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NWB Nr. 37 vom Seite 2596

Auslaufen der Übergangsfrist zur erstmaligen Anwendung des § 2b UStG zum 31.12.2022

Praktische Fragestellungen

Dr. Martin Strahl und Dr. Mirko Wolfgang Brill

Die seit über fünf Jahren laufende Übergangsregelung zur erstmaligen Anwendung von § 2b UStG endet – wohl endgültig – zum . Damit erweitert sich der Kreis des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmens einer jPdöR nicht unbeträchtlich; denn neben hoheitlichen Tätigkeiten, die in einem Wettbewerbsverhältnis erbracht werden, umschließt jenes nach dem Jahr 2022 auch die Vermögensverwaltung. Der folgende Beitrag dient dem Ziel, einen Überblick darüber zu verschaffen, wo Anpassungsmaßnahmen sowohl im Bereich des Hoheitsbetriebs als auch in jenem der Vermögensverwaltung notwendig sind. Anpassungsmaßnahmen können dabei innerbetriebliche Prozesse sein, mit denen die zukünftige umsatzsteuerrechtliche Behandlung sichergestellt wird. Hier kommt es insbesondere auf ein funktionales Tax Compliance Managementsystem (TCMS) an. Daneben können auch Vertragsanpassungen opportun sein. Dies zumal deswegen, da für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung bei Dauerleistungen grundsätzlich der Schluss der vereinbarten Gesamtlaufzeit maßgeblich ist.

S. 2597

I. Gesetzlicher Rahmen: Verlängerung des Übergangszeitraums bis zum

[i]Bahn, NWB 26/2020 S. 1896Mit dem Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) v.  (BGBl 2020 I S. 1385) wurde bekanntlich die Übergangsfrist des § 27 Abs. 22 UStG zur verpflichtenden Anwendung des § 2b UStG durch Einfügung eines neuen Abs. 22a vom  bis zum verlängert. Die Fristverlängerung gilt jedoch nur für solche Steuerpflichtige (jPdöR), die bereits die Option nach § 27 Abs. 22 UStG ausgeübt hatten, wonach die Neuregelung des § 2b UStG erst für Umsätze ab dem galt. Wurde die Option seinerzeit (bis zum ) nicht ausgeübt, ist durch § 27 Abs. 22a UStG keine neue Optionsmöglichkeit geschaffen worden. Damit profitieren von der Verlängerung des Aufschubs der verpflichtenden Anwendung des § 2b UStG nur diejenigen jPdöR, die bereits die frühere Verschiebung bis zum beansprucht hatten. Wurde im Jahr 2016 nicht zur Weitergeltung des § 2 Abs. 3 UStG optiert, ändert sich durch § 27 Abs. 22a UStG nichts. Gleiches gilt, wenn eine Optionserklärung für Zeiträume widerrufen worden war, die vor dem endeten (vgl. zur Nichtanwendung der § 2 Abs. 3 UStG a. F. entgegenstehenden Rechtsprechung im Übergangszeitraum BStBl 2017 I S. 1239).

[i]Baumgart, Besteuerung der Betriebe gewerblicher Art, Grundlagen, NWB RAAAE-83536 Die verlängerte Übergangsregelung bedang einerseits, dass hoheitliche Leistungen, die in einem potenziellen Wettbewerbsverhältnis erbracht werden, für zwei weitere Jahre als nicht umsatzsteuerbar gelten. Gleiches galt für Leistungen, welche eine jPdöR im Rahmen der Vermögensverwaltung erbringt, weil diese nach § 2 Abs. 3 UStG a. F. i. V. mit § 4 KStG nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) und damit – nach alter Sichtweise – nicht im Rahmen des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmens der jPdöR ausgeführt werden (vgl. dazu ausführlich Strahl, kösdi 2018 S. 20839).

[i]Erforderliche Maßnahmen ergreifen und Umsetzungsprozesse in Gang setzenMithin gewannen die jPdöR durch die Gesetzesänderung zwei weitere Jahre, innerhalb deren sie sich der Umsetzung der Vorgaben des § 2b UStG widmen konnten und auch sollten. Diese beiden zusätzlichen Jahre sind aber zwischenzeitlich zum großen Teil verstrichen, so dass vom heutigen Zeitpunkt Anfang September 2022 gerade einmal noch ein knappes Tertial verbleibt. In dieser Zeit kann eine grundlegende Befassung mit dem Thema ex ovo nicht mehr erfolgen, zudem erscheinen Vorhaben dergestalt, gesetzliche Abschlusszwänge i. S. des § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG in das jeweilige Landesrecht einzuführen, zeitlich nicht mehr bis zum Inkrafttreten des § 2b UStG möglich zu sein. Das bedeutet jedoch nicht, aufstecken oder gar vor der Thematik kapitulieren zu müssen, vielmehr sollten konsequent die sich vor dem Hintergrund des § 2b UStG erforderlichen Maßnahmen ergriffen und Umsetzungsprozesse in Gang gesetzt werden. Gerade in der Anfangszeit der Neugeltung des § 2b UStG dürften die Betriebsprüfungen – zumindest im Hinblick auf die Formulierung bußgeldrechtlicher oder strafrechtlicher Vorwürfe – zurückhaltend bis milde gestimmt sein. Zwingend erforderlich erscheint aber der Nachweis (in Gestalt einer hierzu geeigneten Dokumentation), dass man sich der Problematiken des § 2b UStG bewusst und gewillt war, die Neuregelung umzusetzen.

Hinweis:

[i]Umsetzungsschwierigkeiten der FinanzverwaltungDer Fairness halber muss darauf hingewiesen werden, dass nicht nur die jPdöR nicht auf das Inkrafttreten des § 2b UStG zum vorbereitet waren. Auch seitens der Finanzverwaltung gab und gibt es gegenwärtig noch erhebliche Defizite, was die Umsetzung von und die Befassung mit der neuen Rechtslage angeht. Das zeigt sich nicht zuletzt an dem Umstand, dass die Finanzverwaltung seit dem zu § 2b UStG im Dezember 2016 ergangenen BMF-Schreiben (v. , BStBl 2016 I S. 1451) zunächst kaum weitere Verlautbarungen getätigt hatte. Erst im Jahr 2020 ergingen weitere BMF-Schreiben zu § 2b UStG (vgl. S. 2598NWB PAAAH-47273; v. , NWB FAAAH-46689; v.  ; v.  ; ; v. , NWB LAAAJ-21515). Im Jahr 2021 haben sich das Bayerische Landesamt für Steuern (LfSt) und das FinMin Schleswig-Holstein erneut zu § 2b UStG geäußert (vgl. Bayerisches LfSt, Vfg. v. , NWB KAAAH-68430; Bayerisches LfSt, Vfg. v. , NWB AAAAH-70716, zur Personalgestellung; FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinfo USt v. , UR 2021 S. 524; FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinfo USt v. , BeckVerw 556792; FinMin Schleswig-Holstein, Kurzinfo USt v. , NWB KAAAI-62076, zur Wettbewerbsverzerrung bei Zuständigkeitsverordnung). Offensichtlich ist die Norm damit zwischenzeitlich auch in den Fokus der Finanzverwaltung gerückt. Allerdings ist aus der Finanzverwaltung zu vernehmen, dass auch die Betriebsprüfer gegenwärtig noch hinsichtlich der neuen Norm geschult werden, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sich auch die Finanzverwaltung mit der Umsetzung der neuen Rechtslage ebenso schwer zu tun scheint, wie dies in der öffentlich-rechtlichen Praxis oftmals zu beobachten ist.

II. Nutzung der Möglichkeit der Beantragung verbindlicher Auskünfte

[i]Burret, NWB 19/2020 S. 1411Mit Schreiben v.  (NWB FAAAH-46689) hat das BMF mitgeteilt, dass nach Erörterung auf Bund-Länder-Ebene beschlossen wurde, eine zeitlich beschränkte Anrufungsauskunft für jPdöR zu § 2b UStG betreffende Abgrenzungsfragen nicht einzuführen. Zulässig sei jedoch, einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO auch dann zu stellen, falls ein Dauersachverhalt „aufgrund einer grundlegenden Gesetzesänderung nur dann unverändert fortgeführt werden soll, wenn keine wesentlichen negativen Steuerfolgen eintreten“.

[i]BeispielsachverhaltDas Bayerische LfSt hat mit Vfg. v.  (NWB RAAAH-51337) einen Beispielsachverhalt dargelegt, der einer verbindlichen Auskunft zugänglich wäre: „Eine Kommune hat vor einigen Jahren die Verkehrsüberwachung gegen Kostenerstattung auf einen Zweckverband übertragen. In Anknüpfung an das Körperschaftsteuerrecht wurde bislang umsatzsteuerrechtlich eine nicht steuerbare Beistandsleistung angenommen. Im Rahmen eines Antrags auf verbindliche Auskunft fragt die Kommune an, ob nach Einführung des § 2b UStG aufgrund fehlenden Wettbewerbs weiterhin von einer Nichtsteuerbarkeit auszugehen ist.“

[i]Grundlegende GesetzesänderungErläuternd führt das LfSt Bayern aus, auch ohne Änderung des Sachverhalts sei die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zulässig, da die Einführung von § 2b UStG eine grundlegende Gesetzesänderung darstelle, die zu wesentlichen negativen Steuerfolgen führen könne. Eine Sachverhaltsänderung für die Zukunft wäre grds. möglich, da die Kommune die Verkehrsüberwachung auch selbst durchführen könne. Aufgrund der besonderen Aufgaben der öffentlichen Hand könne der Eintritt wesentlicher negativer Steuerfolgen bzw. die Möglichkeit der Sachverhaltsänderung bei jPdöR regelmäßig unterstellt werden (Bayerisches LfSt, Vfg. v. , NWB RAAAH-51337).

Praxishinweis:

[i]Abfrage des Bestehens einer größeren WettbewerbsverzerrungAus dem Beispiel ergibt sich, dass die Frage des Bestehens einer größeren Wettbewerbsverzerrung (also der eigentliche Gegenstand des § 2b UStG) im Wege einer verbindlichen Auskunft abgefragt werden kann, ohne dass hierzu eine Sachverhaltsänderung erforderlich ist. In der Praxis sollte von dem Instrument der Erteilung einer verbindlichen Auskunft zumindest in streitigen Sachverhalten oder in Sachverhalten mit einem hohen potenziellen Umsatzsteuerrisiko umfassend Gebrauch gemacht werden. Nur so kann bei Nichtbesteuerung eines weiterlaufenden Sachverhalts jedwedes Betriebsprüfungsrisiko von vornherein vermieden werden. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Erteilung der verbindlichen Auskunft gebührenpflichtig ist. Eine verbindliche Auskunft wird nur dann nicht erteilt, wenn zu einer grundlegend S. 2599geänderten Rechtslage in absehbarer Zeit eine Verwaltungsanweisung zu erwarten ist. Entsprechend sollte vor der Beantragung einer verbindlichen Auskunft bei der Finanzverwaltung angefragt werden, ob zu der angefragten Sachverhaltskonstellation ein BMF-Schreiben in Vorbereitung ist. [i]Bis zu welchem Zeitpunkt ist ein Antrag möglich?– Fraglich ist, bis zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gestellt werden kann. Grundsätzlich muss diese vor der Verwirklichung des geplanten Sachverhalts beantragt werden. Da hier eine Sachverhaltsänderung nicht erforderlich ist, sondern es auf die Gesetzesänderung ankommt, könnte die Finanzverwaltung argumentieren, ein Antrag sei nur bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des § 2b UStG zum zulässig. Wesentliche Sachverhalte sollte man daher möglichst frühzeitig mittels Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft abzuklären suchen.

III. Zusammenstellung von Anwendungsfragen im Zusammenhang mit § 2b UStG

Preis:
€15,00
Nutzungsdauer:
30 Tage

Seiten: 16
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