Suchen Barrierefrei

Verfahrensrecht

Außenprüfung //

Richtsätze ade? – oder doch nur ein weiteres Urteil zur Schätzung bei Kassenmängeln?

Mit dem BFH-Urteil v. 18.6.2025 - X R 19/21 ( WAAAK-00473) liegt das erste Urteil zur Zulässigkeit einer Schätzung nach der amtlichen Richtsatzsammlung nach der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage aus dem Jahr 2018 vor. Dieser BFH-Senat hat „erhebliche Zweifel an der Eignung der Richtsatzsammlung in ihrer bisherigen Form als Grundlage für eine Schätzung“. Entscheidungserheblich war dies jedoch nicht, da eine Schätzung anhand eines inneren Betriebsvergleichs vorzugswürdig war. Denn das Ermessen von Finanzamt und Finanzgericht bei der Wahl der geeigneten Schätzungsmethode ist nicht gänzlich frei. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wie auch die Zumutbarkeit bei der Anwendung von Schätzungsmethoden sind zu beachten.

Umsatzsteuer //

Neues zum Gutglaubensschutz im Umsatzsteuerrecht

Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen v. 19.2.2025 - XI R 23/24 (BStBl 2025 II S. 668) will der (mittlerweile aufgelöste) XI. Senat des BFH unionsrechtlich klären lassen, in welchem Verfahren (Festsetzungs- oder Billigkeitsverfahren) ein Gutglaubensschutz bei der Umsatzsteuer zu berücksichtigen ist (s. dazu auch Brill, NWB 33/2025 S. 2236, OAAAJ-97503). Das Verfahren betrifft unmittelbar zwar nur einen Gutglaubensschutz im Rahmen der Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG. Die Begründung des Vorabentscheidungsersuchens stellt jedoch ganz wesentlich auf allgemeine Erwägungen ab, die für das gesamte Umsatzsteuerrecht Geltung beanspruchen. Die Entscheidung des EuG könnte daher weitreichende Folgen im Umsatzsteuerrecht zeitigen und die bisherige Rechtspraxis in Deutschland – Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes nur im Billigkeitsverfahren – beenden.

Abgabenordnung //

Die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 bis 7 AO

Der BFH hat mit Urteil v. 3.7.2025 - IV R 6/23 ( GAAAJ-99049) entschieden, dass auch außerhalb der in § 1 Abs. 2 Satz 1 StAuskV geregelten Fallgruppen nur eine Gebühr nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO festgesetzt werden kann, wenn identische verbindliche Auskünfte hinsichtlich eines steuerlichen Sachverhalts gegenüber mehreren Antragstellern ergehen. Dabei sind die Antragsteller Gesamtschuldner.

Buchführung //

GoBD-konforme Verfahrensdokumentation in der Praxis

Die Verfahrensdokumentation ist ein zentrales Instrument zur Sicherstellung der Ordnungsmäßigkeit und Nachvollziehbarkeit steuerlich relevanter IT-gestützter Prozesse und setzt die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) um. Sie dient der Optimierung interner Abläufe sowie der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Sie ist integraler Bestandteil eines Tax Compliance Management Systems und gewinnt durch Digitalisierung und gesetzliche Änderungen zunehmend an Bedeutung.

Finanzgerichtsordnung //

Erfordernis eigenverantwortlicher Fristenkontrolle durch Berufsträger

Mit dem Beschluss v. 9.9.2025 entschied der BFH, dass eine unverschuldete Versäumung der Revisionsbegründungsfrist nicht vorliegt, wenn der mit dem Fall betraute Berufsträger erst am Tag des Fristablaufs mit der Bearbeitung beginnt, den Ablauf der Frist nicht überprüft und es deshalb unterlässt, an diesem Tag noch mögliche fristwahrende Handlungen auszuführen.

Abgabenordnung //

Akteneinsicht und Auskunft im Besteuerungsverfahren über den Inhalt einer anonymen Anzeige

Ein Finanzamt muss über den Inhalt einer anonymen Anzeige und über den Namen des Anzeigeerstatters keine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilen, wenn das Geheimhaltungsinteresse der Behörde sowie der aus § 30 AO folgende Identitätsschutz des Anzeigeerstatters im Einzelfall höher wiegen als das Informationsinteresse des Steuerpflichtigen.

Steuerrecht //

AfA-Bemessungsgrundlage nach Wegfall der gewerblichen Prägung

Was gilt bei rückwirkenden Ereignissen?

Der Wegfall einer gewerblichen Prägung bei der Vermietung von Grundstücken und die anschließende Einkünfteerzielung im Bereich von § 21 EStG schien durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt zu sein. Mit dem vorliegenden Urteil v. 3.6.2025 - IX R 18/242 kommt jedoch ein neuer Aspekt hinzu: Der BFH klärt die Fragen, wann ein rückwirkendes Ereignis in diesem Kontext vorliegt und was dessen Folgen sind.

Abgabenordnung //

Keine Bilanzberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit

Eine fehlerhafte Bilanz, die zu einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung geführt hat, kann nicht wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden. Denn § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG lässt eine Berichtigung der Bilanz im Fall der Bestandskraft der Steuerfestsetzung nur zu, wenn die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden kann; eine Berichtigung nach § 129 AO ist aber keine „Änderung“.

Abgabenordnung //

Vorlagepflicht bei E-Mails mit steuerlichem Bezug

Mit Beschluss v. 30.4.2025 entschied der BFH, die steuerliche Außenprüfung dürfe vom Steuerpflichtigen die Vorlage sämtlicher E-Mails mit steuerlichem Bezug verlangen. Ausdrücklich ausgenommen von der Vorlagepflicht sind solche E-Mails, die lediglich privater Natur sind oder die die firmeninterne Kommunikation betreffen. Demgegenüber besteht keine Rechtsgrundlage für die Überlassung eines Gesamtjournals, weil dies im Sinne eines unbegrenzten Zugriffs auf alle E-Mails des Steuerpflichtigen zu verstehen wäre und sich daher nicht im rechtlich zulässigen Rahmen hält.

Gewerbesteuer //

Keine erweiterte Kürzung bei Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze durch En-bloc-Veräußerung (BFH)

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Veräußerung von fünf Grundstücken innerhalb von weniger als drei Jahren seit der Anschaffung durch eine ausschließlich vermögensverwaltend tätige Kapitalgesellschaft einen gewerblichen Grundstückshandel begründet und ob zur Beantwortung dieser Frage auf das ertragsteuerliche Kriterium der Nachhaltigkeit i. S. des § 15 Abs. 2 EStG zurückzugreifen ist.

Finanzgerichtsordnung //

Rechtzeitige Bezeichnung des Klagebegehrens durch Einreichung von Steuererklärungen innerhalb einer Ausschlussfrist

Eine vom Finanzgericht im Klageverfahren gegen Schätzungsbescheide gesetzte Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Klagebegehrens wird nicht gewahrt, wenn das Klagebegehren lediglich gegenüber dem Finanzamt durch Einreichung von Steuererklärungen konkretisiert wird und der Kläger das Finanzgericht hierüber nicht innerhalb der Frist informiert. Ein Hinweis des Klägers an das Finanzgericht ist nur nicht erforderlich, wenn der Kläger aufgrund der zeitlichen Abfolge davon ausgehen darf, dass das Finanzamt dem Finanzgericht die Steuererklärungen als Bestandteil der vorzulegenden Akten noch vor Ablauf der Ausschlussfrist übersendet.

Loading...