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Kassenführung (HGB)
1. Allgemeines
Der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung kommt eine besonders hohe Bedeutung zu, weil Prüfer sie oft als Indiz für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung insgesamt heranziehen, um den Vertrauensvorschuss nach § 158 AO zu gewähren. Ganz besonders gilt dies für Unternehmen mit einem hohen Barzahlungsanteil, z. B. in Friseur- und Kosmetikstudios, in der Gastronomie oder insbesondere im Einzelhandel.
Mandanten-Merkblatt: „Checkliste Kassenführung“ und „offene Ladenkasse“, Arbeitshilfe
Huber/Zisky/Reckendorf, Die
Unveränderbarkeit der (Kassen-)Buchführung im EDV-Zeitalter und INSIKA:
Teutemacher/Krullmann, Handbuch zur Kassenführung, 4. Aufl. 2023
2. Handelsrechtliche Anforderungen
Detaillierte Anforderungen zur Kassenführung existieren im Handelsrecht nicht – anders als im Steuerrecht (vgl. Abschnitt 3). Grundlage für die Pflicht zur Kassenführung sind die Buchführungspflicht nach § 238 HGB und der Grundsatz: Wer buchführungspflichtig ist, ist somit auch verpflichtet, die Bargeschäfte aufzuzeichnen. Die für Kaufleute geltenden Vorschriften gelten auch für die Handelsgesellschaften, nicht jedoch für Nichtkaufleute wie kleinere Gewerbetreibende, deren Geschäft keine typischen kaufmännischen Einrichtungen benötigt. Die Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet sein.
Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass eine Eintragung oder eine Aufzeichnung nicht in einer Weise verändert werden kann, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist oder nicht feststellbar ist, ob die Eintragung ursprünglich oder erst später vorgenommen wurde (§ 239 HGB).
Seit dem gelten verschärfte Regeln für alle Registrier- und PC-Kassen. Alle Geschäftsvorfälle (Einzelaufzeichnungen) müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und unveränderbar aufgezeichnet werden. Diese Daten müssen dem Betriebsprüfer (Aufbewahrungszeitraum mindestens zehn Jahre) jederzeit lesbar und maschinell auswertbar zur Verfügung gestellt werden können. Konsequenzen bei Nichtbeachtung: Steuernachforderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung sowie Festsetzung von Bußgeldern aufgrund der Nichteinhaltung geltender Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsvorschriften.
Eine gesetzliche Ausnahmeregelung wie sie bspw. in § 150 Abs. 8 AO vorgesehen ist, gibt es für die elektronische Kassenführung nicht.
Unternehmen, insbesondere kleinere, die bisher ihre Umsätze im Rahmen einer offenen Ladenkasse aufgezeichnet haben, können dies auch nach dem tun. Eine Verpflichtung zum Umstieg auf eine elektronische Registrierkasse besteht hier nicht. Bezüglich des Einsatzes elektronischer Registrierkassen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die besonderen Anforderungen und Aufbewahrungsmodalitäten festgelegt ().
3. Steuerrechtliche Anforderungen
§ 146 AO, § 146a AO und § 146b AO sowie Abschnitt 108 und 111 AEAO enthalten die Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen, zu denen auch die Kassenaufzeichnungen gehören. Danach sind die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden.
Darüber hinaus hat das detaillierte Regeln aufgestellt, welche Voraussetzungen eine ordnungsgemäße Kassenführung erfüllen muss. Den wesentlichen Inhalt dieses Schreibens – insbesondere zur Verwendung von Registrierkassen – enthalten nachfolgend die Abschnitte III. Kassenführung und IV. Kassenbuch.
Zu den steuerlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung vgl. ausführlich Teutemacher, Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften – Checkliste für eine ordnungsgemäße Kassenführung, .
Für Steuerpflichtige mit Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, ein Kassenbuch zu führen. Der enthält dazu folgenden Leitsatz: „Bei zulässiger Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind Steuerpflichtige nicht zum Führen eines Kassenbuchs verpflichtet.“
Bei einer Einnahmen-Überschussrechnung können die Buchführungsunterlagen und alle darüber hinaus erforderlichen Aufzeichnungen auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen (§ 146 Abs. 5 AO). Dabei wird vorausgesetzt, dass die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung beachtet werden. Die Bareinnahmen und -ausgaben können daher aufgrund der Rechnungen und Quittungen nachgewiesen werden. Dabei werden die Belege chronologisch nach dem Tag des Geldeingangs abgeheftet und handschriftlich oder in EDV-Listen (Excel-Tabellen) eingetragen.
Dies bedeutet aber nicht, dass die Einnahmen-Überschussrechner keine Aufzeichnung der Bareinnahmen und -ausgaben vornehmen müssen: Aufzeichnungen müssen in jedem Fall für umsatzsteuerliche Zwecke erfolgen (§ 22 UStG i. V. mit §§ 63–68 UStDV). Die Aufzeichnungen können erfolgen durch
Einzelaufzeichnung,
in Form eines Kassenberichts oder
durch Verwendung einer Registrierkasse.
Kassenaufzeichnungen und alle dazugehörigen Unterlagen sind zehn Jahre jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren (§ 147 Abs. 3 AO). Hierzu gehören z. B.
Betriebs- oder Bedienungsanleitungen der im Unternehmen eingesetzten Registrierkassen,
Protokolle über Einrichtung, Programmierung, Programmänderungen, Speichereinrichtung,
von der Registrierkasse erstellte Ausdrucke, insbesondere die Tagesendsummenausdrucke (Z-Bons) sowie
weitere Organisationsunterlagen.
Bei Außenprüfungen befassen sich die Prüfer i. d. R. sehr intensiv mit den Kassenaufzeichnungen. Sind die Kassenaufzeichnungen unvollständig oder fehlen gar Aufzeichnungen, führt dies dazu, dass der Prüfer nicht nur die Richtigkeit der Kassenführung bezweifelt, sondern auch die Angaben über Umsätze und Gewinn. Im schlimmsten Fall wird die gesamte Buchführung verworfen und es kann zu erheblichen Zuschätzungen kommen. Diese können eine Höhe von 10 % des Jahresumsatzes zuzüglich eines Sicherheitszuschlags betragen. Die Folge sind beachtliche Steuernachzahlungen.
In diesem Zusammenhang ist ein Urteil des BFH () von Bedeutung. Es besteht die grundsätzliche Verpflichtung des Steuerpflichtigen, sämtliche Geschäftsvorfälle einzeln aufzuzeichnen, es sei denn, dies ist aufgrund einer Vielzahl kleiner Bargeschäfte für ihn unzumutbar. Der Einwand der Unzumutbarkeit entfällt aber, wenn im Betrieb des Steuerpflichtigen ein PC-gestütztes Erlöserfassungssystem mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung eingesetzt wird, das alle Geschäftsvorfälle einzeln erfasst. In diesem Fall ist der Prüfer im Rahmen einer Außenprüfung berechtigt, auf die Kasseneinzeldaten des eingesetzten Warenwirtschaftssystems gem. § 147 Abs. 6 AO zuzugreifen bzw. deren Vorlage zu verlangen.
Wenn allerdings eine Vielzahl von Geschäften gegen Barzahlung mit geringen Beträgen an unbekannte Personen ausgeführt werden, ist es nicht zumutbar, jede Bareinnahme einzeln zu erfassen. Hier können Tageseinnahmen auch summarisch ermittelt werden. Dies gilt allerdings nur bei Beträgen bis 15.000 € pro Kunde. Ab diesem Betrag müssen die Barverkäufe zwingend einzeln aufgezeichnet und der Name und die Anschrift des Kunden sowie der Inhalt des Geschäfts angegeben werden (Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz).
Darüber hinaus dürfen die Tageseinnahmen nicht summarisch ermittelt werden, wenn es sich um Bareinnahmen folgender Branchen handelt:
Hotel- und Beherbergungsgewerbe,
Autoreparaturwerkstätten,
Einzelanfertigungen von Schmuckstücken in Juwelier-, Gold- und Silberschmiedegeschäften,
Restaurants und Gaststätten, bei denen Rechnungen über Bewirtungskosten, Familienfeiern, Betriebsveranstaltungen, Seminarveranstaltungen und Tagungen ausgestellt werden.
4. Kassenführung
Jedes Unternehmen sollte über eindeutige Organisations- oder Arbeitsanweisungen für die Kassenführung verfügen. Dabei sollten insbesondere folgende Punkte geregelt sein: