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Verfahrensrecht

Abgabenordnung //

Die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 bis 7 AO

Der BFH hat mit Urteil v. 3.7.2025 - IV R 6/23 ( GAAAJ-99049) entschieden, dass auch außerhalb der in § 1 Abs. 2 Satz 1 StAuskV geregelten Fallgruppen nur eine Gebühr nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO festgesetzt werden kann, wenn identische verbindliche Auskünfte hinsichtlich eines steuerlichen Sachverhalts gegenüber mehreren Antragstellern ergehen. Dabei sind die Antragsteller Gesamtschuldner.

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Verfahrensrecht //

Keine neue Zinsfestsetzung nach Übergang von der Zusammen- zur Einzelveranlagung (BFH)

Der Antrag auf Änderung der Veranlagungsform von Ehegatten ist ein rückwirkendes Ereignis, so dass für Zwecke der Zinsfestsetzung die in § 233a Abs. 2a, 7 AO getroffenen Regelungen anzuwenden sind. Eine Festsetzung von Nachzahlungszinsen, die ursprünglich aufgrund eines Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheids ergangen war, bleibt auch dann unverändert gegenüber beiden Eheleuten bestehen, wenn der Zusammenveranlagungsbescheid aufgehoben und durch Einzelveranlagungsbescheide ersetzt wird, und zwar auch für den Fall, dass sämtliche Einkünfte allein auf einen der Ehegatten entfallen (BFH, Urteil v. 30.7.2025 - X R 11/23; veröffentlicht am 16.10.2025).

Buchführung //

GoBD-konforme Verfahrensdokumentation in der Praxis

Die Verfahrensdokumentation ist ein zentrales Instrument zur Sicherstellung der Ordnungsmäßigkeit und Nachvollziehbarkeit steuerlich relevanter IT-gestützter Prozesse und setzt die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) um. Sie dient der Optimierung interner Abläufe sowie der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Sie ist integraler Bestandteil eines Tax Compliance Management Systems und gewinnt durch Digitalisierung und gesetzliche Änderungen zunehmend an Bedeutung.

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Verfahrensrecht //

Zur Unkenntnis der Finanzbehörde bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (BFH)

Zur Beantwortung der Frage, ob die Finanzbehörde Kenntnis von den für die Steuerfestsetzung wesentlichen tatsächlichen Umständen hat, ist auf diejenigen Personen abzustellen, die innerhalb der zuständigen Finanzbehörde organisationsmäßig für die Bearbeitung des Steuerfalls berufen sind bzw. die den (zu ändernden) Steuerbescheid erlassen haben. Elektronische Daten, die nicht automatisch zur Papierakte/elektronischen Akte gelangen, sondern lediglich auf Datenspeichern der Finanzbehörde zum Abruf bereitliegen, sind nicht schon deshalb bekannt im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, weil sie mit der Steuernummer des Steuerpflichtigen verknüpft sind (BFH, Urteil v. 14.5.2025 - VI R 14/22; veröffentlicht am 9.10.2025).

Finanzgerichtsordnung //

Erfordernis eigenverantwortlicher Fristenkontrolle durch Berufsträger

Mit dem Beschluss v. 9.9.2025 entschied der BFH, dass eine unverschuldete Versäumung der Revisionsbegründungsfrist nicht vorliegt, wenn der mit dem Fall betraute Berufsträger erst am Tag des Fristablaufs mit der Bearbeitung beginnt, den Ablauf der Frist nicht überprüft und es deshalb unterlässt, an diesem Tag noch mögliche fristwahrende Handlungen auszuführen.

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Verfahrensrecht //

Änderung von Steuerbescheiden bei elektronischer Datenübermittlung durch Dritte

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Steuerbescheid stets geändert werden kann, wenn elektronisch übermittelte Daten bisher nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob der Inhalt der Daten dem Finanzamt bereits bekannt war. Dies hatte sich im entschiedenen Fall zugunsten des Finanzamts ausgewirkt, gilt aber umgekehrt ebenso zugunsten des Steuerpflichtigen.

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Verfahrensrecht/Insolvenzrecht //

Prozessführungsbefugnis des Insolvenzschuldners bei Insolvenzeröffnung zwischen Einspruchsentscheidung und Klage (BFH NV)

Hat ein Finanzprozess eine festgesetzte und noch nicht entrichtete Steuer zum Gegenstand, ist der Schuldner nur zur Aufnahme des Prozesses berechtigt, wenn er die angemeldete Steuerforderung nach Maßgabe der Insolvenzordnung bestritten und innerhalb von einem Monat seinen Widerspruch durch Aufnahme des Prozesses verfolgt hat. Wiedereinsetzungsmöglichkeiten bleiben unberührt (BFH, Beschluss v. 6.8.2025 - X B 117/23, NV; veröffentlicht am 2.10.2025).

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Einkommensteuer/Verfahrensrecht //

Keine (Pflicht-)Veranlagung bei Stellung eines Antrags auf Günstigerprüfung erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist (BFH)

Der Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG entfaltet keine anlaufhemmende Wirkung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, wenn er zusammen mit Abgabe der Steuererklärung nach Ablauf der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO gestellt wird. Kapitaleinkünfte, die dem besonderen Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG aber nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen, sind in die "positive Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte" im Sinne des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG einzubeziehen (BFH, Urteil v. 14.5.2025 - VI R 17/23; veröffentlicht am 2.10.2025).

Abgabenordnung //

Akteneinsicht und Auskunft im Besteuerungsverfahren über den Inhalt einer anonymen Anzeige

Ein Finanzamt muss über den Inhalt einer anonymen Anzeige und über den Namen des Anzeigeerstatters keine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilen, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Behörde sowie der aus § 30 AO folgende Identitätsschutz des Anzeigeerstatters im Einzelfall höher wiegen als das Informationsinteresse des Steuerpflichtigen.

Steuerrecht //

AfA-Bemessungsgrundlage nach Wegfall der gewerblichen Prägung

Was gilt bei rückwirkenden Ereignissen?

Der Wegfall einer gewerblichen Prägung bei der Vermietung von Grundstücken und die anschließende Einkünfteerzielung im Bereich von § 21 EStG schien durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt zu sein. Mit dem vorliegenden Urteil v. 3.6.2025 - IX R 18/242 kommt jedoch ein neuer Aspekt hinzu: Der BFH klärt die Fragen, wann ein rückwirkendes Ereignis in diesem Kontext vorliegt und was dessen Folgen sind.

Abgabenordnung //

Keine Bilanzberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit

Eine fehlerhafte Bilanz, die zu einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung geführt hat, kann nicht wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden. Denn § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG lässt eine Berichtigung der Bilanz im Fall der Bestandskraft der Steuerfestsetzung nur zu, wenn die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden kann; eine Berichtigung nach § 129 AO ist aber keine „Änderung“.

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DSGVO //

Akteneinsicht und Auskunft über den Inhalt einer anonymen Anzeige (BFH)

Eine Finanzbehörde muss über den Inhalt einer ihr vorliegenden anonymen Anzeige gegenüber dem betroffenen Steuerpflichtigen keine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilen, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Behörde zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie der aus § 30 AO herrührende Identitätsschutz des Anzeigeerstatters im Einzelfall höher wiegen als das Informationsinteresse des Steuerpflichtigen (BFH, Urteil v. 15.7.2025 - IX R 25/24; veröffentlicht am 25.9.2025).

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