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(Schlechte) Aussichten auf Befreiung von der Belegausgabepflicht?
Handlungsempfehlungen nach ersten Praxiserfahrungen und erstinstanzlicher Rechtsprechung
Der Beitrag soll nach fast dreijähriger Anwendungspraxis der Belegausgabepflicht gem. § 146a Abs. 2 AO ein Zwischenfazit geben. Neben den Voraussetzungen und Folgen der grundsätzlichen Pflicht zur Belegausgabe soll es insbesondere um die Frage der Befreiung von dieser gehen. Zur Beantwortung werden nicht nur die Sichtweisen der Finanzverwaltung und der einschlägigen Vertreter der Literatur beleuchtet, sondern vor allem auch die erste gerichtliche Entscheidung zur Freistellung von der Belegausgabepflicht. Die zahlreichen eigenen Erfahrungen in der Antragstellung und Diskussion mit der Finanzverwaltung sollen die Ausführungen abrunden und als praktische Orientierung dienen.
Wie ist der Verweis auf die Norm des § 148 AO auszulegen?
Welche Voraussetzungen muss der Stpfl. erfüllen, um von den Finanzbehörden erfolgreich von der Pflicht zur Belegausstellung befreit zu werden?
Wie hoch sind die Erfolgsaussichten bei der Beantragung der Befreiung von der Belegausgabepflicht?
I. Die Norm § 146a Abs. 2 AO
1. Hintergrund und Einordnung
[i]Krüger, Kassenführung (HGB), infoCenter, NWB DAAAC-28623 Teutemacher/Krullmann, Verfahrensdokumentation zur Kassenführung bei elektronischen Aufzeichnungssystemen, BBK 9/2022 S. 405, NWB GAAAI-60359 Mittelhammer, in: Zugmaier/Nöcker, AO, § 146a, NWB IAAAH-60558 Die Pflicht zur Belegausstellung gem. § 146a Abs. 2 AO ist nur ein Teil des Maßnahmenkatalogs, um gegen organisierten Betrug mit manipulierten Kassensystemen vorzugehen. Nach Schätzungen der Bundesregierung kommt es jährlich zu Steuerausfällen von bis zu 10 Mrd. €, die aus Umsatzverkürzungen verschiedenster Art resultieren. Beispielsweise werden Umsätze einfach nicht in das Kassensystem eingegeben, in einer „Zweitkasse“ erfasst oder nachträglich gelöscht.
Seit 2020 sollen diese Manipulationen nun mit der Belegausgabepflicht erheblich eingedämmt werden. So erfolge durch die Ausstellung eines Belegs nicht nur die Sicherstellung, dass der Vorgang überhaupt von einer Kasse erfasst werde, sondern durch verpflichtende Angabe der Kassen-Seriennummer auch, dass der Umsatz in die „richtige“ Kasse einfließe. Dieses Problem wurde nämlich von den zwei weiteren wesentlichen Bausteinen des Gesetzes zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen aus dem Jahr 2016 noch nicht angegangen: Der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) nach § 146a Abs. 1 AO und der Kassenmeldepflicht nach § 146a Abs. 4 AO. Beide stellten bisweilen nur auf die Verhinderung einer nachträglichen Veränderung von Daten ab, was lediglich in der elektronischen Kasse registrierte Umsätze schützte. Durch das Zusammenwirken aller drei Vorschriften soll seit 2020 letztlich sowohl die interne Unverletzlichkeit der Aufzeichnungen als auch die extern überprüfbare Vollständigkeit gewährleistet werden.