Unsicherheiten zügig beseitigen!
Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen
Die Paradise Papers haben abermals gezeigt: durch grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle schleusen multinationale Konzerne und Superreiche Milliarden Euro an der EU und ihren Mitgliedstaaten vorbei und parken das Geld in Steueroasen. Allseits ist bekannt, dass solche legalen Gestaltungen dem Steuerwettbewerb zwischen den Staaten geschuldet sind. Dennoch stehen die steuerlichen Ratgeber, vornehm Intermediäre genannt, und damit leider auch Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer am Pranger der moralischen Mobilmachung.
Vor diesem medialen Hintergrund hat sich der ECOFIN-Rat am auf die Einführung einer europaweit harmonisierten Anzeigepflicht für Intermediäre bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungsmodellen verständigt. Demnach müssen Intermediäre ab dem jede Steuergestaltung melden, welche mindestens eines der in der Richtlinie aufgeführten Kennzeichen (sog. Hallmarks) aufweist. Die zuständige Steuerbehörde gibt die Meldung dann den Finanzverwaltungen der anderen Mitgliedstaaten zur Kenntnis.
Was sich einfach anhört, wird in der Umsetzung an vielen Stellen noch zu erheblichen Problemen und Rechtsunsicherheiten führen. So sieht die Richtlinie zwar eine Ausnahme von der Meldepflicht für die rechts- und steuerberatenden Berufe vor, um so das verfassungsrechtlich verbriefte Vertrauensverhältnis zwischen dem Mandanten und seinem Berater in Deutschland zu schützen. Dabei lässt sie aber die aus der Ausnahmeregelung resultierenden Informationspflichten gegenüber beispielsweise dem Steuerpflichtigen sowie Haftungsfragen bei Versäumnis leider gänzlich unbeachtet. Hier muss der Gesetzgeber schnellstmöglich für Klarheit sorgen.
Solche Unklarheiten ziehen sich wie ein roter Faden durch den Richtlinientext. Höchst kritisch wird dies bei der geplanten rückwirkenden Meldepflicht. Dem Vorschlag der EU zufolge müssen Intermediäre Modelle auch dann melden, wenn deren erster Schritt zwischen dem Datum des Inkrafttretens und dem Beginn der Anwendung der Richtlinie umgesetzt wurde. In der Praxis ist dies angesichts etlicher unbestimmter Rechtsbegriffe nicht umsetzbar.
Insbesondere, weil Intermediäre mögliche Bußgelder für eine Nichtanzeige vermeiden wollen, wird ein „Overreporting“ an die zuständige Steuerbehörde die Folge sein. Damit kann die Meldepflicht allein aufgrund der Rechtsunsicherheiten die Falschen treffen. Und ob die Staaten die Ursachen für die Modelle wirklich angehen und die Steueroasen durch das Mehr an Transparenz tatsächlich austrocknen – das wage ich zu bezweifeln. Ich appelliere daher an den nationalen Gesetzgeber: Sorgen Sie bei der Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Rechtsklarheit und lassen Sie die Finger von weitergehenden Überlegungen hinsichtlich einer Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen – Rechtsunsicherheiten und Bürokratie haben wir jetzt schon genug!
Harald Elster
Fundstelle(n):
NWB 2018 Seite 1065
FAAAG-80501