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Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln durch Umstrukturierungen
[i]Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erlasse v. 13.10.2022, NWB MAAAJ-28116 Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sieht für das begünstigungsfähige Vermögen umfangreiche Steuerbefreiungen in §§ 13a, 13c, 28a ErbStG vor, die allerdings nur greifen, soweit dieses Vermögen tatsächlich begünstigt i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG ist. Nicht zum begünstigten Vermögen gehören dabei das sog. junge (sonstige) Verwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4, Abs. 7 Satz 2 ErbStG sowie die jungen Finanzmittel i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG. Daher unterliegen diese stets, wie das nicht begünstigungsfähige Vermögen auch, in vollem Umfang der Besteuerung mit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, eine Steuerbefreiung ist nicht möglich. Schon deswegen kommt der Qualifizierung von Vermögen als junges Verwaltungsvermögen und junge Finanzmittel bei der Übertragung von betrieblichen Einheiten stets eine besondere Bedeutung zu. Nachdem bereits einige Entscheidungen des BFH zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen durch Aktivtausch (An- und Verkauf von Wirtschaftsgütern) und im Falle einer Verschmelzung vorliegen, hat die Finanzverwaltung nun umfangreich mit gleich lautenden Erlassen v. (BStBl 2022 I S. 1517) zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen und jungen Finanzmitteln durch Umstrukturierungen Stellung bezogen. Diese Stellungnahme ist aus Sicht der Praxis zu begrüßen, weil hier − auch zur Qualifizierung in mehrstufigen Sachverhalten im Zusammenspiel mit der Verbundvermögensaufstellung – zahlreiche Anwendungsfragen bestanden. Den darin enthaltenen Aussagen ist der nachfolgende Beitrag gewidmet. Darüber hinaus äußert sich die Finanzverwaltung in dem Erlass auch zu den Folgen von Umwandlungsvorgängen für die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens. Dieser Teil ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beitrags.
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S. 399
I. Grundsätze der Ermittlung des Verwaltungsvermögens und offene Fragen
[i]Krause/Grootens, Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und Berechnung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer, Grundlagen, NWB UAAAE-64192 Die Steuerbefreiung der §§ 13a, 13c, 28a ErbStG kommt nur für das sog. begünstigungsfähige Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 ErbStG (insbesondere Einzelunternehmen, Anteile an gewerblichen Personen- und Kapitalgesellschaften) in Betracht, soweit dieses tatsächlich begünstigtes Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG umfasst. Für die Ermittlung des begünstigten Vermögens ist zunächst das sog. Verwaltungsvermögen zu ermitteln. Dabei ist nach dem in § 13b Abs. 4 ErbStG enthaltenen Verwaltungsvermögenskatalog zwischen Finanzmitteln i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG und sonstigem Verwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG zu unterscheiden. Das junge (sonstige) Verwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4, Abs. 7 Satz 2 ErbStG und die jungen Finanzmittel i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG sind in diesem Zusammenhang gesondert zu erfassen, weil für dieses Vermögen keine Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13c, 28a ErbStG möglich ist. Dagegen unterliegt das weitere Verwaltungsvermögen nur der Besteuerung, soweit es sich um begünstigungsschädliches Verwaltungsvermögen handelt. Bei der Ermittlung dieses Vermögens werden die Schulden, der Finanzmittel-Sockelbetrag und die sog. Schmutzgrenze für Verwaltungsvermögen („unschädliches Verwaltungsvermögen“) berücksichtigt (zu den Einzelheiten s. § 13b Abs. 4 Nr. 5, Abs. 6 und 7 ErbStG).
Zu § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG: Finanzmittel, die nicht „jung“ sind, können mit den Schulden verrechnet werden. Soweit danach ein Betrag verbleibt, kann der Finanzmittel-Sockelbetrag unter den Voraussetzungen des § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 4 ErbStG Anwendung finden.
§ 13b Abs. 6 ErbStG regelt die sog. quotale Schuldenverrechnung, wonach Schulden, welche nicht bereits nach § 13b Abs. 3 und 4 ErbStG berücksichtigt werden konnten, bei der Berechnung des Nettoverwaltungsvermögens berücksichtigt werden.
§ 13b Abs. 7 ErbStG enthält eine sog. Schmutzgrenze („unschädliches Verwaltungsvermögen“) von 10 %, nach welcher Verwaltungsvermögen bis zur dieser Wertgrenze als begünstigtes Vermögen behandelt wird. Es unterliegt insoweit nicht der Besteuerung, sondern der Steuerbefreiung nach §§ 13a ff. ErbStG. Diese Regelungen gelten nicht für die jungen Finanzmittel und das junge Verwaltungsvermögen.
[i]Junges VerwaltungsvermögenJunges Verwaltungsvermögen liegt dabei grundsätzlich vor, wenn das Wirtschaftsgut dem Betrieb im Zeitpunkt der Steuerentstehung weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG). S. 400
[i]Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen durch Aktivtausch, ...Entscheidend ist danach die Dauer der Zurechnung zum Betriebsvermögen. Dabei hat der BFH in verschiedenen Verfahren zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen Stellung bezogen. So hat er mit (BStBl 2020 II S. 567) klargestellt, dass junges Verwaltungsvermögen auch durch einen sog. Aktivtausch entstehen kann, so dass z. B. die zum Betriebsvermögen gehörenden endfälligen Geldanlagen in Form von deutschen Bundesanleihen und -obligationen, die innerhalb von zwei Jahren vor der Übertragung ausliefen und durch neue Anleihen ersetzt wurden, zum jungen Verwaltungsvermögen gehören. [i]... Umschichtung des Aktivvermögens ...Eine Zuführung der Wirtschaftsgüter von außen – wie bei jungen Finanzmitteln durch Einlage – ist also keine Voraussetzung für die Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen. In den Streitfällen v. - II R 13/18 (BStBl 2020 II S. 570), II R 18/18 (BStBl 2020 II S. 573) und II R 21/18 (NWB AAAAH-55809) entschied der BFH entsprechend, dass die Umschichtung des Aktivvermögens zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen führen kann. [i]... oder einen Übergang im Rahmen einer AufwärtsverschmelzungZudem stellte er klar, dass Wirtschaftsgüter auch dann zum jungen Verwaltungsvermögen gehören, wenn sie im Zuge einer Aufwärtsverschmelzung innerhalb der Zweijahresfrist von der verschmolzenen auf die aufnehmende Gesellschaft übergehen (vgl. Streitfall im , BStBl 2020 II S. 577).
S. 401 [i]Ertragsteuerlich neutrale UmwandlungDies gilt nach Auffassung des Niedersächsischen FG (Urteil v. - 1 K 7/18, NWB WAAAH-05365) auch dann, wenn durch eine ertragsteuerlich neutrale Umwandlung Betriebsvermögen einer Gesellschaft zu Betriebsvermögen einer anderen Gesellschaft wird (hier durch Einbringung eines Einzelunternehmens in eine KG; s. dazu Dorn, Strategische Nachfolgeplanung, S. 185).
[i]Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen in mehrstufigen StrukturenZur Frage der Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen in mehrstufigen Strukturen hat der BFH bislang − soweit ersichtlich − noch nicht Stellung bezogen. Hier geht es insbesondere um die Frage, ob die Beurteilung, ob junges Verwaltungsvermögen vorliegt oder nicht, ausschließlich auf Ebene der nachgeordneten Gesellschaften erfolgen kann oder auch zusätzlich eine Beurteilung dieser Frage auf Ebene der obersten Gesellschaft möglich ist.
Die A-KG ist erst seit einem Jahr an der B-KG beteiligt, zu deren Vermögen seit Jahren ein an Dritte überlassenes Grundstück gehört. Im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung ist nach § 13b Abs. 9 ErbStG das Vermögen der B-KG zusammenzufassen und insbesondere die jungen Finanzmittel und das junge sonstige Verwaltungsvermögen gesondert aufzuführen. Das Grundstück würde dementsprechend als sonstiges Verwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG aufgeführt. Fraglich ist, ob auf Ebene der A-KG nochmals eine Beurteilung stattfinden kann, ob es sich bei diesem um junges Verwaltungsvermögen handelt. Hierzu wurden in der Literatur unterschiedliche Auffassungen diskutiert (Höne, NWB-EV 5/2022 S. 145, 150; Bron/Grosse, ZEV 2020 S. 456). Die Erbschaftsteuer-Richtlinien positionieren sich deutlich (vgl. H E 13b.29 Junges Verwaltungsvermögen im Verbund ErbStH).
[i]Entstehung junger Finanzmittel ausschließlich durch Zuführung von außenDagegen entstehen junge Finanzmittel nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG ausschließlich durch die Zuführung von außen (damit insbesondere nicht durch einen Aktivtausch, z. B. durch einen Verkauf von Wirtschaftsgütern). Sie entsprechen dem positiven Bestand aus Einlagen und Entnahmen von Finanzmitteln innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die eingelegten Finanzmittel am Bewertungsstichtag noch vorhanden sind (R E 13b.23 Abs. 3 Satz 2 ErbStR). Sie sind in Höhe der vorhandenen Finanzmittel am Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) gedeckelt (R E 13b.23 Abs. 3 Satz 3 ErbStR), bezogen auf verbundene Gesellschaften auf der obersten Ebene (R E 13b.29 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 6 Satz 2 ErbStR). Junge Finanzmittel können nicht als unschädliches Altersversorgungsvermögen angesehen (R E 13b.11 Abs. 2 Satz 3 ErbStR) und auch nicht für die Investitionsklausel (§ 13b Abs. 5 ErbStG) eingesetzt werden (R E 13b.24 Abs. 2 Satz 3 ErbStR). S. 402
II.
1. Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen durch Umwandlungsvorgänge
[i]Betriebsbezogene SichtweiseIn den Rz. 1 bis 2 nimmt die Finanzverwaltung (NWB MAAAJ-28116) zunächst allgemein zur Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen durch Umwandlungsvorgänge Stellung. Zutreffend stellt sie dar, dass es auf die Verwaltungsvermögenseigenschaft im Besteuerungszeitpunkt ankommt. Damit wird das in der Erbschaft- und Schenkungsteuer maßgebliche Stichtagsprinzip berücksichtigt. Darauf aufbauend erläutert sie, dass sich die Verwaltungsvermögenseigenschaft eines Wirtschaftsguts durch Umwandlungsvorgänge verändern kann. Dabei verweist sie als Beispiel auf das Überschreiten der Beteiligungsgrenze bei Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 13b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG, wonach z. B. durch den Erwerb weiterer Gesellschaftsrechte die maßgebliche Grenze von 25 % überschritten und die Anteile an der Kapitalgesellschaft nicht mehr zwingend zum Verwaltungsvermögen gehören, sondern in die Verbundvermögensaufstellung nach § 13b Abs. 9 ErbStG einzubeziehen sind. Auch Umwandlungsvorgänge können sich auf die Beurteilung der Qualifizierung als junges Verwaltungsvermögen auswirken. Entscheidend sei eine betriebsbezogene Sichtweise. Dies wird in dahingehend konkretisiert, dass die Beurteilung, ob junges Verwaltungsvermögen vorliegt oder nicht, weder rein zivilrechtlich noch rein ertragsteuerlich erfolgt. Entscheidend sei allein, ob sich die Betriebszuordnung des Wirtschaftsguts ändere. Weitere Ausführungen werden zu dieser Aussage zunächst nicht gemacht. Vielmehr werden verschiedene Umwandlungsvorgänge unterschieden, anhand derer sich diese Aussage erklärt. Im Ergebnis stellt die Finanzverwaltung in einigen Fällen ausschließlich auf den zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel ab, wohingegen an anderen Stellen eine ertragsteuerliche (ggf. fingierte) Übertragung des Vermögens genügt.
a) Verschmelzung
[i]Kusch, Verschmelzung, Grundlagen, NWB RAAAE-83079 Im Hinblick auf die Verschmelzung stellt die Finanzverwaltung klar, dass infolge der Vermögensübertragung auf den übernehmenden Rechtsträger bei diesem junges Verwaltungsvermögen entsteht, so wie es der BFH für den Fall der Aufwärtsverschmelzung entschieden hat (vgl. , BStBl 2020 II S. 577). Diese Grundsätze gelten auch für andere Verschmelzungsvorgänge (z. B Abwärts- und Seitwärtsverschmelzung), auch wenn es dabei bilanziell zu keinem Aktivtausch kommt. Dabei ist auch keine Besitzzeitanrechnung o. Ä. möglich. Sofern die übertragende Gesellschaft demnach über Verwaltungsvermögen verfügt, wird dieses durch die Verschmelzung zu jungem Verwaltungsvermögen.