WertR 4

4 GRUNDSTÜCKSBEZOGENE RECHTE UND BELASTUNGEN

4.1 VORBEMERKUNG

Grundstücksbezogene Rechte oder Belastungen können die zulässige wirtschaftliche Nutzung bzw. die Ertragsfähigkeit von Grundstücken mehr oder weniger stark beeinflussen.

Neben dem Erbbaurecht (geregelt in der Verordnung über das Erbbaurecht – ErbbauVO) können insbesondere folgende, im BGB geregelte Rechte und Belastungen Einfluss auf den Wert eines Grundstücks haben:

  • Überbau (§§ 912 – 916 BGB),

  • Grunddienstbarkeit (§§ 1018 – 1029 BGB),

  • Nießbrauch (§§ 1030 – 1089 BGB),

  • beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 – 1093 BGB),

  • Reallast (§§ 1105 – 1112 BGB).

Zu den nicht im BGB geregelten Rechten oder Belastungen, die den Wert eines Grundstücks beeinflussen können, gehören z. B. die Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte (§§ 31 ff. WEG) sowie öffentlich-rechtliche Verpflichtungen wie Baulasten oder Nutzungsbeschränkungen nach den Vorschriften zum Denkmal- und Naturschutz.

Die Reallast (z. B. im Rahmen des Altenteilsrechts: u. a. Pflegeverpflichtung, Zahlung einer Rente, Lieferung von Nahrung, Energie, Wasser u. ä.) gewährt kein unmittelbares Nutzungsrecht am Grundstück. Das Grundstück haftet jedoch für die Entrichtung der Leistungen. Nur soweit die Reallast nicht abgelöst wird, kann ein Einfluss auf den Verkehrswert des Grundstücks bestehen.

Rechte oder Belastungen (z. B. Vorkaufsrechte) sowie schuldrechtliche Verpflichtungen (zu Geld- oder Pflegeleistungen) ohne dingliche Sicherung, die mit der Nutzung des Grundstücks nicht im Zusammenhang stehen, haben in der Regel keinen messbaren Einfluss auf den Verkehrswert.

Entscheidend für die Beeinträchtigung des Grundstücks ist nicht nur die rechtlich mögliche, sondern auch die tatsächlich vorhandene sowie die absehbare Inanspruchnahme und die Auswirkung auf das gesamte Grundstück.

Auch bei einer fehlenden faktischen und wirtschaftlichen Beeinträchtigung kann der Grundstücksmarkt allein auf die Eintragung einer Belastung (z. B. im Grundbuch, Altlastenkataster) mit einer Wertminderung reagieren (z. B. Unterfahrung in großer Tiefe).

Für den Fall einer Zwangsvollstreckung kann auch der Rang eines Rechts dessen Wert beeinflussen.

Bei Belastungen von Teilflächen, z. B. linienhaften Belastungen wie Leitungs- und Wegerechten, ist stets auch eine Auswirkung auf das Gesamtgrundstück zu prüfen.

Die folgenden Hinweise beschränken sich auf die in der Praxis häufigen Wertermittlungsfragen im Zusammenhang mit:

  • Erbbaurechten,

  • Wohnungsrechten,

  • Nießbrauch,

  • Wegerechten,

  • Leitungsrechten und

  • Überbau.

Hierzu enthalten die Anlagen 12 – 22 insgesamt 24 schematisch vereinfachte Beispielrechnungen.

Die in den Beispielrechnungen angesetzten Werte sind nicht verallgemeinerungsfähig, sondern für den jeweiligen Bewertungsfall individuell zu ermitteln.

4.2 GRUNDSÄTZE DER WERTERMITTLUNG

Gegenstand der Wertermittlung können sowohl das Recht oder die Belastung als auch das mit dem Recht belastete oder das begünstigte Grundstück sein.

Zur Wertermittlung ist in erster Linie das Vergleichswertverfahren heranzuziehen. Erst wenn hierfür nicht ausreichend verwertbare Daten vorliegen, sind andere geeignete Verfahren anzuwenden (vgl. Nr. 1.5.5). Vor allem für diesen häufig anzutreffenden Fall gelten die folgenden Hinweise.

Ausgangspunkt der Wertermittlung des belasteten bzw. des begünstigten Grundstücks ist in der Regel dessen Verkehrswert bzw. der Bodenwert ohne Berücksichtigung der Belastung bzw. Begünstigung durch das Recht.

Es ist zu beachten, dass die Wertminderung des belasteten Grundstücks nicht dem Wert des Rechts entsprechen muss.

Der Wertvorteil, den das begünstigte Grundstück bzw. der Berechtigte durch das Recht erfährt, bzw. die Wertminderung, die das belastete Grundstück erleidet, ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Vorteil bzw. Nachteil, wobei auf objektive Gesichtspunkte abzustellen ist.

Ist für die Einräumung eines Rechts künftig noch eine einmalige oder eine wiederkehrende Gegenleistung zu erbringen, so ist diese bei der Ermittlung des Werts des Rechts oder der Belastung bzw. bei der Ermittlung des Werts des begünstigten oder des belasteten Grundstücks zu berücksichtigen. Ist sie z. B. bezogen auf die Belastung nachhaltig angemessen, so wirkt sich die Belastung in der Regel nicht wertmindernd aus.

Wird die Grundstücksqualität durch das Recht geändert (wie Fortfall der Baulandqualität durch ein Aussichts- oder Leitungsrecht oder Entstehen von Baulandqualität durch ein Wegerecht), so ist für die Ermittlung des Grundstückswerts die durch das Recht geänderten Qualität entscheidend.

Zur Wertermittlung befristeter Rechte oder Belastungen ist der jährliche Vor- bzw. Nachteil über die Restlaufzeit zu kapitalisieren.

Hierbei ist zu unterscheiden, ob sie

  • auf einen festen Zeitraum bezogen sind oder

  • mit dem Ableben des Berechtigten erlöschen.

Sind Rechte oder Belastungen auf feste Zeiträume bezogen, ist mit Zeitrentenbarwertfaktoren zu kapitalisieren.

Sind Rechte oder Belastungen an das Leben gebunden, ist mit Leibrentenbarwertfaktoren, bei mehreren Berechtigten mit verbundenen Leibrentenbarwertfaktoren zu kapitalisieren. Ist der Berechtigte eine juristische Person, ist von einem angemessenen Zeitrentenbarwertfaktor auszugehen.

Den Berechnungen ist in der Regel jeweils der angemessene, nutzungstypische Liegenschaftszinssatz zu Grunde zu legen, der nach der Art des Grundstücks und der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu bestimmen ist und in allen behandelten Fällen zu hinreichend genauen Ergebnissen führt.

Soweit im Folgenden keine besonderen Hinweise gegeben werden, sind die Grundsätze des Ersten Teils dieser Richtlinie zu beachten.

4.3 ERBBAURECHT UND ERBBAUGRUNDSTÜCK 4.3.1 GRUNDSÄTZE

Das Erbbaurecht und das Erbbaugrundstück (das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück) sind selbständige Gegenstände der Wertermittlung.

Der Verkehrswert des Erbbaurechts und der Verkehrswert des Erbbaugrundstücks sind unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere

  • der Höhe des erzielbaren Erbbauzinses und

  • seiner Anpassungsmöglichkeiten,

  • der Restlaufzeit des Erbbaurechts,

  • einer bei Zeitablauf zu zahlenden Entschädigung

sowie sonstiger den Wert beeinflussender Umstände zu ermitteln.

Der erzielbare Erbbauzins ist der im Erbbaurechtsvertrag vereinbarte und durch eine Anpassungsklausel (Wertsicherungsklausel) oder in sonstiger gesetzlich zulässiger Weise anzupassende Erbbauzins (vertraglich und gesetzlich erzielbarer Erbbauzins).

Bezüglich der Anpassungsmöglichkeiten ist zu unterscheiden, ob das Grundstück Wohnzwecken dient oder anderweitig genutzt wird. Denn die Anpassungsmöglichkeiten des Erbbauzinses sind bei Wohnnutzung im Allgemeinen begrenzt auf die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse [1]. Die Berücksichtigung von Änderungen der Bodenwertverhältnisse ist in der Regel ausgeschlossen (vgl. § 9a ErbbauVO). Bei Erbbaurechtsverträgen, die keine Regelung über die Anpassung enthalten, kann bei langen Laufzeiten ein Anpassungsanspruch wegen Wegfalls der objektiven Geschäftsgrundlage bestehen. [2]

Für den Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG) wird auf dessen § 46 und für den Anwendungsbereich des Erholungsnutzungsgesetzes (ErholNutzG) auf dessen § 4 hingewiesen.

Es ist zu beachten, dass bei Gesamtlaufzeiten des Erbbaurechtsvertrags unter 30 Jahren das Genehmigungserfordernis nach dem Preisangaben- und Preisklauselgesetz (PreisAngG) besteht.

Einflüsse aus besonderen vertraglichen Gestaltungen, die erheblich von den regional üblichen Vertragsgestaltungen abweichen (wie z. B. fehlende Wertsicherungsklauseln oder der Ausschluss der Anpassung), können wertbeeinflussend sein und sind gesondert zu bewerten, wenn sie nicht bei der Höhe des erzielbaren Erbbauzinses berücksichtigt wurden. Die üblichen Vertragsklauseln können bei den führenden Erbbaurechtsgebern (z. B. Kirchen, Gemeinden, Wohnungsbaugenossenschaften) erfragt werden. Als Anhalt kann auch der Mustererbbauvertrag des Deutschen Städtetages herangezogen werden (vgl. Anlage 10).

Der Umstand, dass ein Grundstück bereits bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrags bebaut war, wird ggf. durch die Vereinbarung eines erhöhten Erbbauzinses berücksichtigt.

Der Wert des Erbbaurechts und des Erbbaugrundstücks sollte in erster Linie mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens ermittelt werden. Erst wenn für die Anwendung dieses Verfahrens nicht genügend geeignete Vergleichspreise zur Verfügung stehen, ist auf die finanzmathematische Methode als Bewertungsmodell zurückzugreifen.

4.3.2 WERT DES ERBBAURECHTS (ANLAGEN 12, 14) 4.3.2.1 VERGLEICHSWERTVERFAHREN (BEISPIELRECHNUNG NR. 1)

Als Vergleichspreise sind Verkäufe von bebauten Erbbaurechten zu Grunde zu legen.

Vergleichsgrundstücke sind möglichst

  • innerhalb der gleichen Grundstücksart,

  • mit etwa gleich großer Höhe des erzielbaren Erbbauzinssatzes,

  • aus Gebieten mit etwa gleichem Bodenwertniveau,

  • mit etwa gleicher Restlaufzeit und

  • mit etwa gleichen Möglichkeiten der Anpassung (Wertsicherungsklauseln)

zu wählen.

Das grundsätzlich vorrangige Vergleichswertverfahren ist allerdings in der Praxis nur anwendbar, wenn entsprechende Vergleichspreise vorliegen.

Ggf. kann der Verkehrswert durch Anwendung eines Vergleichsfaktors für das Erbbaurecht [3] auf den Wert des unbelasteten bebauten Grundstücks ermittelt werden.

Durch Analyse einer ausreichenden Anzahl geeigneter Kaufpreise lässt sich grundsätzlich der Einfluss von Merkmalen des Erbbaurechts auf den Verkehrswert feststellen.

Werden derartige Untersuchungen durchgeführt oder liegen sie vor, können die Ergebnisse dann zur Wertermittlung verwendet werden, wenn sie sachlich und räumlich dem zu bewertenden Objekt entsprechen bzw. zuvor die Gültigkeit der jeweiligen Untersuchungsergebnisse überprüft wurde.

4.3.2.2 FINANZMATHEMATISCHE METHODE

Die Ermittlung des Werts des Erbbaurechts im Rahmen der hier gewählten finanzmathematischen Methode stellt ein Bewertungsmodell dar, dem die Überlegung zu Grunde liegt, dass sich der Wert des Erbbaurechts aus einem Bodenwertanteil und einem Gebäudewertanteil zusammensetzt. Zur Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt ist ein Marktanpassungsfaktor [4] für das Erbbaurecht anzuwenden.

Sonstige Auswirkungen von vertraglichen Vereinbarungen, die erheblich vom Üblichen abweichen (z. B. die Berücksichtigung einer fehlenden Wertsicherungsklausel oder Ausschluss einer Anpassung) sind in der Regel zusätzlich zum Marktanpassungsfaktor zu berücksichtigen (Zu- bzw. Abschläge wegen besonderer vertraglicher Vereinbarungen).

4.3.2.2.1 BODENWERTANTEIL DES ERBBAURECHTS (BEISPIELRECHNUNG NR. 2)

Der Bodenwertanteil des Erbbaurechts entspricht dem wirtschaftlichen Vorteil, den der Erbbauberechtigte ggf. dadurch erlangt, dass er entsprechend den Regelungen des Erbbauvertrags über die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht den vollen Bodenwertverzinsungsbetrag leisten muß.

Bei der Ermittlung des Bodenwertanteils ist, soweit Erschließungsbeiträge bereits entrichtet wurden, unabhängig davon, wer diese Beiträge gezahlt hat, vom erschließungsbeitragsfreien Bodenwert auszugehen.

Der Bodenwertanteil des Erbbaurechts ergibt sich aus der Differenz zwischen dem erzielbaren Erbbauzins und dem am Wertermittlungsstichtag angemessenen Verzinsungsbetrag des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks.

Es ist zu prüfen, ob sich ggf. für die jeweilige Region übliche Erbbauzinssätze herausgebildet haben, die anstelle des Liegenschaftszinssatzes der Berechnung zu Grunde gelegt werden können.

Die Differenz ist mit Hilfe des Rentenbarwertfaktors (Vervielfältigers) auf die Restlaufzeit des Erbbaurechtsvertrags zu kapitalisieren.

Entspricht der erzielbare Erbbauzins der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks ergibt sich kein Bodenwertanteil des Erbbaurechts.

Übersteigt der erzielbare Erbbauzins die angemessene Verzinsung des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks, so ist kein Bodenwertanteil des Erbbaurechts anzusetzen. Der übersteigende Betrag stellt vielmehr eine wertmindernde Belastung des Erbbaurechts dar.

Wenn auf Grund vertraglicher Regelungen kein laufender Erbbauzins zu zahlen ist, ist zur Ermittlung des Bodenwertanteils der Betrag anzusetzen, der der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks entspricht.

4.3.2.2.2 GEBÄUDEWERTANTEIL DES ERBBAURECHTS (BEISPIELRECHNUNGEN NRN. 3, 6, 7)

Hat der Erbbauberechtigte aufgrund des Erbbaurechts das Grundstück bebaut oder war das Gebäude [5] bei der Bestellung des Erbbaurechts bereits vorhanden, so ergibt sich ein Gebäudewertanteil (Wertanteil der baulichen Anlagen) des Erbbaurechts.

Zur Ermittlung des Gebäudewertanteils des Erbbaurechts ist in der Regel von dem nach dem Ersten Teil dieser Richtlinie ermittelten Sachwert bzw. Ertragswert des Gebäudes auszugehen.

Nach § 27 ErbbauVO hat der Grundstückseigentümer vorbehaltlich anderweitiger Vertragsvereinbarungen dem Erbbauberechtigten bei Ablauf des Erbbaurechtsvertrags eine Entschädigung zu zahlen, die sich nach dem Verkehrswertanteil des Gebäudes bemisst.

Eine Minderung des errechneten Werts des Gebäudes kann sich ergeben,

  • wenn die Restnutzungsdauer des Gebäudes die Restlaufzeit des Erbbaurechts übersteigt und

  • dieses nicht oder nur teilweise zu entschädigen ist.

In diesem Fall mindert sich der Gebäudewert um den Anteil, der vom Grundstückseigentümer nicht zu vergüten ist, wobei sich die Ablaufentschädigung zum Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts nach den allgemeinen Wertverhältnissen am Wertermittlungsstichtag ergibt und auf diesen Zeitpunkt abzuzinsen ist (Beispielrechnungen Nrn. 6, 7).

Übersteigt die Restnutzungsdauer des Gebäudes die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht oder ist dieses voll zu entschädigen, ergibt sich keine Minderung des Gebäudewertanteils des Erbbaurechts.

4.3.3 WERT DES ERBBAUGRUNDSTÜCKS (ANLAGEN 13, 15) 4.3.3.1 VERGLEICHSWERTVERFAHREN (BEISPIELRECHNUNG NR. 4)

Als Vergleichspreise sind Verkäufe von Erbbaugrundstücken zu Grunde zu legen.

Vergleichsgrundstücke sind möglichst

  • innerhalb der gleichen Grundstücksart,

  • mit etwa gleich großer Höhe des erzielbaren Erbbauzinssatzes,

  • aus Gebieten mit etwa gleichem Bodenwertniveau,

  • mit etwa gleicher Restlaufzeit und

  • mit etwa gleichen Möglichkeiten der Anpassung (Wertsicherungsklauseln)

zu wählen.

Das grundsätzlich vorrangige Vergleichswertverfahren ist allerdings in der Praxis nur anwendbar, wenn entsprechende Vergleichspreise vorliegen.

Ggf. kann der Verkehrswert durch Anwendung eines Vergleichsfaktors für das Erbbaugrundstück [6] auf den Bodenwert des unbelasteten Grundstücks ermittelt werden.

Durch Analyse einer ausreichenden Anzahl geeigneter Kaufpreise lässt sich grundsätzlich der Einfluss von Merkmalen des Grundstücks und des Erbbaurechtsvertrags auf den Verkehrswert des Erbbaugrundstücks feststellen.

Werden derartige Untersuchungen durchgeführt oder liegen sie vor, können die Ergebnisse dann zur Wertermittlung verwendet werden, wenn sie sachlich und räumlich dem zu bewertenden Objekt entsprechen bzw. zuvor die Gültigkeit der jeweiligen Untersuchungsergebnisse überprüft wurde.

4.3.3.2 FINANZMATHEMATISCHE METHODE

Die Ermittlung des Werts des Erbbaugrundstücks im Rahmen der hier gewählten finanzmathematischen Methode stellt ein Bewertungsmodell dar, dem die Überlegung zu Grunde liegt, dass sich der Wert des Erbbaugrundstücks aus einem Bodenwertanteil und einem sich möglicherweise ergebenden Gebäudewertanteil zusammensetzt (vgl. Nr. 4.3.3.2.2).

Grundlage der Wertermittlung eines Erbbaugrundstücks ist der Bodenwert ohne Belastung mit dem Erbbaurecht.

Eine Wertminderung des Erbbaugrundstücks ergibt sich, wenn der erzielbare Erbbauzins unter der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks liegt.

Der Bodenwertanteil des Erbbaugrundstücks nähert sich bei kurzen Restlaufzeiten dem unbelasteten Bodenwert.

4.3.3.2.1 BODENWERTANTEIL DES ERBBAUGRUNDSTÜCKS (BEISPIELRECHNUNGEN NR. 5)

Der Bodenwertanteil des Erbbaugrundstücks ist aus der Summe

  • des über die Restlaufzeit des Erbbaurechts abgezinsten Bodenwerts des unbelasteten Grundstücks und

  • den ebenfalls über diesen Zeitraum kapitalisierten erzielbaren Erbbauzinsen zu ermitteln.

Bei der Ermittlung des Bodenwertanteils ist, soweit Erschließungsbeiträge bereits entrichtet wurden, unabhängig davon, wer diese Beiträge gezahlt hat, vom erschließungsbeitragsfreien Bodenwert auszugehen.

Es ist zu prüfen, ob sich ggf. für die jeweilige Region übliche Erbbauzinssätze herausgebildet haben, die anstelle des Liegenschaftszinssatzes der Kapitalisierung der Erbbauzinsen zu Grunde gelegt werden können.

Zur Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt ist ein Marktanpassungsfaktor [7] für Erbbaugrundstücke anzuwenden, der in der Regel aus dem üblicherweise maßgeblichen Teilmarkt von Verkäufen zwischen Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten abzuleiten ist.

Die unterste Wertgrenze für den Wert des Erbbaugrundstücks liegt in der Regel beim finanzmathematisch ermittelten Wert. Der Marktanpassungsfaktor beträgt in diesem Fall 1. Die Obergrenze für den Wert des Erbbaugrundstücks liegt in der Regel beim unbelasteten Bodenwert. Je nach Marktlage kann der Marktanpassungsfaktor demnach auch ein Vielfaches von 1 betragen.

Sonstige Auswirkungen von vertraglichen Vereinbarungen, die erheblich vom Üblichen abweichen (z. B. eine fehlende Wertsicherungsklausel, ein Ausschluss einer Anpassung oder wirtschaftliche Vorteile, die sich für den Erbbauberechtigten ergeben, wenn er das Eigentum am Grundstück erlangt) sind in der Regel zusätzlich zum Marktanpassungsfaktor zu berücksichtigen (Zu- bzw. Abschläge wegen besonderer vertraglicher Vereinbarungen).

4.3.3.2.2 GEBÄUDEWERTANTEIL DES ERBBAUGRUNDSTÜCKS (BEISPIELRECHNUNGEN NR. 8, 9)

Ein Gebäudewertanteil (Wertanteil der baulichen Anlagen) des Erbbaugrundstücks kann sich ergeben, wenn

  • die Restnutzungsdauer des Gebäudes die Restlaufzeit des Erbbaurechts erheblich übersteigt und

  • dieses nicht oder nur teilweise zu entschädigen ist.

Dieser Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks entspricht dem Wertvorteil, den der Grundstückseigentümer bei Beendigung des Erbbaurechts dadurch erlangt, dass er entsprechend den Regelungen des Erbbaurechtsvertrags keinen oder nur einen Teil des bei Ablauf des Erbbaurechtsvertrags bestehenden Werts des Gebäudes an den Erbbauberechtigten zu vergüten hat. Die Höhe des Wertvorteils bestimmt sich zum Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts nach den allgemeinen Wertverhältnissen am Wertermittlungsstichtag und ist auf diesen Zeitpunkt abzuzinsen.

Übersteigt die Restnutzungsdauer des Gebäudes die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht oder ist dieses voll zu entschädigen, so ergibt sich kein Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks.

4.4 WOHNUNGSRECHT, NIEßBRAUCH (ANLAGEN 16, 17, 18, 19) 4.4.1 GRUNDSÄTZE

Das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) als beschränkte persönliche Dienstbarkeit und der Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB) werden zugunsten einer bestimmten Person bestellt. Sie erlöschen in der Regel mit dem Tode des Berechtigten und damit zu einem unbestimmten Zeitpunkt. Die Rechte erlöschen darüber hinaus mit dem Ablauf einer vertraglichen Befristung oder, soweit keine Wiederaufbauverpflichtung (z. B. auf Grund vertraglicher Vereinbarungen oder landesrechtlicher Bestimmungen) besteht, mit der Zerstörung des Gebäudes. Auch in diesen Fällen bleibt die Dauer des Rechts bzw. der Belastung vom Erleben des Berechtigten abhängig.

Das Wohnungsrecht und der Nießbrauch sind grundsätzlich nicht übertragbar. Eine Wertermittlung des Rechts erfolgt insbesondere für Zwecke der Ablösung.

Nießbrauch und Wohnungsrecht haben neben vielen Gemeinsamkeiten u. a. den Unterschied, dass beim Nießbrauch der Berechtigte in der Regel alle Nutzungen aus dem Grundstück ziehen kann, während das Wohnungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Wesentlichen nur die Wohnnutzung eines Gebäudes oder Gebäudeteils gestattet.

Nießbrauchberechtigter und Wohnungsrechtsinhaber sind nach § 1041 BGB nur im Rahmen gewöhnlicher Unterhaltungsmaßnahmen zur Erhaltung der Sache verpflichtet. Darüber hinaus ist der Nießbrauchberechtigte nach § 1047 BGB zur Tragung bestimmter Lasten verpflichtet (u. a. Hypothekenzinsen).

Sowohl beim Nießbrauch als auch beim Wohnungsrecht sind die jeweiligen schuldrechtlichen Vereinbarungen zu beachten. Je nach vertraglicher Ausgestaltung ist daher zu klären, ob ein Recht befristet oder auf Lebenszeit, entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumt wurde und wer die Kosten und evtl. auch die Lasten trägt, die im Zusammenhang mit dem Grundstück sowie dessen Nutzung entstehen. Die Höhe der vom Berechtigten bzw. vom Grundstückseigentümer zu tragenden Kosten bzw. Lasten können sowohl den Wert des Rechts als auch den Wert des belasteten Grundstücks beeinflussen.

Ist der Rechtsinhaber (z. B. nach § 1047 BGB oder nach vertraglicher Vereinbarung) zur Zahlung von Kosten und Lasten verpflichtet (z. B. Zahlungsverpflichtungen aus Abteilung III des Grundbuchs, nicht umlegbare Bewirtschaftungskosten) die normalerweise vom Grundstückseigentümer getragen werden, ist zu beachten, dass diese Kosten und Lasten bei der Wertermittlung des Rechts ausgehend vom Rohertrag wertmindernd angesetzt werden. Damit reduziert sich zugleich die Wertminderung des belasteten Grundstücks.

4.4.2 WERT DES WOHNUNGSRECHTS BZW. DES NIEßBRAUCHS (BEISPIELRECHNUNGEN NR. 10, 11, 14, 15) 4.4.2.1 WIRTSCHAFTLICHER VORTEIL FÜR DEN BERECHTIGTEN

Grundlage der Wertermittlung des Rechts ist der wirtschaftliche Vorteil für den Berechtigten durch das Recht. Der wirtschaftliche Vorteil besteht vor allem

  • in ersparten, üblicherweise zu zahlenden Mieten oder Pachten bzw. den aus dem Grundstück zustehenden Erträgen und

  • ggf. in der Ersparnis weiterer Aufwendungen, soweit sie nicht bereits beim Ansatz der Miete oder Pacht berücksichtigt wurden (z. B. Bewirtschaftungskosten; insbesondere die Betriebskosten nach der Betriebskostenverordnung BetrKV).

Die Übernahme von sonstigen, üblicherweise nicht vom Berechtigten zu tragenden Kosten und Lasten ist wertmindernd zu berücksichtigen, soweit sie nicht bereits bei der angesetzten Miete oder Pacht berücksichtigt wurden.

Der Wert des Rechts ergibt sich aus dem kapitalisierten Vorteil des Berechtigten über die Dauer der Inanspruchnahme des Rechts.

4.4.2.2 SONSTIGE WERTBEEINFLUSSENDE UMSTÄNDE

Die Unkündbarkeit und auch die Sicherheit vor Mieterhöhungen sind wesentliche Merkmale des Nießbrauchs und des Wohnungsrechts. Soweit diese Merkmale nicht bereits beim Ansatz der Miete bzw. des Liegenschaftszinssatzes berücksichtigt wurden, sind sie durch Zuschläge zu berücksichtigen.

4.4.2.3 LEIBRENTENBERECHNUNG

Da das Recht an das Leben gebunden ist, erfolgt für natürliche Personen die Ermittlung des Werts des Rechts mit Hilfe von Leibrentenbarwertfaktoren.

Dabei sind die zum Wertermittlungsstichtag jeweils aktuellen Versicherungsbarwerte (Leibrentenbarwertfaktoren) des Statistischen Bundesamtes zu Grunde zu legen [8] Bei mehreren Berechtigten ist der Leibrentenbarwertfaktor für Verbindungsrenten anzusetzen [9].

Die Höhe des der Leibrentenberechnung zu Grunde zu legenden Zinssatzes ist entsprechend der Nutzung des Objekts durch den Berechtigten zu bestimmen.

Es ist zu beachten, dass die vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Leibrentenbarwertfaktoren die Lebenserwartung einschließlich der jeweiligen Überlebenswahrscheinlichkeit berücksichtigen. Ein gesonderter Ansatz der Wahrscheinlichkeit, dass der Berechtigte seine statistisch ermittelte Lebenserwartung überschreitet, ist daher nicht vorzunehmen.

Soweit für den Wertermittlungsstichtag keine aktuellen Leibrentenbarwertfaktoren vorliegen, sind die letzten zuvor herausgegeben Faktoren zu Grunde zu legen und entsprechend anzupassen.

Die persönlichen Lebensumstände von begünstigten Personen wie auch ein zwischen Wertermittlungsstichtag und dem Zeitpunkt der Gutachtenerstellung erfolgtes Ableben bleiben jedoch nach dem vorgenannten statistischen Material – bis auf Alter, Geschlecht – unberücksichtigt.

Ist der Berechtigte eine juristische Person, ist von einem angemessenen Zeitrentenbarwertfaktor auszugehen.

4.4.3 WERT DES MIT WOHNUNGSRECHT BZW. NIEßBRAUCH BELASTETEN GRUNDSTÜCKS (BEISPIELRECHNUNGEN NR. 12, 13, 16, 17) 4.4.3.1 WERTMINDERUNG DURCH DAS RECHT

Bei Ertragswertobjekten ergibt sich die wirtschaftliche Wertminderung in der Regel aus

  • den entgangenen Mieten oder Pachten und

  • ggf. aus weiteren Aufwendungen, soweit sie nicht bereits beim Ansatz der Mieten oder Pachten berücksichtigt wurden (z. B. Übernahme von Betriebskosten nach der BetrKV)

Die Übernahme von sonstigen, üblicherweise vom Grundstückseigentümer zu tragenden Kosten und Lasten durch den Berechtigten ist werterhöhend zu berücksichtigen, soweit sie nicht bereits bei der angesetzten Miete oder Pacht berücksichtigt wurden.

Die Wertminderung durch das Recht ergibt sich aus dem kapitalisierten Nachteil des Grundstückseigentümers über die Dauer der Inanspruchnahme des Rechts.

Bei üblicherweise selbst genutzten Objekten wie Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen entspricht der Wert des Rechts in der Regel nicht der Wertminderung des belasteten Grundstücks.

In diesem Fall ist zunächst der Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks in der Regel mit Hilfe des Sachwertverfahrens (Nr. 3.6) zu ermitteln. Als Restnutzungsdauer wird die Anzahl der Jahre zu Grunde gelegt, den das Gebäude nach Ablauf des Rechts noch hat. Der so ermittelte Wert wird mit Hilfe des an das Leben gebundenen Abzinsungsfaktors [10] abgezinst. Zusätzlich sind die vom Grundstückseigentümer zu tragenden Kosten und Lasten wertmindernd zu berücksichtigen.

4.4.3.2 SONSTIGE WERTBEEINFLUSSENDE UMSTÄNDE

Sonstige Beeinträchtigungen sind ggf. zusätzlich wertmindernd zu berücksichtigen.

4.4.3.3 LEIBRENTENBERECHNUNG

Der Kapitalisierung und der Abzinsung ist generell der entsprechende, für Ertragswertobjekte übliche Zinssatz zu Grunde zu legen.

Soweit die Dauer der Belastung bei natürlichen Personen an das Leben gebunden ist, wird der Kapitalisierung bzw. der Abzinsung der Leibrentenbarwertfaktor des Statistischen Bundesamtes bzw. der an das Leben gebundene Abzinsungsfaktor zu Grunde gelegt. Die diesbezüglichen Ausführungen unter 4.4.1.2 gelten sinngemäß.

4.5 GRUNDDIENSTBARKEITEN UND BESCHRÄNKTE PERSÖNLICHE DIENSTBARKEITEN 4.5.1 GRUNDSÄTZE

Die Grunddienstbarkeit wird zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks begründet. Sie schränkt die Befugnisse des Eigentümers des belasteten Grundstücks insoweit ein, als er etwas zu dulden oder zu unterlassen hat. Die Grunddienstbarkeit wird im Grundbuch in Abteilung II des belasteten Grundstücks eingetragen und ist als dingliches Recht Bestandteil des begünstigten Grundstücks (§ 96 BGB).

Die Möglichkeiten zur Einwirkung auf Grund einer Grunddienstbarkeit sind in § 1018 BGB aufgeführt. Demnach sind Benutzungsrechte (u. a. Wegerecht, Leitungsrecht), Ansprüche auf Unterlassungen von Nutzungen oder Handlungen (u. a. Bebauungsbeschränkungen) und der Ausschluss der Ausübung eines Rechts zu unterscheiden.

Art und Umfang der Belastung ergeben sich aus der Grundbucheintragung und der zu den Grundakten gehörenden Eintragungsbewilligung.

Bei der Bewertung von Grunddienstbarkeiten sind ggf. u. a. zu berücksichtigen:

  • die jeweilige Änderung der Nutzungsmöglichkeit des begünstigten bzw. des belasteten Grundstücks,

  • die eingetretene Lageverbesserung des begünstigten Grundstücks (soweit nicht bereits mit der Nutzungsänderung berücksichtigt) unter Berücksichtigung der jeweiligen Art der Nutzung,

  • die eingetretenen Wertminderungen des belasteten Grundstücks, die auch dann gegeben sein können, wenn keine Ertragseinbuße vorliegt,

  • die für die Begründung der Grunddienstbarkeit vereinbarte Rente und ihre Anpassungsmöglichkeiten.

Je nach vertraglicher Ausgestaltung ist zu klären, ob ein Recht entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumt wurde und wer die Kosten und evtl. auch die Lasten trägt, die im Zusammenhang mit dem belasteten Grundstück sowie dessen Nutzung entstehen. Auch die Höhe der vom Berechtigten zu erbringenden Leistungen können sowohl den Wert des Rechts als auch den Wert des belasteten Grundstücks beeinflussen.

Der Grunddienstbarkeit entsprechende Belastungen können auch als beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§ 1090 BGB) zugunsten eines beliebigen Berechtigten begründet werden, wie das in der Regel bei Leitungsrechten der Fall ist.

4.5.2 WEGERECHT (ANLAGE 20)

Ein vereinbartes Wegerecht [11] ist überwiegend als Dauerrecht ohne zeitliche Begrenzung ausgelegt.

4.5.2.1 WEGERECHTSRENTE

Für die Einräumung eines Wegerechts wird entweder eine in der Regel wertgesicherte Wegerechtsrente oder eine Einmalzahlung vereinbart. Beide dienen dem Ausgleich der Wertminderung des belasteten Grundstücks zum Zeitpunkt der Einrichtung des Rechts.

Die Höhe der Wegerechtsrente oder einer entsprechenden Einmalzahlung kann sich je nachdem an der angemessenen Bodenwertverzinsung der Wegerechtsfläche, nach dem Nutzen der Wegerechtsfläche für den Eigentümer des begünstigten Grundstücks oder den Nachteilen, die sich durch die Einräumung des Rechts für das belastete Grundstück ergeben, orientieren.

4.5.2.2 WERT DES BEGÜNSTIGTEN GRUNDSTÜCKS (BEISPIELRECHNUNG NR. 18)

Der Wertvorteil für das begünstigte Grundstück ergibt sich in der Regel durch eine Erhöhung der baulichen oder sonstigen Nutzbarkeit und ist im Allgemeinen nicht identisch mit dem Wertnachteil des belasteten Grundstücks.

Dementsprechend wird der Wert des begünstigten Grundstücks aus dem Verkehrswert des Grundstücks unter Berücksichtigung des Wegerechts ermittelt. Die zu zahlende Wegerechtsrente sowie ggf. weitere mit dem Wegerecht in Zusammenhang stehende Leistungen sind wertmindernd zu berücksichtigen.

Der Wertvorteil für das begünstigte Grundstück ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Verkehrswert des begünstigten Grundstücks unter Berücksichtigung des Wegerechts und dem Verkehrswert ohne Berücksichtigung des Wegerechts.

4.5.2.3 WERT DES BELASTETEN GRUNDSTÜCKS (BEISPIELRECHNUNG NR. 19)

Zur Ermittlung des Werts des belasteten Grundstücks ist vom unbelasteten Grundstückswert auszugehen und die ermittelte Wertminderung durch das Recht abzuziehen.

Die Wertminderung des belasteten Grundstücks ergibt sich aus der Einschätzung der Einschränkungen, die das belastete Grundstück durch das Recht erfährt. Es ist zu prüfen, ob sich die Einwirkung des Rechts nur auf die vom Wegerecht beanspruchte Fläche auswirkt oder ob darüber hinaus weitere Wertminderungen zu berücksichtigen sind. Diese Beeinträchtigungen können in

  • einer verringerten baulichen und sonstigen Ausnutzbarkeit,

  • einer Geruchs- und Lärmimmission oder

  • sonstigen Beeinträchtigungen liegen.

Diese Beeinträchtigungen sind im Allgemeinen je nach Intensität z. B. anhand von in der Fachliteratur angegebenen Erfahrungswerten anzusetzen, die sich je nach Umfang der Beeinträchtigung auf die Minderung des Bodenwerts der Wegerechtsfläche oder des Gesamtgrundstücks beziehen. Darüber hinaus gehende Minderungen des Gebäudewerts sind ggf. gesondert zu berücksichtigen. Eine Doppelberücksichtigung ist zu vermeiden.

Die zu erzielende Wegerechtsrente ist werterhöhend zu berücksichtigen.

4.5.3 LEITUNGSRECHT (ANLAGE 21; BEISPIELRECHNUNGEN NR. 20, 21)

Für die Verlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen über ein fremdes Grundstück kann ein Leitungsrecht in Form einer Grunddienstbarkeit aber auch einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bestellt werden.

Leitungsrechte sind im Allgemeinen mit Bau- und Nutzungsbeschränkungen verbunden. Zudem kann das Grundstück jederzeit zum Zwecke der Unterhaltung oder ggf. Erweiterung betreten werden.

Für die Eintragung eines Leitungsrechts wird zum Zeitpunkt der Einräumung des Leitungsrechts eine Entschädigung gewährt, die sich nach dem Umfang der Beeinträchtigung bemisst.

Wesentliche Parameter für die Bewertung des mit einem Leitungsrecht belasteten Grundstücks sind:

  • Leitungsart,

  • Nutzung des belasteten Grundstücks,

  • Größe der belasteten Fläche,

  • Grad der Beeinträchtigung des belasteten Grundstücks.

Es können sich insbesondere folgende Beeinträchtigungen ergeben:

  • eine über die bereits im durchschnittlichen Lagewert (Bodenrichtwert) berücksichtigte weitere Minderung des Lagewerts z. B. durch eine direkte Überspannung des Grundstücks,

  • eine Einschränkung der baulichen und sonstigen Nutzbarkeit.

Im Allgemeinen wird die Höhe der Wertminderung des belasteten Grundstücks an der Art der Leitung und am Umfang des jeweiligen Schutzstreifens bemessen, wobei z. B. auf die in der Fachliteratur veröffentlichten Erfahrungswerte zurückgegriffen werden kann (vgl. Beispielrechnung Nr. 20).

Wenn Leitungsrechte das gesamte Grundstücks beeinträchtigen, ist die Wertminderung auf das gesamte Grundstück zu beziehen (vgl. Beispielrechnung Nr. 21).

Für Leitungen, die in den neuen Bundesländern am 3. Oktober 1990 bereits vorhanden waren, wird auf die Bestimmungen des Grundbuchbereinigungsgesetzes hingewiesen.

4.6 ÜBERBAU (ANLAGE 22) 4.6.1 GRUNDSÄTZE

Der Eigentümer eines Grundstücks, welches zwar rechtswidrig, aber nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich überbaut worden ist, hat den Überbau zu dulden, sofern er dem nicht rechtzeitig widersprochen hat (§ 912 BGB). Wird ein Überbau festgestellt, ist der Eigentümer des überbauten Grundstücks durch eine Geldrente zu entschädigen oder er kann vom Verursacher des Überbaus den Kauf der betroffenen Grundstücksfläche verlangen.

Da in der Regel nicht davon auszugehen ist, dass der Eigentümer des begünstigten Grundstücks den Vorteil, den er durch den Überbau erlangt, in absehbarer Zeit aufgeben wird, ist im Falle einer Verrentung von einer Zeitrente auszugehen, deren Dauer unter Berücksichtigung der Möglichkeit nutzungsdauerverlängernder Investitionen einzuschätzen ist. Die Verzinsung erfolgt mit dem Liegenschaftszinssatz. Die üblicherweise jährlich vorschüssige Zahlungsweise ist zu berücksichtigen.

4.6.2 ÜBERBAURENTE (BEISPIELRECHNUNG NR. 22)

Für die Bemessung der Überbaurente ist der Bodenwert der überbauten Grundstücksfläche maßgeblich, der sich aus den Wertverhältnissen zum Zeitpunkt des Überbaus ergibt. Eine Anpassung der Überbaurente ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Im Zeitverlauf ergibt sich mit der Veränderung der Bodenwerte eine Diskrepanz zwischen der Überbaurente und der tatsächlichen Bodenwertminderung des Grundstücks.

Für die Ermittlung der Überbaurente sind

  • die Größe der überbauten Grundstücksfläche und

  • der Bodenwert zum Zeitpunkt des Überbaus festzustellen.

Die Höhe der Überbaurente ermittelt sich aus der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts zum Zeitpunkt des Überbaus.

4.6.3 WERT DES BEGÜNSTIGTEN GRUNDSTÜCKS (BEISPIELRECHNUNG NR. 23)

Der Verkehrswert des begünstigten Grundstücks (Grundstück, von dem überbaut wurde) ergibt sich aus

  • dem Bodenwert des Grundstücks abzgl.

  • dem Barwert der Überbaurente zzgl.

  • dem Gebäudewert (einschließlich Überbau).

4.6.4 WERT DES BELASTETEN (ÜBERBAUTEN) GRUNDSTÜCKS (BEISPIELRECHNUNG NR. 24)

Der Verkehrswert des belasteten (überbauten) Grundstücks ergibt sich aus

  • dem Bodenwert des nicht überbauten Grundstücksteils zzgl.

  • dem abgezinsten Bodenwert des überbauten Grundstücksteils zzgl.

  • dem Barwert der Überbaurente zzgl.

  • dem Gebäudewert (ohne Überbau).

Der Bodenwert des belasteten Grundstücks ist in der Regel geringer als der Bodenwert eines vergleichbaren unbelasteten Grundstücks, da der Barwert der Überbaurente im Zeitablauf die Wertminderung nicht mehr ausgleicht.

Ggf. sind sonstige Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit des Grundstücks zu berücksichtigen (z. B. durch einen faktisch verschlechterten Zuschnitt des Grundstücks).

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IAAAD-21508

1Nach der Rechtssprechung des BGH wird unter dem Begriff „allgemeine wirtschaftliche Verhältnisse” ein Mittel aus der Änderung der Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Haushalts mit mittlerem Einkommen und der Änderung des Bruttoeinkommens der Industriearbeiter und der Angestellten in Industrie und Handel verstanden. Es ist jedoch zu beachten, dass der Lebenshaltungskostenindex eines 4-Personen-Haushalts vom Statistischen Bundesamt nicht mehr ermittelt wird. An seine Stelle ist der Verbraucherpreisindex für Deutschland getreten.

2BGH Urteil vom 3. Mai 1985 V ZR 23/84: „Bei der Beurteilung, ob der ursprünglich vereinbarte Erbbauzins noch als eine wenigstens annähernd ausreichende Gegenleistung für das Erbbaurecht angesehen werden kann, ist die Grenze grundsätzlich bei einem Kaufkraftschwund dieses Entgelts um mehr als 60 % zu ziehen” (Leitsatz Nr. 2).
Dies entspricht einer Erhöhung des Verbraucherpreisindex zwischen den Stichtagen um 150 %.

3Soweit Vergleichs- bzw. Marktanpassungsfaktoren für Erbbaurechte und für Erbbaugrundstücke auf Grund regionaler Analysen vorliegen, ist ihre Anwendbarkeit über die untersuchte Region hinaus im Einzelfall zu prüfen.

4vgl. Fußnote 4

5Der Begriff „Gebäude” wird im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Erbbaurecht entsprechend dem Begriff „Bauwerk” im Sinne der ErbbauVO verwendet und erfasst inhaltlich die baulichen Anlagen im Sinne Nr. 3.6 des Ersten Teils.

6Vgl. Fußnote 4

7Vgl. Fußnote 4

8Aktuelle Leibrentenbarwertfaktoren werden unter dem Titel „Kommutationszahlen und Versicherungsbarwerte für Leibrenten 200…/200… (Tabellen zur jährlich und monatlich vorschüssigen Zahlungsweise)” als Versicherungsbarwerte (äx) vom Statistischen Bundesamt zu den jeweils aktuell erscheinenden Sterbetafeln herausgegeben.

9Aktuelle Leibrentenbarwertfaktoren für Verbindungsrenten werden unter dem, unter Fußnote 9 genannten Titel als Versicherungsbarwerte (äxy) vom Statistischen Bundesamt zu den jeweils aktuell erscheinenden Sterbetafeln herausgegeben.

10an das Leben gebundener Abzinsungsfaktor fx = 1 – (äx – 1) x p wobei der Leibrentenbarwertfaktor (äx) aus der Tabelle des Statistischen Bundesamtes (vgl. Fußnote 9) entnommen wird und p dem angemessenen Zinssatz (dezimal) entspricht

11Diese Hinweise gelten nicht für das Notwegerecht (§ 917 BGB).