AEBewGrSt A 232.2 (Zu § 232 BewG)

Zu § 232 BewG

A 232.2 Umfang der wirtschaftlichen Einheit des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft

(1) 1Der Umfang der wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens bestimmt sich nach den Eigentumsverhältnissen beim Grund und Boden des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft am Bewertungsstichtag. 2Befinden sich Flächen am Bewertungsstichtag noch nicht im zivilrechtlichen Eigentum des Steuerpflichtigen, genügt für eine Zurechnung an den Steuerpflichtigen das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Absatz 2 Nummer 1 Satz 1 AO) an diesen Flächen. 3Wirtschaftliches Eigentum liegt insbesondere vor, wenn Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren auf den Steuerpflichtigen übergegangen sind. 4So ist z. B. bei Flächen in Flurbereinigungsverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums im Rahmen der vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG abzustellen. 5Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums kann ausnahmsweise in einem früheren Stadium vor einer Besitzeinweisung i. S. d. § 65 FlurbG in Betracht kommen, wenn der Fall der §§ 52, 53 FlurbG gegeben ist; hier ist der Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit der Zustimmung zum Landabfindungsverzicht (Zugang der Erklärung bei der zuständigen Flurbereinigungsbehörde) maßgebend.

(2) 1Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 232 Absatz 2 Satz 1 BewG setzt weder eine Mindestgröße noch einen vollen land- und forstwirtschaftlichen Besatz mit Wirtschaftsgebäuden, Betriebsmitteln und immateriellen Wirtschaftsgütern voraus. 2Auch ein einzelnes land- und forstwirtschaftlich genutztes Grundstück, das gemäß § 233 BewG nicht zum Grundvermögen zu rechnen ist, kann ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft sein. 3Nach § 232 Absatz 2 Satz 2 BewG gilt dies auch für die entgeltliche und unentgeltliche Nutzungsüberlassung einer ganzen wirtschaftlichen Einheit eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (z. B. bei Betriebsverpachtung im Ganzen) oder Teilen davon (z. B. bei parzellenweiser Verpachtung von Flächen). 4Zu einer wirtschaftlichen Einheit werden diejenigen Wirtschaftsgüter zusammengefasst, die dem Eigentümer gehören und deren Zweckbestimmung sowie deren wirtschaftliche Zusammengehörigkeit dies nach der Verkehrsanschauung gebieten. 5Mehrere Flächen werden unabhängig von ihrer räumlichen Lage zu einer wirtschaftlichen Einheit vereinigt, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden und zwischen ihnen ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. 6Es erfolgt keine Vereinigung zu einer wirtschaftlichen Einheit, wenn die Bewirtschaftung abgelegener Flächen von der Hofstelle oder einem sonstigen Sitz der Betriebsleitung aus nach der Verkehrsauffassung nicht möglich ist oder wenn der Betriebsinhaber keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit und eigene Aufsicht über die sachdienliche Nutzung dieser Flächen hat. 7In den vorgenannten Fällen kommt die Bildung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten in Betracht. 8Besonderheiten der jeweiligen Nutzungen sind bei der Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheiten zu berücksichtigen. 9Aus Vereinfachungsgründen kann die Finanzverwaltung verpachtete land- und forstwirtschaftliche Flächen in der Hand eines Eigentümers zu einer wirtschaftlichen Einheit innerhalb einer Gemeinde zusammenfassen.

(3) Bestehende wirtschaftliche Einheiten, bei denen für Zwecke der Einheitsbewertung die Wirtschaftsgüter von Eheleuten oder Lebenspartnern und Lebenspartnerinnen nach § 26 BewG zusammengefasst wurden, können im ersten Hauptfeststellungszeitraum weiterhin für Zwecke der Feststellung des jeweiligen Grundsteuerwerts zugrunde gelegt werden (§ 266 Absatz 5 BewG).

(4) 1Land- und forstwirtschaftliche Flächen, die im Eigentum einer der in § 97 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 BewG bezeichneten Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen stehen (Betriebsgrundstücke i. S. d. § 99 Absatz 1 Nummer 2 BewG), sind gemäß § 218 Satz 2 BewG wie land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten. 2Dies gilt insbesondere für das Eigentum von Personengesellschaften oder Personengemeinschaften, wenn die Voraussetzung des § 232 Absatz 1 Satz 1 BewG (Nutzung der Flächen zur land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion) erfüllt ist.

(5) 1Bestehende wirtschaftliche Einheiten, die für Zwecke der Einheitsbewertung unter Anwendung von § 34 Absatz 4 bis 6 BewG gebildet wurden, können weiterhin für Zwecke der Feststellung von Grundsteuerwerten zugrunde gelegt werden (§ 266 Absatz 5 BewG). 2Insoweit kann das land- und forstwirtschaftliche Vermögen bei Personengesellschaften und bei Personengemeinschaften im ersten Hauptfeststellungszeitraum wie bisher jeweils bei der Einheitsbewertung einheitlich ermittelt werden, auch wenn die Wirtschaftsgüter nur einem der Beteiligten gehören.

Beispiel (A):

Landwirt V gründete mit seinem Sohn S die VS-GbR. Der Vater brachte seinen gesamten Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nebst Flächen ein, der Sohn bringt 10 000 € und seine Arbeitskraft in die GbR ein. Die GbR ist als eine wirtschaftliche Einheit im land- und forstwirtschaftlichen Vermögen einheitlich bei der Einheitsbewertung bewertet worden und ist daher auch bei der Feststellung des Grundsteuerwerts einheitlich zu bewerten; die Geldeinlage des S bleibt nach § 232 Absatz 4 Nummer 3 BewG außer Ansatz.

Beispiel (B):

Landwirt A und Landwirt B gründeten eine GbR mit dem Ziel, die landwirtschaftlich genutzten Flächen gemeinsam zu bewirtschaften und Tiere (Mastschweine) zu halten. A und B brachten jeweils 50 ha landwirtschaftliche Nutzfläche in den Betrieb ein; insgesamt wurden 4 000 Mastschweine aus schweren Ferkeln (= 480 VE) erzeugt.

Die Bewertung der Flächen sowie der verstärkten Tierhaltung erfolgte bisher bei der Einheitsbewertung und erfolgt daher auch bei der Feststellung des Grundsteuerwerts als einheitlicher Betrieb unter Berücksichtigung der in den §§ 237 bis 239 BewG getroffenen Regelungen.

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JAAAI-03875