Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Erfordernis der zeitnahen Zuordnung gemischt genutzter Wirtschaftsgüter
Anmerkungen zum
Gemischt genutzte Gegenstände können sowohl dem Privat- als auch dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Nur bei einer Zuordnung zum Unternehmensvermögen ist der Vorsteuerabzug möglich. Mit hat der BFH Fristen und Kriterien festgelegt, die bei der Zuordnungsentscheidung und deren Dokumentation zu berücksichtigen sind.
Die Entscheidung über die Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstands hat der Unternehmer zu treffen.
Für die Dokumentation der Zuordnung ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich.
Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin erkennbare objektive Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
I. Notwendigkeit einer Zuordnungsentscheidung
[i]Seifert, Zuordnungswahlrecht gemischt genutzter Gegenstände und Zuordnungszeitpunkt, StuB 21/2021 S. 861 NWB UAAAH-93888 Zieglmaier/Heyd, Die Besteuerung von Photovoltaikanlagen, Beilage zu StuB 7/2022 S. 1 NWB DAAAI-58462 Wird ein (einheitlicher) Gegenstand vom Unternehmer bezogen, für den er einen Vorsteuerabzug beanspruchen will, ist dieser Gegenstand zwingend seinem Unternehmen zuzuordnen; nur dann ist sichergestellt, dass der Unternehmer den betreffenden Gegenstand im Rahmen des Unternehmens für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet und damit insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Die Zuordnung eines Gegenstands zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen erfordert grds. eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des betreffenden Gegenstands. Die Zuordnungsentscheidung ist allerdings nur dann notwendig, wenn ein Zuordnungswahlrecht besteht, wie bspw. bei teilunternehmerisch verwendeten Gegenständen. Wird dagegen der betreffende Gegenstand für unternehmerische und nicht wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet, wie hoheitliche Tätigkeiten einer Gemeinde oder ideelle Zwecke eines Vereins, ist eine Zuordnungsentscheidung nicht erforderlich, da für diese Fälle ein Aufteilungsgebot gilt und eine (anteilige) Zuordnung entsprechend der unternehmerischen Nutzung zu erfolgen hat.
Aufgrund des Grundsatzes des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung bei Leistungsbezug des Gegenstands vorzunehmen ist. Als wesentliches Indiz für die Zuordnungsentscheidung gilt die Geltendmachung oder Unterlassung des Vorsteuerabzugs. Wird der Vorsteuerabzug nicht bzw. noch nicht in Anspruch genommen, sind grds. andere Beweisanzeichen für die Zuordnung zum Unternehmen heranzuziehen. Dabei ist stets auf die Begleitumstände des Einzelfalls abzustellen, unter denen der Erwerb und die Nutzung des betreffenden Gegenstands erfolgen. Unter diesem Aspekt kommt bspw. die bilanzielle bzw. ertragsteuerliche Behandlung des Gegenstands als weiteres Indiz für die Zuordnung in Betracht. Gibt es keinerlei Beweisanzeichen für eine Zuordnung, kann diese hingegen nicht unterstellt werden. S. 694
Im Regelfall erfolgt die Zuordnungsentscheidung eines Gegenstands durch Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in der (erstmöglichen) Umsatzsteuer-Voranmeldung desjenigen Monats, in dem der Kauf des betreffenden Gegenstands erfolgt und dem Unternehmer eine ordnungsgemäße Rechnung zugeht. In anderen Fällen, bei denen der Unternehmer die Zuordnungsentscheidung nicht in der Umsatzsteuer-Voranmeldung vorgenommen hat, bedarf es einer eindeutigen und zeitnahen Dokumentation der Zuordnungsentscheidung, bspw. durch schriftliche Erklärung gegenüber der Finanzverwaltung.
An die Eindeutigkeit dieser Dokumentation stellt die Finanzverwaltung erhöhte Anforderungen, gerade wenn die steuerlichen Auswirkungen groß sind. Dabei gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung die gesetzliche Abgabefrist von Steuererklärungen (31.7. des Folgejahres) als letztmöglicher Zeitpunkt (eine gewährte Fristverlängerung ist unbeachtlich), um die Zuordnungsentscheidung zu dokumentieren und gegenüber dem FA darzulegen, damit der Vorsteuerabzug nicht verloren geht.
Aufgrund des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes wurde die gesetzliche Abgabefrist für Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2021 auf den , für den Veranlagungszeitraum 2022 auf den sowie für den Veranlagungszeitraum 2023 auf den festgesetzt. Für die nachfolgenden Zeiträume soll dann wieder die bisherige Frist – der 31.7. des betreffenden Folgejahres – gelten.
Bereits in der Vergangenheit wurde diese strikte Vorgehensweise der Finanzverwaltung kritisiert und war Gegenstand der Rechtsprechung. Hintergrund ist, dass die ausdrückliche Mitteilung der Zuordnungsentscheidung an die Finanzverwaltung nur eine formelle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist. Nach dem Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität gilt allerdings, dass rein formelle Anforderungen das Vorsteuerabzugsrecht nicht einschränken dürfen; lediglich bei Verstoß gegen materiell-rechtliche Voraussetzungen ist die Versagung des Vorsteuerabzugs geboten.
Vor diesem Hintergrund hatte sich der BFH im vorliegenden Urteilsfall mit der Frage zu befassen, ob der Unternehmer im Rahmen des Erwerbs einer Photovoltaikanlage eine eindeutige und zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung vorgenommen und zu Recht den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat.