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BBK Nr. 7 vom Seite 323

Umsatzsteuerliche Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Die neue, großzügige Sichtweise des BFH

Wolfgang Eggert

Die [i]Eckert, Unternehmensvermögen, Kontierungslexikon NWB UAAAG-90294 umsatzsteuerliche Zuordnung eines Gegenstands zum sog. Unternehmensvermögen vollzieht sich in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle „von selbst“, insbesondere durch die Erfassung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung. Bei den Ausnahmetatbeständen hat sich durch die Rechtsprechung des EuGH und des BFH eine gewichtige Erleichterung ergeben. Das zugrunde liegende Rechtsgebiet sowie die neuen Entwicklungen, aber auch eine bedeutende Zweifelsfrage werden in diesem Beitrag angesprochen.

I. Grundlagen der Zuordnungsentscheidung

1. Betroffene Gegenstände

[i]Umfang der Zuordnung zum UnternehmensvermögenBeim Bezug eines einheitlichen Gegenstands, der gemischt verwendet wird oder werden soll, hat der Steuerpflichtige nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH die Wahl, diesen Gegenstand

  • in vollem Umfang dem Unternehmensvermögen zuzuordnen oder

  • ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen zu belassen oder

  • ihn nur im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung in sein Unternehmen einzubeziehen; in diesem Fall ist ggf. eine Schätzung notwendig, da sich die künftige unternehmerische Verwendung ändern kann.

Diese [i]Unternehmerische Nutzung ≥ 10 % Zuordnungsmöglichkeiten können zwar aus der MwStSystRL und dem Gesetz abgeleitet werden, sind dort aber keinesfalls direkt oder gar wörtlich geregelt.

Um das erläuterte Wahlrecht zu eröffnen, muss die unternehmerische Verwendung mindestens 10 % betragen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).S. 324

2. Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung

[i]Stützung durch BeweisanzeichenDie Zuordnung erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bereits bei der Anschaffung oder der Herstellung des Gegenstands. Der BFH hat sich in seiner neueren Rechtsprechung zu Recht auf diesen Grundsatz berufen. Es handelt sich um eine materielle Voraussetzung des Rechts auf den Vorsteuerabzug.

[i]Umsatzsteuer-Voranmeldung als IndizDabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz dagegen. Auf diese Aussage stützt sich die einleitende Erläuterung zum Beitrag, dass die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs mittels der Umsatzsteuer-Voranmeldung in den allermeisten Fällen eine für die Praxis der Buchhaltung unproblematische Zuordnung nach sich zieht.

[i]Abgabefrist = ZuordnungsfristDie „Regelung“, dass die Zuordnungsentscheidung nach Ablauf der gesetzlichen Frist zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung nicht mehr wirksam getroffen werden kann, ist (wenn die Urteilsrecherche des Autors vollständig war) erstmals im BFH-Urteil XI R 64/06 deutlich geworden. Der BFH führte zur damals noch geltenden regulären Abgabefrist bis zum 31.5. des Folgejahres aus:

„Danach liegt für die (noch streitige) Zeit bis einschließlich keine wirksame Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen der Klägerin vor.“

3. Dokumentation der Zuordnungsentscheidung

[i]Dokumentation innerhalb der AbgabefristAus dem in Abschnitt I.2 zitierten und weiteren Urteilen des BFH wurde insbesondere auch durch die Finanzverwaltung geschlossen, dass die Zuordnung bis spätestens zur gesetzlichen Abgabefrist der Umsatzsteuer-Jahreserklärung (§ 149 Abs. 2 AO) zu erfolgen hat und die zusätzlich notwendige Dokumentation der Finanzverwaltung auch spätestens bis zu diesem Zeitpunkt mitgeteilt werden muss.

Eine Regelung der Frist und der Dokumentation gegenüber der Finanzverwaltung enthalten auch hier weder die MwStSystRL noch das UStG.

II. Aktuelle EuGH- und BFH-Rechtsprechung

[i]Vorlage an den EuGHDer Autor behauptet – kann das aber selbstverständlich nicht belegen –, dass der BFH die eingetretene Entwicklung, insbesondere bei Unternehmern, wie den Betreibern einer Photovoltaikanlage, die ansonsten nicht unternehmerisch tätig sind und folglich wenig Berührungspunkte mit steuerlichen Pflichten haben, in der Massivität nicht länger mittragen wollte.

Deshalb kam es auch zu einer Anrufung des EuGH. Dieser sollte u. a. entscheiden,

„... ob [i]Masuch, Die Pflicht zur Zuordnung und die Unklarheit für die Frist ihrer Dokumentation, NWB 45/2021 S. 3296 NWB PAAAH-94344 S. 325 das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der im Falle eines sog. Zuordnungswahlrechtes beim Leistungsbezug der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt (FA) nicht getroffen wurde.“

1. EuGH-Urteil C-45/20 und C-46/20

[i]EuGH, Urteil v. 14.10.2021 - C-45/20 und C-46/20 NWB TAAAH-93657 Die Antwort des EuGH fiel ein wenig überraschend und ansonsten wenig lesefreundlich aus: Art. 168 Buchst. a i. V. mit Art. 167 MwStSystRL sei so auszulegen,

„... dass er nationalen Bestimmungen nicht entgegensteht, die von einem nationalen Gericht so ausgelegt werden, dass die zuständige nationale Steuerverwaltung den Vorsteuerabzug in Bezug auf einen Gegenstand unter der Annahme, dass dieser dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen zugewiesen wurde, verweigern darf, wenn ein Steuerpflichtiger ein Wahlrecht hat, ob er einen Gegenstand dem Vermögen seines Unternehmens zuordnet, und die Steuerverwaltung nicht spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung in die Lage versetzt wurde, aufgrund einer ausdrücklichen Entscheidung oder hinreichender Anhaltspunkte eine solche Zuordnung des Gegenstands festzustellen, es sei denn, die besonderen rechtlichen Modalitäten für die Ausübung dieser Befugnis lassen erkennen, dass sie nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist.“

Welche [i]Burmistrak, Ausübungsfrist des umsatzsteuerlichen Zuordnungswahlrechts, NWB 27/2021 S. 1956 NWB QAAAH-82470 nationale Bestimmung der EuGH hier im Blick hatte, kann sich der Autor zwar bis heute nicht erklären, ansonsten war die Antwort aber eindeutig, wenn auch noch kein endgültiges Ergebnis bringend: Eine Frist ist grundsätzlich zulässig. Sie müsse lediglich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten.

2. Reaktion des BFH

Die [i]BFH, Urteile v. 4.5.2022 - XI R 28/21 (XI R 3/19) NWB SAAAJ-16570, und XI R 29/21 (XI R 7/19) NWB CAAAJ-16571; v. 29.9.2022 - V R 4/20 NWB UAAAJ-30876 dem EuGH-Urteil folgende Rechtsprechung des BFH, und zwar sowohl des V. als auch des XI. Senats, brachte insbesondere deshalb eine überraschende Aussage, als der BFH erstmals deutlich machte, die Zuordnungsentscheidung muss zwar spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung getroffen werden, sie muss aber nicht innerhalb dieser Frist auch der Finanzverwaltung zur Kenntnis gebracht werden.

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