BFH Beschluss v. - III B 143/04

Erhöhte Investitionszulage bei Mischbetrieben

Gesetze: InvZulG § 5 Abs. 2

Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil vom 1 K 160/01

Gründe

Der Senat sieht von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt —FA—) geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 2. Alternative FGO sind nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute bzw. weitere Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird.

Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.).

Ein Allgemeininteresse wird nicht dadurch dargelegt, dass die Fehlerhaftigkeit der konkreten Entscheidung geltend gemacht wird.

Der BFH hat mehrfach zu der Rechtsfrage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang bei Mischbetrieben, die auch ein in die Handwerksrolle eingetragenes Handwerk ausüben, eine erhöhte Investitionszulage in Anspruch genommen werden kann (vgl. , BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144; vom III R 57/97, BFHE 193, 187, BStBl II 2001, 40; vom III R 68/97, BFH/NV 2001, 1453).

Die erhöhte Investitionszulage kommt danach nur für die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter in Betracht, die dem eingetragenen Gewerk überwiegend dienen (, BFHE 188, 169, BStBl II 1999, 837). Die verrichteten Tätigkeiten müssen ganz oder zum Teil dem vom Berufsbild bestimmten eingetragenen Gewerk dienen. Anhaltspunkte für die Einordnung ergeben sich aus den Berufsbildern, wie sie in den Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 45 der Handwerksordnung (HwO) umschrieben sind.

Der Senat hat hervorgehoben, dass nicht rein schematisch allein aufgrund der Tätigkeitsbeschreibungen und der Aufführung verschiedener Kenntnisse und Fertigkeiten im meisterlichen Berufsbild entschieden werden könne, welche Verrichtungen einem Handwerk als wesentlich zuzurechnen seien. Aus den entsprechenden Verordnungen könnten sich nur Hinweise ergeben, die bei der Entscheidung von Abgrenzungsfragen von Bedeutung seien (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1453, 1455, m.w.N.).

Hat der BFH sonach die abstrakten Grundsätze für die Zuordnung zu einem Handwerk geklärt, so geht es im Streitfall im Kern allein um die aus der Sicht des FA fehlerhafte Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall, wodurch kein weiterer Klärungsbedarf dargetan wird (vgl. , BFH/NV 2003, 510). Vielmehr kann diese Frage allenfalls im Rahmen einer zugelassenen Revision als materielle Rechtsverletzung gerügt werden (, BFH/NV 2004, 512).

2. Wird die Divergenz von einer Entscheidung des BFH geltend gemacht, so erfordert eine zulässige Rüge die Gegenüberstellung von einander abweichenden abstrakten Rechtssätzen. Es reicht nicht aus darzulegen, das Finanzgericht (FG) habe die vom BFH entwickelten Grundsätze im Streitfall unzutreffend angewandt (BFH-Beschlüsse vom X B 52/03, BFH/NV 2004, 80; vom III B 47/04, nicht veröffentlicht, juris).

Es muss sich um eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen handeln (, BFH/NV 2005, 224).

Das FG ist ausdrücklich von der Rechtsprechung des BFH, insbesondere von den im Urteil in BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144 entwickelten abstrakten Grundsätzen ausgegangen, ist indes aufgrund des im Vergleich zu jenem Urteil anderen Berufsbildes und auf der Grundlage der von ihm eingeholten Auskunft der zuständigen Handwerkskammer zu dem Ergebnis gelangt, dass auch der Betrieb der Breitbandkabelanlage dem eingetragenen Gewerk dient. Zum Berufsbild des Radio- und Fernsehtechnikers nebst Antennenbau gehört u.a. auch das Warten und Instandsetzen von Anlagen sowie die Inbetriebnahme.

Im Übrigen betreffen die vom FA angeführten Divergenzentscheidungen andere Handwerke mit dem entsprechenden eigenen, auf der Grundlage ebenfalls eigenständiger Verordnungen geregelten Berufsbildern, so dass auch die erforderlichen Voraussetzungen einer notwendigen Identität in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht gegeben sind (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom XI B 199/01, BFH/NV 2004, 508; vom III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221).

3. Das FA hat schließlich auch keine sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler hinreichend substantiiert dargetan.

Es muss sich insoweit um einen Rechtsfehler handeln, der von erheblichem Gewicht ist und deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; in BFH/NV 2003, 510, und vom VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896).

Ein solcher Fehler kommt nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung in Betracht. Dazu reicht indes nicht eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles aus (, BFH/NV 2004, 226, m.w.N.).

Insbesondere hat sich das FG intensiv mit der Rechtsprechung des BFH und auf der Grundlage der schriftlichen Auskunft der Handwerkskammer sowie der mitübersandten Unterlagen zum Berufsbild des Radio- und Fernsehtechniker-Handwerks mit der streitgegenständlichen Frage auseinander gesetzt, welche Tätigkeiten von diesem Berufsbild mitumfasst werden und deshalb im Rahmen des eingetragenen Gewerks anfallen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1632 Nr. 9
LAAAB-57773