 bis 6.3.1.6) – entsprechend auch für eine Besteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG infolge einer unentgeltlichen Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person (vgl. Tz. 6.1.4.2), wenn diese innerhalb von sieben Jahren seit der Übertragung unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Absatz 1 EStG wird (§ 6 Absatz 3 Satz 5 AStG). Aufgrund der entsprechenden Anwendbarkeit von § 6 Absatz 3 Satz 3 AStG ist auch eine Verlängerung der Frist möglich, wenn eine Rückkehrabsicht über den Siebenjahreszeitraum hinaus besteht (vgl. Tz. 6.3.1.1, Rn. 130).

Beispiel:

Ein unbeschränkt Steuerpflichtiger überträgt in 01 eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Gesellschaft unentgeltlich auf sein Kind, das seinen ausschließlichen Wohnsitz zu Studienzwecken in Staat E hat. Nach Beendigung seines Studiums verlegt das Kind in 04 seinen Wohnsitz nach Deutschland. Die Voraussetzungen des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 AStG sollen erfüllt sein.

Die unentgeltliche Übertragung der Beteiligung auf das Kind in 01 löst die Besteuerung des Vermögenszuwachses nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG aus. Mit der Rückkehr des Kindes in 04 entfällt der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG, da das Kind innerhalb des maßgeblichen Siebenjahreszeitraums (§ 6 Absatz 3 Satz 1 AStG) unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG geworden ist.

162Zum Umfang der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht und der maßgebenden Frist gelten die Ausführungen in Tz. 6.3.1.2.

Abwandlung:

Nach Beendigung des Studiums nimmt das Kind im Jahr 03 ein Jobangebot in Deutschland an, behält aber zunächst seinen Wohnsitz im Staat E und pendelt täglich zwischen Wohnung im Staat E und Arbeitsstätte in Deutschland. Da das Kind ausschließlich inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielt, wird es für den Veranlagungszeitraum 03 antragsgemäß nach § 1 Absatz 3 Satz 1 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. Im Jahr 04 gibt das Kind seinen Wohnsitz im Staat E auf und begründet einen Wohnsitz in der Nähe seiner Arbeitsstätte in Deutschland. Im Übrigen ergeben sich keine Abweichungen zum Grundfall.

Auch in der Abwandlung entfällt der Steueranspruch nach § 6 Absatz 1 AStG erst mit der Rückkehr des Kindes nach Deutschland, da es erst zu diesem Zeitpunkt unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 EStG wird (§ 6 Absatz 3 Satz 5 AStG). Die Begründung einer unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Absatz 3 EStG in 03 ist nicht ausreichend (vgl. Tz. 6.3.1.2).

163Bei Übertragungen auf eine ausländische juristische Person ist die Rückkehrerregelung nicht anwendbar.

164Bei der entsprechenden Anwendung von § 6 Absatz 3 Satz 2 AStG ist maßgebend, dass der Rechtsnachfolger innerhalb der für den Erblasser geltenden Frist die Voraussetzungen für die Anwendung des § 6 Absatz 3 AStG erfüllt, vgl. Tz. 6.3.1.4.

6.4 Fälligkeit des Steueranspruchs

165Die Einkommensteuer, die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG entfällt, wird – wenn sich aus der Steuerfestsetzung eine Abschlusszahlung ergibt – einen Monat nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids fällig (§ 220 Absatz 1 AO i. V. m. § 36 Absatz 4 Satz 1 EStG).

166Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann die festgesetzte Steuer, die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG entfällt, in sieben gleichen Jahresraten entrichtet werden (§ 6 Absatz 4 Satz 1 AStG). § 6 Absatz 4 AStG stellt eine besondere Ratenzahlungs- bzw. Stundungsregelung (nachfolgend: Stundung) für die aus der Besteuerung des Vermögenszuwachses im Sinne des § 6 AStG geschuldete Einkommensteuer dar. Die allgemeine Stundungsregelung des § 222 AO bleibt hiervon unberührt.

167Die festgesetzte Steuer, die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 AStG entfällt, kann durch die Differenz einer Steuerberechnung einschließlich der Vermögenszuwachsbesteuerung zur Steuerberechnung ohne Einbeziehung der Vermögenszuwachsbesteuerung ermittelt werden.

6.4.1 Voraussetzungen für die Stundung und Rechtsfolgen

168Die Stundung nach § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG wird nur auf Antrag des Steuerpflichtigen gewährt. Der Antrag ist grundsätzlich schriftlich oder elektronisch zu stellen. Der Antrag ist grundsätzlich nicht fristgebunden; vgl. aber Rn. 170 zu den Voraussetzungen für die Gewährung der Stundung. Für die Gewährung der Stundung ist das Finanzamt zuständig, das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 AO zuständig war.

169Im Gegensatz zu § 222 AO erfordert die Stundung nach § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG nicht, dass die Einziehung des gesamten Steuerbetrages bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde.

170Das Antragsverfahren auf Stundung ist als Ermessensvorschrift ausgestaltet. Eine Stundung ist allerdings nicht bzw. insoweit nicht zu gewähren, als eines der Ereignisse des § 6 Absatz 4 Satz 5 AStG bis zum Erlass des Steuerbescheids oder der Entscheidung über den Antrag auf Stundung eingetreten ist (vgl. Tz. 6.4.2 und in Rückkehrerfällen zusätzlich Rn. 181). Insbesondere kann einem Antrag auf Stundung nicht stattgegeben werden, wenn nach Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids keine Zahlung in Höhe von mindestens einem Siebtel der festgesetzten Steuer, die auf die Einkünfte nach § 6 Absatz 1 AStG entfällt, (= erste Rate) erfolgt ist.

171Eine ratierliche Zahlungsweise wird i. d. R. nur gegen Sicherheitsleistung gewährt (§ 6 Absatz 4 Satz 2 AStG), weil aufgrund der künftig eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten des deutschen Fiskus eine Gefährdung des Steueranspruchs näher liegt als in Inlandsfällen. Bei einer Prüfung im Einzelfall sind insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen, die für eine Gefährdung relevant sind: Gesamtvermögen des Steuerpflichtigen, Rückkehrwahrscheinlichkeit, Familienverhältnisse und Bindung zum Inland sowie Vollstreckungsmöglichkeiten in das Vermögen des Steuerpflichtigen im In- und Ausland. Von Bedeutung ist auch, ob der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Verpflichtungen in der Vergangenheit stets vollständig und fristgerecht nachgekommen ist und glaubhaft darlegen kann, dass er die Steuerschuld im Zeitpunkt der Fälligkeit fristgerecht begleichen kann.

Ist eine Sicherheitsleistung erforderlich, richten sich Art und Verfahren nach §§ 241 ff. AO.

172Die Steuer ist gem. § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG in sieben gleichen Jahresraten zu entrichten. Eine ratierliche Zahlung über einen kürzeren oder längeren Zeitraum als sieben Jahre kommt nicht in Betracht (vgl. zu Sonderbestimmungen bei Anwendung der Rückkehrerregelung Tz. 6.4.3). Gem. § 6 Absatz 4 Satz 3 Halbsatz 1 AStG ist die erste Jahresrate innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten. Für die Fristberechnung sind die Regelungen des § 108 AO i. V. m. §§ 187 ff. BGB heranzuziehen. Die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31.07. der Folgejahre fällig (§ 6 Absatz 4 Satz 3 Halbsatz 2 AStG). Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen (§ 6 Absatz 4 Satz 4 AStG). Dies gilt gleichermaßen für Erstattungsbeträge bei Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hält eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Gesellschaft. In 01 verlegt er seinen ausschließlichen Wohnsitz endgültig in den Staat C. Die Voraussetzungen des § 6 Absatz 2 AStG sind erfüllt. Mit Bescheid vom (Tag der Aufgabe zur Post) wird die Einkommensteuer für das Jahr 01, einschließlich der Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG, festgesetzt (Bekanntgabe nach § 122 Absatz 2 Nummer 2 AO am ). Aus dem Bescheid ergibt sich eine Abschlusszahlung in Höhe von 150.000 €; die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfallende Einkommensteuer beträgt 140.000 €. Dem zusammen mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellten Antrag des Steuerpflichtigen auf ratierliche Zahlung der festgesetzten Steuer, die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfällt, wird stattgegeben.

Aufgrund der gem. § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG antragsgemäß gewährten Stundung ist die Einkommensteuer für das Jahr 01 wie folgt fällig:

  • am : 30.000 € (= 10.000 € + 1/7 von 140.000 €);

  • am - 09: jeweils 20.000 €.

Bei einer nachträglichen Änderung der festgesetzten Steuer nach § 6 Absatz 4 AStG ist der Änderungsbetrag nur auf die noch nicht fälligen Jahresraten zu verteilen.

6.4.2 Ereignisse, die zur vorgezogenen Fälligkeit der Vermögenszuwachssteuer führen

173Die gewährte Stundung der aus der Besteuerung des Vermögenszuwachses im Sinne des § 6 AStG geschuldeten Einkommensteuer entfällt vollumfänglich bzw. anteilig bei Eintritt eines der abschließend in § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 1 bis 5 AStG genannten Ereignisse. In diesem Fall wird die noch nicht entrichtete Steuer vollumfänglich bzw. anteilig innerhalb eines Monats nach Eintritt des jeweiligen Ereignisses fällig (§ 6 Absatz 4 Satz 5 AStG). Vgl. zu Sonderbestimmungen bei Anwendung der Rückkehrerregelung Rn. 183.

174Die Stundung entfällt in vollem Umfang, wenn

175Die noch nicht entrichtete Steuer wird anteilig fällig,

176Dabei ist auf die im Zeitpunkt des Eintritts des schädlichen Ereignisses noch nicht fällige und nicht entrichtete Steuer abzustellen. Diese ermittelt sich aus der festgesetzten, auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfallenden Steuer (zur Ermittlung vgl. Rn. 167) abzüglich bisher entrichteter Raten. Soweit Beträge, die aufgrund vorangegangener schädlicher Ereignisse fällig geworden sind, noch nicht entrichtet wurden, mindern diese die für das nachfolgend zu beurteilende schädliche Ereignis maßgebende „noch nicht entrichtete Steuer“. Die nicht fristgerechte Entrichtung solcher Beträge stellt kein schädliches Ereignis nach § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 1 AStG dar; es fallen insoweit aber Säumniszuschläge nach § 240 AO an.

177Entfällt die Stundung nicht in vollem Umfang, vermindern sich die Raten für die nachfolgenden Fälligkeitszeitpunkte jeweils in dem Umfang, in dem die noch nicht entrichtete Steuer aufgrund des schädlichen Ereignisses fällig geworden ist.

178Die schädlichen Ereignisse sind nacheinander in der Reihenfolge ihres zeitlichen Eintritts zu betrachten.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hält eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Gesellschaft. In 01 verlegt er seinen ausschließlichen Wohnsitz endgültig in den Staat C. Die Voraussetzungen des § 6 Absatz 2 AStG sind erfüllt. Mit Bescheid vom (Tag der Aufgabe zur Post) wird die Einkommensteuer für das Jahr 01, einschließlich der Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG, festgesetzt (Bekanntgabe nach § 122 Absatz 2 Nummer 2 AO am ). [1] Aus dem Bescheid ergibt sich eine Abschlusszahlung in Höhe von 150.000 €; die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfallende Einkommensteuer beträgt 140.000 €. Dem zusammen mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellten Antrag des Steuerpflichtigen auf Stundung der festgesetzten Steuer, die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfällt, wird stattgegeben. Die Raten werden fristgemäß entrichtet. Am überträgt der Steuerpflichtige die Beteiligung unentgeltlich auf sein in Deutschland wohnhaftes Kind.

Aufgrund der gem. § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG antragsgemäß gewährten Stundung ist die Einkommensteuer für das Jahr 01 wie folgt fällig:

  • am : 30.000 € (= 10.000 € + 1/7 von 140.000 €);

  • am - 08: jeweils 20.000 €.

Die unentgeltliche Übertragung der Beteiligung auf das Kind am stellt ein schädliches Ereignis nach § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 AStG dar. Die gewährte Stundung entfällt vollständig und die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfallende und noch nicht entrichtete Steuer in Höhe von 100.000 € wird innerhalb eines Monats nach der Übertragung, d. h. am vollumfänglich fällig.

Abwandlung 1:

Wie im Grundfall, nur verstirbt der Steuerpflichtige und wird von seinem Kind als Alleinerbe beerbt.

Die unentgeltliche Übertragung durch den Steuerpflichtigen auf sein Kind von Todes wegen ist gem. § 6 Absatz 4 Satz 6 AStG unschädlich. Solange nach dem Erbfall in der Person des Kindes kein schädliches Ereignis im Sinne des § 6 Absatz 4 Satz 5 AStG eintritt, bleibt die Stundung der Steuerschuld bestehen.

Abwandlung 2:

Wie im Grundfall, nur dass der Steuerpflichtige seine Anteile nicht übertragen hat. Stattdessen hat der Steuerpflichtige am eine Gewinnausschüttung in Höhe von 300.000 € erhalten. Der gemeine Wert im Sinne des § 6 Absatz 1 AStG beträgt 500.000 €.

Die Gewinnausschüttung führt zu einem schädlichen Ereignis im Sinne des § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 5 AStG, soweit der gemeine Wert der Gewinnausschüttung (= 300.000 €) ein Viertel des Wertes im Sinne des § 6 Absatz 1 AStG (= 25 Prozent x 500.000 € = 125.000 €) übersteigt. In Höhe von 175.000 € (= 300.000 € - 125.000 €) liegt somit eine schädliche Gewinnausschüttung vor und die noch nicht entrichtete Steuer wird im Umfang von 35 Prozent (= 175.000 € / 500.000 €) zum fällig.

Berechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
festgesetzte Steuer nach § 6 Absatz 1 AStG
140.000 €
abzgl. geleistete Raten (2 x 20.000 €)
- 40.000 €
noch nicht entrichtete Steuer somit
100.000 €
davon fällig 35 Prozent
35.000 €.

Die Jahresrate für die Fälligkeitszeitpunkte bis 08 verringert sich entsprechend um 35 Prozent auf jeweils 13.000 €.

6.4.3 Sonderbestimmungen bei Anwendung der Rückkehrerregelung

179Die Ausführungen in den Tzn. 6.4.1 und 6.4.2 gelten grundsätzlich auch in den Fällen der beabsichtigten Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung des § 6 Absatz 3 AStG (§ 6 Absatz 4 Satz 7 Teilsatz 1 AStG). Hierbei sind jedoch die in § 6 Absatz 4 Satz 7 und 8 AStG enthaltenen Sonderregelungen zu beachten.

180Abweichend von § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG entfällt die Erhebung von Jahresraten, sofern der Steuerpflichtige dies unter Hinweis auf die Rückkehrerregelung nach § 6 Absatz 3 AStG beantragt (§ 6 Absatz 4 Satz 7 Teilsatz 3 AStG). Der Stundungszeitraum richtet sich grundsätzlich nach der Frist in § 6 Absatz 3 AStG zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 6 Absatz 4 Satz 7 Teilsatz 2 AStG), es sei denn, der Steuerpflichtige beantragt einen kürzeren Zeitraum. Er endet im Grundsatz mit Ablauf von sieben Jahren ab dem Tag des Wegzugs bzw. des die Vermögenszuwachsbesteuerung auslösenden Ereignisses; zu Einzelheiten vgl. Tz. 6.3.1.2). Die Ausführungen in Rn. 171 gelten entsprechend.

Beispiel:

Der Wegzug des Steuerpflichtigen erfolgte am . Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 00 wurde am bekanntgegeben.

Die Frist zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht beträgt hier sieben Jahre ab Wegzug und endet mit Ablauf des . Die Stundung erfolgt daher (zunächst) bis maximal .

181Beantragt der Steuerpflichtige unter Hinweis auf die Rückkehrerregelung nach § 6 Absatz 3 AStG die Ratenzahlung nach § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG, richtet sich die Ratenzahlung grundsätzlich nach § 6 Absatz 4 Satz 1 bis 3 AStG und die festgesetzte Steuer auf die Vermögenszuwachsbesteuerung ist in sieben gleichen Jahresraten, beginnend mit der Bekanntgabe des Steuerbescheids, zu entrichten.

Beispiel:

Wie unter Rn. 180, nur beantragt der Steuerpflichtige Ratenzahlung, die antragsgemäß gewährt wird.

Die Raten sind wie folgt fällig: 1. Rate: , 2. Rate: , 3. Rate: , 4. Rate: , 5. Rate: , 6. Rate: und 7. Rate: . Eine Anpassung des Ratenzahlungszeitraums an den Zeitraum zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht erfolgt nicht.

182Sofern im Einzelfall die vom Finanzamt eingeräumte Frist zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht (vgl. Tz. 6.3.1.2), zur Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts (vgl. Tz. 6.3.2) bzw. zur Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht (vgl. Tz. 6.3.3) von vornherein über den Ratenzahlungszeitraum nach § 6 Absatz 4 Satz 1 und 3 AStG hinausgeht, kommt auch eine gleichmäßige Verteilung auf diesen längeren Zeitraum in Betracht (§ 6 Absatz 4 Satz 7 Teilsatz 2 AStG).

183Neben den in Tz. 6.4.2 beschriebenen Ereignissen entfällt die Stundung in Rückkehrerfällen gem. § 6 Absatz 4 Satz 7 Teilsatz 4 AStG auch,

  • soweit ein Ereignis eintritt, wonach der Steueranspruch nicht mehr nach § 6 Absatz 3 AStG entfallen kann und dieses Ereignis nicht bereits unter § 6 Absatz 4 Satz 5 AStG fällt (vgl. Rn. 184), oder

  • wenn der Steuerpflichtige den Wegfall seiner Rückkehrabsicht gegenüber dem Finanzamt mitteilt oder

  • wenn in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen (vgl. Tz. 6.3.1.4) der Rechtsnachfolger das Nichtbestehen einer Rückkehrabsicht gegenüber dem Finanzamt mitteilt oder in den Fällen der Rn. 142 eine Rückkehrabsicht in seiner Person nicht unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) im Rahmen der Mitwirkungspflichten erklärt.

Die noch nicht entrichtete Steuer wird in diesen Fällen innerhalb eines Monats nach Eintritt des schädlichen Ereignisses fällig (§ 6 Absatz 4 Satz 7 Teilsatz 4 AStG).

184Der Steueranspruch kann nach § 6 Absatz 3 AStG in dem Umfang nicht mehr entfallen, in dem ein schädliches Ereignis im Sinne des § 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 AStG eingetreten ist (vgl. Tzn. 6.3.1.3 bis 6.3.1.6). Nicht bereits von § 6 Absatz 4 Satz 5 AStG erfasst sind die Einlage der Anteile in ein Betriebsvermögen (§ 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 AStG) oder die Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht, ohne dass das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile mindestens in dem Umfang wieder begründet wird, wie es im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bestand (§ 6 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 AStG). Fehlt es zur Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts an der erforderlichen abkommensrechtlichen Ansässigkeit in Deutschland, kann dies im Einzelfall für die Anwendung des § 6 Absatz 3 AStG unbeachtlich sein (vgl. Tz. 6.3.1.7.5); die anlassbezogene Mitwirkungspflicht nach § 6 Absatz 5 Satz 1 AStG (vgl. Tz. 6.5.1) bleibt hiervon unberührt, der Steuerpflichtige kann aber in diesem Zusammenhang die zeitnahe Begründung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit in Deutschland glaubhaft machen.

185Soweit die Steuer nicht nach § 6 Absatz 3 AStG entfällt und der Steuerpflichtige auf die Leistung von Jahresraten verzichtet hat, sind für die Dauer des gewährten Zahlungsaufschubs Zinsen in entsprechender Anwendung des § 234 AO zu erheben (§ 6 Absatz 4 Satz 8 AStG). Dies bezweckt, eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Rückkehrerregelung zu verhindern.

6.4.4 Rechtsweg bei Streitigkeiten über die Steuererhebung

186Über die Stundungsmöglichkeit nach § 6 Absatz 4 AStG ist im Rahmen des Erhebungsverfahrens zu entscheiden. Bei diesbezüglichen Streitigkeiten ist insoweit nicht der Einkommensteuerbescheid, der die aus der Vermögenszuwachsbesteuerung des § 6 AStG resultierende Steuer festsetzt, sondern der Verwaltungsakt, der die Entscheidung über den Antrag auf Stundung enthält, anzufechten.

6.5 Mitwirkungspflichten

187Den in § 6 Absatz 5 AStG beschriebenen Mitwirkungspflichten unterliegen nur Steuerpflichtige bzw. deren Gesamtrechtsnachfolger, die für die Vermögenszuwachsbesteuerung die Stundungsregelung nach § 6 Absatz 4 AStG in Anspruch nehmen. Die Mitwirkungspflichten bleiben solange bestehen, wie auch die Stundung nach § 6 Absatz 4 AStG besteht.

6.5.1. Anlassbezogene Mitwirkungspflichten

188Der Steuerpflichtige oder sein Gesamtrechtsnachfolger hat die Verwirklichung eines der Tatbestände des § 6 Absatz 4 Satz 5 AStG (vgl. Tz. 6.4.2) oder des § 6 Absatz 4 Satz 7 AStG (vgl. Rn. 183 und 184) mitzuteilen (§ 6 Absatz 5 Satz 1 AStG). Auch die unentgeltliche Übertragung von Todes wegen stellt – unabhängig von der Unschädlichkeit nach § 6 Absatz 4 Satz 6 AStG – eine Übertragung im Sinne des § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 AStG dar, die nach § 6 Absatz 5 Satz 1 AStG meldepflichtig ist.



189Die Mitteilung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck „ASt Mitteilung § 6 Abs. 5 AStG – Teil B“ und innerhalb eines Monats nach dem meldepflichtigen Ereignis zu erstatten. Die Mitteilung ist vom Steuerpflichtigen oder seinem Gesamtrechtsnachfolger (§ 45 AO) eigenhändig zu unterschreiben (§ 6 Absatz 5 Satz 2 AStG).

190Die Mitteilung ist gegenüber dem Finanzamt abzugeben, das im Zeitpunkt der Vermögenszuwachsbesteuerung (§ 6 Absatz 1 Satz 2 AStG) nach § 19 AO zuständig war; zur Möglichkeit der Zuständigkeitsübertragung vgl. Tz. 6.3.1.2.

191Für Tatbestände, die vor dem verwirklicht wurden und für die eine Stundung nach § 6 Absatz 4 oder 5 AStG a. F. besteht, gelten weiterhin die Mitwirkungspflichten nach § 6 Absatz 7 AStG a. F. (§ 21 Absatz 3 Satz 1 AStG). Für die Mitteilung eines meldepflichtigen Ereignisses ist insoweit der amtliche Vordruck „ASt Mitteilung § 6 Abs. 7 AStG a. F. – Teil B“ zu verwenden.

6.5.2 Anlassunabhängige jährliche Mitwirkungspflichten

192Der Steuerpflichtige oder sein Gesamtrechtsnachfolger hat jährlich bis zum 31.07. schriftlich seine aktuelle Anschrift mitzuteilen und zu bestätigen, dass die Anteile ihm oder im Fall des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AStG seinem Rechtsnachfolger weiterhin zuzurechnen sind (§ 6 Absatz 5 Satz 3 AStG). Die Pflicht besteht erstmals in dem Jahr, das auf die Abgabe der Steuererklärung folgt, in der die Vermögenszuwachsbesteuerung zu erklären ist, spätestens jedoch am 31.07.dieses Jahres.

Beispiel:

Der Wegzug des Steuerpflichtigen erfolgte am . Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 01 wird am abgegeben.

Die anlassunabhängige, jährliche Mitwirkungspflicht nach § 6 Absatz 5 Satz 3 AStG besteht erstmals für das Jahr 03 und hat bis zum zu erfolgen.

193Für die Mitteilung kann der amtliche Vordruck „ASt Mitteilung § 6 Abs. 5 AStG – Teil A“ verwendet werden. Es genügt aber auch jede andere schriftliche Mitteilung. Einer eigenhändigen Unterschrift des Steuerpflichtigen bedarf es nicht.

194Die Mitteilung ist gegenüber dem Finanzamt abzugeben, das im Zeitpunkt der Vermögenszuwachsbesteuerung (§ 6 Absatz 1 Satz 2 AStG) nach § 19 AO zuständig war; zur Möglichkeit der Zuständigkeitsübertragung vgl. Tz. 6.3.1.2.

195Für Tatbestände, die vor dem verwirklicht wurden und für die eine Stundung nach § 6 Absatz 4 oder 5 AStG a. F. besteht, gelten weiterhin die Mitwirkungspflichten nach § 6 Absatz 7 AStG a. F. (§ 21 Absatz 3 Satz 1 AStG). Die jährliche schriftliche Bestätigung der am 31.12. des vorangegangenen Kalenderjahres geltenden Anschrift und der Zurechnung der Anteile hat insoweit bis spätestens zum 31.01. zu erfolgen; für die Mitteilung kann der amtliche Vordruck „ASt Mitteilung § 6 Abs. 7 AStG a. F. – Teil A“ verwendet werden.

6.5.3 Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten

196In den Fällen der anlassbezogenen Mitwirkungspflichten nach § 6 Absatz 5 Satz 1 und 2 AStG (vgl. Tz. 6.5.1) hat die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten zur Folge, dass auch ein verbleibender Teil der noch nicht entrichteten Steuer, soweit er nicht bereits aufgrund des meldepflichtigen Ereignisses nach § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 1, 3, 4 und 5 oder Satz 7 AStG fällig geworden ist, innerhalb eines Monats nach Verletzung der Mitwirkungspflicht fällig ist (§ 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 2 AStG). Eines expliziten Widerrufs der Stundung gegenüber dem Steuerpflichtigen bedarf es hierfür nicht.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige hält eine Beteiligung im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG an einer inländischen Gesellschaft. In 01 verlegt er seinen ausschließlichen Wohnsitz endgültig in den Staat A. Die Voraussetzungen des § 6 Absatz 2 AStG sind erfüllt. Mit Bescheid vom wird die Einkommensteuer für das Jahr 01, einschließlich der Vermögenszuwachsbesteuerung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG, festgesetzt. Aus dem Bescheid ergibt sich eine Abschlusszahlung in Höhe von 150.000 €; die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfallende Einkommensteuer beträgt 140.000 €. Dem zusammen mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellten Antrag des Steuerpflichtigen auf ratierliche Zahlung der festgesetzten Steuer, die auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfällt, wird stattgegeben. Die Raten 02 und 03 werden fristgemäß entrichtet. Der Steuerpflichtige ist seiner jährlichen Mitwirkungspflicht nach § 6 Absatz 5 Satz 3 AStG am nachgekommen. Am veräußert der Steuerpflichtige 25 Prozent der Beteiligung.

Aufgrund der gem. § 6 Absatz 4 Satz 1 AStG antragsgemäß gewährten Ratenzahlung, ist die Einkommensteuer für das Jahr 01 wie folgt fällig:

  • am : 30.000 € (= 10.000 € + 1/7 von 140.000 €);

  • am - 08: jeweils 20.000 €.

Die Veräußerung von 25 Prozent der Beteiligung am stellt ein schädliches Ereignis nach § 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 AStG dar. Soweit die Anteile veräußert werden, entfällt die gewährte Stundung und die anteilig auf die Vermögenszuwachsbesteuerung entfallende und noch nicht entrichtete Steuer in Höhe von 25.000 € (= 25 Prozent der noch nicht entrichteten Steuer in Höhe von 100.000 €) wird innerhalb eines Monats nach der Übertragung, d. h. am , fällig.

Soweit die Steuer auf den nicht veräußerten Teil der Beteiligung entfällt, bleibt die Stundung grundsätzlich bestehen. Die Jahresrate für die Fälligkeitszeitpunkte bis 08 verringert sich entsprechend um 25 Prozent auf jeweils 15.000 €. Kommt der Steuerpflichtige allerdings seiner Mitwirkungspflicht aufgrund des meldepflichtigen Ereignisses „Teilveräußerung“ nicht nach, wird die anteilige Steuer auf den nicht veräußerten Teil der Beteiligung (= 75.000 €) innerhalb eines Monats nach Ablauf der Mitwirkungsfrist, d. h. am , fällig (§ 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 2 i. V. m. Absatz 5 Satz 1 und 2 AStG).

197Die Nichterfüllung der jährlichen anlassunabhängigen Mitwirkungspflichten nach § 6 Absatz 5 Satz 3 AStG (vgl. Tz. 6.5.2) hat zur Folge, dass die noch nicht entrichtete Steuer vollumfänglich innerhalb eines Monats nach Ablauf der Mitwirkungsfrist, d. h. grundsätzlich am 31.08. des betreffenden Jahres (unter Berücksichtigung von § 108 Absatz 3 AO), fällig ist (§ 6 Absatz 4 Satz 5 Nummer 2 AStG). Eines expliziten Widerrufs der Stundung gegenüber dem Steuerpflichtigen bedarf es hierfür nicht.

Vor 7 Hinzurechnungsbesteuerung

Vor 7 – 1 Allgemeine und erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung

198Die §§ 7 bis 13 AStG regeln die Hinzurechnungsbesteuerung.

199Die §§ 7 bis 12 AStG regeln die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung. Danach werden Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist (Zwischeneinkünfte, vgl. Tz. 7.1.1.4), bei einem beherrschenden unbeschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich entsprechend dessen Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft als Hinzurechnungsbetrag erfasst. In bestimmten Fällen unterliegen auch beschränkt Steuerpflichtige der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG).

200§ 13 AStG regelt die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung. Danach werden niedrig besteuerte Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter einer ausländischen Gesellschaft (Kapitalanlagegesellschaft) bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich entsprechend dessen Beteiligung am Nennkapital der Kapitalanlagegesellschaft als Hinzurechnungsbetrag erfasst. Die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung gilt nur für unbeschränkt Steuerpflichtige, die die Kapitalanlagegesellschaft nicht beherrschen. Für Steuerpflichtige, die die Kapitalanlagegesellschaft beherrschen, gilt ausschließlich die allgemeine (einschließlich der verschärften) Hinzurechnungsbesteuerung.

Vor 7 – 2 Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung

201Die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG) ist als lex specialis vorrangig vor der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung anzuwenden, wobei deren Anwendung jedoch gemäß § 9 Satz 2 StAbwG zu keinen niedrigeren steuerpflichtigen Einkünften führen darf als ohne deren Anwendung.

202Nach § 9 Satz 1 StAbwG ist eine in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässige ausländische Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG, an der unbeschränkt steuerpflichtige Personen gem. § 7 AStG beteiligt sind, über § 8 Absatz 1 AStG hinaus und ungeachtet von § 8 Absatz 2 bis 4 AStG und § 9 AStG Zwischengesellschaft für ihre gesamten Einkünfte, die insgesamt einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen.

203Danach gilt die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung nur für unbeschränkt steuerpflichtige Personen im Sinne der Tz. 7.1.1.2. Für beschränkt steuerpflichtige Personen im Sinne der Tz. 7.1.4 kommt sie nicht zur Anwendung.

204Zum Begriff der ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG vgl. Tz. 7.1.1.3. Eine ausländische Gesellschaft ist in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig, wenn sie ihren Sitz (§ 11 AO) oder ihren Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet hat (§ 2 Absatz 2 Nummer 2 StAbwG). Ein Steuerhoheitsgebiet (Staat oder Gebiet) ist nicht kooperativ, wenn es eine der Voraussetzungen des § 4 Absatz 1 StAbwG, des § 5 Absatz 1 StAbwG oder des § 6 StAbwG erfüllt (§ 2 Absatz 1 StAbwG). Die nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete ergeben sich im Einzelnen aus § 2 StAbwV.

205Eine Beteiligung gem. § 7 AStG setzt eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft voraus (zum Begriff vgl. Tz. 7.1.1.5). Ferner setzt die Anwendung der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung voraus, dass die unbeschränkt steuerpflichtige Person die ausländische Gesellschaft nach Maßgabe des § 7 Absatz 2 AStG beherrscht (zur Beherrschung vgl. Tz. 7.2); dabei ist § 7 Absatz 3 und 4 AStG zu beachten (zu Einzelheiten vgl. Tzn. 7.3 und 7.4).

206Die Rechtsfolge der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung besteht darin, dass die ausländische Gesellschaft über § 8 Absatz 1 AStG hinaus und ungeachtet von § 8 Absatz 2 bis 4 AStG und § 9 AStG Zwischengesellschaft für ihre gesamten Einkünfte ist, die insgesamt einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen. Für die Anwendung der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung ist daher – anders als im Bereich der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung – nicht zwischen Einkünften im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG (aktiven Einkünften) und sonstigen Einkünften (passiven Einkünften) zu unterscheiden; es kommt insoweit zu einer vollumfänglichen Hinzurechnungsbesteuerung. Für die Prüfung der Niedrigsteuergrenze nach § 8 Absatz 5 AStG sind aktive und passive Einkünfte der ausländischen Gesellschaft zu kumulieren. Die Erfüllung des Motivtests (§ 8 Absatz 2 bis 4 AStG) und die Wahrung der Freigrenze bei gemischten Einkünften (§ 9 AStG) sind für die Anwendung der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung unbeachtlich (vgl. BT-Drs. 19/28901, 26).

207Die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung gilt nicht, soweit ihre Anwendung zu niedrigeren steuerpflichtigen Einkünften führt als ohne ihre Geltung (§ 9 Satz 2 StAbwG). Die Vorschrift verhindert eine Besserstellung gegenüber der Rechtslage ohne verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung. Denn ohne die Vorschrift würde die Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung durch die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung auch dann ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung zwar erfüllt sind, diese im Ergebnis aber nicht zur Anwendung kommt, weil sich bspw. nach der Kumulation niedrig besteuerter passiver Einkünfte und nicht niedrig besteuerter aktiver Einkünfte insgesamt keine niedrige Besteuerung der Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG ergibt (vgl. BT-Drs. 19/28901, 26). Zudem verhindert die Vorschrift, dass es zu einem Ansatz negativer aktiver Einkünfte und dadurch zu einer Minderung der positiven passiven Einkünfte oder zu einem Verlustvortrag kommt.

208Für in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet gelegene Betriebsstätten eines unbeschränkt Steuerpflichtigen gilt § 20 Absatz 2 Satz 1 AStG mit der Maßgabe, dass dieser auf sämtliche Einkünfte der Betriebstätte anzuwenden ist; § 20 Absatz 2 Satz 2 AStG ist nicht anzuwenden und § 9 Satz 2 StAbwG gilt entsprechend (§ 9 Satz 3 StAbwG). Einzelheiten hierzu sind in Tz. 20 erläutert.

209Im Bereich der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung sind die gesteigerten Mitwirkungspflichten nach § 12 StAbwG zu beachten.

Vor 7 – 3 Verhältnis zu anderen Bestimmungen

Vor 7 – 3.1 Unbeschränkte Steuerpflicht der ausländischen Gesellschaft

210Voraussetzung für die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung ist das Vorhandensein einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und die nicht gem. § 3 Absatz 1 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft). Hat die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG Geschäftsleitung oder Sitz im Inland, ist sie unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (, BStBl 1992 II S. 972). Die Hinzurechnungsbesteuerung kommt in diesem Fall nicht zur Anwendung.

Vor 7 – 3.2 Beschränkte Steuerpflicht der ausländischen Gesellschaft

211Die §§ 7 bis 13 AStG und § 9 StAbwG lassen eine etwaige beschränkte Steuerpflicht der ausländischen Gesellschaft unberührt. Die danach erhobene deutsche Steuer wird nach § 12 AStG auf die Steuer angerechnet, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt (vgl. Tz. 12.1.2).

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der B-Ltd. Geschäftsleitung und Sitz der B-Ltd. befinden sich im Drittstaat B. Die B-Ltd. erzielt ausschließlich Einkünfte aus der Vermietung eines im Inland gelegenen Grundstücks. Im Inland unterliegen die Einkünfte der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht in Höhe von 15 Prozent (§ 2 Nummer 1 KStG i. V. m. § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f Doppelbuchstabe aa EStG). Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent der Körperschaftsteuer. Gewerbesteuer fällt nicht an. Die Steuerbelastung im Inland beträgt somit insgesamt 15,825 Prozent. Im Staat B unterliegen die Vermietungseinkünfte keiner Besteuerung, da das DBA zwischen Staat B und Deutschland das ausschließliche Besteuerungsrecht hinsichtlich der Vermietungseinkünfte Deutschland zuweist.

Neben der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht der B-Ltd. kommt auf Ebene der A-GmbH die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung zur Anwendung. Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH beherrscht die B-Ltd. (§ 7 Absatz 2 AStG). Die B-Ltd. ist ungeachtet ihrer inländischen Einkünfte eine ausländische Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG. Die inländischen Vermietungseinkünfte der B-Ltd. fallen nicht unter § 8 Absatz 1 AStG; bei fingiertem unmittelbarem Bezug der Vermietungseinkünfte durch die A-GmbH wäre eine abkommensrechtliche Steuerbefreiung ausgeschlossen. Da die Vermietungseinkünfte einer Steuerbelastung von weniger als 25 Prozent unterliegen, ist eine niedrige Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG gegeben. Der Annahme einer niedrigen Besteuerung steht nicht entgegen, dass es sich um eine Belastung mit inländischer Steuer handelt. Damit sind auf Ebene der A-GmbH sämtliche Voraussetzungen der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung erfüllt.

Vor 7 – 3.3 Andere Zurechnungsvorschriften

212Die Hinzurechnungsbesteuerung erstreckt sich nicht auf Einkünfte, die bei dem Steuerpflichtigen nach anderen Zurechnungsvorschriften zu erfassen sind (insbesondere nach den §§ 39 oder 41 AO).

Vor 7 – 3.4 Vorrang des § 42 AO

213§ 42 AO geht den §§ 7 bis 13 AStG und § 9 StAbwG vor, soweit sich der Missbrauch aus allgemeinen Merkmalen ergibt. Dies setzt allerdings voraus, dass die gewählte Gestaltung auch bei einer Bewertung am Gesetzeszweck der §§ 7 bis 13 AStG und § 9 StAbwG sich noch als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstellt (, BStBl II 1992 S. 1026). Um § 42 AO anwenden zu können, müssen deshalb weitere Umstände hinzutreten, die die Gestaltung als Manipulation kennzeichnen, z. B. das Fehlen einer eigenen wirtschaftlichen Funktion von nur formal in die Einkünfteerzielung eingeschalteten ausländischen Gesellschaften (insbesondere Briefkastengesellschaften). Das bloße Erzielen von Einkünften aus passivem Erwerb löst hingegen für sich genommen nur eine Hinzurechnungsbesteuerung aus, rechtfertigt jedoch noch keinen Missbrauchsvorwurf. Im Ergebnis enthalten die §§ 7 bis 13 AStG und § 9 StAbwG innerhalb ihres Regelungsbereichs eine dem § 42 AO vorgehende Sonderregelung (vgl. , BStBl II 1992 S. 1026 und , BStBl 1992 II S. 1029).

214§ 42 AO ist anwendbar, wenn durch den Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten die §§ 7 bis 13 AStG und § 9 StAbwG umgangen werden (vgl. § 42 Absatz 1 Satz 3 AO sowie zum Verhältnis einzelsteuergesetzlicher Umgehungsverhinderungsregelungen gegenüber § 42 AO , BStBl II 2021 S. 580, Rn. 20).

Vor 7 – 4 Feststellungslast

215Für die Verteilung der Feststellungslast bei der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung gelten die allgemeinen Grundsätze. Danach trägt die Finanzverwaltung grundsätzlich die Feststellungslast für steuererhöhende und der Steuerpflichtige die Feststellungslast für steuermindernde Tatsachen (vgl. exemplarisch , BStBl II 1971 S. 220).

216Im Zusammenhang mit der Feststellungslast der Finanzverwaltung sind die erweiterten Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen zu beachten (vgl. § 90 Absatz 2 AO; § 17 Absatz 1 AStG; § 18 Absatz 3 AStG; § 12 StAbwG). Verletzt der Steuerpflichtige diese Mitwirkungspflichten, kommt es regelmäßig zu einer Reduzierung des Beweismaßes der Finanzverwaltung (vgl. exemplarisch , BStBl 1989 II S. 462).

217Der Steuerpflichtige trägt insbesondere für folgende Tatsachen die Feststellungslast:

7 Beteiligung an einer ausländischen Zwischengesellschaft (§ 7 AStG)

7.1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich (§ 7 Absatz 1 AStG)

7.1.1 Grundtatbestand (§ 7 Absatz 1 Satz 1 AStG)

218Beherrscht ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und die nicht gem. § 3 Absatz 1 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital steuerpflichtig (§ 7 Absatz 1 Satz 1 AStG).

7.1.1.1 Beherrschung

219Die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung setzt zunächst voraus, dass ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine ausländische Gesellschaft beherrscht. Der Begriff der Beherrschung ist in § 7 Absatz 2 AStG definiert (vgl. Tz. 7.2). Das Beherrschungserfordernis ist grundsätzlich gesellschafterbezogen zu prüfen. Eine Zusammenschau mehrerer unbeschränkt Steuerpflichtiger für Zwecke der Beherrschungsprüfung erfolgt nur im Fall nahestehender Personen im Sinne des § 7 Absatz 3 und 4 AStG (vgl. Tzn. 7.2 bis 7.4).

7.1.1.2 Unbeschränkt Steuerpflichtiger

220Ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG ist sowohl ein unbeschränkt Einkommensteuerpflichtiger nach § 1 Absatz 1 bis 3 EStG als auch ein unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtiger nach § 1 KStG (einschließlich optierender Gesellschaften im Sinne des § 1a KStG). Auch inländische Investmentfonds sind unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 6 Absatz 1 Satz 1 InvStG); dies gilt ungeachtet der Transparenzoption nach § 30 Absatz 1 InvStG auch für inländische Spezial-Investmentfonds (§ 29 Absatz 1 InvStG i. V. m. § 6 Absatz 1 Satz 1 InvStG). Auch haftungsund vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines inländischen (Spezial-)Investmentfonds, die nach § 1 Absatz 4 InvStG für Zwecke des InvStG als eigenständige Investmentfonds gelten, sind unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG. Auf die abkommensrechtliche Ansässigkeit und eine etwaige zusätzliche unbeschränkte Steuerpflicht in einem anderen Staat kommt es insoweit nicht an. Ein Rechtsträger, der nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig ist (insbesondere eine Personengesellschaft oder eine Gemeinschaft), ist kein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne der Vorschrift. An einem solchen Rechtsträger beteiligte unbeschränkt Einkommen- und Körperschaftsteuerpflichtige sind gleichwohl unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne der Vorschrift (zum Begriff der mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5).

7.1.1.3 Ausländische Gesellschaft

221Nach der in § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG enthaltenen Legaldefinition ist eine ausländische Gesellschaft eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat und die nicht gem. § 3 Absatz 1 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist. Ob eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in diesem Sinne vorliegt, ist nach dem von der Finanzrechtsprechung entwickelten zweistufigen Rechtstypenvergleich zu bestimmen; es gilt eine anwenderstaatbezogene Betrachtungsweise (vgl. , RStBl 1930 S. 444; , BStBl 1968 II S. 695; , BStBl 1988 II S. 588; , BStBl 1992 II S. 972; , BStBl II 1993 S. 399; , BStBl II 2014 S. 760). Zur Durchführung eines zweistufigen Rechtstypenvergleichs können die Grundsätze des BStBl 2004 I S. 411, zur steuerlichen Einordnung der nach dem Recht der Bundesstaaten der USA gegründeten Limited Liability Company (LLC), herangezogen werden (vgl. BStBl 2014 I S. 1258, Tz. 1.2). Entspricht danach ein Rechtsträger, der weder Geschäftsleitung (§ 10 AO) noch Sitz (§ 11 AO) im Inland hat, strukturell einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG und ist dessen Einkommen nicht unmittelbar bei einem anderen Rechtsträger zu versteuern, handelt es sich um eine ausländische Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG.

222Ausländische Optionsmodelle (z. B. Entity Classification Election nach Formular 8832 – sog. „Check-the-box“-Verfahren – in den USA) sind für die Prüfung des Vorliegens einer ausländischen Gesellschaft nach dem Rechtstypenvergleich unbeachtlich.

223Der Begriff der Vermögensmasse umfasst auch ausländische (Spezial-)Investmentfonds (vgl. § 2 Absatz 3 InvStG; § 6 Absatz 1 Satz 2 InvStG ggf. i. V. m. § 29 Absatz 1 InvStG); die Ausübung der Transparenzoption nach § 30 Absatz 1 InvStG ist hierfür unbeachtlich. Dies gilt auch für haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines ausländischen (Spezial-)Investmentfonds, die nach § 1 Absatz 4 InvStG für Zwecke des InvStG als eigenständige Investmentfonds gelten. Insoweit ist für den Bereich der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung § 7 Absatz 5 AStG und für den Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung § 13 Absatz 5 AStG zu beachten (vgl. Tzn. 7.5 und 13.5).

224Eine ausländische Familienstiftung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 AStG unterfällt zwar als Vermögensmasse dem Begriff der ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG. Statt der Hinzurechnungsbesteuerung gilt insoweit jedoch § 15 AStG.

225Unter den Begriff der ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG fällt auch eine optierende Gesellschaft nach § 1a KStG, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat.

7.1.1.4 Zwischeneinkünfte

226Die Steuerpflicht (Hinzurechnung) besteht dem Grunde nach in Bezug auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist (Zwischeneinkünfte). Zwischeneinkünfte sind Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen und nicht aus den in § 8 Absatz 1 AStG aufgezählten Aktivtatbeständen stammen.

227Die Steuerpflicht der Zwischeneinkünfte besteht in Gestalt des Ansatzes als Hinzurechnungsbetrag (§ 10 AStG) bei dem Steuerpflichtigen (vgl. Tz. 10).

7.1.1.5 Unmittelbare und mittelbare Beteiligung am Nennkapital

228Die Steuerpflicht der Zwischeneinkünfte besteht in den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG der Höhe nach entsprechend der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung des Steuerpflichtigen am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft (Hinzurechnungsquote); zur Ermittlung der Hinzurechnungsquote siehe auch die Beispiele unter Tz. 7.2.1.

229Das Vorliegen einer Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft richtet sich nach dem jeweils einschlägigen ausländischen Gesellschaftsrecht (ggf. i. V. m. dem Gesellschaftsvertrag / der Satzung). Einer Beteiligung am Nennkapital steht eine Beteiligung an einer dem Nennkapital strukturell vergleichbaren Bezugsgröße nach ausländischem Gesellschaftsrecht gleich; auf die formale Bezeichnung der Bezugsgröße kommt es nicht an (zum Rechtstypenvergleich vgl. Tz. 7.1.1.3). Handelt es sich bei der ausländischen Gesellschaft um eine optierende Gesellschaft nach § 1a KStG, ist auf die festen Kapitalkonten (sog. Kapitalkonten I) abzustellen, sofern der Gesellschaftsvertrag entsprechende Regelungen umfasst und diese über die maßgebenden Vermögensrechte entscheiden (insbesondere das Gewinnbezugsrecht, aber auch Entnahme- und Auseinandersetzungsrechte). Anderenfalls ist das Verhältnis der Kapitalanteile im Sinne des Handelsrechts maßgeblich (vgl. BStBl 2021 I S. 2212, Rn. 61). Bei ausländischen Stiftungen ist eine Beteiligung am Nennkapital regelmäßig ausgeschlossen.

230Eine mittelbare Beteiligung am Nennkapital (oder einer vergleichbaren Bezugsgröße) der ausländischen Gesellschaft ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft über eine(n) (oder mehrere) vermittelnde(n) Rechtsträger in Form einer in- oder ausländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nicht gem. § 3 Absatz 1 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist, oder einer in- oder ausländischen Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft hält. Die Höhe der mittelbaren Beteiligung bestimmt sich mittels Durchrechnung in Form einer Multiplikation der einzelnen Beteiligungsquoten eines Beteiligungsstranges; dies gilt für Zwecke der Ermittlung der Hinzurechnungsquote nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG auch bei Vermittlung der Beteiligung durch eine dem unbeschränkt Steuerpflichtigen nahestehende Person im Sinne des § 7 Absatz 3 oder 4 AStG. Zur Ermittlung der Beherrschungsquote in Konstellationen mit nahestehenden Personen vgl. Tz. 7.2.1.

Beispiel 1:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-AG hält 80 Prozent der Anteile am Nennkapital der B-GmbH. Die B-GmbH hält 50 Prozent der Kapitalanteile der C-KG. Die C-KG hält 20 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft.

Die A-AG ist mittelbar zu 8 Prozent am Nennkapital der Zwischengesellschaft beteiligt (= 80 Prozent x 50 Prozent x 20 Prozent).

Beispiel 2:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige A hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft in seinem Privatvermögen. A verstirbt und wird von B und C zu gleichen Teilen beerbt.

Zivilrechtlich bilden B und C mit Eintritt des Erbfalls eine Erbengemeinschaft; die geerbten Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft stehen ihnen bis zu ihrer Auseinandersetzung zur gesamten Hand zu. Steuerrechtlich gilt im Hinblick auf die vermögensverwaltende Erbengemeinschaft und den ungeteilten Nachlass die sog. Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Absatz 2 Nummer 2 AO. Dies hat zur Folge, dass B und C jeweils unmittelbar 50 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen sind. Es liegt kein Fall einer mittelbaren Beteiligung vor.

231Die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital (oder einer vergleichbaren Bezugsgröße) der ausländischen Gesellschaft / die vermittelnde Beteiligung muss dem unbeschränkt Steuerpflichtigen / der vermittelnden Person am Ende des maßgebenden Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG nach den allgemeinen steuerlichen Zurechnungsvorschriften (insbesondere §§ 39 ff. AO) zuzurechnen sein. Zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Beteiligungen nach der sog. Gesamtbildbetrachtung vgl. , BStBl II 2007 S. 296 und , BStBl 2007 II S. 937.

232Hybride Finanzierungsformen, denen ein synallagmatisches Rechtsverhältnis zugrunde liegt, vermitteln mangels gesellschaftsrechtlichen Charakters keine Beteiligung am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße im vorgenannten Sinne. Dies betrifft insbesondere Genussrechte und partiarische Darlehen. Zur Berücksichtigung entsprechender Finanzierungsformen im Rahmen der Hinzurechnungsquote vgl. Tz. 7.1.3.1.; zur Berücksichtigung im Rahmen der Beherrschung vgl. Tz. 7.2.4.

7.1.1.6 Mittelbare Beteiligungen über Personengesellschaften

233Ist ein unbeschränkt Steuerpflichtiger über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) mittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft beteiligt (zur mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5), treten die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung auch dann ausschließlich auf Ebene des unbeschränkt Steuerpflichtigen ein, wenn eine vermittelnde Personengesellschaft unmittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist. Die Personengesellschaft bleibt von der Hinzurechnungsbesteuerung unberührt, insbesondere ist sie nicht Empfängerin des Hinzurechnungsbetrages (Hinweis auf Tzn. 7.1.4.3, 10.2.2, 10.2.5.3, 11.3.1, 11.5.3.1, 13.1.1.4 und 18.1.1.2.1).

234Die Grundsätze des zu § 7 Absatz 1 AStG in einer vor dem geltenden Fassung ergangenen , BStBl II 1996 S. 122, sind insoweit nicht auf § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG übertragbar.

7.1.2 Unbeachtlichkeit mittelbarer Beteiligungen (§ 7 Absatz 1 Satz 2 AStG)

235Nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG sind mittelbare Beteiligungen für die Steuerpflicht nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG unbeachtlich, soweit bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft eine Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen.

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen B-GmbH. Die B-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Bei der B-GmbH ist nachweislich eine Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 12 AStG erfolgt. Die danach hinzugerechneten Zwischeneinkünfte unterliegen dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG.

Die A-GmbH hält mittelbar 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Die mittelbare Beteiligung ist nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG unbeachtlich. In der Folge unterbleibt insoweit bei der A-GmbH eine Hinzurechnungsbesteuerung.

236Soweit mittelbare Beteiligungen danach für die Bestimmung der Hinzurechnungsquote (vgl. Tz. 7.1.1.5) unberücksichtigt bleiben, kommt keine Steueranrechnung nach § 12 Absatz 2 AStG in Betracht.

237Besteht neben der unbeachtlichen mittelbaren Beteiligung eine unmittelbare Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft, kann insoweit unter den Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG gleichwohl eine Hinzurechnungsbesteuerung zur Anwendung kommen. Dies gilt auch, wenn neben der unbeachtlichen mittelbaren Beteiligung eine weitere mittelbare Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft besteht, die nicht nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG unbeachtlich ist.

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen B-GmbH. Die B-GmbH hält 50 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Die A-GmbH hält damit mittelbar 50 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Daneben hält die A-GmbH unmittelbar 1 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft.

Unter den Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG ist die mittelbare Beteiligung der A-GmbH an der Zwischengesellschaft für Zwecke der Hinzurechnung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG unbeachtlich. In diesem Fall beträgt die Hinzurechnungsquote bei der A-GmbH – entsprechend ihrer unmittelbaren Beteiligung an der Zwischengesellschaft – 1 Prozent; für die unmittelbare Beteiligung gilt § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG nicht. Zur Beherrschung vgl. Tz. 7.2.

7.1.2.1 Mittelbare Beteiligungen

238Zum Begriff der mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5.

7.1.2.2 Hinzurechnungsbesteuerung bei einer die Beteiligung vermittelnden Person

239Mittelbare Beteiligungen sind für die Bestimmung der Hinzurechnungsquote nur insoweit unbeachtlich, als bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft eine Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist (vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung).

240Eine die Beteiligung vermittelnde Person kann jeder in- oder ausländische Rechtsträger sein, der nach seiner Rechtsform eine Beteiligung vermitteln (vgl. Tz. 7.1.1.5) und Steuersubjekt einer Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung sein kann.

241Eine vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG ist auch eine solche, die ausschließlich auf § 9 StAbwG beruht.

242Eine der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG vergleichbare ausländische Regelung setzt eine strukturelle Vergleichbarkeit der Besteuerungswirkung voraus. Eine solche ist grundsätzlich gegeben, wenn Einkünfte eines – aus Sicht des die vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung vornehmenden Staates – abschirmenden Rechtsträgers einem diesen beherrschenden und in einem anderen Staat ansässigen Rechtsträger steuerlich zugerechnet werden. Eine ausländische Regelung, die auf Artikel 7 und 8 der ATAD beruht, ist regelmäßig als vergleichbare ausländische Regelung anzusehen.

243Maßgebend ist, dass die vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft erfolgt ist. Hinzurechnungsgegenstand bei der vermittelnden Person müssen daher die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft sein, an der die mittelbare Beteiligung besteht.

244Die vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung muss bei einer die Beteiligung vermittelnden Person erfolgt sein. Dies setzt voraus, dass die entsprechenden Regelungen tatsächlich im Rahmen der Besteuerung der vermittelnden Person zur Anwendung gelangt sind, eine Hinzurechnung von Einkünften durchgeführt worden ist und die hierauf entfallende Steuer tatsächlich erhoben worden ist. Das bloße Vorliegen der Voraussetzungen der entsprechenden Regelungen reicht hierfür nicht aus. Eine Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG ist insbesondere nicht erfolgt, wenn diese aufgrund des Unterschreitens von Freigrenzen (§ 9 und § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG), der sog. Börsenklausel (§ 13 Absatz 1 Satz 4 AStG) oder des Vorrangs der Investmentbesteuerung (§ 7 Absatz 5 Satz 1 und § 13 Absatz 5 AStG) unterblieben ist. Gleiches gilt, wenn die Hinzurechnungsbesteuerung aus verfahrensrechtlichen Gründen, wie insbesondere dem Eintritt der Festsetzungsverjährung, nicht mehr zulässig ist.

7.1.2.3 Keine niedrige Besteuerung hinzugerechneter Einkünfte

245§ 7 Absatz 1 Satz 2 AStG setzt weiter voraus, dass die nach Maßgabe der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen. Die Voraussetzung ist erfüllt, wenn die erfolgte vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung ursächlich dafür ist, dass die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 bis 5 AStG ermittelten Zwischeneinkünfte insgesamt, d. h., nach Kumulation der Besteuerung auf Ebene der Zwischengesellschaft und erfolgter vorgeschalteter Hinzurechnungsbesteuerung, keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen. Zur Prüfung einer niedrigen Besteuerung wird auf Tz. 8.5 verwiesen.

7.1.2.4 Umfang der Unbeachtlichkeit

246Mittelbare Beteiligungen sind nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG nur insoweit unbeachtlich, als bei einer die Beteiligung vermittelnden Person eine vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung unterliegen.

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der ausländischen B-Ltd. Die B-Ltd. hält 51 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft und 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der ausländischen C-Ltd. Die C-Ltd. hält wiederum 49 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Auf der Ebene der B-Ltd. ist hinsichtlich der unmittelbaren Beteiligung in Höhe von 51 Prozent an der Zwischengesellschaft eine der Hinzurechnungsbesteuerung vergleichbare Besteuerung nach ausländischem Recht erfolgt; dadurch unterliegen 51 Prozent der passiven Einkünfte der Zwischengesellschaft insgesamt keiner niedrigen Besteuerung (die über die C-Ltd. gehaltene mittelbare Beteiligung der B-Ltd. in Höhe von 49 Prozent an der Zwischengesellschaft blieb insoweit unberücksichtigt). Auf der Ebene der C-Ltd. ist keine der Hinzurechnungsbesteuerung vergleichbare Besteuerung erfolgt.

Die A-GmbH beherrscht die Zwischengesellschaft. Die Hinzurechnungsquote beträgt nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG grundsätzlich 100 Prozent (= mittelbare Beteiligung). Die ausschließlich über die B-Ltd. gehaltene mittelbare Beteiligung der A-GmbH in Höhe von 51 Prozent ist jedoch nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG unbeachtlich. Hinsichtlich der über die B-Ltd. und die C-Ltd. gehaltenen mittelbaren Beteiligung der A-GmbH in Höhe von 49 Prozent kommt § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG nicht zum Tragen, da insoweit keine vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung erfolgt ist. Die Hinzurechnungsquote beträgt daher 49 Prozent.

7.1.3 Von § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG abweichende Hinzurechnungsquote (§ 7 Absatz 1 Satz 3 AStG)

247Nach § 7 Absatz 1 Satz 3 AStG ist für die Steuerpflicht der Einkünfte nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG (Hinzurechnung) der Maßstab für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft zugrunde zu legen, wenn für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend ist oder die Gesellschaft kein Nennkapital hat.

248Die Rechtsfolge der Vorschrift besteht in der Anordnung einer von der nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG maßgeblichen Beteiligung am Nennkapital abweichenden Hinzurechnungsquote in Gestalt des konkreten Gewinnverteilungsmaßstabs der ausländischen Gesellschaft. Dieser ergibt sich grundsätzlich aus dem jeweils einschlägigen ausländischen Gesellschaftsrecht (ggf. i. V. m. dem Gesellschaftsvertrag / der Satzung). Nachträgliche Änderungen des Gewinnverteilungsmaßstabs sind zu beachten. Dies gilt auch für Änderungen, die auf konkludentem Verhalten beruhen. Dahingehende Änderungen können insbesondere anzunehmen sein, wenn der tatsächliche Gewinnverteilungsmaßstab nicht dem rechtlich vorgesehenen Gewinnverteilungsmaßstab entspricht.

249In Fällen, in denen keine der beiden Tatbestandsvarianten des § 7 Absatz 1 Satz 3 AStG erfüllt ist, bleibt es bei der Hinzurechnungsquote nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG. Die beiden Tatbestandsvarianten sind abschließend.

7.1.3.1 Keine Maßgeblichkeit der Beteiligung am Nennkapital

250Die erste Tatbestandsvariante ist erfüllt, wenn für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung an deren Nennkapital (oder einer vergleichbaren Bezugsgröße) maßgebend ist. Im Rahmen der Prüfung ist grundsätzlich auf den nach dem jeweils einschlägigen ausländischen Gesellschaftsrecht (ggf. i. V. m. dem Gesellschaftsvertrag / der Satzung) vorgesehenen Gewinnverteilungsmaßstab abzustellen; nachträgliche und auf konkludentem Verhalten beruhende Änderungen des Gewinnverteilungsmaßstabs sind zu beachten (vgl. Tz. 7.1.3). Finanzierungsinstrumente, deren Ausschüttungen das Einkommen der leistenden Gesellschaft unter Anwendung des § 8 Absatz 3 Satz 2 KStG nicht mindern, führen dazu, dass für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung an deren Nennkapital maßgebend ist.

7.1.3.2 Kein Nennkapital

251Die zweite Tatbestandsvariante ist erfüllt, wenn die ausländische Gesellschaft weder über Nennkapital noch eine vergleichbare Bezugsgröße verfügt. Dies kann insbesondere bei ausländischen Vereinen der Fall sein. Aufgrund der fehlenden Nennkapitalbeteiligung kommt der Prüfung der Beherrschungsvoraussetzungen nach § 7 Absatz 2 AStG insoweit besondere Bedeutung zu.

7.1.4 Beschränkt Steuerpflichtige (§ 7 Absatz 1 Satz 4 AStG)

252Die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 bis 3 AStG ist auch auf einen beschränkt Steuerpflichtigen anzuwenden, soweit die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist, durch die eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG ausgeübt wird (§ 7 Absatz 1 Satz 4 AStG).

253§ 7 Absatz 1 Satz 4 AStG gilt ausschließlich für den Bereich der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung. Die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung nach § 13 AStG gilt – ebenso wie die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung nach § 9 StAbwG – nicht für beschränkt Steuerpflichtige.

254Beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG sind beschränkt Einkommensteuerpflichtige nach § 1 Absatz 4 EStG und beschränkt Körperschaftsteuerpflichtige nach § 2 Nummer 1 KStG, jeweils i. V. m. § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a EStG. Auch ausländische Investmentfonds sind beschränkt körperschaftsteuerpflichtig (§ 6 Absatz 1 Satz 2 InvStG); dies gilt ungeachtet der Transparenzoption nach § 30 Absatz 1 InvStG auch für ausländische Spezial-Investmentfonds (§ 29 Absatz 1 InvStG i. V. m. § 6 Absatz 1 Satz 2 InvStG). Entsprechendes gilt für haftungsund vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines ausländischen (Spezial-)Investmentfonds, die nach § 1 Absatz 4 InvStG für Zwecke des InvStG als eigenständige Investmentfonds gelten.

7.1.4.1 Zuordnung der Beteiligung zu einer inländischen Betriebsstätte

255Die Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung auf beschränkt Steuerpflichtige setzt voraus, dass die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist.

256Der Begriff der Betriebsstätte bestimmt sich insoweit ausschließlich nach § 12 AO; auf den Begriff nach Abkommensrecht kommt es nicht an. Eine inländische Betriebsstätte ist insbesondere gegeben, wenn sich eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, im Inland befindet (vgl. § 12 Satz 1 AO). Eine inländische Betriebsstätte in diesem Sinne kann auch durch die Beteiligung an einer Personengesellschaft / Mitunternehmerschaft vermittelt werden (vgl. BStBl 2014 I S. 1258, Tzn. 2.2.3 und 4.1.1.2.2; Hinweis auf Tz. 7.1.4.3). Zum Erfordernis einer originären gewerblichen Tätigkeit der inländischen Betriebsstätte / Personengesellschaft / Mitunternehmerschaft vgl. Tz. 7.1.4.2.

257Hinsichtlich der unmittelbaren oder mittelbaren Zuordnung der Beteiligung zu einer inländischen Betriebsstätte sind insbesondere die Grundsätze des § 7 BsGaV und die diesbezüglichen Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung ( BStBl 2017 I S. 182, Rn. 102 ff.) zu beachten. Eine mittelbare Zuordnung der Beteiligung zu einer inländischen Betriebsstätte im Sinne der Vorschrift ist gegeben, wenn der inländischen Betriebsstätte eine mittelbare Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzuordnen ist. Dies ist der Fall, wenn der inländischen Betriebsstätte die Beteiligung an dem die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft vermittelnden Rechtsträger zuzuordnen ist. Zum Begriff der mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5.

7.1.4.2 Gewerblich tätige Betriebsstätte


258Damit die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung auf einen beschränkt Steuerpflichtigen anzuwenden ist, muss durch dessen inländische Betriebsstätte, der die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzuordnen ist, eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG ausgeübt werden. Erforderlich ist insoweit eine originäre gewerbliche Tätigkeit der Betriebsstätte; bei Personengesellschaften ist die sog. gewerbliche Infektion nach § 15 Absatz 3 Nummer 1 EStG zu beachten. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 3 Nummer 2 EStG kann ihren Gesellschaftern keine Betriebsstätte vermitteln, durch die eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG ausgeübt wird. Beschränkt Steuerpflichtige, bei denen die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft einer vermögensverwaltenden inländischen Personengesellschaft oder Gemeinschaft zuzurechnen ist, sind insoweit von der Hinzurechnungsbesteuerung ausgenommen.

7.1.4.3 Mittelbare Beteiligungen über Personengesellschaften

259Ist ein beschränkt Steuerpflichtiger über eine Personengesellschaft mit inländischer Betriebsstätte, die eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG ausübt (vgl. hierzu Tz. 7.1.4.2) und der die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzuordnen ist, mittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft beteiligt (zur mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5), treten die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung auch dann ausschließlich auf Ebene des beschränkt Steuerpflichtigen ein, wenn die vermittelnde Personengesellschaft unmittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist. Die Personengesellschaft bleibt von der Hinzurechnungsbesteuerung unberührt, insbesondere ist sie nicht Empfängerin des Hinzurechnungsbetrages (Hinweis auf Tzn. 7.1.1.6, 10.2.2, 10.2.5.3, 11.3.1, 11.5.3.1 und 18.1.1.2.1).

260Die Grundsätze des zu § 7 Absatz 1 AStG in einer vor dem geltenden Fassung ergangenen , BStBl II 1996 S. 122 sind insoweit nicht auf § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG übertragbar.

7.2 Beherrschung (§ 7 Absatz 2 AStG)

261Eine Beherrschung im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft, in dem diese die Einkünfte nach § 7 Absatz 1 AStG erzielt hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft zusteht (§ 7 Absatz 2 AStG).

262Bei den genannten Bezugsgrößen (mehr als die Hälfte der Stimmrechte, mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital, Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses) handelt es sich um gleichwertige Beherrschungskriterien, die unabhängig nebeneinanderstehen. Danach ist eine Beherrschung gegeben, wenn mindestens eines der Beherrschungskriterien erfüllt ist. Die Beherrschung ist für jeden Steuerpflichtigen gesondert zu prüfen.

Beispiel 1 (vgl. BT-Drs. 19/28652, 52):

Die inländische A-GmbH hält 60 Prozent der Stimmrechte an der Zwischengesellschaft und ist mit 40 Prozent an deren Nennkapital beteiligt. Die inländische B-GmbH hält hingegen 40 Prozent der Stimmrechte an der Zwischengesellschaft und ist mit 60 Prozent an deren Nennkapital beteiligt.

Sowohl die A-GmbH als auch die B-GmbH beherrschen die Zwischengesellschaft. Die A-GmbH hält mehr als die Hälfte der Stimmrechte, die B-GmbH hält mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Die jeweilige Hinzurechnungsquote richtet sich ausschließlich nach der jeweiligen Beteiligung am Nennkapital der Zwischengesellschaft.

263Bei einer mittelbaren Beteiligung ist eine Beherrschung gegeben, wenn bezogen auf den Beteiligungsstrang zwischen dem Steuerpflichtigen und der ausländischen Gesellschaft ein Beherrschungskriterium erfüllt ist (keine Kombination der Beherrschungskriterien). Dabei hat für das jeweilige Beherrschungskriterium eine Durchrechnung in Form einer Multiplikation zu erfolgen. Hinsichtlich mittelbarer Beteiligungen, die der Steuerpflichtige über eine ihm nahestehende Person hält, vgl. Tz. 7.2.1.

264Bei einer unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung sind die in Bezug auf die unmittelbare Beteiligung gegebenen Beherrschungskriterien mit den – entsprechenden – in Bezug auf die mittelbare Beteiligung gegebenen Beherrschungskriterien zu kumulieren (keine Kombination der Beherrschungskriterien).

Beispiel 2:

Die inländische A-GmbH hält 20 Prozent der Stimmrechte an der vermittelnden Gesellschaft V-GmbH und ist mit 10 Prozent an deren Nennkapital beteiligt. Die V-GmbH hält 80 Prozent der Stimmrechte an der Zwischengesellschaft und ist mit 55 Prozent an deren Nennkapital beteiligt. Die A-GmbH ist zusätzlich unmittelbar mit 45 Prozent am Nennkapital der Zwischengesellschaft beteiligt.

Der inländischen A-GmbH sind 16 Prozent und damit weniger als die Hälfte der Stimmrechte an der Zwischengesellschaft mittelbar zuzurechnen. Ihr sind 5,5 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft mittelbar zuzurechnen. Daneben sind ihr 45 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft unmittelbar zuzurechnen. Insgesamt – unmittelbar und mittelbar – sind ihr 50,5 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Aufgrund der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft ist eine Beherrschung gegeben. Auch die V-GmbH beherrscht die Zwischengesellschaft. Erfolgt insoweit auf Ebene der V-GmbH eine Hinzurechnungsbesteuerung, ist § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG bzw. § 12 Absatz 2 AStG zu beachten.

7.2.1 Beherrschung durch den Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen

265Die Beherrschung der ausländischen Gesellschaft kann durch den Steuerpflichtigen allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen gegeben sein. Im ersten Schritt ist daher zu prüfen, ob der Steuerpflichtige die ausländische Gesellschaft allein beherrscht. Ist dies nicht der Fall, ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob der Steuerpflichtige die ausländische Gesellschaft zusammen mit ihm nahestehenden Personen beherrscht. Der Kreis der dem Steuerpflichtigen nahestehenden Personen ist in § 7 Absatz 3 und 4 AStG definiert (vgl. Tzn. 7.3 und 7.4). Für Zwecke der Beherrschungsprüfung ist dem Steuerpflichtigen die unmittelbare und mittelbare Beteiligung der ihm nahestehenden Person an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen. Dies gilt ausschließlich im Hinblick auf die dem Steuerpflichtigen nahestehenden Personen, nicht auch im Hinblick auf die diesen wiederum nahestehenden Personen. Ist der Steuerpflichtige über die ihm nahestehende Person mittelbar an der ausländischen Gesellschaft beteiligt (zum Begriff der mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5), ist diese mittelbare Beteiligung für Zwecke der Beherrschungsprüfung nicht nochmals zu berücksichtigen; andernfalls würde die Beteiligung der ihm nahestehenden Person an der ausländischen Gesellschaft doppelt berücksichtigt. Entsprechendes gilt für mittelbare Beteiligungen, die dem Steuerpflichtigen nahestehende Personen über diesen an der ausländischen Gesellschaft halten.

Beispiel 1:

Die inländische A-GmbH ist mit 40 Prozent am Nennkapital der Zwischengesellschaft beteiligt. Die ausländische N-Ltd. ist mit 25 Prozent am Nennkapital der A-GmbH beteiligt. Die N-Ltd. ist zudem mit 20 Prozent am Nennkapital der Zwischengesellschaft beteiligt.

Der A-GmbH allein sind 40 Prozent und damit weniger als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Aufgrund der Nennkapitalbeteiligung in Höhe von 25 Prozent ist die ausländische N-Ltd. eine der A-GmbH nahestehende Person (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG). Zusammen mit der N-Ltd. sind der A-GmbH 60 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Die A-GmbH beherrscht die Zwischengesellschaft. Die Hinzurechnungsquote beträgt 40 Prozent.

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1; die N-Ltd. ist jedoch unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig.

Der N-Ltd. allein sind 20 Prozent und damit weniger als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Aufgrund der Nennkapitalbeteiligung in Höhe von 25 Prozent ist die A-GmbH eine der N-Ltd. nahestehende Person (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG). Zusammen mit der A-GmbH sind der N-Ltd. 60 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Folglich beherrscht auch die N-Ltd. die Zwischengesellschaft. Die Hinzurechnungsquote in Bezug auf die N-Ltd. beträgt grundsätzlich 30 Prozent (= 20 Prozent durch die unmittelbare Beteiligung und 10 Prozent (= 25 Prozent x 40 Prozent) durch die mittelbare Beteiligung). Soweit auf Ebene der A-GmbH eine Hinzurechnungsbesteuerung erfolgt ist, ist die mittelbare Beteiligung der N-Ltd. jedoch nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG unbeachtlich. Die Hinzurechnungsquote der N-Ltd. beträgt danach 20 Prozent (= unmittelbare Beteiligung).

Beispiel 3 (vgl. BT-Drs. 19/28652, 53):

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 25 Prozent der Anteile am Nennkapital der unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen B-GmbH. Die B-GmbH hält 25 Prozent der Anteile am Nennkapital der unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen C-GmbH. Die C-GmbH hält 20 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Daneben halten die A-GmbH und die B-GmbH jeweils unmittelbar 40 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft.

A-GmbH: Der A-GmbH sind unmittelbar 40 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Da die B-GmbH eine der A-GmbH nahestehende Person ist (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG), ist der A-GmbH für Zwecke der Beherrschungsprüfung auch die Beteiligung der B-GmbH an der Zwischengesellschaft zuzurechnen; die C-GmbH ist wegen Unterschreitens der erforderlichen Beteiligungshöhe keine der A-GmbH nahestehende Person (25 Prozent x 25 Prozent = 6,25 Prozent). Der B-GmbH sind ebenfalls unmittelbar 40 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Daneben sind ihr mittelbar 5 Prozent zuzurechnen (= 25 Prozent x 20 Prozent); auf den Umstand, dass die C-GmbH wiederum eine der B-GmbH nahestehende Person ist (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG), kommt es im Rahmen der Prüfung der Beherrschung der A-GmbH nicht an. Im Ergebnis sind der A-GmbH zusammen mit der ihr nahestehenden B-GmbH 85 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen (Beherrschungsquote). Damit beherrscht die A-GmbH die Zwischengesellschaft. Die Hinzurechnungsquote der A-GmbH beträgt 51,25 Prozent (= unmittelbare Beteiligung in Höhe von 40 Prozent zzgl. mittelbare Beteiligung in Höhe von 25 Prozent x 25 Prozent x 20 Prozent = 1,25 Prozent sowie mittelbare Beteiligung in Höhe von 25 Prozent x 40 Prozent = 10 Prozent, Summe der mittelbaren Beteiligungen 11,25 Prozent); unter den Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG reduziert sich die Hinzurechnungsquote auf 40 Prozent.

B-GmbH: Der B-GmbH sind unmittelbar 40 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Da sowohl die A-GmbH als auch die C-GmbH der B-GmbH nahestehende Personen sind (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG), sind der B-GmbH für Zwecke der Beherrschungsprüfung auch die Beteiligungen der A-GmbH und der C-GmbH an der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Ihre über die C-GmbH mittelbar gehaltene Beteiligung an der Zwischengesellschaft bleibt für Zwecke der Beherrschungsprüfung ebenso außer Betracht wie die über sie selbst gehaltene mittelbare Beteiligung der A-GmbH an der Zwischengesellschaft. Im Ergebnis sind der B-GmbH zusammen mit den ihr nahestehenden Personen 100 Prozent (= 40 Prozent [B-GmbH] + 40 Prozent [A-GmbH] + 20 Prozent [C-GmbH]) der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen (Beherrschungsquote). Damit beherrscht auch die B-GmbH die Zwischengesellschaft. Die Hinzurechnungsquote der B-GmbH beträgt 45 Prozent (= unmittelbare Beteiligung in Höhe von 40 Prozent zzgl. mittelbare Beteiligung in Höhe von 25 Prozent x 20 Prozent = 5 Prozent); unter den Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG reduziert sich die Hinzurechnungsquote auf 40 Prozent.

C-GmbH: Der C-GmbH sind unmittelbar 20 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen. Da die B-GmbH eine der C-GmbH nahestehende Person ist (vgl. § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG), ist der C-GmbH für Zwecke der Beherrschungsprüfung auch die Beteiligung der B-GmbH an der Zwischengesellschaft zuzurechnen; die über sie selbst gehaltene mittelbare Beteiligung der B-GmbH an der Zwischengesellschaft bleibt für Zwecke der Beherrschungsprüfung außer Betracht. Im Ergebnis sind der C-GmbH zusammen mit der ihr nahestehenden B-GmbH 60 Prozent (= 20 Prozent [C-GmbH] + 40 Prozent [B-GmbH]) der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen (Beherrschungsquote). Damit beherrscht auch die C-GmbH die Zwischengesellschaft. Die Hinzurechnungsquote der C-GmbH beträgt 20 Prozent.

7.2.2 Maßgebendes Wirtschaftsjahr

266In zeitlicher Hinsicht muss die Beherrschung am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft gegeben sein, in dem diese die Einkünfte nach § 7 Absatz 1 AStG erzielt hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr). Hieraus folgt eine zeitpunktbezogene Betrachtungsweise. Das Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft ergibt sich grundsätzlich aus dem jeweils einschlägigen ausländischen Gesellschaftsrecht (ggf. i. V. m. dem Gesellschaftsvertrag / der Satzung); das Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft kann auch einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassen, soweit dies nach ausländischem Gesellschaftsrecht zulässig und tatsächlich umgesetzt ist. Das Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft fällt auf den Zeitpunkt des Ablaufes des letzten Kalendertages des Wirtschaftsjahres.

267Das Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft ist auch dann maßgebend, wenn der Steuerpflichtige die Beteiligung erst kurz vor dem Ende des Wirtschaftsjahres erworben oder kurz nach dem Ende des Wirtschaftsjahres übertragen hat. Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung ist der Hinzurechnungsbetrag in diesen Fällen für das gesamte Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft zu ermitteln (vgl. § 10 Absatz 3 Satz 2 AStG i. V. m. § 4 Absatz 1 EStG).

268Wird die ausländische Gesellschaft vor dem Ende ihres Wirtschaftsjahres liquidiert oder auf einen vom Ende ihres Wirtschaftsjahres abweichenden steuerlichen Übertragungsstichtag umgewandelt, ist das Ende des Rumpfwirtschaftsjahres maßgebend (vgl. entsprechend § 8b Satz 2 Nummer 1 EStDV). Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung ist der Hinzurechnungsbetrag in diesen Fällen für das Rumpfwirtschaftsjahr zu ermitteln (vgl. § 10 Absatz 3 Satz 2 AStG i. V. m. § 4 Absatz 1 EStG).

269In welchem Wirtschaftsjahr die ausländische Gesellschaft Einkünfte nach § 7 Absatz 1 AStG erzielt hat (zeitliche Zuordnung), bestimmt sich nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Absatz 1 EStG (vgl. § 10 Absatz 3 Satz 2 Halbsatz 2 AStG).

7.2.3 Zurechnung von mehr als der Hälfte der Stimmrechte oder mehr als der Hälfte der Anteile am Nennkapital

270Eine Beherrschung der ausländischen Gesellschaft ist gegeben, wenn dem Steuerpflichtigen unmittelbar oder mittelbar

  • mehr als die Hälfte der Stimmrechte an der ausländischen Gesellschaft oder

  • mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft

zuzurechnen sind.

271Die dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Stimmrechte an der ausländischen Gesellschaft sind die sich aus der Beteiligung nach dem jeweils einschlägigen ausländischen Gesellschaftsrecht (ggf. i. V. m. dem Gesellschaftsvertrag / der Satzung) ergebenden Stimmrechte. Dies gilt auch für Stimmrechte, die dem Steuerpflichtigen aufgrund anderweitiger Vereinbarungen (insbesondere sog. Stimmbindungsvereinbarungen) zuzurechnen sind. Das Stimmrecht vermittelt dabei grundsätzlich das Recht, durch Stimmabgabe an der gesellschaftsrechtlichen Beschlussfassung mitzuwirken oder hierdurch einen anderweitigen Einfluss auf die gesellschaftsrechtliche Entscheidungsfindung zu nehmen. Bloße Widerspruchs- / Vetorechte sind keine Stimmrechte. Zur Prüfung der Beherrschung sind die dem Steuerpflichtigen hiernach zuzurechnenden Stimmrechte ins Verhältnis zur Gesamtheit der Stimmrechte der ausländischen Gesellschaft zu setzen.

272Die dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Anteile am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft ergeben sich aus der Beteiligung nach dem jeweils einschlägigen ausländischen Gesellschaftsrecht (ggf. i. V. m. dem Gesellschaftsvertrag / der Satzung). Anteile an einer dem Nennkapital vergleichbaren Bezugsgröße stehen Anteilen am Nennkapital gleich. Zur Prüfung der Beherrschung sind die dem Steuerpflichtigen hiernach zuzurechnenden Anteile am Nennkapital ins Verhältnis zur Gesamtheit der ausgegebenen Anteile am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft zu setzen. Eigene Anteile am Nennkapital, die der ausländischen Gesellschaft selbst zuzurechnen sind, sind wie nicht ausgegebene Anteile zu behandeln. Gleiches gilt für Anteile, durch die ausländische Gesellschaften wechselseitig oder im Ring aneinander beteiligt sind.

273Zur Zurechnung der Anteile nach den allgemeinen steuerlichen Zurechnungsvorschriften (§§ 39 ff. AO) und zu optierenden Gesellschaften nach § 1a KStG vgl. Tz. 7.1.1.5.

7.2.4 Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses

274Eine Beherrschung der ausländischen Gesellschaft ist – alternativ zu den unter Tz. 7.2.3 dargestellten Voraussetzungen – gegeben, wenn dem Steuerpflichtigen unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses dieser Gesellschaft zusteht.

275Ein solcher Anspruch ergibt sich regelmäßig aus einem synallagmatischen Rechtsverhältnis; eine Gesellschafterstellung (Stimmberechtigung oder Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft) des Anspruchsinhabers ist nicht erforderlich. Bei gleichzeitiger Gesellschafterstellung ist unerheblich, ob sich die Anspruchsgrundlage formal aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung ergibt. Insbesondere hybride Finanzierungsinstrumente wie bspw. Genussrechte, partiarische Darlehen oder stille Beteiligungen können dem Inhaber einen Anspruch auf den Gewinn oder den Liquidationserlös der emittierenden ausländischen Gesellschaft vermitteln.

276Unter dem Gewinn der ausländischen Gesellschaft ist deren wirtschaftlicher Erfolg zu verstehen. Als entsprechende Bezugsgrößen kommen insbesondere der Jahresüberschuss oder der Bilanzgewinn der ausländischen Gesellschaft in Betracht. Unter dem Liquidationserlös der ausländischen Gesellschaft sind die im Abwicklungsendvermögen gebundenen stillen Reserven zu verstehen.

277Zur Prüfung der Beherrschung (Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses) ist auf die konkrete vertragliche Vereinbarung ggf. in einer Zusammenschau mit dem Gesellschaftsvertrag abzustellen.

7.3 Nahestehende Person (§ 7 Absatz 3 AStG)

278Für Zwecke der §§ 7 bis 12 AStG ist eine Person dem Steuerpflichtigen unter den Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 AStG nahestehend (§ 7 Absatz 3 Satz 1 AStG). Eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft ist selbst nahestehende Person, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 AStG erfüllt (§ 7 Absatz 3 Satz 2 AStG).

279Die Definition der nahestehenden Person nach § 7 Absatz 3 AStG gilt gleichermaßen im Fall eines unbeschränkt Steuerpflichtigen (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG) und im Fall eines beschränkt Steuerpflichtigen (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG).

280§ 7 Absatz 3 AStG definiert den Begriff der nahestehenden Person ausschließlich für Zwecke der allgemeinen (einschließlich der verschärften) Hinzurechnungsbesteuerung. Für Zwecke der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung nach § 13 AStG bedarf es in Ermangelung eines Beherrschungserfordernisses keiner entsprechenden Definition.

7.3.1 Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 AStG (§ 7 Absatz 3 Satz 1 AStG)

281Für die Definition einer dem Steuerpflichtigen nahestehenden Person verweist § 7 Absatz 3 Satz 1 AStG auf die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 AStG.

282Eine nahestehende Person muss nicht notwendigerweise unbeschränkt steuerpflichtig sein (vgl. BT-Drs. 19/28652, 53). Auch nicht unbeschränkt steuerpflichtige natürliche und juristische Personen, insbesondere ausländische Gesellschaften im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG, kommen als nahestehende Personen in Betracht. In- und ausländische (Spezial-)Investmentfonds sind unter den Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 AStG nahestehende Personen. Entsprechendes gilt für haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines (Spezial-)Investmentfonds, die nach § 1 Absatz 4 InvStG für Zwecke des InvStG als eigenständige Investmentfonds gelten.

283Einzelheiten zu § 1 Absatz 2 AStG ergeben sich aus den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise (vgl. BStBl 2023 I S. 1093, Rn. 1.9 bis 1.15).

7.3.2 Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften (§ 7 Absatz 3 Satz 2 AStG)

284Nach § 7 Absatz 3 Satz 2 AStG ist eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft – entsprechend § 1 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 AStG – selbst nahestehende Person, wenn sie ihrerseits die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 AStG erfüllt.

285Das Vorliegen einer Personengesellschaft richtet sich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen. Danach qualifizieren als Personengesellschaft insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB), die Personenhandelsgesellschaften in Form der offenen Handelsgesellschaft (§§ 105 ff. HGB) und der Kommanditgesellschaft (§§ 161 ff. HGB) sowie die Partnerschaftsgesellschaft (PartGG). Das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft richtet sich nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG (ggf. i. V. m. § 13 Absatz 7 EStG oder § 18 Absatz 4 Satz 2 EStG).

286Die Regelung gilt gleichermaßen für in- und ausländische Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften. Bei nach ausländischem Recht gegründeten Rechtsträgern ist ein Rechtstypenvergleich durchzuführen (vgl. hierzu Tz. 7.1.1.3).

7.4 Nahestehen durch abgestimmtes Verhalten (§ 7 Absatz 4 AStG)

287Unbeschadet des § 7 Absatz 3 AStG gelten Personen als dem Steuerpflichtigen nahestehend, wenn sie mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken (§ 7 Absatz 4 Satz 1 AStG). Bei den unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, die an einer Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, wird ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten widerlegbar unterstellt (§ 7 Absatz 4 Satz 2 AStG).

288Die Rechtsfolge der Vorschrift besteht in der Fiktion eines Nahestehens zwischen dem Steuerpflichtigen und jeder Person, die mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirkt. Hierdurch erweitert die Vorschrift den Begriff der nahestehenden Person im Sinne des § 7 Absatz 3 AStG für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung. Ist eine Person dem Steuerpflichtigen bereits nach § 7 Absatz 3 AStG nahestehend, kommt es auf § 7 Absatz 4 AStG nicht mehr an; § 7 Absatz 3 AStG ist vorrangig zu prüfen.

Beispiel:

A, B und C sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtige, einander nicht nach § 7 Absatz 3 AStG nahestehende Personen. A ist mit 51 Prozent, B mit 25 Prozent und C mit 24 Prozent als Gesellschafter am Kapital der Personengesellschaft P beteiligt. P hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft.

A beherrscht die Zwischengesellschaft bereits deshalb, weil ihm mittelbar über P 51 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen sind (vgl. § 7 Absatz 2 AStG). Die Hinzurechnungsquote beträgt 51 Prozent.

B beherrscht die Zwischengesellschaft ebenfalls. Zusammen mit P als eine ihm nahestehende Person (vgl. § 7 Absatz 3 Satz 2 AStG i. V. m. § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG) sind B unmittelbar 100 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen (vgl. § 7 Absatz 2 AStG). Die Hinzurechnungsquote beträgt – entsprechend der mittelbaren Beteiligung des B – 25 Prozent.

Auch C beherrscht die Zwischengesellschaft. Zwar ist P keine dem C nach § 7 Absatz 3 AStG nahestehende Person. Nach § 7 Absatz 4 Satz 2 AStG wird jedoch widerlegbar unterstellt, dass A, B und C als unmittelbare Gesellschafter einer Personengesellschaft, die an der Zwischengesellschaft unmittelbar beteiligt ist, in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken.

Vorbehaltlich einer Widerlegung gelten A und B daher nach § 7 Absatz 4 Satz 1 AStG als dem C nahestehende Personen. Zusammen mit A und B sind C mittelbar 100 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft zuzurechnen (vgl. § 7 Absatz 2 AStG). Die Hinzurechnungsquote beträgt – entsprechend der mittelbaren Beteiligung des C – 24 Prozent.

289Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass eine Beherrschung der Zwischengesellschaft nicht nur in der Weise gegeben sein kann, dass der Steuerpflichtige die Zwischengesellschaft allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 7 Absatz 3 AStG beherrscht. Eine Beherrschung kann nämlich auch dergestalt bestehen, dass der Steuerpflichtige die Zwischengesellschaft zusammen mit – ihm nicht nach § 7 Absatz 3 AStG nahestehenden – Personen beherrscht, die mit ihm in Bezug auf die Zwischengesellschaft gleichgerichtete Interessen verfolgen. Denn bei der Verfolgung gleichgerichteter Interessen kann die Zwischengesellschaft in gleicher oder ähnlicher Weise wie in den Fällen eines einzelnen Mehrheitsgesellschafters oder einer beherrschenden Gruppe verbundener Unternehmen beherrscht werden (vgl. BT-Drs. 19/28652, 53).

7.4.1 Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten (§ 7 Absatz 4 Satz 1 AStG)

290Nach § 7 Absatz 4 Satz 1 AStG setzt die Fiktion des Nahestehens voraus, dass der Steuerpflichtige und die betreffende Person in Bezug auf die Zwischengesellschaft durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken.

291Das abgestimmte Verhalten und das Zusammenwirken müssen sich auf die Zwischengesellschaft beziehen. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige und die betreffende Person weitergehend – über die Belange der Zwischengesellschaft hinaus – durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken. Maßgebend ist, dass sich das Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten jedenfalls auch auf die Zwischengesellschaft bezieht. Einer ausdrücklichen – ggf. vertraglichen – Bezugnahme auf die Zwischengesellschaft bedarf es insoweit nicht; vielmehr genügt es, wenn sich das Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten aus den Gesamtumständen ergibt.

292Ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten in Bezug auf die Zwischengesellschaft ist insbesondere anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige und die betreffende Person

  • sich hinsichtlich der Modalitäten des (Hinzu-)Erwerbs oder der (Teil-)Übertragung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an der Zwischengesellschaft abstimmen (bspw. in Bezug auf den Zeitpunkt und die Beteiligungshöhe),

  • sich hinsichtlich der Ausübung von Stimmrechten – insbesondere durch sog. Stimmbindungsverträge – oder mit dem Ziel der Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zwischengesellschaft abstimmen oder

  • sich hinsichtlich sonstiger Rechtsbeziehungen in Bezug auf die Zwischengesellschaft abstimmen; Rechtsbeziehungen in diesem Sinne sind insbesondere Vereinbarungen über Darlehen, Genussrechte oder ähnliche Finanzierungsbeziehungen.

293Die vorgenannten Beispiele sind nicht abschließend. Insbesondere setzt ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten nicht notwendigerweise eine Rechtsbeziehung zwischen dem Steuerpflichtigen und der betreffenden Person voraus.

294Eine Familienangehörigkeit kann für die Annahme eines Zusammenwirkens durch abgestimmtes Verhalten sprechen. Als Familienangehörige sind in diesem Zusammenhang die Angehörigen im Sinne des § 15 AO anzusehen.

7.4.2 Widerlegbares Unterstellen eines Zusammenwirkens durch abgestimmtes Verhalten (§ 7 Absatz 4 Satz 2 AStG)

295Bei den unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, die an einer Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, wird ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten widerlegbar unterstellt (§ 7 Absatz 4 Satz 2 AStG). § 7 Absatz 3 Satz 2 AStG bleibt hiervon unberührt.

296Zum Vorliegen einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft vgl. Tz. 7.3.2.

297Die Qualifikation als Gesellschafter bestimmt sich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen. Gesellschafter im Sinne der Vorschrift ist auch ein Mitunternehmer, wenn die Mitunternehmerschaft nicht auf einer Personengesellschaft, sondern auf einer wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft basiert (insbesondere Bruchteils- und Erbengemeinschaft). Ein mittelbarer Gesellschafter im Sinne der Vorschrift ist ein solcher, der an der Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft über einen (oder mehrere) vermittelnde(n) Rechtsträger in Form einer in- oder ausländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nicht gem. § 3 Absatz 1 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist, oder einer in- oder ausländischen Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft beteiligt ist. Auf die Höhe der Beteiligung kommt es für die Gesellschafterstellung nicht an.

298Die Vorschrift setzt weiter voraus, dass die Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft an der Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Eine unmittelbare Beteiligung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Beteiligung an der Zwischengesellschaft dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft oder dem (Sonder-)Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft zuzurechnen ist (zum Beteiligungsbegriff vgl. Tz. 7.1.1.5). Eine mittelbare Beteiligung liegt vor, wenn die Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft über einen (oder mehrere) vermittelnde(n) Rechtsträger in Form einer in- oder ausländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nicht gem. § 3 Absatz 1 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist, oder einer in- oder ausländischen Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft an der Zwischengesellschaft beteiligt ist.

299Gehört der Steuerpflichtige zum Kreis der Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, wird – vorbehaltlich einer Widerlegung durch den Steuerpflichtigen – unterstellt, dass die übrigen Gesellschafter / Mitunternehmer dieser Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft mit ihm durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken. Angesichts der unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung der Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft an der Zwischengesellschaft erfolgt das Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten auch in Bezug auf die Zwischengesellschaft. Die übrigen Gesellschafter / Mitunternehmer der Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft gelten damit als dem Steuerpflichtigen nahestehend (vgl. § 7 Absatz 4 Satz 1 AStG).

300Die widerlegbare Unterstellung gründet auf der (gesellschafts-)rechtlichen Struktur der Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft (vgl. BT-Drs. 19/28652, 54); eine besondere Bedeutung kommt dabei der Förderung eines gemeinsamen Zwecks durch das Zusammenwirken der Gesellschafter und der daraus hervorgehenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu. Die Widerlegbarkeit der Unterstellung des Zusammenwirkens durch abgestimmtes Verhalten ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Eine Widerlegbarkeit in diesem Sinne kann insbesondere in Betracht kommen, wenn die Förderung eines gemeinsamen Zwecks unter Fortbestand der Gesellschaft vorübergehend oder dauernd unmöglich geworden ist. Gleiches gilt, wenn sich der gemeinsame Zweck in einer Vermögensanlage erschöpft und die Anleger sich nicht kennen oder den Anlegern ausschließlich Informationsrechte zustehen. Darüber hinaus kann eine Widerlegung der Unterstellung eines Zusammenwirkens durch abgestimmtes Verhalten in Betracht kommen, soweit der Steuerpflichtige das Bestehen ernstlicher Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und anderen Gesellschaftern oder Mitunternehmern nachweist. Die Aufzählung ist nicht abschließend.

301Bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Personengesellschaft ist das Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten regelmäßig widerlegt, wenn am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft eine durchgerechnete Beteiligungshöhe von 5 Prozent an der Personengesellschaft nicht überschritten wird und keine besonderen Umstände hinzutreten.

7.5 Verhältnis zwischen allgemeiner Hinzurechnungsbesteuerung und Investmentbesteuerung (§ 7 Absatz 5 AStG)

302§ 7 Absatz 5 Satz 1 AStG regelt das Verhältnis von Investmentbesteuerung und allgemeiner (einschließlich verschärfter) Hinzurechnungsbesteuerung zugunsten eines Vorrangs der Investmentbesteuerung (vgl. BT-Drs. 19/28652, 54); im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung gilt § 13 Absatz 5 AStG (vgl. hierzu Tz. 13.5). § 7 Absatz 5 Satz 2 AStG sieht eine Ausnahme hiervon vor, mit der Folge, dass in den dort genannten Fällen die Hinzurechnungsbesteuerung neben der Investmentbesteuerung anwendbar ist. Die Ausnahme basiert auf Artikel 7 Absatz 3 ATAD.

303Mit dem in § 7 Absatz 5 Satz 1 AStG vorgesehenen Vorrang der Investmentbesteuerung sollen Doppelbelastungen vermieden werden, die bei paralleler Anwendung von Investment- und Hinzurechnungsbesteuerung auf Ebene des Anlegers eines ausländischen Investmentfonds oder ausländischen Spezial-Investmentfonds, der als ausländische Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG qualifiziert (vgl. Tz. 7.1.1.3), entstehen könnten (vgl. auch BR-Drs. 638/01, 69). Denn die investmentsteuerrechtliche Anlegerbesteuerung hat im Hinblick auf thesaurierte Einkünfte eine der Hinzurechnungsbesteuerung strukturell ähnliche Wirkungsweise:

304Investmentfonds (sog. Kapitel 2-Investmentfonds): Bei einem Anleger eines thesaurierenden ausländischen Investmentfonds ist die Vorabpauschale als Investmentertrag zu erfassen (vgl. § 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG). Die Vorabpauschale ist der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten (§ 18 Absatz 1 Satz 1 InvStG); sie gilt am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres als zugeflossen (§ 18 Absatz 3 InvStG). Ist der Investmentanteil dem Privatvermögen zuzuordnen, gehört die Vorabpauschale nach § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht des Anlegers zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Ist der Investmentanteil dem Betriebsvermögen zuzuordnen, gehört die Vorabpauschale zu den Einkünften aus den §§ 13, 15 oder 18 EStG. Die Vorabpauschale dient im Wesentlichen der Vermeidung von Steuerstundungseffekten, die ansonsten im Thesaurierungsfall auf Anlegerebene entstünden (vgl. BT-Drs. 18/8045, 88).

305Spezial-Investmentfonds: Bei einem Anleger eines thesaurierenden ausländischen Spezial-Investmentfonds sind vorbehaltlich der Transparenzoption nach § 30 InvStG ausschüttungsgleiche Erträge als Spezial-Investmenterträge zu erfassen (vgl. § 34 Absatz 1 Nummer 2 InvStG). Ausschüttungsgleiche Erträge sind Erträge im Sinne des § 36 Absatz 1 Satz 1 InvStG, die von einem Spezial-Investmentfonds nicht zur Ausschüttung verwendet werden; sie gelten grundsätzlich mit Ablauf des Geschäftsjahres als zugeflossen, in dem sie vereinnahmt worden sind (vgl. § 36 Absatz 4 Satz 2 InvStG). Ist der Spezial-Investmentanteil dem Privatvermögen zuzuordnen, gehören die ausschüttungsgleichen Erträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 3a EStG bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht des Anlegers zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Ist der Spezial-Investmentanteil dem Betriebsvermögen zuzuordnen, gehören die ausschüttungsgleichen Erträge zu den Einkünften aus den §§ 13, 15 oder 18 EStG. Die ausschüttungsgleichen Erträge sind eine Ausprägung der Semitransparenz von Spezial-Investmentfonds.

7.5.1 Vorrang der Investmentbesteuerung (§ 7 Absatz 5 Satz 1 AStG)

306§ 7 Absatz 1 bis 4 AStG ist nicht anzuwenden, wenn auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, die Vorschriften des InvStG in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind (§ 7 Absatz 5 Satz 1 AStG).

307Die Rechtsfolge der Vorschrift besteht in der Nichtanwendung der allgemeinen (einschließlich der verschärften) Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Absatz 1 bis 4 AStG (Vorrang der Investmentbesteuerung). Sie erstreckt sich nicht auf die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung nach § 13 AStG; insoweit gilt ausschließlich § 13 Absatz 5 AStG (vgl. hierzu Tz. 13.5).

308Voraussetzung der Vorschrift ist, dass auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, die Vorschriften des InvStG in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind.

309Die danach maßgeblichen Vorschriften des InvStG müssen auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, anzuwenden sein. Dies ist der Fall, wenn die Zwischeneinkünfte (zum Begriff vgl. Tz. 7.1.1.4) durch eine ausländische Gesellschaft, die als ausländischer Investmentfonds oder ausländischer Spezial-Investmentfonds qualifiziert (vgl. auch Tz. 7.1.1.3), erzielt oder dieser nach Maßgabe der §§ 39 ff. AO zugerechnet werden. Das Vorliegen eines ausländischen Investmentfonds oder ausländischen Spezial-Investmentfonds bestimmt sich nach den Vorschriften des InvStG in der jeweils geltenden Fassung (insbesondere § 1 Absatz 2 bis 4 InvStG i. V. m. § 2 Absatz 3 InvStG sowie § 26 InvStG jeweils in der geltenden Fassung). Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die Zwischeneinkünfte auf Ebene des ausländischen Investmentfonds oder ausländischen Spezial-Investmentfonds nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 InvStG ggf. i. V. m. § 29 Absatz 1 InvStG jeweils in der geltenden Fassung steuerbefreit sind.

Beispiel 1:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige AG ist zu 100 Prozent an einem Investmentfonds mit Geschäftsleitung und Sitz im Ausland beteiligt. Der Investmentfonds entspricht nach dem Rechtstypenvergleich einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG und erzielt ausschließlich passive niedrig besteuerte Einkünfte, die teilweise inländische Einkünfte sind. Die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden weder mit der AG noch mit ihr nahestehenden Personen betrieben.

Die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung kommt nach § 7 Absatz 5 Satz 1 AStG nicht zur Anwendung, da es sich bei der ausländischen Gesellschaft um einen Investmentfonds handelt. Auf die Einkünfte des Investmentfonds sind die geltenden Vorschriften des InvStG anzuwenden. Unerheblich ist insoweit, dass die Einkünfte nur teilweise inländische Einkünfte sind; auf die Steuerbefreiung nach § 6 Absatz 2 Satz 1 InvStG kommt es im Kontext des § 7 Absatz 5 Satz 1 AStG nicht an. Eine etwaige beschränkte Körperschaftsteuerpflicht des ausländischen Investmentfonds in Bezug auf die inländischen Einkünfte bleibt unberührt (vgl. Tz. Vor 7 – 3.2).

310§ 7 Absatz 5 Satz 1 AStG ist nicht anwendbar, wenn die ausländische Gesellschaft an einem in- oder ausländischen (Spezial-)Investmentfonds als Anlegerin beteiligt ist und hieraus Investmenterträge erzielt. Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Regeln der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Absatz 1 bis 4 AStG.

Beispiel 2:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige A ist zu 100 Prozent an der Zwischengesellschaft beteiligt. Die Zwischengesellschaft ist wiederum zu 100 Prozent als Anlegerin an einem ausländischen Investmentfonds beteiligt. Der Investmentfonds qualifiziert als ausländische Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG und erzielt ausschließlich passive niedrig besteuerte Einkünfte, die teilweise inländische Einkünfte sind. Die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte werden weder mit A noch mit ihm nahestehenden Personen betrieben.

In Bezug auf die Zwischengesellschaft kommt die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Absatz 1 bis 4 AStG regulär zur Anwendung; § 7 Absatz 5 Satz 1 AStG gilt insoweit nicht. Sie erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Investmenterträge, die die Zwischengesellschaft als Anlegerin des Investmentfonds erzielt (zur Berücksichtigung als passive Einkünfte und Ermittlung der Einkünfte vgl. Tz. 8.1.7.1). Hinsichtlich der mittelbaren Beteiligung des A an dem ausländischen Investmentfonds gelten die Ausführungen zu Beispiel 1.

7.5.2 Ausnahme für Geschäfte mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen (§ 7 Absatz 5 Satz 2 AStG)

311§ 7 Absatz 5 Satz 1 AStG gilt nicht, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden (§ 7 Absatz 5 Satz 2 AStG).

312Die Rechtsfolge der Regelung besteht in der Nichtanwendbarkeit des § 7 Absatz 5 Satz 1 AStG; es bleibt daher bei den allgemeinen Regeln der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Absatz 1 bis 4 AStG. Soweit danach die Hinzurechnungsbesteuerung und die investmentsteuerrechtliche Anlegerbesteuerung auf Ebene des Steuerpflichtigen parallel zur Anwendung kommen, ist § 10 Absatz 6 AStG zu beachten (vgl. hierzu Tz 10.6).

313Aufgrund der Anknüpfung an § 7 Absatz 5 Satz 1 AStG ist für Zwecke des § 7 Absatz 5 Satz 2 AStG ausschließlich auf die Einkünfte abzustellen, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist (= Zwischeneinkünfte; zum Begriff vgl. Tz. 7.1.1.4). Die den Zwischeneinkünften zugrunde liegenden Geschäfte müssen zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden. Bei der Prüfung der Drittel-Grenze ist auf die Summe der Zwischeneinkünfte aus Geschäften mit dem Steuerpflichtigen und ihm nahestehenden Personen abzustellen (vgl. BT-Drs. 19/28652, 54). Die Drittel-Grenze ist demnach überschritten, wenn die Summe der Zwischeneinkünfte aus Geschäften mit dem Steuerpflichtigen und ihm nahestehenden Personen mehr als ein Drittel der gesamten Zwischeneinkünfte des ausländischen (Spezial-)Investmentfonds beträgt. Die Zwischeneinkünfte sind nach § 10 Absatz 3 bis 5 AStG zu ermitteln.

314Als Geschäfte im Sinne der Vorschrift kommen jedwede synallagmatischen Rechtsgeschäfte – insbesondere Finanzierungsbeziehungen – mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen in Betracht.

315Steuerpflichtiger ist der unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne der Tz. 7.1.1.2 oder der beschränkt Steuerpflichtige im Sinne der Tz. 7.1.4. Bei dem Steuerpflichtigen nahestehenden Personen handelt es sich um solche im Sinne des § 7 Absatz 3 und 4 AStG.

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige AG ist zu 100 Prozent an einem Investmentfonds mit Geschäftsleitung und Sitz im Ausland beteiligt. Der Investmentfonds entspricht nach dem Rechtstypenvergleich einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG und erzielt ausschließlich passive niedrig besteuerte Einkünfte. Ein Viertel dieser Einkünfte stammt aus Geschäften mit der AG; ein weiteres Viertel stammt aus Geschäften mit einer der AG nahestehenden Person.

Da die Hälfte und somit mehr als ein Drittel der den Zwischeneinkünften des Investmentfonds zugrunde liegenden Geschäfte mit der AG und einer ihr nahestehenden Person betrieben werden, gilt § 7 Absatz 5 Satz 1 AStG nicht (vgl. § 7 Absatz 5 Satz 2 AStG). Die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Absatz 1 bis 4 AStG ist daher anwendbar. § 10 Absatz 6 AStG ist zu beachten.

8 Einkünfte von Zwischengesellschaften (§ 8 AStG)

8.0 Grundsätze

316§ 8 Absatz 1 AStG definiert im Wege einer abschließenden Aufzählung die Tatbestände, die zu aktiven Einkünften führen. Für diese Einkünfte ist die ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft; insoweit ist die Hinzurechnungsbesteuerung ausgeschlossen. Als passive Einkünfte unterliegen der Hinzurechnungsbesteuerung dagegen solche Einkünfte, die nicht aktiv im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 AStG sind und einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen (Zwischeneinkünfte; vgl. Tz. 7.1.1.4).

317Die Qualifikation der Einkünfte ist nach den tatsächlichen Verhältnissen vorzunehmen. Es ist dabei ohne Bedeutung, zu welcher Einkunftsart im Sinne des § 2 Absatz 1 EStG die Einkünfte gehören.

8.0.1 Zurechnung von Tätigkeiten

318Die Frage, welche Tätigkeiten einer ausländischen Gesellschaft zuzurechnen sind, ist nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu beurteilen. Danach ist eine Tätigkeit demjenigen zuzurechnen, für dessen Rechnung sie ausgeübt wird (, BStBl II 1993 S. 222). Ohne Bedeutung für die Zurechnung einer Tätigkeit zur ausländischen Gesellschaft sind die Einkunftsart im Sinne des § 2 Absatz 1 EStG und die funktionale Betrachtungsweise (Tz. 8.0.3). Als Tätigkeit in diesem Sinne gelten alle Tatbestände, die zu aktiven oder passiven Einkünften führen.

8.0.2 Personengesellschaften

319Ist die ausländische Gesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, sind für die Zwecke des § 8 AStG die aus dem Beteiligungsverhältnis fließenden Einkünfte so zu behandeln, als habe die ausländische Gesellschaft die Tätigkeiten selbst ausgeübt, aus denen der maßgebliche Gewinn der Personengesellschaft stammt (vgl. , BStBl 1990 II S. 1049). Entsprechendes gilt für Sonderbetriebseinnahmen der ausländischen Gesellschaft als Gesellschafter der Personengesellschaft.

8.0.3 Funktionale Betrachtungsweise

320Jede Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft (Tz. 8.0.1) ist grundsätzlich isoliert zu betrachten (segmentierende Betrachtung). Erzielt die ausländische Gesellschaft Einkünfte aus verschiedenen Tätigkeiten, sind diese Tätigkeiten für die Prüfung des § 8 Absatz 1 AStG zusammengefasst zu beurteilen und einheitlich zu qualifizieren, wenn sie aus der gleichen Funktion der Gesellschaft resultieren (sog. funktionale Betrachtungsweise). Dabei ist die Tätigkeit maßgebend, auf der nach allgemeiner Verkehrsauffassung das wirtschaftliche Schwergewicht liegt (, BStBl 1990 II S. 1049). Die Prüfung hat anhand der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall zu erfolgen.

321Von einer funktionalen Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn verschiedene Tätigkeiten im Verhältnis von unselbständigen Hilfs- oder Nebentätigkeiten zu einer Haupttätigkeit stehen (, BStBl 1990 II S. 1049; , BStBl II 2011 S. 249; , BStBl II 2021 S. 270). Danach sind im Rahmen einer zu aktiven Einkünften führenden Gesamttätigkeit anfallende betriebliche Nebenerträge den aktiven Einkünften zuzuordnen. Entsprechendes gilt für im Rahmen einer zu passiven Einkünften führenden Gesamttätigkeit anfallende betriebliche Nebenerträge. Betriebliche Nebenerträge in diesem Sinne sind etwa gegeben, wenn die Einkünfte nach allgemeiner Verkehrsauffassung zu einer anderen Tätigkeit gehören und bei dieser das wirtschaftliche Schwergewicht liegt (z. B. Einkünfte aus für die andere Tätigkeit notwendigen Finanzmitteln, Einkünfte aus der Vermietung von Werkswohnungen oder der Verpachtung eines Vorratsgeländes eines ausgeübten Gewerbebetriebs).

Beispiel:

Die A-GmbH beherrscht eine ausländische Tochtergesellschaft (niedrig besteuert) und finanziert diese über ein Darlehen. Die Tochtergesellschaft gibt das Darlehen an eine Enkelgesellschaft (niedrig besteuert) weiter, an der sie zu 100 Prozent beteiligt ist, um deren Tätigkeit zu finanzieren. Aufgrund globalpolitischer Entwicklungen kann die Enkelgesellschaft ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben. Als Folge verzichten die A-GmbH sowie die Tochtergesellschaft auf das Darlehen. Der auf Ebene der Enkelgesellschaft durch den Wegfall der Darlehensverbindlichkeit entstehende bilanzielle Gewinn steht in einem funktionalen Zusammenhang mit den Einkünften aus der Tätigkeit.

322Einzeltätigkeiten mit einem erheblichen wirtschaftlichen Eigengewicht sind dagegen nicht zusammenzufassen, sondern eigenständig unter den Katalog des § 8 Absatz 1 AStG zu subsumieren, selbst wenn sie mit anderen Tätigkeiten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (, BStBl II 2021 S. 270). Einkünfte sind daher z. B. in vollem Umfang passiv, wenn sie zwar durch eine zu aktiven Einkünften führende Tätigkeit mitverursacht sind, die zu passiven Einkünften führende Tätigkeit aber nach der Verkehrsauffassung einen Bereich mit eigenständigem wirtschaftlichen Schwergewicht darstellt (z. B. Kreditvergabe, die dazu dient, einzelne Märkte mit dem erforderlichen Betriebskapital auszustatten). Keine Nebenerträge liegen vor, wenn die Kreditvergabe aus Eigenmitteln ein branchenübliches Maß überschreitet und somit eine eigenständige Kapitalanlagetätigkeit (Haupttätigkeit) realisiert wird.

323Wird die ausländische Gesellschaft im Rahmen eines einheitlichen Vertrages tätig, sind die darunter von ihr erbrachten Leistungen ebenfalls gesondert zu betrachten. Eine einheitliche Behandlung ist nur insoweit möglich, als sich die einzelnen Leistungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung als Einheit darstellen. Die Zusammenfassung mehrerer Tätigkeiten in einer ausländischen Gesellschaft (sog. Landesholding) begründet keinen wirtschaftlichen Zusammenhang dieser Tätigkeiten, solange wirtschaftlich grundsätzlich eigenständig zu wertende Funktionen der Gesellschaft auch voneinander getrennt werden können. Die Beherrschung eines anderen Unternehmens durch die ausländische Gesellschaft macht dessen Tätigkeit nicht zur eigenen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft. Die Tätigkeit mehrerer ausländischer Gesellschaften dürfen nicht zusammengefasst werden.

324Die Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung enthalten keine allgemeine „Bagatellgrenze” (, BStBl II 2005 S. 255).

8.0.4 Veräußerungsgewinne

325Zu den Einkünften im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG gehören auch Gewinne aus der Veräußerung des für die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit eingesetzten Vermögens. Es gilt die funktionale Betrachtungsweise (Tz. 8.0.3). Bei gemischten Tätigkeiten ist eine sachgerechte Aufteilung vorzunehmen.

8.0.5 Feststellungslast

326Die Verteilung der Feststellungslast innerhalb des § 8 AStG richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Der Steuerpflichtige trägt insbesondere die Feststellungslast für das Vorliegen aktiver Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 AStG (vgl. Tz. Vor 7 – 4).

8.1 Zwischeneinkünfte (§ 8 Absatz 1 AStG)

327Eine ausländische Gesellschaft ist Zwischengesellschaft gem. § 8 Absatz 1 AStG für Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen und nicht aus den in § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 AStG genannten Tätigkeiten, die zu aktiven Einkünften führen, stammen (Tz. 8.0.1). Das Vorliegen von Einkünften richtet sich nach § 2 Absatz 1 und 2 EStG.

328Eine ausländische Gesellschaft ist für Einkünfte aus einer einheitlichen Tätigkeit bereits dann keine Zwischengesellschaft, wenn diese Tätigkeit nach einer Nummer des in § 8 Absatz 1 AStG enthaltenen Aktivkatalogs zu aktiven Einkünften führt. Ist eine Tätigkeit nach allgemeiner Verkehrsauffassung allerdings abschließend dem Anwendungsbereich des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG zugewiesen, richtet sich die Beurteilung der Tätigkeit ausschließlich nach dieser Nummer und nicht nach § 8 Absatz 1 Nummer 4 und 5 AStG.

8.1.1 Land- und Forstwirtschaft

329Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus der Land- und Forstwirtschaft stammen (§ 8 Absatz 1 Nummer 1 AStG). Land- und Forstwirtschaft in diesem Sinne bezeichnet die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbstgewonnenen Erzeugnisse. Dies umfasst insbesondere Forstwirtschaft, Ackerbau, Tierzucht, Nutztierhaltung, Wein- und Gartenbau sowie die Jagd. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind auch solche aus Küsten- und Hochseefischerei.

330Lizenzeinnahmen aus der Züchtung und Lizenzierung von Pflanzen sind nach allgemeiner Verkehrsauffassung (vgl. Tz. 8.1) keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern solche aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 6 AStG. Gleiches gilt für Einkünfte aus der Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder dem Nießbrauch an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

8.1.2 Industrielle Tätigkeiten

331Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Sachen, der Erzeugung von Energie oder dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen (industrielle Tätigkeiten) stammen (§ 8 Absatz 1 Nummer 2 AStG).

332Gegenstand der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage müssen Sachen (körperliche Gegenstände) sein. Keine Sachen sind insbesondere immaterielle Wirtschaftsgüter (z. B. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Patente).

333Herstellung ist die Erzeugung einer zuvor nicht vorhandenen Sache. Bearbeitung ist die Änderung einer existierenden Sache, soweit die Sache als solche erhalten bleibt. Verarbeitung ist die Änderung einer existierenden Sache, ohne dass die Sache als solche erhalten bleibt. Hat die ausländische Gesellschaft Waren erworben, be- oder verarbeitet und weiterveräußert, so liegt in vollem Umfang industrielle Tätigkeit im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 2 AStG vor, wenn durch die Be- oder Verarbeitung nach allgemeiner Verkehrsauffassung ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entstanden ist und die Ware von der ausländischen Gesellschaft nicht nur geringfügig behandelt worden ist. Eine Aufspaltung in industrielle Tätigkeit und Handel (§ 8 Absatz 1 Nummer 4 AStG) kommt in diesen Fällen nicht in Betracht. Das bloße Kennzeichnen, Umpacken, Umfüllen, Sortieren oder das Zusammenstellen von erworbenen Gegenständen zu Sachgesamtheiten und das Anbringen von Steuerzeichen gelten hierbei nicht als Be- oder Verarbeitung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 2 AStG.

334Montage bezeichnet das Zusammenfügen oder den Umbau vorgefertigter Bauteile (einschließlich Baugruppen) zu einem Enderzeugnis. Dies umfasst auch die Baumontage (Montage im Zusammenhang mit Hoch- oder Tiefbauarbeiten). Keine Montage im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 2 AStG sind untergeordnete Einzelleistungen (z. B. Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten).

335Die Erzeugung von Energie bezeichnet den Einsatz von Energieträgern (fossile Brennstoffe, Kernbrennstoffe und erneuerbare Energieträger) zur Gewinnung von Energie einschließlich der Umwandlung in andere Energieformen. Unter § 8 Absatz 1 Nummer 2 AStG können auch untergeordnete erzeugertypische Transportleistungen fallen.

336Bodenschätze sind insbesondere gediegene Metalle und Metallerze, Kies, Lehm, Sand und Steine, Wasser, Erdöl, Kohle und andere Kohlenwasserstoffverbindungen sowie Salze. Keine Bodenschätze im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 2 AStG sind dagegen Fossilien.

337Das Aufsuchen von Bodenschätzen umfasst die Exploration (dies umfasst insbesondere geologische Analysen und Explorationsbohrungen) und den Aufschluss von Feldern. Die Gewinnung von Bodenschätzen meint den Vorgang der eigentlichen Förderung. Dies besteht im Wesentlichen aus dem Aufbau der Förder-, Aufbereitungs- und Transportanlagen und der Aufnahme des Förder- / Abbaubetriebs.

338Nicht unter das Aufsuchen oder die Förderung von Bodenschätzen fällt die zeitlich begrenzte Überlassung von Grundstücken zur Hebung der darin ruhenden Bodenschätze (Ausbeuteverträge). Daraus erzielte Einkünfte fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 8 Absatz 1 Nummer 2 AStG, sondern unter § 8 Absatz 1 Nummer 6 AStG.

8.1.3 Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Finanzunternehmen

339Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten oder Finanzunternehmen im Sinne des KWG, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, stammen, wenn diese einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 8 Absatz 2 AStG nachgehen. Dies gilt nicht, wenn die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden (§ 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG).

8.1.3.1 Versicherungs- und Bankgeschäfte

340Versicherungsunternehmen sind gewerbliche Unternehmen, die Versicherungsgeschäfte in versicherungswirtschaftlicher Weise betreiben. Ohne Bedeutung für die Qualifikation als Versicherungsunternehmen im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG ist der Versicherungszweig (Personen- oder Sachversicherung) oder die Eigenschaft als Erstversicherer oder Rückversicherer. Versicherungsunternehmen im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG sind auch ausländische Pensionskassen, nicht aber Pensionsfonds.

341Versicherungsunternehmen sind im Regelfall auch konzerneigene Versicherungsunternehmen (Captives). Da sie im Regelfall aber mehr als ein Drittel ihrer Geschäfte mit nahestehenden Personen betreiben, sind ihre Einkünfte regelmäßig passiv.



342Kreditinstitute sind Unternehmen, die Geschäfte im Sinne des § 1 Absatz 1 KWG und andere, nach allgemeiner Verkehrsauffassung der Kreditwirtschaft zuzurechnende Geschäfte in kreditwirtschaftlicher Weise betreiben. Nicht zum Betrieb von Kreditinstituten im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG gehören weiter die Tätigkeit als Zentralverwahrer (§ 1 Absatz 1 Nummer 6 KWG) oder als zentrale Gegenpartei (§ 1 Absatz 1 Nummer 12 KWG).

343Finanzdienstleistungsinstitute sind Unternehmen, die Geschäfte im Sinne des § 1 Absatz 1a KWG und andere, nach der Verkehrsauffassung einem Finanzdienstleistungsinstitut zuzurechnende Geschäfte für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind.

344Nach § 8 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2 AStG sind auch Einkünfte aus dem Betrieb von Finanzunternehmen im Sinne des KWG aktiv, wenn Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute an diesen unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind. Finanzunternehmen sind Unternehmen, die keine Institute und keine Kapitalverwaltungsgesellschaften oder extern verwaltete Investmentgesellschaften sind und deren Haupttätigkeit in einer der in § 1 Absatz 3 KWG genannten Tätigkeiten (z. B. dem Erwerb und dem Halten von Beteiligungen) besteht. Darunter können auch Holding-Gesellschaften fallen. Stammen die Einkünfte aus dem Betrieb von Finanzunternehmen, an denen Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu 50 Prozent oder weniger beteiligt sind, handelt es sich um passive Einkünfte.

345Nicht erforderlich für die Qualifikation als Unternehmen oder Institut im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG ist eine formale Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde des Sitzstaates der ausländischen Gesellschaft. Die Entscheidung einer deutschen oder ausländischen Aufsichtsbehörde ist Indiz für die Qualifikation als Unternehmen oder Institut im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG. Eine formale Bindungswirkung besteht nicht.

346Werden im Zusammenhang mit dem Betrieb von Bank- und Versicherungsgeschäften Mittel in Grundstücken, Beteiligungen und ähnlichen Vermögenswerten angelegt, sind die Einkünfte daraus nach der funktionalen Betrachtungsweise als Nebenerträge im Sinne der Tz. 8.0.3 zu behandeln, soweit eine bank- oder versicherungsübliche Kapitalanlage unter Beachtung des Grundsatzes der Risikostreuung vorliegt.

347Durch Einschaltung fremder Dritter können passive Einkünfte (Tz. 8.1.3.3) nicht vermieden werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Zwischengesellschaft Risiken des Konzerns rückversichert, die sie von einem konzernfremden Erstversicherer übernimmt.

8.1.3.2 Wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit

348Einkünfte, die aus dem Betrieb von den in § 8 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 AStG genannten Unternehmen oder Instituten stammen, sind nur dann aktiv, wenn die Unternehmen oder Institute einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 8 Absatz 2 AStG nachgehen. Zum Begriff der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit vgl. Tz. 8.2.1.1. Durch § 8 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 AStG wird § 8 Absatz 2 bis 4 AStG nicht ausgeschlossen.

8.1.3.3 Geschäfte mit Beteiligten oder nahestehenden Personen

349Einkünfte aus dem Betrieb der in § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG genannten Unternehmen und Institute sind dagegen in vollem Umfang passiv, wenn die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden.

350Die Berechnung der Grenze von einem Drittel hat nach wirtschaftlichen Maßstäben zu erfolgen. Als Indiz kann auf den Wert, der mit den Geschäften zusammenhängenden Wirtschaftsgütern in der Bilanz zurückgegriffen werden. Weitere mögliche Kriterien sind Umsatz, Gewinn und Anzahl der Geschäfte. Es ist davon auszugehen, dass die ausländische Gesellschaft Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betreibt, wenn diese Erträge im Verhältnis zu den Gesamterträgen der ausländischen Gesellschaft mehr als ein Drittel betragen.

351Der Begriff der nahestehenden Person bestimmt sich nach § 1 Absatz 2 AStG (§ 7 Absatz 3 Satz 1 AStG). § 7 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 AStG sind zu beachten. Ohne Bedeutung ist insoweit, ob die nahestehende Person im Inland unbeschränkt, (erweitert) beschränkt oder nicht steuerpflichtig ist.

8.1.4 Handel

352Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus dem Handel stammen, soweit nicht ein Steuerpflichtiger, der gem. § 7 AStG an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, oder eine einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehende Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Inland steuerpflichtig ist, der ausländischen Gesellschaft die Verfügungsmacht an den gehandelten Gütern oder Waren verschafft, oder die ausländische Gesellschaft einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren verschafft. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die ausländische Gesellschaft einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zur Vorbereitung, dem Abschluss und der Ausführung der Geschäfte gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt (§ 8 Absatz 1 Nummer 4 AStG). Liegen danach die Voraussetzungen für passive Einkünfte vor, sind die Einkünfte für alle Beteiligten einheitlich als passive Einkünfte anzusehen. Die Höhe der Beteiligung des Steuerpflichtigen ist insoweit unbeachtlich.

8.1.4.1 Begriff des Handels

353Handel bezeichnet die gewerbsmäßige und entgeltliche Anschaffung und Veräußerung von Gütern oder Waren, ohne dass ihre Substanz wesentlich verändert wird. Dies umfasst auch immaterielle Wirtschaftsgüter (z. B. Rechte).

354Als Handel gilt auch die Tätigkeit des Kommissionärs. Ist die ausländische Gesellschaft als Makler oder als Handelsvertreter tätig, sind die Bestimmungen über Dienstleistungen anzuwenden (Tz. 8.1.5).

8.1.4.2 Handel als passive Tätigkeit

355Nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 4 AStG führt der Handel zu passiven Einkünften, soweit die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren der ausländischen Gesellschaft von einem Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 AStG oder einer diesem im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person, die mit ihren Einkünften hieraus im Inland steuerpflichtig ist, verschafft wird (§ 8 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe a AStG; z. B. Vertriebstätigkeit).

356Entsprechendes gilt, soweit die Verfügungsmacht an den Gütern oder Waren von der ausländischen Gesellschaft einem Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 AStG oder einer diesem im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person verschafft wird (§ 8 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b AStG; z. B. Einkaufstätigkeit). § 8 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b AStG bezieht sich auf solche nahestehenden Personen, die in § 8 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe a AStG definiert werden, d. h. es handelt sich jeweils um nahestehende Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG, die im Inland steuerpflichtig sind.

357Der Steuerpflichtige, die nahestehende Person oder die ausländische Gesellschaft verschafft einem anderen die Verfügungsmacht, wenn sie diesem die volle körperliche und wirtschaftliche Sachherrschaft über die Güter oder Waren zuwendet. Ist die Verschaffung der körperlichen Sachherrschaft nach der Art des Geschäftsmodells nicht möglich, genügt die Verschaffung der wirtschaftlichen Sachherrschaft. Die Verschaffung der Verfügungsmacht beinhaltet den von den Beteiligten endgültig gewollten Übergang von wirtschaftlicher Substanz, Wert und Ertrag. Er muss in der Lage sein, die Güter oder Waren wie ein Eigentümer zu nutzen. Tätigkeiten, die nicht die Eigentumsübertragung zum Gegenstand haben (z. B. Miete, Pacht, Leihe, Leasing, Nießbrauch, Vermittlung), sind daher keine Handelstätigkeit.

358Eine nahestehende Person ist mit ihren Einkünften aus der Verschaffung der Verfügungsmacht im Inland steuerpflichtig, wenn sie mit diesen Einkünften unbeschränkt oder (erweitert) beschränkt steuerpflichtig ist. Maßgebend für Zwecke des § 8 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b AStG ist die Steuerpflicht der nahestehenden Person im Geltungsbereich des AStG dem Grunde nach, nicht zusätzlich die Besteuerung einer Leistung durch die nahestehende Person im Rahmen oder im Zusammenhang mit einer von ihr verschafften Verfügungsmacht (vgl. , BStBl II 1985 S. 120).

Beispiel:

Die unbeschränkt steuerpflichtige A-GmbH vertreibt Produkte an eine ausländische Gesellschaft (C-Co.). Die A-GmbH ist zu 60 Prozent an der C-Co. beteiligt. Der A-GmbH nahestehende Personen existieren nicht. Die A-GmbH vertreibt Waren im Wert von 1.000.000 € an die C-Co. Der Gesamtgewinn der C-Co. beträgt 600.000 €; aus dem Handel mit den Waren der A-GmbH erzielt die C-Co. einen (anteiligen) Gewinn in Höhe von 200.000 €. Ein Nachweis gem. § 8 Absatz 1 Nummer 4 AStG (aktive Einkünfte) kann nicht erbracht werden.

Die C-Co. erzielt insoweit passive Einkünfte aus dem Handel im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 4 AStG, als die A-GmbH der C-Co. die Verfügungsmacht an den Waren verschafft. Die passiven Einkünfte betragen demnach 200.000 €. Der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Absatz 1 AStG beträgt 120.000 € (= 200.000 € passive Einkünfte x 60 Prozent Beteiligungsquote).

Abwandlung:

An der C-Co. ist neben der A-GmbH noch die B-Co. zu 40 Prozent beteiligt. Die A-GmbH und die B-Co. sind nahestehende Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG. Die B-Co. vertreibt Waren im Wert von 2.000.000 € über eine inländische Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO an die C-Co.; der (anteilige) Gewinn der C-Co. hieraus beträgt 400.000 €. Die B-Co. ist mit dem Vertrieb der Waren im Inland steuerpflichtig.

Die C-Co. erzielt passive Einkünfte in Höhe von 600.000 € (= 200.000 € aus dem Vertrieb der Waren der A-GmbH und 400.000 € aus dem Vertrieb der Waren der B-Co.) im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 4 AStG, da die Steuerpflichtigen A-GmbH und B-Co. der C-Co. die Verfügungsmacht an den Waren verschaffen und die A-GmbH und die B-Co. als der A-GmbH nahestehende Person mit ihren Einkünften aus dem Vertrieb der Waren beide im Inland steuerpflichtig sind. Der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Absatz 1 AStG beträgt für die A-GmbH 360.000 € (= 600.000 € x 60 Prozent). Soweit die Beteiligung an der C-Co. der inländischen Betriebsstätte der B-Co. zuzuordnen ist, wird bei der B-Co. als beschränkt Steuerpflichtige gem. § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 240.000 € (= 600.000 € x 40 Prozent) angesetzt.

8.1.4.3 Handel als aktive Tätigkeit

359Auch in den Fällen der Tz. 8.1.4.2 liegt allerdings keine passive Tätigkeit vor, wenn der Steuerpflichtige gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt insbesondere durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachweist, dass

  • das Handelsgeschäft von der ausländischen Gesellschaft im Rahmen eines „qualifizierten Geschäftsbetriebs“ (Tz. 8.1.4.3.1) getätigt worden ist, und zusätzlich

  • bei diesem Handelsgeschäft keine „schädliche Mitwirkung“ eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 AStG oder einer diesem im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person (Tz. 8.1.4.3.2) vorgelegen hat (insbesondere Warenvertrieb oder Warenbezug über ausländische Vertriebs- bzw. Einkaufsgesellschaften).

8.1.4.3.1 Kaufmännischer Geschäftsbetrieb und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

360Die ausländische Gesellschaft unterhält einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb („qualifizierter Geschäftsbetrieb“), wenn sie sachlich und personell so ausgestattet ist, dass sie unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr die in Betracht stehenden Handelsgeschäfte vorbereiten, abschließen und ausführen kann. Die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr (Absatz- oder Beschaffungsmarkt) muss von dem Geschäftsbetrieb der ausländischen Gesellschaft selbst ausgehen, der zu den Einkünften führt. Eine mittelbare Teilnahme am Wirtschaftsverkehr über abhängige Konzerngesellschaften genügt nicht (vgl. das zum Dienstleistungsbereich ergangene , BStBl II 1985 S. 120).

361Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt vor, wenn sich die ausländische Gesellschaft in ihrem Geschäftsbetrieb bei den in Betracht stehenden Handelsgeschäften in nicht nur unerheblichem Umfang an eine unbestimmte Anzahl von Personen wendet. Dabei genügt es, wenn sich die ausländische Gesellschaft nur beim Verkauf oder nur beim Einkauf der Ware an eine unbestimmte Anzahl von Personen wendet, die Waren aber ausschließlich von einem ihr nahestehenden Unternehmen bezieht oder an ein solches Unternehmen liefert. Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt grundsätzlich nicht vor, wenn sich die ausländische Gesellschaft ausschließlich an nahestehende Personen wendet. Ein begrenzter Kreis von Handelspartnern kann für eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausreichen, wenn die Art der Tätigkeit den Kreis der Handelspartner beschränkt.

362Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt auch vor, wenn sich die unbestimmte Anzahl der Kunden aufgrund des Gegenstands der in Betracht stehenden Geschäftstätigkeit auf einen engen Personenkreis beschränkt. Ebenso ist die Begrenzung auf einen engen Kundenkreis unschädlich, wenn sich die ausländische Gesellschaft nicht auf einen fest begrenzten Personenkreis festlegt, sondern ihr Geschäftsbetrieb auf Kundenwechsel angelegt ist (vgl. , BStBl II 1985 S. 120). Unschädlich ist es, wenn der Kundenkreis einer ausländischen Gesellschaft, die Ersatzteile liefert, sich aufgrund der Art und Beschaffenheit der Ersatzteile zwingend auf Personen beschränkt, die Abnehmer eines der Gesellschaft nahestehenden Unternehmens sind.

8.1.4.3.2 Eigene Mitwirkung

363Eine Person wirkt an einem Handelsgeschäft der ausländischen Gesellschaft mit, wenn sie Tätigkeiten ausübt, die nach ihrer Funktion Teil der Vorbereitung, des Abschlusses oder der Ausführung der in Betracht stehenden Geschäfte dieser Gesellschaft sind. Dies gilt auch dann, wenn das Entgelt für diese Leistungen wie unter unabhängigen Dritten bemessen worden ist. Eine Mitwirkung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Vertriebstätigkeit auf eine ausländische Gesellschaft übertragen wird. Die Mitwirkung ist grundsätzlich auf das einzelne Geschäft zu beziehen.

364Eine Person wirkt z. B. mit, wenn sie für die ausländische Gesellschaft den Vertrieb übernimmt oder den Vertretereinsatz leitet.

365Eine Mitwirkung liegt insbesondere nicht vor, wenn ein Hersteller oder Lieferant bei Geschäften, deren Vorbereitung, Abschluss oder Ausführung im Übrigen von der ausländischen Gesellschaft wahrgenommen wird, in einer zwischen voneinander unabhängigen Handelsunternehmen geübten Weise

  • Waren allgemein oder im Einzelfall unmittelbar an Abnehmer der ausländischen Gesellschaft versendet (Streckengeschäft) oder der ausländischen Gesellschaft Waren, die in seinem Eigentum verbleiben, zur Weiterveräußerung überlässt (z. B. Lieferung an ein bei der ausländischen Gesellschaft unterhaltenes Konsignationslager);

  • den Abnehmern der ausländischen Gesellschaft Nebenleistungen erbringt, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung zur sachgerechten Lieferung notwendig sind (z. B. technische Einweisung der Kunden durch den Hersteller); oder

  • für die von dem Hersteller oder Lieferanten hergestellten oder gelieferten Waren allgemein wirbt, ohne hierbei mit den Kunden der Handelsgesellschaft Kontakt aufzunehmen (z. B. Werbekampagnen bei Markenartikeln).

Unschädlich ist außerdem eine handelsübliche Tätigkeit als Zulieferer, wie die unmittelbare Auslieferung durch den Hersteller oder die Sicherstellung zeitlicher Liefervorgaben durch die Abnehmer (z. B. bei „Just-in-time-Lieferung“); § 1 AStG ist zu beachten.

366Die reine Zurverfügungstellung von Rechenkapazitäten, bspw. über Serverfarmen, stellt keine schädliche Mitwirkung dar, soweit es sich nicht um den oder einen wesentlichen Geschäftsbereich der Zwischengesellschaft handelt. Wird der ausländischen Gesellschaft eine digitale Plattform (z. B. eine App) zur Verfügung gestellt und zahlt die ausländische Gesellschaft für die Nutzung dieser Plattform eine Gebühr, führt dies für sich genommen nicht bereits zu einer schädlichen Mitwirkung.

367Alleine die Existenz einer Konzernrichtlinie begründet keine Mitwirkung. Gleiches gilt für Monitoring, Compliance, Reporting, untergeordnete Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten. Keine Mitwirkung begründet auch die bloße Mitunterschrift aus Repräsentationsgründen.

8.1.5 Dienstleistungen

368Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus Dienstleistungen stammen, soweit nicht

  • die ausländische Gesellschaft für die Dienstleistung sich eines Steuerpflichtigen, der gem. § 7 AStG an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person bedient, die mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Inland steuerpflichtig ist (§ 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a AStG), oder

  • die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person erbringt, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen für das Bewirken derartiger Dienstleistungen eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und die zu der Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines solchen Steuerpflichtigen oder einer solchen nahestehenden Person ausübt (§ 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b AStG).

§ 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b AStG bezieht sich auf solche nahestehenden Personen, die in § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a AStG definiert werden, d. h. es handelt sich jeweils um nahestehende Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG, die im Inland steuerpflichtig sind.

369§ 8 Absatz 1 Nummer 5 AStG ist nicht anzuwenden auf Tätigkeiten aus dem Betrieb von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen, die der Gesetzgeber nach der allgemeinen Verkehrsauffassung abschließend § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG zugewiesen hat (vgl. Tz. 8.1).

8.1.5.1 Dienstleistung als aktive Tätigkeit

370Einkünfte aus Dienstleistungen sind im Grundsatz als aktive Einkünfte zu qualifizieren. Der Begriff der Dienstleistung ist umfassend zu verstehen (vgl. aber Tz. 8.1).

8.1.5.2 Dienstleistung als passive Tätigkeit

371Nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 5 AStG führt das Bewirken von Dienstleistungen durch die ausländische Gesellschaft zu passiven Einkünften, soweit

  • die Dienstleistung erbracht wird, indem die ausländische Gesellschaft sich eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 AStG oder einer diesem nahestehenden Person im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG bedient (§ 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a AStG), oder

  • ein Steuerpflichtiger im Sinne des § 7 AStG oder eine diesem nahestehende Person im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG die Dienstleistung empfängt. Soweit nur dieser Tatbestand in Betracht steht, scheiden passive Einkünfte aus, wenn nachgewiesen wird, dass die Dienstleistungen im Rahmen eines „qualifizierten Geschäftsbetriebs“ der ausländischen Gesellschaft erbracht sind und der Steuerpflichtige im Sinne des § 7 AStG oder die diesem im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehende Person nicht mitgewirkt hat (§ 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b AStG).

372Liegen danach die Voraussetzungen für passive Einkünfte vor, sind diese für alle Beteiligten einheitlich als passive Einkünfte anzusehen. Die Höhe der Beteiligung des Steuerpflichtigen ist insoweit unbeachtlich.

8.1.5.2.1 Bedienenstatbestand

373Die ausländische Gesellschaft bedient sich einer Person für die in Betracht stehende Dienstleistung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a AStG, wenn sie diese Person heranzieht, um eigene Verpflichtungen zum Erbringen oder zum Verschaffen dieser Dienstleistung ganz oder zu einem nicht nur unwesentlichen Teil zu erfüllen. Es genügt, wenn die herangezogene Person nicht selbst, sondern durch den Einsatz von Personal oder von Einrichtungen (z. B. Büroräume, Maschinen) an der Dienstleistung mitwirkt. Die Person kann als Arbeitnehmer oder auf andere Weise (z. B. als Selbständiger) herangezogen werden. Maßgebend ist die tatsächliche Mitwirkung im Einzelfall. Die Person kann auch eine Kapitalgesellschaft sein. In den Fällen der Rn. 366 liegt kein schädlicher Bedienenstatbestand vor.

374Ob die ausländische Gesellschaft einen „qualifizierten Geschäftsbetrieb“ unterhält, ist für § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a AStG ohne Bedeutung.

375Eine nahestehende Person ist mit ihren Einkünften aus der von ihr beigetragenen Leistung im Inland steuerpflichtig, wenn sie mit den Einkünften aus ihrem Leistungsbeitrag für die ausländische Gesellschaft unbeschränkt oder (erweitert) beschränkt steuerpflichtig ist (vgl. , BStBl II 1985 S. 120).

8.1.5.2.2 Erbringungstatbestand

376Eine ausländische Gesellschaft erbringt einer Person eine Dienstleistung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b AStG, wenn die Person die Leistung unmittelbar empfängt oder einem Dritten erbringen lässt. Ob die Person eine Vergütung dafür erhält, dass die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung einem Dritten erbringt, ist insoweit ohne Bedeutung. Gleiches gilt für den Ort der Leistungserbringung.

8.1.5.3 Dienstleistung als aktive Tätigkeit

377Erbringt die ausländische Gesellschaft die Dienstleistung gegenüber dem Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 AStG oder einer dem Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person, handelt es sich gleichwohl um eine aktive Tätigkeit (§ 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe b AStG), wenn der Steuerpflichtige gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt insbesondere durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachweist, dass

  • die ausländische Gesellschaft einen „qualifizierten Geschäftsbetrieb“ (vgl. Tz. 8.1.4.3.1) unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und

  • bei der Dienstleistung keine „schädliche Mitwirkung“ eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 AStG oder einer diesem im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person, die im Geltungsbereich des AStG dem Grunde nach steuerpflichtig ist (vgl. , BStBl II 1985 S. 120), vorgelegen hat.

378Eine Mitwirkung an den zur Dienstleistung gehörenden Tätigkeiten liegt vor, wenn eine Person Tätigkeiten ausübt, die nach ihrer Funktion zum Bewirken dieser Leistung gehören, insbesondere indem sie sich durch das Zurverfügungstellen von Personal oder Einrichtungen an der Leistung beteiligt oder indem sie die Planung der Leistung ganz oder zu einem nicht nur unwesentlichen Teil übernimmt. Im Übrigen wird auf Tz. 8.1.4.3.2 (eigene Mitwirkung) verwiesen.

8.1.6 Vermietung und Verpachtung

379Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus der Vermietung und Verpachtung stammen, ausgenommen

  • die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gem. § 7 AStG an der Gesellschaft beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person unternommen worden ist,

  • die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Einkünfte daraus nach einem DBA steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gem. § 7 AStG an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären, und

  • die Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die ausländische Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb gewerbsmäßiger Vermietung oder Verpachtung unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält und alle zu einer solchen gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung gehörenden Tätigkeiten ohne Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gem. § 7 AStG an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person ausübt (§ 8 Absatz 1 Nummer 6 AStG).

8.1.6.1 Begriff der Vermietung und Verpachtung

380Vermietung und Verpachtung ist die zeitlich begrenzte Überlassung von Wirtschaftsgütern gegen Entgelt. Nicht maßgeblich ist die vertragliche Bezeichnung als Vermietung und Verpachtung oder die Qualifikation als Einkünfte nach § 21 EStG. Unter § 8 Absatz 1 Nummer 6 AStG fällt daher auch die gewerbliche Vermietung oder die Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter. Gleiches gilt für das Franchising.

381Finanzierungs-Leasing ist keine Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 6 AStG, sondern ein Kreditgeschäft, soweit der Leasing-Gegenstand nach den bestehenden Grundsätzen (vgl. BStBl 1971 I S. 264; BStBl 1972 I S. 188; -, vgl. ESt-Handbuch 2022, Anhang 21 Abschnitt III und BStBl 1992 I S. 13) dem Leasing-Nehmer zuzurechnen ist.

382Wird ein Wirtschaftsgut im Anschluss an seine Vermietung und Verpachtung veräußert, unterfällt ein daraus resultierender Veräußerungsgewinn ebenfalls § 8 Absatz 1 Nummer 6 AStG (vgl. Tz. 8.0.4).

8.1.6.2 Vermietung und Verpachtung als passive Tätigkeit
8.1.6.2.1 Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen

383Die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen führt grundsätzlich zu passiven Einkünften. Sie umfasst die Überlassung der Nutzung geschützter und ungeschützter Rechte aller Art, insbesondere Patente, Urheberrechte und Markenrechte.

384Die Überlassung der Nutzung von Rechten, Plänen, Mustern, Verfahren, Erfahrungen und Kenntnissen führt dagegen zu aktiven Einkünften, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die ausländische Gesellschaft die Ergebnisse eigener Forschungs- oder Entwicklungsarbeit auswertet, die ohne Mitwirkung eines Steuerpflichtigen, der gem. § 7 AStG an der Gesellschaft beteiligt ist, der einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person unternommen worden ist.

385Die Auswertung eigener Forschungs- und Entwicklungsarbeit setzt voraus, dass die ausländische Gesellschaft selbst Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung betreibt und die daraus eigenständig gewonnenen Ergebnisse durch Lizenzierung oder vergleichbare Tätigkeiten verwertet.

386Eine eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit kann nur vorliegen, wenn die relevanten Erkenntnisse durch Einsatz eigenen Personals und eigener Einrichtungen gewonnen werden. Ein bloßes Weisungsrecht der ausländischen Gesellschaft gegenüber Dritten genügt nicht, selbst wenn dieses umfassend ausgeübt wird. Eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit liegt nicht mehr vor, wenn eine Kontrolle der ausgelagerten Funktionen stattfindet, die Beistellung von maßgeblichen Wirtschaftsgütern erfolgt, die maßgebliche Finanzierung der ausgelagerten Funktionen übernommen wird oder die Kontrolle der Risiken einschließlich finanziell notwendiger Kapazitäten ausgeübt wird (schädliche Auftragsforschung). Daher sind Einkünfte aus der Verwertung fremder Forschungs- und Entwicklungsarbeit nicht nach § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe a AStG aktiv.

387Wird eine Gesellschaft mit eigener Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf eine Zwischengesellschaft verschmolzen, tritt diese als Rechtsnachfolgerin in die Rechtsstellung des § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe a AStG ein. Entsprechendes gilt in anderen Fällen der steuerlichen Gesamtrechtsnachfolge.

388Der Erwerb vorhandener Erkenntnisse schließt die Annahme eigener Forschungs- und Entwicklungsarbeit nicht aus, wenn die erworbenen Erkenntnisse durch eigene Tätigkeit wesentlich weiterentwickelt werden (z. B. Weiterentwicklung erworbener Patente). Maßgeblich ist, ob hierdurch ein Produkt oder Verfahren eigener Marktgängigkeit entsteht. Ist ein Produkt dagegen im Wesentlichen festgelegt und besteht die Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft vorrangig in der Marktentwicklung bzw. Optimierung des bestehenden Verfahrens, liegt keine eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeit vor.

389Trotz der Verwertung eigener Forschungs- und Entwicklungsarbeit sind die Einkünfte passiv, wenn bei der Verwertung ein Steuerpflichtiger im Sinne des § 7 AStG oder eine diesem nach § 1 Absatz 2 AStG nahestehende Person mitgewirkt hat. Für den Begriff der Mitwirkung gelten die Ausführungen in Tz. 8.1.4.3.2 entsprechend.

8.1.6.2.2 Vermietung und Verpachtung von Grundstücken

390Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken führt grundsätzlich zu passiven Einkünften. Zur Abgrenzung der Vermietungstätigkeit nach § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b AStG zur gewerblichen Tätigkeit nach § 8 Absatz 1 Nummer 4 AStG kann auf die Drei-Objekt-Grenze (gewerblicher Grundstückshandel) zurückgegriffen werden. Eine Vermietungstätigkeit bis zum Beginn des gewerblichen Grundstückshandels führt ggf. zu passiven Einkünften (vgl. , BStBl II 2021 S. 511).

391Grundstück ist jeder abgegrenzte, katastermäßig vermessene und bezeichnete Teil der Erdoberfläche. Die Eintragung des Grundstücks in ein staatliches Register (z. B. Grundbuch) ist ein Indiz, aber keine Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b AStG. Ohne Bedeutung für § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b AStG ist die Belegenheit des Grundstücks im Inland oder Ausland. Der Hinzurechnungsbesteuerung können daher auch Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung inländischer Grundstücke unterliegen (vgl. Vor 7 – 3.2).

392Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Gebäuden und Gebäudeteilen unterfallen § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b AStG, wenn das Gebäude wesentlicher Bestandteil des vermieteten oder verpachteten Grundstücks ist.

393Nicht unter § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe b AStG fällt die Vermietung und Verpachtung grundstücksgleicher Rechte. Diese führt zu passiven Einkünften.

394Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken sind gleichwohl aktiv, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung des Grundstücks nach einem im Einzelfall einschlägigen DBA steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gem. § 7 AStG an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären. Dies ist der Fall, wenn das DBA für diese Einkünfte die Anwendung der Freistellungsmethode vorsieht. Abzustellen ist insofern auf alle unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gem. § 7 AStG an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind. Die Wirkung der Ausnahmeregelung erstreckt sich gleichwohl auch auf die gem. § 7 AStG an der ausländischen Gesellschaft beteiligten beschränkt oder erweitert beschränkt Steuerpflichtigen.

8.1.6.2.3 Vermietung und Verpachtung beweglicher Sachen

395Die Vermietung und Verpachtung beweglicher Sachen führt grundsätzlich zu passiven Einkünften. Bewegliche Sachen im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe c AStG sind insbesondere körperliche Gegenstände (§ 90 BGB), die keine Grundstücke sind und nicht als grundstücksgleich anzusehen sind. Dies schließt Schiffe und Schiffsbauwerke ein. Als Sachen gelten auch Tiere (§ 90a BGB).

396Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung beweglicher Sachen sind gleichwohl aktiv, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Vermietung und Verpachtung im Rahmen eines gewerbsmäßigen qualifizierten Geschäftsbetriebs unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfolgt, ohne dass eine schädliche Mitwirkung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, der gem. § 7 AStG an ihr beteiligt ist, oder einer einem solchen Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehenden Person vorliegt.

397Für die Prüfung, ob die ausländische Gesellschaft einen qualifizierten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhält, gelten die Ausführungen unter Tz. 8.1.4.3.1 entsprechend.

398Für den Begriff der Mitwirkung gelten die Ausführungen in Tz. 8.1.4.3.2 entsprechend. Insbesondere wirkt eine unbeschränkt steuerpflichtige Person an der Vermietung oder Verpachtung von beweglichen Sachen der ausländischen Gesellschaft mit, wenn sie Tätigkeiten ausübt, die nach ihrer Funktion Teil der gewerbsmäßigen Vermietung oder Verpachtung sind. So ist z. B. eine Mitwirkung gegeben, wenn eine Person für eine ausländische Gesellschaft deren Bestandshaltung und Finanzierungsaufgaben übernimmt oder den Abschluss der Miet- oder Pachtverträge vermittelt.

8.1.7 Bezüge im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 AStG

399Eine ausländische Gesellschaft ist vorbehaltlich der nachstehenden, zu passiven Einkünften führenden Ausnahmen nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG stammen (§ 8 Absatz 1 Nummer 7 AStG).

8.1.7.1 Bezüge im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG

400Bezüge im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG sind insbesondere Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a EStG. Dies umfasst insbesondere Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an Genossenschaften sowie an einer optierenden Gesellschaft im Sinne des § 1a KStG sowie verdeckte Gewinnausschüttungen. Nicht zu den Bezügen im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG zählt die Rückgewähr von Einlagen einschließlich verdeckter Einlagen. Keine Bezüge im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG sind Investmenterträge nach § 16 InvStG und Spezial-Investmenterträge nach § 34 InvStG.

401§ 3c Absatz 1 EStG und § 8b Absatz 5 KStG sind an dieser Stelle nicht anzuwenden, weil nicht steuerfreie bzw. außer Ansatz zu lassende Einnahmen zu ermitteln, sondern Einkünfte dem aktiven oder passiven Bereich zuzuordnen sind.

8.1.7.2 Materielles Korrespondenzprinzip

402Nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a AStG sind Bezüge im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG allerdings passiv, soweit diese das Einkommen der leistenden (ausländischen oder inländischen) Körperschaft gemindert haben. Dies gilt auch dann, wenn die Bezüge nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 AStG als aktive Einkünfte qualifizieren würden. Die funktionale Betrachtungsweise ist insoweit nicht anzuwenden.

Beispiel:

Die Zwischengesellschaft A-Co. ist an der B-Co. beteiligt. Die A-Co. stattet die B-Co. mit einem beteiligungsähnlichen Genussrecht (hybride Finanzierung) aus. Im Ansässigkeitsstaat der B-Co. stellen die Zinsen abzugsfähige Betriebsausgaben dar; nach deutschem Steuerrecht handelt es sich bei der Finanzierung um Eigenkapital. Die Zinseinnahmen stellen bei der A-Co. passive Einkünfte als Bezüge im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a AStG dar, da die Zinsen im ausländischen Staat das Einkommen der leistenden Gesellschaft B-Co. insoweit gemindert haben und diese Zinszahlungen nach deutschem Steuerrecht Gewinnausschüttungen darstellen (§ 8 Absatz 3 Satz 2 KStG).

403Hinsichtlich der Frage, ob die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a AStG gemindert haben, ist auf das tatsächlich der Besteuerung der leistenden Körperschaft zugrunde gelegte Einkommen abzustellen. Es erfolgt insoweit keine gesonderte Ermittlung des Einkommens nach deutschem Recht. Soweit der ausländische Staat die Einkommensminderung durch eine unilaterale Maßnahme (z. B. eine Korrespondenzregelung entsprechend § 4k EStG) beseitigt, fehlt es an einer Einkommensminderung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a AStG.

404Obwohl die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben, sind diese für Zwecke des § 8 Absatz 1 Nummer 7 AStG gleichwohl aktiv, soweit:

405Dies verhindert eine Doppelerfassung der betroffenen Bezüge innerhalb der Hinzurechnungsbesteuerung.

406Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa AStG ist, dass die Bezüge aus einer leistenden Gesellschaft stammen, die Zwischeneinkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG erzielt. Bezüge aus lediglich vermittelnden Gesellschaften (Tz. 11.1.7.2) führen nicht zur Anwendung des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa AStG. Unschädlich ist, wenn die Zwischengesellschaft, aus der die Bezüge stammen, ihrerseits gemischte (aktive und passive) Einkünfte erzielt. Die Bezüge führen allerdings insoweit zur Anwendung des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa AStG, als die den Bezügen zugrunde liegenden Einkünfte Zwischeneinkünfte sind. Für die Ermittlung, ob den Bezügen Zwischeneinkünfte zugrunde liegen, sind sowohl die Zwischeneinkünfte des laufenden Jahres als auch Zwischeneinkünfte der Vorjahre heranzuziehen. Die Feststellungslast für die Annahme aktiver Einkünfte liegt beim Steuerpflichtigen (Tz. Vor 7 – 4).

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der ausländischen B-Co. Die B-Co. hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der ausländischen C-Co. Die C-Co. erzielt passive, niedrig besteuerte Einkünfte in Höhe von 50.000 € und aktive Einkünfte in Höhe von 60.000 €. Die C-Co. leistet eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 110.000 € an die B-Co., die bei der C-Co. das Einkommen gemindert hat.

Die C-Co. ist mit den passiven Einkünften in Höhe von 50.000 € Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG. Bei der A-GmbH ist aus der mittelbaren Beteiligung an der C-Co. ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 50.000 € anzusetzen. Die Ausschüttung der C-Co. ist bei der B-Co. ein Bezug im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG. Bezüge sind nach § 8 Absatz 1 Nummer 7 AStG grundsätzlich aktive Einkünfte. Allerdings hat die Ausschüttung das Einkommen der leistenden C-Co. um 110.000 € gemindert, so dass die entsprechenden Einkünfte der B-Co. grundsätzlich nach § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a AStG passiv sind. Da die C-Co. mit den der Ausschüttung zugrunde liegenden Einkünften in Höhe von 50.000 € aber Zwischengesellschaft ist, ist der aus der Ausschüttung resultierende Bezug bei der B-Co. insoweit als aktiv einzustufen. Im Umfang von 60.000 € der der Ausschüttung zugrunde liegenden Einkünfte ist die C-Co. nicht Zwischengesellschaft. Insoweit ist der Bezug als passive Einkünfte zu erfassen (§ 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa AStG).

407Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb AStG bestimmt sich nach deutschem Recht. Ob eine nach deutschem Recht vorliegende verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb AStG erhöht hat, bestimmt sich dagegen nach dem tatsächlich der Besteuerung dieser Gesellschaft oder Person zugrunde gelegten Einkommen. Für den Begriff der niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG wird auf die Ausführungen unter Tz. 8.5 verwiesen. Es erfolgt insoweit eine isolierte Prüfung für die Einkommenserhöhung aus der verdeckten Gewinnausschüttung. Für die Frage, ob dieses Einkommen einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegt, ist § 10 Absatz 3 AStG nicht entsprechend anzuwenden.

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der ausländischen B-Co. Die B-Co. hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der ausländischen C-Co. und der ausländischen D-Co. Die C-Co. überträgt der D-Co. unentgeltlich eine Maschine zur weiteren Nutzung.

Die unentgeltliche Übertragung der Maschine stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung der C-Co. an die B-Co. dar. Die B-Co. erhält einen Bezug im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG, der aufgrund des Abgangs der Maschine das Einkommen der C-Co. gemindert hat. Der Bezug ist daher bei der B-Co. als passive Einkünfte nach § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a AStG zu qualifizieren. Da es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt, die infolge des Zugangs der Maschine das Einkommen der D-Co., also einer der B-Co. nahestehenden Person, erhöht hat, sind die Einkünfte gleichwohl aktiv, wenn das Einkommen aus dem Zugang der Maschine bei der D-Co. keiner niedrigen Besteuerung unterliegt (§ 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb AStG).

8.1.7.3 Streubesitzbeteiligungen

408Bezüge im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG sind nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe b AStG weiter passive Einkünfte, wenn die Bezüge bei der ausländischen Gesellschaft nach § 8b Absatz 4 KStG zu berücksichtigen wären, wenn diese unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig wäre. Dies ist der Fall, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar weniger als 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals betragen hat. Ist ein Grund- oder Stammkapital nicht vorhanden, ist die Beteiligung an dem Vermögen maßgebend.

409Der Verweis des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe b AStG auf § 8b Absatz 4 KStG ist umfassend. Insbesondere gilt auch für Zwecke des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe b AStG der Erwerb einer Beteiligung in Höhe von mindestens 10 Prozent als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt (§ 8b Absatz 4 Satz 6 KStG).

410Ohne Bedeutung für die Qualifikation als passive Einkünfte nach § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe b AStG ist, ob die Bezüge nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 oder Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb AStG (zunächst) als aktive Einkünfte qualifizieren. Die funktionale Betrachtungsweise (Tz. 8.0.3) ist insoweit nicht anzuwenden.

8.1.7.4 Kreditinstitute, Wertpapierinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Finanzunternehmen

411Bezüge im Sinne des § 8b Absatz 1 KStG sind nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe c AStG passive Einkünfte, wenn die Bezüge bei einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 KStG zu berücksichtigen wären. Dies ist der Fall, wenn die ausländische Gesellschaft ein Kreditinstitut, Wertpapierinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut oder ein Finanzunternehmen, an dem Kreditinstitute, Wertpapierinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind, ist und die Anteile dem Handelsbestand im Sinne des § 340e Absatz 3 HGB zuzuordnen oder zum Zeitpunkt des Zugangs zum Betriebsvermögen als Umlaufvermögen auszuweisen wären.

412Ohne Bedeutung für die Qualifikation als passive Einkünfte nach § 8 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe c AStG ist, ob die Bezüge nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 oder Nummer 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und bb AStG als aktive Einkünfte qualifizieren. Die funktionale Betrachtungsweise ist (Tz. 8.0.3) insoweit nicht anzuwenden.

413§ 8b Absatz 9 und Absatz 10 Satz 2 KStG sind zu beachten.

8.1.8 Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen

414Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sowie aus deren Auflösung oder der Herabsetzung ihres Kapitals stammen (§ 8 Absatz 1 Nummer 8 AStG).

415Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Gesellschaft sind solche im Sinne des § 8b Absatz 2 KStG. Bei der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften handelt es sich um die anteilige Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 AStG zu würdigen ist.

416Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils, Auflösung und Kapitalherabsetzung sind nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 8 AStG passive Einkünfte, wenn sie bei einer im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft nach § 8b Absatz 7 KStG nicht steuerbefreit wären.

417Die Qualifikation der Veräußerungsgewinne als passive Einkünfte nach § 8 Absatz 1 Nummer 8 AStG erfolgt ungeachtet der Einordnung dieser Einkünfte als aktiv nach § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG. Die funktionale Betrachtungsweise (Tz. 8.0.3) ist insoweit nicht anzuwenden.

8.1.9 Umwandlungen

418Eine ausländische Gesellschaft ist nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, die aus Umwandlungen stammen. Dies gilt nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummern 1 bis 8 AStG dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 UmwStG zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist. Soweit eine Gesellschaft umgewandelt wird und die daraus resultierenden Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die der Erzielung von aktiven Einkünften dienen, führt die Umwandlung, losgelöst von weiteren Voraussetzungen, nicht zu passiven Einkünften.

419Liegen die Voraussetzungen des § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG vor, ist bei dem übernehmenden Rechtsträger für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung der Wertansatz des übertragenden Rechtsträgers zu übernehmen (§ 10 Absatz 5 Satz 2 AStG; vgl. Tz. 10.5.4).

8.1.9.1 Begriff der Umwandlung

420Eine Umwandlung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG setzt voraus, dass der Umwandlungsvorgang im Wesentlichen einem Umwandlungsvorgang im Sinne des UmwStG vergleichbar ist.

421Ein Umwandlungsvorgang ist insbesondere vergleichbar, wenn er seinem Wesen nach den in § 1 UmwStG genannten Vorgängen entspricht. Für die Beurteilung des Vorgangs sind die beteiligten Rechtsträger, die Rechtsnatur sowie die Rechtsfolgen des Umwandlungsvorgangs (Strukturmerkmale) und sonstige Vergleichskriterien zu prüfen ( BStBl 2011 I S. 1314, Rn. 01.20 ff.). Neben der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Umwandlung muss danach insbesondere der Rechtsträger anhand eines Rechtstypenvergleichs einem vergleichbaren umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts entsprechen. Weiter müssen die Strukturmerkmale einer Umwandlung vorliegen.

422Im Hinblick auf Verschmelzungen erfordert dies die Übertragung des gesamten Aktiv- und Passivvermögens eines übertragenden Rechtsträgers oder mehrerer übertragender Rechtsträger auf einen übernehmenden Rechtsträger aufgrund eines Rechtsgeschäfts kraft Gesetzes gegen Gewährung von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers unter Auflösung ohne Abwicklung des übertragenden Rechtsträgers oder der übertragenden Rechtsträger ( BStBl 2011 I S. 1314, Rn. 01.30). Die Rn. 01.32 des ist zu berücksichtigen. Erfolgt die Verschmelzung im Ausland im Wege der Einzelrechtsnachfolge, liegt keine Umwandlung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG vor.

423Ein wesentliches sonstiges Vergleichskriterium ist insbesondere die Höhe der vertraglich vereinbarten Zuzahlungen ( BStBl 2011 I S. 1314, Rn. 01.40). Bei Zuzahlungen, die die Grenze des § 54 Absatz 4 UmwG nicht nur geringfügig überschreiten, fehlt es an der Vergleichbarkeit des Umwandlungsvorgangs. Dass das ausländische Recht eine höhere Zuzahlung zulässt, ist unbeachtlich. Gegenstand der Vergleichsprüfung ist der konkrete ausländische Umwandlungsvorgang.

424Kommt es aufgrund des mit § 1 UmwStG vergleichbaren ausländischen Umwandlungsvorgangs zu einer Gewinnausschüttung bei dem Anteilsinhaber (z. B. bei einer Abspaltung), handelt es sich bei der Gewinnausschüttung ebenfalls um Einkünfte aus einer Umwandlung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG. Eine solche Gewinnausschüttung kann selbst dann nach § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG zu den aktiven Einkünften gehören, wenn sie isoliert betrachtet nach § 8 Absatz 1 Nummer 7 AStG zu den passiven Einkünften gehören würde. Der Dividendenanteil aus einer Vollausschüttungsfiktion im Sinne des § 7 UmwStG ist Nebenertrag eines Umwandlungsgewinnes im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG.

425Keine Umwandlung im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG sind Vorgänge, die nicht unter das UmwStG fallen. Dies sind insbesondere Spin-Offs, bei denen Wirtschaftsgüter im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen werden.

8.1.9.2 Umwandlungen als passive Tätigkeit

426Nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG führt eine Umwandlung nur zu aktiven Einkünften, soweit sie auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruht, die der Erzielung aktiver Einkünfte dienen. Betrifft die Umwandlung dagegen Wirtschaftsgüter, die nicht der Erzielung von aktiven Einkünften im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummern 1 bis 8 AStG dienen, führt die Umwandlung zu passiven Einkünften. Etwas anderes gilt nur im Fall der Buchwertfortführung (Tz. 8.1.9.3). Inwieweit die Wirtschaftsgüter der Erzielung von aktiven Einkünften im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 8 AStG dienen, ist über den gesamten Zeitraum der Nutzung zu bestimmen. Der Steuerpflichtige hat gegenüber der Finanzverwaltung für jedes Wirtschaftsgut darzulegen, ob dieses der Erzielung von aktiven Einkünften im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummern 1 bis 8 AStG dient (vgl. Tz. Vor 7 – 4). In Zweifelsfällen ist eine sachgerechte Aufteilung im Wege der Schätzung vorzunehmen. Zur Ermittlung der Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft aus einer Umwandlung, für die sie Zwischengesellschaft ist, vgl. Tzn. 10.3 ff. und insbesondere Tz. 10.3.3.

8.1.9.3 Buchwertfortführung

427Betrifft die Umwandlung Wirtschaftsgüter, die nicht oder nur teilweise der Erzielung von aktiven Einkünften im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummern 1 bis 8 AStG dienen, sind die Einkünfte, die aus der Umwandlung stammen, nur unter zwei kumulativen Voraussetzungen aktiv:

  • Der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Absatz 4 UmwStG zu Buchwerten hätte erfolgen können (hypothetische Buchwertfortführung).

  • Der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist (tatsächliche Buchwertfortführung).

8.1.9.3.1 Hypothetische Buchwertfortführung

428Ob die Umwandlung im Inland tatsächlich zu Buchwerten hätte erfolgen können, richtet sich nach den Regelungen des UmwStG.

429Erforderlich ist, dass der Umwandlungsvorgang im Inland grundsätzlich die Voraussetzungen der vergleichbaren Umwandlungsmaßnahme (z. B. Teilbetriebseigenschaft, erforderliche Gegenleistung) erfüllt. Spezialgesetzliche Missbrauchstatbestände (z. B. § 15 Absatz 2 UmwStG) und Sperrfristen (z. B. 22 UmwStG) sind zu beachten. Verletzt der Steuerpflichtige eine Sperrfrist des deutschen Steuerrechts, kommt es rückwirkend zur Umqualifikation in passive Einkünfte. Entsprechende Feststellungsbescheide sind nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO zu ändern.

430§ 1 Absatz 4 UmwStG ist bei der Prüfung der hypothetischen Buchwertfortführung nicht anzuwenden. Ohne Bedeutung ist daher, ob der persönliche Anwendungsbereich des UmwStG nicht eröffnet wäre, weil das Gesetz bei bestimmten Umwandlungsformen die Ansässigkeit der an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger im Inland oder einem EU- oder EWR-Staat voraussetzt.

8.1.9.3.2 Tatsächliche Buchwertfortführung

431Der Steuerpflichtige hat durch Vorlage geeigneter Unterlagen ferner nachzuweisen, dass die Umwandlung nach ausländischem Steuerrecht tatsächlich zum Buchwert durchgeführt wurde.

432Versagt der ausländische Staat nachträglich die tatsächliche Buchwertfortführung im Ausland, entfallen die Voraussetzungen für die Qualifikation der Einkünfte als aktiv nach § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG nachträglich. Es kommt zur rückwirkenden Umqualifikation in passive Einkünfte.

433Zur Anwendung des § 8 Absatz 1 Nummer 10 AStG in der am geltenden Fassung für einen Übergangszeitraum vgl. § 21 Absatz 5 AStG.

8.2 Motivtest (§ 8 Absatz 2 AStG)

8.2.0 Allgemeines
8.2.0.1 Überblick

434§ 8 Absatz 2 AStG ermöglicht den sog. Motivtest (auch als Substanztest, -nachweis oder Entlastungsbeweis bezeichnet). Danach ist eine ausländische Gesellschaft – ungeachtet des § 8 Absatz 1 AStG – nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft im Staat ihres Sitzes oder ihrer Geschäftsleitung insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht.

435Eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit setzt insbesondere voraus, dass diese

  • unter Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung im Staat der ausländischen Gesellschaft (§ 8 Absatz 2 Satz 2 AStG) und

  • durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt wird (§ 8 Absatz 2 Satz 3 AStG).

436Der Tätigkeit sind die durch ihre Ausübung erzielten Einkünfte der Gesellschaft unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 AStG zuzuordnen (§ 8 Absatz 2 Satz 4 AStG). Eine überwiegende Auslagerung der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit auf Dritte führt zum Ausschluss des Motivtests (§ 8 Absatz 2 Satz 5 AStG).

437Ausgeschlossen ist der Motivtest im Hinblick auf ausländische Gesellschaften, die weder Sitz noch Geschäftsleitung in einem EU- oder EWR-Staat haben (§ 8 Absatz 3 AStG), und ausländische Gesellschaften, deren Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine besteuerungsrelevanten Auskünfte erteilt (§ 8 Absatz 4 AStG).

8.2.0.2 Hintergrund


438§ 8 Absatz 2 AStG in der Fassung des ATADUmsG vom (BGBl 2021 I S. 2035) geht zurück auf die Vorgaben des Artikels 7 Absatz 2 Buchstabe a Satz 2 ATAD. Danach ist der Mitgliedstaat nicht zur Einbeziehung der in Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a ATAD aufgezählten (passiven) Einkünfte in die Steuerbemessungsgrundlage verpflichtet, wenn das beherrschte ausländische Unternehmen, gestützt auf Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Diese Vorgaben sind bei der Auslegung des § 8 Absatz 2 AStG zu berücksichtigen.

8.2.1 Substanzkriterien des Motivtests (§ 8 Absatz 2 Satz 1 AStG)

439Ungeachtet des § 8 Absatz 1 AStG ist eine ausländische Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht.

8.2.1.1 Wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit

440Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede auf die Erzielung von Einnahmen oder sonstigen Vorteilen gerichtete aktive Handlung. Die wirtschaftliche Tätigkeit muss gestützt auf Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten in Qualität und Quantität einen wesentlichen Umfang erfordern und erreichen. Hierzu müssen insbesondere die Voraussetzungen des § 8 Absatz 2 Satz 2 und 3 AStG erfüllt sein (vgl. hierzu Tzn. 8.2.2 und 8.2.3). Erforderlich ist hierbei auch eine dauerhafte Teilnahme am Markt des Sitz- oder Geschäftsleitungsstaats unter gezielter Nutzung der dortigen Ressourcen (z. B. günstige Produktionsbedingungen im Rahmen der Beschaffungsmarktaktivität oder besondere Kundennähe im Rahmen der Absatzmarktaktivität). Einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit steht es nicht entgegen, wenn Leistungen teilweise oder ausschließlich an nahestehende Personen (§ 7 Absatz 3 und 4 AStG) erbracht werden.

8.2.1.2 Tätigkeit im Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat

441Die ausländische Gesellschaft muss der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in dem Staat nachgehen, in dem sie ihren Sitz (§ 11 AO) oder ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) hat (vgl. dazu auch unter Tz. 8.3.2). Verfügt die ausländische Gesellschaft in einem anderen Staat als dem Staat ihres Sitzes über eine Betriebsstätte, ist deren wirtschaftliche Tätigkeit für die Beurteilung der Tätigkeit im Sitzstaat unbeachtlich. Entsprechendes gilt, wenn eine ausländische Gesellschaft in einem anderen Staat als dem Staat ihrer Geschäftsleitung über eine weitere Betriebsstätte verfügt. Dies gilt jeweils auch, wenn sich eine solche Betriebsstätte in einem EU- / EWR-Staat befindet.

442Befindet sich nur der Sitz oder nur der Ort der Geschäftsleitung der ausländischen Gesellschaft in einem EU- / EWR-Staat und das jeweils andere Anknüpfungskriterium (Ort der Geschäftsleitung bzw. Sitz) außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs des Motivtests (vgl. § 8 Absatz 3 AStG), muss der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in dem EU- / EWR-Staat nachgegangen werden.

8.2.1.3 Nachweismöglichkeit

443Die Möglichkeit, den Nachweis zu erbringen, steht zunächst dem Steuerpflichtigen selbst offen (vgl. auch Tz. Vor 7 – 4). Im Einzelfall kann der Nachweis auch durch die ausländische Gesellschaft selbst oder sonstige Dritte sowie die Finanzverwaltung geführt werden. Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze zur Feststellungslast.

8.2.1.4 Tätigkeitsbezogene Betrachtungsweise

444Der Nachweis ist tätigkeitsbezogen zu führen (sog. segmentierende Betrachtung). Übt die ausländische Gesellschaft mehrere Tätigkeiten aus, müssen der Nachweis für jede Tätigkeit gesondert erbracht und die Voraussetzungen des § 8 Absatz 2 AStG entsprechend gesondert geprüft werden.

8.2.1.5 Rechtsfolge

445Als Rechtsfolge bestimmt § 8 Absatz 2 Satz 1 AStG, dass die ausländische Gesellschaft ungeachtet des § 8 Absatz 1 AStG nicht Zwischengesellschaft für die betroffenen Einkünfte ist. Insoweit ist die Steuerpflicht nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG ausgeschlossen.

8.2.2 Sachliche und personelle Ausstattung (§ 8 Absatz 2 Satz 2 AStG)

446Der Motivtest nach § 8 Absatz 2 Satz 1 AStG setzt insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung im Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat der ausländischen Gesellschaft voraus (§ 8 Absatz 2 Satz 2 AStG). Zur danach erforderlichen sachlichen Ausstattung gehören vor allem tätigkeitsadäquate Räumlichkeiten einschließlich des Zubehörs und des Inventars sowie sonstige Vermögenswerte, welche die jeweilige wirtschaftliche Tätigkeit erfordert. Zur erforderlichen personellen Ausstattung gehört vor allem für die Erfüllung der Tätigkeit ausreichendes und hinreichend qualifiziertes Personal im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 3 AStG (vgl. dazu Tz. 8.2.3). Die für die Ausübung der Tätigkeit erforderliche sachliche und personelle Ausstattung ist nur dann gegeben, wenn die ausländische Gesellschaft durch deren Einsatz in der Lage ist, die angestrebten wirtschaftlichen Funktionen selbständig auszuüben.

447Nicht ausreichend ist bspw. das bloße Vorhalten von Büroräumlichkeiten bzw. eine nur geringfügige Wahrnehmung von Funktionen, insbesondere, wenn die Wahrnehmung dieser Funktionen nicht ortsgebunden ist. Ausreichend ist hingegen, wenn die sachliche und personelle Ausstattung mittels Homeoffice erfolgt, sofern sich das Homeoffice in dem jeweiligen ausländischen Staat befindet.

8.2.3 Personaleinsatz (§ 8 Absatz 2 Satz 3 AStG)

448Die wirtschaftliche Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal in dem jeweiligen ausländischen Staat (vgl. Tz. 8.2.1.2) selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden.

8.2.3.1 Hinreichend qualifiziertes Personal

449Erforderlich ist geschäftsleitendes sowie anderes Personal. Im Einzelfall können die verschiedenen Qualifikationen auch bei derselben Person liegen. Das Personal muss in dem Maße qualifiziert sein, dass es die Anforderungen an die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft erfüllt. Das erforderliche Qualifikationsniveau ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Das gilt insbesondere bei durch Berufspraxis erworbenen Qualifikationen. Im Falle eines gesetzlichen Mindeststandards ist die notwendige Qualifikation durch diesen vorgegeben.

450Allein das Vorhandensein der für die wirtschaftliche Tätigkeit erforderlichen personellen Ausstattung genügt nicht. Das Personal muss im Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit auch tatsächlich tätig werden.

8.2.3.2 Selbständige und eigenverantwortliche Tätigkeit

451Als weitere Voraussetzung muss das (hinreichend qualifizierte) Personal die wirtschaftliche Tätigkeit selbständig und eigenverantwortlich ausüben. Eine solche Tätigkeitsausübung ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn sich die Gesellschaft als bloßes Vollzugsorgan darstellt, weil die zur Ausübung des Tagesgeschäfts erforderlichen Entscheidungen auf anderer Ebene getroffen werden. Allein die Einhaltung von Konzernrichtlinien, wie z. B. die Einhaltung von Compliance- und Governance-Regeln schließt die Eigenverantwortlichkeit nicht aus.

8.2.4 Zuordnung von Einkünften zur wirtschaftlichen Tätigkeit (§ 8 Absatz 2 Satz 4 AStG)

452Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind nur Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen, die durch diese Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1 AStG) beachtet worden ist.

8.2.4.1 Erzielung der Einkünfte durch die Tätigkeit

453Inwieweit die Einkünfte durch die Tätigkeit erzielt werden, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Die erzielten Einkünfte sind tätigkeitsbezogen entsprechend § 10 Absatz 3 bis 5 AStG zu ermitteln.

8.2.4.2 Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes

454Erzielt die ausländische Gesellschaft passive, niedrig besteuerte Einkünfte aus einer Geschäftsbeziehung mit einer in- oder ausländischen nahestehenden Person (§ 1 Absatz 2 AStG) und liegen dieser Geschäftsbeziehung andere Bedingungen zugrunde, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten, gilt der Motivtest – auch wenn er für die gesamte Tätigkeit geführt wird – nur insoweit für die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft, als sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Darüber hinausgehende Gewinne der ausländischen Gesellschaft sind dem Motivtest nicht zugänglich.

8.2.5 Besorgung der wirtschaftlichen Tätigkeit durch Dritte (§ 8 Absatz 2 Satz 5 AStG)

455Der Motivtest ist ausgeschlossen, wenn die ausländische Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt.

456Dritte im Sinne der Vorschrift sind alle von der jeweiligen ausländischen Gesellschaft verschiedenen Rechtsträger. Nahestehende Personen (§ 7 Absatz 3 und 4 AStG) sind ebenfalls als Dritte im Sinne der Vorschrift anzusehen.

457Die wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit wird überwiegend durch Dritte besorgt, wenn Dritte die Tätigkeit unter Einsatz ihrer eigenen sachlichen und personellen Ausstattung in der Weise ausüben, dass sie dieser in qualitativer und quantitativer Hinsicht das Gepräge geben (Outsourcing). Dem steht es insbesondere nicht entgegen, wenn die ausländische Gesellschaft mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehende untergeordnete Tätigkeiten (wie Hilfs- und Nebentätigkeiten) selbst ausübt. Ein Outsourcing in diesem Sinne kann insbesondere in Fällen von Betriebsführungs- und Managementverträgen anzunehmen sein.

458Unschädlich ist ein Outsourcing auf nahestehende Personen im gleichen Staat. Gleiches gilt für die Verwaltung von Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds durch eine Verwaltungsgesellschaft (§ 1 Absatz 14 KAGB) im gleichen Staat.

8.3 Räumliche Beschränkung auf EU- / EWR-Staaten (§ 8 Absatz 3 AStG)

459§ 8 Absatz 2 AStG gilt nur, wenn die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat (§ 8 Absatz 3 AStG; vgl. auch Tz. 8.2.1.2).

8.3.1 Sitz oder Geschäftsleitung in EU- / EWR-Staat

460Der Motivtest kann geführt werden, wenn die Gesellschaft ihren statutarischen Sitz (§ 11 AO) oder ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) in einem EU- oder EWR-Staat hat. Das gilt auch für doppelt ansässige Gesellschaften.

8.3.2 Mitgliedstaaten der EU und Vertragsstaaten des EWR

461Die Mitgliedstaaten der EU ergeben sich aus der aktuellen Liste des Auswärtigen Amtes (Hyperlink zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Schreibens: https://www.auswaertigesamt.de/de/aussenpolitik/europa/eu-mitgliedstaaten-node).

462Aufgrund seines Austritts aus der EU und des Ende 2020 ausgelaufenen Übergangszeitraums ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland steuerlich ab 2021 als Drittstaat zu behandeln.

463Keine Mitgliedstaaten sind Staaten, die bisher nicht Teil der EU sind, sich aber im Prozess der „Umsetzung“ europäischer Rechtsvorschriften in nationales Recht als Zutrittsvoraussetzungen befinden. Gleiches gilt für Staaten, die noch nicht die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft erfüllen, eine solche aber anstreben.

464Zum EWR gehören zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Schreibens auch die Nicht-EU-Staaten Island, Norwegen und Liechtenstein.

8.3.3 Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete (§ 2 StAbwG)

465Ist ein unbeschränkt Steuerpflichtiger an einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG beteiligt, die in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig ist, ist der Motivtest ausgeschlossen (§ 9 Satz 1 StAbwG).

466Das gilt nicht, soweit die Nichtanwendung des § 8 Absatz 2 bis 4 AStG zu niedrigeren steuerpflichtigen Einkünften führt (§ 9 Satz 2 StAbwG).

467Zur zeitlichen Anwendung vgl. § 13 Absatz 3 StAbwG.

8.3.4 Sonderregelung für Kapitalanlagegesellschaften im Sinne des § 13 AStG

468Die räumliche Beschränkung auf EU- / EWR-Staaten gilt nicht in den Fällen der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG). Der Motivtest ist insoweit auch in Drittstaatenfällen möglich (vgl. Tz. 13.4.1).

8.4 Keine Auskunftserteilung im zwischenstaatlichen Informationsaustausch (§ 8 Absatz 4 AStG)

469§ 8 Absatz 2 und 3 AStG gilt nicht, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind (§ 8 Absatz 4 AStG). § 8 Absatz 4 AStG schließt somit die Anwendung des § 8 Absatz 2 und 3 AStG aus.

8.4.1 Zwischenstaatlicher Informationsaustausch

470Ein Auskunftsersuchen muss im Einklang mit den jeweils geltenden Standards des Informationsaustausches stehen. Erfasst ist nur der zwischenstaatliche Informationsaustausch in Steuersachen.

8.4.1.1 Rechtliche Grundlage für den Informationsaustausch

471Auch wenn es auf die Auskunftserteilung im Einzelfall ankommt, sind rechtliche Verpflichtungen zum Informationsaustausch Grundvoraussetzung. Sind solche Verpflichtungen nicht gegeben, ist der Motivtest zu versagen. Sie sind für das betroffene Wirtschaftsjahr nur dann als hinreichend anzusehen, wenn sie einen rechtlichen Rahmen für die Zusammenarbeit und Mechanismen zum Austausch von Informationen zwischen den betreffenden nationalen Behörden begründen, aus denen ein Informationsanspruch Deutschlands folgt.

8.4.1.2 In Betracht kommende Verpflichtungen

472Die Voraussetzungen für einen hinreichenden Informationsanspruch erfüllen

  • Artikel 5 der Richtlinie 2011/16/EU; das gilt auch, soweit die Vorschrift aufgrund eines EU-Beitritts rückwirkende Anwendung findet (vgl. , BStBl II 2021 S. 270);

  • Regelungen in DBA, welche Artikel 26 Absatz 1 OECD-MA 2017 entsprechen (sog. große Auskunftsklausel);

  • Regelungen in Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (Tax Information Exchange Agreement – TIEA), welche Artikel 5 TIEA-Musterabkommen der OECD entsprechen;

  • Artikel 4 ff. des Übereinkommens vom über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des Änderungsprotokolls vom (Gesetz vom , BGBl 2015 II S. 966) i. V. m. einer Erklärung / Hinterlegung des anderen Vertragsstaates zu Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i (Einkommen, Körperschaftsteuer) und / oder Buchstabe b Ziffer i (Gewerbesteuer); oder

  • zwischenstaatliche Vereinbarungen mit vergleichbaren Regelungen (vgl. hierzu auch Anlage 1 des Merkblatts zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen vom – BStBl 2019 I S. 480).

473Nicht hinreichend sind Auskunftsklauseln in DBA, die sich nur auf die Durchführung des DBA selbst beschränken (sog. kleine Auskunftsklauseln).

8.4.1.3 Umsetzung und Anwendung

474Das Bestehen eines hinreichenden Informationsanspruchs setzt weiter voraus, dass der ausländische Staat die jeweilige Regelung wirksam in innerstaatliches Recht umgesetzt hat und die Regelung im Einzelfall zeitlich anwendbar ist. Hierbei ist zu beachten, dass der in einem DBA vorgesehene Informationsaustausch regelmäßig erst für das Wirtschaftsjahr nach dessen Inkrafttreten gilt.

475Dem erforderlichen rechtlichen Rahmen steht es nicht entgegen, wenn dem ersuchten Staat punktuelle, abstrakt existierende Auskunftsverweigerungsrechte (wie z. B. Artikel 26 Absatz 2 und 3 OECD-MA 2017 oder Artikel 21 Absatz 2 und 3 des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen) zustehen.

8.4.2 Erforderlichkeit

476Die Auskünfte müssen zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sein. Die Erforderlichkeit ist anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu beurteilen.

477Von einer Erforderlichkeit ist auszugehen, wenn es der Auskünfte objektiv bedarf, um das Vorliegen der Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung und insbesondere des Motivtests abschließend prüfen zu können. Die Vorlage von Unterlagen zur Prüfung der Voraussetzungen des Motivtests durch den Steuerpflichtigen steht der Annahme einer Erforderlichkeit in diesem Sinne nicht entgegen.

8.4.3 Keine Auskunftserteilung im konkreten Einzelfall

478Voraussetzung des § 8 Absatz 4 AStG ist, dass der ausländische Staat keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind. Dabei ist auf die Nichterteilung von Auskünften in dem konkreten Einzelfall abzustellen. Das Auskunftsersuchen muss bei Bestehen einer hinreichenden rechtlichen Verpflichtung (vgl. Tz. 8.4.1) im konkreten Einzelfall tatsächlich gestellt worden sein (zur Erforderlichkeit vgl. Tz. 8.4.2).

479Auskünfte werden nur dann im Sinne des § 8 Absatz 4 AStG erteilt, wenn der ausländische Staat das Auskunftsersuchen vollständig und innerhalb einer angemessenen Frist beantwortet; angemessen ist grundsätzlich eine Frist von sechs Monaten (vgl. § 5 EUAHiG).

480Auskünfte werden nicht erteilt, wenn der ausländische Staat das Auskunftsersuchen als unzulässig verwirft oder die Beantwortung ablehnt.

8.4.4 Vollständigkeit

481Das Auskunftsersuchen muss vollständig beantwortet werden.

482Eine vollständige Auskunftserteilung ist gegeben, wenn die zuständige Behörde des ersuchten ausländischen Staates die Richtigkeit der zu verifizierenden Angaben tatsächlich zumindest insoweit bestätigt, als diese entscheidungserheblich sind. Die bloße Mitteilung, dass der zuständigen Behörde des anderen Staates im Hinblick auf die zu verifizierenden Angaben keine abweichenden Erkenntnisse vorliegen, reicht hierfür nicht aus.

483Kann die zuständige Behörde des ersuchten ausländischen Staates die Richtigkeit der zu verifizierenden Angaben nicht bestätigen, ist eine Auskunftserteilung im Sinne des § 8 Absatz 4 AStG nur dann anzunehmen, wenn im Rahmen der Auskunft der tatsächlich zutreffende und entscheidungserhebliche Sachverhalt erschöpfend mitgeteilt und in geeigneter Weise (z. B. durch Vorlage von Dokumenten und / oder Bildaufnahmen) belegt wird.

484Beantwortet der ausländische Staat das Auskunftsersuchen für einen abgrenzbaren Teil der Einkünfte der ausländischen Gesellschaft vollständig, kann die Gesellschaft sich ausschließlich für dieses Segment auf den Motivtest berufen (vgl. auch Tz. 8.2.1.4).

8.4.5 Auskunftserteilung durch Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat

485Entscheidend für die Anwendbarkeit des Motivtests ist, ob der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, Auskünfte erteilt (zum Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat vgl. Tz. 8.3.1).

486Ob ein anderer Staat (z. B. ein Betriebsstättenstaat) Auskünfte erteilt, ist grundsätzlich unbeachtlich. Auskünfte eines anderen Staates können jedoch im Einzelfall zu einer abweichenden Beurteilung hinsichtlich der Erforderlichkeit des Auskunftsersuchens gegenüber dem Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat führen (zur Erforderlichkeit vgl. Tz. 8.4.2).

8.4.6 Sonderregelung für Kapitalanlagegesellschaften im Sinne des § 13 AStG

487In den Fällen der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung findet § 8 Absatz 4 AStG keine entsprechende Anwendung (vgl. § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG). § 13 Absatz 4 Satz 2 AStG enthält jedoch eine entsprechende Regelung (vgl. dazu Tz. 13.4.2).

8.5 Niedrige Besteuerung (§ 8 Absatz 5 AStG)

8.5.1 Ertragsteuerbelastung in Höhe von weniger als 25 Prozent (§ 8 Absatz 5 Satz 1 AStG)

488Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 AStG ermittelten passiven Einkünfte einer Belastung durch Ertragsteuern in Höhe von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht (Niedrigsteuergrenze; vgl. § 8 Absatz 5 Satz 1 AStG). Zur Ermittlung der passiven Einkünfte vgl. Tz. 10.3.

489Sind die Voraussetzungen der Niedrigbesteuerung erfüllt, unterliegen die passiven Einkünfte der ausländischen (Zwischen-)Gesellschaft der Hinzurechnungsbesteuerung. § 9 AStG ist zu beachten.

8.5.1.1 Ertragsteuern

490Ertragsteuern im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG sind alle Steuern vom Gesamteinkommen oder von Teilen des Einkommens, einschließlich der Steuern vom Gewinn aus der Veräußerung beweglichen oder unbeweglichen Vermögens sowie der Steuern vom Vermögenszuwachs (vgl. auch Tz. 10.3.2.7).

8.5.1.2 Ermittlung der Ertragsteuerbelastung

491Die passiven Einkünfte der ausländischen Gesellschaft unterliegen einer Ertragsteuerbelastung, wenn eine Steuer auf diese Einkünfte rechtlich geschuldet wird (vgl. , BStBl II 2004 S. 4 und , BStBl II 2011 S. 547). Grundsätzlich ist damit eine abstrakte Betrachtungsweise maßgeblich; zu einer Ausnahme vgl. Tz. 8.5.3.

492Die Ertragsteuerbelastung ist durch die Gegenüberstellung der nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 AStG ermittelten passiven Einkünfte und den von der ausländischen Gesellschaft entrichteten Steuern zu ermitteln (Belastungsberechnung). Freiwillige Steuerzahlungen sind dabei nicht zu berücksichtigen. Durch mögliche Vorzugssätze, besondere Ermäßigungen und Befreiungen oder einer vom deutschen Steuerrecht abweichenden Einbeziehung der Einkünfte in die Steuerbemessungsgrundlage im Ausland kann die Ertragsteuerbelastung vom nominalen Ertragsteuersatz des Sitzstaates abweichen.

Beispiel:

Die ausländische Gesellschaft C-Ltd. erzielt nach ausländischem Recht ermittelte passive Einkünfte in Höhe von 100.000 €. Die nach § 10 Absatz 3 AStG ermittelten passiven Einkünfte betragen 200.000 €. Die C-Ltd. hat auf die Einkünfte im Ausland Ertragsteuern in Höhe von 35.000 € gezahlt und unterliegt dort somit einer Ertragsteuerbelastung in Höhe von 35 Prozent. Die Gegenüberstellung der passiven Einkünfte nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 AStG und den von der C-Ltd. entrichteten Steuern ergibt hingegen nur eine Ertragsteuerbelastung in Höhe von 17,5 Prozent und damit von weniger als 25 Prozent. Die C-Ltd. unterliegt somit einer Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 Satz 1 AStG.

493In die Belastungsrechnung sind alle zu Lasten der ausländischen Gesellschaft im Staat ihres Sitzes, ihrer Geschäftsleitung oder in einem sonstigen Staat (z. B. Steuern im Belegenheitsstaat einer Betriebsstätte) erhobenen Ertragsteuern einzubeziehen.

494Im Rahmen der Prüfung einer Niedrigbesteuerung können hypothetische Steuern auf hypothetische Einkünfte (z. B. spätere Veräußerungsgewinne) nicht berücksichtigt werden (, BStBl II 2021 S. 511).

495Eine niedrige Besteuerung kann sich auch dadurch ergeben, dass die ausländische Gesellschaft in einem hoch besteuernden Land für passive Einkünfte gezielte Steuervergünstigungen in Anspruch nimmt (vgl. , BStBl 1988 II S. 983).

496Werden passive Einkünfte aus verschiedenen Quellen unterschiedlich hoch besteuert (z. B. aufgrund einer sog. Schedulenbesteuerung), ist die jeweilige Ertragsteuerbelastung für jede Einkunftsquelle gesondert zu ermitteln.

Beispiel:

Die ausländische Gesellschaft C-Ltd. erzielt nach § 10 Absatz 3 AStG ermittelte passive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 150.000 €. Diese unterliegen im Sitzstaat einer Besteuerung in Höhe von 30 Prozent. Darüber hinaus erzielt die C-Ltd. passive Einkünfte aus einer Darlehensvergabe in Höhe von 150.000 €; diese sind funktional nicht der Vermietung und Verpachtung zuzuordnen. Für die Zinseinkünfte wird im Sitzstaat eine Abgeltungsteuer in Höhe von 15 Prozent erhoben. Folglich unterliegen ausschließlich die passiven Zinseinkünfte einer Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG.

497Bei progressiv gestalteten Tarifstrukturen im Ausland ist die tatsächlich gezahlte Steuer im Verhältnis zu den passiven Einkünften maßgebend.

Beispiel:

Die ausländische Gesellschaft C-Ltd. erzielt nach § 10 Absatz 3 AStG ermittelte passive Einkünfte in Höhe von 400.000 €. Die Einkünfte werden im Sitzstaat der C-Ltd. bis zu einer Höhe von 150.000 € mit einem Steuersatz in Höhe von 10 Prozent und über 150.000 € mit 30 Prozent besteuert. Die Steuer beträgt damit insgesamt 90.000 € (150.000 € x 10 Prozent = 15.000 € zzgl. 250.000 € x 30 Prozent = 75.000 €). Die Ertragsteuerbelastung beträgt somit insgesamt 22,5 Prozent. Folglich unterliegen die passiven Einkünfte einer Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG.

498Eine ausländische Gesellschaft, die passive Einkünfte erzielt, wird nicht deshalb niedrig besteuert, weil ihre Einkünfte im Rahmen einer Gruppenbesteuerung (z. B. Organschaft oder Konsolidierung) bei einer anderen Gesellschaft besteuert werden. Erzielt eine ausländische Gesellschaft, die einem Konsolidierungskreis angehört, passive Einkünfte, ist die auf diese Einkünfte entfallende anteilige Ertragsteuerbelastung für diese Gesellschaft gesondert zu ermitteln. Dabei gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend. Die Verrechnung passiver Einkünfte einer Gesellschaft mit Verlusten einer anderen Gesellschaft im Rahmen eines Gruppenbesteuerungssystems führt nicht zu einer Niedrigbesteuerung.

Beispiel:

Gesellschaft A und Gesellschaft B sind im Staat X ansässig, in dem der lokale Körperschaftsteuersatz 25 Prozent beträgt, und gehören zu einer Steuergruppe. Nach lokalem Recht dürfen Verluste einer Gruppengesellschaft mit Gewinnen einer anderen Gruppengesellschaft voll verrechnet werden. Gesellschaft A erzielt in einem Jahr sowohl aus lokaler Sicht als auch unter Anwendung deutscher Einkünfteermittlungsvorschriften Gewinne in Höhe von umgerechnet 100.000 €. Die Gewinne stammen aus einer Einkunftsquelle, die für Zwecke der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung passiv ist. In demselben Jahr erzielt die Gesellschaft B sowohl aus lokaler Sicht als auch unter Anwendung deutscher Einkünfteermittlungsvorschriften einen Verlust in Höhe von 50.000 €. Nach Verrechnung der Ergebnisse beider Gesellschaften hat die Steuergruppe ein positives Ergebnis in Höhe von 50.000 €, das einer ausländischen Körperschaftsbesteuerung in Höhe von 25 Prozent unterliegt. Somit beträgt die Steuerschuld im Staat X 12.500 €. Die Ertragsteuerbelastung für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung ist durch Gegenüberstellung der passiven Einkünfte (100.000 €) und den von der ausländischen Gesellschaft entrichteten Steuern zu ermitteln. Dabei unterliegt die Gesellschaft A im Rahmen einer „Stand-Alone-Betrachtung“ einer Ertragsteuerbelastung in Höhe von 25 Prozent von 100.000 € = 25.000 €. Außer Acht zu lassen ist die Steuerminderung von 12.500 €, die sich durch die Verrechnung des Verlusts der Gesellschaft B in Höhe von 50.000 € ergibt. Gesellschaft A ist somit nicht niedrigbesteuert.

8.5.1.3 Niedrige Besteuerung bei gemischten Einkünften

499Bei ausländischen Gesellschaften mit gemischten Einkünften (Tz. 9.1) gelten die vorstehenden Regelungen entsprechend. Für eine Belastungsberechnung sind die Steuern der ausländischen Staaten zu ermitteln, die auf die Einkünfte aus der jeweiligen passiven Quelle entfallen. Bei der Aufteilung sind die aktiven und passiven Einkünfte in der Höhe zu berücksichtigen, in der sie der Besteuerung im Ausland zugrunde liegen (Tz. 8.5.1.2 gilt entsprechend).

Beispiel 1:

Die ausländische Gesellschaft C-Ltd. erzielt sowohl aktive Einkünfte in Höhe von 500.000 € als auch passive Einkünfte in Höhe von 100.000 €. Der Regelsteuersatz im Sitzstaat der C-Ltd. beträgt 30 Prozent. Die passiven Einkünfte werden jedoch mit einem Steuersatz in Höhe von 15 Prozent besteuert. Die Ertragsteuerbelastung aller Einkünfte insgesamt beträgt somit 27 Prozent (150.000 € + 15.000 € = 165.000 €). Die passiven Einkünfte unterliegen jedoch nur einer Ertragsteuerbelastung in Höhe von 15 Prozent und damit einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG.

Beispiel 2:

Die ausländische Gesellschaft C-Ltd. erzielt sowohl aktive Einkünfte in Höhe von 200.000 €, als auch nach § 10 Absatz 3 AStG ermittelte passive Einkünfte in Höhe von 555.000 €. Die nach den Vorschriften des Sitzstaates ermittelten Einkünfte in Höhe von 700.000 € (davon aktive Einkünfte in Höhe von 200.000 € und passive Einkünfte in Höhe von 500.000 €) werden im Sitzstaat der C-Ltd. mit einem Steuersatz in Höhe von 27,5 Prozent besteuert. Die Steuer beträgt damit insgesamt 192.500 €. Davon entfallen 137.500 € auf die passiven Einkünfte.

Die Ertragsteuerbelastung der nach § 10 Absatz 3 AStG ermittelten passiven Einkünfte beträgt somit insgesamt 24,77 Prozent (137.500 € Steuer / 555.000 € passive Einkünfte). Die passiven Einkünfte unterliegen daher einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG.

8.5.1.4 Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen

500Eine Ertragsteuerbelastung in Höhe von weniger als 25 Prozent führt nicht allein deshalb zu einer Niedrigbesteuerung, weil sie auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht (§ 8 Absatz 5 Satz 1 Halbsatz 2 AStG).

501Bei der Belastungsberechnung bleibt daher außer Betracht, dass die Ertragsteuerbelastung für diese Quelle deshalb unter der Niedrigsteuergrenze des § 8 Absatz 5 AStG liegt, weil bei der Besteuerung eines Jahres nach dem jeweils geltenden Recht Verluste oder sonstige negative Einkünfte desselben Jahres oder früherer oder späterer Jahre aus anderen Quellen (vgl. Tz. 8.5.1.2) berücksichtigt worden sind (Verlustabzug, -vortrag oder -rücktrag). Eine fehlende oder unter die Belastungsgrenze von 25 Prozent geminderte Steuerlast allein aufgrund einer Verlustverrechnung führt somit nicht zu einer Niedrigbesteuerung.

Beispiel:

Die ausländische Gesellschaft C-Ltd. erzielt nach § 10 Absatz 3 AStG ermittelte positive passive Einkünfte aus einer Darlehensvergabe in Höhe von 150.000 €, die grundsätzlich im Sitzstaat der C-Ltd. mit einem Ertragsteuersatz in Höhe von 30 Prozent besteuert werden. Darüber hinaus erzielt die C-Ltd. einen Verlust aus aktiver Tätigkeit im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG in Höhe von 100.000 €. Die positiven Zinseinkünfte werden nach ausländischem Recht mit den Verlusten aus aktiver Tätigkeit verrechnet, so dass es zu einer Steuerbemessungsgrundlage in Höhe von 50.000 € kommt. Hierauf entfällt eine Ertragsteuer in Höhe von 15.000 € (50.000 € x 30 Prozent). Die passiven Einkünfte in Höhe von 150.000 € unterliegen damit einer Besteuerung in Höhe von 10 Prozent (15.000 € / 150.000 €). Aufgrund des Ausgleichsverbots des § 8 Absatz 5 Satz 1 Halbsatz 2 AStG sind diese jedoch nicht niedrigbesteuert, da sie – ohne den Verlustabzug – mit einer Ertragsteuer in Höhe von 30 Prozent zu besteuern wären.

8.5.2 Belastungsberechnung bei Steuererstattungsansprüchen

502In die Belastungsberechnung sind Ansprüche einzubeziehen, die der Staat oder das Gebiet der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, gewährt (§ 8 Absatz 5 Satz 2 AStG).

503Ansprüche im Sinne des § 8 Absatz 5 Satz 2 AStG sind insbesondere Anrechnungs- oder Erstattungsansprüche, die zu einer Minderung der Steuerbelastung führen. Ein Anspruch wird gewährt, wenn er dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft zusteht; auf eine konkrete Erstattung oder Anrechnung kommt es nicht an. Die Ansprüche müssen aufgrund einer Gewinnausschüttung der ausländischen Gesellschaft gewährt werden.

504Ausländische Körperschaftsteuersysteme, bei denen der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft im Fall einer Gewinnausschüttung einen Teil der ausländischen Körperschaftsteuer vom Sitz- oder Geschäftsleitungsstaat der ausländischen Gesellschaft erstattet bekommt oder einen Anspruch auf Erstattung (sog. Tax Refund) oder auf Anrechnung hat, sind somit in die Belastungsberechnung für die ausländische Gesellschaft einzubeziehen, soweit diese Steuererstattung auf passive Einkünfte entfällt. Es ist eine konsolidierte Betrachtung vorzunehmen. Dies gilt auch für Erstattungsansprüche im Zusammenhang mit passiven Einkünften einer Betriebsstätte der ausländischen Gesellschaft.

8.5.3 Tatsächliche Erhebung von Ertragsteuern

505Einkünfte unterliegen auch dann einer Belastung durch Ertragsteuern in Höhe von weniger als 25 Prozent im Sinne des § 8 Absatz 5 Satz 1 AStG, wenn Ertragsteuern in Höhe von mindestens 25 Prozent zwar rechtlich geschuldet, jedoch nicht tatsächlich erhoben werden (§ 8 Absatz 5 Satz 3 AStG). Danach ist ein tatsächlicher Belastungsvergleich vorzunehmen, wenn nicht bereits ein rechtlicher Belastungsvergleich zu einer niedrigen Besteuerung führt. Die Gründe für die Nichterhebung sind insoweit unerheblich. Im Fall einer Stundung mit einer tatsächlichen Laufzeit von weniger als einem Jahr oder Ratenzahlung der Ertragsteuer gilt diese als tatsächlich erhoben.

9 Freigrenze bei gemischten Einkünften (§ 9 AStG)

506Für die Anwendung des § 7 Absatz 1 AStG sind Einkünfte eines maßgebenden Wirtschaftsjahres im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG, für die eine ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, außer Ansatz zu lassen, wenn die Einkünfte nicht mehr als 10 Prozent der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft betragen, vorausgesetzt, dass die bei einem Steuerpflichtigen hiernach außer Ansatz zu lassenden Beträge insgesamt 80.000 € nicht übersteigen (§ 9 AStG).

507Die Vorschrift bestimmt für den Fall gemischter Einkünfte, dass Zwischeneinkünfte eines maßgebenden Wirtschaftsjahres im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG für die Anwendung des § 7 Absatz 1 AStG außer Ansatz zu lassen sind. Ist die Freigrenze gewahrt, unterbleibt der Ansatz der nach § 7 Absatz 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte eines maßgebenden Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft als Hinzurechnungsbetrag im Sinne des § 10 Absatz 1 AStG beim Steuerpflichtigen.

508Der Verlustabzug nach § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG geht der Anwendung der Freigrenze nach § 9 AStG vor (vgl. Beispiel 3 unter Tz. 9.2.2).

509Die Bezugnahme auf § 7 Absatz 1 AStG stellt klar, dass die Freigrenze des § 9 AStG ausschließlich im Bereich der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung gilt. Im Bereich der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung gilt sie nicht (vgl. § 9 Satz 1 StAbwG). Im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung gilt die eigenständige Freigrenze des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG (vgl. hierzu Tz. 13.1.3).

9.1 Gemischte Einkünfte

510§ 9 AStG setzt voraus, dass auf Ebene der ausländischen Gesellschaft neben Zwischeneinkünften (zum Begriff vgl. Tz. 7.1.1.4) auch sonstige (aktive oder nicht niedrig besteuerte passive) Einkünfte vorliegen.

9.2 Freigrenze

511§ 9 AStG enthält eine gesellschaftsbezogene relative Freigrenze und eine gesellschafterbezogene absolute Freigrenze. Im ersten Schritt ist die relative Freigrenze, im zweiten Schritt die absolute Freigrenze zu prüfen. § 9 AStG ist nur einschlägig, wenn beide Freigrenzen gewahrt sind.

9.2.1 Relative Freigrenze

512Die gesellschaftsbezogene relative Freigrenze ist gewahrt, wenn die Zwischeneinkünfte nicht mehr als 10 Prozent der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft betragen. In welchem Umfang die Zwischeneinkünfte tatsächlich der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen, ist für die Prüfung der relativen Freigrenze unbeachtlich. Die gesellschaftsbezogene relative Freigrenze bezieht sich auf das für die ausländische Gesellschaft maßgebende Wirtschaftsjahr im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG (BT-Drs. 19/28652, 58; vgl. hierzu Tz. 7.2.2) und ist daher für jedes Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft gesondert zu ermitteln.

513Zur Prüfung dieser Freigrenze ist eine Verhältnisrechnung durchzuführen, bei der die Zwischeneinkünfte ins Verhältnis zu den gesamten Einkünften der ausländischen Gesellschaft zu setzen sind; dabei sind die Zwischeneinkünfte (= Zähler) und die gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft (= Nenner) nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 bis 5 AStG zu ermitteln (vgl. hierzu Tz. 10.3 ff.). Ergibt sich danach ein Verhältnis von 10 Prozent oder weniger, ist die relative Freigrenze gewahrt. Sind die Zwischeneinkünfte positiv und die gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft nicht positiv, ist die relative Freigrenze nicht gewahrt.

Beispiel:

Die ausländische Gesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr vom 01.01. bis Zwischeneinkünfte in Höhe von 500 € und aktive Einkünfte in Höhe von 5.000 €. Ihre gesamten Einkünfte für das maßgebende Wirtschaftsjahr betragen somit 5.500 €.

Die Zwischeneinkünfte betragen weniger als 10 Prozent der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft (500 € / 5.500 € = 9,09 Prozent). Die relative Freigrenze ist damit gewahrt.

9.2.2 Absolute Freigrenze

514Die gesellschafterbezogene absolute Freigrenze ist gewahrt, wenn die bei einem Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung der gesellschaftsbezogenen relativen Freigrenze (vgl. Tz. 9.2.1) außer Ansatz zu lassenden Beträge insgesamt 80.000 € nicht übersteigen. Sie gilt veranlagungszeitraumbezogen und ist für jeden Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG gesondert zu prüfen; das Überschreiten der absoluten Freigrenze durch einen Steuerpflichtigen schließt die Anwendung des § 9 AStG für die übrigen Steuerpflichtigen, die die ausländische Gesellschaft ebenfalls beherrschen, nicht aus. Die absolute Freigrenze bezieht sich auf die Summe der beim Steuerpflichtigen anzusetzenden Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 AStG.

Beispiel 1:

A und B erfüllen in Bezug auf die Zwischengesellschaft Z 1 die Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung. B erfüllt darüber hinaus in Bezug auf die Zwischengesellschaft Z 2 die Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung. Aus Z 1 resultiert für A und B jeweils ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 50.000 €. Aus Z 2 resultiert für B ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 40.000 €. Sowohl auf Ebene von Z 1 als auch auf Ebene von Z 2 ist die relative Freigrenze des § 9 AStG gewahrt.

Bei A ist der Hinzurechnungsbetrag aus Z 1 (= 50.000 €) außer Ansatz zu lassen; neben der relativen Freigrenze ist auch die absolute Freigrenze des § 9 AStG gewahrt. Bei B sind beide Hinzurechnungsbeträge anzusetzen; die absolute Freigrenze ist im Hinblick auf die Summe beider Hinzurechnungsbeträge (= 90.000 €) überschritten.

Beispiel 2:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige GmbH hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.10. bis 30.09. Sie ist jeweils Alleingesellschafterin der Zwischengesellschaft Z 1 (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) und der Zwischengesellschaft Z 2 (Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06.). Es ergeben sich folgende Hinzurechnungsbeträge:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Z 1
WJ 2022
30.000 €
WJ 2023
50.000 €
Z 2
WJ 2022 / 2023
25.000 €
WJ 2023 / 2024
45.000 €

Die relative Freigrenze des § 9 AStG ist jeweils gewahrt.

Die Anteile an Z 1 und Z 2 gehören zum Betriebsvermögen der GmbH. Die Hinzurechnungsbeträge erhöhen daher den Gewinn des Wirtschaftsjahres der GmbH, in dem die Wirtschaftsjahre von Z 1 und Z 2 enden (vgl. § 10 Absatz 2 Satz 2 AStG sowie Tz. 10.2.1).

Der Gewinn des Wirtschaftsjahres vom bis der GmbH gilt im Kalenderjahr (= Veranlagungszeitraum) 2023 als bezogen (vgl. § 8 Absatz 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 4a Absatz 2 Nummer 2 EStG). Dieser Gewinn ist um den Hinzurechnungsbetrag aus Z 1 (WJ 2022) und den Hinzurechnungsbetrag aus Z 2 (WJ 2022 / 2023) zu erhöhen.

Da die Summe der Hinzurechnungsbeträge aus Z 1 und Z 2 (= 55.000 €) die absolute Freigrenze im Veranlagungszeitraum 2023 unterschreitet, sind die Hinzurechnungsbeträge außer Ansatz zu lassen.

Der Gewinn des Wirtschaftsjahres vom bis der GmbH gilt im Kalenderjahr (= Veranlagungszeitraum) 2024 als bezogen. Dieser Gewinn ist um den Hinzurechnungsbetrag aus Z 1 (WJ 2023) und den Hinzurechnungsbetrag aus Z 2 (WJ 2023 / 2024) zu erhöhen. Da die Summe der Hinzurechnungsbeträge aus Z 1 und Z 2 (= 95.000 €) die absolute Freigrenze im Veranlagungszeitraum 2024 überschreitet, findet die Freigrenze des § 9 AStG keine Anwendung.

Beispiel 3:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige A hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft Z in seinem Privatvermögen. Das Wirtschaftsjahr der Z entspricht dem Kalenderjahr. Im Jahr 01 erzielt die Z negative Zwischeneinkünfte in Höhe von 100.000 €. Im Jahr 02 erzielt die Zwischengesellschaft positive Zwischeneinkünfte in Höhe von 150.000 €. Die relative Freigrenze des § 9 AStG ist im Jahr 02 gewahrt.

Für das Jahr 01 entfällt eine Hinzurechnung (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 2 AStG). In entsprechender Anwendung des § 10d EStG ist der Verlustvortrag in Höhe von 100.000 € gesondert festzustellen (vgl. § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG i. V. m. § 18 Absatz 1 AStG).

Im Jahr 02 ist zunächst der vorgetragene Verlust in Höhe von 100.000 € von den positiven Zwischeneinkünften abzuziehen. Hinsichtlich des verbleibenden Betrages in Höhe von 50.000 € kommt § 9 AStG zur Anwendung; ein Hinzurechnungsbetrag ist für das Jahr 02 außer Ansatz zu lassen.

10 Hinzurechnungsbetrag (§ 10 AStG)

10.0 Übersicht

515§ 10 AStG enthält die Vorschriften zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages (Absatz 1), zur Qualifikation des Hinzurechnungsbetrages (Absatz 2), zur Ermittlung der Zwischeneinkünfte (Absätze 3 bis 5) sowie Regelungen zur Vermeidung von Doppelbelastungen im Zusammenhang mit dem InvStG (Absatz 6).

516Für die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages sind

  • die gesamten Zwischeneinkünfte der ausländischen Gesellschaft (Tz. 7.1.1.4) in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln; Verluste, die Zwischeneinkünfte sind (negative Zwischeneinkünfte), können in entsprechender Anwendung des § 10d EStG auf Ebene der Zwischengesellschaft abgezogen werden, soweit sie die nach § 9 AStG außer Ansatz zu lassenden Einkünfte übersteigen (§ 10 Absatz 3 Satz 5 AStG); ein Verlustrücktrag ist nicht zulässig (§ 10 Absatz 3 Satz 6 AStG) und

  • die sich daraus ergebenden Beträge ggf. auf die einzelnen Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG und ggf. im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 AStG aufzuteilen.

10.1 Ansatz des Hinzurechnungsbetrages

10.1.1 Grundsatz

517Die Zwischeneinkünfte (Tz. 7.1.1.4), die nicht nach § 9 AStG außer Ansatz zu lassen sind, sind vorbehaltlich der Tz. 10.1.2 bei dem Steuerpflichtigen als Hinzurechnungsbetrag anzusetzen. Ist ein Steuerpflichtiger im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG an mehreren Zwischengesellschaften unmittelbar oder mittelbar beteiligt, ist in Bezug auf jede Zwischengesellschaft ein gesonderter Hinzurechnungsbetrag anzusetzen.

518Im Hinblick auf mittelbare Beteiligungen über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) vgl. Tzn. 7.1.1.6, 7.1.4.3 und 13.1.1.4.

519Ein Abzug der Steuern, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft von diesen Einkünften erhoben worden sind, ist nicht zulässig (Tz. 10.3.2.7).

10.1.2 Negativer Hinzurechnungsbetrag

520Ein negativer Betrag ist nicht anzusetzen. Ist ein Steuerpflichtiger an mehreren ausländischen Zwischengesellschaften unmittelbar oder mittelbar beteiligt, dürfen Verluste einer Zwischengesellschaft nicht mit positiven Hinzurechnungsbeträgen einer anderen Zwischengesellschaft ausgeglichen werden (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 1 und 2 AStG).

521Zur Verlustberücksichtigung auf Ebene der einzelnen Zwischengesellschaft vgl. Tz. 10.3.6.

10.2 Qualifikation und Besteuerung des Hinzurechnungsbetrages

10.2.1 Einkunftsart des Hinzurechnungsbetrages

522Der Hinzurechnungsbetrag stellt einen Einkünfteerhöhungsbetrag eigener Art dar, der die Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. den Gewinn außerhalb der Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 1 EStG des Steuerpflichtigen erhöht (vgl. , BStBl II 2006 S. 537).

523Sofern die Beteiligung einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen zuzurechnen ist, gehört der Hinzurechnungsbetrag dementsprechend zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit. Der Hinzurechnungsbetrag unterliegt vollumfänglich der Besteuerung; § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG, § 8b Absatz 1 KStG und § 9 Nummer 7 GewStG sind nicht anzuwenden (§ 10 Absatz 2 Satz 4 AStG). Der Hinzurechnungsbetrag erhöht in diesen Fällen den Gewinn bzw. die Einkünfte desjenigen Wirtschaftsjahrs des Betriebs, in dem das jeweilige Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft endet (§ 10 Absatz 2 Satz 2 AStG).

Beispiel 1:

Das Wirtschaftsjahr der ausländischen Zwischengesellschaft umfasst den Zeitraum bis . Das Wirtschaftsjahr des Betriebes des Steuerpflichtigen umfasst den Zeitraum vom bis zum .

Nach § 10 Absatz 2 Satz 2 AStG erhöhen die für das Wirtschaftsjahr 01/02 ermittelten Zwischeneinkünfte als Hinzurechnungsbetrag den Gewinn des Wirtschaftsjahres 02/03 des Betriebs des Steuerpflichtigen. Der Ansatz des Hinzurechnungsbetrages beim Steuerpflichtigen erfolgt somit im Veranlagungszeitraum 03.

524Ist die Beteiligung dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zuzurechnen, gehört der Hinzurechnungsbetrag zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG. § 32d EStG ist auf den Hinzurechnungsbetrag nicht anzuwenden, infolgedessen ist auch das Antragswahlrecht nach § 32d Absatz 2 Nummer 3 EStG für den Hinzurechnungsbetrag nicht gegeben. Der Hinzurechnungsbetrag gilt dem jeweiligen Steuerpflichtigen in dem Veranlagungszeitraum als zugeflossen, in dem das jeweilige Wirtschaftsjahr der ausländischen Zwischengesellschaft endet (§ 10 Absatz 2 Satz 1 AStG).

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, jedoch hält der Steuerpflichtige die Beteiligung im Privatvermögen. Der Ansatz des Hinzurechnungsbetrages beim Steuerpflichtigen erfolgt im Veranlagungszeitraum 02, da das Wirtschaftsjahr der ausländischen Zwischengesellschaft am endet.

525Enden in einem Veranlagungszeitraum eines Steuerpflichtigen, der die Beteiligung im Privatvermögen hält, mehrere Wirtschaftsjahre derselben ausländischen Zwischengesellschaft (z. B. durch Bildung eines Rumpf-Wirtschaftsjahres), sind die Hinzurechnungsbeträge in diesem Veranlagungszeitraum anzusetzen; entsprechendes gilt für Beteiligungen im Betriebsvermögen.

10.2.2 Mittelbare Beteiligungen

526Soweit Anteile an der Zwischengesellschaft dem Steuerpflichtigen mittelbar zuzurechnen sind (zur mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5), ist der Hinzurechnungsbetrag nur insoweit bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit zu erfassen, als auch die unmittelbar gehaltene vermittelnde Beteiligung zu einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört (vgl. § 10 Absatz 2 Satz 3 AStG).

Beispiel:

Die Steuerpflichtigen X und Y sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtige natürliche Personen. X hält seine Beteiligung an Kapitalgesellschaft A im Privatvermögen; der Steuerpflichtige Y hält seine Beteiligung im Betriebsvermögen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Für X und Y ergeben sich weitere mittelbare Beteiligungen an den Kapitalgesellschaften B und C. Für die mittelbare Beteiligung an C sind die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung bei X und bei Y erfüllt.

Der Hinzurechnungsbetrag wird den mittelbaren Gesellschaftern X und Y nach § 7 Absatz 1 AStG im Umfang ihrer jeweiligen mittelbaren Beteiligung zugerechnet. Für X wird dabei der Hinzurechnungsbetrag bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und für Y bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfasst. Entscheidend ist dabei die Zuordnung der unmittelbaren Beteiligung an Gesellschaft A. Die Zuordnung der mittelbaren Beteiligungen bei den Gesellschaften A und B ist für die Einkunftsart des Hinzurechnungsbetrages bei den Steuerpflichtigen X und Y unerheblich.

527Besteht die mittelbare Beteiligung am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) und ist der Steuerpflichtige unmittelbar an der / einer vermittelnden Personengesellschaft beteiligt, gilt § 10 Absatz 2 Satz 2 AStG nur, soweit die unmittelbare Beteiligung an der / einer vermittelnden Personengesellschaft nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu einem Betriebsvermögen gehört (Hinweis auf Tzn. 7.1.1.6, 7.1.4.3 und 13.1.1.4).

10.2.3 Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung

528Ob und inwieweit der Gesellschafter bei der Ermittlung der Einkünfte im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Zwischengesellschaft die dazugehörigen Aufwendungen abziehen kann, bestimmt sich nach den Vorschriften des EStG bzw. KStG.

529Gehören die Anteile bei einer natürlichen Person zu einem Betriebsvermögen, sind die Aufwendungen, die ausschließlich mit der Erfüllung der Mitwirkungspflichten zur Durchführung der Hinzurechnungsbesteuerung im Zusammenhang stehen (z. B. Kosten für das Aufstellen der Hinzurechnungsbilanz), vollumfänglich als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, da der Hinzurechnungsbetrag auch vollumfänglich der tariflichen Einkommensteuer unterliegt.

530Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Beteiligung stehen (z. B. Finanzierungskosten für den Erwerb), sind lediglich im Rahmen des § 3c Absatz 2 EStG abzugsfähig, da entsprechende Gewinnausschüttungen nach § 3 Nummer 40 EStG dem Teileinkünfteverfahren unterliegen.

531Wird die Beteiligung im Privatvermögen gehalten, gilt für die Einkünfte § 20 Absatz 9 EStG (Sparer-Pauschbetrag); der Abzug tatsächlicher Werbungskosten ist ausgeschlossen. Für den Ansatz des Hinzurechnungsbetrages beim Steuerpflichtigen gilt § 32d EStG gem. § 10 Absatz 2 Satz 4 AStG nicht (Tz. 10.2.4), so dass Aufwendungen, die ausschließlich mit der Erfüllung der Mitwirkungspflichten zur Durchführung der Hinzurechnungsbesteuerung im Zusammenhang stehen nach § 20 Absatz 9 EStG auch nicht als Werbungskosten abziehbar sind.

532Das Antragswahlrecht nach § 32d Absatz 2 Nummer 3 EStG (Option zur tariflichen Besteuerung) bleibt bezüglich der Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 EStG (z. B. Gewinnausschüttungen) bestehen. Insoweit findet auf Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Beteiligung stehen § 20 Absatz 9 EStG keine Anwendung (§ 32d Absatz 2 Nummer 3 Satz 2 EStG).

533§ 8b Absatz 5 KStG ist für Steuerpflichtige, die der inländischen Körperschaftsteuerpflicht unterliegen, bezüglich des Hinzurechnungsbetrages nicht anzuwenden, da für diesen nach § 10 Absatz 2 Satz 4 AStG die Steuerbefreiung nach § 8b Absatz 1 KStG nicht gilt. Aufwendungen des Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Hinzurechnungsbesteuerung oder im Zusammenhang mit der Beteiligung stellen daher grundsätzlich Betriebsausgaben dar.

10.2.4 Steuerliche Erfassung des Hinzurechnungsbetrages

534Auf den Hinzurechnungsbetrag sind nicht anzuwenden:

535Bei einkommensteuerpflichtigen Personen im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG:

536Bei körperschaftsteuerpflichtigen Personen im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG:

  • § 8b Absatz 1 KStG und

  • die gewerbesteuerliche Kürzungsvorschrift für Gewinne aus Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften mit einer Mindestbeteiligung in Höhe von 15 Prozent des Nennkapitals (§ 9 Nummer 7 GewStG).

10.2.5 Hinzurechnungsbetrag bei der Gewerbesteuer
10.2.5.1 Grundsatz

537Nach § 7 Satz 7 GewStG sind Hinzurechnungsbeträge im Sinne des § 10 Absatz 1 AStG Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 3 GewStG anfallen und unterliegen damit grundsätzlich der Gewerbesteuer. § 9 Nummer 2 Satz 2 GewStG und § 9 Nummer 3 Satz 1 Halbsatz 2 GewStG stellen klar, dass insoweit auch keine Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrages erfolgt. Ebenso findet nach § 10 Absatz 2 Satz 4 AStG auch keine Kürzung im Sinne des § 9 Nummer 7 GewStG statt.

10.2.5.2 Persönliche Steuerbefreiung

538Sind Steuerpflichtige im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG nach § 3 GewStG persönlich von der Gewerbesteuer befreit, erfolgt insoweit auch keine Besteuerung des Hinzurechnungsbetrages.

10.2.5.3 Zwischenschaltung einer Personengesellschaft

539Ist ein Steuerpflichtiger über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) mittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt, treten die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung auch dann ausschließlich auf Ebene des Steuerpflichtigen ein, wenn eine vermittelnde Personengesellschaft unmittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt ist. Der Hinzurechnungsbetrag wirkt sich demnach nicht auf die Höhe des Gewinns der Personengesellschaft aus (vgl. Tzn. 7.1.1.6, 7.1.4.3 und 13.1.1.4).

540Auf Ebene einer vermittelnden Personengesellschaft führt die Hinzurechnungsbesteuerung danach zu keinen gewerbesteuerlichen Auswirkungen. Gewerbesteuerliche Auswirkungen aufgrund der Hinzurechnungsbesteuerung können sich bei mittelbaren Beteiligungen ausschließlich auf Ebene der Mitunternehmer ergeben, falls diese steuerpflichtig nach § 2 Absatz 1 bzw. 2 GewStG sind (vgl. Tz. 10.2.2).

10.3 Ermittlung der Zwischeneinkünfte / des Hinzurechnungsbetrages

10.3.1 Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts

541Die Zwischeneinkünfte einer ausländischen Gesellschaft sind in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln (§ 10 Absatz 3 Satz 1 AStG). Bezüglich Einzelheiten ist insbesondere auf Sinn und Zweck der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung sowie auf die Mindestvorgaben der ATAD abzustellen.

10.3.2 Einkünfteermittlung
10.3.2.1 Grundsatz

542Für Zwecke der Anwendung der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung sind die Zwischeneinkünfte jeder einzelnen Zwischengesellschaft zu ermitteln.

10.3.2.2 Kumulation und Verrechnung von Zwischeneinkünften

543Erzielt dieselbe Zwischengesellschaft passive Einkünfte aus verschiedenen Quellen, so sind diese bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte zusammenzurechnen. Verluste aus Zwischeneinkünften können mit Gewinnen aus anderen Zwischeneinkünften bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte derselben ausländischen Gesellschaft ausgeglichen werden.

10.3.2.3 Anwendbare Sondervorschriften

544Auf Grundlage der entsprechenden Geltung des deutschen Steuerrechts für die Ermittlung der Zwischeneinkünfte sind insbesondere auch §§ 2a, 4h, 4i, 4j und 4k EStG sowie § 8b KStG bei Ermittlung der Zwischeneinkünfte anwendbar.

10.3.2.4 Nicht fremdübliche Geschäftsbeziehungen


545Bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte sind im Falle von Geschäftsbeziehungen zwischen (Kapital-)Gesellschaft und Gesellschafter zu nicht fremdüblichen – durch das Gesellschaftsverhältnis bestimmten – Bedingungen die hierdurch veranlassten Einkünfteminderungen und verhinderten Einkünfteerhöhungen ebenso wie die Zuführungen zum Gesellschaftsvermögen in entsprechender Anwendung von § 8 Absatz 3 Satz 2 bzw. Satz 3 KStG – mithin durch den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen – zu berücksichtigen (vgl. , BStBl II 1993 S. 222, , BStBl II 1998 S. 176 und , BStBl II 2020 S. 755 sowie BStBl 2020 I S. 1226).

10.3.2.5 Keine Anwendung des § 1 AStG

546Auf die Ermittlung der dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte findet § 1 AStG keine Anwendung. Seinem Wortlaut nach findet § 1 AStG nur auf Geschäftsbeziehungen Anwendung, die ein Steuerpflichtiger zum Ausland unterhält. Eine Zwischengesellschaft bleibt auch unter Berücksichtigung der Hinzurechnungsbesteuerung steuerrechtlich im Ausland ansässig, so dass sie insoweit keine Geschäftsbeziehungen „zum“ Ausland, sondern „im“ Ausland oder zum Inland unterhält (vgl. , BStBl 1988 II S. 868 sowie die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise ( BStBl 2023 I S. 1093, Rn. 1.7) mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Ausnahme des § 1 AStG).

10.3.2.6 Vermeidung der Doppelbesteuerung bei einer Einkünfteberichtigung

547Soweit bei der Ermittlung der hinzurechnungspflichtigen Einkünfte der Zwischengesellschaft eine Einkünfteberichtigung nach § 1 AStG aus Einkünften derselben Geschäftsbeziehung im Inland erfasst wird, ist die daraus resultierende Doppelbesteuerung sachgerecht aufzulösen, vgl. Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise ( BStBl 2023 I S. 1093, Rn. 1.8).

548Erfolgt die Einkünfteberichtigung einerseits und die Hinzurechnung andererseits gegenüber verschiedenen Rechtsträgern, ist zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte eine entsprechende Gegenberichtigung vorzunehmen (vgl. , BStBl 2002 II S. 644).

10.3.2.7 Nichtabziehbarkeit von Personensteuern

549Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sind nicht abziehbar (§ 12 Nummer 3 EStG bzw. § 10 Nummer 2 KStG). Zu diesen Ertragsteuern zählen alle Steuern des Sitzstaates, einer Provinz, eines Kantons, eines Bundesstaates oder einer anderen Gebietskörperschaft vom Gesamteinkommen oder von Teilen des Einkommens einschließlich Steuern vom Gewinn aus Veräußerungen beweglichen oder unbeweglichen Vermögens sowie die Steuern vom Vermögenszuwachs und Quellensteuern von Drittstaaten – ggf. einschließlich deutscher Quellensteuern – die zu Lasten der Zwischengesellschaft einbehalten werden.

10.3.2.8 Steuern zu Lasten Dritter

550Steuern, die bei der Zwischengesellschaft zu Lasten Dritter einbehalten werden (z. B. Kapitalertragsteuern von Gewinnausschüttungen), bleiben insoweit außer Ansatz, insbesondere Steuern vom Einkommen der Gesellschafter (vgl. , BStBl 1997 II S. 548, Rn. 11).

10.3.2.9 Fremdwährungen

551Werden die Zwischeneinkünfte zunächst in ausländischer Währung ermittelt, sind sie nach dem Kurs zum Zeitpunkt des Endes des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft umzurechnen. Ist ein Kurs zu diesem Zeitpunkt nicht festzustellen, so ist von der amtlichen Kursfeststellung für den Zeitpunkt, der dem Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahrs der Zwischengesellschaft am nächsten liegt, auszugehen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn für die Umrechnung ein Jahresdurchschnittskurs zugrunde gelegt wird. Der für die Umrechnung gewählte Kurs ist für alle bei der Anwendung der §§ 7 bis 13 und 20 AStG zu berücksichtigenden und in ausländischer Währung angefallenen Beträge zu beachten. Die einmal gewählte Methode der Umrechnung soll nicht ohne sachlichen Grund geändert werden.

10. Einkunftsart auf Ebene der Zwischengesellschaft

552Alle Zwischeneinkünfte sind bei der Einkünfteermittlung auf Ebene der Zwischengesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln (§ 10 Absatz 3 Satz 2 AStG), unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG die Beteiligung im Betriebs- oder Privatvermögen hält. Veräußerungsgewinne auf Ebene der Zwischengesellschaft sind daher nach § 16 EStG zu erfassen, sofern sie die Voraussetzungen des § 8 Absatz 1 AStG erfüllen.

10. Gewinnermittlungsart

553Die Zwischeneinkünfte sind nach den Grundsätzen des § 4 Absatz 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich) zu ermitteln. Dabei gelten auch die Grundsätze des § 5 EStG, da diese nach deutschem Steuerrecht auch von sonstigen bilanzierenden Steuerpflichtigen zu beachten sind, die nicht bilanzierende Gewerbetreibende sind (, BStBl II 1998 S. 375, Rn. 9).

554Eine Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 EStG (Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben) ist nicht zulässig. Auch bei einer Zwischengesellschaft, die Vermögensverwaltung betreibt, oder bei Zwischengesellschaften, deren Anteile der Steuerpflichtige im Privatvermögen hält, ist die Gewinnermittlung nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches vorzunehmen.

555Nach § 21 Absatz 4 Satz 1 AStG sind die §§ 7 bis 13, 15 bis 18 und 20 AStG in der am geltenden Fassung erstmals anzuwenden für Zwischeneinkünfte, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem beginnt. Sofern die Zwischeneinkünfte der Zwischengesellschaft in den Wirtschaftsjahren vor diesem Zeitpunkt nach § 10 Absatz 3 Satz 2 AStG in der am geltenden Fassung i. V. m. § 4 Absatz 3 EStG ermittelt wurden, unterliegt ein durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart entstandener Übergangsgewinn insgesamt vollumfänglich der Hinzurechnungsbesteuerung nach den Vorschriften des AStG in der am geltenden Fassung, wenn die übrigen Voraussetzungen hierfür vorliegen.

556Für den Gewinn, der sich durch die erstmalige Anwendung des § 10 Absatz 3 Satz 2 AStG ergibt, besteht kein Antragswahlrecht auf Verteilung eines entstehenden Übergangsgewinns auf mehrere Jahre.

10. Ermittlung nach § 4 Absatz 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich)

557Die Zwischeneinkünfte sind durch eine für alle Beteiligten im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG maßgebende „Hinzurechnungsbilanz“ zu ermitteln. Bei reinen Zwischengesellschaften ist das gesamte Vermögen der Zwischengesellschaft zugrunde zu legen, auch wenn nicht alle Anteile oder Stimmrechte den Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 AStG zuzurechnen sind. Die Hinzurechnungsbilanz kann nach Maßgabe der nach deutschem Steuerrecht zu beachtenden Bilanzierungsvorschriften aus der Bilanz der Zwischengesellschaft abgeleitet werden (Tz. 10. ). Im Übrigen gilt § 60 EStDV entsprechend. Zur Gewinnermittlung bei Gesellschaften mit gemischten Einkünften siehe Tz. 10. .

558Legt der Steuerpflichtige keine Unterlagen vor oder reichen die Unterlagen für eine Gewinnermittlung nicht aus, hat die Finanzverwaltung grundsätzlich für die Ermittlung der Zwischeneinkünfte eine Schätzung nach § 162 AO vorzunehmen; zu möglichen Besonderheiten wird auf Tz. 17.2 verwiesen.

10. Hinzurechnungsbilanz

559Für die Hinzurechnungsbilanz gelten die Grundsätze des deutschen Steuerrechts auch dann, wenn das ausländische Recht abweichende Bilanzansätze zulässt. Der Grundsatz des Bilanzzusammenhangs ist auch dann zu wahren, wenn die Zwischengesellschaft bei ihrer eigenen Bilanzierung nicht daran gebunden ist oder während einzelner Jahre keine Hinzurechnungen vorzunehmen sind.

560Die Hinzurechnungsbilanz kann in derjenigen Währung erstellt werden, in der die Bücher der Zwischengesellschaft geführt werden. Ist dies eine ausländische Währung, gilt für die Umrechnung Tz. 10.3.2.9.

10. Eröffnungsbilanz

561Sind im Hinblick auf eine Zwischengesellschaft die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung erstmals gegeben oder die Einkünfte erstmals nach § 10 Absatz 3 Satz 2 AStG zu ermitteln, ist auf den Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahrs eine „eröffnende Hinzurechnungsbilanz“ zu erstellen. Die in ihr angesetzten Werte gelten für Wirtschaftsjahre, die nach dem Stichtag der Eröffnungsbilanz enden, als fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Tz. 10.5.1).

562Die stillen Reserven, die sich bei der Bilanzierung nach deutschem Steuerrecht für die vor dem Stichtag der eröffnenden Hinzurechnungsbilanz liegende Zeit bei den einzelnen Wirtschaftsgütern gebildet haben, sind beizubehalten. Werden diese stillen Reserven nach dem Stichtag der eröffnenden Hinzurechnungsbilanz aufgelöst (z. B. durch Verkauf), unterliegen die gesamten aufgedeckten stillen Reserven der Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. , BStBl II 1990 S. 113). Zur Verstrickung und Entstrickung im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung vgl. auch Tz. 10.5.2.

10. Gewinnermittlung bei Gesellschaften mit gemischten Einkünften

563Hat die Zwischengesellschaft gemischte Einkünfte, sind die passiven Einkünfte wie folgt abzugrenzen:

564Vom Gesamtbetrag der nach deutschem Steuerrecht ermittelten Einkünfte der Zwischengesellschaft ist die Summe der darin enthaltenen Einkünfte aus aktiver Tätigkeit abzuziehen.

565Abweichend hiervon können die passiven Einkünfte für sich allein durch gesonderte Teilbilanzen ermittelt werden, wenn diese gesondert von den übrigen Einkünften aufgrund der Buchführung der Zwischengesellschaft leicht und eindeutig zu erfassen sind. Insofern sind Aktiv- und Passivposten ggf. mit einem Teilbetrag ihres jeweiligen Buchwerts anzusetzen.

566Bei Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem passiven in den aktiven Bereich einer ausländischen Gesellschaft ist Tz. 10.5 entsprechend anzuwenden.

567Ertragsteuern sind entsprechend ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit den passiven oder aktiven Quellen aufzuteilen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das sich dabei ergebende Verhältnis auch bei der Aufteilung der Vermögensteuern zugrunde gelegt wird.

10. Vermögensteuerabzug

568Nach § 10 Absatz 3 Satz 3 AStG können nur noch Steuern abgezogen werden, die von dem diesen passiven Einkünften zugrunde liegenden Vermögen erhoben werden und in sinngemäßer Anwendung beim Betriebsvermögensvergleich anzusetzen sind. Hat die Zwischengesellschaft gemischte Einkünfte, ist der Teil der ausländischen Vermögensteuern in entsprechender Anwendung von Tz. 10. aufzuteilen. Freiwillige Steuerzahlungen sind nicht zu berücksichtigen.

10. Ausnahmsweise Berücksichtigung der ausländischen Einkünfteermittlung

569Bloße zeitliche Verlagerungen der Steuerpflicht durch im Ausland allgemein übliche Abschreibungssätze oder ähnliche Regelungen, die sich i. d. R. innerhalb von fünf Jahren ausgleichen, können bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte berücksichtigt werden.

10.3.3 Nichtanwendung von § 10 Nummer 2 KStG

570Hat die ausländische Zwischengesellschaft Vermögenssteuern zu entrichten, bestimmt § 10 Absatz 3 Satz 3 AStG, dass § 10 Nummer 2 KStG auf diese Steuern keine Anwendung findet.

10.3.4 Nichtanwendung weiterer Vorschriften

571Steuerliche Vergünstigungen (wie z. B. wirtschaftslenkende Vergünstigungen in Form erhöhter Absetzungen oder Sonderabschreibungen), die an die unbeschränkte Steuerpflicht oder an das Bestehen eines inländischen Betriebs anknüpfen, bleiben im Rahmen von § 10 Absatz 3 Satz 1 AStG unberücksichtigt. Unterhält hingegen eine Zwischengesellschaft eine Betriebstätte im Inland, greift § 10 Absatz 3 Satz 4 AStG nicht, so dass die steuerlichen Vergünstigungen anwendbar sind. Dies betrifft bspw. § 11 KStG (unbeschränkte Steuerpflicht) und § 7g EStG (inländische Betriebsstätte). § 6 Absatz 2 Satz 1 InvStG ist nicht anzuwenden.

572Die Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes bleiben bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages unberücksichtigt. Auf den nach § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG passiven Umwandlungsgewinn (z. B. durch Verschmelzung von Körperschaften) ist bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 10 Absatz 3 AStG das UmwStG nicht anzuwenden; eine Buchwertübertragung kann insoweit nicht gewählt werden.

10.3.5 Verluste
10.3.5.1 Grundsatz

573Verluste im Sinne des § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG sind die negativen Zwischeneinkünfte. Der Abzug von Vermögensteuern kann zu einem Verlust führen oder einen solchen erhöhen.

574Verluste aus Jahren, für die die ausländische Gesellschaft keine Zwischengesellschaft ist, können nicht verrechnet bzw. vorgetragen werden.

10.3.5.2 Verlustausgleich auf Ebene der Zwischengesellschaft

575Innerhalb einer Zwischengesellschaft sind positive und negative Zwischeneinkünfte eines Jahres auszugleichen. Ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Zwischengesellschaften ist nicht zulässig. Ein Verlustausgleich zwischen Ober- und Untergesellschaft ist im Fall nachgeschalteter Zwischengesellschaften mit dem Wegfall des § 14 AStG in der am geltenden Fassung ausgeschlossen (zur Übergangsregelung für Altverluste vgl. Tz. 10.3.5.8).

10.3.5.3 Verlustabzug und Verlustvortrag auf Ebene der Zwischengesellschaft
10.3.5.3.1 Verhältnis zur Freigrenze nach § 9 AStG

576Der Verlustabzug ist vor Anwendung der Freigrenze bei gemischten Einkünften nach § 9 AStG vorzunehmen (vgl. Tz. 9).

Beispiel 1:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige X ist an der Zwischengesellschaft (ZG) zu 100 Prozent beteiligt. Die Gesellschaft erzielte im Jahr 01 einen Verlust in Höhe von 150.000 €. Davon entfielen 145.000 € auf ihre aktive Tätigkeit und 5.000 € auf ihre passive Tätigkeit. Der auf die passive Tätigkeit entfallende Verlustteil in Höhe von 5.000 € wurde zum gesondert festgestellt. Im Jahr 02 erwirtschaftete die ZG einen Gewinn in Höhe von 200.000 €. Davon entfielen 15.000 € auf passive (7,5 Prozent) und 185.000 € auf aktive Einkünfte.

Vor der Prüfung der relativen Freigrenze nach § 9 AStG ist zunächst der Verlustabzug nach § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG vorzunehmen. Es ergibt sich ein verbleibender Gewinn aus passiver Tätigkeit in Höhe von 10.000 €. Diese Einkünfte sind mit den Gesamteinkünften (nach Verlustvortrag) in Höhe von 50.000 € ins Verhältnis zu setzen. Die passiven Einkünfte betragen 20 Prozent der gesamten Einkünfte, so dass die relative Freigrenze in Höhe von 10 Prozent überschritten ist und der Hinzurechnungsbetrag nicht außer Ansatz gelassen werden kann.


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Einkünfte der ZG
aktiv
passiv
gesamt
Jahr 01 (in €)
./. 145.000
./. 5.000
./. 150.000
Jahr 02 (in €)
185.000
15.000
200.000
10.000
50.000

Beispiel 2:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige X ist an der Zwischengesellschaft (ZG) zu 100 Prozent beteiligt. Die Gesellschaft erzielte im Jahr 01 einen Verlust in Höhe von 150.000 €. Davon entfielen 130.000 € auf ihre aktive Tätigkeit und 20.000 € auf ihre passive. Der auf die passive Tätigkeit entfallende Verlustteil in Höhe von 20.000 € wurde zum gesondert festgestellt. Im Jahr 02 erwirtschaftete die ZG einen Gewinn in Höhe von 200.000 €. Davon entfallen 25.000 € auf passive (12,5 Prozent) und 175.000 € auf aktive Einkünfte.

Vor der Prüfung der relativen Freigrenze nach § 9 AStG ist zunächst der Verlustabzug nach § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG vorzunehmen. Es ergibt sich ein verbleibender Gewinn aus passiver Tätigkeit in Höhe von 5.000 €. Diese Einkünfte sind mit den Gesamteinkünften (nach Verlustvortrag) in Höhe von 50.000 € ins Verhältnis zu setzen. Die passiven Einkünfte betragen 10 Prozent der gesamten Einkünfte, so dass die relative Freigrenze in Höhe von 10 Prozent nicht überschritten und der Hinzurechnungsbetrag außer Ansatz zu lassen ist, es sei denn, die gesellschafterbezogene absolute Freigrenze ist nicht gewahrt.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte der ZG
aktiv
passiv
gesamt
Jahr 01 (in €)
./. 130.000
./. 20.000
./. 150.000
Jahr 02 (in €)
175.000
25.000
200.000
5.000
50.000

10.3.5.3.2 Gesellschaftsbezogene Betrachtung

577Ein Verlustvortrag auf Ebene der Zwischengesellschaft nach den Grundsätzen des § 10d EStG in der jeweils geltenden Fassung ist nur für die jeweilige Zwischengesellschaft vorzunehmen. Der Verlustvortrag wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass in einem auf das Jahr der Entstehung des Verlustes folgenden Jahr keine Einkünfte aus passivem Erwerb angefallen sind.

Beispiel:

Die X-GmbH ist an einer Zwischengesellschaft beteiligt. Die Zwischengesellschaft erzielte im Jahr 01 negative Zwischeneinkünfte in Höhe von 3.000.000 €. Im Jahr 02 betrugen die positiven Zwischeneinkünfte 2.000.000 €.

Nach § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG i. V. m. § 8 Absatz 1 Satz 1 KStG und § 10d Absatz 2 EStG sind im Jahr 02 von dem Verlustvortrag in Höhe von 3.000.000 € insgesamt 1.600.000 € abzugsfähig (1.000.000 € des Verlustes aus 01 sind unbeschränkt, darüber hinaus sind bis zu 60 Prozent des 1.000.000 € übersteigenden Gesamtbetrages der Einkünfte der Zwischengesellschaft, also 600.000 €, abzugsfähig). Im Jahr 02 beträgt der Hinzurechnungsbetrag bei der X-GmbH daher 400.000 €. Der Verlustvortrag zum beträgt 1.400.000 €.

10.3.5.4 Verlustabzug beim Steuerpflichtigen

578Ist ein Steuerpflichtiger im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG an mehreren Zwischengesellschaften unmittelbar bzw. mittelbar beteiligt, dürfen Verluste einer Zwischengesellschaft nicht mit positiven Zwischeneinkünften einer anderen Zwischengesellschaft ausgeglichen werden.

10.3.5.5 Wechsel der Gesellschafter

579Ein Wechsel der Gesellschafter der Zwischengesellschaft berührt die Höhe des abzugsfähigen Verlustes bzw. Verlustvortrages bei der Gesellschaft grundsätzlich nicht. Dies gilt auch in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge und der unentgeltlichen Einzelrechtsnachfolge (zu einer Ausnahme vgl. Tz. 10.3.5.6).

10.3.5.6 Schädlicher Beteiligungserwerb

580§ 8c KStG und § 8d KStG sind im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG gesellschaftsbezogen sowohl zur Ermittlung des laufenden Verlustes als auch auf den zum 31.12. des Vorjahres festgestellten verbleibenden Verlustvortrag entsprechend anzuwenden.

10.3.5.7 Verfahrensrechtliche Regelung zur Verlustfeststellung

581Zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung negativer Zwischeneinkünfte für Zwecke des Verlustabzugs vgl. Tz. 18.1.1.1.4.

10.3.5.8 Übergangsregelung – Altverluste nach § 21 Absatz 4 Satz 2 und 5 AStG

582Verluste, die für Veranlagungszeiträume oder Erhebungszeiträume vor dem bei Einkünften entstanden sind, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, können in entsprechender Anwendung des § 10d EStG, soweit sie die nach § 9 AStG außer Ansatz zu lassenden Einkünfte übersteigen, abgezogen werden.

583Soweit Verluste im Sinne des § 21 Absatz 4 Satz 2 AStG durch Anwendung des § 14 AStG in der am geltenden Fassung einer anderen Gesellschaft zugerechnet worden und noch nicht verrechnet worden sind, können sie auf bis zum schriftlich zu stellenden Antrag denjenigen nachgeordneten Zwischengesellschaften im Sinne des § 14 AStG in der am geltenden Fassung zugeordnet werden, durch deren Tätigkeit sie wirtschaftlich verursacht sind; bei mehreren Steuerpflichtigen ist der Antrag einheitlich zu stellen.

10.3.6 Verlustrücktrag

584Ein Verlustrücktrag ist nach § 10 Absatz 3 Satz 6 AStG nicht zulässig.

10.4 Betriebsausgaben

10.4.1 Begriff

585Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Nach § 10 Absatz 4 AStG dürfen bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte nur die mit diesen in unmittelbarem oder mittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden abziehbaren Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Ein ausschließlicher Zusammenhang ist nicht erforderlich. Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs bestimmt sich nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip (, BStBl II 2017 S. 48).

10.4.2 Kosten für das Aufstellen der Hinzurechnungsbilanz

586Kosten für das Aufstellen der Hinzurechnungsbilanz sind nicht zu berücksichtigen, da es sich nicht um eine Verbindlichkeit der Zwischengesellschaft handelt (, BStBl 1995 II S. 502). Ggf. können diese Kosten als Betriebsausgaben bei den inländischen Einkünften abgezogen werden (Tz. 10.2.3).

10.5 Bewertung der Wirtschaftsgüter

10.5.1 Hinzurechnungsbilanz

587Soweit Wirtschaftsgüter erstmals in der Hinzurechnungsbilanz (Eröffnungsbilanz) anzusetzen sind, sind sie mit den Werten anzusetzen, die sich ergeben würden, wenn seit der Übernahme der Wirtschaftsgüter durch die Zwischengesellschaft die Vorschriften des deutschen Steuerrechts angewendet worden wären.

10.5.2 Erfassung der stillen Reserven in der Hinzurechnungsbilanz

588Bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages sind als Anschaffungskosten veräußerter Wirtschaftsgüter die ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen; dies gilt auch dann, wenn diese vor Inkrafttreten des AStG angefallen sind und damit vor Inkrafttreten des AStG entstandene stille Reserven vom Hinzurechnungsbetrag erfasst werden. Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung ist nicht der Zeitpunkt der Bildung stiller Reserven, sondern der Zeitpunkt ihrer Auflösung entscheidend (vgl. , BStBl II 1990 S. 113).

10.5.3 Überführung von Wirtschaftsgütern in den aktiven Bereich derselben Zwischengesellschaft

589Werden Wirtschaftsgüter, die zunächst der Erzielung von Einkünften aus passivem Erwerb gedient haben, nachfolgend von derselben Zwischengesellschaft zur Erzielung von Einkünften aus aktiver Tätigkeit verwendet, unterliegen die in den Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven nicht allein aufgrund dieses Wechsels der Hinzurechnungsbesteuerung. Werden Wirtschaftsgüter vom aktiven in den passiven Bereich überführt, gilt § 10 Absatz 5 AStG.

10.5.4 Umwandlungsfälle

590Erzielt die Zwischengesellschaft passive Einkünfte aus Umwandlungen nach § 8 Absatz 1 Nummer 9 AStG, findet nach § 10 Absatz 5 Satz 2 AStG eine Wertverknüpfung zwischen der übernehmenden Gesellschaft und der übertragenden Gesellschaft für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung statt.

10.6 Hinzurechnungsbetrag und Investmenterträge (§ 10 Absatz 6 AStG)

10.6.0 Allgemeines

591In den Fällen des § 7 Absatz 5 Satz 2 AStG können auf die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, sowohl die Vorschriften des InvStG als auch die §§ 7 bis 12 AStG anzuwenden sein (vgl. Tz. 7.5.2). Soweit die dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte oder Einkunftsquellen zu Erträgen des Steuerpflichtigen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG i. V. m. § 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG (Vorabpauschale nach § 18 InvStG) oder im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 3a EStG i. V. m. § 34 Absatz 1 Nummer 2 InvStG (ausschüttungsgleiche Erträge nach § 36 Absatz 1 InvStG) führen, ist der Hinzurechnungsbetrag beim Steuerpflichtigen in Höhe dieser Erträge gem. § 10 Absatz 6 AStG zu mindern.

592Der Minderungsbetrag nach § 10 Absatz 6 AStG ist nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens nach § 18 Absatz 1 AStG; die Ermittlung erfolgt ausschließlich im Folgeverfahren (Tz. 18.1.1.1).

10.6.1 Einkünfteermittlung

593Sofern auf die Einkünfte der Zwischengesellschaft (Investmentfonds bzw. Spezial-Investmentfonds) neben der Anlegerbesteuerung beim Steuerpflichtigen auch die §§ 7 bis 12 AStG Anwendung finden, sind die Einkünfte für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 10 Absatz 3 bis 5 AStG zu ermitteln; insbesondere findet die Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 1 EStG Anwendung.

10.6.2 Vermeidung von Doppelbelastungen

594Eine mögliche Doppelbelastung, die sich durch den Ansatz sowohl eines Hinzurechnungsbetrages nach § 10 Absatz 1 AStG als auch durch die Besteuerung dieser Erträge nach dem InvStG beim Steuerpflichtigen ergibt, wird wie folgt vermieden:

10.6.2.1 Investmentfonds (sog. Kapitel 2-Investmentfonds)

595Nach § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG gehören Investmenterträge nach § 16 InvStG auf Ebene des Anlegers zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Nach § 16 Absatz 3 InvStG sind § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG beim Anleger nicht anzuwenden.

10.6.2.1.1 Vorabpauschale nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG und Hinzurechnungsbesteuerung

596Nach § 10 Absatz 6 AStG wird der Hinzurechnungsbetrag beim Steuerpflichtigen (Anleger des Investmentfonds) um die Vorabpauschale (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG) für den entsprechenden Zeitraum gemindert. Die Minderung erfolgt in Höhe der Erträge, die beim Steuerpflichtigen nach § 20 Absatz 1 Nummer 3 EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, unabhängig davon, ob die Einkünfte auf Anlegerebene noch einer Steuerbefreiung nach §§ 20 bis 22 InvStG unterliegen. Die Minderung erfolgt jedoch nur insoweit, als diese Erträge dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegen. Erzielt der Investmentfonds gemischte Einkünfte im Sinne der Tz. 9.1, ist die Vorabpauschale für die Anwendung des Minderungsbetrages nach § 10 Absatz 6 AStG entsprechend dem Verhältnis der Zwischeneinkünfte und der sonstigen Einkünfte aufzuteilen; hilfsweise ist die Aufteilung im Wege der Schätzung vorzunehmen.

10.6.2.1.2 Ausschüttungen nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 InvStG und Veräußerungen nach § 16 Absatz 1 Nummer 3 InvStG

597Erzielt der Anleger eines ausländischen Investmentfonds Erträge aus Ausschüttungen nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 i. V. m. § 2 Absatz 11 InvStG oder Erträge aus Veräußerungen von Investmentanteilen nach § 16 Absatz 1 Nummer 3 i. V. m. § 19 InvStG, wird die Doppelbelastung durch Ansatz eines entsprechenden Kürzungsbetrages nach § 11 AStG vermieden (vgl. Tz. 11.7).

10.6.2.2 Spezial-Investmentfonds

598Nach § 20 Absatz 1 Nummer 3a EStG gehören Spezial-Investmenterträge nach § 34 InvStG auf Ebene des Anlegers zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Nach § 34 Absatz 2 InvStG sind § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG – vorbehaltlich des § 42 InvStG – beim Anleger nicht anzuwenden.

10.6.2.2.1 Ausschüttungsgleiche Erträge nach § 34 Absatz 1 Nummer 2 InvStG und Hinzurechnungsbesteuerung

599Nach § 10 Absatz 6 AStG wird der Hinzurechnungsbetrag beim Steuerpflichtigen (Anleger des Spezial-Investmentfonds) um die ausschüttungsgleichen Erträge (§ 36 Absatz 1 InvStG) für den entsprechenden Zeitraum gemindert. Die Minderung erfolgt in Höhe der Erträge, die beim Steuerpflichtigen nach § 20 Absatz 1 Nummer 3a EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, unabhängig davon, ob die Einkünfte auf Anlegerebene noch einer Steuerbefreiung nach §§ 42 bis 44 InvStG unterliegen. Die Minderung erfolgt jedoch nur insoweit, als diese Erträge dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegen. Erzielt der Spezial-Investmentfonds gemischte Einkünfte im Sinne der Tz. 9.1, sind die ausschüttungsgleichen Erträge für die Anwendung des Minderungsbetrages nach § 10 Absatz 6 AStG entsprechend dem Verhältnis der Zwischeneinkünfte und der sonstigen Einkünfte aufzuteilen; hilfsweise ist die Aufteilung im Wege der Schätzung vorzunehmen.

10.6.2.2.2 Ausgeschüttete Erträge nach § 34 Absatz 1 Nummer 1 InvStG und Veräußerungen nach § 34 Absatz 1 Nummer 3 InvStG

600Erzielt der Anleger eines ausländischen Spezial-Investmentfonds Erträge aus Ausschüttungen nach § 34 Absatz 1 Nummer 1 InvStG oder Erträge aus Veräußerungen von Spezial-Investmentanteilen nach § 34 Absatz 1 Nummer 3 InvStG, wird die Doppelbelastung durch Ansatz eines entsprechenden Kürzungsbetrages nach § 11 AStG vermieden (vgl. Tz. 11.7).

10.6.3 Mittelbare Beteiligung an Zwischengesellschaften über Investmentfonds

601Mittelbare Beteiligungen sind nach § 13 Absatz 5 Satz 2 AStG für den unbeschränkt Steuerpflichtigen unbeachtlich, wenn er diese über einen Investmentfonds oder einen Spezial-Investmentfonds im Sinne des InvStG hält (vgl. hierzu Tz. 13.5.2).

602Demgegenüber sind die §§ 7 bis 12 AStG auch anwendbar, wenn die mittelbare Beteiligung über einen Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds im Sinne des InvStG gehalten wird; § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG ist zu beachten.

603Sofern bei einem Spezial-Investmentfonds in den ausschüttungsgleichen Erträgen Hinzurechnungsbeträge nach § 10 Absatz 1 AStG enthalten sind, wird beim Steuerpflichtigen (Anleger des Spezial-Investmentfonds) – zur Vermeidung einer Doppelbelastung – der Hinzurechnungsbetrag aus seiner mittelbaren Beteiligung an der Zwischengesellschaft insoweit um die ausschüttungsgleichen Erträge für den entsprechenden Zeitraum gemindert.

11 Kürzungsbetrag bei Beteiligung an ausländischer Gesellschaft (§ 11 AStG)

11.0 Vorbemerkungen

604Bei Bezügen – insbesondere bei Gewinnausschüttungen von einer ausländischen Gesellschaft sowie Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen bzw. der Auflösung oder der Herabsetzung des Kapitals einer ausländischen Gesellschaft – ist bei Ermittlung der Summe der Einkünfte (R 2. Absatz 1 EStR 2012 zwischen Zeile 1 und 2) ein Kürzungsbetrag nach § 11 AStG abzuziehen, soweit in den Vorjahren oder im selben Jahr Hinzurechnungsbeträge angesetzt worden sind. Bei körperschaftsteuerpflichtigen Personen entspricht die Summe der Einkünfte dem steuerlichen Gewinn (R 7.1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 31 KStR 2022, Abzug im Rahmen der Nummer 30).

605Der Kürzungsbetrag und das Hinzurechnungskorrekturvolumen sind ggf. gesellschafts- und beteiligungskettenbezogen zu berechnen (vgl. Tzn. 11.3.1.1 und 11.3.1.2).

606Für den Steuerpflichtigen besteht kein Ansatz-Wahlrecht für Kürzungsbeträge; ein Kürzungsbetrag ist beim Steuerpflichtigen anzusetzen.

607Das Hinzurechnungskorrekturvolumen als Grundlage für die Ermittlung des Höchstbetrages nach § 11 Absatz 2 Satz 2 AStG ist Gegenstand des gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 18 Absatz 1 AStG (Tz. 18.1.1.1.3). Im Gegensatz dazu sind weder die Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG noch der Kürzungsbetrag bzw. Höchstbetrag im Sinne des § 11 Absatz 2 AStG noch die Gewinne im Sinne des § 11 Absatz 4 AStG Gegenstand der Feststellung. Die Ermittlung des Kürzungsbetrages erfolgt im Festsetzungsverfahren beim Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 Absatz 1 und § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG (vgl. Tzn. 11.3.1 und 18.1.1.1.6).

608Der Kürzungsbetrag und das Hinzurechnungskorrekturvolumen sind für jeden Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 Absatz 1 bzw. § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG gesondert zu ermitteln und zu berücksichtigen. Das Hinzurechnungskorrekturvolumen ist gesondert festzustellen.

609§ 11 AStG ist auch auf Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG und auf Gewinne im Sinne des § 11 Absatz 4 AStG anzuwenden, die dem Steuerpflichtigen aus der unmittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft zugerechnet werden, die unmittelbar oder mittelbar an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist.

11.1 Kürzungsbetrag (§ 11 Absatz 1 AStG)

11.1.1 Grundsatz

610Erhält der Steuerpflichtige aus der Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft, für die Hinzurechnungsbeträge nach § 10 Absatz 2 AStG bei ihm der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterlegen haben, Bezüge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG, § 20 Absatz 1 Nummer 3 oder Nummer 3a EStG ist bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte ein Kürzungsbetrag abzuziehen (§ 11 Absatz 1 Satz 1 AStG). Entsprechendes gilt nach § 11 Absatz 1 Satz 2 AStG für Bezüge von Gesellschaften, die an der Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind (vermittelnde Gesellschaft).

11.1.2 Bezüge nach § 11 Absatz 1 AStG

611Zu den Bezügen nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG gehören insbesondere:

612Nicht zu den Bezügen nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AStG gehören insbesondere:

613Hinsichtlich der Bezüge gem. § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 AStG (Investmenterträge) wird auf Tz. 11.7 verwiesen.

11.1.3 Hinzurechnungsbeträge

614Der Steuerpflichtige erhält einen Kürzungsbetrag nur, soweit Hinzurechnungsbeträge bei ihm der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterlegen haben. Der Hinzurechnungsbetrag muss als Besteuerungsgrundlage Eingang in das Folgeverfahren (Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerveranlagung) gefunden haben. Ob eine tatsächliche Belastung mit Einkommen- oder Körperschaftsteuer erfolgt, ist für den Ansatz eines Kürzungsbetrages unerheblich (z. B. ein negatives zu versteuerndes Einkommen). Eine alleinige Erfassung eines Hinzurechnungsbetrages im Feststellungsbescheid nach § 18 AStG ist nicht ausreichend. Zwischeneinkünfte, die nach § 9 AStG bzw. § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG außer Ansatz zu lassen sind, führen nicht zur Anwendung des § 7 Absatz 1 AStG bzw. § 13 Absatz 1 AStG und damit nicht zum Ansatz eines Hinzurechnungsbetrages, so dass insoweit auch kein Kürzungsbetrag berücksichtigt werden kann. Ebenso unterliegt ein Hinzurechnungsbetrag nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer, soweit er nach § 10 Absatz 6 AStG gemindert wurde.

11.1.4 Abzug des Kürzungsbetrages

615Maßgebend für die Berücksichtigung des Kürzungsbetrages beim Steuerpflichtigen sind die Beteiligungsverhältnisse im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses, wobei es auf die Beteiligungsverhältnisse auf Ebene der ausschüttenden (und ggf. vermittelnden) Gesellschaft ankommt. Der Kürzungsbetrag ist bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte abzuziehen. Der Kürzungsbetrag kann bei der Addition der Einkünfte auch zu einer negativen Summe der Einkünfte führen oder die negative Summe der Einkünfte erhöhen.

Beispiel 1:

Der Steuerpflichtige erzielt ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 100, darin enthalten ist ein steuerpflichtiger Bezug im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG in Höhe von 200, der zu einem Kürzungsbetrag im Sinne des § 11 Absatz 2 AStG in Höhe von 200 führt. Dieser Kürzungsbetrag ist bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte – und nicht bei Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb – zu berücksichtigen. Die Summe der Einkünfte des Steuerpflichtigen beträgt demnach: -100.

Beispiel 2:

Der Steuerpflichtige erzielt ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von - 200, darin enthalten ist ein steuerpflichtiger Bezug im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG in Höhe von 50, der zu einem Kürzungsbetrag im Sinne des § 11 Absatz 2 AStG in Höhe von 50 führt. Nach Ansatz des Kürzungsbetrages beträgt die Summe der Einkünfte: -250.

11.1.5 Kürzungsbetrag und § 32d EStG

616Für Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG, die dem gesonderten Steuertarif nach § 32d Absatz 1 EStG unterliegen, ist der Kürzungsbetrag bei der Ermittlung der Summe der Kapitalerträge abzuziehen. Eine Verlustverrechnung mit anderen Kapitalerträgen bzw. die Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrages hat erst danach zu erfolgen.

617Bei Kapitalerträgen, die nach § 32d Absatz 6 EStG (Günstigerprüfung) der tariflichen Einkommensteuer unterliegen, wird der Kürzungsbetrag bei der Summe der Einkünfte (Tz. 11.1.4) abgezogen.

11.1.6 Kürzungsbetrag und Steueranrechnung

618Da der Kürzungsbetrag erst bei Ermittlung der Summe der Einkünfte zu erfassen ist, verringert dieser nicht die Einkünfte im Sinne der §§ 34c, 34d EStG (vgl. Tz. 11.1.3).

619Die Anrechnung bzw. der Abzug ausländischer Steuern nach § 34c EStG bzw. § 26 Absatz 2 KStG, die auf die Bezüge nach § 11 Absatz 1 AStG entfallen, wird daher durch den Kürzungsbetrag nicht berührt.

11.1.7 Bezüge aus der Beteiligung
11.1.7.1 Bezüge bei unmittelbaren Beteiligungen an Zwischengesellschaften
Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft C-Co. Die Zwischeneinkünfte der C-Co. sind im Wege der Hinzurechnungsbesteuerung bei der unmittelbar beteiligten A-GmbH besteuert worden. Erhält die A-GmbH von der C-Co. eine Ausschüttung, ist hierfür bei der A-GmbH unter den Voraussetzungen des § 11 AStG ein Kürzungsbetrag anzusetzen.

620Ein Kürzungsbetrag ist nach § 11 Absatz 1 Satz 1 AStG bei einer unmittelbaren Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft auch anzusetzen, wenn diese (ausschüttende) ausländische Gesellschaft im Zeitpunkt der Ausschüttung nicht mehr Zwischengesellschaft ist (z. B. durch Wegfall der Beherrschung oder durch ausschließliche Erzielung aktiver Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG); dies gilt jedoch nicht z. B. bei vollständiger Veräußerung der Anteile an der Zwischengesellschaft oder Umstrukturierung dieser Beteiligung; vgl. zu den Folgen für hierdurch betroffene Hinzurechnungskorrekturvolumen Tz. 11.3.5.

11.1.7.2 Bezüge bei mittelbaren Beteiligungen an Zwischengesellschaften
Beispiel 1:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der vermittelnden Gesellschaft B-Co. Die B-Co. hält wiederum 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft C-Co. Die Zwischeneinkünfte der C-Co. sind im Wege der Hinzurechnungsbesteuerung bei der mittelbar beteiligten A-GmbH besteuert worden. Erhält die A-GmbH von der B-Co. eine Ausschüttung, ist hierfür bei der A-GmbH unter den Voraussetzungen des § 11 AStG ein Kürzungsbetrag anzusetzen. Ob und inwieweit die C-Co. an die B-Co. ausgeschüttet hat, ist unerheblich. Ebenso ist es unerheblich, ob die B-Co. selbst Zwischengesellschaft ist.

Beispiel 2:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der vermittelnden Gesellschaft B-Co. Die B-Co. hält wiederum 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft C1-Co. und 80 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft C2-Co. Die C1-Co. hält ihrerseits 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft D-Co. Die Zwischeneinkünfte der C1-Co., der C2-Co. und der D-Co. sind im Wege der Hinzurechnungsbesteuerung bei der jeweils mittelbar beteiligten A-GmbH besteuert worden. Erhält die A-GmbH von der B-Co. eine Ausschüttung, sind hierfür bei der A-GmbH unter den Voraussetzungen des § 11 AStG und unter Beachtung der gesellschafts- und beteiligungskettenbezogenen Berechnung (Tzn. 11.3.1.1 bis 11.3.1.2) Kürzungsbeträge anzusetzen. Ob und inwieweit die C1-Co. oder die C2-Co. an die B-Co. bzw. die D-Co. an die C1-Co. ausgeschüttet hat, ist unerheblich.

621Ein Kürzungsbetrag ist nach § 11 Absatz 1 Satz 2 AStG in Folge des Erhalts von Bezügen einer Gesellschaft (vermittelnde Gesellschaft), die wiederum an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, auch anzusetzen, wenn diese ausländische Gesellschaft im Zeitpunkt der Ausschüttung nicht mehr Zwischengesellschaft ist (z. B. durch Wegfall der Beherrschung oder durch ausschließliche Erzielung aktiver Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG).

622Sofern im Zeitpunkt der Ausschüttung die vermittelnde Gesellschaft jedoch nicht mehr unmittelbar oder mittelbar an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, ist der Ansatz eines Kürzungsbetrages nicht mehr möglich (z. B. bei vollständiger Veräußerung der Anteile an der Zwischengesellschaft oder durch Umstrukturierung dieser Beteiligung); zu den Folgen für hierdurch betroffene Hinzurechnungskorrekturvolumen vgl. Tz. 11.3.5.

11.1.7.3 Zeitpunkt des Ansatzes des Kürzungsbetrages

623Ein Kürzungsbetrag ist in dem Veranlagungszeitraum zu erfassen, in dem der Bezug beim Steuerpflichtigen der Besteuerung unterliegt.

11.1.8 Kürzungsbetrag und Gewerbesteuer

624Zur Berücksichtigung des Kürzungsbetrages beim Gewerbeertrag vgl. Tz. 11.5.

11.2 Ermittlung des Kürzungsbetrages

11.2.1 Steuerpflichtiger Bezug (Obergrenze 1)

625Die Höhe des Kürzungsbetrages wird auf den steuerpflichtigen Teil eines Bezuges begrenzt (§ 11 Absatz 2 Satz 1 AStG; Obergrenze 1). Die Höhe des steuerpflichtigen Bezuges ergibt sich aus den Vorschriften des EStG, des KStG, des InvStG und ggf. des StAbwG. Zudem kann sich eine Steuerbefreiung der Bezüge auch aufgrund eines anwendbaren DBA ergeben, wenn diese insbesondere aus einer Beteiligung stammen, die tatsächlich zu einer Betriebsstätte im Sinne eines DBA gehört, die der Steuerpflichtige in dem Staat der ausschüttenden ausländischen bzw. vermittelnden Gesellschaft unterhält.

626Im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens finden auf die Bezüge zunächst die Vorschriften des § 3 Nummer 40 EStG Anwendung, die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu einer anteiligen Steuerbefreiung der Bezüge führen. Der Kürzungsbetrag wird anschließend – vorbehaltlich einer Steuerbefreiung nach einem DBA – auf die jeweils verbleibenden steuerpflichtigen Beträge angewendet.

627Unterliegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen dem gesonderten Steuertarif nach § 32d Absatz 1 EStG, stellen diese Einkünfte den steuerpflichtigen Bezug dar.

628Liegen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 8b KStG vor, entfällt ein Kürzungsbetrag. Die nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Absatz 5 KStG (= 5 Prozent) stellen keine steuerpflichtigen Bezüge dar. Das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot bleibt auch im Kontext der Hinzurechnungsbesteuerung anwendbar. Wird auf die Bezüge keine Steuerbefreiung nach § 8b KStG gewährt, wird der Kürzungsbetrag auf die steuerpflichtigen Beträge angewendet.

629Danach ergibt sich folgende nicht abschließende Übersicht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
natürliche Person und Anteile im Betriebsvermögen
Teileinkünfteverfahren
60 Prozent steuerpflichtig
wie oben
Korrespondenzprinzip
100 Prozent steuerpflichtig
natürliche Person und Anteile im Privatvermögen
gesonderter Steuertarif bzw. tarifliche Einkommensteuer
100 Prozent steuerpflichtig
wie oben
Teileinkünfteverfahren
60 Prozent steuerpflichtig
Körperschaftsteuersubjekt und Beteiligungsquote mindestens 10 Prozent
Steuerfreie Gewinnausschüttung
0 Prozent steuerpflichtig
wie oben
Korrespondenzprinzip
100 Prozent steuerpflichtig
wie oben
Nichtanwendung Korrespondenzprinzip
0 Prozent steuerpflichtig
Körperschaftsteuersubjekt und Beteiligungsquote unter 10 Prozent
Minderbeteiligung
100 Prozent steuerpflichtig
Körperschaftsteuersubjekt im Sinne des:
100 Prozent steuerpflichtig
Bezüge von einer in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässigen Körperschaft
100 Prozent steuerpflichtig

11.2.2 Höchstbetrag des Kürzungsbetrages (Obergrenze 2)

630Der Kürzungsbetrag ist nach § 11 Absatz 2 Satz 2 AStG auf den Betrag begrenzt, der als Betrag im Sinne der unter § 11 Absatz 1 AStG bezeichneten Vorschriften bei dem Steuerpflichtigen steuerpflichtig wäre, wenn das auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte Hinzurechnungskorrekturvolumen zzgl. des im laufenden Veranlagungszeitraum zu besteuernden Hinzurechnungsbetrages in vollem Umfang ausgeschüttet würde (Obergrenze 2).

631Der niedrigere Betrag dieser beiden Obergrenzen ergibt den anzusetzenden Kürzungsbetrag. Zu den Folgen der gesellschafts- und beteiligungskettenbezogenen Berechnung in Fällen nebeneinander bestehender unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen oder mehrerer Beteiligungsstränge vgl. Tz. 11.3.1.

11.3 Hinzurechnungskorrekturvolumen

11.3.1 Verfahren

632Hinzurechnungskorrekturvolumen ist der nach § 10 Absatz 2 AStG der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegende Hinzurechnungsbetrag des laufenden Veranlagungszeitraums, vermindert um den Betrag der Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 und 2 AStG des laufenden Veranlagungszeitraums sowie den Betrag der Gewinne im Sinne des § 11 Absatz 4 AStG und vermehrt um das auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11 Absatz 3 Satz 2 AStG).



633Zwischeneinkünfte, die nach § 9 AStG bzw. § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG außer Ansatz zu lassen sind, führen nicht zur Anwendung des § 7 Absatz 1 AStG bzw. des § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG und damit nicht zum Ansatz eines Hinzurechnungsbetrages, so dass insoweit auch kein Hinzurechnungskorrekturvolumen festzustellen ist. Die Feststellung des Hinzurechnungskorrekturvolumens ist auch dann durchzuführen, wenn z. B. aufgrund einer Steuerbefreiung nach § 8b KStG ein Kürzungsbetrag nicht zu berücksichtigen ist. Das Hinzurechnungskorrekturvolumen ist einheitlich abzubilden, auch wenn im Einzelfall die nach § 11 Absatz 2 AStG anzusetzenden Kürzungsbeträge bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterschiedliche Beträge aufweisen (vgl. Tz. 11.5), denn es mindert sich – ungeachtet etwaiger Steuerbefreiungen oder Anrechnungsverpflichtungen – stets um den Betrag der Bezüge nach § 11 Absatz 1 AStG. Das am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Hinzurechnungskorrekturvolumen ist gem. § 18 AStG für jeden Steuerpflichtigen gesondert festzustellen (§ 11 Absatz 3 Satz 1 AStG). Das Hinzurechnungskorrekturvolumen ist ggf. gesellschafts- und beteiligungskettenbezogen aufzuteilen (vgl. Tzn. 11.3.1.1 bis 11.3.1.2). Das Hinzurechnungskorrekturvolumen ist auch dann beim Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG oder § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG festzustellen, wenn der Steuerpflichtige über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) mittelbar an der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt ist, und zu mindern, wenn er Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG oder Gewinne im Sinne des § 11 Absatz 4 AStG über eine vermittelnde Personengesellschaft erhält.

Beispiel:

Der unbeschränkt Steuerpflichtige A erwirbt am eine Beteiligung an einer Zwischengesellschaft und hält diese im Betriebsvermögen (§ 10 Absatz 2 Satz 3 AStG). Für die Ausschüttung gilt daher § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG; ein Fall des § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d Satz 2 oder 3 EStG liegt nicht vor.

Die folgenden Hinzurechnungsbeträge unterliegen bei A nach § 10 Absatz 2 AStG der Einkommensteuer:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
VZ 01:
500
VZ 02:
200
VZ 03:
0
VZ 04:
200

Aus der Beteiligung erhält A folgende Bezüge:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
VZ 03:
400
VZ 04:
600

Das Hinzurechnungskorrekturvolumen für A ist wie folgt festzustellen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Hinzurechnungsbetrag 01
500
Hinzurechnungskorrekturvolumen
500
Hinzurechnungsbetrag 02
200
Hinzurechnungskorrekturvolumen
700
Hinzurechnungsbetrag 03
0
Zwischensumme
700
Bezüge in 03
400
Obergrenze 1: 240 (400 x 60 Prozent) Kürzungsbetrag: 240
Minderung des
-400
Hinzurechnungskorrekturvolumens
Hinzurechnungskorrekturvolumen
300
Hinzurechnungsbetrag 04
200
Zwischensumme
500
Bezüge in 04
600
Obergrenze 1: 360 (600 x 60 Prozent)
Minderung des
-600
Hinzurechnungskorrekturvolumens
Zwischensumme
-100
Hinzurechnungskorrekturvolumen
0
Begrenzung § 11 Absatz 3 Satz 3 AStG Obergrenze 2: 300 (500 x 60 Prozent) Kürzungsbetrag: 300

634Zur Ermittlung des Hinzurechnungskorrekturvolumens bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr vgl. Tz. 11.3.5.

11.3.1.1 Hinzurechnungskorrekturvolumen bei mehreren Zwischengesellschaften

635Die Ermittlung der Kürzungsbeträge und des Hinzurechnungskorrekturvolumens erfolgt gesellschaftsbezogen. Zur Ermittlung des Kürzungsbetrages beim Steuerpflichtigen sind die Bezüge gesellschaftsbezogen mit dem rechnerischen Teilbetrag in Höhe der Beteiligungsverhältnisse im Zeitpunkt des Bezuges zu verrechnen (und ggf. zu begrenzen).

Beispiel:

Der Steuerpflichtige A ist zu 70 Prozent an der B-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt und hält diese Beteiligung im Betriebsvermögen (§ 10 Absatz 2 Satz 3 AStG). Für die Ausschüttung gilt daher § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG; ein Fall des § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d Satz 2 oder 3 EStG liegt nicht vor. Die B-Co. ist wiederum zu 80 Prozent an der C-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt.

Das Hinzurechnungskorrekturvolumen zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraumes beträgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
für B-Co.:
0;
für C-Co.:
0.

Die B-Co. erzielt Zwischeneinkünfte in Höhe von 3.000 €; die C-Co. erzielt Zwischeneinkünfte in Höhe von 8.000 €, so dass bei A entsprechend zwei Hinzurechnungsbeträge anzusetzen sind. Die B-Co. tätigt eine Gewinnausschüttung in Höhe von 10.000 €; der auf A entfallende Anteil beträgt 7.000 € (= 10.000 € x 70 Prozent). Die Gewinnausschüttung führt bei A zu Bezügen im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG.

Obergrenze 1 für den Kürzungsbetrag:

Die Bezüge sind in Höhe der Beteiligungsverhältnisse im Zeitpunkt der Ausschüttung aufzuteilen: Für die gesellschaftsbezogene Aufteilung ist das rechnerische Beteiligungsverhältnis maßgebend; die (bisher) versteuerten Hinzurechnungsbeträge für die B-Co. bzw. die C-Co. sind insoweit nicht von Bedeutung. Aufgrund dieser Aufteilung ergibt sich für den Kürzungsbetrag die jeweilige Obergrenze 1.

Obergrenze 2 für den Kürzungsbetrag:

Aus den jeweiligen Hinzurechnungsbeträgen ergibt sich gem. § 11 Absatz 2 Satz 2 AStG für den Kürzungsbetrag die Obergrenze 2.

Kürzungsbetrag:

Der niedrigere Betrag dieser beiden Obergrenzen ergibt den anzusetzenden Kürzungsbetrag. Der Kürzungsbetrag beträgt 3.127 €; die Summe der Einkünfte erhöht sich um 1.073 € (= 4.200 € - 3.127 €).

Hinzurechnungskorrekturvolumen:

Zum 31.12. ist das Hinzurechnungskorrekturvolumen gem. § 11 Absatz 3 AStG festzustellen; der Bestand kann nicht negativ werden.

Rechnerische Herleitung des Ergebnisses:

Das nicht ausgeschöpfte Hinzurechnungskorrekturvolumen für die C-Co. kann nicht für die Erhöhung des Kürzungsbetrages für die Beteiligung an der B-Co. genutzt werden, da der Kürzungsbetrag gesellschaftsbezogen zu berechnen ist. Das Ausschüttungsverhalten der C-Co. ist für den Kürzungsbetrag beim Steuerpflichtigen A nicht maßgeblich.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zwischengesellschaft
B-Co.
C-Co.
Beteiligungsverhältnisse des A
70 Prozent
56 Prozent = 70 Prozent x 80 Prozent
Aufteilungsmaßstab:
126
70 / 126
56 / 126
7.000 €
3.889 €
3.111 €
davon steuerpflichtig (0 Prozent / 60 Prozent / 100 Prozent)
60 Prozent
4.200 €
rechnerische Verteilung auf die Zwischengesellschaften im Verhältnis der Beteiligung (Aufteilungsmaßstab)
Obergrenze 1
4.200 €
2.333 €
1.867 €
Zwischeneinkünfte
3.000 €
8.000 €
Hinzurechnungsbeträge (entsprechend Beteiligungsverhältnis)
2.100 €
4.480 €
Hinzurechnungskorrekturvolumen 31.12. Vorjahr
0 €
0 €
Zwischensumme
2.100 €
4.480 €
steuerpflichtig bei Ausschüttung in vollem Umfang (60 Prozent nach § 3 Nummer 40 EStG)
Obergrenze 2
1.260 €
2.688 €
Obergrenze 1
2.333 €
1.867 €
Obergrenze 2
1.260 €
2.688 €
Begrenzung des Kürzungsbetrages
3.127 €
1.260 €
1.867 €
Erhöhung Summe der Einkünfte
nach Abzug des Kürzungsbetrages
1.073 €
Ermittlung des Hinzurechnungskorrekturvolumens
Hinzurechnungsbeträge
2.100 €
4.480 €
abzüglich Bezüge
3.889 €
3.111 €
zzgl. Hinzurechnungskorrekturvolumen 31.12. Vorjahr
0 €
0 €
Zwischensumme
-1.789 €
1.369 €
0 €
-
Hinzurechnungskorrekturvolumen 31.12.
1.369 €
0 €
1.369 €

11.3.1.2 Hinzurechnungskorrekturvolumen bei vermittelnden Gesellschaften

636Die Ermittlung der Kürzungsbeträge und des Hinzurechnungskorrekturvolumens erfolgt gesellschafts- und beteiligungskettenbezogen. Zur Ermittlung des Kürzungsbetrages beim Steuerpflichtigen sind die Bezüge im Hinblick auf vermittelnde Gesellschaften ggf. entlang gesonderter Beteiligungsketten mit dem rechnerischen Teilbetrag in Höhe der Beteiligungsverhältnisse im Zeitpunkt des Bezuges zu verrechnen (und ggf. zu begrenzen).

Beispiel:

Der Steuerpflichtige A ist zu 100 Prozent an B1-Co. (vermittelnde Gesellschaft) und zu 50 Prozent an B2-Co. (vermittelnde Gesellschaft) beteiligt und hält beide Beteiligungen im Betriebsvermögen (§ 10 Absatz 2 Satz 3 AStG). Für die Ausschüttung gilt daher § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG; ein Fall des § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d Satz 2 oder 3 EStG liegt nicht vor. Die B1-Co. ist ihrerseits zu 40 Prozent an der C-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt; die B2-Co. ist ihrerseits zu 60 Prozent an der C-Co. beteiligt.

Das Hinzurechnungskorrekturvolumen zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraumes beträgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
für B-Co.:
0;
für C-Co.:
0.

Die C-Co. erzielt Zwischeneinkünfte in Höhe von 10.000 €, so dass ein Hinzurechnungsbetrag bei A anzusetzen ist. Die B1-Co. tätigt eine Gewinnausschüttung in Höhe von 5.000 €; die B2-Co. tätigt eine Gewinnausschüttung in Höhe von 4.000 €. Beide Gewinnausschüttungen führen bei A zu Bezügen im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG.

Obergrenze 1 für die Kürzungsbeträge:

Die jeweiligen steuerpflichtigen Bezüge nach § 11 Absatz 2 Satz 1 AStG ergeben für den jeweiligen Kürzungsbetrag die jeweilige Obergrenze 1.

Obergrenze 2 für die Kürzungsbeträge:

Der (einheitliche) Hinzurechnungsbetrag ist aufzuteilen und ergibt danach gem. § 11 Absatz 2 Satz 2 AStG den jeweiligen anteiligen Kürzungsbetrag als jeweilige Obergrenze 2.

Kürzungsbeträge:

Der niedrigere Betrag dieser beiden Obergrenzen ergibt die anzusetzenden Kürzungsbeträge. Die Kürzungsbeträge betragen 2.400 € bzw. 1.200 €; die Summe der Einkünfte erhöht sich um 600 € (= 4.200 € - 3.600 €).

Hinzurechnungskorrekturvolumen:

Zum 31.12. ist das Hinzurechnungskorrekturvolumen in Teilbeträgen gem. § 11 Absatz 3 AStG festzustellen; der jeweilige Bestand kann nicht negativ werden.

Rechnerische Herleitung des Ergebnisses:

Der nicht ausgeschöpfte Teil des Hinzurechnungskorrekturvolumens aus der Beteiligungskette über B2-Co. kann nicht für eine Erhöhung des anteiligen Kürzungsbetrages aus der Beteiligungskette über B1-Co. genutzt werden, da der anteilige Kürzungsbetrag gesellschaftsbezogen über die Beteiligungsketten zu berechnen ist. Das Ausschüttungsverhalten der C-Co. ist für den Kürzungsbetrag beim Steuerpflichtigen A nicht maßgeblich.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zwischengesellschaft
C-Co.
Aufteilung vermittelnde Gesellschaft
B1-Co.
B2-Co.
7.000 €
5.000 €
2.000 €
davon steuerpflichtig (0 Prozent / 60 Prozent / 100 Prozent)
60 Prozent
4.200 €
3.000 €
1.200 €
Verteilung auf die vermittelnden Gesellschaften
Obergrenze 1
4.200 €
3.000 €
1.200 €
Zwischeneinkünfte
10.000 €
Teil-Hinzurechnungsbeträge
7.000 €
4.000 €
3.000 €
Hinzurechnungskorrekturvolumen 31.12. Vorjahr
0 €
0 €
Zwischensumme
4.000 €
3.000 €
steuerpflichtig bei Ausschüttung in vollem Umfang (60 Prozent nach § 3 Nummer 40 EStG)
Obergrenze 2
2.400 €
1.800 €
Obergrenze 1
3.000 €
1.200 €
Obergrenze 2
2.400 €
1.800 €
Begrenzung des Kürzungsbetrages
3.600 €
2.400 €
1.200 €
Erhöhung Summe der Einkünfte
nach Abzug des Kürzungsbetrages
600 €
Ermittlung Hinzurechnungskorrekturvolumen
Hinzurechnungsbeträge
4.000 €
3.000 €
abzüglich Bezüge
5.000 €
2.000 €
zzgl. Hinzurechnungskorrekturvolum 31.12. Vorjahr
0 €
0 €
Zwischensumme
-1.000 €
1.000 €
0 €
-
Hinzurechnungskorrekturvolumen 31.12.
1.000 €
0 €
1.000 €

11.3.2 Schema zur Ermittlung des Hinzurechnungskorrekturvolumens bzw. der Teilbeträge des Hinzurechnungskorrekturvolumens

637Hinzurechnungsbetrag des laufenden Veranlagungszeitraums


Tabelle in neuem Fenster öffnen
./.
Betrag der Bezüge aus der Zwischengesellschaft gem. § 11 Absatz 1 Satz 1 AStG
oder
./.
Betrag der Bezüge von Gesellschaften, die an der Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind gem. § 11 Absatz 1 Satz 2 AStG
./.
Betrag der Gewinne aus der Veräußerung der Anteile (einschließlich Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals) an der Zwischengesellschaft gem. § 11 Absatz 4 Halbsatz 1 AStG
oder
./.
Betrag der Gewinne aus der Veräußerung der Anteile (einschließlich Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals) von Gesellschaften, die an der Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind gem. § 11 Absatz 4 Halbsatz 2 AStG
+
festgestelltes Hinzurechnungskorrekturvolumen des vorangegangenen Veranlagungszeitraums
=
Hinzurechnungskorrekturvolumen am Ende des Veranlagungszeitraums (mindestens 0 €, vgl. Tz. 11.3.3)

11.3.3 Kein negatives Hinzurechnungskorrekturvolumen

638Der Bestand des verbleibenden Hinzurechnungskorrekturvolumens kann nicht negativ werden; ggf. erfolgt eine Feststellung auf 0 €.

11.3.4 Zeitliche Zuordnung der Bezüge

639Die Reihenfolge der Verwendung der Bezüge mit dem entsprechenden Hinzurechnungsbetrag des laufenden Veranlagungszeitraumes bzw. dem Hinzurechnungskorrekturvolumen richtet sich nach der Reihenfolge der steuerlichen Erfassung. Bezüglich des jeweiligen Zeitpunktes der steuerlichen Erfassung gelten die allgemeinen Grundsätze.

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige X-GmbH ist zu 100 Prozent an Y-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt. Zum beträgt das Hinzurechnungskorrekturvolumen 100. Der Hinzurechnungsbetrag in 02 beträgt 10. Am erhält die X-GmbH von der Y-Co. aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses eine nach § 8b Absatz 1 Satz 1 KStG steuerfreie Vorabausschüttung in Höhe von 80. Am erhält die X-GmbH weitere Bezüge in Höhe von 50, die jedoch die Voraussetzungen nach § 8b Absatz 1 Satz 2 KStG erfüllen und daher steuerpflichtig sind.

Für die X-GmbH stellen die Gewinnausschüttungen Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG dar. Für die Berechnung des Kürzungsbetrages stellen die steuerpflichtigen Bezüge gem. § 11 Absatz 1 Satz 1 AStG die Obergrenze 1 dar (Tz. 11.2.1). Für den steuerfreien Bezug am ergibt sich daher kein Kürzungsbetrag.

Das für die Obergrenze 2 der nachfolgenden Bezüge maßgebende Volumen nach § 11 Absatz 2 Satz 2 AStG ist jedoch insoweit zu mindern und beträgt danach 30 (Hinzurechnungsbetrag des laufenden Veranlagungszeitraumes in Höhe von 10 abzgl. Vorabausschüttung am in Höhe von 80 zzgl. Hinzurechnungskorrekturvolumen zum in Höhe von 100).

Aus dem steuerpflichtigen Bezug am ergibt sich für den Kürzungsbetrag eine Obergrenze 1 von 50. Die Obergrenze 2 beträgt zu diesem Zeitpunkt noch 30, so dass der Kürzungsbetrag insoweit zu begrenzen ist. Die Summe der Einkünfte der X-GmbH erhöht sich um 20.

11.3.5 Hinzurechnungskorrekturvolumen bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr
Beispiel:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige A ist zu 50 Prozent an der Zwischengesellschaft C-Co. beteiligt und hält diese Beteiligung im Betriebsvermögen. Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige X-GmbH ist ebenfalls zu 50 Prozent an der C-Co. beteiligt. Der A und die X-GmbH sind nahestehende Personen gem. § 7 Absatz 2 und Absatz 3 AStG; die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 AStG liegen im Übrigen vor. Das Wirtschaftsjahr des A entspricht dem Kalenderjahr. Die X-GmbH hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.05. bis 30.04. Die C-Co. hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Die nach § 7 Absatz 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte betragen für das Wirtschaftsjahr 00/01 der C-Co. 100 (Hinzurechnungsbetrag). Die C-Co. tätigt folgende Ausschüttungen, die Bezüge im Sinne des § 11 AStG darstellen:

: 40;

: 60.

Für die Ausschüttungen liegen die Voraussetzungen des § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG bzw. § 8b Absatz 1 Satz 2 KStG vor (Korrespondenzprinzip), so dass die Bezüge sowohl bei A als auch bei der X-GmbH zu 100 Prozent steuerpflichtig sind. Das Hinzurechnungskorrekturvolumen zum beträgt für beide Steuerpflichtige jeweils 0.

Der Hinzurechnungsbetrag erhöht gem. § 10 Absatz 2 Satz 2 AStG den nach dem EStG bzw. KStG ermittelten Gewinn des Betriebs für das Wirtschaftsjahr, in dem das Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft endet (Tz. 10.2.1). Der Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 50 ist bei A im Veranlagungszeitraum 01 zu erfassen; der Hinzurechnungsbetrag ist bei der X-GmbH im Veranlagungszeitraum 02 zu erfassen. Veranlagungszeitraum ist bei A und der X-GmbH das Kalenderjahr (§ 25 EStG bzw. § 31 KStG).

Die Bezüge sind nach den Vorschriften des EStG im Gewinn des Wirtschaftsjahres des Steuerpflichtigen zu erfassen. Nach § 4a Absatz 2 EStG gilt der Gewinn des Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Die Bezüge vom und vom sind bei A im Kalenderjahr 01 zu erfassen. Bei der X-GmbH sind die Bezüge vom im Kalenderjahr 01 (Wirtschaftsjahr 00/01), die Bezüge vom jedoch im Kalenderjahr 02 (Wirtschaftsjahr 01/02) zu erfassen.

Der Kürzungsbetrag für A beträgt somit im Veranlagungszeitraum 01 insgesamt 50 (20 + 30), da in gleicher Höhe in 01 bei A ein Hinzurechnungsbetrag der Einkommensteuer unterliegt.

Für die X-GmbH kann von dem steuerpflichtigen Bezug in Höhe von 20 im Veranlagungszeitraum 01 kein Kürzungsbetrag berücksichtigt werden, da insoweit in 01 kein Hinzurechnungsbetrag der Körperschaftsteuer unterlegen hat und zum kein Hinzurechnungskorrekturvolumen festgestellt wurde. Der Kürzungsbetrag für die X-GmbH im Veranlagungszeitraum 02 beträgt 30, da insoweit in 02 ein Hinzurechnungsbetrag der Körperschaftsteuer unterlegen hat.

Das Hinzurechnungskorrekturvolumen wird gem. § 11 Absatz 3 Satz 1 AStG auf den Schluss des Veranlagungszeitraumes festgestellt. Das Hinzurechnungskorrekturvolumen zum wird für A auf 0 (Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 50 abzgl. steuerpflichtiger Bezug von 50) und für die X-GmbH ebenfalls auf 0 festgestellt. Auf den ist eine Feststellung in Höhe von 20 (Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 50 abzgl. steuerpflichtiger Bezug von 30) durchzuführen und gesellschaftsbezogen der X-GmbH zuzurechnen (vgl. Tz. 11.3.1).

11.3.5.1 Hinzurechnungskorrekturvolumen bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr und Beteiligungen über eine Personengesellschaft

640Hinweis auf Tz. 11.5.3.

11.3.6 Wegfall des Hinzurechnungskorrekturvolumens beim Steuerpflichtigen und Nichtübertragbarkeit

641Das Hinzurechnungskorrekturvolumen ist personenbezogen für den Steuerpflichtigen festzustellen, bei dem Hinzurechnungsbeträge der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterlegen haben, und dient als Grundlage zur Berechnung des Kürzungsbetrages (Obergrenze 2; vgl. Tz. 11.2.2) zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Solange derselbe Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar über eine Beteiligungskette an der ausländischen Gesellschaft (Zwischengesellschaft) im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG beteiligt ist, bleibt das diesbezügliche Hinzurechnungskorrekturvolumen auf der Ebene des Steuerpflichtigen bestehen. Andernfalls fällt es endgültig und ohne die Möglichkeit einer Übertragung auf ein anderes Hinzurechnungskorrekturvolumen desselben oder eines anderen Steuerpflichtigen weg.

642Ein Hinzurechnungskorrekturvolumen fällt somit insbesondere weg durch

  • Auflösung der körperschaftsteuerpflichtigen Person im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG,

  • Umwandlungsvorgänge nach dem UmwStG, sofern der Steuerpflichtige als übertragender Rechtsträger unter Auflösung ohne Abwicklung das gesamte Vermögen überträgt, es sei denn, dass der Steuerpflichtige als übertragender Rechtsträger bestehen bleibt und danach weiterhin unmittelbar oder mittelbar an der Zwischengesellschaft beteiligt ist,

  • einen Formwechsel des Steuerpflichtigen, einschließlich eines fiktiven Formwechsels im Sinne des § 1a KStG, mit Ausnahme des homogenen Formwechsels in eine andere Kapitalgesellschaftsform,

  • entgeltliche oder unentgeltliche Übertragungen der unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung eines Steuerpflichtigen an einer Zwischengesellschaft, sofern der Steuerpflichtige nach § 7 AStG danach weder unmittelbar noch mittelbar an der Zwischengesellschaft beteiligt ist; dies gilt auch in Erbfällen,

  • Auflösung der Zwischengesellschaft,

  • ausländische Umwandlungsvorgänge, sofern die Zwischengesellschaft als übertragender Rechtsträger danach nicht mehr besteht oder

  • Änderungen des Gesellschaftsstatus, infolge derer die Zwischengesellschaft nach dem Rechtstypenvergleich (Tz. 7.1.1.3) nicht mehr als Kapitalgesellschaft einzuordnen ist.

643Darüber hinaus fällt ein Hinzurechnungskorrekturvolumen insbesondere auch weg durch

  • entgeltliche oder unentgeltliche Übertragungen der gesamten unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung einer vermittelnden Gesellschaft (Tz. 11.3.1.2), es sei denn, dass hierdurch eine neue unmittelbare oder mittelbare Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Zwischengesellschaft begründet wird,

  • Umwandlungsvorgänge bei der vermittelnden Gesellschaft, sofern der Steuerpflichtige danach weder unmittelbar noch mittelbar an der Zwischengesellschaft beteiligt ist.

644Eine gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung des betreffenden Hinzurechnungskorrekturvolumens ist insoweit grundsätzlich nicht mehr durchzuführen. In diesen Fällen kann das nach § 18 Absatz 2 AStG zuständige Finanzamt feststellen, dass kein Feststellungsverfahren durchzuführen ist (negativer Feststellungsbescheid).

645Ein Hinzurechnungskorrekturvolumen fällt insbesondere nicht weg (Tzn. 11.1.7.1 und 11.1.7.2)

  • durch Wegfall der Beherrschung oder

  • infolge der ausschließlichen Erzielung aktiver Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG.

11.3.7 Erstmalige Feststellung des Hinzurechnungskorrekturvolumens zum

646Als Anfangsbestand des Hinzurechnungskorrekturvolumens zum wird die Summe der Hinzurechnungsbeträge erfasst, die beim Steuerpflichtigen gem. § 10 Absatz 2 AStG in der am geltenden Fassung für die Veranlagungszeiträume 2015 bis 2022 der Besteuerung unterliegen, soweit sie nicht für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 41 EStG in der am geltenden Fassung zu berücksichtigen sind (§ 21 Absatz 4 Satz 4 AStG).

647Das Hinzurechnungskorrekturvolumen ist ggf. in Teilbeträgen fortzuschreiben (vgl. Tzn. 11.3.1.1 und 11.3.1.2). Soweit sich der Anfangsbestand des Hinzurechnungskorrekturvolumens rechnerisch auch aus Zurechnungsbeträgen von Untergesellschaften im Sinne des § 14 AStG in der am geltenden Fassung zusammensetzt, sind diese gesellschafts- und beteiligungskettenbezogen mit dem Teilbetrag anzusetzen und fortzuschreiben.

Beispiel 1:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige A ist zu 70 Prozent an der B-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt. Die B-Co. ist wiederum zu 80 Prozent an der C-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt. Die Summe der Hinzurechnungsbeträge für die Veranlagungszeiträume 2015 bis 2022 gem. § 10 Absatz 2 AStG in der am geltenden Fassung beträgt 500. Davon sind für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 41 EStG in der am geltenden Fassung insgesamt 200 berücksichtigt worden.

Der Betrag in Höhe von 300 (= 500 - 200) ist gesellschaftsbezogen nach den Beteiligungsverhältnissen zum aufzuteilen und als Anfangsbestand des jeweiligen Hinzurechnungskorrekturvolumens zu erfassen:

  • B-Co. (Beteiligungsverhältnis 70 Prozent): 167 (300 x 70/126);

  • C-Co. (Beteiligungsverhältnis 56 Prozent): 133 (300 x 56/126).

648Soweit sich der Anfangsbestand des Hinzurechnungskorrekturvolumens rechnerisch auch aus Zurechnungsbeträgen von Untergesellschaften im Sinne des § 14 AStG in der am geltenden Fassung zusammensetzen würde, die zum nicht mehr bestehen oder an denen der Steuerpflichtige zum weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt ist, ist das Hinzurechnungskorrekturvolumen für die (vormals) vermittelnde Gesellschaft gesellschafts- und beteiligungskettenbezogen anzusetzen und fortzuschreiben, es sei denn, der Steuerpflichtige ist auch an der vermittelnden Gesellschaft nicht mehr unmittelbar oder mittelbar beteiligt. Dies gilt auch, wenn diese vermittelnde Gesellschaft keine Zwischengesellschaft ist, so dass von Bezügen dieser Gesellschaft unter den Voraussetzungen des § 11 AStG Kürzungsbeträge anzusetzen sind.

Beispiel 2:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige A ist an der B-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt. Die B-Co. ist wiederum an der C-Co. (Zwischengesellschaft) beteiligt. Die Summe der Hinzurechnungsbeträge für die Veranlagungszeiträume 2015 bis 2022 gem. § 10 Absatz 2 AStG in der am geltenden Fassung beträgt 800, davon entfallen nach den Feststellungen gem. § 18 AStG auf B-Co. 200 und auf C-Co. 600. Insgesamt sind in den Jahren 2015 bis 2021 für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 41 EStG in der am geltenden Fassung 400 berücksichtigt worden. Zum ist der Steuerpflichtige A weder unmittelbar noch mittelbar an der C-Co. beteiligt; die Beteiligung an der B-Co. besteht weiterhin.

Der Betrag in Höhe von 400 (800 - 400) stellt den Anfangsbestand des Hinzurechnungskorrekturvolumens zum bei A für die Beteiligung an der B-Co. dar. Auch wenn A zum weder unmittelbar noch mittelbar an der C-Co. beteiligt ist, erfolgt innerhalb dieser Beteiligungskette keine anteilige Kürzung der Hinzurechnungsbeträge aus den Jahren 2015 bis 2021, die rechnerisch auf die C-Co. entfallen. Die bisher insgesamt rechnerisch erfassten Steuerbefreiungen nach § 3 Nummer 41 EStG innerhalb der Beteiligungskette mindern den Anfangsbestand des Hinzurechnungskorrekturvolumens zum .

Falls auch die Beteiligung an der B-Co. zum nicht mehr besteht, ist kein Anfangsbestand eines Hinzurechnungskorrekturvolumens zu erfassen.

11.4 Veräußerung von Anteilen, Auflösung oder Kapitalherabsetzung

649§ 11 Absatz 4 AStG erweitert den Anwendungsbereich des § 11 Absatz 1 bis 3 AStG auf Gewinne des Steuerpflichtigen aus der Veräußerung von Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft oder an einer Gesellschaft, die an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, sowie aus deren Auflösung oder aus der Herabsetzung ihres Kapitals. Umwandlungen und Einbringungen stellen auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers Veräußerungsvorgänge im Sinne des § 11 Absatz 4 AStG dar.

11.5 Kürzungsbetrag bei der Gewerbesteuer

11.5.1 Ausgangsbetrag für den Kürzungsbetrag

650Wenn Hinzurechnungsbeträge nach § 10 Absatz 2 AStG der Gewerbesteuer unterlegen haben, mindert der abzuziehende Kürzungsbetrag grundsätzlich auch den Gewerbeertrag. Der Ausgangsbetrag für die Ermittlung des Gewerbeertrages nach § 7 GewStG ist der nicht um den in der Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu berücksichtigenden Kürzungsbetrag im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG geminderte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Nach § 11 Absatz 5 Satz 1 AStG kommt es bei der Gewerbesteuer jedoch nur insoweit zum Ansatz eines Kürzungsbetrages, als die Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG den Gewinn aus Gewerbebetrieb nach Anwendung von § 8 Nummer 5 und § 9 Nummer 7 oder 8 GewStG erhöht haben. Werden die Bezüge nach § 9 Nummer 7 oder 8 GewStG bei Ermittlung des Gewerbeertrages gekürzt, ist ein Kürzungsbetrag nicht zu berücksichtigen.

11.5.2 Erhöhung des Kürzungsbetrages

651Für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages erhöht sich der Kürzungsbetrag nach § 11 Absatz 2 AStG, wenn ein Anwendungsfall des § 11 Absatz 5 Satz 2 AStG vorliegt, da in diesen Fällen durch die Hinzurechnung nach § 8 Nummer 5 i. V. m. § 9 Nummer 7 GewStG die Bezüge im Gewerbeertrag erfasst werden. Das Hinzurechnungskorrekturvolumen wird jedoch einheitlich abgebildet (vgl. Tz. 11.3).

11.5.3 Kürzungsbetrag bei Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen bzw. aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Kapitals einer ausländischen Gesellschaft

652Es erfolgt eine entsprechende Berücksichtigung eines Kürzungsbetrages gem. § 11 Absatz 5 AStG bei Ermittlung des Gewerbeertrages.

11.5.3.1 Kürzungsbetrag bei Personengesellschaften

653Ist ein Steuerpflichtiger über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) mittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt (zur mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5), treten die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung auch dann ausschließlich auf Ebene des unbeschränkt Steuerpflichtigen ein, wenn eine vermittelnde Personengesellschaft unmittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt ist. Die Personengesellschaft bleibt von der Hinzurechnungsbesteuerung unberührt, insbesondere ist sie nicht Empfängerin des Hinzurechnungsbetrages (vgl. Tzn. 7.1.1.6, 7.1.4.3 und 13.1.1.4).

654Auf Ebene einer vermittelnden Personengesellschaft führt die Hinzurechnungsbesteuerung danach zu keinen gewerbesteuerlichen Auswirkungen. Gewerbesteuerliche Auswirkungen aufgrund der Hinzurechnungsbesteuerung können sich bei mittelbaren Beteiligungen ausschließlich auf Ebene der Mitunternehmer ergeben, falls diese steuerpflichtig nach § 2 Absatz 1 bzw. 2 GewStG sind (vgl. Tz. 10.2.2).

11.6 Besonderheiten bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft

11.6.1 Hinzurechnungsbetrag, Kürzungsbetrag, Hinzurechnungskorrekturvolumen

655Sofern im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft nach § 14 KStG die Organgesellschaft eine Beteiligung (unmittelbar oder mittelbar) an einer Zwischengesellschaft hält, ist der Hinzurechnungsbetrag gegenüber der Organgesellschaft festzustellen und beim Organträger anzusetzen. Der Kürzungsbetrag ist grundsätzlich beim Organträger abzuziehen. Soweit der Kürzungsbetrag auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Gesellschafter einer Personengesellschaft als Organträger entfällt, ist er bei diesen abzuziehen. Das für die Begrenzung des Kürzungsbetrages erforderliche Hinzurechnungskorrekturvolumen im Sinne des § 11 Absatz 3 AStG ist jedoch gem. § 18 AStG gegenüber der Organgesellschaft festzustellen und fortzuschreiben.

11.6.2 Beginn und Beendigung der Organschaft

656Wurde für einen Steuerpflichtigen ein Hinzurechnungskorrekturvolumen für eine Zwischengesellschaft festgestellt und wird dieser Steuerpflichtige Organgesellschaft im Sinne des § 14 Absatz 1 Satz 1 bzw. § 17 KStG (z. B. durch Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrages), steht dieses Hinzurechnungskorrekturvolumen dem Organträger zur Verfügung. Das Hinzurechnungskorrekturvolumen wird weiterhin gegenüber der Organgesellschaft festgestellt und fortgeschrieben. Der Kürzungsbetrag ist bei dem Organträger abzuziehen, soweit die Hinzurechnungsbeträge bei ihm oder in vororganschaftlicher Zeit bei der Organgesellschaft der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterlegen haben. Endet die Organschaft, ist das Hinzurechnungskorrekturvolumen bei der Organgesellschaft fortzuführen.

11.7 Kürzungsbetrag und Investmentsteuer

657Zu den Bezügen im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG gehören auch

658Handelt es sich bei den Bezügen um Erträge, die nach dem InvStG (zum Teil) steuerbefreit sind (§§ 20 ff. InvStG für Investmentfonds bzw. §§ 42 ff. InvStG für Spezial-Investmentfonds), findet der Kürzungsbetrag auch nur auf die verbleibenden steuerpflichtigen Beträge Anwendung (vgl. Tz. 11.2.1 zur Obergrenze 1).

659Soweit ein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Absatz 6 AStG gemindert wurde, unterliegt dieser nicht der Einkommen- oder Körperschaftsteuer im Sinne des § 11 AStG und erhöht somit auch nicht das Hinzurechnungskorrekturvolumen.

660Die Vorabpauschale nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 InvStG bzw. die ausschüttungsgleichen Erträge nach § 34 Absatz 1 Nummer 2 InvStG stellen keine Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 AStG dar.

12 Steueranrechnung (§ 12 AStG)

661Die anrechenbaren Steuern nach § 12 Absatz 1 und 2 AStG werden nach § 18 Absatz 1 AStG gesondert und ggf. einheitlich festgestellt (vgl. Tz. 18.1.1.1).

12.1 Steueranrechnung nach § 12 Absatz 1 AStG

662Auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Steuerpflichtigen, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, werden die Steuern vom Einkommen angerechnet, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft auf die dem Hinzurechnungsbetrag unterliegenden Einkünfte tatsächlich erhoben worden sind (§ 12 Absatz 1 Satz 1 AStG).

663In den Fällen des § 8 Absatz 5 Satz 2 AStG sind die Steuern um die dort bezeichneten Ansprüche des Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, zu kürzen.

664Die Steueranrechnung nach § 12 Absatz 1 AStG ist von Amts wegen durchzuführen. Ein Antrag ist insoweit nicht erforderlich.

12.1.1 Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Steuerpflichtigen auf den Hinzurechnungsbetrag

665Die Anrechnung von Steuern der ausländischen Gesellschaft erfolgt auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Steuerpflichtigen, die auf den Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG entfällt. Die Steueranrechnung setzt damit eine beim Steuerpflichtigen tatsächlich durchgeführte Hinzurechnungsbesteuerung voraus (vgl. Tz. 7.1.2.2).

666Die Steueranrechnung ist gesellschaftsbezogen vorzunehmen. Werden dem Steuerpflichtigen mehrere Hinzurechnungsbeträge aus verschiedenen Zwischengesellschaften nach § 10 Absatz 2 AStG hinzugerechnet, erfolgt die Steueranrechnung für jeden Hinzurechnungsbetrag gesondert; jede Beteiligung bildet hierfür einen eigenen Anrechnungskreis.

667Eine Anrechnung von Steuern der ausländischen Gesellschaft auf die Gewerbesteuer erfolgt nicht.

668Übersteigen die nach § 12 Absatz 1 AStG anrechenbaren Steuern die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Steuerpflichtigen, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, ist eine Erstattung der übersteigenden Steuer ausgeschlossen. Auch ein Steuerabzug ist ausgeschlossen.

669Sind mehrere Steuerpflichtige an der ausländischen Gesellschaft beteiligt, ist eine Aufteilung der nach § 12 Absatz 1 AStG anrechenbaren Steuern vorzunehmen; der Aufteilungsmaßstab richtet sich dabei nach der Hinzurechnungsquote (zur Hinzurechnungsquote vgl. Tzn. 7.1.1.5 und 7.1.3).


Beispiel:

Die inländische A-GmbH hält 60 Prozent der Stimmrechte an der Zwischengesellschaft und ist mit 30 Prozent an deren Nennkapital beteiligt. Die inländische B-GmbH hält hingegen 30 Prozent der Stimmrechte an der Zwischengesellschaft und ist mit 60 Prozent an deren Nennkapital beteiligt. Die restlichen 10 Prozent des Nennkapitals werden von Steuerpflichtigen gehalten, die nicht nach § 7 Absatz 1 AStG der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen.

Sowohl die A-GmbH als auch die B-GmbH beherrschen die Zwischengesellschaft (zur Beherrschung vgl. Tz. 7.2). Die Zwischengesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 01 Zwischeneinkünfte in Höhe von 100.000 €. Auf diese Zwischeneinkünfte wurden Steuern in Höhe von 20.000 € im Ansässigkeitsstaat der Zwischengesellschaft tatsächlich erhoben.

Die jeweilige Hinzurechnungsquote richtet sich ausschließlich nach der jeweiligen Beteiligung am Nennkapital der Zwischengesellschaft (Tz. 7.1.1.5). Die anrechenbaren Steuern im Sinne des § 12 Absatz 1 AStG sind entsprechend der Hinzurechnungsquote auf die beiden Steuerpflichtigen A-GmbH (30 Prozent) und B-GmbH (60 Prozent) aufzuteilen.

Mithin sind der A-GmbH ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 30.000 € und anrechenbare Steuern im Sinne des § 12 Absatz 1 AStG in Höhe von 6.000 € zuzurechnen und der B-GmbH ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 60.000 € und anrechenbare Steuern im Sinne des § 12 Absatz 1 AStG in Höhe von 12.000 €. Von den insgesamt anrechenbaren Steuern in Höhe von 20.000 € können tatsächlich 18.000 € angerechnet werden.

670Im Rahmen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft erfolgt die Steueranrechnung nach § 12 Absatz 1 AStG ausschließlich auf Ebene des Organträgers, auch wenn die anzurechnenden Steuern gegenüber der Organgesellschaft gesondert und ggf. einheitlich nach § 18 Absatz 1 AStG festgestellt werden (vgl. § 19 KStG). Ist der Organträger eine Personengesellschaft, erfolgt die Steueranrechnung auf Ebene der Gesellschafter der Personengesellschaft.

12.1.2 Steuern vom Einkommen zu Lasten der ausländischen Gesellschaft

671Nach § 12 Absatz 1 AStG können alle nach deutschem Steuerrecht nicht als Betriebsausgaben zu behandelnden Steuern vom Einkommen angerechnet werden, zu denen die ausländische Gesellschaft mit den dem Hinzurechnungsbetrag unterliegenden Einkünften herangezogen worden ist.

Anrechenbar sind alle Steuern vom Einkommen, für die die ausländische Gesellschaft selbst Steuerschuldnerin ist (zu den Einzelheiten vgl. Tz. 10.3.2.7).

672Soweit die ausländische Gesellschaft zu Lasten anderer Steuerpflichtiger Steuern einbehält und abführt (z. B. Quellensteuern auf Gewinnausschüttungen an Beteiligte), scheidet eine Anrechnung nach § 12 Absatz 1 AStG aus.

12.1.3 Auf die dem Hinzurechnungsbetrag unterliegenden Einkünfte

673Die Steueranrechnung nach § 12 Absatz 1 AStG setzt voraus, dass die Steuern auf die dem Hinzurechnungsbetrag unterliegenden Zwischeneinkünfte erhoben wurden.

674Werden zu Lasten der ausländischen Gesellschaft durch mehrere Staaten Steuern auf die Zwischeneinkünfte erhoben, bedarf es keiner Aufteilung der anrechenbaren Steuern nach den einzelnen Staaten. Anrechenbar sind sämtliche Steuern gleichermaßen.

675Bei gemischten Einkünften der ausländischen Gesellschaft ist eine entsprechende Aufteilung der anrechenbaren Steuern auf die Zwischeneinkünfte und die sonstigen (aktiven oder nicht niedrig besteuerten passiven) Einkünfte vorzunehmen (vgl. auch Tzn. 8.5.1.3 und 10. ).

Beispiel:

Die A-GmbH hält 100 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Die Zwischengesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr 01 (= Kalenderjahr) Gesamteinkünfte in Höhe von 200.000 €, davon Zwischeneinkünfte in Höhe von 150.000 €. Im Ansässigkeitsstaat wird auf die Gesamteinkünfte eine Steuer in Höhe von 20.000 € einbehalten.

Anrechenbar nach § 12 Absatz 1 AStG sind die Steuern, die auf die Zwischeneinkünfte entfallen, mithin Steuern in Höhe von 15.000 € (= 20.000 € x 150.000 € / 200.000 €).

12.1.4 Tatsächliche Steuererhebung

676Die anrechenbaren Steuern müssen gegenüber der ausländischen Gesellschaft tatsächlich erhoben worden sein. Dies bedeutet, dass die Steuern sowohl festgesetzt als auch entrichtet wurden.

677Soweit sich die anrechenbaren Steuern nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist ändern, ist dies durch den Steuerpflichtigen anzuzeigen (§ 153 AO).

12.1.5 Maßgeblicher Zeitpunkt der Steueranrechnung

678Die Steueranrechnung erfolgt für den Veranlagungszeitraum, in dem der Hinzurechnungsbetrag erfasst wird, für den die Steuern auf die dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte entrichtet wurden (vgl. Tz. 10.2.1). Auf den Zeitpunkt der Zahlung der Steuern kommt es nicht an.

679Im Falle der späteren Entrichtung bzw. Erstattung der Steuern ist die Feststellung nach § 18 AStG nach den Grundsätzen des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO und als Folge die Festsetzung beim Steuerpflichtigen nach den Grundsätzen des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO zu korrigieren.

12.1.6 Kürzung der anrechenbaren Steuern

680In den Fällen des § 8 Absatz 5 Satz 2 AStG sind die Steuern um die dort bezeichneten Ansprüche des Steuerpflichtigen oder einer anderen Gesellschaft, an der der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, zu kürzen (§ 12 Absatz 1 Satz 2 AStG).

681Die Ansprüche müssen tatsächlich entstanden sein und sich auf eine Erstattung von Steuern beziehen, die auf die Zwischeneinkünfte erhoben wurden. Bei Zwischeneinkünften aus mehreren Einkunftsarten und ggf. unterschiedlicher Steuerbelastung im Ausland bzw. gemischten Einkünften ist eine Zuordnung der Erstattungsansprüche zu den jeweiligen Einkünften entsprechend ihrem wirtschaftlichen Zusammenhang vorzunehmen.

682Die Steuer ist auch dann zu kürzen, wenn der Anspruch zu einem späteren Zeitpunkt entsteht (vgl. Tz. 12.1.5).

12.2 Steueranrechnung auf Antrag nach § 12 Absatz 2 AStG

683Auf Antrag des Steuerpflichtigen wird auf seine Einkommen- oder Körperschaftsteuer, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, auch die anteilige Steuer angerechnet, die im Staat einer die Beteiligung an der Zwischengesellschaft vermittelnden Gesellschaft oder Betriebsstätte im Wege einer der Hinzurechnungsbesteuerung vergleichbaren ausländischen Regelung tatsächlich erhoben worden ist (siehe Rn. 687, Beispiel 1).

684§ 12 Absatz 2 AStG ist auch anzuwenden, wenn eine vermittelnde Gesellschaft unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist oder eine vermittelnde Betriebsstätte im Inland unterhalten wird und auf der Vorstufe zwar eine Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 13 AStG erfolgt ist, aber weiterhin eine Niedrigbesteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG vorliegt (siehe Rn. 687, Beispiel 2).

685Soweit mittelbare Beteiligungen nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG unberücksichtigt bleiben (vgl. Tz. 7.1.2), kommt eine Steueranrechnung nach § 12 Absatz 2 AStG nicht in Betracht.

686Zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer auf den Hinzurechnungsbetrag vgl. Tz. 12.1.1; zur Hinzurechnungsbesteuerung bei einer vermittelnden Person vgl. Tz. 7.1.2.2; zu einer der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG vergleichbaren ausländischen Regelung vgl. Tz. 7.1.2.2; zur tatsächlichen Steuererhebung vgl. Tz. 12.1.4.

687Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Steueranrechnung wird auf Tz. 12.1.5 verwiesen.

Beispiel 1 (vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung im Ausland):

Die A-GmbH mit Sitz im Inland ist zu 100 Prozent an der B-Ltd. mit Sitz im Staat B beteiligt. Die B-Ltd. hält 100 Prozent der Anteile an der Zwischengesellschaft ZG im Staat C. Der Staat B rechnet die passiven Einkünfte der ZG aufgrund seiner Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung, die mit den §§ 7 ff. AStG vergleichbar sind, der B-Ltd. zu. Die dortige Steuer auf den Hinzurechnungsbetrag beträgt 10 Prozent. Die ZG unterliegt im Staat C keiner Besteuerung.

Die A-GmbH beherrscht die ausländische ZG, so dass ihr nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG die Zwischeneinkünfte der ZG in Höhe ihrer mittelbaren Beteiligung am Nennkapital in Höhe von 100 Prozent hinzuzurechnen sind. Die mittelbare Beteiligung der A-GmbH ist nicht nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG unbeachtlich, da bei der die Beteiligung vermittelnden Gesellschaft B-Ltd. zwar eine Hinzurechnungsbesteuerung nach einer dem AStG vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist, die danach hinzugerechneten Einkünfte aber insgesamt weiterhin einer niedrigen Besteuerung (= 10 Prozent) im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen.

Nach § 12 Absatz 2 AStG kann daher auf Antrag bei der A-GmbH die Steuer, die bei der B-Ltd. insoweit tatsächlich erhoben worden ist, angerechnet werden, soweit sie auf denselben Zwischeneinkünften beruht.

Beispiel 2 (vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung im Inland):

Die natürliche Person A hält 100 Prozent der Anteile an der B-GmbH im Privatvermögen. Die B-GmbH (vermittelnde Gesellschaft) hält 100 Prozent an der Zwischengesellschaft ZG. Aus der ZG ist der B-GmbH ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 100.000 € zuzurechnen. Die ZG unterliegt keiner Besteuerung.

Die B-GmbH hat ihren Sitz in einer Gemeinde mit einem Gewerbesteuerhebesatz in Höhe von 200 Prozent, so dass der Hinzurechnungsbetrag einer inländischen Besteuerung in Höhe von insgesamt 22,825 Prozent (= 15 Prozent Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und 7 Prozent Gewerbesteuer [= Gewerbesteuermessbetrag 3,5 x Hebesatz 200 Prozent]) unterliegt. Die Besteuerung des Hinzurechnungsbetrages in Höhe von 100.000 € auf Ebene der B-GmbH (Vorstufe) überschreitet die Niedrigsteuergrenze im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG nicht.

Daher ist sowohl auf Ebene der natürlichen Person A als auch auf Ebene der B-GmbH eine Hinzurechnungsbesteuerung vorzunehmen, da § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG keine Anwendung findet.

Bei A unterliegt der Hinzurechnungsbetrag einer inländischen Besteuerung von insgesamt 47,475 Prozent (= 45 Prozent Einkommensteuer zzgl. Solidaritätszuschlag).

A kann auf Antrag die bei der B-GmbH erhobene Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent nach § 12 Absatz 2 AStG i. V. m. § 34c Absatz 1 EStG auf die Einkommensteuer auf den Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 100.000 € anrechnen. Der bei der B-GmbH erhobene Solidaritätszuschlag sowie die bei der B-GmbH erhobene Gewerbesteuer können als Steuern vom Einkommen und Ertrag ebenfalls auf die Einkommensteuer nach § 12 Absatz 2 AStG angerechnet werden.

12.2.1 Antrag des Steuerpflichtigen

688Die Anwendung des § 12 Absatz 2 AStG setzt einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Der Antrag ist im Rahmen der Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerveranlagung zu stellen, in dem der Hinzurechnungsbetrag erfasst wird. Die Antragstellung kann bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides erfolgen. In diesem zeitlichen Umfang kann der Antrag auch zurückgenommen, geändert und erneut gestellt werden. Der Nachweis über die auf Antrag anrechenbaren Steuern nach § 12 Absatz 2 AStG ist durch den Steuerpflichtigen im Feststellungsverfahren zu erbringen (vgl. auch Tz. Vor 7 – 4 und 18.1.1.1.2).

689Der Antrag ist für jeden Veranlagungszeitraum und bei Beteiligung an mehreren Zwischengesellschaften für jede Beteiligung gesondert zu stellen.

690Soweit mehrere Steuerpflichtige an derselben ausländischen Zwischengesellschaft beteiligt sind, verfügt jeder Steuerpflichtige über ein Antragsrecht. Das Antragsrecht bezieht sich dabei auf den ihm zuzurechnenden Hinzurechnungsbetrag.

691Im Rahmen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft ist der Antrag durch die Organgesellschaft als Steuerpflichtige zu stellen (vgl. Tz. 12.1.1).

12.3 Verweis auf § 34c Absatz 1 EStG und § 26 Absatz 1 und 2 Satz 2 KStG

692Nach § 12 Absatz 3 AStG sind bei der Anrechnung die Vorschriften des § 34c Absatz 1 EStG und des § 26 Absatz 1 und 2 Satz 2 KStG auf den Gesamtbetrag der Anrechnungsbeträge nach § 12 Absatz 1 und 2 AStG entsprechend anzuwenden.

693Im Rahmen der Steueranrechnung nach § 12 AStG findet daher die Höchstbetragsberechnung nach § 34c Absatz 1 EStG ggf. i. V. m. § 26 Absatz 1 und 2 Satz 2 KStG entsprechende Anwendung. Der Anrechnungshöchstbetrag ermittelt sich für jeden Hinzurechnungsbetrag gesondert. Der Hinzurechnungsbetrag tritt hierbei an die Stelle der ausländischen Einkünfte.

694Für Zwecke der Anrechnung wird der Gesamtbetrag der anrechnungsfähigen Steuern nach § 12 Absatz 1 und 2 AStG zusammengefasst und auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, angerechnet. Es ist innerhalb eines Anrechnungskreises (vgl. Tz. 12.1.1) unerheblich, wie sich die Zwischeneinkünfte nach Staat und Höhe zusammensetzen.

695Bei der Ermittlung der auf den Hinzurechnungsbetrag entfallenden ausländischen Steuern gelten die allgemeinen Grundsätze; hierzu gehört auch § 68b EStDV.

696Die auf den Hinzurechnungsbetrag entfallende deutsche Einkommensteuer ist in der Weise zu ermitteln, dass der sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens, einschließlich des Hinzurechnungsbetrages, nach den §§ 32a, 32b, 34, 34a und 34b EStG ergebende durchschnittliche Steuersatz auf den Hinzurechnungsbetrag anzuwenden ist.

697Die ausländischen Steuern sind nach dem Kurs umzurechnen, der im Zeitpunkt der Zahlung gilt (zur Umrechnung im Übrigen vgl. Tz. 10.3.2.9).

Beispiel:

Die A-GmbH mit Sitz im Inland ist zu 40 Prozent an der B-Ltd. mit Sitz im Staat B beteiligt. Die B-Ltd. hält 100 Prozent der Anteile an der Zwischengesellschaft ZG im Staat C. Die ZG erzielt passive Einkünfte in Höhe von 500.000 € und unterliegt im Staat C einer Besteuerung in Höhe von 25.000 € (= 5 Prozent). Der Staat B rechnet die passiven Einkünfte der ZG aufgrund seiner Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung, die mit den §§ 7 ff. AStG vergleichbar sind, der B-Ltd. zu. Die dortige Steuer auf den Hinzurechnungsbetrag beträgt 50.000 € (= 10 Prozent).

Die passiven Einkünfte werden zwar auf Ebene der ZG in Höhe von 5 Prozent besteuert und unterliegen bei der die Beteiligung vermittelnden Gesellschaft B-Ltd. einer Hinzurechnungsbesteuerung nach einer mit Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG vergleichbaren ausländischen Regelung in Höhe von weiteren 10 Prozent, sie sind jedoch weiterhin niedrig besteuert im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG (5 Prozent zzgl. 10 Prozent = 15 Prozent).

Der A-GmbH ist entsprechend ihrer mittelbaren Beteiligung am Nennkapital ein Hinzurechnungsbetrag aus der ZG in Höhe von 200.000 € (= 40 Prozent x 500.000 €) zuzurechnen.

Nach § 12 Absatz 1 AStG ist die bei ZG einbehaltene Steuer bei der A-GmbH in Höhe von 10.000 € (= 40 Prozent x 25.000 €) anrechenbar.

Nach § 12 Absatz 2 AStG kann auf Antrag bei der A-GmbH die Steuer, die bei der B-Ltd. tatsächlich erhoben worden ist, ebenfalls in Höhe von 20.000 € (= 40 Prozent x 50.000 €) angerechnet werden.

Auf den Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 200.000 € ist bei der A-GmbH ein Gesamtbetrag in Höhe von 30.000 € als anrechenbare Steuern nach Maßgabe des § 12 Absatz 3 AStG zu berücksichtigen.

12.4 Übergangsregelung des § 21 Absatz 4 Satz 3 AStG

698Für Steuern der ausländischen Gesellschaft für Wirtschaftsjahre, die vor dem enden, gelten § 10 Absatz 1 Satz 2, § 10 Absatz 3 Satz 6 und § 12 Absatz 1 AStG in der am geltenden Fassung (AStG a. F.) fort (§ 21 Absatz 4 Satz 3 AStG).

699Dies hat zur Folge, dass sowohl der Abzug von Steuern im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. Absatz 3 Satz 6 AStG a. F. als auch der Antrag auf Steueranrechnung nach § 12 Absatz 1 AStG a. F. fort gilt. Die entsprechenden Steuern sind auf die Steuer anzurechnen, die auf den im Jahr der Steuererhebung nach geltendem Recht anzusetzenden Hinzurechnungsbetrag entfällt. Soweit ein Steuerabzug nach § 10 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. Absatz 3 Satz 6 AStG a. F. vorgenommen wurde, ist der Hinzurechnungsbetrag für Zwecke der Steueranrechnung um die abziehbaren Steuern zu erhöhen. Tz. 12.3 gilt entsprechend.

700Sind aufgrund der Übergangsregelungen in einem Veranlagungszeitraum zwei Hinzurechnungsbeträge aus derselben Zwischengesellschaft zu versteuern (vgl. Tz. 18.1.1.4), erfolgt die Steueranrechnung für jeden Hinzurechnungsbetrag nach Maßgabe des § 12 AStG in der jeweils geltenden Fassung gesondert.

13 Beteiligung an Kapitalanlagegesellschaften (§ 13 AStG)

701§ 13 AStG regelt die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung.

13.1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich (§ 13 Absatz 1 AStG)

13.1.1 Grundtatbestand (§ 13 Absatz 1 Satz 1 AStG)

702Ist ein unbeschränkt Steuerpflichtiger unmittelbar oder mittelbar an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt und bestehen die Einkünfte der Gesellschaft aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter, die einer niedrigen Besteuerung unterliegen (§ 8 Absatz 5 AStG), sind diese Einkünfte bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaft steuerpflichtig, auch wenn die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG im Übrigen nicht erfüllt sind (§ 13 Absatz 1 Satz 1 AStG).

13.1.1.1 Unbeschränkt Steuerpflichtiger

703Die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung gilt ausschließlich für unbeschränkt Steuerpflichtige (zum Begriff des unbeschränkt Steuerpflichtigen vgl. Tz. 7.1.1.2). Für beschränkt Steuerpflichtige gilt sie nicht.

13.1.1.2 Ausländische Gesellschaft

704Der Begriff der ausländischen Gesellschaft entspricht demjenigen des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG (vgl. hierzu Tz. 7.1.1.3). Im Anwendungsbereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung wird die ausländische Gesellschaft – entsprechend der amtlichen Überschrift des § 13 AStG – als Kapitalanlagegesellschaft bezeichnet.

13.1.1.3 Unmittelbare oder mittelbare Beteiligung

705Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an der Kapitalanlagegesellschaft ist eine solche am Nennkapital (oder einer strukturell vergleichbaren Bezugsgröße nach ausländischem Gesellschaftsrecht) der ausländischen Gesellschaft. Insoweit gelten die Ausführungen unter Tz. 7.1.1.5 entsprechend.

13.1.1.4 Mittelbare Beteiligungen über Personengesellschaften

706Ist ein unbeschränkt Steuerpflichtiger über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) mittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der Kapitalanlagegesellschaft beteiligt (zur mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5), treten die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung auch dann ausschließlich auf Ebene des unbeschränkt Steuerpflichtigen ein, wenn eine vermittelnde Personengesellschaft unmittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der Kapitalanlagegesellschaft beteiligt ist. Die Personengesellschaft bleibt von der Hinzurechnungsbesteuerung unberührt, insbesondere ist sie nicht Empfängerin des Hinzurechnungsbetrages (Hinweis auf Tzn. 10.2.2, 10.2.5.3, 11.3.1, 11.5.3.1 und 18.1.1.2.1).

707Die Grundsätze des zu § 7 Absatz 1 AStG in einer vor dem geltenden Fassung ergangenen , BStBl II 1996 S. 122 sind insoweit nicht auf § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG übertragbar.

13.1.1.5 Niedrig besteuerte Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter

708Voraussetzung für die Anwendung der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung ist, dass die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bestehen, die einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen. Dies ist dann gegeben, wenn die ausländische Gesellschaft entsprechende Einkünfte erzielt oder ihr diese nach Maßgabe der §§ 39 ff. AO zugerechnet werden.

709Das Vorliegen von Einkünften mit Kapitalanlagecharakter richtet sich nach § 13 Absatz 2 und 3 AStG (vgl. hierzu Tzn. 13.2 und 13.3).

710Eine niedrige Besteuerung der Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter ist gegeben, wenn die nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 bis 5 AStG ermittelten Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht (vgl. § 8 Absatz 5 Satz 1 AStG); § 8 Absatz 5 Satz 2 und 3 AStG ist zu beachten. Abzustellen ist insoweit ausschließlich auf die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (segmentierende Betrachtung). Unbeachtlich ist danach, ob die ausländische Gesellschaft daneben auch Einkünfte ohne Kapitalanlagecharakter erzielt und – falls zutreffend – diese einer niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen.

13.1.1.6 Steuerpflicht entsprechend der Beteiligung am Nennkapital

711Sind die Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG erfüllt, sind die niedrig besteuerten Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen entsprechend seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft steuerpflichtig (Hinzurechnung). Die danach steuerpflichtigen Einkünfte sind bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen nach § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG i. V. m. § 10 Absatz 1 AStG grundsätzlich als Hinzurechnungsbetrag anzusetzen (vgl. Tz. 13.4).

13.1.1.7 Subsidiarität gegenüber der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung

712Bei Vorliegen des Tatbestands des § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG ist die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung anwendbar, auch wenn die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG im Übrigen nicht erfüllt sind. Die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung greift somit ausschließlich in Fällen ein, in denen ein unbeschränkt Steuerpflichtiger die ausländische Gesellschaft nicht im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG beherrscht (vgl. auch BT-Drs. 19/28652, 63). Sind demgegenüber die Voraussetzungen der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 12 AStG erfüllt, kommt der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung keine selbständige Bedeutung mehr zu (vgl. , BStBl II 2021 S. 270); zur Abgrenzung von allgemeiner und erweiterter Hinzurechnungsbesteuerung vgl. auch Tz. Vor 7 – 1.

Beispiel:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige A-GmbH hält 60 Prozent, die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige B-GmbH 40 Prozent der Anteile am Nennkapital der Zwischengesellschaft. Die Zwischengesellschaft erzielt Zinsen aus Kapitalanlagen, die einer niedrigen Besteuerung nach § 8 Absatz 5 AStG unterliegen. Die A-GmbH und die B-GmbH stehen einander nicht nahe im Sinne des § 7 Absatz 3 oder 4 AStG.

Die A-GmbH beherrscht die Zwischengesellschaft nach § 7 Absatz 2 AStG; für sie gilt ausschließlich die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 12 AStG (ggf. unter Beachtung des § 9 Satz 1 und 2 StAbwG). Die B-GmbH beherrscht die Zwischengesellschaft nicht; für sie gilt daher die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung.

13.1.2 Geltung des § 7 Absatz 1 Satz 2 und 3 AStG (§ 13 Absatz 1 Satz 2 AStG)

713Nach § 13 Absatz 1 Satz 2 AStG gilt § 7 Absatz 1 Satz 2 und 3 AStG entsprechend.

714Danach sind mittelbare Beteiligungen für die Steuerpflicht nach § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG unbeachtlich, soweit bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an dieser ausländischen Gesellschaft eine Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 13 AStG oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung im Sinne des § 8 Absatz 5 AStG unterliegen (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG). Für Einzelheiten wird auf Tz. 7.1.2 verwiesen.

715Ist für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend oder hat die Gesellschaft kein Nennkapital, ist für die Steuerpflicht der Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter nach § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG der Maßstab für die Gewinnverteilung zugrunde zu legen (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 3 AStG). Für Einzelheiten wird auf Tz. 7.1.3 verwiesen.

13.1.3 Freigrenze (§ 13 Absatz 1 Satz 3 AStG)

716Nach § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG ist die Anwendung der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung nach § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG ausgeschlossen, wenn die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter nicht mehr als 10 Prozent der gesamten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, betragen und die bei einer Zwischengesellschaft oder bei einem Steuerpflichtigen hiernach außer Ansatz zu lassenden Beträge insgesamt 80.000 € nicht übersteigen.

717Die Vorschrift enthält eine relative und eine absolute Freigrenze. Sie kommt nur zum Tragen, wenn beide Freigrenzen kumulativ gewahrt sind. Die – ggf. geringfügige – Überschreitung einer der beiden oder beider Freigrenzen führt zur Nichtanwendbarkeit des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG.

718Sind die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter negativ, gilt § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG nicht; hinsichtlich des Verlustabzugs ist § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG i. V. m. § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG zu beachten (vgl. hierzu Tzn. 10.3.5 und 13.4.1).

719§ 9 AStG gilt im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung nicht (vgl. Tz. 13.4.1).

13.1.3.1 Relative Freigrenze

720Die relative Freigrenze ist gewahrt, wenn die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter nicht mehr als 10 Prozent der gesamten Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, betragen. Um die Wahrung der Freigrenze zu prüfen, ist auf das Verhältnis der Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter im Sinne des § 13 Absatz 2 und 3 AStG (= Zähler) und sämtlicher Zwischeneinkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinnen, der Kapitalanlagegesellschaft abzustellen (= Nenner); dabei ist zu beachten, dass die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter einen Teilbereich der passiven Einkünfte bilden (vgl. Tz. 13.2). Sind die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter positiv und die Zwischeneinkünfte der Kapitalanlagegesellschaft nicht positiv, ist die relative Freigrenze nicht gewahrt. Die Ermittlung der hierzu jeweils maßgeblichen Einkünfte richtet sich nach § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG i. V. m. § 10 Absatz 3 bis 5 AStG. Die Wahrung der relativen Freigrenze ist für jedes Wirtschaftsjahr der Kapitalanlagegesellschaft gesondert zu prüfen.

13.1.3.2 Absolute Freigrenze

721Die absolute Freigrenze ist gewahrt, wenn die bei einer Kapitalanlagegesellschaft oder bei einem Steuerpflichtigen nach Maßgabe der relativen Freigrenze (vgl. Tz. 13.1.3.1) außer Ansatz zu lassenden Beträge insgesamt 80.000 € nicht übersteigen. Zur Wahrung der Freigrenze reicht es aus, wenn diese auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaft (gesellschaftsbezogen) oder auf Ebene des Steuerpflichtigen (gesellschafterbezogen) gewahrt ist.

13.1.3.2.1 Absolute Freigrenze auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaft

722Die absolute Freigrenze auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaft ist gewahrt, wenn die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter nach § 13 Absatz 2 und 3 AStG der Kapitalanlagegesellschaft nicht mehr als 80.000 € betragen. Sie ist für jedes Wirtschaftsjahr der Kapitalanlagegesellschaft gesondert zu prüfen.

13.1.3.2.2 Absolute Freigrenze auf Ebene des unbeschränkt Steuerpflichtigen

723Die Freigrenze auf Ebene des unbeschränkt Steuerpflichtigen ist gewahrt, wenn die Summe der bei diesem nach § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG außer Ansatz zu lassenden Hinzurechnungsbeträge aus sämtlichen Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften 80.000 € nicht übersteigt. Sie gilt veranlagungszeitraumbezogen und ist für jeden Steuerpflichtigen gesondert zu prüfen; das Überschreiten der Freigrenze durch einen Steuerpflichtigen schließt die Anwendung des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG für die übrigen Steuerpflichtigen, die an der Kapitalanlagegesellschaft beteiligt sind, nicht aus.

13.1.3.3 Verfahren

724Über die Wahrung der gesellschaftsbezogenen relativen und absoluten Freigrenze ist im Rahmen der gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung nach § 18 Absatz 1 AStG mit Bindungswirkung für die Folgebescheide zu entscheiden. Ist danach ausschließlich die gesellschaftsbezogene relative Freigrenze gewahrt, aber denkbar, dass bei einem Steuerpflichtigen der Hinzurechnungsbetrag außer Ansatz bleibt, weil – neben der gesellschaftsbezogenen relativen Freigrenze – die gesellschafterbezogene absolute Freigrenze gewahrt sein könnte, ist die Hinzurechnung unter den Vorbehalt zu stellen, dass sie nur gegenüber den Steuerpflichtigen gilt, welche die gesellschafterbezogene Freigrenze überschreiten (vgl. auch Tz. 18.1.1.1.5).

13.1.3.4 Prüfungsschema

725Die Prüfung des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG erfolgt dreistufig:

  1. Zunächst ist die Wahrung der relativen Freigrenze auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaft (Tz. 13.1.3.1) zu prüfen. Ist diese nicht gewahrt, scheidet die Anwendung des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG für alle an dieser Kapitalanlagegesellschaft beteiligten unbeschränkt Steuerpflichtigen aus.

  2. Ist die relative Freigrenze auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaft gewahrt, ist die Wahrung der absoluten Freigrenze auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaft (Tz. 13.1.3.2.1) zu prüfen. Ist diese gewahrt und in der Folge § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG einschlägig, scheidet die Anwendung der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung für alle an dieser Kapitalanlagegesellschaft beteiligten unbeschränkt Steuerpflichtigen aus. Dies gilt unabhängig davon, ob der beim jeweiligen unbeschränkt Steuerpflichtigen aus der Beteiligung an dieser Kapitalanlagegesellschaft außer Ansatz zu lassende Hinzurechnungsbetrag alleine oder zusammen mit weiteren – anzusetzenden oder außer zu lassenden – Hinzurechnungsbeträgen aus Beteiligungen an anderen Kapitalanlagegesellschaften 80.000 € übersteigt.

  3. Ist die absolute Freigrenze auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaft nicht gewahrt, ist die Wahrung der absoluten Freigrenze auf Ebene der beteiligten unbeschränkt Steuerpflichtigen (Tz. 13.1.3.2.2) jeweils gesondert zu prüfen. Nur für die Steuerpflichtigen, bei denen diese Freigrenze gewahrt ist, scheidet die Anwendung der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung in Bezug auf die jeweilige Kapitalanlagegesellschaft aus. Für die an der Kapitalanlagegesellschaft beteiligten Steuerpflichtigen, bei denen die Freigrenze nicht gewahrt ist, gilt § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG nicht.

Beispiel:

Der unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige A ist zu jeweils 20 Prozent am Nennkapital der Kapitalanlagegesellschaften K1, K2 und K3 beteiligt. Der unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige B ist zu jeweils 49 Prozent am Nennkapital dieser Gesellschaften beteiligt. Weder A noch B beherrscht eine der Gesellschaften im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG. Die Gesellschaften erzielen folgende Einkünfte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
K1
K2
K3
Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter
100.000 €
77.000 €
64.000 €
Zwischeneinkünfte
1.200.000 €
700.000 €
800.000 €

Bei K1 und K3 ist jeweils die gesellschaftsbezogene relative Freigrenze des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG gewahrt. Bei K1 beträgt das Verhältnis von Einkünften mit Kapitalanlagecharakter und den Zwischeneinkünften 8,33 Prozent, bei K3 8,0 Prozent. Bei K2 ist die relative Freigrenze überschritten; das entsprechende Verhältnis beträgt hier 11 Prozent.

In Bezug auf K2 ist die Anwendung des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG daher sowohl für A als auch für B ausgeschlossen.

Bei K2 und K3 ist jeweils die gesellschaftsbezogene absolute Freigrenze des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG gewahrt, da die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter jeweils 80.000 € nicht übersteigen. In Bezug auf K3 kommt § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG daher sowohl für A als auch für B zur Anwendung. Bei K1 ist die gesellschaftsbezogene absolute Freigrenze nicht gewahrt, weil deren Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter 80.000 € übersteigen.

Da bei K1 zwar die gesellschaftsbezogene relative, nicht aber die gesellschaftsbezogene absolute Freigrenze gewahrt ist, kommt es für die Anwendung des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG darauf an, ob die gesellschafterbezogene absolute Freigrenze auf Ebene von A und B gewahrt ist. Bei A ist diese gewahrt, da die außer Ansatz zu lassenden (Hinzurechnungs-)Beträge aus den Beteiligungen an K1 (= 20.000 €) und K3 (= 12.800 €) in Summe 32.800 € betragen und 80.000 € folglich nicht übersteigen. Bei B ist die Freigrenze nicht gewahrt, da die potenziell außer Ansatz zu lassenden (Hinzurechnungs-) Beträge aus den Beteiligungen an K1 (= 49.000 €) und K3 (= 31.360 €) in Summe 80.360 € betragen und folglich 80.000 € übersteigen.

Es ergibt sich folgende Übersicht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
K1
K2
K3
A
kein Ansatz [20.000 €]
15.400 €
kein Ansatz [12.800 €]
B
49.000 €
37.730 €
kein Ansatz [31.360 €]

13.1.4 Beteiligungen von weniger als einem Prozent (§ 13 Absatz 1 Satz 4 AStG)

726§ 13 Absatz 1 Satz 1 AStG gilt bei einer Beteiligung in Höhe von weniger als einem Prozent nur, wenn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft ausschließlich oder nahezu ausschließlich aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bestehen und mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft kein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens oder an einer in einem anderen Staat nach § 193 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 4 KAGB von der BaFin zugelassenen Börse stattfindet (§ 13 Absatz 1 Satz 4 AStG). Die Regelung knüpft die Anwendbarkeit der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung bei Beteiligungen in Höhe von weniger als einem Prozent somit an zusätzliche Voraussetzungen.

727Für die Prüfung des Vorliegens einer Beteiligung in Höhe von weniger als einem Prozent ist auf die unmittelbare und mittelbare Beteiligung am Nennkapital (oder einer strukturell vergleichbaren Bezugsgröße nach ausländischem Gesellschaftsrecht) der ausländischen Gesellschaft abzustellen (vgl. auch Tz. 13.1.1.3).

13.1.4.1 Ausschließlichkeitserfordernis

728§ 13 Absatz 1 Satz 4 AStG gilt nur für Fälle, in denen die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft ausschließlich oder nahezu ausschließlich aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bestehen. Dies ist erfüllt, wenn die gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft zu mindestens 90 Prozent aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter im Sinne des § 13 Absatz 2 oder 3 AStG bestehen (vgl. BT-Drs. 19/28652, 63; , BStBl II 1996 S. 122).

13.1.4.2 Börsenklausel

729Neben der Ausschließlichkeit (vgl. Tz. 13.1.4.1) setzt § 13 Absatz 1 Satz 4 AStG voraus, dass mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft kein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens oder an einer in einem anderen Staat nach § 193 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 4 KAGB von der BaFin zugelassenen Börse stattfindet (sog. Börsenklausel).

730Für Zwecke der Börsenklausel ist zunächst festzustellen, ob die ausländische Gesellschaft Aktien ausgegeben hat. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die ausländische Gesellschaft nach dem Rechtstypenvergleich (vgl. Tz. 7.1.1.3) strukturell einer AG entspricht und die ausgegebenen Anteile deren Aktienkapital repräsentieren.

731Hat die ausländische Gesellschaft keine Aktien ausgegeben, sind die Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 Satz 4 AStG bei Vorliegen des Ausschließlichkeitserfordernisses (vgl. Tz. 13.1.4.1) gegeben. Hat die ausländische Gesellschaft Aktien ausgegeben, sind diese zur Feststellung der Hauptaktiengattung gesellschaftsbezogen in Gattungen einzuteilen. Die Hauptaktiengattung bilden dabei die Aktien, die das Aktienkapital repräsentieren und i. d. R. auch Stimmrechte verleihen (vgl. BT-Drs. 19/28652, 63).

732§ 13 Absatz 1 Satz 4 AStG greift nur, wenn mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft kein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse im Sinne der Vorschrift stattfindet. Ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse liegt vor, wenn der Handel aktiv erfolgt und in kurzen Zeitabständen wiederholt stattfindet; die bloße Notierung an der Börse und nur vereinzelte Aktienübertragungen reichen hierfür nicht aus.

733Maßgebend ist der Handel an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens oder an einer in einem anderen Staat nach § 193 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 4 KAGB von der BaFin zugelassenen Börse. Eine Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens ist eine solche, die in dem jeweiligen EU- / EWR-Staat nach den Grundsätzen der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der RL 2002/92/EG und 2011/61/EU (sog. MiFID II) zugelassen ist. Die aktuelle Liste der nach § 193 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 4 KAGB zugelassenen Börsen ist im Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Schreibens auf der Internetseite der BaFin abrufbar:

https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentscheidung/WA/ae_080208_boersenInvG.html.

13.2 Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 Absatz 2 AStG)

734Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter sind Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinne und -verluste, die aus dem Halten, der Verwaltung, der Werterhaltung oder der Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Forderungen, Wertpapieren, Beteiligungen (ausgenommen aktive Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 und 8 AStG) oder ähnlichen Vermögenswerten stammen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass sie aus einer Tätigkeit stammen, die einer unter § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 AStG fallenden eigenen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft dient (§ 13 Absatz 2 AStG).

735Die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter bilden einen Teilbereich der passiven Einkünfte. Dementsprechend können nur passive Einkünfte als Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter qualifizieren. Aktive Einkünfte, insbesondere solche im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 3 AStG, sind keine Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter.

736Die Grundsätze der funktionalen Betrachtungsweise (vgl. Tz. 8.0.3) gelten im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung entsprechend. Danach bestimmt sich insbesondere, ob ein Veräußerungsgewinn oder -verlust aus dem Halten, der Verwaltung, der Werterhaltung oder der Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Forderungen, Wertpapieren, Beteiligungen (ausgenommen aktive Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 und 8 AStG) oder ähnlichen Vermögenswerten stammt (vgl. auch Tz. 8.0.4). Zu den Einkünften mit Kapitalanlagecharakter gehören auch diesen funktional zuzuordnende Nebenerträge, z. B. aus Sicherungsgeschäften.

737Die Ermittlung der Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter, einschließlich Veräußerungsgewinne und -verluste, hat nach § 10 Absatz 3 bis 5 AStG zu erfolgen (vgl. § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG).

13.2.1 Halten, Verwaltung, Werterhaltung oder Werterhöhung

738Das Vorliegen von Einkünften mit Kapitalanlagecharakter setzt voraus, dass die Einkünfte aus dem Halten, der Verwaltung, der Werterhaltung oder der Werterhöhung der in § 13 Absatz 2 Halbsatz 1 AStG aufgeführten Vermögenswerte stammen.

739Ein Halten der Vermögenswerte ist gegeben, wenn diese dem Steuerpflichtigen nach Maßgabe der §§ 39 ff. AO steuerlich zuzurechnen sind. Zum Halten der Vermögenswerte zählt in funktionaler Hinsicht auch deren Veräußerung.

740Die Verwaltung der Vermögenswerte erstreckt sich auf sämtliche Nutzungsformen. Dazu gehören insbesondere die Fruchtziehung, das Finanzierungsleasing (Hinweis auf Tz. 8.1.6.1), soweit es sich nicht um eine Vermietungstätigkeit handelt, und Factoring. Die Verwaltung kann auch fremde Vermögenswerte umfassen.

741Zur Werterhaltung zählen insbesondere Termingeschäfte. Werterhöhungen werden insbesondere durch die Veräußerung der Vermögenswerte realisiert.

13.2.2 Vermögenswerte

742Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter stammen aus dem Halten, der Verwaltung, der Werterhaltung oder der Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Forderungen, Wertpapieren, Beteiligungen (ausgenommen aktive Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 und 8 AStG) oder ähnlichen Vermögenswerten.

743Zu den Einkünften mit Kapitalanlagecharakter zählen auch Einkünfte aus Finanzinnovationen (vgl. BT-Drs. 19/28652, 63).

13.2.2.1 Zahlungsmittel

744Zahlungsmittel sind insbesondere Bargeld (Münzen und Banknoten), Bankguthaben auf Girokonten, Schecks und Wechsel. Auch virtuelle Währungen wie insbesondere Bitcoin, Ether, Litecoin und Ripple (vgl. hierzu BStBl 2022 I S. 668, Rn. 1) fallen unter den Begriff des Zahlungsmittels. Auf die Währung und die Zulassung als gesetzliches Zahlungsmittel kommt es insoweit nicht an.

745Kursgewinne und -verluste gehören zu den Einkünften mit Kapitalanlagecharakter, soweit diese realisiert sind und der Steuerpflichtige nicht nachweist, dass sie aus einer Tätigkeit stammen, die einer unter § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 AStG fallenden eigenen Tätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft dient.

13.2.2.2 Forderungen

746Eine Forderung vermittelt das Recht, von einem anderen die Erbringung einer Leistung an den Forderungsinhaber zu verlangen. Forderungen in diesem Sinne sind insbesondere Forderungen aus (Bank-)Guthaben, Darlehens- und Versicherungsverträgen, Schuldverschreibungen und Anleihen sowie Beteiligungen stiller Gesellschafter. Der Forderungsbegriff ist nicht auf Geldforderungen begrenzt. Der Annahme einer Forderung steht es nicht entgegen, wenn diese bedingt, besichert oder bestritten ist.

13.2.2.3 Wertpapiere

747Wertpapiere sind verbriefte Forderungen. Dabei handelt es sich insbesondere um Aktien, Anteilsscheine an Kapitalgesellschaften, Genuss-, Gewinnanteils-, Zins- und Erneuerungsscheine, Hypotheken- und Grundschuldbriefe, Obligationen, Anleihen und Pfandbriefe. Auf die (steuer-)bilanzielle Behandlung des Wertpapieres bei der Kapitalanlagegesellschaft kommt es insoweit nicht an.

13.2.2.4 Beteiligungen

748Beteiligungen sind Anteile an in- oder ausländischen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen (einschließlich optierender Gesellschaften im Sinne des § 1a KStG), deren Einkommen nicht unmittelbar bei einer anderen Person zu versteuern ist (vgl. § 3 Absatz 1 KStG). Anteile an Rechtsträgern, deren Einkommen unmittelbar bei einer anderen Person zu versteuern ist (insbesondere Personengesellschaften, Mitunternehmerschaften und Gemeinschaften), sind keine Beteiligungen in diesem Sinne. Das Vorliegen einer Beteiligung richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Gesellschaftsrecht (vgl. auch Tz. 7.1.1.5).

749Aktive Einkünfte im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 7 und 8 AStG (vgl. hierzu Tzn. 8.1.7 und 8.1.8) sind keine Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter, auch wenn sie aus dem Halten, der Verwaltung, der Werterhaltung oder der Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Forderungen, Wertpapieren, Beteiligungen oder ähnlichen Vermögenswerten stammen.

13.2.2.5 Ähnliche Vermögenswerte

750Bei den ähnlichen Vermögenswerten handelt es sich um einen Auffangtatbestand. Ähnliche Vermögenswerte in diesem Sinne sind z. B. Rechte an Trusts und Emissionsrechte.

13.2.3 Nachweis eines funktionalen Zusammenhangs mit einer aktiven Tätigkeit

751Einkünfte im Sinne des § 13 Absatz 2 Halbsatz 1 AStG sind keine Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Einkünfte aus einer Tätigkeit stammen, die einer unter § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 AStG fallenden eigenen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft dient (§ 13 Absatz 2 Halbsatz 2 AStG).

752Danach ist die Anwendung der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung ausgeschlossen, wenn die Tätigkeit, aus der die Einkünfte im Sinne des § 13 Absatz 2 Halbsatz 1 AStG stammen, nach den Maßstäben der funktionalen Betrachtungsweise einer nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 bis 6 AStG aktiven Tätigkeit der Kapitalanlagegesellschaft dient, auf der nach allgemeiner Verkehrsauffassung das wirtschaftliche Schwergewicht liegt (vgl. zur funktionalen Betrachtungsweise Tz. 8.0.3).

13.3 Einkünfte aus REIT-Aktiengesellschaften (§ 13 Absatz 3 AStG)

753Zu den Einkünften mit Kapitalanlagecharakter gehören auch die Einkünfte aus einer Gesellschaft im Sinne des § 16 des REIT-Gesetzes vom (BGBl 2007 I S. 914) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, dass mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse der in § 13 Absatz 1 Satz 4 AStG genannten Art stattfindet (§ 13 Absatz 3 AStG).

754Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter im Sinne der Vorschrift sind insbesondere Ausschüttungen von REIT-Aktiengesellschaften, die nach § 16 REITG von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind, sowie die Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Aktien entsprechender Gesellschaften. Die Einkünfte sind nach Maßgabe des § 10 Absatz 3 bis 5 AStG zu ermitteln (vgl. § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG); dabei sind die §§ 19 und 19a REITG zu beachten.

755Entsprechende Einkünfte qualifizieren nicht als solche mit Kapitalanlagecharakter, wenn mit der Hauptgattung der Aktien der Kapitalanlagegesellschaft ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse der in § 13 Absatz 1 Satz 4 AStG genannten Art stattfindet. Insoweit wird auf Tz. 13.1.4.2 verwiesen.

13.4 Entsprechende Geltung des § 8 Absatz 2 und 5 sowie der §§ 10 bis 12 AStG

756§ 8 Absatz 2 und 5 sowie die §§ 10 bis 12 AStG gelten im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung entsprechend (§ 13 Absatz 4 Satz 1 AStG). Abweichend hiervon gilt § 8 Absatz 2 AStG nicht entsprechend, wenn der Staat, in dem die Gesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind (§ 13 Absatz 4 Satz 2 AStG).

13.4.1 Verweis auf § 8 Absatz 2 und 5 sowie die §§ 10 bis 12 AStG (§ 13 Absatz 4 Satz 1 AStG)

757Im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung gelten nach § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG folgende Vorschriften der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung entsprechend:

758Die territoriale Beschränkung des Motivtests auf EU- / EWR-Staaten nach § 8 Absatz 3 AStG gilt im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung nicht. Der Motivtest ist daher auch in Fällen eröffnet, in denen die Kapitalanlagegesellschaft ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in einem Drittstaat hat.

759§ 9 AStG gilt im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung nicht. Stattdessen gilt die Freigrenze des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG (vgl. auch Tzn. 9 und 13.1.3). Für die entsprechende Anwendung des § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG hat dies zur Folge, dass Verluste, die bei Einkünften mit Kapitalanlagecharakter entstanden sind, in entsprechender Anwendung des § 10d EStG abgezogen werden können, soweit sie die nach § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG außer Ansatz zu lassenden Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter übersteigen (zu Verlusten im Übrigen vgl. Tz. 10.3.5).

760Für Zwecke der entsprechenden Anwendung des § 12 Absatz 2 AStG im Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung liegt eine vergleichbare Besteuerung vor, wenn diese mit der allgemeinen (einschließlich der verschärften) oder erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung vergleichbar ist (zur Vergleichbarkeit im Übrigen vgl. Tzn. 7.1.2.2 und 12.2).

13.4.2 Ausschluss des Motivtests (§ 13 Absatz 4 Satz 2 AStG)

761Nach § 13 Absatz 4 Satz 2 AStG ist der Motivtest nach § 8 Absatz 2 AStG ausgeschlossen, wenn der Staat, in dem die Kapitalanlagegesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, im Wege des zwischenstaatlichen Informationsaustausches keine Auskünfte erteilt, die zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sind. Die Vorschrift entspricht dem im Bereich der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung geltenden § 8 Absatz 4 AStG und hat zur Folge, dass die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung auch dann anwendbar ist, wenn für die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit nach Maßgabe des § 8 Absatz 2 AStG nachgewiesen wird. Im Einzelnen wird auf Tz. 8.4 verwiesen.

13.5 Verhältnis zwischen erweiterter Hinzurechnungsbesteuerung und Investmentbesteuerung (§ 13 Absatz 5 AStG)

762§ 13 Absatz 5 AStG regelt das Verhältnis zwischen erweiterter Hinzurechnungsbesteuerung und Investmentbesteuerung zugunsten eines Vorrangs der Investmentbesteuerung. Die Nichtanwendbarkeit der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung gilt nach Satz 2 der Vorschrift auch im Hinblick auf einem Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds nachgeschaltete Kapitalanlagegesellschaften.

763§ 13 Absatz 5 AStG gilt ausschließlich im Anwendungsbereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung; im Anwendungsbereich der allgemeinen einschließlich der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung gilt ausschließlich § 7 Absatz 5 AStG. In Beherrschungssituationen ist § 13 Absatz 5 AStG daher nicht anwendbar (vgl. auch Tz. 13.1.1.7).

764Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Investmentbesteuerung im Allgemeinen wird auf Tz. 7.5 verwiesen.

13.5.1 Ausländischer Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds als Kapitalanlagegesellschaft (§ 13 Absatz 5 Satz 1 AStG)

765Nach § 13 Absatz 5 Satz 1 AStG ist § 13 Absatz 1 bis 4 AStG und damit die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung nicht anzuwenden, wenn auf die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, die Vorschriften des InvStG in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind.

766Bei den Einkünften mit Kapitalanlagecharakter, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, handelt es sich um die nach Maßgabe des § 8 Absatz 5 AStG niedrig besteuerten Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter im Sinne des § 13 Absatz 2 und 3 AStG der Kapitalanlagegesellschaft (vgl. hierzu Tz. 13.1.1.5).

767Im Übrigen gelten die Ausführungen unter Tz. 7.5.1 entsprechend.

13.5.2 Zwischenschaltung eines in- oder ausländischen Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds (§ 13 Absatz 5 Satz 2 AStG)


768Nach § 13 Absatz 5 Satz 2 AStG sind mittelbare Beteiligungen für den Steuerpflichtigen nach § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG unbeachtlich, wenn er diese über einen Investmentfonds oder einen Spezial-Investmentfonds im Sinne des InvStG hält. Danach scheidet die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung im Hinblick auf mittelbare Beteiligungen aus, die der unbeschränkt Steuerpflichtige über einen inländischen Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds im Sinne des § 2 Absatz 2 InvStG oder einen ausländischen Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds im Sinne des § 2 Absatz 3 InvStG an einer Kapitalanlagegesellschaft hält (zum Begriff der mittelbaren Beteiligung siehe Tz. 7.1.1.5). Die Anwendung der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung ist damit über die Fälle des § 13 Absatz 5 Satz 1 AStG hinaus auch im Hinblick auf Kapitalanlagegesellschaften ausgeschlossen, die einem entsprechenden Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds im Beteiligungsstrang nachgeschaltet sind.

14 Nachgeschaltete Zwischengesellschaften (§ 14 AStG a. F.)

769§ 14 AStG in der bis zum gültigen Fassung wurde durch Artikel 5 Nummer 8 ATADUmsG vom (BGBl 2021 I S. 2035) mit Wirkung zum aufgehoben.

15 Familienstiftungen

15.0 Vor § 15 AStG

15.0.1 Aufbau und Struktur

770§ 15 AStG regelt die Zurechnung von Vermögen und Einkünften von Familienstiftungen oder diesen gleichstehenden sonstigen Zweckvermögen, Vermögensmassen und rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen (bspw. Trusts) mit Sitz und Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereiches des AStG an unbeschränkt steuerpflichtige Stifter oder bezugs- oder anfallsberechtigte Personen (Zurechnungsbesteuerung).

771Die Vermögensteuer wird in Deutschland seit dem nicht mehr erhoben und bei der Erbschaftsteuer findet eine Zurechnung nach § 15 Absatz 1 Satz 2 AStG ausdrücklich nicht statt. § 15 AStG hat deshalb nur in Bezug auf die Einkünfte Bedeutung.

772Die Zurechnungsbesteuerung setzt – anders als § 8 AStG im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung – keine niedrige Besteuerung der Einkünfte der Familienstiftung im Ausland voraus. Auch wird nicht zwischen passiven und aktiven Einkünften unterschieden.

773Die Vorschriften der DBA stehen einer Zurechnung nach § 15 AStG nicht entgegen, vgl. § 20 Absatz 1 AStG.

774Die Zurechnungsbesteuerung lässt die ertragssteuerliche Erfassung von Zuwendungen einer Familienstiftung unberührt.

15.0.2 Verhältnis zu Vorschriften der AO

775§ 15 AStG ist nicht anwendbar, wenn die zur Erzielung der Einkünfte verwendeten Wirtschaftsgüter bereits nach allgemeinen Grundsätzen, insbesondere nach § 39 Absatz 2 Nummer 1 AO, den hinter der Familienstiftung stehenden Personen zuzurechnen sind (, BStBl II 2014 S. 361). Es ist also vorrangig zu prüfen, ob die der Familienstiftung zivilrechtlich übertragenen Wirtschaftsgüter auch in deren wirtschaftlichen Eigentum stehen. Für die Anwendung des § 15 AStG bleibt dann kein Raum, wenn die betreffenden Wirtschaftsgüter bzw. die daraus resultierenden Einkünfte nicht der Familienstiftung, sondern bspw. weiterhin dem Stifter steuerlich zuzurechnen sind.

776Zur Prüfung der Voraussetzungen des § 39 Absatz 2 Nummer 1 AO sind deshalb im Einzelfall Ermittlungen anzustellen, wem die betreffenden Wirtschaftsgüter zuzurechnen sind, insbesondere, ob eine vom Zivilrecht abweichende Zurechnungsentscheidung nach § 39 Absatz 2 AO zu treffen ist. Dabei sind die gesamten Vertragsgestaltungen, einschließlich Nebenabreden (z. B. „letter of wishes“), und deren tatsächliche Durchführung zu prüfen. Legen die Stiftungsstatuten die Beendigung der Familienstiftung in die (ggf. freie) Hand des Stifters (oder eines von ihm kontrollierten Gremiums) und ordnen sie für diesen Fall die Auskehrung des Stiftungsvermögens an den Stifter an, ist das wirtschaftliche Eigentum im Sinne des § 39 Absatz 2 Nummer 1 AO regelmäßig nicht auf die Familienstiftung übergegangen.

777Grundsätzlich kann bei derartigen Gestaltungen nicht allein auf die offizielle Gründungsurkunde und auf Ergänzungsstatuten und -regularien abgestellt werden, da diese zum einen den zivilrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen müssen und zum anderen inhaltlich nicht unbedingt das wiedergeben, was die Beteiligten in Wirklichkeit anstreben und wie die tatsächliche Handhabung erfolgt. In Zweifelsfällen sollte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, ein Auskunftsersuchen an den Sitzstaat der Familienstiftung zu richten und um Übermittlung sämtlicher diesbezüglicher Unterlagen zu bitten. Letztlich ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller genannten Gesichtspunkte und der tatsächlichen Durchführung anzustellen.

778§ 15 AStG findet losgelöst von § 42 AO Anwendung (, BStBl 1994 II S. 727; ). Unter § 15 AStG sind deshalb unabhängig von den bei der Gründung verfolgten Absichten alle Stiftungen zu fassen, die die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift erfüllen. Ist der Tatbestand des § 15 AStG erfüllt, entfällt die Anwendung von § 42 AO. § 42 AO ist aber zu prüfen, wenn auf missbräuchliche Weise die Vorschrift des § 15 AStG umgangen wird.

15.0.3 Verhältnis zu den Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 bis 13 AStG)

779Zur Abgrenzung der Vorschriften der §§ 7 bis 13 AStG einerseits und des § 15 AStG andererseits vgl. Tz. 7.1.1.3.

15.0.4 Beschränkte Steuerpflicht der ausländischen Familienstiftung

780§ 15 AStG lässt eine beschränkte Steuerpflicht der ausländischen Familienstiftung hinsichtlich ihrer inländischen Einkünfte unberührt. Die danach erhobene deutsche Steuer wird nach § 15 Absatz 5 AStG auf die Steuer angerechnet, die auf den Zurechnungsbetrag entfällt.

15.0.5 Verhältnis zur Erbschaft- und Schenkungsteuer

781Die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer einerseits und die Zurechnungsbesteuerung andererseits schließen sich grundsätzlich nicht aus (vgl. , BStBl II 2022 S. 497). In diesem Fall liegt weder eine unzulässige Doppelbesteuerung noch eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung vor.

15.0.6 Feststellungslast

782Für die Verteilung der Feststellungslast bei der Anwendung der Zurechnungsbesteuerung gelten die allgemeinen Grundsätze. Danach trägt die Finanzverwaltung grundsätzlich die Feststellungslast für steuererhöhende und der unbeschränkt steuerpflichtige Stifter bzw. die unbeschränkt steuerpflichtige bezugs- oder anfallsberechtigte Person die Feststellungslast für steuermindernde Tatsachen (vgl. exemplarisch , BStBl II 1971 S. 220).

783Im Zusammenhang mit der Feststellungslast der Finanzverwaltung sind die erweiterten Mitwirkungspflichten des unbeschränkt steuerpflichtigen Stifters bzw. der unbeschränkt steuerpflichtigen bezugs- oder anfallsberechtigten Person zu beachten (vgl. § 90 Absatz 2 AO; § 17 Absatz 1 AStG; § 18 Absatz 4 AStG). Verletzt der unbeschränkt steuerpflichtige Stifter bzw. die unbeschränkt steuerpflichtige bezugs- oder anfallsberechtigte Person diese Mitwirkungspflichten, kommt es regelmäßig zu einer Reduzierung des Beweismaßes der Finanzverwaltung (vgl. exemplarisch , BStBl 1989 II S. 462).

784Der unbeschränkt steuerpflichtige Stifter bzw. die unbeschränkt steuerpflichtige bezugs- oder anfallsberechtigte Person trägt insbesondere für folgende Tatsachen die Feststellungslast:

15.1 Grundtatbestand (§ 15 Absatz 1 AStG)

15.1.1 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich

785Nach § 15 Absatz 1 AStG erstreckt sich der persönliche Anwendungsbereich auf unbeschränkt steuerpflichtige Stifter und auf andere unbeschränkt steuerpflichtige Personen, die bezugs- oder anfallsberechtigt sind. Der persönliche Anwendungsbereich umfasst somit sowohl natürliche als auch juristische Personen als Zurechnungssubjekte.

15.1.1.1 Stifter

786Unter dem Stifter ist die Person zu verstehen, die die Familienstiftung errichtet hat, die der Stiftung selbst Vermögen zugewendet hat oder für deren Rechnung Vermögen auf die Familienstiftung übertragen wurde (, BStBl II 1993 S. 388). Der Stifter ist nach der Art einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu bestimmen. Als Stifter kommen sowohl Personen in Betracht, die eine Familienstiftung erstmalig mit Vermögen ausstatten (Erstdotation) als auch Personen, die eine bereits bestehende Familienstiftung mit zusätzlichem Vermögen – auch in Form einer freien Kapitalrücklage – ausstatten (Zustiftung). Als Stifter können auch mehrere Personen (z. B. Ehegatten) in Betracht kommen. Ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Stiftern ist nicht erforderlich. Der Begriff des Stifters ist im Rahmen des § 15 AStG höchstpersönlich zu verstehen. Der Erbe des Stifters kann nicht deshalb als Stifter angesehen werden, weil er der Gesamtrechtsnachfolger des Stifters ist. Er kann jedoch Bezugs- oder Anfallsberechtigter sein (vgl. Tz. 15.1.1.2). Tatbestandsmäßig muss der Stifter nicht zur gleichen Zeit Bezugs- oder Anfallsberechtigter sein.

15.1.1.2 Bezugs- und Anfallsberechtigte (sog. Destinatäre)

787Subsidiär zur Stellung des Stifters stehen die Tatbestandsvoraussetzungen der Bezugs- und Anfallsberechtigung als gleichrangige Alternativen nebeneinander (). Bezugs- und Anfallsberechtigte müssen nicht zum Personenkreis des § 15 Absatz 2 AStG gehören.

788Bezugsberechtigter ist eine Person, die nach der Satzung der Familienstiftung in der Gegenwart oder in der Zukunft Vermögensvorteile aus der Familienstiftung erhält oder erhalten wird oder bei der nach der Satzung damit gerechnet werden kann, dass sie Vermögensvorteile erhalten wird. Eine Bezugsberechtigung setzt nicht voraus, dass ein Rechtsanspruch der bezugsberechtigten Person auf die Erträge des Stiftungsvermögens besteht. Anfallsberechtigter ist eine Person, die die Übertragung des Stiftungsvermögens rechtlich verlangen oder tatsächlich bewirken kann. Eine Anfallsberechtigung setzt nicht voraus, dass ein Rechtsanspruch der anfallsberechtigten Person auf den Anfall des Vermögens besteht. Die Zurechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anfallsberechtigte bis zum Anfall des Vermögens bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters keine Zuwendungen von der Familienstiftung erhält (vgl. ).

789Eine Bezugs- oder Anfallsberechtigung ist auch dann anzunehmen, wenn in der Satzung bestimmt ist, dass die Berechtigung an ein zukünftiges Ereignis anknüpft. Dies gilt sowohl für zukünftige ungewisse Ereignisse (Bedingungen), wie z. B. das Erreichen eines bestimmten Alters oder das Überleben einer Person, als auch für zukünftige gewisse Ereignisse, die zu einem gewissen oder ungewissen Zeitpunkt eintreten (Befristungen), wie z. B. das Erreichen eines bestimmten Datums oder der Tod einer Person.

790Zufallsdestinatäre gehören weder zu dem Kreis der bezugs- noch zu dem Kreis der anfallsberechtigten Personen und damit nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des § 15 AStG. Als Zufallsdestinatäre sind Personen anzusehen, deren Bezugs- oder Anfallsberechtigung bloß spekulativer Natur ist. Zufallsdestinatären fehlt daher eine gesicherte Rechtsposition, so dass keine Prognose über den Zufluss von Stiftungsleistungen getroffen werden kann. Bei Zufallsdestinatären entfällt daher eine Zurechnung nach § 15 AStG.

15.1.1.3 Unbeschränkte Steuerpflicht

791§ 15 Absatz 1 AStG setzt die unbeschränkte Steuerpflicht des Stifters oder der Bezugs- oder Anfallsberechtigten voraus. Zur unbeschränkten Steuerpflicht vgl. Tz. 7.1.1.2.

15.1.1.4 Ausländische Familienstiftung

792Die Familienstiftung muss für die Anwendung des § 15 AStG ihren Sitz (§ 11 AO) und den Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) außerhalb des Geltungsbereichs des AStG (im Ausland) haben. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen der Familienstiftung vgl. § 15 Absatz 2 AStG sowie Tz. 15.2.

15.1.2 Zurechnung von Einkünften und Vermögen als Rechtsfolge

793Gem. § 15 Absatz 1 AStG werden die Einkünfte und das Vermögen den unbeschränkt steuerpflichtigen Stiftern bzw. den Bezugs- oder Anfallsberechtigten zugerechnet. Die in § 15 Absatz 1 AStG genannten Zurechnungssubjekte erzielen keine originären eigenen Einkünfte, ihnen werden vielmehr für Zwecke der Besteuerung Einkünfte zugerechnet. Hinsichtlich der Vermögenszurechnung hat die Vorschrift keine Bedeutung (vgl. Tz. 15.0.1). Zu der Frage der Einkunftsart beim Zurechnungssubjekt vgl. § 15 Absatz 8 AStG und Tz. 15.8.

15.1.2.1 Zurechnung „entsprechend ihrem Anteil“

794Gem. § 15 Absatz 1 Satz 1 AStG erfolgt eine Zurechnung vorrangig gegenüber dem Stifter, wenn er unbeschränkt steuerpflichtig ist (alleinige Zurechnung). Dabei ist unbeachtlich, ob er oder andere Personen bezugs- oder anfallsberechtigt sind (vgl. , BStBl II 1993 S. 388, Rn. 12 und 13). Im Rahmen dieses Vorrangverhältnisses findet eine Aufteilung der Zurechnung nur dann statt, wenn mehrere Stifter die Familienstiftung errichtet haben oder der Fall einer Zustiftung gegeben ist. Der auf den einzelnen Stifter entfallende Anteil an den gesamten Stiftungseinkünften ermittelt sich nach dem Verhältnis des jeweils auf die Familienstiftung übertragenen gemeinen Wertes des Vermögens. Soweit im Zeitpunkt der Zurechnung ein oder mehrere Stifter nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, erfolgt eine Zurechnung bei den unbeschränkt steuerpflichtigen bezugsoder anfallsberechtigten Personen. Auf Ebene der bezugs- und anfallsberechtigten Personen ist für die Aufteilung der Stiftungseinkünfte das Verhältnis der Berechtigungen nach dem gemeinen Wert nach Bezugs- oder Anfallsberechtigung getrennt maßgebend. Die Zurechnung nach § 15 AStG erfolgt auch, wenn der Stifter bei der Errichtung nicht unbeschränkt steuerpflichtig war.

Beispiel:

Die unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter S1 und S2 haben jeweils 500.000 € der von ihnen errichteten ausländischen Familienstiftung F zugewendet. Der unbeschränkt steuerpflichtige Neffe N1 des S1 und der nicht unbeschränkt steuerpflichtige Neffe N2 des S2 sind bezugsberechtigt. S2 verzieht ins Ausland und ist somit nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig. Im Jahr 01 erzielt die F Einkünfte in Höhe von 100.000 €.

Da S1 und S2 jeweils hälftig der F 1.000.000 € zugewendet haben, werden dem S1 Einkünfte in Höhe von 50.000 € zugerechnet. Die übrigen 50.000 €, die dem S2 mangels unbeschränkter Steuerpflicht nicht zugerechnet werden können, werden zu 50 Prozent (25.000 €) dem unbeschränkt steuerpflichtigen N1 zugerechnet und nicht dem S1. Eine Zurechnung bei N2 kann mangels unbeschränkter Steuerpflicht nicht erfolgen.

15.1.2.2 Zeitpunkt der Zurechnung

795Die Zurechnung der Einkünfte der ausländischen Familienstiftung erfolgt in dem Veranlagungszeitraum, in dem deren Geschäftsjahr endet.

15.2 Familienstiftung (§ 15 Absatz 2 AStG)

15.2.1 Definition der Familienstiftung

796Die Anwendung des § 15 Absatz 1 AStG setzt das Vorhandensein einer Familienstiftung im Sinne des § 15 Absatz 2 AStG voraus. Danach ist eine Familienstiftung gegeben, wenn die Stifter, ihre Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind.

15.2.2 Charakteristikum einer ausländischen Familienstiftung

797Das ausländische Rechtsgebilde muss eine der deutschen Stiftung vergleichbare Rechtsform aufweisen. Als Maßstab ist die in den §§ 80 bis 88 BGB geregelte, mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattete und ohne mitgliedschaftliche Organisation ausgestaltete privatnützige Stiftung heranzuziehen, die die Aufgabe hat, den vom Stifter festgelegten Zweck dauerhaft mit Hilfe eines dafür gewidmeten Vermögens zu verfolgen. Dabei kommt es nicht auf die formale Bezeichnung des ausländischen Rechtsgebildes an, sondern im Rahmen eines Rechtstypenvergleiches ist die entsprechende Struktur festzustellen. Wesentliche Vergleichskriterien sind danach eine zweckgebundene Widmung von Vermögen in ein Zweckvermögen, die fehlende mitgliedschaftliche Organisation, die fehlende Verkörperung des Vermögens in Anteilen, die vermögensrechtliche Abschirmwirkung gegenüber dem Stifter und die Bestimmung von Begünstigten. Eine fehlende Rechtsfähigkeit des ausländischen Rechtsgebildes nach dem ausländischen Recht ist kein Ausschlusskriterium für die Vergleichbarkeit und mithin keine Voraussetzung des § 15 AStG (, BStBl II 1993 S. 388).

15.2.3 Familiär berechtigte Personen

798Die Familienstiftung setzt voraus, dass die Stifter, ihre Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind. Dabei ist es im Rahmen des § 15 Absatz 2 AStG nicht erforderlich, dass die genannte Gruppe der Berechtigten insgesamt unbeschränkt steuerpflichtig sein muss, um eine Familienstiftung zu begründen. Als Angehörige der Stifter gelten die in § 15 AO genannten Personen. Als Abkömmlinge gelten die in absteigender Linie (im Rechtssinne) verwandten Personen gem. § 1589 und §§ 1924 ff. BGB. Die Abkömmlinge der Stifter unterfallen dem Begriff der Angehörigen. Die in der Aufzählung des für die mehr als hälftige Bezugs- oder Anfallsberechtigung relevanten Personenkreises enthaltene Konjunktion „und“ ist derart auszulegen, dass nicht alle erwähnten Personen berechtigt sein müssen, sondern zur Bestimmung des Umfangs der Berechtigungen diese addiert werden.

Beispiel:

Der unbeschränkt Steuerpflichtige S ist Stifter einer ausländischen Familienstiftung. Sein beschränkt steuerpflichtiger Bruder B ist gegenüber der Familienstiftung zu 60 Prozent bezugsberechtigt. Der unbeschränkt steuerpflichtige Sohn des B, C, ist weder bezugs- noch anfallsberechtigt.

Die Voraussetzungen der Familienstiftung nach § 15 Absatz 2 AStG sind erfüllt. Der Bruder B des Stifters S ist zu mehr als der Hälfte bezugsberechtigt. Dass B nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, ist für die Qualifikation als Familienstiftung unerheblich. Die Tatsache, dass das Gesetz die „Angehörigen und deren Abkömmlinge“ erwähnt, setzt nicht voraus, dass zur Erfüllung des § 15 Absatz 2 AStG auch C als Abkömmling des B gegenüber der Familienstiftung berechtigt sein muss. Im Ergebnis werden die Einkünfte der ausländischen Familienstiftung dem S zugerechnet.

15.2.4 Zu mehr als der Hälfte berechtigt

799Der maßgebende Tatbestand für das Merkmal „zu mehr als der Hälfte“ sind die Bezugs- oder die Anfallsberechtigung der Stifter, ihrer Angehörigen und deren Abkömmlinge entsprechend den gemeinen Werten ihrer wirtschaftlichen Begünstigungen. Dabei sind die Werte der Bezugs- oder Anfallsberechtigungen in einem ersten Schritt jeweils separat zu ermitteln. Es genügt, wenn ein oder mehrere Abkömmlinge allein oder zusammen zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind (, BStBl II 1993 S. 388). Die Bezugsgröße für das Merkmal „zu mehr als der Hälfte“ bezieht sich auf das Ende des maßgebenden Geschäftsjahres der Familienstiftung. Sowohl hinsichtlich des betroffenen Personenkreises als auch hinsichtlich der Berechtigungsgrenze sind die Bezugs- und die Anfallsberechtigten zwei voneinander getrennte alternative Tatbestandselemente. Diese können aber auch gemeinsam zu einer Berechtigung von mehr als der Hälfte im Sinne des § 15 Absatz 2 AStG führen. Danach ist eine Familienstiftung gegeben, wenn die Stifter oder die Familienangehörigen allein oder zusammen die mehr als hälftige Berechtigungsgrenze hinsichtlich der Bezugsberechtigung und / oder hinsichtlich der Anfallsberechtigung erfüllen.

Beispiel:

Der bereits verstorbene Stifter S war Stifter einer ausländischen Familienstiftung. Sein unbeschränkt steuerpflichtiger Neffe N1 ist zu 30 Prozent bezugsberechtigt und sein beschränkt steuerpflichtiger Neffe N2 ist zu 30 Prozent anfallsberechtigt.

Die Voraussetzungen der Familienstiftung nach § 15 Absatz 2 AStG sind erfüllt. Die Voraussetzung der mehr als hälftigen Bezugsberechtigung oder mehr als hälftigen Anfallsberechtigung sind gegeben.

15.3 Die Unternehmensstiftung (§ 15 Absatz 3 AStG)

15.3.1 Der Stifter im Sinne von § 15 Absatz 3 AStG

800§ 15 Absatz 3 AStG erweitert den Anwendungsbereich des § 15 Absatz 1 AStG auf unternehmensbezogene Stiftungen (Unternehmensstiftung). Das sind solche Stiftungen, die im Rahmen eines Unternehmens gegründet worden sind.

801Die Unternehmereigenschaft muss in der Person des Stifters erfüllt sein. Es kommt aber nicht darauf an, ob die Errichtung der Stiftung betrieblich veranlasst ist. Die Stiftung kann auch von mehreren Unternehmern errichtet werden. Weiterhin können auch Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen als Stifter gelten. Hinsichtlich der genannten Rechtsträger ist § 1 KStG zu deren Bestimmung heranzuziehen. Bezüglich des Merkmals „Stifter“ vgl. Tz. 15.1.1.1.

15.3.2 Errichtung einer ausländischen Stiftung

802Die Stiftung muss Sitz (§ 11 AO) und Geschäftsleitung (§ 10 AO) außerhalb des Geltungsbereiches des AStG (im Ausland) haben.

15.3.3 Bezugs- oder anfallsberechtigte Personen des § 15 Absatz 3 AStG

803Sowohl auf Ebene des Stifters als auch auf Ebene der bezugs- oder anfallsberechtigten Personen muss der Bezug zum Unternehmen, in dessen Rahmen die Stiftung gegründet wurde, gegeben sein.

15.3.3.1 Der Stifter als bezugs- oder anfallsberechtigte Person

804Bezugs- oder anfallsberechtigte Person kann der Stifter selbst sein. Vgl. auch Tz. 15.1.1.1.

15.3.3.2 Gesellschafter des Stifters

805Gesellschafter des Stifters ist eine Person mit Beteiligungsrechten an den aufgezählten potenziellen Stiftern (vgl. Tz. 15.3.1). Damit kommen als begünstigte Bezugs- oder Anfallsberechtigte nur Gesellschafter von als Stifter anzusehenden Körperschaften und Personenvereinigungen in Betracht.

15.3.3.3 Vom Stifter abhängige Gesellschaften

806Unter den Personenkreis der Bezugs- oder Anfallsberechtigten können auch vom Stifter abhängige Gesellschaften fallen. Als abhängig gilt eine Gesellschaft, wenn sie von dem Stifter finanziell, wirtschaftlich, organisatorisch oder gesellschaftsrechtlich abhängig ist.

15.3.3.4 Mitglieder des Stifters

807Die Mitgliedschaft zeichnet sich vornehmlich dadurch aus, dass nicht die vermögensmäßige Beteiligung ausschlaggebend ist. Vielmehr steht das Recht, durch Stimmabgabe auf die Geschicke der Stiftung Einfluss nehmen zu können, im Vordergrund. Dies umfasst bspw. den Fall, dass eine ausländische Stiftung durch einen Verein gegründet wird, dessen Mitglieder zu den Bezugs- oder Anfallsberechtigten gehören.

15.3.3.5 Vorstandsmitglieder des Stifters

808Kennzeichnend für die Funktion des Vorstands ist seine Position als gesetzlicher Vertreter sowie seine Befugnis zur umfassenden Leitung der laufenden Geschäfte, wobei eine ressortmäßige Aufteilung innerhalb eines Kollegialorgans unschädlich ist. Dabei ist bei dem Vorstandsmitglied auf dessen Funktion und nicht auf dessen Bezeichnung abzustellen. Neben Vorstandsmitgliedern bei AG, KGaA, Verein, Genossenschaft wird bspw. auch der Geschäftsführer der GmbH bzw. das Leitungsorgan einer ausländischen Rechtsform erfasst. Mitglieder von Aufsichtsgremien sind keine Vorstandsmitglieder in diesem Sinne.

15.3.3.6 Leitende Angestellte des Stifters

809Leitende Angestellte nehmen spezifische unternehmerische Teilaufgaben wahr, die im Hinblick auf die Gesamttätigkeit des Angestellten und die Gesamtheit der Unternehmeraufgaben erheblich sind und bei deren Erfüllung der Angestellte einen eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum hat (vgl. § 5 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz).

15.3.3.7 Angehörige des bezugs- oder anfallsberechtigten Personenkreises

810Der Angehörigenstatus der in den Tzn. 15.3.3.1 bis 15.3.3.6 genannten Personen richtet sich nach § 15 AO.

15.3.3.8 Zeitpunkt der Zugehörigkeit zum bezugs- oder anfallsberechtigten Personenkreis

811Die Eigenschaft als bezugs- oder anfallsberechtigte Person muss zum Ende des maßgebenden Geschäftsjahres der Familienstiftung bestehen.

15.3.4 Zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt

812Entsprechend § 15 Absatz 2 AStG muss der in § 15 Absatz 3 AStG enthaltene Personenkreis insgesamt zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sein. Hinsichtlich dieses Merkmals vgl. Tz. 15.2.4.

15.3.5 Rechtsfolge „wie eine Familienstiftung behandelt“

813Sind die Tatbestandsmerkmale des § 15 Absatz 3 AStG erfüllt, wird die Unternehmensstiftung wie eine Familienstiftung behandelt. Darunter ist die Anwendung des § 15 Absatz 1 AStG zu verstehen; d. h., es findet eine Zurechnung der Einkünfte zu dem Stifter und subsidiär zu den Bezugs- oder Anfallsberechtigten statt. Im Rahmen der Anwendung des § 15 Absatz 1 AStG sind dabei hinsichtlich der Stifter und der Bezugs- oder Anfallsberechtigten die in § 15 Absatz 3 AStG genannten Personen und deren Angehörige zu berücksichtigen.

15.4 Gleichstellung von Zweckvermögen, Vermögensmassen und Personenvereinigungen mit Stiftungen (§ 15 Absatz 4 AStG)

814Den Stiftungen stehen sonstige Zweckvermögen, Vermögensmassen und rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Personenvereinigungen gleich. Als Vergleichsmaßstab für die in § 15 Absatz 4 AStG genannten gleichgestellten Organisationen kann auf § 1 Absatz 1 KStG abgestellt werden (bei gedachtem Sitz oder Geschäftsleitung im Inland). In seiner Anwendung zielt § 15 AStG auf Rechtsträger mit stiftungsähnlicher Struktur, wobei die Bezeichnung des Rechtsträgers irrelevant ist. Um den Merkmalen Zweckvermögen, Vermögensmasse oder Personenvereinigung im Sinne des § 15 Absatz 4 AStG zu unterfallen, muss der ausländische Rechtsträger folglich stiftungsähnlichen Charakter (vgl. Tz. 15.2.2) haben. Dieses Kriterium dient der Abgrenzung, ob die relevanten Zweckvermögen, Vermögensmassen oder Personenvereinigungen § 15 AStG oder §§ 7 ff. AStG unterfallen (vgl. Tz. 7.1.1.3). Der Begriff der Personenvereinigung umfasst ausländische Personengesellschaften, die nach dem Rechtstypenvergleich als Körperschaften qualifizieren, und schließt somit Personengesellschaften aus, die nach dem Rechtstypenvergleich als transparent einzustufen wären. Auch U.S.-Trusts können in die Anwendung des § 15 Absatz 4 AStG fallen und unabhängig davon, ob sie rechtsfähig oder nicht rechtsfähig sind, Familienstiftungen gleichgestellt werden (, BStBl II 1993 S. 388). Im Übrigen müssen die Voraussetzungen des § 15 Absatz 2 oder 3 AStG hinsichtlich des ausländischen Zweckvermögens, der Vermögensmasse oder der Personenvereinigung erfüllt sein.

15.5 Steueranrechnung

815Nach § 15 Absatz 5 AStG sind die in- und ausländischen Steuern vom Einkommen, die zu Lasten der ausländischen Familienstiftung auf die zuzurechnenden Einkünfte erhoben werden, auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Zurechnungssubjekte anzurechnen. Die Steueranrechnung ist von Amts wegen durchzuführen. Ein Antrag ist insoweit nicht erforderlich.

816Die Steueranrechnung erfolgt in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Einkünfte der Familienstiftung erfasst werden, für den die Steuern entrichtet wurden. Auf den Zeitpunkt der Zahlung der Steuern kommt es nicht an. Im Falle der späteren Entrichtung bzw. Erstattung der Steuern ist die Feststellung nach § 18 AStG nach den Grundsätzen des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO und als Folge die Festsetzung beim Steuerpflichtigen nach den Grundsätzen des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO zu korrigieren.

817Werden mehreren Steuerpflichtigen Einkünfte der ausländischen Familienstiftung nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet, ist eine Aufteilung der nach § 15 Absatz 5 AStG anrechenbaren Steuern vorzunehmen; der Aufteilungsmaßstab richtet sich dabei nach dem Aufteilungsmaßstab der zugerechneten Einkünfte.

818Für die Anrechnung gelten § 34c Absatz 1 EStG und § 26 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 KStG entsprechend. Übersteigen die nach § 15 Absatz 5 AStG anrechenbaren Steuern die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Zurechnungssubjekts, die auf die zugerechneten Einkünfte nach § 15 Absatz 1 AStG entfallen, ist eine Erstattung der übersteigenden Steuer ausgeschlossen. Auch ein Steuerabzug ist ausgeschlossen.

819Bezüglich der Auslegungen der Begriffe „Steuern vom Einkommen“, „zu Lasten“ und „erhoben werden“ gelten die Ausführungen zu den Tz. 12.1.2 ff. entsprechend.

15.6 Der stiftungsbezogene Entlastungsbeweis

15.6.1 Tatbestandsvoraussetzungen
15.6.1.1 EU-Mitgliedstaaten / EWR-Staaten

820Die Möglichkeit des Entlastungsbeweises nach § 15 Absatz 6 AStG besteht nur für Familienstiftungen mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR. Vgl. hierzu Tz. 8.3.2.

15.6.1.2 Nachweis der übertragenen Verfügungsmacht (Nummer 1)

821Um die Rechtsfolgen des § 15 Absatz 1 AStG für die Familienstiftung zu suspendieren, muss nach § 15 Absatz 6 Nummer 1 AStG nachgewiesen werden, dass das gesamte Stiftungsvermögen (auch in Fällen der Zustiftung) der Verfügungsmacht sämtlicher in § 15 Absatz 2 und 3 AStG genannten Personen rechtlich und tatsächlich entzogen ist und auf die ausländische Familienstiftung rechtswirksam und unwiderruflich übertragen wurde.

822Wenn aufgrund der fehlenden Übertragung der Verfügungsmacht der zur Erzielung der Einkünfte verwendeten Wirtschaftsgüter auf die Familienstiftung das wirtschaftliche Eigentum nicht nach Maßstab des § 39 AO auf die Familienstiftung übergegangen ist, liegt bereits im Grundsatz kein Fall des § 15 AStG vor (vgl. Tz. 15.0.2). Der Entlastungsbeweis nach § 15 Absatz 6 AStG erübrigt sich in einem solchen Fall.

823Ist der Familienstiftung das Vermögen nach § 39 AO zuzurechnen, aber wird die Familienstiftung über ihre Organe durch Personen im Sinne des § 15 Absatz 2 und 3 AStG in der Weise kontrolliert, dass diese in der Lage sind – z. B. über ihre Organstellung – zugunsten der eigenen Vermögenssphäre oder zugunsten der Vermögenssphäre anderer Angehöriger des genannten Personenkreises über die Stiftungsmittel zu verfügen, ist dem von § 15 Absatz 6 Nummer 1 AStG postulierten Trennungsprinzip der Vermögenssphären der Familienstiftung und der Personen im Sinne des § 15 Absatz 2 und 3 AStG in nicht hinreichender Weise Rechnung getragen. Die Möglichkeit zur Führung eines Entlastungsbeweises nach § 15 Absatz 6 Nummer 1 AStG scheidet aus.

824Für die Prüfung der tatsächlichen Verfügungsmacht ist nicht alleine die Satzung maßgeblich, sondern es sind auch weitere, die Verfügungsmacht berührende Rechtsakte, wie insbesondere Testamente, Nebenstatuten, Weisungen, „side letters“, Verträge oder Protokolle über die Sitzungen der Stiftungsorgane maßgeblich, die von den Personen nach § 15 Absatz 2 AStG oder den Stiftungsorganen ausgestellt worden sind. Die tatsächliche Verfügungsmacht setzt die tatsächliche Durchführung dieser Rechtsakte voraus.

825Den Nachweis haben grundsätzlich die Zurechnungssubjekte in geeigneter Weise zu erbringen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Feststellungslast, vgl. Tz. 8.2.1.3. Der Entlastungsbeweis kann nur einheitlich entweder als erbracht gelten oder nicht; er gilt stiftungsbezogen.

15.6.1.3 Möglichkeit der Überprüfung durch Informationsaustausch (Nummer 2)

826Die Nachweismöglichkeit gem. § 15 Absatz 6 Nummer 2 AStG setzt voraus, dass die Finanzbehörde eine Nachprüfungsmöglichkeit durch zwischenstaatliche Amtshilfe mittels Informationsaustausches hat. Insoweit gilt Tz. 8.4 entsprechend.

15.6.2 Rechtsfolge

827Die Rechtsfolge des § 15 Absatz 6 AStG besteht darin, dass bei Erbringen des Nachweises § 15 Absatz 1 AStG keine Anwendung findet. Im Ergebnis werden dann Vermögen und Einkünfte einer ausländischen Familienstiftung nicht nach § 15 Absatz 1 AStG den genannten Personen zugerechnet.

15.7 Einkünfteermittlung und Verlustberücksichtigung

15.7.1 Ermittlung der Einkünfte

828Die Einkünfteermittlung der ausländischen Familienstiftung erfolgt nach § 15 Absatz 7 Satz 1 AStG gem. den Bestimmungen des deutschen Steuerrechts in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Körperschaft- und des Einkommensteuergesetzes. Für die Einkünfteermittlung sind ausschließlich die Verhältnisse der Familienstiftung maßgeblich.

15.7.2 Bei der Einkünfteermittlung anzuwendende Vorschriften

829Nach § 15 Absatz 7 Satz 2 AStG ist § 8b KStG auf Stiftungsebene nicht anzuwenden. Über die entsprechende Anwendung von § 10 Absatz 3 Satz 3 und 4 AStG findet § 10 Nummer 2 KStG auf von der ausländischen Familienstiftung zu entrichtende Vermögensteuer keine Anwendung und steuerliche Vergünstigungen, die an die unbeschränkte Steuerpflicht oder an das Bestehen eines inländischen Betriebs oder einer inländischen Betriebsstätte anknüpfen, sowie die Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes bleiben unberücksichtigt. Mit der entsprechenden Anwendung von § 10 Absatz 3 Satz 5 und 6 AStG wird eine Anwendung des Verlustvortrags im Sinne des § 10d EStG ermöglicht und ein Verlustrücktrag ausgeschlossen (vgl. Tzn. 10.3.5 f.).

830Auf die Vorschrift des § 8 Absatz 10 KStG wird hingewiesen.

15.7.3 Negative Einkünfte

831Sind die Einkünfte der Familienstiftung negativ, entfällt die Zurechnung (§ 15 Absatz 7 Satz 3 AStG). Die Verlustberücksichtigung erfolgt ausschließlich auf Ebene der ausländischen Familienstiftung (vgl. hierzu Tz. 15.7.2). Ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Familienstiftungen ist nicht zulässig.

15.8 Behandlung der Einkünfte auf Ebene des Zurechnungssubjekts

15.8.0 Allgemeines

832§ 15 Absatz 8 AStG legt die Art und Weise fest, wie die zuzurechnenden Einkünfte beim Zurechnungssubjekt in dessen Einkommensermittlung nach § 2 Absatz 2 bis 5 EStG, ggf. i. V. m. § 8 Absatz 1 KStG, einzubeziehen sind.

833Soweit Stiftungseinkünfte über eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft zugerechnet werden, ist im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO auf Ebene der Beteiligten zu prüfen, ob es sich um eine natürliche Person oder ein Körperschaftsteuersubjekt handelt.

15.8.1 § 15 Absatz 8 Satz 1 AStG

834§ 15 Absatz 8 Satz 1 AStG gilt ausschließlich für Zurechnungssubjekte, die ihre Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz ermitteln. Das sind natürliche Personen nach § 1 Absatz 1 bis 3 EStG.

835§ 15 Absatz 8 Satz 1 AStG legt im Grundsatz fest, dass die Einkünfte der Familienstiftung beim Zurechnungssubjekt zu den Einkünften gem. § 20 Absatz 1 Nummer 9 EStG gehören.

836Zum Zeitpunkt der Zurechnung der Einkünfte vgl. Tz. 15.1.2.2.

15.8.2 § 15 Absatz 8 Satz 2 AStG
15.8.2.1 § 15 Absatz 8 Satz 2 Halbsatz 1 AStG

837Sofern die Zurechnungsbeträge der Familienstiftung beim Zurechnungssubjekt zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder Vermietung und Verpachtung gezählt werden, wird der nach § 15 Absatz 7 AStG ermittelte Zurechnungsbetrag gem. § 15 Absatz 8 Satz 2 Halbsatz 1 AStG i. V. m. § 20 Absatz 8 EStG diesen Einkünften zugerechnet.

15.8.2.2 § 15 Absatz 8 Satz 2 Halbsatz 2 AStG

838Als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 9 EStG unterliegen die den Zurechnungssubjekten zugerechneten Einkünfte grundsätzlich dem Abgeltungssteuersatz (§ 32d EStG). Sind die Einkünfte gem. § 20 Absatz 1 Nummer 9 i. V. m. § 20 Absatz 8 EStG einem Betriebsvermögen zuzurechnen, findet das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG Anwendung, soweit die weiteren Voraussetzungen hierfür vorliegen.

839Dieser Grundsatz ist gem. § 15 Absatz 8 Satz 2 Halbsatz 2 AStG jedoch nur dann anzuwenden, wenn § 32d EStG für Einkünfte aus Kapitalvermögen oder das Teileinkünfteverfahren des § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d EStG bei den Zurechnungssubjekten bei einem direkten Bezug der Einkünfte Anwendung fänden.

Beispiel:

Die von dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter S errichtete ausländische Familienstiftung F erzielt Zinsen in Höhe von 200.000 € und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 100.000 €.

Die Einkünfte der F werden dem unbeschränkt Steuerpflichtigen S nach § 15 Absatz 1 AStG in vollem Umfang zugerechnet. Sie gehören nach § 15 Absatz 8 Satz 1 AStG bei ihm insgesamt zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Absatz 1 Nummer 9 EStG. Hätte S die Einkünfte unmittelbar erzielt, würden die Zinseinkünfte in Höhe von 200.000 € dem Abgeltungssteuersatz gem. § 32d EStG unterfallen, so dass nach § 15 Absatz 8 Satz 2 Halbsatz 2 AStG bei S insoweit ebenfalls § 32d EStG zur Anwendung kommt. In Bezug auf die zugerechneten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung käme bei unmittelbarer Erzielung der Einkünfte durch S dagegen § 32d EStG nicht zur Anwendung, so dass die zugerechneten Einkünfte in Höhe von 100.000 € bei S insoweit dem progressiven Einkommensteuertarif unterliegen.

15.8.3 § 15 Absatz 8 Satz 3 AStG

840Die Vorschrift des § 15 Absatz 8 Satz 3 AStG ergänzt die Regelung des § 15 Absatz 8 Satz 1 AStG um die Zurechnungssubjekte, die ihre Einkünfte nach dem KStG ermitteln. Dies sind vor allem Kapitalgesellschaften (§ 1 Absatz 1 Nummer 1 KStG) und Genossenschaften (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 KStG). Insoweit erzielen die Zurechnungssubjekte grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da § 8 Absatz 2 KStG unberührt bleibt.

841Parallel zur gesetzlich vorgesehenen Privilegierung nach § 15 Absatz 8 Satz 1 Halbsatz 2 AStG ist § 8b Absatz 1 und 2 KStG nach § 15 Absatz 8 Satz 3 Halbsatz 2 AStG bei hypothetischem Direktbezug anwendbar. Auch hier soll sich die Zwischenschaltung einer Familienstiftung für die Zurechnungssubjekte nicht nachteilig auswirken.

Beispiel:

Die unbeschränkt steuerpflichtige D-AG ist Stifterin einer ausländischen Unternehmensstiftung. Diese erzielt Dividendeneinkünfte aus einer Beteiligung in Höhe von 8 Prozent des Stammkapitals.

Nach § 15 Absatz 7 Satz 2 AStG ist auf Ebene der Unternehmensstiftung § 8b KStG nicht anzuwenden, so dass die Dividenden zu erfassen sind. Da allerdings vorliegend die Stifterin eine Kapitalgesellschaft (D-AG) ist, muss gem. § 15 Absatz 8 Satz 3 Halbsatz 2 AStG die Vorschrift des § 8b Absatz 1 und 2 KStG angewendet werden, soweit diese Vorschrift bei Direktbezug der Dividenden durch Zurechnungssubjekte anwendbar wäre. Da die Beteiligung der Stiftung unterhalb der Grenze von 10 Prozent im Sinne des § 8b Absatz 4 KStG liegt, ist § 8b Absatz 1 KStG hier nicht anzuwenden, weil dies auch bei einem Direktbezug der Dividenden durch die D-AG der Fall sein würde.

842Auch inländische Stiftungen als Zurechnungssubjekte ermitteln ihre Einkünfte nach dem Körperschaftsteuergesetz. Dies gilt für rechtsfähige Stiftungen (§ 1 Absatz 1 Nummer 4 KStG) und für nichtrechtsfähige Stiftungen (§ 1 Absatz 1 Nummer 5 KStG). Da § 8 Absatz 2 KStG nicht auf sie verweist, erzielen sie gewerbliche Einkünfte nur dann, wenn die originäre Tätigkeit gewerblich ist. Erzielt die inländische Stiftung Einkünfte aus Kapitalvermögen, ist § 8 Absatz 10 KStG zu beachten.

15.9 Der Familienstiftung nachgeschaltete Zwischengesellschaft

15.9.0 Allgemeines

843Durch § 15 Absatz 9 AStG soll eine Vermeidung der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 bis 13 AStG mittels Zwischenschaltung einer ausländischen Familienstiftung zwischen den Steuerpflichtigen im Sinne des § 7 Absatz 1 AStG und der ausländischen Zwischengesellschaft verhindert werden. Daher ordnet § 15 Absatz 9 Satz 1 AStG an, dass die Einkünfte einer solchen nachgeschalteten Zwischengesellschaft in entsprechender Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG mit dem Teil zu den Einkünften der Familienstiftung gehören, der auf die Beteiligung der Familienstiftung am Nennkapital der Gesellschaft entfällt. § 15 AStG behandelt die adressierten mehrstufigen Strukturen in zwei Schritten. Zunächst werden die Einkünfte der nachgeschalteten Zwischengesellschaft in entsprechender Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG der ausländischen Familienstiftung zugerechnet. In einem zweiten Schritt erfolgt dann die Zurechnung dieser Einkünfte zum Zurechnungssubjekt.

844Für Zwecke der Mitwirkungstatbestände des § 8 Absatz 1 Nummer 3 bis 6 AStG ist das Zurechnungssubjekt im Sinn des § 15 Absatz 1 AStG in diesem Fall als gem. § 7 AStG an der ausländischen Gesellschaft beteiligt anzusehen. Zur Bestimmung der nahestehenden Person im Sinne der Mitwirkungstatbestände nach § 8 Absatz 1 Nummer 3 bis 6 AStG ist auf das Zurechnungssubjekt, nicht auf die an der Zwischengesellschaft beteiligte ausländische Familienstiftung abzustellen.

15.9.1 Nachgeschaltete Zwischengesellschaft

845§ 15 Absatz 9 Satz 1 AStG stellt keinen eigenständigen Zurechnungstatbestand dar, vielmehr wird der Umfang der Stiftungseinkünfte, die dem Zurechnungssubjekt nach § 15 Absatz 1, 7 und 8 AStG zuzurechnen sind, um niedrig besteuerte passive Einkünfte einer Zwischengesellschaft erweitert, an der die Familienstiftung beteiligt ist.

15.9.1.1 Zurechnungssubjekte

846Die in § 15 Absatz 9 AStG bestimmten Subjekte der Einkünftezurechnung sind ausländische Familienstiftungen sowie andere ausländische Stiftungen. Welche Zurechnungssubjekte hierunter fallen, wird durch § 15 Absatz 1 bis 4 und 10 AStG festgelegt.

15.9.1.2 Ausländische Gesellschaft

847Der Begriff der ausländischen Gesellschaft in § 15 Absatz 9 Satz 1 AStG entspricht demjenigen des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG (vgl. Tz. 7.1.1.3).

15.9.1.3 Beteiligung

848Die Beherrschungsmerkmale des § 7 Absatz 2 AStG gelten auch für die ausländische Familienstiftung. Sind die Voraussetzungen des § 7 Absatz 2 AStG insoweit nicht erfüllt, ist § 13 AStG zu beachten.

15.9.1.4 Entsprechende Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung

849Die im Rahmen des § 15 Absatz 9 Satz 1 AStG angeordnete entsprechende Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung stellt eine eingeschränkte Verweisung dar; d. h., die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften müssen grundsätzlich erfüllt sein; die unbeschränkte Steuerpflicht der ausländischen Familienstiftung als Anteilseignerin ist aber z. B. in dieser Konstellation nicht erforderlich. Auch § 9 AStG ist im Rahmen der entsprechenden Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerungsvorschriften auf Ebene der ausländischen Familienstiftung anzuwenden. Antragsberechtigt für die Anrechnung nach § 12 Absatz 2 AStG ist ausschließlich das Zurechnungssubjekt; der Antrag ist im Folgeverfahren zu stellen, vgl. Tzn. 18.4 und 12.2.1.

850Bei Einkünften aus Kapitalvermögen sieht § 15 Absatz 8 AStG die für diese Einkunftsart allgemein geltenden Regeln des § 32d, § 3 Nummer 40 EStG und § 8b KStG insoweit vor, als dies auch bei einem unmittelbaren Bezug gelten würde. Hingegen ist im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung die Anwendung dieser Vorschriften ausgeschlossen (vgl. § 10 Absatz 2 Satz 4 AStG); dies gilt auch im Rahmen des § 15 Absatz 9 AStG.

15.9.1.5 Beteiligungen mittels Stiftungen im Sinne des § 15 Absatz 10 AStG

851Tatbestandlich schließt § 15 Absatz 9 AStG auch der ausländischen Familienstiftung nachgeschaltete Stiftungen im Sinne des § 15 Absatz 10 AStG mit ein, sofern diese wiederum an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt sind (mittelbare Beteiligung). Seinem Wortlaut nach werden die niedrig besteuerten passiven Einkünfte der der anderen ausländischen Stiftung nachgeschalteten Zwischengesellschaft auch in derartigen Konstellationen direkt der ausländischen Familienstiftung zugerechnet. Dies umfasst auch Konstellationen, in denen es sich bei der zwischengeschalteten Stiftung um eine anderweitige Stiftung handelt. Zur Vermeidung von Doppelerfassungen gilt insoweit auch § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG (unbeachtliche mittelbare Beteiligungen).

15.9.1.6 § 15 Absatz 6 AStG in den Fällen des § 15 Absatz 9 AStG

852In den Fällen des § 15 Absatz 9 AStG gilt § 15 Absatz 6 AStG nicht in Bezug auf die Einkünfte der ausländischen Familienstiftung, die dieser nach § 15 Absatz 9 AStG zugerechnet werden; in Bezug auf die übrigen Einkünfte der ausländischen Familienstiftung bleibt § 15 Absatz 6 AStG anwendbar. Auf Ebene der nachgeschalteten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gilt § 8 Absatz 2 bis 4 AStG.

15.9.2 Verweis auf § 7 Absatz 1 Satz 3 AStG

853Mit dem in § 15 Absatz 9 Satz 2 AStG enthaltenen Verweis auf § 7 Absatz 1 Satz 3 AStG ist der Gewinnverteilungsmaßstab der Zwischengesellschaft heranzuziehen, wenn für die Gewinnverteilung nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend ist oder sie kein Nennkapital hat.

15.9.3 Gewinnausschüttungen der Zwischengesellschaft

854§ 15 Absatz 9 Satz 3 AStG dient der Vermeidung einer doppelten Besteuerung. Soweit der Stiftung nach § 15 Absatz 9 Satz 1 AStG bereits Einkünfte einer nachgeschalteten ausländischen Gesellschaft hinzugerechnet wurden, sollen die Ausschüttungen von der Höhe nach entsprechenden Gewinnen an die Stiftung nicht noch einmal der Zurechnung nach § 15 Absatz 1 AStG unterliegen.

855Im Rahmen der Feststellung der von der ausländischen Gesellschaft an die Stiftung ausgeschütteten Gewinne wird nicht zwischen aktiven und passiven Einkünften der Zwischengesellschaft unterschieden, so dass so lange keine weitere Zurechnung nach § 15 Absatz 1 AStG vorgenommen wird, bis die Gewinnausschüttungen der Höhe nach den Betrag erreichen, der der Stiftung bereits nach § 15 Absatz 9 Satz 1 AStG zugerechnet wurde. Hierbei sind die Gewinnausschüttungen in der Reihenfolge nach ihrer steuerlichen Erfassung zu berücksichtigen. Der Betrag der Gewinnausschüttungen im Sinne des § 15 Absatz 9 Satz 3 AStG ist auf Ebene der Zwischengesellschaft festzustellen. § 11 AStG ist in Fällen des § 15 Absatz 9 AStG nicht anwendbar.

15.10 Nachgeschaltete ausländische Stiftung

15.10.0 Allgemeines

856§ 15 Absatz 10 AStG regelt die Zurechnung von Einkünften einer nachgeschalteten ausländischen Stiftung zur vorgeschalteten ausländischen Familienstiftung in den Fällen, in denen die ausländische Familienstiftung allein oder zusammen mit den in § 15 Absatz 2 und 3 AStG genannten Personen zu mehr als der Hälfte unmittelbar oder mittelbar Bezugsoder Anfallsberechtigte einer anderen, nachgeschalteten, ausländischen Stiftung ist.

15.10.1 Zurechnung nach Satz 1
15.10.1.1 Familienstiftung als Zurechnungssubjekt

857In einem ersten Schritt werden die von der nachgeschalteten Stiftung erzielten Einkünfte der ausländischen Familienstiftung gem. § 15 Absatz 10 Satz 1 AStG zugerechnet. Die so zugerechneten Einkünfte werden dann in einem zweiten Schritt von der ausländischen Familienstiftung gem. § 15 Absatz 1 AStG den Zurechnungssubjekten zugerechnet. Welche Rechtsgebilde unter den Begriff der ausländischen Familienstiftung fallen bestimmt sich nach § 15 Absatz 1 bis 4 AStG, vgl. Tzn. 15.2.1, 15.3.1, 15.4. Die Zurechnung entfällt, wenn die andere Stiftung Geschäftsleitung oder Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat hat und die weiteren Voraussetzungen des § 15 Absatz 6 AStG gegeben sind. Zur Anwendung von § 15 Absatz 6 AStG auf die Familienstiftung selbst vgl. Tz. 15.9.1.6.

15.10.1.2 Der Anteil als Zurechnungsmaßstab

858Hinsichtlich des Anteils wird als Maßstab für die Zurechnung auf die Ausführungen unter Tz. 15.1.2.1 verwiesen.

15.10.1.3 Andere ausländische Stiftung

859Als andere ausländische Stiftung im Sinne des § 15 Absatz 10 AStG ist jede Rechtsform einer Stiftung zu verstehen, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Ausland hat. Dabei muss die zwischengeschaltete ausländische Familienstiftung an der anderen Stiftung bezugsund / oder anfallsberechtigt sein.

15.10.1.4 Allein oder zusammen mit den in § 15 Absatz 2 und 3 AStG genannten Personen zu mehr als der Hälfte unmittelbar oder mittelbar bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt

860Damit die Einkünfte der anderen ausländischen Stiftung der ausländischen Familienstiftung zugerechnet werden können, muss die Familienstiftung an der anderen ausländischen Stiftung bezugs- und / oder anfallsberechtigt sein. Ohne Bedeutung ist, ob die ausländische Familienstiftung auch Stifterin der anderen Stiftung ist.

861§ 15 Absatz 10 AStG umfasst nicht nur die unmittelbare, sondern auch die mittelbare Bezugsund Anfallsberechtigung. Eine mittelbare Bezugs- oder Anfallsberechtigung der Familienstiftung besteht, wenn die entsprechende Rechtsposition einer anderen Person aus rechtlichen Erwägungen der Familienstiftung zugeordnet werden kann. In Betracht kommen insbesondere mehrstufige Stiftungsstrukturen oder Bezugs- oder Anfallsberechtigungen von Gesellschaften, an denen die Familienstiftung beteiligt ist. Dabei kann sich die mittelbare Bezugs- oder Anfallsberechtigung sowohl auf die Familienstiftung als auch auf den in § 15 Absatz 2 und 3 AStG genannten Personenkreis beziehen.



862Hinsichtlich der Merkmale der Bezugs- oder Anfallsberechtigung zu mehr als der Hälfte der Familienstiftung und der in § 15 Absatz 2 und 3 AStG genannten Personen wird auf Tz. 15.2.4 verwiesen.

15.10.2 Zuwendung der anderen Stiftung

863§ 15 Absatz 10 Satz 2 AStG ist entsprechend § 15 Absatz 9 Satz 3 AStG auszulegen. Es wird auf die Ausführungen zu Tz. 15.9.3 in Bezug auf die Gewinnausschüttungen verwiesen.

15.11 Zuwendungen der ausländischen Familienstiftung

15.11.0 Allgemeines

864§ 15 Absatz 11 AStG bestimmt, dass Zuwendungen einer ausländischen Familienstiftung an die Zurechnungssubjekte nicht der Besteuerung unterliegen, soweit die zugrunde liegenden Einkünfte bereits nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet worden sind. Dadurch soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden.

15.11.1 Nichtbesteuerung von Zuwendungen der ausländischen Familienstiftung
15.11.1.1 Die ausländische Familienstiftung

865Tatsächliche Zuwendungen einer ausländischen Familienstiftung unterliegen nicht einer nochmaligen Besteuerung bei den Empfängern, wenn und soweit die entsprechenden Einkünfte nachweislich bereits nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet worden sind. Dies gilt auch für Fallkonstellationen des § 15 Absatz 9 und 10 AStG, in denen Steuerpflichtige Zuwendungen der ausländischen Familienstiftung erhalten und die diesen Zuwendungen zugrunde liegenden Einkünfte bereits nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet wurden. Es ist unschädlich, wenn die ausländische Familienstiftung zwischen der Zurechnung ihrer Einkünfte an das Zurechnungssubjekt und der späteren Zuwendung ihren Sitz in das Inland verlegt. Zwar handelt es sich dann im Zeitpunkt der Zuwendung nicht mehr um eine ausländische Familienstiftung, jedoch haben die der Zuwendung zugrunde liegenden Einkünfte bereits der Besteuerung unterlegen.

15.11.1.2 Nichtbesteuerung der Zuwendung

866Nach § 15 Absatz 11 Satz 1 AStG unterliegen Zuwendungen nicht der Besteuerung, soweit die der Zuwendung zugrunde liegenden Einkünfte nachweislich nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet wurden. Der Empfänger der Zuwendung kann auf die Rechtsfolge des § 15 Absatz 11 Satz 1 AStG nicht verzichten, ein Wahlrecht ist nicht vorgesehen. Die Begünstigung gilt für den in § 15 Absatz 1 AStG genannten Personenkreis (vgl. Tz. 15.1.1).

867Die Anwendung des § 15 Absatz 11 AStG setzt keine Personenidentität von Zurechnungsund Zuwendungssubjekt voraus; dies ist z. B. der Fall, wenn sich der Kreis der Begünstigten geändert hat oder der Personenkreis des § 15 Absatz 1 AStG Veränderungen aufgrund von Begründung oder Aufhebung der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt.

Beispiel 1:

Dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter S werden von der ausländischen Familienstiftung F Stiftungseinkünfte in Höhe von 100 im Jahr 01 zugerechnet. Bezugsberechtigt ist der ebenfalls unbeschränkt steuerpflichtige Neffe N. Im Jahr 02 erhält N eine Zuwendung in Höhe von 110.

Die Tatsache, dass die Zurechnung der Stiftungseinkünfte gegenüber S erfolgt ist, die Zuwendung jedoch dem N zugutekommt, ist für die Anwendung des § 15 Absatz 11 Satz 1 AStG irrelevant. Die von N vereinnahmte Zuwendung unterliegt in Höhe von 100 nicht der Besteuerung. Die verbleibenden 10 werden von § 15 Absatz 11 AStG nicht erfasst.

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, nur dass anstelle von N jetzt N1 eine Zuwendung in Höhe von 150 und N2 eine Zuwendung in Höhe von 50 erhalten.

Der verbleibende, nicht der Besteuerung unterliegende Zuwendungsbetrag in Höhe von 100 ist anteilig im Verhältnis der Zuwendungen (3:1) zu verteilen. Bei N1 unterliegen 75 nicht der Besteuerung und 75 sind steuerpflichtig, bei N2 unterliegen 25 nicht der Besteuerung und 25 sind steuerpflichtig.

868Die Anwendung des § 15 Absatz 11 Satz 1 AStG erfolgt unabhängig davon, ob die Zuwendungen beim Berechtigten aufgrund anderer Vorschriften steuerbefreit wären, oder ob sie mit negativen Einkünften des Berechtigten verrechenbar wären.

869Mit jedem Geschäftsjahr erhöht sich das Volumen der nicht der Besteuerung unterliegenden Zuwendungen (verbleibender Zurechnungsbetrag) um die den Zurechnungssubjekten zugerechneten Einkünfte, sofern keine Zuwendungen an diesen Personenkreis stattgefunden haben.

870Die Summe der nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechneten Einkünfte der ausländischen Familienstiftung abzüglich der Summe der von dieser Familienstiftung ausgeführten und nach § 15 Absatz 11 AStG nicht der Besteuerung unterliegenden Zuwendungen ist der verbleibende Zurechnungsbetrag. Die Berechnung erfolgt auf das Ende eines jeden Geschäftsjahres der ausländischen Familienstiftung im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 Absatz 4 i. V. m. § 18 Absatz 1 AStG (vgl. Tz. 18.4). Die Darlegungslast, dass die der Zuwendung zugrunde liegenden Einkünfte nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet worden sind, trägt der Steuerpflichtige.

15.11.2 Anrechenbarkeit ausländischer Steuern

871Nach § 15 Absatz 11 Satz 2 AStG werden Steuern, die auf nicht der Besteuerung unterliegende Zuwendungen entfallen, auf Antrag im Veranlagungszeitraum der Zurechnung der zugrunde liegenden Einkünfte in entsprechender Anwendung des § 34c Absatz 1 und 2 EStG und § 26 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 KStG angerechnet oder abgezogen. Damit kann das Zurechnungssubjekt, dem die der Zuwendung zugrunde liegenden Einkünfte nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet wurden, ausländische Quellensteuern, die auf eine nicht der Besteuerung unterliegende Zuwendung erhoben worden sind, auf seine Einkommen- oder Körperschaftsteuer anrechnen. Die Steueranrechnung ist in dem Veranlagungszeitraum durchzuführen, in dem die der Zuwendung zugrunde liegenden Einkünfte der Familienstiftung nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechnet wurden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid für diesen Veranlagungszeitraum bereits bestandskräftig ist. Die Festsetzung und Zahlung ausländischer Steuer ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Nummer 2 AO (, BStBl II 2011 S. 247). Eine Personenidentität zwischen Zurechnungs- und Zuwendungssubjekt ist für die Anrechnung nach § 15 Absatz 11 Satz 2 AStG nicht erforderlich (vgl. Tz. 15.11.1).

872Im Rahmen der Steueranrechnung nach § 15 Absatz 11 Satz 2 AStG findet die Höchstbetragsberechnung nach § 34c Absatz 1 EStG und § 26 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 KStG entsprechend Anwendung. Die Summe der nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechneten Einkünfte der Familienstiftung tritt hierbei an die Stelle der ausländischen Einkünfte. Es ist unerheblich, wie sich die zugerechneten Einkünfte der Familienstiftung nach Einkunftsart, Staat und Höhe zusammensetzen. Die auf die nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechneten Einkünfte der Familienstiftung entfallende deutsche Einkommensteuer ist in der Weise zu ermitteln, dass der sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens, einschließlich der Zurechnung nach § 15 Absatz 1 AStG, nach den §§ 32a, 32b, 34, 34a und 34b EStG ergebende durchschnittliche Steuersatz auf die nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechneten Einkünfte der Familienstiftung anzuwenden ist. Die ausländischen Steuern sind nach dem Kurs umzurechnen, der im Zeitpunkt der Zahlung gilt. Auf Antrag erfolgt in entsprechender Anwendung des § 34c Absatz 2 EStG auch ein Abzug der Quellensteuer auf die Zurechnung.

16 Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen

16.0 Allgemeines

16.0.1 Regelungsgehalt

873§ 16 Absatz 1 AStG legt eine umfassende Offenlegungspflicht von Steuerpflichtigen (§ 33 AO) bei Geschäftsbeziehungen (vgl. Tz. 16.1.2) zu nicht oder nur unwesentlich besteuerten Rechtsträgern im Ausland fest. Die Vorschrift erweitert bei grenzüberschreitenden Sachverhalten die Benennungspflicht nach § 160 Absatz 1 Satz 1 AO und verweist auch auf dessen Rechtsfolge. Nur bei völliger Offenlegung auch der bestehenden Beziehungen zu dem jeweiligen Rechtsträger im Ausland können Schulden, andere Lasten, Betriebsausgaben oder Werbungskosten (Absetzungsbeträge) von der steuerlichen Bemessungsgrundlage des Steuerpflichtigen abgezogen (abgesetzt) werden, die im wirtschaftlichen Zusammenhang zu der jeweiligen Geschäftsbeziehung stehen (vgl. Tz. 16.1.5). Die Anwendung des § 16 Absatz 1 AStG ist nicht auf eine bestimmte Steuerart begrenzt, sondern grundsätzlich im Rahmen jeder Steuerart anwendbar, wenn eine darin enthaltene Norm die Absetzung, den Abzug o. ä. eines Absetzungsbetrages von der entsprechenden Bemessungsgrundlage regelt (vgl. z. B. § 8 Nummer 5 letzter Satzteil GewStG in Bezug auf Betriebsausgaben). Insbesondere ist die Norm jedoch für Betriebsausgaben und Werbungskosten von Bedeutung.

874Auf Verlangen des zuständigen Finanzamts kann der Steuerpflichtige seine Offenlegungspflicht nach § 16 Absatz 1 AStG grundsätzlich ganz oder teilweise dadurch erfüllen, dass er nach § 95 AO eine Versicherung an Eides statt darüber abgibt, dass er nicht oder nur in begrenztem Umfang in der Lage ist, Tatsachen offenzulegen, oder darüber, dass seine Angaben über bestimmte Tatsachen richtig und vollständig sind (§ 16 Absatz 2 AStG).

16.0.2 Verhältnis zu anderen Vorschriften im Bereich der Mitwirkungspflichten und deren Verletzung

875Insbesondere die Vorschriften der §§ 90, 92, 93, 94, 96 ff., 162 und 200 AO sowie des § 17 AStG können parallel zu § 16 Absatz 1 AStG anwendbar sein. Bei der Offenlegungspflicht des § 16 AStG ist stets auch § 90 Absatz 2 AO zu berücksichtigen. Der Steuerpflichtige muss die Sachverhalte aufklären und alle erforderlichen Beweismittel beschaffen; er muss vor allem auch seiner Pflicht zur Beweisvorsorge nachkommen.

876Die Benennungspflicht des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO kann neben der Offenlegungspflicht des § 16 Absatz 1 AStG bestehen. Der Anwendung des § 16 Absatz 1 AStG steht es nicht entgegen, wenn für ein bloßes, ggf. weiteres, Benennungsverlangen im Sinne des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO im Einzelfall kein Raum ist, weil z. B. alle Gläubiger oder Empfänger der dort genannten Absetzungsbeträge bereits genau benannt worden sind. In einem solchen Fall ist das Verlangen inhaltlich allein auf die Offenlegung aller Beziehungen im Sinne des § 16 Absatz 1 AStG zu richten.

16.1 Offenlegung von Auslandsbeziehungen (§ 16 Absatz 1 AStG)

16.1.1 Anwendungsbereich

877Zur Offenlegung sind alle Steuerpflichtigen verpflichtet, die Absetzungsbeträge im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen (vgl. Tzn. 16.1.2 und 16.1.5) zu ausländischen Rechtsträgern (vgl. Tzn. 16.1.3 f.) steuerlich geltend machen (vgl. Tz. 16.1.6), die mit ihren in Zusammenhang mit diesen Geschäftsbeziehungen stehenden Einkünften (vgl. Tz. 16.1.7) nicht oder nur unwesentlich besteuert werden (vgl. Tz. 16.1.8). Ein Verlangen der Finanzbehörde nach § 16 Absatz 1 AStG i. V. m. § 160 Absatz 1 Satz 1 AO zur Offenlegung stellt keinen Verwaltungsakt dar (vgl. , BStBl 1988 II S. 927).

16.1.2 Geschäftsbeziehungen

878Der Begriff der „Geschäftsbeziehungen“ in § 16 Absatz 1 AStG entspricht demjenigen nach § 1 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, Satz 2 AStG mit der Maßgabe, dass es nach Sinn und Zweck des § 16 AStG auf den in § 1 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AStG enthaltenen Einkünftekatalog nicht ankommt. Auf ein Nahestehensverhältnis kommt es insoweit nicht an (vgl. Tz. 16.1.3).

16.1.3 Ausländischer Geschäftspartner

879Die Geschäftsbeziehungen können zu einer ausländischen Gesellschaft (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG und Tz. 7.1.1.3) oder einer im Ausland ansässigen (vgl. Tz. 16.1.4) natürlichen oder juristischen Person oder einer Personengesellschaft bestehen. Es ist nicht erforderlich, dass es sich um nahestehende Personen (z. B. im Sinne der §§ 1 Absatz 2 oder 7 Absatz 3 oder 4 AStG) handelt. Um welche Art von ausländischem Geschäftspartner es sich im Einzelfall handelt, ist insbesondere im Falle von nach ausländischem Recht als Personenvereinigungen behandelten Gebilden nach dem zweistufigen Rechtstypenvergleich zu entscheiden (vgl. Tz. 7.1.1.3). § 1a KStG ist ggf. zu beachten.

16.1.4 Auslandsansässigkeit von Personen oder Personengesellschaften als Geschäftspartner

880Eine Person ist im Sinne der Vorschrift im Ausland ansässig, wenn sie im Zeitpunkt des maßgeblichen Geschäftsvorfalls als Element der maßgeblichen Geschäftsbeziehung (vgl. Tz. 16.1.2)

  • als natürliche Person weder ihren Wohnsitz (§ 8 AO) noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland hatte oder

  • als juristische Person weder ihre Geschäftsleitung (§ 10 AO) noch ihren Sitz (§ 11 AO) im Inland hatte.

881Die Auslandsansässigkeit im Sinne der Vorschrift von Personengesellschaften bestimmt sich nach derjenigen für juristische Personen.

16.1.5 Berufung des Steuerpflichtigen auf die Geschäftsbeziehung

882Für das Vorliegen einer „Berufung“ im Sinne des § 16 Absatz 1 AStG auf Geschäftsbeziehungen mit einem ausländischen Rechtsträger genügt es, dass eine Absetzung (vgl. Tz. 16.0.1) von Absetzungsbeträgen seitens des Steuerpflichtigen insbesondere im Rahmen einer Steuererklärung geltend gemacht wird oder bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Finanzbehörde zu berücksichtigen ist (vgl. Tz. 16.1.6) und diese Absetzungsbeträge in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Geschäftsbeziehungen stehen. Dieser wirtschaftliche Zusammenhang zu bestimmten Absetzungsbeträgen kann mithin auch zum Nachteil des Steuerpflichtigen unterstellt werden, sofern ein Steuerpflichtiger insoweit seine Pflichten insbesondere nach § 90 Absatz 2 AO verletzt, der Sachverhalt nicht anderweitig aufklärbar ist und unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen solchen Zusammenhang spricht (vgl. BStBl 2020 I S. 1325, Rn. 23).

Beispiel 1:

Die A-GmbH (Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland) macht in ihrer Körperschaftsteuererklärung den Abzug von Betriebsausgaben für den Einkauf von Rohstoffen von der im Sinne des § 160 AO genau bezeichneten B-Ltd. (Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Staat B) geltend. Die Einkünfte der B-Ltd., die im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung stehen, unterliegen einer unwesentlichen Besteuerung. Im Rahmen der Erklärung bzw. bis zu deren Abgabe wurden nicht alle Beziehungen der A-GmbH zu der B-Ltd. offengelegt.

In diesem Fall ist gem. der in § 16 Absatz 1 AStG enthaltenen Rechtsfolge der Gläubiger oder Empfänger der genannten Betriebsausgaben im Sinne des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO erst dann genau bezeichnet, wenn der Steuerpflichtige auf Verlangen der Finanzbehörde alle Beziehungen offengelegt hat, die unmittelbar oder mittelbar zwischen ihm und der B-Ltd. bestehen und bestanden haben. Dieselben Betriebsausgaben sind diejenigen, die ggf. nach § 160 Absatz 1 Satz 1 AO nicht zu berücksichtigen wären. Diese umfassen insbesondere die an die B-Ltd. gezahlten bzw. zu zahlenden Beträge für den Erwerb der Rohstoffe.

Es ist nicht erforderlich, dass Gläubiger oder Empfänger der geltend gemachten Absetzungsbeträge und der ausländische Geschäftspartner, in Bezug auf den der Steuerpflichtige alle Beziehungen offenlegen soll, identisch sind.

Beispiel 2:

Die A-GmbH (Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland) kauft Waren bei der im Sinne des § 160 AO genau bezeichneten B-GmbH (Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland) und verkauft diese ohne Bearbeitung weiter an die C-Ltd. (Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Staat C), welche diese Waren in Staat C als Einzelhändler weitervertreibt. Die Einkünfte der C-Ltd., die in Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung stehen, unterliegen einer unwesentlichen Besteuerung. Die C-Ltd. ist nicht Gläubigerin oder Empfängerin irgendwelcher von der A-GmbH geltend gemachter Absetzungsbeträge. Im Rahmen der Erklärung bzw. bis zu deren Abgabe wurden nicht alle Beziehungen der A-GmbH zu der C-Ltd. offengelegt.

Auch in diesem Fall ist der Gläubiger oder Empfänger der vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Betriebsausgaben erst dann im Sinne des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO genau bezeichnet, wenn der Steuerpflichtige auf Verlangen alle Beziehungen offengelegt hat, die zwischen ihm und der ausländischen Gesellschaft bestehen und bestanden haben. Die maßgeblichen, ggf. nicht zu berücksichtigenden Betriebsausgaben sind hierbei die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Wareneinkauf von der B-GmbH stehenden.

16.1.6 Beantragung der Absetzung

883Eine Absetzung (vgl. Tz. 16.0.1) von Absetzungsbeträgen wird im Sinne des § 16 Absatz 1 AStG „beantragt“, wenn sie vom Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzbehörde geltend gemacht wird. Hierfür genügt es, dass die Absetzungsbeträge sich z. B. aus den Buchführung- oder Gewinnermittlungsunterlagen ergeben. Nicht erforderlich ist, dass von § 16 Absatz 1 AStG sachlich umfasste Absetzungsbeträge sich steuerlich ohne Anwendung dieser Norm auswirken würden. Die Anwendung des § 16 Absatz 1 AStG wird durch andere z. B. den Betriebsausgabenabzug in zeitlicher oder sachlicher Hinsicht beschränkende oder ausschließende Regelungen (z. B. §§ 4j oder 7 EStG) nicht ausgeschlossen.

884Hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO zu schätzen, sind zunächst auch die Absetzungsbeträge im Sinne des § 16 AStG einzubeziehen und dem Steuerpflichtigen zur Kenntnis zu geben. Ohne diesbezügliche Erfüllung der Mitwirkungspflichten des § 16 Absatz 1 AStG kann auch insoweit die Rechtsfolge des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO eintreten (vgl. Tz. ).

16.1.7 Maßgebliche Einkünfte des ausländischen Geschäftspartners

885Zur Begriffsbestimmung der „Einkünfte“ im Sinne des § 16 Absatz 1 AStG ist auf § 2 Absatz 2 EStG abzustellen.

886Derartige Einkünfte stehen im Sinne des § 16 Absatz 1 AStG in Zusammenhang mit einer Geschäftsbeziehung zu dem Steuerpflichtigen, wenn sie in einem wirtschaftlichen Zusammenhang entsprechend den diesbezüglich zu § 4 Absatz 4 und § 9 Absatz 1 EStG geltenden Grundsätzen zu dieser stehen.

16.1.8 Unwesentliche Besteuerung der maßgeblichen Einkünfte des ausländischen Geschäftspartners

887Eine unwesentliche Besteuerung der maßgeblichen Einkünfte eines ausländischen Rechtsträgers aus einer Geschäftsbeziehung zu dem Steuerpflichtigen ist gegeben, wenn diese einer Ertragsteuerbelastung von weniger als 25 Prozent unterliegen. Dies ist grundsätzlich analog den Regelungen in § 8 Absatz 5 AStG zu prüfen (vgl. hierzu Tz. 8.5) mit der Maßgabe, dass es auf die Frage, ob der ausländische Geschäftspartner Zwischengesellschaft ist, nicht ankommt. Im Falle eines auch im Ausland ertragsteuerlich als transparent behandelten Gebildes ist eine Besteuerung der Gesellschafter für die Prüfung, ob eine unwesentliche Besteuerung vorliegt, mit einzubeziehen. Entsprechendes gilt nach Sinn und Zweck der Vorschrift insbesondere, wenn das Gebilde im Ausland nicht als transparent behandelt wird, aber aus inländischer Sicht als transparent einzustufen ist, und eine Besteuerung der maßgeblichen Einkünfte auf Ebene eines Gesellschafters oder von Gesellschaftern im Inland erfolgt. Es genügt, dass die unwesentliche Besteuerung nur für einen Teil der Einkünfte besteht, wenn die Einkünfte aus der fraglichen Geschäftsbeziehung hierzu gehören. Es ist nicht erforderlich, dass die Einkünfte aus passivem Erwerb im Sinne des § 8 Absatz 1 AStG stammen.

888Der Steuerpflichtige hat grundsätzlich in Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten insbesondere nach § 90 Absatz 2 AO, z. B. in Erfüllung eines diesbezüglichen Auskunftsersuchens nach § 93 AO, allgemeine Fragen nach der Steuerbelastung seines Geschäftspartners zu beantworten. Im Falle einer ausländischen Gesellschaft im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG kann sich eine Verpflichtung zur diesbezüglichen Auskunftserteilung zudem insbesondere aus § 17 AStG ergeben.

16.1.9 Unmittelbare Rechtsfolge des § 16 Absatz 1 AStG und Umfang der Offenlegungspflicht

889Der Gläubiger oder Empfänger der den Tatbestand des § 16 Absatz 1 Satz 1 AStG erfüllenden Absetzungsbeträge ist erst dann im Sinne des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO genau bezeichnet, wenn der Steuerpflichtige alle unmittelbaren oder mittelbaren Beziehungen, die zu dem niedrig besteuerten Geschäftspartner im Ausland bestehen oder bestanden haben, offengelegt hat. Hierzu gehören alle Tatsachen, die für eine steuerliche Beurteilung von Bedeutung sein können, bspw. im Falle eines Verrechnungspreissachverhalts alle für dessen Prüfung potenziell relevanten Inhalte des § 4 GAufzV (BGBl 2017 I S. 2367). Der Steuerpflichtige hat hierbei alle für ihn bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen (vgl. , BStBl II 1986 S. 318). Er muss auch im Rahmen der ihm obliegenden Beweisvorsorgepflicht Beweismittel schaffen, beschaffen und sichern (, BStBl II 1981 S. 492). Die Offenlegungspflicht umfasst auch Tatsachen über die hinter dem ausländischen Geschäftspartner stehenden Interessenten. Die Benennung einer Domizilgesellschaft als Geschäftspartner genügt ebenso wenig wie die Erklärung des Steuerpflichtigen, nicht er, sondern ein fremder Dritter stehe hinter der ausländischen Gesellschaft (vgl. , BStBl II 1987 S. 481).

890Ungewissheiten hinsichtlich der Person des Gläubigers oder Empfängers gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (vgl. , BStBl II 1986 S. 318 und , BStBl II 1987 S. 487). Ausländische Verbotsnormen führen nicht dazu, dass ein Offenlegungsverlangen von vornherein unverhältnismäßig oder unzumutbar wird (vgl. , BStBl II 1981 S. 492).

Rechtsfolge des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO infolge der Verletzung der Offenlegungspflicht nach § 16 Absatz 1 AStG

891Erfüllt der Steuerpflichtige seine Offenlegungspflicht im Hinblick auf eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 16 Absatz 1 AStG nicht, ist der geltend gemachte Ansatz von Absetzungsbeträgen nach § 160 Absatz 1 Satz 1 AO regelmäßig nicht anzuerkennen; der Finanzbehörde erwachsen aus der Verletzung der Mitwirkungspflichten keine weitergehenden Amtsermittlungspflichten (vgl. , BStBl II 1987 S. 487).

16.2 Eidesstattliche Versicherung

892§ 16 Absatz 2 AStG stellt klar, dass der Steuerpflichtige auch im Nachgang eines an ihn gerichteten Offenlegungsverlangens nach § 16 Absatz 1 AStG auf Verlangen des zuständigen Finanzamts über die Richtigkeit und ggf. die Vollständigkeit seiner Angaben oder über die Behauptung, dass ihm Tatsachen betreffend die offenzulegenden Beziehungen nicht bekannt sind, eine Versicherung an Eides statt gem. § 95 AO abgeben kann. Das Verfahren richtet sich daher grundsätzlich nach dieser Vorschrift; die in § 95 Absatz 3 Satz 2 AO geforderte Erklärung kann erforderlichenfalls sprachlich an die Bedürfnisse des § 16 AStG angepasst werden.

893Ein Anspruch zur Abgabe einer Versicherung an Eides statt besteht nicht. Auf eine ihr angebotene eidesstattliche Versicherung kann das Finanzamt u. a. dann ermessensfehlerfrei verzichten, wenn der Beteiligte seine Mitwirkungspflichten im Sinne des § 16 Absatz 1 AStG verletzt hat (vgl. Tzn. 16.0.2 und ). Es entspricht nicht Sinn und Zweck des § 16 Absatz 2, den Eintritt der Rechtsfolge des § 160 Absatz 1 Satz 1 AO z. B. bei Verletzung der Beweisvorsorgepflicht im Sinne des § 90 Absatz 2 Satz 3 AO durch die Ermöglichung der formell wirksamen Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Inhalts, dass ihm die betreffenden Tatsachen nicht bekannt seien, grundsätzlich auszuschließen. Ohne Verlangen des Finanzamts abgegebene Versicherungen an Eides statt oder Eigenerklärungen sind für sich allein kein ausreichendes Mittel zur Glaubhaftmachung.

17 Mitwirkungspflicht und Schätzungsuntergrenze (§ 17 AStG)

17.0 Allgemeines

894Nach § 17 Absatz 1 Satz 1 AStG werden insbesondere die Rechtsträger, die als Steuerpflichtige im Sinne der §§ 5, 7 und 15 AStG grundsätzlich in Betracht kommen, dazu verpflichtet, jegliche potenziell für die Anwendung der §§ 5, 7 bis 13 und 15 AStG notwendigen Auskünfte zu erteilen. § 17 Absatz 1 Satz 2 AStG enthält diesbezügliche Regelbeispiele. Der Eintritt der Verpflichtung nach § 17 Absatz 1 Satz 1 AStG setzt daher stets ein entsprechendes Verlangen der Finanzbehörde (Aufklärungsverlangen) voraus (§ 17 Absatz 1 Satz 2 AStG).

895§ 17 Absatz 2 AStG gibt der Finanzbehörde einen Mindest-Schätzungsanhalt für die Einkünfte, für die eine ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, für den Fall vor, dass insoweit eine Schätzung dieser Besteuerungsgrundlage nach § 162 AO vorzunehmen ist und der Finanzbehörde keine anderen geeigneten Anhaltspunkte für die Ermittlung oder Berechnung dieser Besteuerungsgrundlage vorgelegt wurden oder vorliegen. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt weder ein erfolgtes Aufklärungsverlangen im Sinne des § 17 Absatz 1 AStG noch dessen Erfüllung durch einen Steuerpflichtigen voraus.

17.1 § 17 Absatz 1 AStG

17.1.1 Verhältnis zu anderen Mitwirkungspflichten
17.1.1.1 Eigenständige Mitwirkungspflicht

896Die spezifische Auskunftspflicht nach § 17 Absatz 1 AStG ist eine eigenständige Mitwirkungspflicht. Ihre Erfüllung ist zugleich Mitwirkungshandlung. Die sonstigen Mitwirkungspflichten bleiben unberührt. Die betroffenen Steuerpflichtigen können sich daher auch im Rahmen des § 17 Absatz 1 AStG z. B. nicht darauf berufen, dass sie ihrer diesbezüglichen Mitwirkungspflicht nicht nachkommen können, wenn sie sich nach Lage des Falles bei der Gestaltung ihrer Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätten verschaffen oder einräumen lassen können (§ 90 Absatz 2 Satz 3 AO).

17.1.1.2 Verhältnis zu § 16 AStG

897Im Unterschied zu § 16 AStG, der an § 160 AO anknüpft (vgl. Tz. ), bezieht sich § 17 Absatz 1 AStG lediglich auf die Anwendung der §§ 5 und 7 bis 13 sowie 15 AStG.

17.1.1.3 Verhältnis zu §§ 92 ff. sowie § 200 AO

898Auch die §§ 92 ff. AO über Beweismittel sowie § 200 AO werden durch § 17 Absatz 1 AStG nicht berührt. Diese Vorschriften bleiben daher auch insoweit anwendbar, als ihr Anwendungsbereich im Einzelfall über denjenigen des § 17 Absatz 1 AStG hinausgehen sollte.

899Die Finanzbehörde kann unter den Voraussetzungen des § 93 Absatz 1 Satz 3 oder des § 200 Absatz 1 Satz 3 AO Dritte als Auskunftsperson vernehmen oder nach § 97 Absatz 1 Satz 1 und 3 AO zur Vorlage von Urkunden verpflichten, z. B. Personen, die für die ausländische Gesellschaft tätig geworden sind oder mit ihr in Geschäftsverbindung gestanden haben oder im Auftrag oder Interesse eines inländischen Beteiligten bei der Einschaltung der ausländischen Gesellschaft mitgewirkt haben. Sind solche Personen im Ausland ansässig, so kann zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch genommen werden (§ 117 AO und das sog. Amtshilfemerkblatt in dessen jeweils geltender Fassung).

900Die Finanzbehörde kann nach den §§ 94 und 95 AO verlangen, dass die inländischen Beteiligten oder die Auskunftspersonen über ihre Angaben eine Versicherung an Eides statt abgeben bzw. ihre Aussage durch Eid bekräftigen.

17.1.2 Persönlicher Anwendungsbereich

901§ 17 Absatz 1 AStG betrifft in persönlicher Hinsicht Steuerpflichtige, die den §§ 5, 7 bis 13 oder 15 AStG unterfallen oder unterfallen könnten (persönlicher Anwendungsbereich). Dies betrifft auch Fälle des § 9 Satz 1 StAbwG selbst dann, wenn unzweifelhaft die betroffene in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässige ausländische Gesellschaft keine passiven Einkünfte erzielt.

902Eine potenzielle steuerliche Mitbetroffenheit genügt. Daher sind unbeschränkt Steuerpflichtige umfasst, die unter § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG fallen oder die Anwendung dieser Vorschrift für sich geltend machen, und zwar grundsätzlich nicht nur für Zwecke der potenziellen Anwendung dieser Vorschrift.

17.1.3 Notwendige Auskünfte

903Auskünfte sind im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 AStG notwendig, wenn sie für die Anwendung einer sachlich umfassten Vorschrift, die letztlich zumindest auch den Steuerpflichtigen selbst betrifft, voraussichtlich von Bedeutung sein können. In sachlicher Hinsicht umfasst sein können insbesondere Auskünfte, die der Feststellung dienen, ob und ggf. in welchem Umfang ein Steuerpflichtiger an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt ist und ob es sich bei dieser um eine Zwischengesellschaft handelt. Die Vorlage von Bilanzen und Erfolgsrechnungen nach § 17 Absatz 1 AStG sowie ein entsprechendes Verlangen kann daher z. B. auch zur Überprüfung einer Niedrigbesteuerung angebracht sein (vgl. , BStBl 1986 II S. 736). Entsprechendes gilt für Steuererklärungen und Steuerbescheide der ausländischen Gesellschaft, die Gegenstand eines Auskunftsverlangens im Sinne des § 17 Absatz 1 AStG sind.

17.1.4 Rechtsqualität des Auskunftsverlangens

904Das Aufklärungsverlangen nach § 17 AStG ist ein Verwaltungsakt (vgl. a. a. O.), dessen Befolgung daher grundsätzlich mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann.

17.1.5 Auskünfte zur Anwendung der §§ 5 und 7 bis 13 sowie 15 AStG

905Zur Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG ist grundsätzlich jeder, der an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt und potenziell im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung steuerpflichtig ist, verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel, insbesondere die in § 17 Absatz 1 AStG genannten Unterlagen, zu beschaffen (vgl. auch § 90 Absatz 2 Satz 1 AO). Dies betrifft sowohl jeden unbeschränkt als auch jeden im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG beschränkt Steuerpflichtigen sowie jeden erweitert beschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 5 AStG. Er hat dafür alle ihm tatsächlich und rechtlich zugänglichen Unterlagen vorzulegen. Insbesondere hat er alles zu tun, um durch Ausübung seiner Gesellschafterrechte oder seiner sonstigen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten von den Gesellschaften, deren Organen oder dritten Personen über den Sachverhalt Aufklärung zu erlangen (vgl. auch § 90 Absatz 2 Satz 2 AO). Sind mehrere beteiligt, haben sie dabei zusammenzuwirken, vor allem, indem sie ihre Stimmrechte zweckentsprechend ausüben. Für Fälle, in denen Steuerpflichtige § 15 AStG unterfallen, vgl. Tz. 15.0.6. Der Steuerpflichtige hat mithin nicht nur bei der Aufklärung von Sachverhalten mitzuwirken, die seine eigene Beteiligung oder eine eigene Geschäftsbeziehung zu einer ausländischen Gesellschaft betreffen, sondern auch Auskünfte zu erteilen, die sich auf die jeweilige ausländische Gesellschaft oder Familienstiftung oder deren Verhältnisse zu Dritten, einschließlich anderer daran Beteiligter oder im Falle einer ausländischen Familienstiftung z. B. anderer Begünstigter, beziehen.

17.1.6 Verletzung der Mitwirkungspflichten

906Die Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 17 Absatz 1 AStG kann zur Anwendung des § 17 Absatz 2 AStG führen (vgl. Tz. 17.2).

17.2 Schätzungsuntergrenze für Zwischeneinkünfte (§ 17 Absatz 2 AStG)

17.2.0 Allgemeines

907Ist für die Ermittlung der Einkünfte, für die eine ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist (Zwischeneinkünfte; vgl. Tz. 7.1.1.4), eine Schätzung nach § 162 AO vorzunehmen, ist in Ermangelung anderer geeigneter Anhaltspunkte die Schätzungsuntergrenze in § 17 Absatz 2 AStG zu beachten (vgl. , BStBl II 2001 S. 381).

17.2.1 Sachlicher Anwendungsbereich des § 17 Absatz 2 AStG

908Ob eine ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bestimmt sich nach § 8 Absatz 1 bis 4 AStG. Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 17 Absatz 2 AStG unerheblich ist insbesondere, ob die Schätzung der Zwischeneinkünfte für Zwecke einer Anwendung des § 5 oder der §§ 7 bis 13 AStG zu erfolgen hat oder beides.

909Unter den Voraussetzungen des § 9 Satz 1 StAbwG kann eine ausländische Gesellschaft in Bezug auf ihre gesamten Einkünfte in den sachlichen Anwendungsbereich des § 17 Absatz 2 AStG fallen.

910Ob eine Schätzung von Zwischeneinkünften nach § 162 AO durchzuführen ist, ist für Zwecke des § 17 Absatz 2 AStG eine Tatbestandsfrage, deren Beantwortung sich nach den hierfür geltenden Grundsätzen richtet (vgl. insbesondere § 162 Absatz 1 und 2 AO und a. a. O., Rn. 23, 67 bis 70, 75 f. und 78 f.).

911Andere geeignete Anhaltspunkte im Sinne des § 17 Absatz 2 AStG sind ausschließlich solche, die auch einen konkreten Bezug zur Zwischengesellschaft haben, bspw. im Falle einer Bandbreite von in einer Region und Branche üblichen Brutto-Umsatzrentabilitäten auch die Kenntnis der Höhe des den tatsächlichen Zwischeneinkünften zugrunde liegenden Umsatzes der ausländischen Gesellschaft. Außerdem muss in solchen Fällen auf Seiten der Finanzbehörde die Gewissheit oder Überzeugung bestehen, dass die den tatsächlichen Zwischeneinkünften zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle der ausländischen Gesellschaft hinsichtlich ihrer Bedingungen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.

17.2.2 Rechtsfolge des § 17 Absatz 2 Halbsatz 1 AStG

912Sind die Voraussetzungen des § 17 Absatz 2 Halbsatz 1 AStG erfüllt, ist bei der Schätzung der Zwischeneinkünfte als Anhaltspunkt von mindestens 20 Prozent des gemeinen Wertes der von den unbeschränkt Steuerpflichtigen gehaltenen Anteile auszugehen. Dies steht der Schätzung weiterer quantitativer Besteuerungsgrundlagen nicht entgegen, wie z. B. eines Anteils nicht passiver Einkünfte der ausländischen Gesellschaft oder solcher Zwischeneinkünfte, die in den Fällen des § 5 Absatz 1 Satz 1 AStG ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG sind. Insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze für Schätzungen, die bspw. für die vorgenannten Besteuerungsgrundlagen zu einer Schätzung eines Anteils in Höhe von 0 Prozent führen können (vgl. a. a. O., Rn. 76).

913Der Begriff der Anteile ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift und im Einklang mit dem Begriff der Beteiligung, insbesondere in § 7 AStG, auszulegen (zum Begriff der Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5).

914Der gemeine Wert der Anteile im Sinne des § 17 Absatz 2 AStG bestimmt sich gem. § 1 Absatz 1 BewG insbesondere nach § 9 BewG sowie in Fällen der Einstufung der Zwischengesellschaft als Kapitalgesellschaft auch nach § 11 Absatz 2 und 3 BewG. Kann dieser Wert, z. B. wegen Verletzung der diesbezüglichen Mitwirkungspflichten des oder der Steuerpflichtigen, von der Finanzbehörde nicht ermittelt oder berechnet werden, hat sie ihn als Besteuerungsgrundlage zu schätzen (§ 162 Absatz 1 Satz 1 AO). In zeitlicher Hinsicht ist der gemeine Wert grundsätzlich auf den Beginn des Wirtschaftsjahrs der ausländischen Gesellschaft zu ermitteln, für das die Schätzung erfolgt.

915Die 20 Prozent des gemeinen Wertes der von den unbeschränkt Steuerpflichtigen gehaltenen Anteile stellen die Schätzungsuntergrenze für die gesamten Zwischeneinkünfte dar (Mindestansatz). Dieser Mindestansatz ist daher gesellschaftsbezogen zu verstehen. Er ist auf Grundlage der von den unbeschränkt Steuerpflichtigen gehaltenen Anteile zu bestimmen. Da es auf den Umfang der diesbezüglichen Beteiligungen für die Bestimmung des Mindestansatzes und damit der Höhe der Zwischeneinkünfte der ausländischen Gesellschaft nicht ankommen kann, ist eine Hochrechnung auf 100 Prozent vorzunehmen.

Beispiel 1:

Die unbeschränkt steuerpflichtige Person A und die ihr im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehende Person B sind unmittelbar am Nennkapital einer Zwischengesellschaft beteiligt (zu jeweils 26 Prozent, zusammen also zu 52 Prozent). Der gemeine Wert der beiden Beteiligungen beträgt jeweils 260.000 €.

Der Mindestansatz für die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, beträgt 2 x 260.000 € x 100 Prozent / 52 Prozent x 20 Prozent = 200.000 €.

916Ein höherer Ansatz als der Mindestansatz kann insbesondere geboten sein, wenn sich beim Einbezug auch der von nicht unbeschränkt Steuerpflichtigen unmittelbar oder ggf. mittelbar gehaltenen Anteile an der den Tatbestand erfüllenden Zwischengesellschaft ein höherer Wert ergibt. Dies kann z. B. aufgrund einer Anwendung des § 11 Absatz 3 BewG (sog. Paketzuschlag) der Fall sein. In diese Betrachtung einzubeziehen sind Beteiligungen in der mittelbaren oder unmittelbaren wirtschaftlichen Inhaberschaft von Personen, die unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne der §§ 7 Absatz 1 Satz 1 und 13 Absatz 1 Satz 1 AStG oder beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG oder Personen im Sinne des § 2 AStG sind (maßgebliche Steuerpflichtige).

Beispiel 2:

Die unbeschränkt steuerpflichtige Person A und die beschränkt steuerpflichtige Person B, die einander im Sinne des § 1 Absatz 2 AStG nahestehen, sind unmittelbar am Nennkapital einer Zwischengesellschaft beteiligt (A zu 24 Prozent und B zu 51 Prozent). Die Beteiligung der Person B an der Zwischengesellschaft ist einer inländischen Betriebsstätte der B zuzuordnen, durch die eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 2 EStG ausgeübt wird (§ 7 Absatz 1 Satz 4 AStG). Weitere maßgebliche Steuerpflichtige existieren nicht.

Ausgehend von den ermittelten, berechneten oder geschätzten gemeinen Werten der Beteiligungen (siehe untenstehende Tabelle) ergeben sich folgende Beträge für den Mindestansatz und die nach § 17 Absatz 2 AStG anzusetzende Besteuerungsgrundlage:

Unter der Annahme, dass keine Anhaltspunkte für aktive Einkünfte gegeben sind, entspricht die so ermittelte anzusetzende Besteuerungsgrundlage den im Schätzungswege anzusetzenden Zwischeneinkünften, die dann im Wege der gesonderten und einheitlichen Feststellung der A im Umfang von 24 Prozent (= 56.160 €) und der B im Umfang von 51 Prozent (= 119.340 €) zuzurechnen sind.

17.2.3 Kürzung der anzusetzenden Besteuerungsgrundlage in bestimmten Fällen (§ 17 Absatz 2 Halbsatz 2 AStG)

917Die anzusetzende Besteuerungsgrundlage ist nach § 17 Absatz 2 Halbsatz 2 AStG vor der Zurechnung an die maßgeblichen Steuerpflichtigen um Zinsen und Nutzungsentgelte zu kürzen, die die ausländische Gesellschaft an die unbeschränkt Steuerpflichtigen zahlt.

918Zu berücksichtigen sind – vorbehaltlich ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit den schätzungsgegenständlichen Zwischeneinkünften – alle in dem jeweils schätzungsgegenständlichen Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft tatsächlich gezahlten dem Grunde und der Höhe nach fremdüblichen Zinsen und Nutzungsentgelte, die bei Außerachtlassung ihrer unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen an der Zwischengesellschaft

  • in den Fällen des Mindestansatzes als anzusetzender Besteuerungsgrundlage das Vermögen der unbeschränkt Steuerpflichtigen oder

  • in den Fällen eines höheren Wertes aufgrund einer Einbeziehung aller maßgeblichen Steuerpflichtigen (vgl. Tz. 17.2.2) deren Vermögen

wirtschaftlich erhöht haben. Auf eine Steuerpflicht der korrespondierenden Einnahmen beim zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Empfänger, einer Zuordnung dieser Einnahmen zu derselben Vermögenssphäre wie die Hinzurechnungsbeträge o. ä. kommt es hierbei nicht an.

919Von der nach § 17 Absatz 2 Halbsatz 1 AStG anzusetzenden Besteuerungsgrundlage können, z. B. im Fall eines hinreichend quantifizierbaren Anteils nicht passiver Einkünfte (vgl. auch Tz. 17.2.2), nur solche gezahlten Zinsen und Nutzungsentgelte abgezogen werden, die bei der Zwischengesellschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang im Sinne des § 10 Absatz 4 AStG mit den schätzungsgegenständlichen Zwischeneinkünften stehen (vgl. Tz. 10.4).

920Die Steuerpflichtigen tragen die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Abzugs nach § 17 Absatz 2 Halbsatz 2 AStG (vgl. auch Tz. Vor 7 – 4).

18 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 18 AStG)

18.1 Gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung (§ 18 Absatz 1 AStG)

18.1.1 Gesonderte Feststellung (§ 18 Absatz 1 Satz 1 AStG)

921Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG, insbesondere der Hinzurechnungsbetrag (§ 10 AStG), die anrechenbaren Steuern (§ 12 AStG), das Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11 AStG) und der Verlustvortrag, werden gesondert festgestellt (§ 18 Absatz 1 Satz 1 AStG). Dies gilt auch hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung des § 5 AStG (vgl. § 5 Absatz 3 AStG).

922Ziel der Regelung ist es, die in den genannten Vorschriften enthaltenen materiell-rechtlichen Rechtsfolgen verfahrensrechtlich in der Form einer gesonderten Feststellung nachzuvollziehen. Mit der verfahrensrechtlichen Abtrennung vom Folgeverfahren sollen insbesondere abweichende Entscheidungen über die Besteuerungsgrundlagen in Bezug auf eine bestimmte ausländische Gesellschaft gegenüber mehreren an ihr beteiligten Steuerpflichtigen vermieden werden (sog. verfahrenskonzentrierender Zweck; vgl. auch , BStBl 1985 II S. 410 und , BStBl II 2020 S. 755).

923§ 18 AStG gilt ungeachtet etwaiger DBA (§ 20 Absatz 1 AStG).

18.1.1.1 Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG

924Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG sind gesondert festzustellen. Unter den Begriff der Besteuerungsgrundlage fallen sowohl der Gegenstand, der Zeitpunkt und die Empfängerperson der Hinzurechnung als auch die Hinzurechnung als Rechtsfolge. Demnach ist festzustellen (vgl. , BStBl 1985 II S. 410):

  • ob eine Hinzurechnung vorzunehmen ist,

  • welchen Steuerpflichtigen gegenüber die Hinzurechnung vorzunehmen ist,

  • welches die hinzuzurechnenden Besteuerungsgrundlagen für die einzelnen Steuerpflichtigen sind und

  • auf welchen Zeitpunkt die Hinzurechnung vorzunehmen ist.

925Gem. § 18 Absatz 1 Satz 1 AStG sind die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG gesondert festzustellen. Dies sind insbesondere:

18.1.1.1.1 Hinzurechnungsbetrag (§ 10 AStG)

926Bei dem Hinzurechnungsbetrag handelt es sich um die nach § 7 Absatz 1 AStG / § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG steuerpflichtigen Zwischeneinkünfte / Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 1 AStG und Tz. 10.1.1; ggf. i. V. m. § 13 Absatz 4 Satz 1 AStG). Ergeben sich negative Zwischeneinkünfte, entfällt die Hinzurechnung (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 2 AStG und Tz. 10.1.2); in diesem Fall ist ein Verlustvortrag (vgl. hierzu Tz. 18.1.1.1.4) – neben einem Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 0 € – gesondert festzustellen. Die Ermittlung der dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Zwischeneinkünfte erfolgt nach § 10 Absatz 3 bis 5 AStG (vgl. hierzu Tzn. 10.3 bis 10.5). Im Rahmen der Feststellung des Hinzurechnungsbetrages ist insbesondere abschließend über das Vorliegen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 8 Absatz 2 AStG (vgl. hierzu Tz. 8.2) zu entscheiden (vgl. , BStBl II 2020 S. 755 und , BStBl II 2019 S. 419). Die Minderung des Hinzurechnungsbetrages nach § 10 Absatz 6 AStG ist nicht Gegenstand der gesonderten Feststellung; sie ist im Folgeverfahren zu ermitteln.

18.1.1.1.2 Anrechenbare Steuern (§ 12 AStG)

927Bei den nach § 12 AStG anrechenbaren Steuern handelt es sich um die Steuern vom Einkommen, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft auf die dem Hinzurechnungsbetrag unterliegenden Einkünfte tatsächlich erhoben worden sind (vgl. § 12 Absatz 1 Satz 1 AStG und Tzn. 12.1.1 bis 12.1.5); die Kürzung nach § 12 Absatz 1 Satz 2 AStG ist zu beachten (vgl. hierzu Tz. 12.1.6). Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist nach § 12 Absatz 2 AStG auch die anteilige Steuer anrechenbar, die im Wege einer sog. vorgeschalteten Hinzurechnungsbesteuerung tatsächlich erhoben worden ist vgl. hierzu Tz. 12.2). Bei der Anrechnung im Rahmen des Folgeverfahrens ist § 12 Absatz 3 AStG zu beachten (vgl. hierzu Tz. 12.3). Hinweis: Für Steuern der ausländischen Gesellschaft für Wirtschaftsjahre, die vor dem enden, gelten § 10 Absatz 1 Satz 2, § 10 Absatz 3 Satz 6 und § 12 Absatz 1 AStG in der am geltenden Fassung fort (§ 21 Absatz 4 Satz 3 AStG).

18.1.1.1.3 Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11 AStG)

928Das am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Hinzurechnungskorrekturvolumen ist für jeden Steuerpflichtigen gesondert festzustellen (§ 11 Absatz 3 Satz 1 AStG). Hinzurechnungskorrekturvolumen ist der nach § 10 Absatz 2 AStG der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegende Hinzurechnungsbetrag des laufenden Veranlagungszeitraums, vermindert um den Betrag der Bezüge im Sinne des § 11 Absatzes 1 Satz 1 und 2 AStG des laufenden Veranlagungszeitraums sowie den Betrag der Gewinne im Sinne des § 11 Absatz 4 AStG und vermehrt um das auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte Hinzurechnungskorrekturvolumen (§ 11 Absatz 3 Satz 2 AStG). Der Bestand des verbleibenden Hinzurechnungskorrekturvolumens kann nicht negativ werden (§ 11 Absatz 3 Satz 3 AStG). Zum Hinzurechnungskorrekturvolumen im Einzelnen vgl. Tz. 11.3. Die der Ermittlung des Hinzurechnungskorrekturvolumens zugrunde liegenden Bezüge und Gewinne sind nicht Gegenstand der gesonderten Feststellung; sie können jedoch nachrichtlich im Feststellungsbescheid mitgeteilt werden. Zur gesonderten Feststellung der Aufteilung des Hinzurechnungskorrekturvolumens für Zwecke des § 11 Absatz 1 Satz 2 AStG vgl. Tz. 18.1.2.

18.1.1.1.4 Verlustvortrag

929Ergeben sich negative Zwischeneinkünfte, entfällt die Hinzurechnung (vgl. § 10 Absatz 1 Satz 2 AStG und Tz. 10.1.2). In diesem Fall ist neben der gesonderten Feststellung eines Hinzurechnungsbetrages in Höhe von 0 € (vgl. Tz. 18.1.1.1.1) auf der Ebene der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft ein entsprechender vortragsfähiger Verlust gesondert festzustellen (vgl. § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG und Tz. 10.3.5). Ein Verlustrücktrag ist nicht zulässig (§ 10 Absatz 3 Satz 6 AStG und Tz. 10.3.6).

18.1.1.1.5 Sonstige Besteuerungsgrundlagen

930Darüber hinaus sind alle Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen, die für die Folgeverfahren selbständig von Bedeutung sein können. Dies betrifft insbesondere die gesellschaftsbezogene relative Freigrenze des § 9 AStG (vgl. Tz. 9.2.1) und die gesellschaftsbezogene relative und absolute Freigrenze des § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG (vgl. Tzn. 13.1.3.1 und 13.1.3.2.1). Ist danach ausschließlich die jeweilige gesellschaftsbezogene relative Freigrenze gewahrt, aber denkbar, dass bei einem Steuerpflichtigen der Hinzurechnungsbetrag außer Ansatz bleibt, weil – neben der jeweiligen gesellschaftsbezogenen relativen Freigrenze – die jeweilige gesellschafterbezogene absolute Freigrenze (vgl. Tzn. 9.2.2 und 13.1.3.2.2) gewahrt sein könnte, ist die Hinzurechnung unter den Vorbehalt zu stellen, dass sie nur gegenüber den Steuerpflichtigen gilt, welche die jeweilige gesellschafterbezogene Freigrenze überschreiten (vgl. , BStBl 1988 II S. 868; für den Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung vgl. Tz. 13.1.3.3).

18.1.1.1.6 Keine gesonderte Feststellung

931Der Kürzungsbetrag nach § 11 Absatz 2 Satz 1 AStG und der Höchstbetrag nach § 11 Absatz 2 Satz 2 AStG (vgl. hierzu Tz. 11.2) sind nicht Gegenstand der gesonderten Feststellung; sie sind im Folgeverfahren zu ermitteln. Dies gilt auch für die Erhöhung des Kürzungsbetrages nach § 11 Absatz 5 Satz 2 AStG (vgl. hierzu Tz. 11.5.2).

18.1.1.2 Gesonderte Feststellung
18.1.1.2.1 Feststellungsbescheid

932Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG werden gesondert festgestellt (§ 18 Absatz 1 Satz 1 AStG i. V. m. § 179 Absatz 1 AO); sie sind daher verfahrensrechtlich selbständig (vgl. § 157 Absatz 2 AO).



933Die gesonderte Feststellung erfolgt durch Feststellungsbescheid (vgl. § 18 Absatz 1 Satz 4 AStG i. V. m. § 179 Absatz 1 AO). Sind die Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 7 bis 13 AStG erfüllt, sind die entsprechenden Besteuerungsgrundlagen mit einem positiven Feststellungsbescheid gesondert festzustellen. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen mit einem negativen Feststellungsbescheid abzulehnen (vgl. , BStBl 1988 II S. 868).

934Inhaltsadressat des Feststellungsbescheids ist der unmittelbar oder mittelbar an der ausländischen Gesellschaft beteiligte Steuerpflichtige im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 und 4 AStG und des § 13 Absatz 1 Satz 1 AStG. Unerheblich ist, bei wem der Hinzurechnungsbetrag Bestandteil des zu versteuernden Einkommens ist. Dementsprechend ist der Feststellungsbescheid an die Organgesellschaft zu richten, wenn in dem gem. § 14 KStG dem Organträger zuzurechnenden Einkommen nach den §§ 7 bis 13 AStG steuerpflichtige Einkünfte enthalten sind (vgl. , BStBl II 1985 S. 119). Der Steuerpflichtige ist auch dann Inhaltsadressat des Feststellungsbescheids, wenn er über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) mittelbar am Nennkapital oder einer vergleichbaren Bezugsgröße der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt ist. Vermittelnde Personengesellschaften bleiben von der Hinzurechnungsbesteuerung unberührt (vgl. Tzn. 7.1.1.6 und 13.1.1.4). Sie sind daher keine Feststellungsbeteiligten.

935Als Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 AO entfaltet der Feststellungsbescheid Bindungswirkung für die Folgebescheide (vgl. § 18 Absatz 1 Satz 4 AStG i. V. m. § 182 Absatz 1 Satz 1 AO). Bei Bestandskraft des Feststellungsbescheids kann daher z. B. nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die Hinzurechnung dieser Einkünfte unionsrechtlichen Grundfreiheiten widerspricht. Ein Ergänzungsbescheid nach § 179 Absatz 3 AO mit einem solchen Feststellungsgegenstand kommt nicht in Betracht (vgl. , BStBl II 2019 S. 419).

936Einwendungen gegen die durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen können ausschließlich durch Einspruch gegen den Feststellungsbescheid, nicht auch durch Einspruch gegen den Folgebescheid, erhoben werden (vgl. § 351 Absatz 2 AO).

18.1.1.2.2 Unbeachtlichkeit mittelbarer Beteiligungen

937Ist ein Steuerpflichtiger ausschließlich mittelbar an der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt (zur mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5) und ist diese mittelbare Beteiligung nach § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG (ggf. i. V. m. § 13 Absatz 1 Satz 2 AStG) vollumfänglich unbeachtlich (vgl. hierzu Tz. 7.1.2), ist dieser Steuerpflichtige nicht in das für diese Gesellschaft durchzuführende Feststellungsverfahren einzubeziehen und mithin kein Feststellungsbeteiligter.

18.1.1.2.3 Gewerbesteuer

938Eine besondere Feststellung für Zwecke der Gewerbesteuer ist nicht durchzuführen.

18.1.1.3 Feststellungsjahr

939Die gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung erfolgt veranlagungszeitraumbezogen. Sie ist für den Veranlagungszeitraum (= Kalenderjahr) vorzunehmen, in dem der Hinzurechnungsbetrag nach den Grundsätzen des § 10 Absatz 2 Satz 1 AStG als zugeflossen gilt oder gelten würde (Feststellungsjahr). Danach ist die gesonderte und ggf. einheitliche Feststellung für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem das maßgebende Wirtschaftsjahr im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft endet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anteile an der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft (oder einer vermittelnden Gesellschaft) bei einem oder mehreren Steuerpflichtigen zu einem Betriebsvermögen gehören und ein Steuerpflichtiger oder mehrere Steuerpflichtige ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat / haben.

Beispiel 1:

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige A hält die Beteiligung an der Zwischengesellschaft im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Das Wirtschaftsjahr des Einzelunternehmens entspricht dem Kalenderjahr. Die Zwischengesellschaft hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Die Zwischengesellschaft hat im Wirtschaftsjahr 01/02 ( bis ) Zwischeneinkünfte in Höhe von 100 erzielt. Zu Lasten der Zwischengesellschaft wurde am auf die Zwischeneinkünfte des Wirtschaftsjahres 01/02 eine ausländische Ertragsteuer in Höhe von 10 erhoben.

Der Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 100 ist für den Veranlagungszeitraum 02 gesondert festzustellen. Die am erhobene ausländische Ertragsteuer ist in die gesonderte Feststellung für den Veranlagungszeitraum 02 einzubeziehen, weil diese für das Wirtschaftsjahr 01/02 erhoben wurde; der Zahlungszeitpunkt in 03 ist insoweit unerheblich.

Beispiel 2:

Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige G1 ist beherrschend an der Zwischengesellschaft beteiligt und hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.04. bis 31.03. Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige G2 ist ebenfalls beherrschend an der Zwischengesellschaft beteiligt und hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Die Zwischengesellschaft hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.05. bis 30.04. Die Zwischengesellschaft hat im Wirtschaftsjahr 01/02 ( bis ) Zwischeneinkünfte in Höhe von 100 erzielt. Zu Lasten der Zwischengesellschaft wurde am auf die Zwischeneinkünfte des Wirtschaftsjahres 01/02 eine ausländische Ertragsteuer in Höhe von 10 erhoben.

Gesonderte Feststellung entsprechend Beispiel 1 (= Feststellungsjahr 02); die gesonderte Feststellung ist einheitlich gegenüber G1 und G2 vorzunehmen. Bei G1 erhöht der Hinzurechnungsbetrag den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 02/03 vom bis (vgl. § 10 Absatz 2 Satz 2 AStG). Die anteilige ausländische Ertragsteuer ist auf die Körperschaftsteuer 03 anzurechnen, soweit diese auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt. Bei G2 erhöht der Hinzurechnungsbetrag den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 01/02 vom bis . Die anteilige ausländische Ertragsteuer ist auf die Körperschaftsteuer 02 anzurechnen, soweit diese auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt.

18.1.1.4 Hinweis zum Feststellungsjahr 2022 (Übergangszeitraum)

940Sind im Hinblick auf das Feststellungsjahr 2022 sowohl die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 14 AStG in der bis zum geltenden Fassung als auch die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 13 AStG in der geltenden Fassung erfüllt, sind zwei separate Feststellungsverfahren durchzuführen. Dies gilt bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ggf. auch im Hinblick auf Feststellungsjahre nach 2022.

18.1.2 Aufteilung des Hinzurechnungskorrekturvolumens (§ 18 Absatz 1 Satz 2 AStG)

941Ist ein Steuerpflichtiger an der ausländischen Gesellschaft über andere vermittelnde Gesellschaften beteiligt, ist auch festzustellen, wie sich das Hinzurechnungskorrekturvolumen für Zwecke des § 11 Absatz 1 Satz 2 AStG auf die vermittelnden Gesellschaften aufteilt (§ 18 Absatz 1 Satz 2 AStG).

942Die Vorschrift betrifft Fälle, in denen der Steuerpflichtige mittelbar über andere in- oder ausländische Gesellschaften, die ihrerseits unmittelbar oder mittelbar an der Zwischengesellschaft beteiligt sind (vermittelnde Gesellschaften), an der Zwischengesellschaft beteiligt ist (zum Begriff der mittelbaren Beteiligung vgl. Tz. 7.1.1.5). Erhält der Steuerpflichtige Bezüge im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 AStG aus der unmittelbaren Beteiligung an einer vermittelnden Gesellschaft, ist bei ihm gleichermaßen ein Kürzungsbetrag nach § 11 Absatz 2 AStG abzuziehen, wenn bei ihm Hinzurechnungsbeträge aus der Zwischengesellschaft der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterlegen haben (vgl. § 11 Absatz 1 Satz 2 AStG).

943Im Einzelnen wird auf Tz. 11.3.1 verwiesen.

18.1.3 Gesonderte und einheitliche Feststellung (§ 18 Absatz 1 Satz 3 AStG)

944Sind an der ausländischen Gesellschaft mehrere Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt, wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen; dabei ist auch festzustellen, wie sich die Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten verteilen (§ 18 Absatz 1 Satz 3 AStG). Danach ist eine einheitliche Feststellung im Sinne des § 179 Absatz 2 Satz 2 AO vorzunehmen, wenn mehrere unbeschränkt oder (erweitert) beschränkt Steuerpflichtige in Bezug auf eine Zwischengesellschaft die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung erfüllen; dem steht grundsätzlich nicht entgegen, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung im Ergebnis unterbleibt (insbesondere wegen § 9 AStG oder § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG). Im Hinblick auf die Fälle des § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG wird auf Tz. 18.1.1.2.2 verwiesen.

945Hinsichtlich eines gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten gilt § 183 AO.

18.1.4 Entsprechende Anwendung der Vorschriften der AO und der FGO (§ 18 Absatz 1 Satz 4 AStG)

946Die Vorschriften der AO, mit Ausnahme des § 180 Absatz 3 AO, und der FGO über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind entsprechend anzuwenden (§ 18 Absatz 1 Satz 4 AStG). Die Vorschrift beinhaltet dynamische Rechtsgrundverweisungen auf die jeweiligen Vorschriften der AO und der FGO.

18.2 Örtliche Zuständigkeit (§ 18 Absatz 2 AStG)

18.2.1 Gesonderte Feststellung (§ 18 Absatz 2 Satz 1 AStG)

947Für die gesonderte Feststellung ist das Finanzamt zuständig, das bei dem Steuerpflichtigen für die Ermittlung der aus der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung bezogenen Einkünfte örtlich zuständig ist (§ 18 Absatz 2 Satz 1 AStG). Die Zuständigkeitsregelung des § 18 Absatz 2 Satz 1 AStG gilt nur für den Fall einer gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für einen Steuerpflichtigen. Für den Fall einer gesonderten und einheitlichen Feststellung im Sinne des § 18 Absatz 1 Satz 3 AStG gilt die Zuständigkeitsregelung des § 18 Absatz 2 Satz 2 AStG.

948Bei unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen hat grundsätzlich das Wohnsitzfinanzamt nach § 19 Absatz 1 AO die gesonderte Feststellung vorzunehmen. Bei unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen, bei denen die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an der Zwischengesellschaft zu einem Betriebsvermögen gehört (vgl. § 10 Absatz 2 Satz 2 und 3 AStG), richtet sich die örtliche Zuständigkeit in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b AO nach § 18 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 AO. Bei beschränkt Einkommensteuerpflichtigen (vgl. § 7 Absatz 1 Satz 4 AStG) ergibt sie sich grundsätzlich aus § 19 Absatz 2 AO.

949Bei unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen hat grundsätzlich das Finanzamt die gesonderte Feststellung vorzunehmen, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen befindet (vgl. § 20 Absatz 1 AO); § 20 Absatz 2 AO ist zu beachten. In den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b AO richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach § 18 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 AO. Bei beschränkter Körperschaftsteuerpflicht richtet sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach § 20 Absatz 3 oder 4 AO.

950Innerhalb der Bundesländer durch Rechtsverordnung bestimmte abweichende örtliche Zuständigkeiten sind zu beachten.

18.2.2 Gesonderte und einheitliche Feststellung (§ 18 Absatz 2 Satz 2 AStG)

951Ist die gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Personen einheitlich vorzunehmen, ist das Finanzamt zuständig, das nach § 18 Absatz 2 Satz 1 AStG für den Beteiligten zuständig ist, dem die höchste Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen ist (§ 18 Absatz 2 Satz 2 AStG). Die Vorschrift betrifft die Fälle der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 Absatz 1 Satz 3 AStG. Unbeachtlich ist, ob die höchste Beteiligung in diesem Sinne in Form einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung besteht; für Zwecke der Ermittlung der höchsten Beteiligung sind unmittelbare und mittelbare Beteiligungen eines Steuerpflichtigen am Nennkapital (oder einer vergleichbaren Bezugsgröße nach ausländischem Recht) der Zwischengesellschaft zu addieren. Falls für die Gewinnverteilung der Zwischengesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital (oder einer vergleichbaren Bezugsgröße nach ausländischem Recht) maßgebend ist oder die Zwischengesellschaft über kein Nennkapital (oder eine vergleichbare Bezugsgröße nach ausländischem Recht) verfügt, ist in Anlehnung an § 7 Absatz 1 Satz 3 AStG der Gewinnverteilungsmaßstab der Zwischengesellschaft heranzuziehen.

18.2.3 Ersatzzuständigkeit (§ 18 Absatz 2 Satz 3 AStG)

952Lässt sich das zuständige Finanzamt nach § 18 Absatz 2 Satz 1 und 2 AStG nicht feststellen, ist das Finanzamt zuständig, das zuerst mit der Sache befasst wird (§ 18 Absatz 2 Satz 3 AStG). Die hiernach angeordnete Ersatzzuständigkeit ist gegenüber § 18 Absatz 2 Satz 1 und 2 AStG nachrangig. Sie kommt regelmäßig zum Tragen, wenn die Beteiligungen in den Fällen des § 18 Absatz 2 Satz 2 AStG gleich hoch sind.

18.2.4 Zweifelsfälle

953Ergibt sich die örtliche Zuständigkeit für die gesonderte und einheitliche Feststellung nicht zweifelsfrei aus § 18 Absatz 2 Satz 3 AStG, bestimmt die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde die für die Feststellung örtlich zuständige Finanzbehörde. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, treffen die fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam. Der Zustimmung der betroffenen Feststellungsbeteiligten hierzu bedarf es nicht.

18.3 Pflicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung und Anzeigepflicht (§ 18 Absatz 3 AStG)

18.3.1 Feststellungserklärung (§ 18 Absatz 3 Satz 1 AStG)

954Jeder der an der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen hat eine Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (§ 18 Absatz 3 Satz 1 AStG). Danach ist jeder Steuerpflichtige (einschließlich optierender Gesellschaften im Sinne des § 1a KStG), der die Voraussetzungen der allgemeinen (einschließlich der verschärften) oder der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung erfüllt, erklärungspflichtig; dem steht grundsätzlich nicht entgegen, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung im Ergebnis unterbleibt (insbesondere wegen § 9 AStG oder § 13 Absatz 1 Satz 3 AStG). In den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG (ggf. i. V. m. § 13 Absatz 1 Satz 2 AStG), in denen der Steuerpflichtige nicht Feststellungsbeteiligter ist (vgl. Tz. 18.1.1.2.2), ist dieser insoweit nicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung verpflichtet. Die Befreiung von der Erklärungspflicht nach § 181 Absatz 2 Satz 3 AO gilt im Bereich des § 18 AStG nicht; nach § 18 Absatz 3 Satz 5 AStG ist jedoch eine gemeinsame Erklärung oder Anzeige zulässig (vgl. hierzu Tz. 18.3.5).

955Ist ein Steuerpflichtiger mittelbar über eine oder mehrere in- oder ausländische Personengesellschaft(en) an der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft beteiligt, ist ausschließlich der mittelbar beteiligte Steuerpflichtige erklärungspflichtig. Die Personengesellschaft ist nicht zur Abgabe einer Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung verpflichtet (vgl. auch Tz. 18.1.1.2.1). Dies gilt nicht für optierende Personengesellschaften im Sinne des § 1a KStG.

956Unmittelbar oder mittelbar an einer ausländischen Gesellschaft beteiligte Steuerpflichtige, die im Inland von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind, sind insoweit nicht zur Abgabe einer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung im Sinne des § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG verpflichtet. Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds sind von der Pflicht zur Abgabe einer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung im Sinne des § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG befreit, soweit Hinzurechnungsbeträge auf Ebene des Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds nicht steuerpflichtig sind. Auf Aufforderung des Finanzamtes ist eine Erklärung abzugeben.

957Ist ein Hinzurechnungsbetrag bei einem Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds nach § 6 InvStG steuerfrei, muss der Fonds diesen nicht in seiner Körperschaftsteuererklärung angeben. Dies gilt jedoch insbesondere dann nicht, wenn der Hinzurechnungsbetrag zu den steuerpflichtigen sonstigen inländischen Einkünften im Sinne des § 6 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 InvStG i. V. m. § 49 Absatz 1 Nummer 2 EStG gehört. Dies kann der Fall sein, wenn die Beteiligung an der Zwischengesellschaft einer inländischen Betriebsstätte des Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds zuzuordnen ist.

958Die Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben.

959Die Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum (= Kalenderjahr), in dem der Hinzurechnungsbetrag nach den Grundsätzen des § 10 Absatz 2 Satz 1 AStG als zugeflossen gilt oder gelten würde (Feststellungsjahr). Dabei handelt es sich um den Veranlagungszeitraum, in dem das maßgebende Wirtschaftsjahr im Sinne des § 7 Absatz 2 AStG der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft endet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anteile an der ausländischen Gesellschaft / Kapitalanlagegesellschaft (oder einer vermittelnden Gesellschaft) bei einem oder mehreren Steuerpflichtigen zu einem Betriebsvermögen gehören und ein Steuerpflichtiger oder mehrere Steuerpflichtige ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat / haben (vgl. Tz. 18.1.1.3). Die Abgabefrist ergibt sich daher grundsätzlich aus § 149 Absatz 2 Satz 1 AO in der jeweils geltenden Fassung. § 149 Absatz 3 Nummer 7 sowie Absatz 4 und 6 AO sind zu beachten.

960Die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung erfolgt in der allgemeinen Aufforderung zur Abgabe der Jahressteuererklärungen. Das zuständige Finanzamt kann ihm bekannte Beteiligte auch besonders zur Abgabe einer Erklärung auffordern.

961Für die Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung gelten im Übrigen grundsätzlich die für Steuererklärungen maßgeblichen Verfahrensvorschriften (insbesondere §§ 152, 153 und 328 ff. AO).

962Hinweis für das Feststellungsjahr 2022 (Übergangszeitraum): Sind im Hinblick auf das Feststellungsjahr 2022 sowohl die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 14 AStG in der bis zum geltenden Fassung als auch die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 bis 13 AStG in der geltenden Fassung erfüllt, sind zwei separate Erklärungen zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung abzugeben. Dies gilt bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ggf. auch im Hinblick auf Feststellungjahre nach 2022 (vgl. auch Tz. 18.1.1.4).

18.3.2 Anzeige (§ 18 Absatz 3 Satz 2 AStG)

963In den Fällen, in denen nach § 8 Absatz 2 AStG geltend gemacht wird, dass eine Hinzurechnung unterbleibt, ist dies abweichend von § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nur anzuzeigen; für diese Anzeige gelten die für die Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung nach § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG maßgeblichen Fristen entsprechend (§ 18 Absatz 3 Satz 2 AStG). Die erleichterte Erklärungspflicht in Form einer Anzeige gilt nur in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige geltend macht, dass der Motivtest nach § 8 Absatz 2 AStG erfüllt ist (vgl. BT-Drs. 19/28652, 66). In allen übrigen Fällen gilt die vollumfängliche Erklärungspflicht nach § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG. Die vollumfängliche Erklärungspflicht gilt auch in den Fällen, in denen die ausländische Gesellschaft aus mehreren Tätigkeiten Zwischeneinkünfte erzielt (vgl. dazu Tz. 8.2.1.4) und nicht in Bezug auf jede dieser Tätigkeiten nach § 8 Absatz 2 AStG geltend gemacht wird, dass eine Hinzurechnung unterbleibt. Rn. 956 gilt entsprechend.

964Eine Berufung auf den Motivtest in diesem Sinne setzt voraus, dass der Steuerpflichtige geltend macht, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, insoweit einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht (vgl. § 8 Absatz 2 AStG; im Einzelnen vgl. Tz. 8.2). Eine Berufung auf den Motivtest scheidet aus, wenn die ausländische Gesellschaft weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat (vgl. § 8 Absatz 3 AStG; Tz. 8.3); in diesen Fällen ist eine Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung nach § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG abzugeben.

965Die Anzeige ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten.

966Verlangt das zuständige Finanzamt auf der Grundlage der Anzeige keine Erklärungsabgabe nach § 18 Absatz 3 Satz 4 AStG, ergeht grundsätzlich kein negativer Feststellungsbescheid (vgl. auch Tz. 18.1.1.2).

967Die Anzeigepflicht nach § 18 Absatz 3 Satz 2 AStG gilt für den Bereich der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung nach § 13 AStG entsprechend.

968In den Fällen des § 7 Absatz 1 Satz 2 AStG (ggf. i. V. m. § 13 Absatz 1 Satz 2 AStG), in denen der Steuerpflichtige nicht Feststellungsbeteiligter ist (vgl. Tz. 18.1.1.2.2), ist dieser insoweit nicht zur Abgabe einer Anzeige verpflichtet.

18.3.3 Umfang der Anzeige (§ 18 Absatz 3 Satz 3 AStG)

969Die Anzeige hat die Angaben zu enthalten, die für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 8 Absatz 2 AStG von Bedeutung sind; insbesondere Name, Anschrift, wirtschaftliche Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft, Beteiligungsverhältnisse und Identifikationsmerkmale der an der ausländischen Gesellschaft Beteiligten (§ 18 Absatz 3 Satz 3 AStG). Danach muss die Anzeige sämtliche Angaben enthalten, die es dem zuständigen Finanzamt ermöglichen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Absatz 2 AStG zweifelsfrei und abschließend prüfen zu können. Dabei handelt es sich insbesondere um folgende Angaben:

970Name, Anschrift und wirtschaftliche Tätigkeit der Zwischengesellschaft: Zur Prüfung des Vorliegens einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 8 Absatz 2 AStG bedarf es insbesondere auch Angaben zur sachlichen und personellen Ausstattung der Zwischengesellschaft (vgl. § 8 Absatz 2 Satz 2 AStG). Im Hinblick auf die personelle Ausstattung der Zwischengesellschaft sind Angaben zur Qualifikation des Personals erforderlich (vgl. § 8 Absatz 2 Satz 3 AStG).

971Beteiligungsverhältnisse und Identifikationsmerkmale der Beteiligten: Die Angaben zu den Beteiligungsverhältnissen müssen insbesondere die Höhe der jeweiligen Beteiligungen umfassen. Zu den Identifikationsmerkmalen der Beteiligten zählen insbesondere deren Namen, deren Anschriften und deren Identifikationsmerkmale nach den §§ 139a ff. AO.

972Die in § 18 Absatz 3 Satz 3 AStG enthaltene Aufzählung von Regelbeispielen ist nicht abschließend. Nach den Umständen des Einzelfalls können daher weitergehende Angaben erforderlich sein. Auf Verlangen des zuständigen Finanzamts hat der Steuerpflichtige die jeweiligen Angaben durch geeignete Belege nachzuweisen.

18.3.4 Erklärungsabgabe auf Verlangen (§ 18 Absatz 3 Satz 4 AStG)

973Das zuständige Finanzamt kann in den Fällen des § 18 Absatz 3 Satz 2 AStG die Abgabe einer Erklärung nach § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG verlangen (§ 18 Absatz 3 Satz 4 AStG). Das Verlangen einer Erklärungsabgabe ist insbesondere dann ermessensgerecht, wenn nach der Prüfung der im Zusammenhang mit der Anzeige eingereichten Unterlagen Zweifel bspw. am Vorliegen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Zwischengesellschaft bestehen (vgl. BT-Drs. 19/28652, 66).

974Auch in den Fällen des § 18 Absatz 3 Satz 4 AStG gelten grundsätzlich die für Steuererklärungen maßgeblichen Verfahrensvorschriften (insbesondere §§ 152, 153 und 328 ff. AO).

18.3.5 Gemeinsame Erklärung oder Anzeige (§ 18 Absatz 3 Satz 5 AStG)

975Die Verpflichtungen nach § 18 Absatz 3 AStG können durch die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung oder Anzeige erfüllt werden (§ 18 Absatz 3 Satz 5 AStG). Die Vorschrift betrifft die Fälle der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 Absatz 1 Satz 3 AStG. Sie räumt ein Wahlrecht zur Abgabe einer gemeinsamen Erklärung nach § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG oder Anzeige nach § 18 Absatz 3 Satz 2 AStG ein.

976Eine gemeinsame Erklärung oder Anzeige ist eine solche, die von mehreren Steuerpflichtigen zwecks Erfüllung der jeweiligen Erklärungs- oder Anzeigepflicht nach Maßgabe des § 18 Absatz 3 Satz 6 AStG eigenhändig unterschrieben und abgegeben wird. Wird eine gemeinsame Erklärung oder Anzeige nicht von sämtlichen Steuerpflichtigen abgegeben, bleibt es für die übrigen Steuerpflichtigen bei der Einzelerklärungspflicht oder Einzelanzeigepflicht nach § 18 Absatz 3 Satz 1 oder 2 AStG, soweit diese nicht ihrerseits eine gemeinsame Erklärung oder Anzeige abgeben.

18.3.6 Eigenhändige Unterschrift (§ 18 Absatz 3 Satz 6 AStG)

977Die Erklärung sowie die Anzeige sind von dem Steuerpflichtigen oder von den in § 34 AO bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben (§ 18 Absatz 3 Satz 6 AStG). Die Verpflichtung zur eigenhändigen Unterschrift trifft den erklärenden oder anzeigenden Steuerpflichtigen bzw. dessen gesetzliche Vertretung.

978Soweit der Steuerpflichtige die Erklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist (§ 150 Absatz 3 AO).

18.4 Einkünfte und Vermögen im Sinne des § 15 AStG (§ 18 Absatz 4 AStG)

18.4.1 Feststellungsverfahren

979§ 18 Absatz 1 bis 3 AStG gilt für Einkünfte und Vermögen ausländischer Familienstiftungen im Sinne des § 15 AStG entsprechend (§ 18 Absatz 4 AStG).

980Danach sind die Besteuerungsgrundlagen zur Anwendung des § 15 AStG in entsprechender Anwendung des § 18 Absatz 1 AStG gesondert und ggf. einheitlich festzustellen. Dabei handelt es sich insbesondere um

  • den Zurechnungsgegenstand (Einkünfte der ausländischen Familienstiftung und die nach § 15 Absatz 5 AStG anzurechnenden Steuern),

  • das / die Zurechnungssubjekt(e) (der / die unbeschränkt steuerpflichtige / n Stifter oder die unbeschränkt steuerpflichtigen Bezugs- oder Anfallsberechtigten),

  • die Zurechnungsquote(n) (der Anteil des jeweiligen Zurechnungssubjekts) und

  • den Zurechnungszeitpunkt.

981Die Zuwendungen im Sinne des § 15 Absatz 11 Satz 1 AStG und die nach § 15 Absatz 11 Satz 2 AStG anzurechnenden oder abzuziehenden Steuern sind in das Feststellungsverfahren einzubeziehen. Im Rahmen der Feststellung ist der verbleibende Zurechnungsbetrag (vgl. hierzu Tz. 15.11.1.2) als die Summe der nach § 15 Absatz 1 AStG zugerechneten Einkünfte der ausländischen Familienstiftung abzüglich der Summe der von dieser Familienstiftung ausgeführten und nach § 15 Absatz 11 AStG nicht der Besteuerung unterliegenden Zuwendungen fortzuschreiben.

982Über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Absatz 6 AStG in Bezug auf die ausländische Familienstiftung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 AStG ist abschließend im Feststellungsverfahren zu entscheiden.

18.4.2 Fälle des § 15 Absatz 9 und 10 AStG

983In den Fällen des § 15 Absatz 9 AStG sind die Einkünfte der nachgeschalteten ausländischen Gesellschaft, die der ausländischen Familienstiftung oder einer anderen ausländischen Stiftung danach zuzurechnen sind, in einem eigenständigen Verfahren gesondert festzustellen. In diesem Verfahren ist abschließend über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Absatz 2 AStG zu entscheiden. Im Hinblick auf Gewinnausschüttungen im Sinne des § 15 Absatz 9 Satz 3 AStG wird auf Tz. 15.9.3 verwiesen.

984In den Fällen des § 15 Absatz 10 AStG gilt dies entsprechend. Über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Absatz 6 AStG auf Ebene der anderen ausländischen Stiftung ist abschließend in dem insoweit durchzuführenden eigenständigen Feststellungsverfahren zu entscheiden. Im Hinblick auf Zuwendungen der ausländischen Stiftung im Sinne des § 15 Absatz 10 Satz 2 AStG wird auf Tz. 15.10.2 verwiesen.

18.4.3 Örtliche Zuständigkeit

985Die örtliche Zuständigkeit für die Vornahme der gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung ergibt sich aus § 18 Absatz 2 AStG. Für die Vornahme einer gesonderten und einheitlichen Feststellung ist das Finanzamt örtlich zuständig, das nach § 18 Absatz 2 Satz 1 AStG für den Zurechnungsempfänger zuständig ist, dem der Anteil mit dem höchsten gemeinen Wert zuzurechnen ist (vgl. § 18 Absatz 2 Satz 2 AStG).

18.4.4 Erklärungs- und Anzeigepflicht

986Jeder unbeschränkt steuerpflichtige Stifter, sonst jede unbeschränkt steuerpflichtige bezugsoder anfallsberechtigte Person hat eine Erklärung zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (vgl. § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG). In den Fällen, in denen nach § 15 Absatz 6 AStG geltend gemacht wird, dass eine Zurechnung unterbleibt, ist dies abweichend von § 18 Absatz 3 Satz 1 AStG nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nur anzuzeigen (vgl. § 18 Absatz 3 Satz 2 AStG). Hinsichtlich der Erklärung und der Anzeige gelten die übrigen Vorschriften des § 18 Absatz 3AStG entsprechend (vgl. hierzu Tz. 18.3). In den Fällen des § 15 Absatz 9 und 10 AStG sind die erforderlichen Angaben im Rahmen der Feststellungserklärung für die ausländische Familienstiftung im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 AStG nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu machen; trotz eigenständiger Feststellungsverfahren in diesen Fällen sind insoweit keine eigenständigen Feststellungserklärungen abzugeben.

18.5 Außenprüfung (§ 18 Absatz 5 AStG)

987Eine Außenprüfung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist bei jedem der betroffenen Steuerpflichtigen zulässig (§ 18 Absatz 5 AStG). Auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 193 Absatz 2 Nummer 2 AO kommt es insoweit nicht an (vgl. BT-Drs. 19/28652, 66).

19 (weggefallen)

20 Bestimmungen über die Anwendung von DBA (§ 20 AStG)

20.1 Verhältnis zu DBA (§ 20 Absatz 1 AStG)

988Die Vorschriften der

  • Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 bis 13 und § 18 AStG,

  • Regelungen über Familienstiftungen nach § 15 und § 18 AStG,

  • Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen (§ 16 AStG) sowie Sachverhaltsaufklärung (§ 17 AStG) und

  • Umschaltklausel des § 20 Absatz 2 AStG

werden durch die von Deutschland abgeschlossenen DBA nicht berührt (§ 20 Absatz 1 AStG).

989In der Folge kommen die genannten Regelungen unabhängig von der abkommensrechtlichen Zuweisung von Besteuerungsrechten zur Anwendung. § 20 Absatz 1 AStG ist als unilaterale Abkommensüberschreibung (sog. Treaty Override) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (, BStBl II 2021 S. 270 unter Hinweis auf ).

20.2 Umschaltklausel (§ 20 Absatz 2 AStG)

20.2.1 Regelungsgehalt

990Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und sind sie aufgrund eines DBA von der Besteuerung auszunehmen und wären die Einkünfte ungeachtet des § 8 Absatz 2 AStG als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden. Die Vorschrift ist anzuwenden, wenn die ausländische Betriebsstätte oder Personengesellschaft nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 AStG passive Einkünfte erzielt, die Einkünfte einer niedrigen Besteuerung nach § 8 Absatz 5 AStG unterliegen und diese aufgrund eines DBA in Deutschland freigestellt sind.

991Die Prüfung der Vorschrift erfordert grundsätzlich die Fiktion einer ausländischen Gesellschaft nach § 7 Absatz 1 Satz 1 AStG und auf Grundlage dieser Fiktion die hypothetische Prüfung der Anwendbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung; der Motivtest nach § 8 Absatz 2 AStG bleibt insoweit außer Betracht. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anstelle der im DBA vorgesehenen Freistellung – vorbehaltlich des § 20 Absatz 2 Satz 2 AStG – eine Besteuerung der Betriebsstätteneinkünfte (Tz. 20.2.8) unter Anrechnung der ausländischen Steuern durchzuführen (Tz. 20.2.9).

992Für in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet gelegene Betriebsstätten eines unbeschränkt Steuerpflichtigen gilt § 20 Absatz 2 Satz 1 AStG mit der Maßgabe, dass dieser auf sämtliche Einkünfte der Betriebstätte anzuwenden ist (§ 9 Satz 3 StAbwG).

20.2.1.1 Freistellung nach DBA

993Die Freistellung als Voraussetzung für die Anwendung des § 20 Absatz 2 Satz 1 AStG kann sich sowohl aus den Methodenartikeln als auch aus den Verteilungsartikeln der DBA ergeben. Dies gilt auch insoweit, als die Freistellung bei abkommensrechtlicher Doppelansässigkeit unter Anwendung des Artikels 4 Absatz 2 oder 3 (sog. Tie-Breaker-Rule) des OECD-MA 2017 erfolgt.

994Die Freistellung kann aber aufgrund einer im DBA geregelten Rückfallklausel ( BStBl 2013 I S. 980) oder einer Aktivitätsklausel entfallen.

20.2.1.2 Nationale Umschaltklausel

995Ungeachtet einer Rückfallklausel im DBA erfolgt keine Freistellung in den Fällen des § 50d Absatz 9 EStG. Hierzu gehören u. a. auch die Vergütungen im Sinne des § 50d Absatz 10 EStG, die nach § 50d Absatz 10 Satz 8 i. V. m. § 50d Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 EStG nicht freigestellt werden. Nach § 50d Absatz 9 Satz 3 EStG bleiben die Bestimmungen des § 20 Absatz 2 AStG aber unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränken.

20.2.2 Persönlicher Anwendungsbereich

996§ 20 Absatz 2 AStG findet nur bei unbeschränkt Steuerpflichtigen Anwendung. Für Betriebsstätten beschränkt Steuerpflichtiger gilt die Vorschrift nicht.

20.2.3 Betriebsstättenbegriff nach § 20 Absatz 2 AStG

997Für die Anwendung des § 20 Absatz 2 AStG gilt der Betriebsstättenbegriff des § 12 AO; diese Begriffsbestimmung gilt auch für die freiberufliche Tätigkeit und Steuerpflichtige mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Auf den Betriebsstättenbegriff nach Abkommensrecht kommt es insoweit nicht an.

998Ist eine im Inland ansässige Person als atypisch stiller Gesellschafter an einem ausländischen Unternehmen beteiligt, ist eine Betriebsstätte des Unternehmens als (anteilige) Betriebsstätte des Beteiligten anzusehen (vgl. BStBl 2014 I S. 1258, Tz. 2.2.3).

999§ 20 Absatz 2 AStG erfasst z. B. auch die Geschäftsleitung einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Ausland und Satzungssitz in Deutschland, da der Ort der Geschäftsleitung eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 Satz 2 Nummer 1 AO ist.

1000Die Beteiligung eines im Inland ansässigen Steuerpflichtigen an einer ausländischen Personengesellschaft vermittelt dem Gesellschafter eine Betriebsstätte (anteilige Betriebsstätte des inländischen Gesellschafters) im Ausland ( a. a. O., Tz. 2.2.3).

1001§ 20 Absatz 2 AStG ist auch auf Beteiligungen von unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer ausländischen Personengesellschaft oder an einer inländischen Personengesellschaft, die eine ausländische Betriebsstätte unterhält, anzuwenden ( a. a. O., Tz. 4.1.1.2.2). Der Grundsatz, dass Betriebsstätten einer Personengesellschaft (anteilige) Betriebsstätten der einzelnen Gesellschafter sind, ist auf doppel- bzw. mehrstöckige Personengesellschaften entsprechend anzuwenden ( a. a. O., Tz. 2.2.3). Auch gewerblich geprägte, aber vermögensverwaltende ausländische Personengesellschaften (vgl. , BStBl II 2014 S. 754) oder Besitzpersonengesellschaften im Rahmen einer Betriebsaufspaltung können eine ausländische Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO begründen und die Voraussetzungen des § 20 Absatz 2 AStG erfüllen. § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG gilt sinngemäß. Ob eine Personengesellschaft in diesem Sinne vorliegt, ist nach dem Rechtstypenvergleich zu bestimmen (vgl. hierzu Tz. 7.1.1.3).

1002Die Rechtsfolgen des § 20 Absatz 2 AStG treten ungeachtet der Beteiligungshöhe eines Gesellschafters an einer Personengesellschaft ein, die über eine entsprechende ausländische Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO verfügt ( a. a. O., Tz. 4.1.1.2.2); maßgebend ist insoweit ausschließlich, dass niedrig besteuerte passive Einkünfte anfallen. Maßgeblich ist die Beteiligung an einer Personengesellschaft am Ende des Wirtschaftsjahres der Gesellschaft (vgl. Tz. 7.2.2) bzw. das Bestehen der Betriebsstätte zu diesem Zeitpunkt.

1003Zur Behandlung von Sonderbetriebsvermögen wird auf Tz. 20.2.8 verwiesen.

20.2.3.1 Investmentvermögen

1004Ausländische Investmentvermögen, die auf Basis des Rechtstypenvergleichs (vgl. hierzu Tz. 7.1.1.3) als Personengesellschaften zu qualifizieren sind, unterliegen grundsätzlich nicht dem InvStG (§ 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 InvStG), so dass § 20 Absatz 2 AStG Anwendung finden kann. § 20 Absatz 2 AStG fingiert nur für die Zwischeneinkünfte im Sinne des § 8 AStG eine ausländische Gesellschaft. Insbesondere die §§ 7 Absatz 5 und 13 Absatz 5 AStG finden daher im Rahmen des § 20 Absatz 2 AStG keine Berücksichtigung.

20.2.4 Kein Motivtest nach § 8 Absatz 2 AStG

1005§ 20 Absatz 2 Satz 1 AStG kommt ungeachtet des § 8 Absatz 2 AStG zur Anwendung.

20.2.5 Passive Einkünfte

1006Hinsichtlich der passiven Einkünfte, die in der ausländischen Betriebsstätte anfallen, gilt § 8 Absatz 1 AStG entsprechend; es wird auf die Ausführungen unter Tz. 8.1 hingewiesen.

1007Bei Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften sind die Grundsätze des § 8 Absatz 1 AStG sowohl auf die anteiligen Einkünfte aus dem Gesamthandsvermögen als auch auf diejenigen Einkünfte aus einem etwaigen Sonderbetriebsvermögen als Teil des Gewinns der Personengesellschaft anzuwenden ( a. a. O., Tzn. 5.1.1 und 5.1.2).

1008Die funktionale Betrachtungsweise (vgl. hierzu Tz. 8.0.3) ist entsprechend anzuwenden.

20.2.6 Niedrigbesteuerung

1009Die passiven Einkünfte der ausländischen Betriebsstätte unterliegen unter den Voraussetzungen des § 8 Absatz 5 AStG einer niedrigen Besteuerung. Einkünfte aus dem Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft (Tz. 20.2.5) sind entsprechend einzubeziehen.

20.2.7 Freigrenze

1010Bei gemischten Einkünften einer ausländischen Betriebsstätte ist die Freigrenze nach § 9 AStG zu berücksichtigen (vgl. hierzu Tz. 9) Im Bereich des § 9 Satz 3 StAbwG gilt diese Freigrenze nicht.

20.2.8 Ermittlung der Einkünfte

1011Die Zwischeneinkünfte der ausländischen Betriebsstätte sind in entsprechender Anwendung des deutschen Steuerrechts nach § 10 Absatz 3 bis 5 AStG zu ermitteln (vgl. hierzu Tzn. 10.3 ff.).

1012Die Ermittlung nach deutschem Steuerrecht schließt auch die Anwendung von § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 EStG ein. Sonderbetriebsvermögen sowie die durch das Sonderbetriebsvermögen veranlassten Erträge und Aufwendungen einschließlich der Gewinne aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 EStG sind nach wirtschaftlichen Maßstäben der Betriebsstätte zuzurechnen; dies gilt auch für atypisch stille Gesellschaften.

20.2.9 Steueranrechnung

1013Gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuern sind nach § 34c Absatz 1 oder 2 EStG bzw. § 26 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 oder 2 KStG zu berücksichtigen.

Verluste

1014§ 20 Absatz 2 AStG findet nur auf positive Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift Anwendung. Negative Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift sind entsprechend § 10 Absatz 3 Satz 5 AStG nur im Rahmen der sinngemäßen Anwendung des § 10d EStG zu berücksichtigen. Ein Verlustrücktrag ist nicht zulässig.

1015Ein Verlustausgleich mit anderen ausländischen Betriebsstätten des Steuerpflichtigen ist nicht zulässig.

1016Ein Verlustvortrag ist nur innerhalb derselben Betriebsstätte möglich.

1017§ 2a EStG ist zu beachten.

Gewerbesteuerliche Auswirkungen

1018Hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Auswirkungen wird insbesondere auf § 7 Satz 8 und 9 GewStG, § 9 Nummer 2 Satz 2, 4 und 5 GewStG und § 9 Nummer 3 Satz 1 Halbsatz 2 GewStG verwiesen.

Verfahrensrecht

1019§ 20 Absatz 2 AStG ist nicht Gegenstand der gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung nach § 18 AStG.

Mehrstufige Strukturen

1020Wird eine ausländische Gesellschaft im Sinne des § 7 AStG einer ausländischen Betriebsstätte zugeordnet, wird der Hinzurechnungsbetrag der Zwischengesellschaft unmittelbar beim Steuerpflichtigen erfasst. Sofern die ausländische Betriebsstätte mit ihren Einkünften die Voraussetzungen des § 20 Absatz 2 AStG erfüllt, ist – bezogen auf diese Einkünfte – die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung zu vermeiden.

1021Ist eine Zwischengesellschaft an einer ausländischen Personengesellschaft beteiligt, erzielt die Zwischengesellschaft einen Gewinnanteil im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG, der ggf. nach § 8 Absatz 1 AStG zu Zwischeneinkünften bei der Zwischengesellschaft führt (vgl. Tz. 8.0.2).

Einkünfte aus Dienstleistungen (§ 20 Absatz 2 Satz 2 AStG)

1022Nach § 20 Absatz 2 Satz 2 AStG gilt § 20 Absatz 2 Satz 1 AStG nicht, soweit in der ausländischen Betriebsstätte Einkünfte anfallen, die nach § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a AStG (vgl. hierzu Tz. 8.1.5.2.1) als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig wären. In diesen Fällen bleibt es bei der Freistellung der Einkünfte nach den Vorschriften des jeweiligen DBA. Dies gilt sowohl für ausländische Betriebsstätten gewerblich tätiger als auch selbständig tätiger Personen. Die Anwendung von § 50d Absatz 9 EStG bleibt unberührt.

1023Nach § 9 Satz 3 Halbsatz 2 StAbwG ist § 20 Absatz 2 Satz 2 AStG für in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet gelegene Betriebsstätten eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht anzuwenden.

21 Zeitliche Anwendung

1024Dieses Schreiben gilt im Hinblick auf die ab dem geltenden Fassungen der jeweiligen Vorschriften unter Berücksichtigung der Anwendungsvorschriften des § 21 AStG.

BMF v. - IV B 5 - S 1340/23/10001 :001

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:



Fundstelle(n):
BStBl 2023 I Sondernummer 1/2023 Seite 2
GmbH-StB 2024 S. 48 Nr. 2
RAAAJ-44683

1Aus Vereinfachungsgründen wurde § 108 Absatz 3 AO bei der Berechnung von Fristen in den Beispielen nicht berücksichtigt.