BAG Urteil v. - 4 AZR 195/20

Eingruppierung - Bestimmung von Arbeitsvorgängen

Leitsatz

Für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs zur tariflichen Bewertung der Tätigkeit einer Beschäftigten ist nach § 12 Abs. 1 TV-L das Arbeitsergebnis maßgebend. Ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, ist anhand einer natürlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der durch den Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation zu beurteilen. Hierbei bleibt die tarifliche Wertigkeit der einzelnen Tätigkeiten oder Arbeitsschritte außer Betracht. Ein Arbeitsvorgang kann daher Einzeltätigkeiten enthalten, die bei gesonderter Beurteilung unterschiedlich zu bewerten wären. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten. Dies gilt auch im Bereich der besonderen Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften (Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO).

Gesetze: § 12 Abs 1 TV-L, Anl A Abschn II Nr 12.1 Entgeltgr 9a Fallgr 2 TV-L, § 29a TVÜ-L, § 29b TVÜ-L

Instanzenzug: Az: 56 Ca 14381/18 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 15 Sa 1260/19 Urteilnachgehend Az: 1 BvR 382/21 Nichtannahmebeschluss

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2Die Klägerin ist, nach erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung zur Justizfachangestellten, bei dem beklagten Land seit dem als Justizangestellte beschäftigt. Nach § 1 des zuletzt zwischen den Parteien geschlossenen Änderungsvertrags vom ist für das Arbeitsverhältnis der vom Land Berlin mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di geschlossene Tarifvertrag zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (Angleichungs-TV Land Berlin) vom in der jeweiligen Fassung maßgebend, solange das Land Berlin hieran gebunden ist, sowie ergänzend Tarifverträge, die das Land Berlin nach dem schließt oder denen es im Falle eines Eintritts in einen Arbeitgeberverband dann unterworfen ist.

3Von September 2008 bis einschließlich März 2014 war die Klägerin als Beschäftigte in einer Serviceeinheit im Sachgebiet Allgemeine Strafsachen (Schöffengericht und Einzelrichtersachen) mit den in der durch das beklagte Land erstellten Beschreibung des Aufgabenkreises (BAK) vom aufgelisteten Aufgaben tätig. Das beklagte Land vergütete die Klägerin nach Überleitung in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zum nach Entgeltgruppe 6.

4Seit dem wird die Klägerin als Angestellte in einer Serviceeinheit im Sachgebiet Verkehrsstrafsachen (einschließlich Bußgeldverfahren und Erzwingungshaftsachen) eingesetzt. Die diesbezügliche BAK vom hat ua. folgenden Inhalt:

5Diese Tätigkeiten übt die Klägerin tatsächlich aus. Sie sind ihr durch das beklagte Land als einheitliche Aufgabe zugewiesen.

6Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom hat die Klägerin mit ihrer Klage die Auffassung vertreten, seit dem Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu haben. Ihre gesamte Tätigkeit diene, da es sich um eine nach dem Tarifvertrag vorgegebene einheitliche Funktion handele, einem Arbeitsergebnis, und zwar der Aktenführung und -betreuung sowie der Verwaltung einer Geschäftsstelle. Die Tätigkeiten seien ihr im Interesse einer zügigen Bearbeitung einheitlich übertragen worden, stünden in einem inneren Zusammenhang und seien sinnvoll nicht trennbar. Daher sei von einem einzigen Arbeitsvorgang auszugehen. Innerhalb dessen übe sie in rechtlich erheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten aus, was zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe 9 TV-L „Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie schwierig ist“ ausreichend sei. Eine Aufspaltung zwischen schwierigen und nicht schwierigen Tätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs sehe der Tarifvertrag nicht vor.

7Die Klägerin hat zuletzt beantragt

8Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Tarifvertragsparteien hätten durch die Festlegung einzelner Tätigkeiten als „schwierig“ in den Protokollerklärungen zu den besonderen Tätigkeitsmerkmalen für Beschäftigte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften vorgegeben, dass es sich bei schwierigen und nicht schwierigen Tätigkeiten um unterschiedliche Arbeitsvorgänge im Tarifsinn handeln solle. Arbeitsvorgänge mit schwierigen Tätigkeiten würden daher zu 100 vH aus solchen bestehen. Damit sei entscheidend, ob die Klägerin zu einem Fünftel, einem Drittel oder mit mindestens der Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit schwierige Tätigkeiten auszuüben habe. Die Tarifvertragsparteien seien bei Einführung der Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte in Serviceeinheiten und der Entgeltordnung zum TV-L aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon ausgegangen, Tätigkeiten unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit könnten nicht in einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. Es habe ihrem Willen entsprochen, Beschäftigte in Serviceeinheiten je nach dem Anteil der von ihnen auszuübenden schwierigen Tätigkeiten einzugruppieren. Eine Auslegung, die diesen Willen missachte, stelle einen Eingriff in die Tarifautonomie dar und sei daher verfassungswidrig. Aus Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L ergebe sich zudem, dass die Tarifvertragsparteien von kleinteiligen Arbeitsvorgängen ausgegangen seien. Zumindest sei es bei einheitlichen, die gesamte Tätigkeit einer Beschäftigten erfassenden Arbeitsvorgängen geboten, eine höhere Eingruppierung nur dann anzunehmen, wenn innerhalb dieses Arbeitsvorgangs zu einem Fünftel, einem Drittel oder mindestens der Hälfte der Arbeitszeit schwierige Tätigkeiten zu erbringen seien.

9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Gründe

10Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet.

11I. Die Klage ist als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage (st. Rspr., etwa  - Rn. 15, BAGE 164, 326) zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

121. Durch die Entscheidung über den Antrag wird der Streit der Parteien insgesamt bereinigt. Über weitere Vergütungsfaktoren, insbesondere die Stufenzuordnung, besteht nach dem zuletzt übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Berufungsverfahren zum Verlauf des Arbeitsverhältnisses und zur tatsächlichen Beschäftigung der Klägerin kein Streit mehr (zum anderenfalls bestehenden Erfordernis der Benennung der Stufe im Feststellungsantrag vgl.  - Rn. 15; - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240). Das haben die Parteien auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.

132. Das Feststellungsinteresse ist auch nicht teilweise deshalb entfallen, weil die Klägerin ihre Berufung hinsichtlich der Leistungsanträge für den Zeitraum von Februar bis September 2018 auf einen Feststellungsantrag umgestellt hat. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich nicht um eine teilweise Berufungsrücknahme. Eine solche hätte zur Folge gehabt, dass hinsichtlich der nicht (mehr) angegriffenen Teile der Entscheidung des Arbeitsgerichts Rechtskraft eingetreten wäre (vgl.  - Rn. 10, BGHZ 173, 374). Der Wechsel vom Leistungs- zum Feststellungsantrag ändert bei unverändertem Sachverhalt und Klagegrund jedoch nicht den Streitgegenstand. Es liegt lediglich eine - qualitative - Beschränkung des Klageantrags ohne Änderung des Klagegrundes iSd. § 264 Nr. 2 ZPO vor ( - Rn. 15; - 9 AZR 207/06 - Rn. 11, BAGE 121, 182). Daher hat sich durch die Antragsänderung nicht der Umfang der Berufung geändert.

143. Das Feststellungsinteresse besteht auch für die gegenüber der Hauptforderung akzessorischen Zinsforderungen ( - Rn. 9 mwN).

154. Die zuletzt in der Berufungsinstanz vorgenommene Änderung des Feststellungsantrags, mit dem auch die Feststellung begehrt wird, dass das beklagte Land verpflichtet ist, sie ab dem nach der Entgeltgruppe 9a TV-L zu vergüten, stellt keine unzulässige Klageänderung dar. Die Klägerin trägt lediglich dem Umstand der seit dem veränderten Bezeichnung der Entgeltgruppe bei gleichbleibendem Inhalt Rechnung (sh. zur vergleichbaren Situation im TVöD  - Rn. 16 ff.).

16II. Die Klage ist begründet. Das beklagte Land ist verpflichtet, die Klägerin vom bis zum nach Entgeltgruppe 9 TV-L und seit dem nach Entgeltgruppe 9a TV-L zu vergüten.

171. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach § 1 des Änderungsvertrags vom nach dem Angleichungs-TV Land Berlin. Nach § 2 Angleichungs-TV Land Berlin finden die zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Gewerkschaft ver.di vereinbarten Tarifverträge in der jeweiligen Fassung Anwendung, soweit die Beschäftigten von dem jeweiligen Geltungsbereich erfasst werden. Das sind vorliegend der TV-L und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder). Beide Tarifverträge sind zwischen der TdL und ver.di vereinbart worden. Der TV-L und der TVÜ-Länder sind im Land Berlin am in Kraft getreten (§ 17 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 Angleichungs-TV Land Berlin). Die Klägerin ist Angestellte iSv. § 1 TVÜ-Länder und Beschäftigte iSv. § 1 TV-L.

182. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts richtet sich die Eingruppierung der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 22 Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den in der Anlage 1a zum BAT geregelten Tätigkeitsmerkmalen, sondern nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TV-L iVm. der Entgeltordnung zum TV-L (nachfolgend TV-L EntgeltO). Mit dem Wechsel in die Serviceeinheit im Sachgebiet Verkehrsstrafsachen übte die Klägerin keine unveränderte Tätigkeit iSd. § 29a Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder mehr aus. Die Eingruppierung erfolgt daher nach §§ 12, 13 TV-L.

19a) Nach § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder gelten für in den TV-L übergeleitete Beschäftigte für Eingruppierungen ab dem die §§ 12, 13 TV-L sowie die Entgeltordnung zum TV-L. Die Überleitung zum erfolgte jedoch unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit (§ 29a Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder). Soweit sich die auszuübende Tätigkeit der Arbeitnehmerin nicht ändert, ist der Arbeitgeber nicht gehalten, deren Eingruppierung anhand der §§ 12, 13 TV-L iVm. der TV-L EntgeltO zu überprüfen. Vielmehr gilt die vorläufige Eingruppierung ab dem als „richtige“ Eingruppierung.

20b) Von einer unverändert auszuübenden Tätigkeit iSd. § 29a Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Länder ist nicht mehr auszugehen, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Tätigkeitsänderung auch ohne Inkrafttreten der TV-L EntgeltO gehalten gewesen wäre, die Eingruppierung der Arbeitnehmerin zu überprüfen, also dann, wenn sich die geänderte Tätigkeit auf die Eingruppierung auswirken kann (Augustin ZTR 2012, 484, 486; vgl. auch Geyer in Sponer/Steinherr TVöD Stand August 2020 § 25 TVÜ-Bund Vorbem Rn. 7 zu 1.2.5).

21Die Tarifvertragsparteien haben mit dem Begriff der „auszuübenden Tätigkeit“ die gleiche Begrifflichkeit wie in § 22 BAT und § 12 TV-L gewählt, so dass die gleichen Maßstäbe anzuwenden sind. Das ergibt sich auch aus Sinn und Zweck des § 29a TVÜ-Länder. Hierdurch sollten lediglich eine „Eingruppierungswelle“ vermieden und die öffentlichen Arbeitgeber entlastet werden (vgl. zu § 26 TVÜ-Bund  - Rn. 19, BAGE 162, 81; Augustin ZTR 2012, 484, 486). Die bereits bestehenden Arbeitsverhältnisse sollten aber bei Veränderungen der - auch sonst geltenden - Tarifautomatik unterworfen sein. Nicht maßgebend ist demgegenüber, ob sich durch die Änderung der Tätigkeit tatsächlich eine andere Eingruppierung ergibt. § 29a Abs. 2 TVÜ-Länder stellt auf die Tätigkeit und nicht auf die Eingruppierung ab (Müller öAT 2012, 149, 150; vgl. auch Geyer in Sponer/Steinherr TVöD Stand August 2020 § 25 TVÜ-Bund Vorbem Rn. 7 zu 1.2.5). Danach kann eine veränderte Tätigkeit ua. beim Wechsel des Inhalts der Arbeitsaufgaben oder bei Änderung der Art und Weise, wie die Tätigkeit zu erledigen ist, vorliegen.

22c) Nach diesen Grundsätzen ist ab dem Wechsel der Klägerin in die Serviceeinheit im Sachgebiet Verkehrsstrafsachen im April 2014 nicht mehr von einer unveränderten Tätigkeit auszugehen. Hierdurch hat sich der Aufgabenbereich der Klägerin verändert, sodass eine andere Eingruppierung nicht ausgeschlossen ist. Das beklagte Land hat für die vorherige und die neue Tätigkeit jeweils unterschiedliche BAK erstellt, nach denen an die Tätigkeiten unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Die erforderlichen Kenntnisse unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der anzuwendenden Gesetze (OWiG oder BtMG) als auch in den Anforderungen („gründliche Kenntnisse“ oder „Kenntnisse“). Zudem sind die durch das beklagte Land ermittelten Zeitanteile, wenn auch nur geringfügig, verschieden. Die Tätigkeit ist der Klägerin auch dauerhaft und nicht nur vorübergehend (§ 14 TV-L) übertragen worden.

233. Die Klägerin war in Anwendung von § 12 TV-L vom 1. Februar bis zum nach der Entgeltgruppe 9 der Anlage A - Entgeltordnung zum TV-L - Teil II Abschnitt 12 - Beschäftigte im Justizdienst - Unterabschnitt 12.1 - Beschäftigte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften - zum TV-L in der bis zum geltenden Fassung (aF) zu vergüten.

24a) Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TV-L ist die Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen (§ 12 Abs. 1 Satz 4 TV-L). Nach Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (zB unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags, Betreuung bzw. Pflege einer Person oder Personengruppe, Fertigung einer Bauzeichnung, Erstellung eines EKG, Durchführung einer Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

25b) Die Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO lauteten auszugsweise bis zum :

26c) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die gesamte Tätigkeit der Klägerin einen einheitlichen Arbeitsvorgang ausmacht.

27aa) Nach § 12 Abs. 1 TV-L ist Bezugspunkt der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang (vgl. zu § 22 BAT  - Rn. 16; - 4 AZR 773/12 - Rn. 19; - 4 AZR 149/09 - Rn. 17; - 4 AZR 5/09 - Rn. 22). Maßgebend für dessen Bestimmung ist das Arbeitsergebnis ( - Rn. 24, BAGE 162, 81; - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; - 4 AZR 266/10 - Rn. 24; - 4 AZR 149/09 - Rn. 17; - 4 AZR 5/09 - Rn. 22; - 4 AZR 371/03 - zu I 1 e aa der Gründe). Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen ( - Rn. 17; - 4 AZR 685/94 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 81, 47; - 4 AZR 1099/79 - BAGE 38, 221). Einzeltätigkeiten können dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht jedoch die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen ( - Rn. 25, aaO; - 4 AZR 933/11 - Rn. 18, BAGE 146, 22; - 4 AZR 308/08 - Rn. 24; - 4 AZR 177/96 - zu II 2.5.1 der Gründe). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden ( - Rn. 16; - 4 AZR 284/18 - Rn. 17; - 4 AZR 816/16 - aaO; - 4 AZR 457/89 -). Dem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L auch Zusammenhangsarbeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind ( - aaO; - 4 AZR 773/12 - Rn. 19; - 4 AZR 457/89 -). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten ( - Rn. 16; - 4 AZR 816/16 - aaO; - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; - 4 AZR 933/11 - Rn. 19, aaO; - 4 AZR 568/09 - Rn. 58; Natter ZTR 2018, 623, 626).

28(1) Die Maßgeblichkeit des Arbeitsergebnisses für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L. Sollen Tätigkeiten verschiedenen Arbeitsvorgängen zugeordnet werden, müssen sie, bezogen auf den konkreten Aufgabenkreis der Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen.

29(a) Wegen des Bezugs auf den „Aufgabenkreis der Beschäftigten“ ist die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit für die Bestimmung der Arbeitsergebnisse und damit der Arbeitsvorgänge entscheidend. Damit sind bei Bestimmung der Arbeitsergebnisse insbesondere die durch den Arbeitgeber gewählte Organisationsform (vgl. zB  - Rn. 45, BAGE 129, 208: „behördliche Übung“; - 4 AZR 5/09 - Rn. 34; - 4 AZR 166/08 - Rn. 16; - 4 AZR 457/89 -; - 4 AZR 302/83 - BAGE 43, 250; - 4 AZR 540/76 - BAGE 30, 32: „Verwaltungsübung“) und die Art der Zuweisung von Tätigkeiten (zB einheitlich oder getrennt) ( - Rn. 35; - 4 AZR 355/13 - Rn. 19; - 4 AZR 308/08 - Rn. 25; - 4 AZR 787/93 - zu II 2 b der Gründe), aber auch der mehr oder weniger enge inhaltliche Zusammenhang zwischen einzelnen Arbeitsleistungen ( - zu I 3 a bb der Gründe; - 4 AZR 172/00 - zu I 4 a cc der Gründe; - 4 AZR 177/96 - zu II 2.5.2 der Gründe) zu berücksichtigen.

30(b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Verwendung des Wortes „abgrenzbar“ (statt zB „abgegrenzt“) in Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L (aA Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand August 2020 Teil II § 12 Rn. 407). Hieraus lässt sich nicht ableiten, es komme auf abstrakte anstatt konkrete Arbeitsergebnisse an. Die Tätigkeit muss zu dem abgrenzbaren Arbeitsergebnis „führen“, nicht „führen können“. Maßgebend ist daher nicht die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben auf andere Beschäftigte übertragen zu können, sondern, ob eine solche Trennung im konkreten Arbeitsverhältnis organisatorisch umgesetzt worden ist ( - Rn. 23; - 4 AZR 191/04 - zu I 3 a bb der Gründe; - 4 AZR 172/00 - zu I 4 a cc der Gründe; - 4 AZR 593/90 - zu 2 b der Gründe).

31(2) Die Bestimmung der Arbeitsvorgänge bei natürlicher Betrachtung anhand der Arbeitsergebnisse, die von den konkreten Umständen abhängig sind, bedingt, dass unterschiedlich große Arbeitsvorgänge bestehen können. Weder § 12 Abs. 1 TV-L noch Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L lässt sich eine Beschränkung der Größe der Arbeitsvorgänge entnehmen.

32(a) Bei natürlicher Betrachtung wird ein Arbeitsergebnis nicht durch die Erledigung einer Einzelaufgabe, sondern durch die Bearbeitung eines Aufgabengebiets erzielt (vgl. zu einem möglichen Arbeitsvorgang „Streifengang“  -). Daher können in der Regel wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dem steht nicht entgegen, dass in den in der Klammer von Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L aufgeführten Beispielen einzelne Tätigkeiten (zB unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs, oder eines Antrags) aufgelistet werden (aA Fieberg ZTR 2020, 439, 440; Geyer/Brockmann in Sponer/Steinherr TV-L Stand August 2020 § 12 Rn. 283, 295; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand August 2020 Teil II § 12 Rn. 356 f. 387; Jesse/Rothbrust ZTR 1995, 54, 56). Je nach Inhalt der übertragenen Aufgabe und Organisation des Arbeitgebers kann zwar ggf. auch ein einzelner Aktenvorgang einen Arbeitsvorgang darstellen. Dafür, dass durch Aufzählung von Beispielen die zuvor festgelegten Kriterien (Aufgabenkreis und natürliche Betrachtung) zugunsten einer Einzelbetrachtung der Tätigkeiten aufgegeben werden sollten, bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Bei der tatsächlichen Abgrenzung muss eine selbständige tarifrechtliche Bewertung der auszuübenden Tätigkeit möglich bleiben ( - zu II 3 der Gründe, BAGE 29, 416; - 4 AZR 395/76 - zu II 4 der Gründe, BAGE 29, 364). Es ist demnach ausgeschlossen, ohne Berücksichtigung der konkreten Arbeitsorganisation auf die kleinste tatsächlich aufgliederungsfähige Arbeitseinheit abzustellen ( - BAGE 30, 32; - 4 AZR 399/76 - aaO; - 4 AZR 395/76 - aaO). Ebenso wenig kann den Beispielen entnommen werden, die gesamte Tätigkeit einer Beschäftigten solle keinesfalls als (ein) einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen sein.

33(b) Die Tarifgeschichte gebietet kein anderes Verständnis. Durch die erstmalige Einführung des Begriffs des Arbeitsvorgangs im Jahr 1975 sollte sich zwar die Eingruppierung nicht mehr nach Gesamt- oder Teiltätigkeiten richten. Selbst wenn dem die Annahme zugrunde gelegen hätte, die Tätigkeit des Arbeitnehmers setze sich in der Regel aus mehreren Arbeitsvorgängen zusammen, um die „einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit“ zu „beseitigen“ (vgl.  - BAGE 51, 282; Fieberg ZTR 2020, 439, 441), schließt dies aber - angesichts des Tarifwortlauts - die Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorgangs nicht aus.

34(3) Weiterhin sind nach Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L Zusammenhangsarbeiten einem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen. Bereits dies schließt die Annahme des beklagten Landes aus, ein Arbeitsvorgang, der Tätigkeiten enthält, die die Anforderungen eines qualifizierenden Tätigkeitsmerkmals erfüllen, müsse ausschließlich aus diesen höherwertigen Tätigkeiten bestehen.

35(4) Nach Satz 2 der Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L ist jeder Arbeitsvorgang als solcher zu bewerten. Eine Bewertung kann daher erst vorgenommen werden, wenn die maßgebenden Arbeitsvorgänge bestimmt sind. Die Bestimmung des Arbeitsergebnisses hängt nicht davon ab, ob einzelne Tätigkeiten tariflich unterschiedlich zu bewerten wären ( - Rn. 16; - 4 AZR 816/16 - Rn. 25, BAGE 162, 81; - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; - 4 AZR 933/11 - Rn. 19, BAGE 146, 22; - 4 AZR 568/09 - Rn. 58; Natter ZTR 2018, 623, 626).

36(a) Die Heranziehung der tariflichen Wertigkeit einer (Einzel-)Tätigkeit als Abgrenzungskriterium bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs würde entgegen Satz 2 der Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L zu einer Bewertung von Einzeltätigkeiten statt des Arbeitsvorgangs führen, um hieraus Erkenntnisse zur Bestimmung des Arbeitsvorgangs zu gewinnen. Dieser müsste dann aber nicht mehr bewertet werden, weil dies bereits erfolgt ist (vgl. hierzu Jesse ZTR 1987, 193, 198; Jesse/Rothbrust ZTR 1995, 54, 57; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand August 2020 Teil II § 12 Rn. 404). Durch eine strikte Trennung von tariflich unterschiedlich zu bewertenden Tätigkeiten würde damit das in § 12 TV-L verankerte System unterlaufen, die Bewertung anhand von Arbeitsvorgängen vorzunehmen. Letztlich wäre, wie auch das beklagte Land in der Revisionserwiderung erkennt, der Anteil von schwierigen Tätigkeiten an der Gesamtarbeitszeit maßgebend (so auch Neumann ZTR 1987, 41, 44). Das ist mit den in § 12 TV-L enthaltenen Vorgaben nicht vereinbar. Erforderlich ist eine natürliche, keine juristische Betrachtungsweise.

37(b) Soweit der Senat nach Inkrafttreten des 37. Tarifvertrags zur Änderung und Ergänzung des BAT (vom , in Kraft getreten am ) in Anknüpfung an die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 22 BAT idF vom (vgl.  - mwN) noch davon ausgegangen war, die Bildung eines einheitlichen Arbeitsvorgangs könne „aus Rechtsgründen“ nicht erfolgen, wenn dieser Teiltätigkeiten umfasse, die aufgrund ihrer Wertigkeit verschiedenen Vergütungsgruppen des BAT zugeordnet seien (vgl.  -; - 4 AZR 795/76 -; - 4 AZR 721/76 - BAGE 30, 229; allerdings ohne eigenständige Begründung), hat er hieran später nicht mehr festgehalten ( - Rn. 25, BAGE 162, 81; - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; - 4 AZR 485/13 - Rn. 18; - 4 AZR 933/11 - Rn. 19, BAGE 146, 22, vgl. auch Rn. 53 ff.).

38(5) Auch die Arbeitsvorgänge für die Tätigkeiten einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit sind anhand der vorgenannten Maßstäbe zu bestimmen.

39(a) § 12 TV-L enthält eine für alle Tätigkeitsmerkmale geltende Grundregel. Die Vorschrift bezieht sich in Absatz 1 Satz 1 auf sämtliche Tätigkeitsmerkmale der Entgeltordnung und damit auch auf die besonderen Tätigkeitsmerkmale in Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO. Es bedürfte daher deutlicher Anhaltspunkte im Tarifvertrag, wenn die Tarifvertragsparteien hinsichtlich einzelner Tätigkeitsmerkmale im Bereich der Beschäftigten in Serviceeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften von § 12 Abs. 1 Satz 1 TV-L wieder hätten abweichen wollen (vgl.  - BAGE 51, 282). Solche sind nicht gegeben (so auch für die Eingruppierung einer Geschäftsstellenverwalterin nach Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund  - Rn. 25, BAGE 162, 81; vgl. zu den Tätigkeitsmerkmalen für Sozialarbeiter/Sozialpädagogen  - Rn. 26; - 4 AZR 933/11 - Rn. 19, BAGE 146, 22; - 4 AZR 968/11 - Rn. 18).

40(b) Eine von den allgemeinen Bestimmungen abweichende Regelung lässt sich insbesondere nicht aus dem Umstand ableiten, dass die Tarifvertragsparteien für die Grundtätigkeit einer „Beschäftigten in einer Serviceeinheit“ eine Funktionsbezeichnung gewählt und hinsichtlich des Heraushebungsmerkmals der „schwierigen Tätigkeit“ in der Protokollerklärung Nr. 3 zu Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO Beispiele aufgelistet haben.

41(aa) Die Tarifvertragsparteien haben die Tätigkeit als Beschäftigte in einer Serviceeinheit zum Tätigkeitsmerkmal erhoben. Damit haben sie klargestellt, dass alle in dieser Funktion auszuübenden Tätigkeiten insgesamt einheitlich bewertet werden und als ein Arbeitsvorgang anzusehen sind, soweit sie nicht für bestimmte Tätigkeiten spezielle Tätigkeitsmerkmale geschaffen haben (vgl.  - zu 3 b der Gründe; - 4 AZR 662/94 -; zum Arzt  -; - 4 AZR 375/80 - BAGE 42, 231; zum Geschäftsstellenverwalter  - BAGE 49, 250; - 4 AZR 405/81 -). Nur auf die Zuweisung der nicht gesondert bewerteten Tätigkeiten bezieht sich demnach auch das Wort „ganzheitlich“ in der Protokollerklärung Nr. 2 zu Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO.

42(bb) Durch diese Formulierung ist daher keine Aussage darüber getroffen, ob die „schwierigen Tätigkeiten“, die ggf. von einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit auszuüben sind, einem Arbeitsvorgang zuzurechnen sind oder - wie das beklagte Land meint - eigenständige Arbeitsvorgänge bilden. Das würde zu einer Bestimmung von Arbeitsvorgängen führen, die sich weder am Aufgabenkreis der Beschäftigten noch an den Arbeitsergebnissen orientiert. Allein aus der Auflistung von schwierigen Tätigkeiten in der Protokollerklärung Nr. 3 zu Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO lässt sich eine derart weitreichende Abweichung von den Grundprinzipien des § 12 TV-L nicht entnehmen (anders in der Bewertung  - zu II 1 f dd (2) (b) der Gründe). Gegen eine solche Annahme spricht im Übrigen, dass die Tarifvertragsparteien bereits mit dem Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom - und damit bereits vor Änderung des § 22 BAT im Jahre 1975 (Rn. 33) - in der Protokollnotiz Nr. 26 Teil I eine zwar nicht wortgleiche, aber systematisch identische Aufzählung schwieriger Tätigkeiten von Geschäftsstellenverwaltern in die Vergütungsordnung aufgenommen haben. Zu diesem Zeitpunkt war der Begriff „Arbeitsvorgang“ noch nicht Inhalt des Tarifvertrags, so dass die Beispiele lediglich Einzeltätigkeiten darstellen konnten. Die unveränderte Übernahme dieser Regelungstechnik bei Einführung des Arbeitsvorgangs in § 22 BAT lässt daher ohne weitere Anhaltspunkte nicht den Schluss zu, jedes der Beispiele solle nunmehr etwas anderes, und zwar einen eigenen Arbeitsvorgang festlegen. Auch ist es bei der Bezeichnung als „Tätigkeit“ geblieben.

43(cc) Bei den Beispielen handelt es sich demnach lediglich um die Auflistung von Einzeltätigkeiten, deren Wertigkeit die Tarifvertragsparteien verbindlich festlegen wollten. Sie haben damit ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass die dort angeführten Tätigkeiten die tarifliche Anforderung der schwierigen Tätigkeit erfüllen (vgl. hierzu  - BAGE 92, 266; - 4 AZR 967/94 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 82, 252; - 4 AZR 728/87 - BAGE 58, 230).

44bb) Diese Auslegung entspricht - anders als das beklagte Land meint - dem in den tariflichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien.

45(1) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben (st. Rspr.,  - Rn. 35, BAGE 164, 326; - 7 AZR 882/16 - Rn. 41; - 6 AZR 29/17 - Rn. 12, BAGE 162, 269; - 5 AZR 862/16 - Rn. 20, BAGE 162, 144).

46(2) Die tariflichen Bestimmungen sollen eine Differenzierung zwischen verschiedenen Entgeltgruppen je nach Anteil der Arbeitsvorgänge an der Gesamtarbeitszeit ermöglichen, in denen qualifizierte (zB „schwierige“) Tätigkeiten zu erbringen sind. Die Tarifvertragsparteien haben jedoch nicht festgelegt, in welchem Maße diese Unterscheidung tatsächlich erfolgen soll. Sie haben die Umsetzung dieser Differenzierung vielmehr den durch den Arbeitgeber aufgrund seiner Organisationshoheit beeinflussbaren tatsächlichen Gegebenheiten überlassen.

47(a) Bezugspunkt für die tarifliche Eingruppierung ist der Arbeitsvorgang (Rn. 27 ff.). Dadurch wurde das frühere Eingruppierungssystem abgelöst, in dem es nur auf die überwiegend auszuübende Tätigkeit ankam. Für die Eingruppierung einer Beschäftigten soll es - wie bereits ausgeführt (Rn. 32) - weder auf jede Einzeltätigkeit noch zwingend auf die Gesamttätigkeit ankommen. Nach den vereinbarten Tätigkeitsmerkmalen soll sich - wie im Streitfall bei den Tätigkeitsmerkmalen für Beschäftigte in Serviceeinheiten - eine unterschiedliche Vergütung ausschließlich aus verschieden hohen Anteilen an Arbeitsvorgängen mit heraushebenden oder qualifizierenden Merkmalen, zB „schwieriger Tätigkeit“, ergeben. Aus der gleichzeitigen Bezugnahme auf den Aufgabenkreis der Beschäftigten in Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L folgt jedoch auch, dass der Arbeitsvorgang nicht nach rein rechtlichen Kriterien wie der tariflichen Wertigkeit, sondern nach den konkret übertragenen Aufgaben und damit nach dem Aufgabeninhalt und der Organisation des jeweiligen Arbeitgebers zu bestimmen ist.

48(b) Entscheidet sich der Arbeitgeber für eine kleinteiligere Aufgabenorganisation, in der bestimmte Aufgaben getrennt zugewiesen werden, liegen regelmäßig mehrere Arbeitsvorgänge vor. Weist er die Aufgaben hingegen umfassend zu, um einen flexibleren Arbeitseinsatz zu ermöglichen, sind die Arbeitsergebnisse weiter gefasst, was wiederum zu größeren Arbeitsvorgängen führt. Je nach Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, die die Tarifvertragsparteien diesem überlassen haben, können verschiedene Entgeltgruppen eine geringere oder gar keine praktische Bedeutung erlangen (sh. auch  - zu 2.2.3.2.2.3 der Gründe; ArbG Mannheim - 8 Ca 226/19 - zu I 2 f aa der Gründe; aA  - zu II 1 f dd (2) (b) der Gründe). Soweit sich danach eine „Entwertung“ (so Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand August 2020 Teil II § 12 Rn. 408) der Eingruppierungsstruktur ergeben sollte, wäre dies der Aufbau- und Ablauforganisation des Arbeitgebers geschuldet (BeckOK TV-L EntgO/Steuernagel Stand Teil II Nr. 12.1 Rn. 8).

49(c) Entgegen der Auffassung des beklagten Landes hat ein weiter gehender Wille der Tarifvertragsparteien in den besonderen Tätigkeitsmerkmalen des Teils II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO über Beschäftigte in Serviceeinheiten keinen Niederschlag gefunden. Durch die Einfügung der Tätigkeitsmerkmale für „Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften“ haben die Tarifvertragsparteien diese neue Organisationsform aufgegriffen und es auch in diesem Bereich für grundsätzlich möglich gehalten, zwischen den Anteilen schwieriger Tätigkeiten zu differenzieren. Allein dies lässt jedoch keinen Rückschluss darauf zu, in welchem Umfang die jeweiligen Entgeltgruppen tatsächlich in den Gerichten und Staatsanwaltschaften besetzt sein sollen. Eine Regelung hierzu ist unterblieben. Die Häufigkeit der Eingruppierung in die unterschiedlichen Entgeltgruppen ist damit von der Organisation der jeweiligen Behörde abhängig, wie sich im Rückgriff aus Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L ergibt. Den Tätigkeitsmerkmalen lässt sich auch nicht entnehmen, die höchste Entgeltgruppe solle nur in Ausnahmefällen einschlägig sein. Deshalb wäre es entgegen der Auffassung des beklagten Landes (ähnlich auch  -) nicht ausgeschlossen, dass die überwiegende Anzahl der Beschäftigten Tätigkeiten ausübt, die die tariflichen Anforderungen dieser Entgeltgruppe erfüllen.

50(3) Ein abweichendes Ergebnis lässt sich - anders als das beklagte Land meint - auch nicht aus einer etwaigen Tarifübung ableiten. Allein aus der schlichten Unterlassung der gerichtlichen Geltendmachung tariflicher Ansprüche kann noch nicht auf eine entsprechende Tarifübung geschlossen werden ( -). Zudem geht auch das beklagte Land davon aus, eine „Tarifübung“ habe nur „im Ergebnis“ bestanden. Die Bestimmung der Arbeitsvorgänge und deren Bewertung seien aber voneinander abgewichen, indem zT kleinteilige Arbeitsvorgänge angenommen und zT der Anteil schwieriger Tätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs als maßgebend erachtet worden sei. Daher fehlt es schon an einer einheitlichen tariflichen Handhabung, die von beiden Tarifvertragsparteien gebilligt worden wäre (zu diesem Erfordernis bereits  -).

51(4) Weiterhin erlaubt die frühere Rechtsprechung des Senats und ihre mögliche Rezeption durch die Tarifvertragsparteien nicht den Schluss auf ein übereinstimmendes, abweichendes Tarifvertragsverständnis (so aber  - zu A II 3 c cc der Gründe). Eine in Kenntnis der Rechtsprechung erfolgte unveränderte Übernahme einer Tarifregelung in einen neuen Tarifvertrag kann zwar ein Indiz dafür sein, dass die Tarifvertragsparteien an dem Regelungsgehalt, den die Rechtsprechung der Bestimmung beimisst, festhalten wollen ( - Rn. 34; - 4 AZR 331/16 - Rn. 21). Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterlag indes einer Weiterentwicklung und Veränderung (so auch - kritisch - Fieberg ZTR 2020, 439, 440: „von Anfang an eine Tendenz eigenständiger Fortentwicklung“) und kann daher nicht mit dem von dem beklagten Land angenommenen Inhalt von den Tarifvertragsparteien in ihren Willen aufgenommen worden sein.

52(a) Seit Einführung des Begriffs des Arbeitsvorgangs durch den 37. Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung des BAT (vom ) sieht der Senat den Arbeitsvorgang als einheitliche Rechtsgrundlage für die Vergütung aller Angestellten des öffentlichen Dienstes an (vgl. insbesondere  -; - 4 AZR 540/76 - BAGE 30, 32). Zur Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist von Anfang an nicht auf die „kleinstmögliche abgrenzbare Einheit“ zurückgegriffen worden ( - BAGE 29, 416; - 4 AZR 395/76 - BAGE 29, 364), so dass Arbeitsvorgänge „auch größeren Umfangs“ angenommen worden sind ( - aaO). Bereits seit der Entscheidung vom (- 4 AZR 1099/79 - BAGE 38, 221) geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es grundsätzlich rechtlich möglich ist, die gesamte Tätigkeit eines Beschäftigten als einen Arbeitsvorgang anzusehen (vgl. beispielhaft  - Rn. 19; - 4 AZR 149/09 - Rn. 17; - 4 AZR 308/08 - Rn. 20; - 4 AZR 950/93 -; - 4 AZR 461/93 - zu B II 2 a der Gründe).

53(b) Soweit der Senat bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge zunächst davon ausgegangen ist, Teiltätigkeiten, die aufgrund ihrer Wertigkeit verschiedenen Vergütungsgruppen des BAT zuzuordnen seien, könnten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden (zB  -; - 4 AZR 721/76 - BAGE 30, 229), hat er diese Annahme in der Folgezeit weitgehenden Einschränkungen unterworfen und schließlich aufgegeben.

54(aa) Diese Annahme sollte nur Geltung beanspruchen, soweit die Tätigkeiten „nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbar“ seien ( -; in späteren Entscheidungen „tatsächlich trennbar“, vgl. zB  -; - 4 AZR 642/84 - BAGE 51, 282; - 4 AZR 21/84 - BAGE 49, 250; - 4 AZR 347/79 - BAGE 37, 181; - 4 AZR 302/83 - BAGE 43, 250). Tätigkeiten, die aufgrund ihres „inneren Zusammenhangs“ oder unter Berücksichtigung einer vernünftigen Verwaltungsübung nicht tatsächlich trennbar seien, könnten auch bei unterschiedlicher Wertigkeit einheitlich als Arbeitsvorgang bewertet werden (zB  -; - 4 AZR 287/89 -; - 4 AZR 149/84 - BAGE 50, 9). Nachfolgend sind weitere inhaltlich erhebliche Einschränkungen erfolgt, allerdings unter Beibehaltung des früheren Obersatzes („Tätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit können nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden“; zB  - Rn. 36, BAGE 140, 311; - 4 AZR 912/08 -; - 4 AZR 13/08 - Rn. 45, BAGE 129, 208; - 4 AZR 689/02 - zu 1 d bb (1) der Gründe, BAGE 108, 245; - 4 AZR 967/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 82, 252). Der Senat hat bei Tätigkeiten, deren Schwierigkeitsgrad sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, unabhängig von der tariflichen Wertigkeit einen einheitlichen Arbeitsvorgang angenommen ( - Rn. 18, BAGE 146, 22; - 4 AZR 266/10 - Rn. 29; - 4 AZR 507/03 - zu I 4 c der Gründe, BAGE 111, 216; - 4 AZR 967/94 - aaO) und dabei betont, dass ein Arbeitsvorgang durchaus Tätigkeiten verschiedener Anforderungen in sich vereinen kann ( - zu II 2 c der Gründe, BAGE 82, 272; - 4 AZR 967/94 - aaO). Zudem wurde nicht mehr die Trennbarkeit der Tätigkeiten, sondern deren tatsächliche Trennung im Rahmen der durch den Arbeitgeber vorgegebenen Organisation für maßgebend erachtet (zB  - Rn. 14, aaO; - 4 AZR 266/10 - Rn. 29; - 4 AZR 308/08 - Rn. 24; - 4 AZR 507/03 - aaO).

55(bb) Schließlich hat der Senat diese Rechtsprechung insgesamt aufgegeben. Bereits in einer Entscheidung vom ist er für Tarifverträge der Privatwirtschaft (- 4 AZR 757/06 - Rn. 36, BAGE 122, 244) davon ausgegangen, es seien zunächst Einzel- oder Gesamttätigkeiten zu bestimmen und diese erst im Anschluss tariflich zu bewerten. Auch in einem Urteil vom (- 4 AZR 568/09 - Rn. 58) zu § 15 Abs. 2 des zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und dem Marburger Bund geschlossenen Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der VKA vom (TV-Ärzte/VKA), der inhaltlich § 12 Abs. 1 Sätze 3 bis 8 TV-L entspricht, hat der Senat die Rechtsauffassung vertreten, es seien zunächst Arbeitsvorgänge zu bestimmen, die auf ihre tarifliche Wertigkeit hin zu untersuchen seien. Seit den Entscheidungen vom (- 4 AZR 933/11 - Rn. 19, BAGE 146, 22; - 4 AZR 968/11 - Rn. 18) entspricht es der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Senats, dass erst der Arbeitsvorgang ohne Berücksichtigung der tariflichen Wertigkeit der Tätigkeiten zu bestimmen und dann zu bewerten ist. Zudem wird einheitlich nicht auf die theoretische Trennbarkeit von Tätigkeiten, sondern die tatsächliche Arbeitsorganisation des Arbeitgebers abgestellt (vgl. zB  - Rn. 25, BAGE 162, 81; - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; - 4 AZR 485/13 - Rn. 18; - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; ungenau allerdings - 4 AZR 59/13 - Rn. 17 f., BAGE 151, 50; - 4 AZR 53/12 - Rn. 17).

56(c) Aufgrund dieser Entwicklung war für die Tarifvertragsparteien erkennbar, dass zunehmend größere Arbeitsvorgänge mit Tätigkeiten auch unterschiedlicher Wertigkeit angenommen wurden. Hätte dies dem Willen der Tarifvertragsparteien entgegengestanden, wäre eine tarifvertragliche Klarstellung ihrerseits bei Übernahme der Tätigkeitsmerkmale für die Beschäftigten in Serviceeinheiten in die am in Kraft getretene Entgeltordnung zum TV-L, spätestens aber nach vollständiger Aufgabe dieser Rechtsprechung im Jahr 2013 zu erwarten gewesen. Eine solche ist aber unterblieben. Sie kann nicht stattdessen durch die Rechtsprechung vorgenommen werden (so aber im Ergebnis  -; - 17 Sa 62/20 -).

57(5) Aus der Niederschriftserklärung Nr. II. 1. („Arbeitsvorgang (§ 12 TV-L)“) der Tarifvertragsparteien des TV-L anlässlich der Tarifeinigung vom ergibt sich nicht, dass die bisherige Auslegung der Eingruppierungsregelungen mit deren Willen nicht vereinbar wäre. Nach der Erklärung wollen die Tarifvertragsparteien „zur Sicherstellung einer differenzierten Eingruppierung anhand des zeitlichen Umfangs, in dem eine bestimmte Anforderung (z. B. Schwierigkeit, Verantwortung) innerhalb der auszuübenden Tätigkeiten erfüllt sein muss (Hierarchisierung), … unmittelbar … Gespräche aufnehmen“. Die Erklärung bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Tarifvertragsparteien beabsichtigen, den Tarifvertrag an geänderte Umstände anzupassen. Darüber hinaus könnte die Niederschriftserklärung, selbst wenn ihr - wie es etwa die Vorinstanz meint - ein anderer Wille zu entnehmen wäre, allenfalls dann als Auslegungshilfe dienen, wenn sie im Tarifvertrag Niederschlag gefunden hätte ( - Rn. 15 mwN, BAGE 145, 1). Das ist - wie dargelegt - nicht der Fall.

58cc) In Anwendung dieser Grundsätze bilden sämtliche der Klägerin übertragenen Tätigkeiten einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Die gesamte Tätigkeit dient dem Arbeitsergebnis der Betreuung der Aktenvorgänge in der Serviceeinheit vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens.

59(1) Der Begriff des Arbeitsvorgangs unterliegt als feststehender, abstrakter und den Parteien vorgegebener Rechtsbegriff in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht, das bei Vorliegen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen die Arbeitsvorgänge auch selbst bestimmen kann ( - Rn. 26 mwN, BAGE 162, 81).

60(2) Postbearbeitung und Schriftgutverwaltung, die Fertigung von Inhalts- und Maschinenprotokollen, die Erledigung der Verfügungen der jeweiligen Sachbearbeiter sowie die unterschriftsreife Vorbereitung von Verfügungen, Urteilen und Beschlüssen inklusive der Mitteilungen an andere Behörden (auch an das Bundeszentralregister, Gewerbezentralregister und Kraftfahrtbundesamt), die Anordnung von Ladungen und Zustellungen, das Erteilen vollstreckbarer Ausfertigungen, von Teilrechtskraft- und Rechtskraftattesten, die Aufgaben der Kostenbeamtin, die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art, die Mitwirkung bei der Überwachung von Auflagen und Weisungen nach § 153a Abs. 1 StPO und dem JGG sowie nach § 453b StPO und der Gnadenordnung und die Überwachung von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen dienen, bezogen auf den Aufgabenkreis der Klägerin, einem Arbeitsergebnis. Bei natürlicher Betrachtung ist dieses nicht jeweils die Erledigung der einzelnen anfallenden Aufgaben, sondern die vollständige Bearbeitung der Aktenvorgänge. Diese Tätigkeiten - und nicht die in der BAK aufgeführten Einzelaufgaben - sind der Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts einheitlich im Rahmen des Konzepts der Serviceeinheiten zur Erledigung übertragen worden und stehen zueinander in einem engen inneren Zusammenhang. Die Einzelaufgaben werden von ihr je nach Arbeitsanfall unter Anwendung bereits erworbener Kenntnisse über den Akteninhalt insgesamt ausgeführt. Sie dienen damit dem Ergebnis der Erledigung eines Verfahrens. Diesem Arbeitsergebnis sind Aussonderung, Datenpflege und Aufgaben der Zählkartenanordnung als Zusammenhangsarbeiten zuzuordnen. Sie sind erforderlich, um die Aktenbearbeitung organisieren und strukturiert durchführen zu können. Die dabei zu verrichtenden Tätigkeiten sind hinsichtlich der einzelnen Akten gleichartig und wiederkehrend. Sie können daher zu einem Arbeitsvorgang zusammenfasst werden.

61(3) Entgegen der Auffassung des beklagten Landes und des Arbeitsgerichts ist nicht deshalb von mehreren Arbeitsvorgängen auszugehen, weil die Bearbeitung der Akte und damit die Tätigkeit der Klägerin durch Eingänge und Verfügungen sachbearbeitender Richter oder Rechtspfleger „unterbrochen“ wird und daher in mehreren Teilschritten erfolgt. Dies ändert nichts an der einheitlichen Zuweisung der gesamten Aktenbearbeitung an die Klägerin, deren Erledigung erst zu einem Arbeitsergebnis im Tarifsinn führt. Zur Erzielung des Arbeitsergebnisses ist nicht erforderlich, dass alle hierfür notwendigen Teilschritte ohne Unterbrechung und zwingend unmittelbar nacheinander ausgeführt werden. Die durch Richter oder Rechtspfleger vorgenommenen Arbeitsschritte sind der Klägerin nicht zugewiesen und daher für die Bestimmung des Arbeitsergebnisses und des Arbeitsvorgangs ohnehin nicht von Bedeutung.

62d) Bei der innerhalb dieses Arbeitsvorgangs auszuübenden Tätigkeit handelt es sich um die einer Beschäftigten in Serviceeinheiten iSd. Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 TV-L aF, die sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 TV-L aF heraushebt, dass sie schwierig ist.

63aa) Die Klägerin ist Beschäftigte in einer Serviceeinheit iSd. Protokollerklärung Nr. 2 zu Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO. Sie hat eine Ausbildung zur Justizfachangestellten erfolgreich abgeschlossen und bearbeitet in einer durch das beklagte Land eingerichteten Serviceeinheit ganzheitlich Aufgaben einer Justizfachangestellten (vgl. hierzu die Anlage zu § 4 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten/zur Justizfachangestellten vom ).

64bb) Im Rahmen des einheitlichen Arbeitsvorgangs fallen schwierige Tätigkeiten in rechtserheblichem Ausmaß an. Der maßgebende Arbeitsvorgang umfasst zeitlich mindestens die Hälfte der Arbeitszeit (§ 12 Abs. 1 Satz 4 TV-L) der Klägerin. Sie kann daher eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TV-L aF beanspruchen.

65(1) Bei der Bewertung eines Arbeitsvorgangs ist es zur Erfüllung einer qualifizierenden tariflichen Anforderung, hier der „schwierigen Tätigkeit“, ausreichend, wenn diese innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegt. Nicht erforderlich ist, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs schwierige Tätigkeiten ihrerseits in dem von § 12 Abs. 1 Satz 4, Satz 7 TV-L bestimmten Maß anfallen (grdl.  - BAGE 51, 282; seither st. Rspr., etwa  - Rn. 41; - 4 AZR 166/08 - Rn. 27; - 4 AZR 461/93 - zu B II 2 der Gründe).

66(a) Nach § 12 Abs. 1 Satz 4 TV-L beziehen sich die erforderlichen zeitlichen Anteile auf die Arbeitsvorgänge, nicht auf die Arbeitsleistungen oder Einzeltätigkeiten. Nur hierauf und gerade nicht auf die Gesamttätigkeit nimmt § 12 Abs. 1 Satz 7 TV-L Bezug (anders  - zu II 3 c aa der Gründe). Das in Satz 2 der Nr. 1 der Protokollerklärungen zu § 12 Abs. 1 TV-L vereinbarte Aufspaltungsverbot gestattet es nicht, einen Arbeitsvorgang nach Teiltätigkeiten unterschiedlicher Wertung aufzuspalten. Die Bewertung erfolgt einheitlich ( - Rn. 43; - 4 AZR 264/10 - Rn. 48, BAGE 140, 311; - 4 AZR 287/89 -).

67(b) Der Umstand, dass in Anwendung der tariflichen Regelungen ein zu 100 vH schwierige Tätigkeiten erfordernder Arbeitsvorgang, der 49 vH der Arbeitszeit ausmacht, für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 9a TV-L nicht ausreicht, wohl aber ein mindestens 50 vH der Arbeitszeit in Anspruch nehmender Arbeitsvorgang, der nur zu weniger als der Hälfte schwierige Tätigkeiten erfordert, ändert daran nichts. Das ist die Folge daraus, dass die Tarifvertragsparteien den Arbeitsvorgang und nicht die Arbeitszeit als Bezugsgröße für die Bewertung der Tätigkeit festgelegt haben ( - zu III 3 b bb der Gründe).

68(c) Mangels Festlegung eines notwendigen zeitlichen Anteils einer höherwertigen Tätigkeit innerhalb des Arbeitsvorgangs durch die Tarifvertragsparteien ist auf den kleinsten relevanten Anteil, mithin das „rechtlich erhebliche Ausmaß“, abzustellen (so bereits  - BAGE 51, 282). Ein solches ist jedenfalls erreicht, wenn ohne die Tätigkeit ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden kann (vgl. zu selbständigen Leistungen  - Rn. 43 sowie - 4 AZR 264/10 - Rn. 49, BAGE 140, 311). Die tariflichen Vorschriften gelten gleichermaßen für jeden Arbeitsvorgang. Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung im Falle eines einzigen großen Arbeitsvorgangs bestehen nicht (aA  -; - 17 Sa 62/20 - zu II 2 b bb (2) der Gründe).

69(d) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts können die tariflichen Regelungen deshalb nicht dahingehend ausgelegt werden, „dass auch innerhalb des Arbeitsvorgangs das Heraushebungsmerkmal der schwierigen Tätigkeit entsprechend der prozentualen Vorgaben der Tarifvertragsparteien vorliegen muss“ (so im Ergebnis auch  - zu II 2 b bb (2) der Gründe; - 8 Sa 330/20 -). Eine Anpassung des TV-L könnte nur durch eine den Tarifvertragsparteien vorbehaltene Änderung erfolgen (dazu ausf.  - Rn. 32 mwN, BAGE 140, 291).

70(2) Gemessen an diesen Grundsätzen übt die Klägerin mindestens zur Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeit schwierige Tätigkeiten iSd. Entgeltgruppe 9 TV-L aF aus.

71(a) Die Anordnung von Ladungen und Zustellungen, das Erteilen vollstreckbarer Ausfertigungen sowie von Rechtskraftzeugnissen, die Aufgaben der Zählkartenanordnung und die Mitteilungen an das Bundeszentralregister, Gewerbezentralregister und das Kraftfahrtbundesamt, die Aufgaben der Kostenbeamtin, die Mitwirkung bei der Überwachung von Auflagen und Weisungen nach § 153a Abs. 1 StPO und dem JGG sowie nach § 453b StPO und der Gnadenordnung sowie die Überwachung von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen, die unterschriftsreife Vorbereitung von Verfügungen, Urteilen und Beschlüssen für den jeweiligen Sachbearbeiter und die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art sind nach der Protokollerklärung Nr. 3 Buchst. a, b, c, e, f, g, h zu Teil II Abschnitt 12.1 TV-L EntgeltO schwierige Tätigkeiten im Sinne des Tarifmerkmals. Der Anteil dieser Tätigkeiten an der von der Klägerin auszuübenden Gesamtarbeitszeit beträgt 25,17 vH.

72(b) Damit fallen schwierige Tätigkeiten innerhalb des die gesamte Arbeitszeit ausmachenden Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß an. Ohne diese kann ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis im Hinblick auf den Zuschnitt der auszuübenden Tätigkeiten nicht erzielt werden, die Aktenbearbeitung wäre unvollständig. Das zeitliche Ausmaß ist mit etwa 25 vH des einheitlichen Arbeitsvorgangs auch rechtserheblich.

73e) Die Klägerin hat ihre Ansprüche mit Schreiben vom rechtzeitig im Sinne des § 37 Abs. 1 TV-L geltend gemacht.

744. Zum ist die Klägerin, da ihre Tätigkeit unverändert geblieben ist, gemäß § 29b Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Länder in Entgeltgruppe 9a TV-L übergeleitet worden. Seit diesem Zeitpunkt ist das beklagte Land zur Zahlung dieser Vergütung verpflichtet.

755. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 TV-L.

76III. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2020:090920.U.4AZR195.20.0

Fundstelle(n):
BB 2021 S. 307 Nr. 5
VAAAH-69498