BAG Urteil v. - 4 AZR 562/17

Eingruppierung eines Wachpolizisten im Objektschutz

Gesetze: § 22 Abs 1 UAbs 1 BAT, § 22 Abs 1 UAbs 2 S 1 BAT, Anl 1a VergGr VII Fallgr 1b BAT, Anl 1a VergGr VII Fallgr 1b BAT-O, § 22 Abs 1 UAbs 2 S 1 BAT-O, § 22 Abs 1 UAbs 1 BAT-O

Instanzenzug: Az: 56 Ca 4309/15 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 20 Sa 640/16 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des bei dem beklagten Land beschäftigten Klägers.

2Dieser war seit Beginn seiner Tätigkeit am bis zum als Wachpolizist im Zentralen Objektschutz beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist in § 2 Abs. 1 vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes (Anwendungs-TV Land Berlin) vom in der jeweiligen Fassung bestimmt. Nach § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags sollen Tarifverträge, die das Land Berlin nach dem abschließt oder denen das Land Berlin im Falle eines Eintritts in einen Arbeitgeberverband dann unterworfen ist, „die o.g. Arbeitsbedingungen … ergänzen bzw. ersetzen.“

3Vom bis zum absolvierte der Kläger den Grundlehrgang für „Polizeiangestellte im Objektschutz“. Die Tätigkeit dieser Angestellten wird in einer Beschreibung des Aufgabenkreises aus dem Jahr 1984 (Muster-BAK 1984) erläutert. Weitere Grundlage des Einsatzes der Polizeiangestellten im Objektschutz ist die Verordnung über die Wahrnehmung bestimmter polizeilicher Aufgaben durch Dienstkräfte der Polizei vom (PDieVO).

4Der Kläger wurde als sog. Springer zum Schutz ausländischer Botschaften und auch in mobilen Objektschutzstreifen eingesetzt, die diplomatische und konsularische Einrichtungen aufgrund des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom (WÜD) und des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom (WÜK) schützen.

5Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wandte sich mit Schreiben vom für diesen sowie zugleich für eine Vielzahl weiterer namentlich benannter Beschäftigter an das beklagte Land und führte ua. aus:

6Mit seiner Klage begehrt der Kläger eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8, hilfsweise der Entgeltgruppe 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Seine Tätigkeit, die einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstelle, erfordere für die nach der Muster-BAK 1984 und der PDieVO durchzuführenden Aufgaben gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Für die im Falle eines Angriffs auf ein geschütztes Objekt zu ergreifenden Maßnahmen, ggf. unter Einsatz von Schusswaffen, seien umfangreiche und vielseitige Kenntnisse einer großen Anzahl von Gesetzen sowie der jeweiligen Geschäftsanweisungen erforderlich. Diese gingen deutlich über die von „Jedermannrechten“ wie etwa Notwehr und Nothilfe hinaus. Ferner müsse er aufgrund der zu schützenden Objekte Kenntnisse über das WÜD und das WÜK sowie die daraus resultierenden Pflichten besitzen. Aufgrund einer verschärften Sicherheitslage sei der Objektschutz nunmehr unter erheblich gefährlicheren Bedingungen zu erbringen. Das führe zu erhöhten Anforderungen und erfordere selbständige Leistungen in erheblichem Umfang, sei doch die Verhältnismäßigkeit von Schutzmaßnahmen abzuwägen. Eine Dienstanweisung vom sehe überdies vor, dass die Polizeiangestellten im Objektschutz in Einzelverantwortung tätig seien, eigene Überlegungen anzustellen und selbständig die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hätten.

7Der Kläger hat zuletzt beantragt

8Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, anders als bei der Tätigkeit im allgemeinen Ordnungsdienst sei beim Objektschutz keine Vielfalt von Vorschriften zu beachten. Für die Tätigkeit des Klägers seien oberflächliche Kenntnisse der in der Muster-BAK 1984 und der PDieVO genannten Vorschriften ausreichend. Das Wissen über Geschäftsanweisungen und Posten-/Streifenanweisungen führe nicht zu „gründlichen Fachkenntnissen“ im Tarifsinne, sondern beschränke sich auf Informationen und Beschreibungen der örtlichen Gegebenheiten. Für die Einschätzung von gefährlichen Situationen und das Ergreifen von erforderlichen Maßnahmen reiche die allgemeine Lebenserfahrung aus. Diese Kenntnisse seien bereits von dem Tarifmerkmal der „schwierigeren Tätigkeit“ erfasst. Aus den Wiener Übereinkommen ergäben sich keine Handlungsanweisungen für den Kläger. Die geänderte Sicherheitslage wirke sich auf die seit Erstellung der Muster-BAK 1984 gleich gebliebenen Aufgaben nicht in erheblicher Weise aus. Bei der Aufgabenaufstellung vom handele es sich nicht um eine Dienstanweisung, sondern um eine interne Zusammenfassung. Schließlich fehle es an einer ordnungsgemäßen Geltendmachung zur Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist.

9Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers hinsichtlich des Hilfsantrags stattgegeben und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionen verfolgt der Kläger seinen Hauptantrag weiter, während das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt.

Gründe

10Die zulässigen Revisionen des Klägers und des beklagten Landes sind begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte der Klage mit der von ihm gegebenen Begründung weder teilweise stattgeben noch diese teilweise abweisen dürfen. Das führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11I. Die Revision des beklagten Landes ist jedoch nicht schon aufgrund einer unzulässigen Berufung des Klägers begründet. Dessen Berufungsbegründung entspricht den gesetzlichen Anforderungen.

121. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfende Prozessfortsetzungsvoraussetzung. Ohne Bedeutung ist es, ob das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat ( - Rn. 9 mwN, BAGE 158, 75).

132. Der Kläger hat zwar in seiner Berufungsbegründung keine Anträge iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO in textlich gesonderter Form formuliert. Dem Schriftsatz ist jedoch zu entnehmen, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden (vgl. auch  - Rn. 17). Er verfolgt seinen ursprünglichen Antrag auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TV-L sowie hilfsweise nach der - darin als Minus enthaltenen - Entgeltgruppe 6 TV-L weiter.

14II. Das Landesarbeitsgericht hat der nach § 256 Abs. 1 ZPO auch im Hinblick auf die Feststellung der Verzinsungspflicht (vgl.  - Rn. 10 mwN) zulässigen, allgemein üblichen Eingruppierungsfeststellungsklage (st. Rspr., sh. nur  - Rn. 18 mwN; - 4 AZR 166/08 - Rn. 13 mwN) rechtsfehlerhaft teilweise stattgegeben.

151. Maßgebend für die vom Kläger begehrte Vergütung sind aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeklausel sowohl der TV-L als auch der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder).

16a) Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich gem. § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags nach dem vom Land Berlin mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di geschlossenen Tarifvertrag zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (Angleichungs-TV Land Berlin) vom . Dieser hat den in § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags genannten Anwendungs-TV Land Berlin ersetzt. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.

17b) Nach § 2 Angleichungs-TV Land Berlin finden die zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und der Gewerkschaft ver.di vereinbarten Tarifverträge in der jeweiligen Fassung Anwendung, soweit der jeweilige Arbeitnehmer von dem jeweiligen Geltungsbereich erfasst wird. Das sind vorliegend der TV-L und der TVÜ-Länder. Beide Tarifverträge sind zwischen der TdL und ver.di vereinbart worden. Der TV-L und der TVÜ-Länder sind im Land Berlin am in Kraft getreten (§ 17 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 Angleichungs-TV Land Berlin). Ferner ist der Kläger Angestellter iSv. § 1 TVÜ-Länder und Beschäftigter iSv. § 1 TV-L.

18c) Damit ist § 17 Abs. 1 TVÜ-Länder anwendbar, der zunächst die Weitergeltung von §§ 22, 23 BAT/BAT-O einschließlich der Anlage 1a bis zum anordnete. Diese Bestimmungen sind für die Eingruppierung weiterhin maßgebend. Die ursprünglich nur als vorübergehend angesehene Überleitung der Angestellten entsprechend der Anlage 2 zum TVÜ-Länder im Sinne einer formalen Zuordnung der bisherigen Vergütungsgruppen des BAT/BAT-O zu den neuen Entgeltgruppen des TVÜ-Länder ist mit Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung zum TV-L am als grundsätzlich dauerhaft bestimmt worden (§ 29a Abs. 2 TVÜ-Länder). Eine Überprüfung und ggf. Neufeststellung der mit der Überleitung erfolgten Eingruppierungen sollte danach für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit nicht mehr stattfinden (sh. Protokollerklärung zu § 29a Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Länder; vgl. zum Ganzen  - Rn. 19 mwN, BAGE 161, 170).

192. Die danach für die begehrte Eingruppierung des Klägers in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a zum BAT/BAT-O lauten auszugsweise:

203. Das Landesarbeitsgericht hat die Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. VIb Fallgr. 2 der Anlage 1a zum BAT/BAT-O zu Unrecht bejaht. Es hat deshalb rechtsfehlerhaft angenommen, es sei gem. Teil A der Anlage 2 zum TVÜ-Länder zu einer Überleitung in die Entgeltgruppe 6 TV-L gekommen.

21a) Es fehlt schon an den für die Bestimmung des vom Landesarbeitsgericht angenommenen einheitlichen Arbeitsvorgangs erforderlichen tatsächlichen Feststellungen.

22aa) Gem. § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT/BAT-O ist der Kläger in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Hiernach ist Bezugsobjekt der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang. Deshalb sind für die zutreffende Eingruppierung gem. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT/BAT-O zunächst die Arbeitsvorgänge zu bestimmen. Für deren Bestimmung ist das Arbeitsergebnis maßgebend. Jeder danach bestimmte einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden (st. Rspr., zuletzt  - Rn. 14; - 4 AZR 816/16 - Rn. 24 mwN, BAGE 162, 81).

23bb) Das Berufungsgericht ist davon „ausgegangen“, die Tätigkeit des Klägers als Wachpolizist im Objektschutz stelle „einen einheitlichen“ Arbeitsvorgang dar. Nähere Feststellungen zum Inhalt der vom Kläger auszuübenden Tätigkeiten hat es nicht getroffen. Ohne diese lässt sich aber nicht beurteilen, ob die Bestimmung des Arbeitsvorgangs den tariflichen Vorgaben entspricht und ob für die auszuübende Tätigkeit „gründliche Fachkenntnisse“ sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht (vgl. hierzu  - Rn. 16; - 4 AZR 629/16 - Rn. 40 ff.) sowie „vielseitige Fachkenntnisse“ und „selbständige Leistungen“ erforderlich sind.

24(1) Die pauschale Feststellung, der Kläger sei als Polizeiangestellter im Objektschutz als sog. Springer zum Schutz ausländischer Botschaften sowie in mobilen Objektschutzstreifen eingesetzt gewesen, ist als Grundlage für eine Tätigkeitsbewertung nicht geeignet.

25(2) Die notwendigen Feststellungen zu der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit lassen sich auch nicht aus den weiteren Erwägungen des Landesarbeitsgerichts gewinnen. Insoweit hat es sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe des - umfangreichen - streitigen Vorbringens der Parteien beschränkt. Da das Landesarbeitsgericht von einer näheren Bezugnahme auf die Feststellungen des Arbeitsgerichts abgesehen hat, waren auch - mögliche - weiter gehende Feststellungen zur auszuübenden Tätigkeit im erstinstanzlichen Urteil ohne Erkenntniswert (sh. auch  - Rn. 18).

26(3) Der schlichte Verweis auf die Muster-BAK 1984 vermag die erforderlichen Feststellungen ebenso wenig zu ersetzen. Als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung käme sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit, ggf. einschließlich der Zeitanteile von Teiltätigkeiten, ausreichend wiedergäbe (vgl.  - Rn. 30; grdl. - 4 AZR 53/12 - Rn. 18 mwN). Das ist hier nicht der Fall. Die Muster-BAK 1984 stellt lediglich eine generelle Vorgabe für die Tätigkeit von Polizeiangestellten im Objektschutz dar, sie bezieht sich hingegen nicht auf die konkrete, vom Kläger auszuübende Tätigkeit (vgl.  - Rn. 36). Schon aus ihrem Wortlaut ergibt sich, dass sich die Aufgaben „je nach den für das Objekt geltenden Anordnungen“ unterscheiden (vgl.  - Rn. 17).

27b) Das Landesarbeitsgericht hat, wie es selbst klargestellt hat (Urteil S. 27), zudem übersehen, dass der Kläger die nach § 8 Abs. 1 TVÜ-Länder für eine Überleitung in die Entgeltgruppe 6 TV-L erforderliche Bewährungszeit nicht erfüllt hat.

28aa) Das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. VIb Fallgr. 2 der Anlage 1a zum BAT/BAT-O sieht eine Bewährungszeit von neun Jahren vor. Die Bewährungszeit muss bei Beschäftigten, die aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O in die Entgeltgruppe 6 TV-L übergeleitet werden, gem. § 8 Abs. 1 TVÜ-Länder bis zum Überleitungszeitpunkt, dh. im Streitfall bis zum (§ 17 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 Angleichungs-TV Land Berlin) zumindest zur Hälfte erfüllt sein. Das war bei dem Kläger, dessen Beschäftigungsverhältnis erst am begonnen hat, nicht der Fall.

29bb) Eine Überleitung in die Entgeltgruppe 6 TV-L kommt auch nicht auf Grundlage der VergGr. VIb Fallgr. 1b der Anlage 1a zum BAT/BAT-O in Betracht, weil der Kläger die erforderliche sechsjährige Bewährungszeit in der VergGr. VII Fallgr. 1a BAT/BAT-O zum Stichtag weder ganz noch zur Hälfte (§ 8 Abs. 1 TVÜ-Länder iVm. § 17 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 Angleichungs-TV Land Berlin) erreicht hat.

30cc) Voraussetzung für eine Überleitung in die Entgeltgruppe 6 TV-L wäre daher gewesen, dass die Tätigkeit des Klägers nicht nur gründliche, sondern auch vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen (VergGr. VIb Fallgr. 1a der Anlage 1a zum BAT/BAT-O) erfordert. Die Erfüllung der tariflichen Anforderung „vielseitige Fachkenntnisse“ hat das Landesarbeitsgericht jedoch selbst verneint.

31c) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht ungeachtet der unzureichenden Feststellung der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit das tarifliche Erfordernis der „gründlichen Fachkenntnisse“ zu Unrecht bejaht.

32aa) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen nicht verkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., vgl. nur  - Rn. 17 mwN).

33bb) Auch diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.

34(1) Das Landesarbeitsgericht hat seiner Prüfung zwar den zutreffenden Begriff der „gründlichen Fachkenntnisse“ zugrunde gelegt. Danach setzen „gründliche Fachkenntnisse“ unter Berücksichtigung der Klammerdefinition zur VergGr. VII Fallgr. 1b der Anlage 1a zum BAT/BAT-O nähere Kenntnisse von ua. Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Die Fachkenntnisse müssen sich jedoch nicht notwendig auf Rechtsvorschriften beziehen, wie sich bereits aus dem Zusatz „usw.“ zu der Klammerdefinition zur VergGr. VII Fallgr. 1b der Anlage 1a zum BAT/BAT-O ergibt. Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen ( - Rn. 36 mwN). Das Tätigkeitsmerkmal erfordert danach erweiterte Fachkenntnisse sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht ( - Rn. 28; grdl. - 4 AZR 32/81 - mwN).

35(2) Das Landesarbeitsgericht hat diesen Rechtsbegriff bei der Subsumtion jedoch nicht beibehalten. Es hat unter Hinweis auf die vom Kläger bei Ausübung der ihm übertragenen Tätigkeit als Wachpolizist im Objektschutz zu berücksichtigenden zahlreichen Rechtsnormen und weiteren Vorschriften angenommen, dieser benötige „Fachkenntnisse von nicht unerheblichem Ausmaß“. Dieser Gesichtspunkt betrifft aber nur das quantitative Element des Rechtsbegriffs. Das überdies erforderliche qualitative Element hat das Landesarbeitsgericht im Rahmen seiner Subsumtion nicht geprüft. Es nimmt insoweit lediglich pauschal an, für die dem Kläger übertragenen Tätigkeiten seien Fachkenntnisse nicht nur oberflächlicher Art erforderlich. Diese Behauptung wird jedoch nicht von seinen tatsächlichen Feststellungen getragen. Ihnen kann nicht entnommen werden, ob der Kläger für seine Tätigkeit mehr als nur einen allgemeinen Überblick und groben Einblick in die genannten Vorschriften benötigt.

36III. Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ob der Kläger eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 oder der Entgeltgruppe 8 TV-L verlangen kann, kann der Senat aufgrund der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht die erforderlichen Feststellungen zu treffen und bei der auf dieser Grundlage vorzunehmenden erneuten rechtlichen Würdigung folgende Erwägungen zu berücksichtigen haben:

371. Für die zutreffende Eingruppierung sind auf der Grundlage der noch zu treffenden Feststellungen zunächst die Arbeitsvorgänge oder ggf. ein einheitlicher Arbeitsvorgang gem. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT/BAT-O nach den Maßstäben der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. nur  - Rn. 24 mwN, BAGE 162, 81) erneut zu bestimmen.

382. Bei der Beurteilung, ob die dem Kläger übertragene Tätigkeit „gründliche Fachkenntnisse“ erfordert, wird das Landesarbeitsgericht sowohl das quantitative als auch das qualitative Maß der benötigten Fachkenntnisse zu bewerten haben.

39a) Dabei ist das Landesarbeitsgericht im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass sich die zu berücksichtigenden Fachkenntnisse nicht auf Rechtsvorschriften beziehen müssen ( - zu II 1 b bb (3) der Gründe), sondern dass zu ihnen auch alle sonstigen Fachkenntnisse zählen, die der Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit benötigt. Dazu gehört insbesondere auch die Kenntnis der einschlägigen Dienstanweisungen und des jeweiligen Objektschutzbefehls sowie entsprechendes Erfahrungswissen oder Wissen der Allgemeinbildung (vgl.  - Rn. 41; - 4 AZR 266/10 - Rn. 48 mwN).

40b) Ob die benötigten Fachkenntnisse auch den qualitativen Anforderungen des Tarifmerkmals genügen, hängt in erster Linie von den noch zu treffenden Feststellungen ab.

41aa) Unerheblich ist insoweit, dass nach der Muster-BAK 1984 vertiefte Rechtskenntnisse bzgl. einer Vielzahl von Normen gefordert werden. Selbst wenn die vom Kläger auszuübende Tätigkeit nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Muster-BAK 1984 entsprechen sollte, können die dort geregelten Anforderungen nicht mit tarifvertraglichen Vorgaben gleichgesetzt werden. Ob die tariflichen Erfordernisse erfüllt sind, ist eine Rechtsfrage. Die Antwort darauf kann von den Parteien des Rechtsstreits weder unstreitig gestellt noch kann sie ohne jegliche Subsumtion einer Stellenbeschreibung entnommen werden (vgl.  - Rn. 43; - 4 AZR 266/10 - Rn. 39).

42bb) Ein Indiz für die erforderliche Tiefe der Fachkenntnisse kann jedoch das vom Kläger angeführte Unterrichtsmaterial der Landespolizeischule für die Basisqualifizierung sein. Zwar handelt es sich bei dem Tätigkeitsmerkmal der gründlichen Fachkenntnisse um eine typische tätigkeitsbezogene Anforderung. Maßgebend sind danach grundsätzlich die für die Durchführung der Aufgaben erforderlichen und nicht die subjektiv beim betreffenden Arbeitnehmer vorhandenen Fachkenntnisse. Dient eine Schulung jedoch gezielt der Qualifizierung für eine konkrete auszuübende Tätigkeit, können aus dem vorgegebenen Unterrichtsstoff unter Umständen Rückschlüsse auf die für die Tätigkeit erforderlichen Fachkenntnisse gezogen werden (vgl.  - Rn. 44).

433. Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht danach das Erfordernis „gründlicher Fachkenntnisse“ bejahen sollte, wird es ferner zu prüfen haben, ob die dem Kläger übertragene Tätigkeit auch vielseitige Fachkenntnisse und ggf. selbständige Leistungen im Tarifsinne erfordert. Soweit das Landesarbeitsgericht bislang das Erfordernis vielseitiger Fachkenntnisse verneint hat, ist es von einem zutreffenden Rechtssatz ausgegangen ( - Rn. 36). Bei der erneuten Prüfung wird es den noch zu erbringenden - substantiierten - Vortrag des Klägers zur Erweiterung seines erforderlichen Fachwissens insbesondere mit Blick auf die Menge der anzuwendenden Bestimmungen und auf die Verschiedenartigkeit seiner Aufgaben zu würdigen haben. Entgegen dessen Auffassung ergibt sich das Erfordernis vielseitiger Fachkenntnisse und selbständiger Leistungen jedoch nicht schon aus den von ihm vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem Schreiben des beklagten Landes vom . Ob die tariflichen Erfordernisse erfüllt sind, ist, wie dargelegt (unter III 2 b aa), eine Rechtsfrage, deren Beantwortung sich nicht ohne Subsumtion aus Beschreibungen oder Anweisungen jeglicher Art ergeben kann.

444. Sollte das Landesarbeitsgericht nach nochmaliger Verhandlung der Auffassung sein, die Klage habe jedenfalls teilweise Erfolg, wird es schließlich zu prüfen haben, ob der Kläger die tariflichen Ausschlussfristen gewahrt hat. Insoweit sind die bisherigen Urteilsausführungen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:270219.U.4AZR562.17.0

Fundstelle(n):
BB 2019 S. 1011 Nr. 18
YAAAH-12851