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Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers
I. Definition der Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers
Wer als Täter oder Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei beteiligt ist, haftet gem. § 71 AO für die hierdurch verkürzten Steuern/zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO, soweit diese nach § 235 Abs. 4 AO auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.
Webel, Steuerstrafrecht und strafbefreiende Selbstanzeige, Grundlagen
Šotník/Jordanovová, Die Haftung von Personen für Steuerschulden einer Gesellschaft in Tschechien, IWB 10/2025 S. 376
Schmittmann, Umsatzsteuer in der Krise und Insolvenz: Aktuelle Rechtsprechung des EuGH un des BFH; StuB 8/2025 S. 311
Nickert/Nickert, Beurteilung der Fortführungsannahme (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) und Redepflichten des Steuerberaters in der Krise des Mandanten - Teil 1: Büroorganisation, NWB Sanieren 10/2024 S. 290
Gehm, Haftung für Steuerschuleden, NWB Sanieren 2/2024 S. 48
Weber, Haftung des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers für Steuerschulden nach § 71 AO; NWB 9/2024 S. 603
Kirchner, Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch berufstypische Handlungen, StuB 21/2023 S. 866
Scholz, Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nach § 71 AO, NWB 13/2023 S. 908
II. Der Haftungstatbestand des § 71 AO (materielles Haftungsrecht)
Die Haftung nach § 71 AO soll den durch Steuerhinterziehung (§ 370 AO ) und Steuerhehlerei (§ 374 AO) verursachten Vermögensschaden des Steuergläubigers ausgleichen und begründet wie § 69 AO eine Haftung auf Schadensersatz. Daher greift § 71 AO nicht ein, wenn der Schaden auch ohne das pflichtwidrige Verhalten des Verantwortlichen entstanden wäre.
Die Vorschrift ist nicht – auch nicht analog – auf den Täter oder Teilnehmer eines Subventionsbetrugs zur Erlangung einer Investitionszulage anwendbar.
Die Haftung nach § 71 AO setzt voraus:
1. Vollendete Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei
a) Steuerhinterziehung
Eine Steuerhinterziehung – und damit eine Straftat – begeht, wer sowohl den objektiven Tatbestand (Tathandlung, Taterfolg) als auch den subjektiven Tatbestand des § 370 AO (Vorsatz) verwirklicht.
Tathandlung:
Die Tathandlung setzt voraus, dass eine natürliche Person
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern unterlässt.
Taterfolg:
Ein Taterfolg ist eingetreten, wenn Steuern verkürzt wurden oder die natürliche Person für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
Steuern sind dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden.
Nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, wenn sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden.
Vorsatz:
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln. Vorsatz ist Wissen und Wollen aller zum gesetzlichen Tatbestand gehörenden Merkmale. Der Täter muss also z.B. wissen, dass er in der Steuererklärung falsche Angaben gemacht hat und er muss wollen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass hierdurch ein Steuerausfall bzw. eine Steuerverkürzung eintritt.
b) Steuerhehlerei
Eine Steuerhehlerei (§ 374 AO) begeht, wer
Erzeugnisse oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuern oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben im Sinne des Art. 5 Nr. 20 und 21 des Zollkodex hinterzogen oder Bannbruch nach § 372 Abs. 2 AO, § 373 AO begangen worden ist,
ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder abzusetzen hilft
um sich oder einen Dritten zu bereichern.
Der Steuerhehler wird nach § 370 Abs. 1 und 2 AO (einfache Steuerhehlerei) bzw. § 373 AO (gewerbsmäßige Steuerhehlerei) bestraft.
Steuerhehlerei setzt wie Steuerhinterziehung vorsätzliches Handeln voraus, das sich auf alle genannten Merkmale beziehen muss.