Finanzministerium Baden-Württemberg - 3 - S 4521 / 13

Erschließungsbeiträge als Teil der Gegenleistung

Erlass vom - 3 - S 4521 / 13 -

Ergänzend zum Bezugserlass gilt Folgendes:

1. Abgabenrechtliche Geltendmachung von Erschließungsbeiträgen

Nach Tz. 1 letzter Satz des Bezugserlasses gehört der Erschließungsbeitrag nach dem BauGB dann nicht zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung, wenn eine Kommune eigene erschlossene Grundstücke veräußert und den Erschließungsbeitrag abgabenrechtlich geltend macht. Eine abgabenrechtliche Geltendmachung liegt vor, wenn ein entsprechender Verwaltungsakt (Beitragsbescheid) der betreffenden Gemeinde ergeht oder wenn zwischen der Gemeinde und dem Erwerber ein öffentlich-rechtlicher (subordinationsrechtlicher) Vertrag über die Erschließungsbeiträge geschlossen wird (vgl. Münchner Kommentar, 4. Auflage, Vor § 145, Rz. 35 bis 39 und Boruttau, 15. Auflage, Rn. 298 zu § 9).

2. Beiträge nach dem KAG Baden-Württemberg

Abweichend von Tz. 1 letzter Satz des Bezugserlasses gehören Beiträge, die auf der Grundlage des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung vom (Gesetzblatt für Baden-Württemberg S. 481) - KAG - erhoben werden, zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Nach § 10 Abs. 7 i.V.m. § 9 Abs. 5 KAG entsteht für gemeindeeigene Grundstücke die Beitragspflicht in dem Zeitpunkt, in dem sie bei einem Dritten entstehen würde, d.h. sobald das Grundstück an die Einrichtung oder den Teil einer Einrichtung angeschlossen werden kann (abstrakte Beitragspflicht). Einer Konkretisierung der Beitragspflicht mittels Bescheid bzw. öffentlich-rechtlichem (subordinationsrechtlichem) Vertrag wie bei § 134 Abs. 1 BauGB bedarf es daher insoweit nicht. Im Anwendungsbereich des KAG kann eine Gemeinde deshalb - anders als im Anwendungsbereich des BauGB (vgl. 8 C 29.82, Deutsches Verwaltungsblatt 1984 S. 188 und vom , Die Öffentliche Verwaltung 1985 S. 1078 sowie BStBl 1985 II S. 373) auch ihr eigener Beitragsschuldner sein.

Der fingierte Entstehungszeitpunkt der Beitragspflicht nach § 10 Abs. 7 i.V.m. § 9 Abs. 5 KAG führt dazu, dass die vom Grundstückseigentümer übernommenen Erschließungsbeiträge auf landesrechtlicher Grundlage dann zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehören, wenn die entsprechende Erschließungsanlage im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs bereits fertig gestellt war.

3. Teilweise Erschließung und Erhebung von Teilbeträgen

Nach Tz. 1 des Bezugserlasses kann Gegenstand eines Erwerbsvorgangs nur das ”erschlossene Grundstück” sein, wenn sämtliche nach dem örtlichen Baurecht vorgeschriebenen öffentlichen Erschließungsanlagen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits vorhanden (hergestellt) sind.

In vielen Baugebieten werden die Erschließungsanlagen nicht in einem Zuge, sondern schrittweise entsprechend dem Fortgang der Bautätigkeit in diesem Gebiet fertiggestellt. Dementsprechend ist häufig ein Teil der Grundstücke bautechnisch bereits vollständig erschlossen, während bei anderen Grundstücken die Erschließungsanlagen erst teilweise fertiggestellt sind.

Für die Gemeinden dürfte es schwierig sein, den Stand der Erschließung eines einzelnen Grundstücks zu einem bestimmten Stichtag mitzuteilen. Für sie ist der Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage insgesamt und nicht das einzelne Grundstück von Bedeutung, weil dies eine Voraussetzung für die Entstehung des öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf den Erschließungsbeitrag ist (§ 133 Abs. 2 BauGB).

Aus vorstehenden Gründen ist bei der Frage, ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein ”erschlossenes Grundstück” ist, auf die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen im jeweiligen Baugebiet abzustellen.

Eine Beitragspflicht kann sich auch aus Teilmaßnahmen der Erschließung ergeben. Nach § 133 Abs. 2 BauGB entsteht die Beitragspflicht für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind (sachliche Beitragspflicht).

Ein Grundstück, für das entsprechende Teilbeträge entstanden sind, kann nicht als ”erschlossenes Grundstück” im Sinne von Tz. 1 des Bezugserlasses angesehen werden. Der Abschluss von Teilmaßnahmen im Rahmen einer Erschließung kann der Fertigstellung sämtlicher nach dem örtlichen Baurecht erforderlichen öffentlichen Erschließungsanlagen nicht gleichgestellt werden.

4. Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge

Nach Tz. 2 Buchstabe a) letzter Satz des Bezugserlasses sind Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge, die der Erwerber eines noch nicht erschlossenen Grundstücks dem Veräußerer erstattet, nicht Teil der Gegenleistung. Dies gilt auch, wenn der Grundstückserwerber entsprechende Verpflichtungen des Veräußerers übernimmt.

Soweit eine Gemeinde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB vom Eigentümer eines Grundstücks Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag verlangt (hat) und diese Vorausleistungslast bei der Veräußerung des Grundstücks vom Veräußerer vertraglich auf den Grundstückserwerber abgewälzt wird, ist darin keine grunderwerbsteuerliche Gegenleistung zu sehen (vgl. BStBl 1979 II S. 577 und vom , BStBl 1985 II S. 373). Die Entrichtung der Vorausleistung durch den Erwerber stellt im wirtschaftlichen Ergebnis eine Vorschussleistung auf die den Erwerber selbst treffende spätere endgültige Beitragsschuld dar. Dies gilt auch in Fällen, in denen sich der Grundstückserwerber gegenüber dem Veräußerer zur Übernahme bereits gezahlter Vorausleistungen verpflichtet.

5. Ablösungsvereinbarungen über Erschließungsbeiträge

Nach Tz. 2 Buchstabe a) letzter Satz des Bezugserlasses sind Ablösebeträge, die der Erwerber eines noch nicht erschlossenen Grundstücks dem Veräußerer erstattet, nicht Teil der Gegenleistung. Gleiches gilt, wenn der Grundstückserwerber entsprechende bereits bestehende Verpflichtungen des Veräußerers übernimmt.

Nach § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB können die Gemeinden bereits vor der Entstehung der Beitragspflicht eine Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen zulassen. Mit der Ablösung wird die künftige Beitragslast vorweg und abschließend getilgt. Die Vereinbarung über die Ablösung des Erschließungsbeitrags stellt einen öffentlich-rechtlichen (subordinationsrechtlichen) Vertrag dar, der eine künftige Beitragschuld für das jeweilige Grundstück selbst dann ausschließt, wenn das Grundstück später den Eigentümer wechselt.

Übernimmt der Erwerber eines Grundstücks vertraglich die noch nicht erfüllte Verpflichtung des Veräußerers aus einer Ablösungsvereinbarung mit der Gemeinde bzw. erstattet er dem Veräußerer einen von diesem darauf bereits gezahlten Betrag, gehören diese Leistungen nicht zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Denn die Pflicht zur Erschließung des Grundstücks (öffentlich-rechtliche Erschließungslast) verbleibt trotz der vom Veräußerer geschlossenen Ablösungsvereinbarung bei der Gemeinde (vgl. hierzu auch Urteil des Az. 7 K 192/98 - in Revision -, Az. beim BFH: II R 31/02).

6. Zweckverbände

Städte und Gemeinden schließen sich häufig zwecks Erschließung und Planung von Bauvorhaben zu Zweckverbänden zusammen. Ein Zweckverband ist - ebenso wie die an ihm beteiligten Kommunen - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit gehen das Recht und die Pflicht der an einem Zweckverband beteiligten Kommunen zur Erfüllung der Aufgaben, die dem Zweckverband obliegen, auf ihn über. Der Zweckverband tritt somit in vollem Umfang in die Rechtsstellung der einzelnen an ihm beteiligten Kommunen ein. Damit ist ein zur Erschließung eines Baugebiets gebildeter Zweckverband berechtigt, sowohl Erschließungsbeiträge nach dem BauGB als auch Beiträge auf landesrechtlicher Grundlage (KAG) zu erheben.

Die im Bezugserlass und in den vorangegangenen Nr. 1 bis 5 dargelegten Grundsätze gelten daher auch dann, wenn sich Kommunen zwecks Erschließung zu Zweckverbänden zusammenschließen. Ein Zweckverband ist damit grunderwerbsteuerrechtlich den jeweils an ihm beteiligten Gemeinden gleichzustellen.

Das FinMin bittet, die Finanzämter entsprechend zu unterrichten.

Finanzministerium Baden-Württemberg v. - 3 - S 4521 / 13

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:



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