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NWB Nr. 8 vom Seite 545

Grunderwerbsteuerneutrale Beendigung einer Betriebsaufspaltung

§ 6a GrEStG im Lichte der jüngsten BFH-Rechtsprechung unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen und ertragsteuerlichen Vorgaben

Dr. Alexander Zapf

Steuerliche Problemfelder rund um die Betriebsaufspaltung sind ein Dauerbrenner in Betriebsprüfungen sowie sich daran anschließender Rechtsbehelfs- und Klageverfahren. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung gesetzlich nicht definiert sind, sondern durch die Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen stetig fortentwickelt werden. Dort, wo das Kind noch nicht durch eine ungewollte Beendigung der Betriebsaufspaltung „in den Brunnen gefallen ist“, wird Steuerpflichtigen häufig angeraten, die als bestehend erkannte Betriebsaufspaltung bewusst „steuerneutral“ zu beenden. Aus ertragsteuerlicher Sicht stellt hierfür § 20 Abs. 1 UmwStG ein probates Mittel dar. Zählen zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen – wie so häufig – auch Grundstücke, stellt sich aber auch die Frage, ob und wie die Beendigung der Betriebsaufspaltung ohne Anfall von Grunderwerbsteuer vollzogen werden kann. An dieser Stelle könnte die Befreiungsvorschrift des § 6a GrEStG weiterhelfen. Bislang war die Vorschrift allerdings mit vielen Fragezeichen versehen, sodass entsprechende Gestaltungen in der Beratungspraxis nicht rechtssicher vollzogen werden konnten. In mehreren Entscheidungen v. 21./ hat der BFH nunmehr dazu beigetragen, Licht ins Dunkel zu bringen. Der vorliegende Beitrag geht – unter besonderer Berücksichtigung der zivilrechtlichen und ertragsteuerlichen Vorprägungen – der Frage nach, ob hierdurch nunmehr auch der Weg zur grunderwerbsteuerneutralen Beendigung der Betriebsaufspaltung rechtssicher geebnet ist.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

S. 546

I. Hintergrund

1. Begriff und Tatbestandsvoraussetzungen der Betriebsaufspaltung

[i]Geißler, Betriebsaufspaltung, infoCenter, NWB EAAAB-13223 Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. etwa jüngst , BStBl 2020 II S. 710) liegt eine Betriebsaufspaltung vor, wenn einem Betriebs-unternehmen wesentliche Grundlagen für seinen Betrieb von einem Besitzunter-nehmen überlassen werden (sog. sachliche Verflechtung) und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (sog. personelle Verflechtung; vgl. zur historischen Entwicklung der Grundsätze zur Betriebsaufspaltung: , NWB BAAAH-07932). Auch der Gesetzgeber hat die Betriebsaufspaltung und deren Voraussetzungen der personellen und sachlichen Verflechtung vereinzelt aufgegriffen (vgl. etwa § 50i Abs. 1 Satz 4 EStG oder § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG).

a) Personelle Verflechtung

[i]Einheitlicher Geschäfts- und BetätigungswillenEine personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Für die personelle Verflechtung ist entscheidend, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen – insbesondere hinsichtlich der bestehenden Nutzungsüberlassungsverträge über die wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl. z. B. , BStBl 1993 II S. 134; v.  - IV R 9/13, BStBl 2016 II S. 154) – durch die Person oder Personengruppe bestimmt werden, [i]Brill, NWB 40/2020 S. 2947, NWB TAAAH-59718 die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen (vgl. , NWB ZAAAE-42442). Im Übrigen wird die Frage der personellen Verflechtung durch eine umfangreiche, kaum mehr zu überblickende Kasuistik bestimmt (vgl. hierzu jüngst , BStBl 2020 II S. 710).

b) Sachliche Verflechtung

[i]Wesentliche BetriebsgrundlageEine für die Begründung der sachlichen Verflechtung erforderliche wesentliche Betriebsgrundlage liegt vor, wenn es sich um ein Wirtschaftsgut handelt, das aus Sicht des Betriebsunternehmens zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich ist und dem bei wertender Betrachtung ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung zukommt (vgl. z. B. , NWB NAAAB-24486). Hierbei kommt es (anders als etwa im Rahmen der Betriebsveräußerung oder -aufgabe nach § 16 EStG) auf eine rein funktionale Betrachtungsweise an. Unerheblich ist, ob das dem Betriebsunternehmen überlassene Wirtschaftsgut (erhebliche) stille Reserven enthält.

Hinweis:

Anders als etwa bei der Betriebsveräußerung oder -aufgabe oder der Einbringung eines Betriebs nach §§ 20, 24 UmwStG ist nicht entscheidend, dass sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen des Besitzunternehmens von der Überlassung an das Betriebsunternehmen erfasst werden. Für die Begründung einer sachlichen Verflechtung ist es ausreichend, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage (ggf. S. 547neben weiteren unwesentlichen Wirtschaftsgütern) an das Betriebsunternehmen überlassen wird.

[i]Grundstück als wesentliche BetriebsgrundlageGrundstücke, in aller Regel bebaute Grundstücke, sind bereits dann als wesentliche Betriebsgrundlage einzustufen, wenn sie die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit bilden und es dem Unternehmen ermöglichen, seinen Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben (vgl. z. B. , BStBl 2005 II S. 340; v.  - XI R 30/05, BStBl 2007 II S. 524). Demzufolge ist grds. jedes vom Betrieb genutzte Grundstück eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, es sei denn, es ist im Einzelfall ausnahmsweise nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung für den Betrieb (vgl. z. B. , BStBl 2011 II S. 467). Unmaßgeblich ist, ob das Grundstück für Zwecke des Betriebsunternehmens besonders hergerichtet wurde oder durch dieses jederzeit ersetzt werden könnte.

Hinweis:

[i]Sachliche Verflechtung bei unentgeltlicher NutzungsüberlassungHandelt es sich bei der Betriebsgesellschaft um eine Kapitalgesellschaft, kann auch die unentgeltliche Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage eine sachliche Verflechtung und damit eine Betriebsaufspaltung begründen. Die für einen Gewerbebetrieb erforderliche Gewinnerzielungsabsicht gem. § 15 Abs. 2 EStG ergibt sich nach Auffassung des BFH in diesem Fall mittelbar aus der Erzielung höherer Beteiligungseinkünfte, wenn infolge des fehlenden (oder unangemessenen) Nutzungsentgelts höhere Gewinnausschüttungen zu erwarten sind, die die Ausgaben des Besitzunternehmens übersteigen (vgl. , BStBl 1991 II S. 713, und v.  - IV R 5/15, BStBl 2020 II S. 118).

c) Beteiligte Rechtsformen

[i]Besitzunternehmen: Einzelunternehmen und Personengesellschaften; Betriebsunternehmen: GmbHHinsichtlich der beteiligten Rechtsformen treten – jedenfalls bei der klassischen Betriebsaufspaltung im mittelständischen Bereich – als Besitzunternehmen am häufigsten Einzelunternehmen oder Personengesellschaften und als Betriebsunternehmen GmbH in Erscheinung. So kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück an „seine“ GmbH zur betrieblichen Nutzung überlässt. Ebenso tritt häufig die Konstellation auf, dass eine Familien-GbR ein Grundstück an eine GmbH überlässt, an der wiederum die Familienmitglieder beteiligt sind.

2. Steuerliche Folgen der Betriebsaufspaltung und damit zusammenhängende Gefahren einer (ungewollten) Beendigung

a) Folgen für die laufende Besteuerung

[i]Umqualifizierung einer Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit in eine gewerbliche TätigkeitDurch die Begründung einer Betriebsaufspaltung bleiben Besitzunternehmen und Be-triebsunternehmen zwar zwei steuerlich eigenständige Unternehmen, die ihren Gewinn unabhängig voneinander ermitteln. Allerdings wird die Tätigkeit des Besitzunternehmens von einer Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit in eine originär gewerbliche Tätigkeit i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG umqualifiziert (vgl. z. B. , BStBl 2016 II S. 408). Die Einkünfte des Besitzunternehmens unterliegen damit in aller Regel der Gewerbesteuer (vgl. zur Gewerbesteuerbefreiung durch Merkmalsübertragung: , BStBl 2016 II S. 408). Der Gewinn des Besitzunternehmens ist grds. durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 i. V. mit § 5 Abs. 1 EStG zu ermitteln (vgl. , NWB EAAAA-97380; nicht unumstritten für den Fall, dass die Voraussetzungen der §§ 140, 141 AO nicht vorliegen, vgl. Gluth in Herrmann/Heuer/Raupach [HHR], EStG, § 15 Rz. 821). (Offene oder verdeckte) Gewinnausschüttungen der Betriebskapitalgesellschaft S. 548gehören, auch soweit sie Zeiträume vor Begründung der Betriebsaufspaltung betreffen, zu den gewerblichen Betriebseinnahmen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Umsatzsteuerrechtlich führt eine Betriebsaufspaltung regelmäßig – jedenfalls für den Fall der entgeltlichen Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage – zur Begründung einer umsatzsteuerlichen Organschaft (vgl. aber auch , BStBl 2011 II S. 597).

b) Begründung von Betriebsvermögen

[i]Begründung (notwendigen) BetriebsvermögensDurch die Begründung der Betriebsaufspaltung entsteht auf Ebene des Besitzunternehmens steuerliches Betriebsvermögen. Zum notwendigen Betriebsvermögen zählen sämtliche der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter, und zwar auch diejenigen, die bei der Betriebsgesellschaft keine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen (vgl. , NWB BAAAB-60402). Für die Bewertung gilt § 6 Abs. 1 Nr. 6 i. V. mit Nr. 5 EStG (vgl. zu bisher nicht erkanntem Gewerbebetrieb: , BStBl 2009 II S. 407; v.  - X R 37/13, NWB ZAAAF-67271). Handelt es sich beim Besitzunternehmen um eine Personengesellschaft oder -gemeinschaft, gehören grds. sämtliche Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zum notwendigen Betriebsvermögen. Ebenso zum notwendigen (Sonder-)Betriebsvermögen (II) – und dies ist in der weiteren Konsequenz die bedeutendste Folge der Betriebsaufspaltung – zählen die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft (vgl. , BStBl 2007 II S. 772, zum Besitzeinzelunternehmen sowie v.  - VIII R 19/94, NWB CAAAA-67580, zur Besitz-Personengesellschaft).

Im Einzelfall können auch weitere Wirtschaftsgüter zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen des durch die Betriebsaufspaltung entstandenen Gewerbebetriebs gehören (vgl. im Einzelnen Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rz. 873 ff.).

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Grunderwerbsteuerneutrale Beendigung einer Betriebsaufspaltung

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