BAG Urteil v. - 4 AZR 365/20

Eingruppierung eines Elektronikers bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes

Gesetze: § 25 Abs 1 TVÜ-Bund, § 26 Abs 1 TVÜ-Bund, § 12 Abs 2 TVöD, § 2 Abs 1 TV EntgO Bund, § 2 Abs 2 TV EntgO Bund, Anl 1 Teil V Abschn 3 Entgeltgr 6 Fallgr 2 TV EntgO Bund

Instanzenzug: ArbG Lingen Az: 2 Ca 486/18 Ö Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 13 Sa 492/19 E Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über Entgeltansprüche und in diesem Zusammenhang über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2Der Kläger ist nach erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik seit dem bei der Beklagten beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich „das Arbeitsverhältnis … nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), den besonderen Regelungen für die Verwaltung (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung) und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in den für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassungen“.

3Der Kläger ist auf dem Bauhof M des dortigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts beschäftigt. In einer Tätigkeitsdarstellung vom sind die „Anfallenden Tätigkeiten“ wie folgt beschrieben:

4Die Beklagte vergütete den Kläger zunächst nach Lohngruppe 4 des Tarifvertrags über das Lohngruppenverzeichnis des Bundes zum MTArb (TVLohngrV) und nach Inkrafttreten des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) vom zum nach Entgeltgruppe 5 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für die Beschäftigten des Bundes (TVöD/Bund).

5Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses absolvierte der Kläger mehrere Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen, ua. im Oktober/November 2014 und Oktober/November 2015 zu speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS-Steuerung).

6Mit Schreiben vom stellte der Kläger einen „Antrag auf Höhergruppierung nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund“ und führte zur Begründung aus, seine Tätigkeit sei ab dem der Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund zuzuordnen. Die Beklagte unterrichtete den Kläger mit Schreiben vom , ihm werde mit Wirkung ab dem der Dienstposten „DP B3-6“ übertragen. Aufgrund der damit verbundenen höherwertigen Tätigkeit ergebe sich eine Vergütung nach Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund.

7Nach erfolgloser Geltendmachung der Entgeltdifferenz zwischen der Entgeltgruppe 5 und der Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund für den Zeitraum vom bis zum verfolgt der Kläger diesen Anspruch mit der vorliegenden Klage weiter. Er hat die Auffassung vertreten, während seiner Ausbildung habe er folgende Tätigkeiten erlernt, die nur bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung anfallen würden: Instandhaltung, Wartung und Reparatur von Schleusen, Wehren, Wasserfahrzeugen, Pumpwerken, Pegel sowie Licht- und Signaleinrichtungen. Diese führe er seit Beginn des Arbeitsverhältnisses unverändert aus. Die absolvierten Schulungsmaßnahmen seien lediglich der fortgeschrittenen Technologie, insbesondere im EDV-Bereich geschuldet gewesen.

8Der Kläger hat zuletzt beantragt,

9Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, vor Beginn des Jahres 2017 seien dem Kläger keine spezifischen Tätigkeiten der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) übertragen worden. Diese tarifliche Anforderung für eine Vergütung nach Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des maßgebenden Tätigkeitsmerkmals, folge aber aus der Überschrift „Beschäftigte mit WSV-spezifischen Tätigkeiten an Land“ zu Abschnitt 3 von Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund. Aufgrund der fachlichen Ausrichtung der Berufsausbildung des Klägers seien seine Einsatzmöglichkeiten begrenzt gewesen. Erst nach den bis November 2015 absolvierten Schulungen zur SPS-Steuerung habe er WSV-spezifische Tätigkeiten erbringen können.

10Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Gründe

11Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Zahlungsantrag des Klägers zu Recht stattgegeben. Er kann für die Zeit vom bis zum eine Vergütung nach Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund beanspruchen.

12I. Die Eingruppierung des Klägers bestimmt sich aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahmeregelung nach §§ 12 und 13 TVöD/Bund iVm. dem TV EntgO Bund.

13Zwar erfolgt die Überleitung der Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den hinaus fortbesteht und die am unter den Geltungsbereich des TVöD fallen, in den TVöD/Bund gem. § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund grundsätzlich unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Der Kläger hat aber mit Schreiben vom und damit innerhalb der Frist des § 26 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund einen Antrag nach § 26 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund gestellt, der den Zugang zu dem neuen Entgeltsystem eröffnet, wenn sich nach dessen Tätigkeitsmerkmalen ein höheres Entgelt ergibt (ausf.  - Rn. 18 ff.; - 4 AZR 816/16 - Rn. 17 ff. mwN, BAGE 162, 81).

14II. Grundlage für die Bewertung der auszuübenden Tätigkeit des Klägers ist nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/Bund der Arbeitsvorgang (zu dessen Bestimmung umfassend  - Rn. 27 ff. mwN [zum inhaltsgleichen § 12 TV-L]). Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine Arbeitsvorgänge bestimmt. Es ist aber zutreffend davon ausgegangen, es könne dahinstehen, ob es sich bei der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit um mehrere, gesondert zu bewertende Arbeitsvorgänge oder um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt. Für seine „Beschäftigung im Ausbildungsberuf zur Erledigung von Arbeitsaufträgen in der E-Werkstatt“ ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in jedem Tätigkeitsbereich eine Ausbildung zum Elektroniker erforderlich. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt daher bei jedem denkbaren Zuschnitt das von ihm in Anspruch genommene Tätigkeitsmerkmal.

15III. Für die Eingruppierung sind ua. folgende Bestimmungen des TV EntgO Bund maßgebend:

16In den Niederschriftserklärungen zu § 3 TV EntgO Bund heißt es ua.:

17IV. Die Tätigkeit des Klägers hat im Streitzeitraum die Anforderungen des Tätigkeitmerkmals der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 Teil V Abschnitt 3 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nicht erforderlich, dass es sich bei der auszuübenden Tätigkeit um eine „WSV-spezifische“ handeln muss.

181. Die Eingruppierung beurteilt sich gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 4 TV EntgO Bund nach Teil V Abschnitt 3 der Anlage 1 zu diesem Tarifvertrag. Der Kläger ist auf dem Bauhof M des dortigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts beschäftigt. Er ist damit im Bereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur tätig, das für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zuständig ist. Da seine auszuübende Tätigkeit die Voraussetzungen des Tätigkeitsmerkmals der dort aufgeführten Entgeltgruppe 6 erfüllt, ist dieses maßgebend.

192. Der Kläger verfügt über die notwendige abgeschlossene Berufsausbildung als Elektroniker und übt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine „entsprechende Tätigkeit“ aus. Das steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit.

203. Die Überschrift zu Abschnitt 3 von Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund - „Beschäftigte mit WSV-spezifischen Tätigkeiten an Land“ - enthält keine zusätzliche Anforderung für das vom Kläger in Anspruch genommene Tätigkeitsmerkmal. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen. Davon ist das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

21a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags, die in der Revisionsinstanz in vollem Umfang überprüfbar ist, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (st. Rspr., etwa  - Rn. 35 mwN, BAGE 164, 326).

22b) Weder dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 TV EntgO Bund noch der Überschrift zu Abschnitt 3 von Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund kann - anders als die Revision meint - deutlich entnommen werden, für die nachfolgenden Tätigkeitsmerkmale sei eine „WSV-spezifische Tätigkeit“ erforderlich. § 2 Abs. 1 TV EntgO Bund bestimmt lediglich, dass sich die Tätigkeitsmerkmale aus der Anlage 1 (Entgeltordnung) ergeben, ohne aber deren Tarifinhalte festzulegen. Dem Wortlaut der Überschrift könnte sowohl entnommen werden, die nachfolgend tarifierten Tätigkeiten müssten „WSV-spezifisch“ sein, als auch, sie seien es schon deshalb, weil sie im Bereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung auszuüben sind.

23c) Die Tarifsystematik sowie Sinn und Zweck der Überschriften sprechen gegen die Annahme, die Überschrift zu Abschnitt 3 enthalte für die nachstehenden Tätigkeitsmerkmale zusätzliche Anforderungen. Mit dieser wird lediglich der Bereich innerhalb des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur beschrieben, in dem die auszuübende Tätigkeit zu erbringen ist.

24aa) Gem. § 2 Abs. 1 TV EntgO Bund ergeben sich die Tätigkeitsmerkmale aus der Anlage 1 (Entgeltordnung). Nach Satz 2 der Niederschriftserklärung Nr. 2 zu § 3 TV EntgO Bund werden die Tätigkeitsmerkmale „unter bestimmten Überschriften in einzelnen Abschnitten oder Unterabschnitten“ aufgeführt. Schon danach haben die Tarifvertragsparteien die Überschriften jedenfalls nicht als Teil der Tätigkeitsmerkmale angesehen. Zudem ist nach Satz 1 der Niederschriftserklärung Nr. 2 zu § 3 TV EntgO Bund die weitere Untergliederung der Teile III bis VI in Abschnitte und Unterabschnitte „aus Gründen der Übersichtlichkeit jeweils mit Überschriften versehen“. Daraus wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien in den Überschriften keine zusätzlichen tariflichen Anforderungen für nachfolgende Tätigkeitsmerkmale regeln wollten. Für die Annahme der Revision, aus den Niederschriftserklärungen ergebe sich nicht, dass die Überschriften „nur“ und nicht lediglich „auch“ der Übersichtlichkeit dienten, fehlt es an den erforderlichen Anhaltspunkten. In der Niederschriftserklärung Nr. 2 ist nur ein Zweck genannt. Hätten die Tarifvertragsparteien weitere Absichten mit den Überschriften verfolgen wollen, hätte es nahegelegen, die genannte Zweckbestimmung mit einer Einschränkung (etwa „in erster Linie“) zu versehen oder andere Zwecke ausdrücklich zu benennen.

25Eine andere Auslegung folgt nicht aus § 2 Abs. 2 TV EntgO Bund. Die Bestimmung stellt klar, dass sich Bezugnahmen auf Beschäftigte einer anderen Entgeltgruppe in einem Tätigkeitsmerkmal auf Beschäftigte einer Entgeltgruppe derselben jeweils kleinsten Gliederungseinheit („Unterabschnitt, Abschnitt bzw. Teil“) der Entgeltordnung beziehen, wenn in dem Tätigkeitsmerkmal nichts anderes geregelt ist. Da für diese, die gesamte Entgeltordnung betreffende Regelung die Überschriften der jeweiligen Gliederungseinheiten nicht relevant sind, bestand für die Tarifvertragspartner keine Veranlassung an dieser Stelle die Überschriften zu erwähnen.

26Ebenso gebietet § 3 Abs. 1 TV EntgO Bund kein abweichendes Tarifverständnis. Aus der Überschrift zu Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund - „Besondere Tätigkeitsmerkmale ...“ - folgt nicht, zusätzlich zu den in den Tätigkeitsmerkmalen genannten „allgemeinen“ Anforderungen müssten weitere „besondere“ - zudem insoweit auch nicht näher definierte - Anforderungen erfüllt werden. Die Überschrift regelt vielmehr lediglich das dem TVöD/Bund zugrundeliegende Spezialitätsprinzip (sh. allg. dazu  - Rn. 23; ausf. - 4 AZR 13/08 - Rn. 27 ff., BAGE 129, 208). Die Bezeichnung der in den Teilen IV bis VI der Anlage 1 zum TV EntgO Bund geregelten Tätigkeitsmerkmale als „besondere Tätigkeitsmerkmale“ verdeutlicht nur, dass die Prüfung, ob die Tätigkeit eines der dort geregelten Tätigkeitsmerkmale erfüllt, vorrangig ist. Ist kein „besonderes Tätigkeitsmerkmal“ erfüllt, ist weiter zu prüfen, ob ein solches des Teils III einschlägig ist (Niederschriftserklärung Nr. 1 zu § 3 TV EntgO Bund). Erst dann können die „allgemeinen Tätigkeitsmerkmale“ der Teile I und II in Betracht gezogen werden.

27bb) Bestätigt wird dieses Verständnis durch die tariflichen Anforderungen an die Tätigkeit von Elektronikerinnen und Elektronikern in anderen Bereichen. Diese werden - soweit aus Sicht der Tarifvertragsparteien für die Tätigkeit in dem besonderen Bereich erforderlich - im Rahmen der jeweiligen Tätigkeitsmerkmale gesondert spezifiziert. Das ist der Fall im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Teil IV Abschnitt 1 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund) in Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 gem. der Protokollerklärung Nr. 3. Ebenso verhält es sich im Abschnitt 28 in Entgeltgruppen 6 und 7 und im Bereich des Bundesministeriums des Inneren (Teil VI Abschnitt 1 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund) in Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1a.

28cc) Für das vorstehende Ergebnis spricht weiterhin das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4 Teil V Abschnitt 3 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zu Recht hingewiesen. Dem Tarifvertrag lässt sich nicht entnehmen, unter welchen Umständen Tätigkeiten von „Köchinnen und Köchen mit abgeschlossener Berufsausbildung in einem Berufsbildungszentrum“ „WSV-spezifisch“ sein sollen. Soweit die Beklagte vorträgt, dies läge in dem besonderen Umstand begründet, dass die Tätigkeiten in Internaten auszuüben seien, mag dies in der Weise im Tarifvertrag seinen Niederschlag gefunden haben, dass die zusätzliche Anforderung „in einem Berufsbildungszentrum“ für das Tätigkeitsmerkmal normiert worden ist und Köche in diesem Abschnitt nach Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund vergütet werden, während sie ohne Hinzutreten weiterer Anforderungen in übrigen Teilen der Entgeltordnung lediglich eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 TVöD/Bund erhalten. Dem Tarifvertrag ist jedoch nicht zu entnehmen, dass und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Tätigkeit eines Kochs in einem Berufsbildungszentrum überdies „WSV-spezifisch“ sein soll.

29dd) Die von der Beklagten auszugsweise vorgelegten Durchführungshinweise können kein abweichendes Ergebnis begründen. Bei diesen handelt es sich lediglich um die Wiedergabe der Ansicht einer Tarifvertragspartei im Rahmen praktischer Hinweise, die für die Auslegung nicht bindend ist. Ansichten lediglich einer Tarifvertragspartei sind kein Hilfsmittel der Tarifauslegung (vgl.  - Rn. 43). Unabhängig davon - und anders als die Beklagte meint - entsprechen sie der vorstehenden Auslegung. Danach muss die Tätigkeit „in der WSV“ ausgeübt werden. Ein zusätzliches Erfordernis, die Tätigkeit müsse eine wie auch immer „WSV-spezifische“ sein, ist den Durchführungshinweisen nicht zu entnehmen.

30ee) Der von der Beklagten angeregten „Einholung von Auskünften der Tarifpartner zur Bedeutung der Überschriften“ war nicht nachzukommen. Es bestehen nach Auslegung der Tarifregelung bereits nicht die erforderlichen Zweifel für eine Tarifauskunft. Zudem wäre eine solche auf die Beantwortung der prozessentscheidenden Rechtsfrage - die Bedeutung der Überschrift zu Abschnitt 3 von Teil V der Anlage 1 zum TV EntgO Bund für die Auslegung des streitgegenständlichen Tätigkeitsmerkmals - und damit auf eine unzulässige Fragestellung gerichtet. Die Auslegung von Tarifverträgen und tariflichen Begriffen ist Sache der Gerichte für Arbeitssachen (st. Rspr., etwa  - Rn. 44 mwN, BAGE 164, 326).

314. Die Verfahrensrüge der Beklagten hat keinen Erfolg. Der Senat hat diese geprüft, erachtet sie jedoch nicht für durchgreifend und sieht gem. § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO insoweit von einer Begründung ab.

32V. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Entgeltdifferenz für den streitgegenständlichen Zeitraum - deren Höhe zwischen den Parteien nicht im Streit steht - ist nicht verfallen. Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom nach § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD/Bund auch die später fällig werdenden Entgeltdifferenzen geltend gemacht.

33VI. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

34VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:131021.U.4AZR365.20.0

Fundstelle(n):
FAAAI-03136