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Doppelte Haushaltsführung im Fokus von Rechtsprechung und Verwaltung
BMF stellt mit Schreiben v. 25.11.2020 neue Grundsätze auf
[i]BMF, Schreiben v. 25.11.2020, NWB EAAAH-65600 Die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung steht zunehmend im steuerlichen Fokus. Dies gilt aktuell vor allem wegen der Neuregelungen durch das (NWB EAAAH-65600) zur steuerlichen Behandlung der Reisekosten als auch wegen der aktuellen Rechtsprechungstendenzen. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Gesamtüberblick und zeigt die für die Praxis wichtigen steuerlichen Entwicklungen und Konsequenzen auf.
In der NWB Datenbank ist unter NWB CAAAE-09766 eine Checkliste zur Erfassung der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen bei doppelter Haushaltsführung aufrufbar.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Grundlagen
[i]Schmidt, Doppelte Haushalltsführung, Grundlagen, NWB IAAAE-70154 Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG u. a. notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Orts seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält (Hauptwohnung) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). Das Vorliegen eines eigenen Hausstands setzt zudem das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.
Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, greifen nicht die Grundsätze der doppelten Haushaltsführung, sondern die Grundsätze der Auswärtstätigkeit.
Das (NWB EAAAH-65600) zur doppelten Haushaltsführung setzt in den Rz. 91 bzw. 100 bis 114 einerseits die aktuelle BFH-Rechtsprechung um, stellt andererseits aber auch neue Verwaltungsgrundsätze auf. S. 55
II. Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung
1. Eigener Hausstand: Innehaben einer Wohnung und finanzielle Beteiligung
[i]Bloße Integration in den Elternhaushalt reicht nichtDas Vorliegen eines eigenen Hausstands setzt neben dem Innehaben einer Wohnung aus eigenem Recht als Eigentümer oder Mieter bzw. aus einem gemeinsamen oder abgeleiteten Recht als Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte sowie Mitbewohner auch eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Lebensführung) voraus (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Es genügt nach Verwaltungsmeinung nicht, wenn der Arbeitnehmer z. B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnt oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird.
[i]Nachweis der finanziellen BeteiligungDie finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung ist darzulegen und kann auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, nicht generell unterstellt werden. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung mit Bagatellbeträgen ist nicht ausreichend. Betragen die Barleistungen des Arbeitnehmers mehr als 10 % der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Lebensführung (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs), ist laut BMF von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze auszugehen. Liegen die Barleistungen darunter, kann der Arbeitnehmer eine hinreichende finanzielle Beteiligung ggf. auch auf andere Art und Weise darlegen ( NWB EAAAH-65600, ).
[i]Rechtsprechungsentwicklung zur finanziellen BeteiligungGerade bei jungen Leuten, die (noch) zu Hause leben, ist bisher schon vielfach ein Streit entbrannt, wann von einer doppelten Haushaltsführung ausgegangen werden kann. Der BFH hatte bei sog. Mehrgenerationenhaushalten eine doppelte Haushaltsführung durchaus anerkannt (vgl. z. B. , BStBl 2013 II S. 208; , BStBl 2013 II S. 627). Nach dem (NWB EAAAH-65600) zeichnet sich ab, dass die Rechtsprechung u. a. wegen der Frage der ausreichenden finanziellen Beteiligung noch weitere Klarheit wird bringen müssen.
[i]Hilbert, NWB 50/2020 S. 3678Eine nur beschränkte, anteilige Kostentragung an den Wohnnebenkosten führt laut FG Düsseldorf nicht zu einem eigenen Hausstand des im Haushalt der Eltern wohnenden Kindes. Nach Auffassung des Finanzgerichts bezieht sich die erforderliche finanzielle Beteiligung auf die Gesamtkosten einer gemeinsamen Haushaltsführung (Wohnnebenkosten, Verbrauchskosten, Kosten für die Anschaffung von Haushaltsgegenständen oder Kosten für Lebensmittel sowie Dinge des alltäglichen Gebrauchs; vgl. , NWB XAAAH-56500). Das Niedersächsische FG hat das Innehaben einer Wohnung und eine ausreichende finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung in einem vergleichbaren Fall bejaht, die Revision aber zugelassen, da die Rechtsfrage, in welcher Weise und in welcher Höhe sich der Steuerpflichtige an den Kosten der Lebensführung am Hauptwohnsitz beteiligen muss, der höchstrichterlichen Klärung bedarf (, NWB XAAAH-40186, Revision eingelegt, Az. beim BFH: VI R 39/19). Das FG Münster wiederum erkennt einen gemeinsamen Haushalt mit den Eltern bei jungen Arbeitnehmern auch nach Beendigung der Ausbildung trotz Kostenbeteiligung nicht an (, NWB QAAAH-65126). Nach Auffassung des FG Münster kann auch eine an die Eltern gezahlte Kostenbeteiligung die Vermutung der Eingliederung in den Haushalt der Eltern nicht erschüttern. Der Ausgang des/der Revisionsverfahren(s) bleibt abzuwarten.
[i]Fahrtkosten bleiben begünstigtWird etwa bei jungen Leuten eine doppelte Haushaltsführung mangels eigenen Hausstands bzw. mangels finanzieller Beteiligung abgelehnt, befindet S. 56sich aber der Lebensmittelpunkt am Ort des Hausstands der Eltern, sind die Heimfahrten als Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 6 EStG). Bezüglich der wöchentlichen Heimfahrt besteht bei einer Nichtanerkennung einer doppelten Haushaltsführung also kein Nachteil. Der finanzielle Nachteil ist dagegen vor allem in der Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für die Zweitwohnung zu sehen.
2. Wegverlegung/Begründung des eigenen Hausstands
[i]Begünstigte doppelte Haushaltsführung trotz/wegen des UmzugsIn der Praxis wird vielfach verkannt, dass eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen/beginnen kann, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er daraufhin in der Wohnung am Beschäftigungsort nunmehr einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner Beschäftigung weiter nachgehen zu können.