EuGH Urteil v. - C-294/97 BStBl 1999 II S. 851

§ 8 Nr. 7 Satz 2 sowie § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG sind nicht mit dem Gebot des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 59 EG-Vertrag vereinbar

Leitsatz

Leitsatz: (von BMF gebildet)

Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die wie § 8 Nr. 7 Satz 2 oder § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz einen steuerlichen Vorteil für die Mehrzahl der Unternehmen vorsieht, die Wirtschaftsgüter von in diesem Mitgliedstaat ansässigen Vermietern mieten, diesen Vorteil jedoch stets jenen Unternehmen versagen, die Wirtschaftsgüter bei in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Vermietern mieten, bewirkt eine Ungleichbehandlung je nach dem Sitz des Dienstleistenden, die Artikel 59 EG-Vertrag untersagt.

Instanzenzug:

Tatbestand

Das beim Gerichtshof eingegangen am , gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit, in dem es darum geht, ob der Bemessungsgrundlage der von Eurowings gemäß dem Gewerbesteuergesetz (GewStG) zu entrichtenden Gewerbesteuer bestimmte Beträge hinzuzurechnen sind.

Deutsche Rechtsvorschriften

Gemäß § 2 des Gewerbesteuergesetzes vom (BGBl. I S. 814) unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer.

Es handelt sich dabei um eine Realsteuer, der jeder Gewerbebetrieb unabhängig von der Leistungsfähigkeit und den persönlichen Verhältnissen seines Inhabers unterliegt.

Besteuerungsgrundlagen sind gemäß § 6 GewStG der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital. Seit dem wird die Gewerbesteuer nur noch auf den Gewerbeertrag erhoben.

Der Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn, dem gemäß § 8 GewStG bestimmte Beträge hinzugerechnet und von dem andere nach § 9 GewStG abgezogen werden. Mit diesen Hinzurechnungen und Kürzungen soll der objektive Gewerbeertrag unabhängig davon ermittelt werden, ob er auf dem Einsatz von Eigen- oder Fremdkapital beruht.

So sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 8 Nr. 7 GewStG (Hinzurechnungen) folgende Beträge wieder hinzuzurechnen:

,,die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Das gilt nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, es sei denn, daß ein Betrieb oder ein Teilbetrieb vermietet oder verpachtet wird und der Betrag der Miet- oder Pachtzinsen 250 000 Deutsche Mark übersteigt. Maßgebend ist jeweils der Betrag, den der Mieter oder Pächter für die Benutzung der zu den Betriebsstätten eines Gemeindebezirks gehörigen fremden Wirtschaftsgüter an einen Vermieter oder Verpächter zu zahlen hat.''

Das Gewerbesteuergesetz geht somit davon aus, daß der Nettogewinn aus dem gemieteten Wirtschaftsgut der Hälfte der entrichteten Miete entspricht.

Als Gewerbekapital gilt der Einheitswert des Gewerbebetriebs im Sinne des Bewertungsgesetzes mit bestimmten Hinzurechnungen gemäß § 12 Absatz 2 GewStG und Kürzungen gemäß § 12 Absatz 3 GewStG. Mit diesen Hinzurechnungen und Kürzungen sollen die Eigen- und Fremdmittel erfaßt werden, die dem Betrieb objektiv zur Verfügung stehen.

Gemäß § 12 Absatz 2 Nr. 2 GewStG (Gewerbekapital) werden dem Einheitswert des gewerblichen Betriebes hinzugerechnet:

,,die Werte (Teilwerte) der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb dienen, aber im Eigentum eines Mitunternehmers oder eines Dritten stehen, soweit sie nicht im Einheitswert des Gewerbebetriebs enthalten sind. Das gilt nicht, wenn die Wirtschaftsgüter zum Gewerbekapital des Vermieters oder Verpächters gehören, es sei denn, daß ein Betrieb oder ein Teilbetrieb vermietet oder verpachtet wird und die im Gewerbekapital des Vermieters oder Verpächters enthaltenen Werte (Teilwerte) der überlassenen Wirtschaftsgüter des Betriebs (Teilbetriebs) 2,5 Millionen Deutsche Mark übersteigen. Maßgebend ist dabei jeweils die Summe der Werte der Wirtschaftsgüter, die ein Vermieter oder Verpächter dem Mieter oder Pächter zur Benutzung in den Betriebsstätten eines Gemeindebezirks überlassen hat.''

Ebenso wie Artikel 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG schließt § 12 Absatz 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG somit für Wirtschaftsgüter im Eigentum Dritter eine Hinzurechnung ihres Wertes aus, wenn sie bereits beim Vermieter oder Verpächter der Gewerbesteuer unterliegen.

Aus den Erklärungen von Eurowings im vorliegenden Verfahren geht hervor, daß die Gewerbesteuer in zwei Stufen ermittelt wird: Zunächst werden das Gewerbekapital und der Gewerbeertrag mit einer ,,Steuermeßzahl'' multipliziert, die im ganzen Bundesgebiet einheitlich 0,2 % für das Gewerbekapital und 5 % für den Gewerbeertrag von Kapitalgesellschaften beträgt; der so erzielte ,,Steuermeßbetrag'' wird anschließend mit einem von jeder Gemeinde festgesetzten Hebesatz multipliziert. Dieser Hebesatz reichte 1993 von 0 %, etwa in der Gemeinde Norderfriedrichskoog (Schleswig-Holstein), bis zu 515 % in Frankfurt/Main. In Dortmund galt 1993 ein Hebesatz von 450 %.

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

Die Klägerin führt in Deutschland und Europa Linien- und Charterflüge durch. Im Jahr 1993 leaste sie für 467 914 DM ein Flugzeug von einer irischen Kapitalgesellschaft mit Sitz in Shannon. Der Teilwert des Flugzeugs betrug 1 320 000 DM. Als das Finanzamt mit Bescheid vom die Gewerbesteuer für 1993 festsetzte, rechnete es dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 7 GewStG die Hälfte der tatsächlich entrichteten Miete, also 233 957 DM, hinzu. Ebenso rechnete es dem Gewerbekapital gemäß § 12 Absatz 2 GewStG den Teilwert des gemieteten Flugzeugs in Höhe von 1 320 000 DM hinzu.

Der gegen diesen Bescheid von der Klägerin am erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung des Finanzamtes vom zurückgewiesen.

Hiergegen erhob die Klägerin am beim Finanzgericht mit der Begründung Klage, § 8 Nr. 7 und § 12 Absatz 2 GewStG seien mit den Artikeln 59 ff. EG-Vertrag unvereinbar.

Das Finanzgericht führt aus, die Klägerin könne eine durch Artikel 59 EG-Vertrag verbotene Diskriminierung auch dann geltend machen, wenn nicht sie selbst, sondern die Gesellschaft irischen Rechts als Vermieterin diese Diskriminierung erleide.

Die als ,,Limited'' bezeichneten Gesellschaften irischen Rechts seien deutschen Kapitalgesellschaften im Sinne von § 1 des Kapitalsteuergesetzes vergleichbar; wenn sie in Deutschland Flugzeuge vermieten würden, so würde ihre Tätigkeit gemäß § 2 GewStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gelten.

Den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschriften liege der gesetzgeberische Wille zugrunde, die Einmalbesteuerung der dem inländischen Gewerbebetrieb zur Verfügung stehenden Ertragskraft unabhängig von der Eigen- oder Fremdfinanzierung und den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen am Betriebskapital sicherzustellen. Systemimmanent sei hiermit eine Ausnahme für den Fall verbunden, daß die fraglichen Mieten oder Wirtschaftsgüter bereits beim Vermieter der Gewerbesteuer unterlägen.

Sei der Vermieter eines Wirtschaftsguts in einem anderen Mitgliedstaat ansässig, so sei der Mieter steuerlich schlechter gestellt als dann, wenn der Vermieter im Inland ansässig sei. Dies könne eine verdeckte Diskriminierung im Sinne von Artikel 59 EG-Vertrag darstellen.

Es erscheine zweifelhaft, ob der Zweck der steuerlichen Kohärenz diese Bestimmungen des Gewerbesteuergesetzes rechtfertigen könne. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteile vom in der Rechtssache C-80/94, Slg. 1995, I-2493, und vom in der Rechtssache C-484/93, Slg. 1995, I-3955) könne das Ziel der Verwirklichung steuerlicher Kohärenz eine Ungleichbehandlung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden nur rechtfertigen, wenn der von dem Angehörigen eines Mitgliedstaats erlittene steuerliche Nachteil durch eine entsprechende steuerliche Begünstigung desselben Staatsangehörigen kompensiert werde, so daß er im Ergebnis nicht diskriminiert werde. Ein bloß mittelbarer Zusammenhang zwischen der steuerlichen Begünstigung eines Steuerpflichtigen und der steuerlichen Benachteiligung eines anderen könne eine Ungleichbehandlung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden hingegen nicht rechtfertigen. In diesem Zusammenhang weist das Finanzgericht darauf hin, daß der Bundesfinanzhof es in einem Beschluß vom (BStBl II 1997, S. 466) als zweifelhaft angesehen habe, ob die Hinzurechnungsvorschriften in § 8 Nr. 7 Satz 2 und § 12 Absatz 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG mit dem Diskriminierungsverbot in Artikel 59 ff. EG-Vertrag vereinbar seien, auch wenn er diese Frage in einer älteren Entscheidung noch bejaht habe (Urteil vom , BStBl II 1984, S. 17).

Andererseits könne von Bedeutung sein, daß die vermietende Gesellschaft irischen Rechts ihrerseits keine der Gewerbesteuer vergleichbare Steuer zahle und die ,,Shannon-Vergünstigungen'' in Form einer Körperschaftsteuer von 10 % in Anspruch nehmen könne. Diese steuerlichen Vergünstigungen könnten im Ausgangsverfahren die abstrakt gegebene Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs aufwiegen und, kämen der vermietenden Gesellschaft die gleichen Ausnahmen von der Hinzurechnung zugute wie in Deutschland ansässigen Vermietern, im Ergebnis letztere diskriminieren. Gegen dieses Argument spreche allerdings, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes eine Kompensation steuerlicher Nachteile durch andere Vorteile eine Diskriminierung nicht rechtfertigen könne (Urteile vom in der Rechtssache 270/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1986, 273, Randnr. 21, und vom in der Rechtssache C-107/94, Slg. 1996, I-3089).

Das Finanzgericht hat das Ausgangsverfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind die Hinzurechnungsvorschriften in § 8 Nr. 7 Satz 2 und § 12 Absatz 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz mit dem Gebot des freien Dienstleistungsverkehrs nach Artikel 59 des Vertrags über die Europäische Union vom vereinbar?

Gründe

Zur Vorabentscheidungsfrage

Mit der Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 59 EG-Vertrag nationalen Rechtsvorschriften über die Gewerbesteuer wie den im Ausgangsverfahren strittigen entgegensteht.

Nach Auffassung der deutschen Regierung bewirken § 8 Nr. 7 und § 12 Absatz 2 GewStG keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Dienstleistenden.

1 Diese Bestimmungen schrieben die Hinzurechnung vor, wenn der Vermieter nicht der Gewerbesteuer unterliege, und zwar unabhängig davon, ob er in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sei. Eine Hinzurechnung beim Mieter eines Wirtschaftsguts erfolge auch dann, wenn der in Deutschland ansässige Vermieter nicht gewerbesteuerpflichtig sei.

2 Verpachte etwa ein Apotheker, der nicht mehr als Gewerbetreibender tätig und damit nicht mehr gewerbesteuerpflichtig sei, seine Apotheke, so sei dem Gewerbeertrag des Pächters die Hälfte der für die Betriebsräume der Apotheke entrichteten Pachtzinsen hinzuzurechnen.

3 Gleiches gelte für den Mieter eines Wirtschaftsguts, wenn der Vermieter zwar in Deutschland ansässig, aber von der Gewerbesteuer befreit sei oder ihr, wie Bund, Länder oder Gemeinden, als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht unterliege. Beispielsweise sei dem Gewerbeertrag einer Hafenbetriebsgesellschaft, die von einer Hafenstadt einen Kran miete, die Hälfte der für den Kran entrichteten Mietzinsen hinzuzurechnen.

Die deutsche Regierung und das Finanzamt machen weiter geltend, solange die direkten Steuern nicht harmonisiert seien, sei die Lage eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Vermieters, der nicht der Gewerbesteuer unterliege, nicht vergleichbar mit der eines in Deutschland ansässigen Vermieters, der gewerbesteuerpflichtig sei; deshalb dürften beide Fälle auch unterschiedlich geregelt werden.

Ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Vermieter, der nicht der Gewerbesteuer unterliege, könne dem Mieter deshalb einen niedrigeren Mietzins anbieten. Ein inländischer gewerbesteuerpflichtiger Vermieter werde diese Steuerbelastung hingegen in die Kalkulation des Mietzinses einbeziehen und auf diese Weise an den Mieter weitergeben.

Die Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 7 und § 12, Absatz 2 Satz 2 GewStG glichen damit beim Mieter den niedrigeren Mietzins aus, den er an einen Vermieter mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat zahle. Diesem entstehe aber durch die Hinzurechnungen keinerlei Wettbewerbsnachteil, denn die wirtschaftliche Belastung durch die Gewerbesteuer sei in beiden Fällen gleich und werde letztlich vom in Deutschland ansässigen Mieter getragen.

Mit den Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 7 und § 12 Absatz 2 GewStG solle sichergestellt werden, daß die Mietzinsen und der Wert gemieteter Wirtschaftsgüter unabhängig davon, ob der Vermieter in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat ansässig sei, nur einmal mit der Gewerbesteuer belastet würden. Rechnete man hingegen die Mietzinsen und den Teilwert gemieteter Güter der Bemessungsgrundlage beim Mieter auch dann hinzu, wenn der Vermieter seinerseits gewerbesteuerpflichtig sei, so würden die Mieten und Vermögenswerte doppelt besteuert.

Zunächst ist festzustellen, daß zwar der Bereich der direkten Steuern als solcher beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt, daß aber die Mitgliedstaaten die ihnen verbliebenen Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen (vgl. insbesondere Urteil vom in der Rechtssache C-279/93, Slg. 1995, I-225, Randnr. 21).

Da das Leasing eine Dienstleistung im Sinne von Artikel 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) darstellt, ist weiter darauf hinzuweisen, daß Artikel 59 EG-Vertrag nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht nur die Beseitigung jeglicher Diskriminierung des Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs verlangt, die darauf beruhen, daß der Dienstleistende in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niedergelassen ist, in dem die Dienstleistung erbracht wird (Urteile vom in der Rechtssache 205/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 25, und vom in der Rechtssache C-180/89, Kommission/Italien, Slg. 1991, I-709, Randnr. 15).

Nach ständiger Rechtsprechung verleiht Artikel 59 EG-Vertrag zudem nicht nur dem Dienstleistenden selbst, sondern auch dem Empfänger der Dienstleistungen Rechte (vgl. insbesondere Urteile vom in den verbundenen Rechtssachen 286/82 und 26/83, Slg. 1984, 377). Die Klägerin kann deshalb als Leasingnehmerin Rechte aus dieser Bestimmung geltend machen.

Die im Ausgangsverfahren fraglichen Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 7 und § 12 Absatz 2 GewStG erfolgen stets zu Lasten deutscher Unternehmen, die Wirtschaftsgüter von Vermietern mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat mieten, da diese ihrerseits nie der Gewerbesteuer unterliegen. Hingegen unterbleiben solche Hinzurechnungen überwiegend, wenn diese Unternehmen Wirtschaftsgüter von gleichfalls in Deutschland ansässigen Vermietern mieten, da diese, abgesehen von den wenigen oben in den Randnummern 1 bis 3 erwähnten Fällen, ihrerseits in der Regel gewerbesteuerpflichtig sind.

Die im Ausgangsverfahren relevanten Rechtsvorschriften sehen damit in den allermeisten Fällen, in denen der Dienstleistende in Deutschland ansässig ist, eine andere steuerliche Regelung vor als in jenen, in denen er in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist.

Wie zudem das vorlegende Gericht ausgeführt hat, ist diese steuerliche Regelung für deutsche Unternehmen, die Wirtschaftsgüter von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Vermietern mieten, ungünstiger, was sie davon abhalten kann, sich an solche Vermieter zu wenden.

So hat die Klägerin - ohne daß die deutsche Regierung dies bestritten hätte - darauf hingewiesen, daß der Leasingnehmer beim Leasing in Deutschland von den Hinzurechnungen in der Regel schon wegen der Gewerbesteuerpflicht des Leasinggebers ausgenommen sei, selbst wenn der Leasinggeber einer tatsächlichen Besteuerung möglicherweise entgehen könne. Wie sich aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergibt, verfügt der Leasinggeber über verschiedene Möglichkeiten, seine effektive steuerliche Belastung zu senken, etwa durch Zugrundelegung des Buchwerts der Wirtschaftsgüter anstelle ihres Verkehrswerts, Hinzurechnung nur der Hälfte anstelle der vollen Dauerschulden, Finanzierung des Kaufs der Wirtschaftsgüter über Forfaitierung zwecks Verringerung des Gewerbekapitals und Berücksichtigung nur des tatsächlichen Gewinns aus den in Deutschland vermieteten Wirtschaftsgütern und nicht der Hälfte des Mietzinses. So gestatten es auch von deutschen Banken angebotene ,,Leasingfonds'', den Anfall von Gewerbeertragsteuer vollständig und den von Gewerbekapitalsteuer für einen Teil der Vertragslaufzeit zu vermeiden. Schließlich kann sich der Leasinggeber im Flugzeug-Leasing, da er nicht an eine Stadt mit einem Flughafen gebunden ist, in einer Gemeinde mit einem niedrigen oder sogar 0 % betragenden Hebesatz für die Gewerbesteuer niederlassen.

Unter diesen Umständen entspricht die in der Gewerbesteuer liegende wirtschaftliche Belastung deutscher Unternehmen, die Wirtschaftsgüter von in Deutschland ansässigen Vermietern mieten, entgegen dem Vorbringen der deutschen Regierung nicht notwendig derjenigen deutscher Unternehmen, die Wirtschaftsgüter von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Vermietern mieten.

Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die wie die im Ausgangsverfahren strittige einen steuerlichen Vorteil für die Mehrzahl der Unternehmen vorsieht, die Wirtschaftsgüter von in diesem Mitgliedstaat ansässigen Vermietern mieten, diesen Vorteil jedoch stets jenen Unternehmen versagt, die Wirtschaftsgüter bei in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Vermietern mieten, bewirkt jedoch eine Ungleichbehandlung je nach dem Sitz des Dienstleistenden, die Artikel 59 EG-Vertrag untersagt.

Eine solche Ungleichbehandlung ist nicht aus Gründen der steuerlichen Kohärenz gerechtfertigt.

Wie der Bundesfinanzhof in einem vom vorlegenden Gericht erwähnten Beschluss vom ausgeführt hat, kann nämlich ein bloß mittelbarer Zusammenhang zwischen einem Steuervorteil für einen Steuerpflichtigen wie der fehlenden Hinzurechnungspflicht bei Unternehmen, die Wirtschaftsgüter bei in Deutschland ansässigen Vermietern mieten, und einem Steuernachteil für einen anderen Steuerpflichtigen wie der Belastung dieser Vermieter mit der Gewerbesteuer es nicht rechtfertigen, daß deutsche Unternehmen steuerlich unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob sie Wirtschaftsgüter von in Deutschland oder von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Vermietern mieten.

Entgegen der Argumentation des Finanzamts kann eine solche Ungleichbehandlung auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Vermieter möglicherweise einer geringeren steuerlichen Belastung unterliegt.

Ein etwaiger Steuervorteil für Dienstleistende in Form ihrer geringen steuerlichen Belastung in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind, gibt einem anderen Mitgliedstaat nicht das Recht, die in seinem Gebiet ansässigen Empfänger der Dienstleistungen steuerlich ungünstiger zu behandeln (vgl. zu Artikel 52 EG-Vertrag [nach Änderung jetzt Artikel 43 EG] Urteile Kommission/Frankreich, Randnr. 21, und Asscher, Randnr. 53).

Wie die Kommission zu Recht ausführt, würden solche kompensatorischen Abgaben den Binnenmarkt in seinen Grundlagen beeinträchtigen.

Die Vorlagefrage ist deshalb dahin zu beantworten, daß Artikel 59 EG-Vertrag nationalen Rechtsvorschriften über die Gewerbesteuer wie im Ausgangsverfahren strittigen entgegensteht.

Fundstelle(n):
BStBl 1999 II Seite 851
TAAAA-96685