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Die Umsatzbesteuerung von Photovoltaikanlagen
Das BMF klärt Einzelfragen bei der Anwendung des Nullsteuersatzes für bestimmte Photovoltaikanlagen
[i]Martz, Photovoltaikanlage, Grundlagen, NWB ZAAAE-28828 Aufgrund der allseits bekannten „Energiekrise“ hat die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen und entsprechenden Batteriespeichersystemen wieder rasant an Fahrt aufgenommen. Bereits mit dem JStG 2022 hat der Gesetzgeber darauf reagiert und bürokratische Hürden mit der Schaffung des sog. Nullsteuersatzes für bestimme Photovoltaikanlagen abgebaut. Mit Schreiben v. (BStBl 2023 I S. 351) hat das BMF auf Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem Nullsteuersatz für bestimmte Photovoltaikanlagen reagiert. Mit einem weiteren (NWB KAAAJ-53740) wurde im Hinblick auf noch entsprechende offene Einzelfragen nachjustiert. Der nachfolgende Beitrag gibt einen kompakten und praxistauglichen Überblick über die Anwendung des Nullsteuersatzes bei bestimmten Photovoltaikanlagen. Ausgehend von dem Hintergrund zur Einführung des Nullsteuersatzes für bestimmte Photovoltaikanlagen werden die beiden BMF-Schreiben zum Nullsteuersatz analysiert. Abschließend werden hierzu noch Praxishinweise gegeben.
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I. Hintergrund
[i]Nullsteuersatz bei „kleineren“ PhotovoltaikanlagenMit dem JStG 2022 v. (BGBl 2022 I S. 2294) wurde durch den Gesetzgeber ein neuer § 12 Abs. 3 UStG geschaffen. Damit hat sich ab dem die Umsatzsteuer auf 0 Prozent (sog. Nullsteuersatz) für die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber von bestimmten (bzw. „kleineren“) Photovoltaikanlagen ermäßigt. Somit hat der nationale Gesetzgeber von der unionsrechtlichen Möglichkeit zur Einführung einer „Steuerbefreiung“ mit Recht auf Vorsteuerabzug Gebrauch gemacht.
Die Voraussetzung einer bestimmten (bzw. „kleineren“) Photovoltaikanlage (nachfolgend vereinfacht „Photovoltaikanlage“ genannt) ist dann erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister (MaStR) nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt oder betragen wird (Janzen in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, 140. Lfg. 10/2023, § 12 UStG 1980, Rz. 40).S. 238
[i]Trotz Nullsteuersatz ist der Vorsteuerabzug möglichNullsteuersatz bedeutet, dass der Lieferant/Handwerker der Photovoltaikanlage keine Umsatzsteuer schuldet, jedoch für seine Eingangsleistungen Vorsteuer abziehen kann (Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 12 Abs. 3, 206. Lfg. 10/2023, I. Entstehungsgeschichte Rz. 1). Neben der Lieferung der Solarmodule fallen unter den Nullsteuersatz grundsätzlich auch die für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten (inklusive Speicher), die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird (Grune in Küffner/Zugmaier, USt, § 12 UStG Rz. 2).
Der Nullsteuersatz ist eine Ausnahme im deutschen Umsatzsteuerrecht, da der deutsche Gesetzgeber bisher zur Erreichung seines Lenkungsziels ausschließlich mit sog. echten Steuerbefreiungen gearbeitet hat (vgl. § 15 Abs. 3 UStG). Der Nullsteuersatz unterscheidet sich von der Steuerbefreiung einer Leistung dahingehend, dass der leistende Unternehmer zwar keine Umsatzsteuer erhebt, trotzdem aber die Vorsteuer bei allen im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen abziehen darf. Die Steuerermäßigung mit Steuersatz Null und gleichzeitiger Vorsteuerabzugsberechtigung soll nach der amtlichen Begründung dazu dienen, dass die mit dem Verkauf des erzeugten Stroms als Unternehmer auftretenden Photovoltaikanlagenbesitzer nicht wie bisher aus der Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 2 UStG heraus optieren müssen, um in den Genuss des mit dem Erwerb einer solchen Anlage verbundenen Vorsteuerabzugs kommen zu können (Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 12 Abs. 3, 206. Lfg. 10/2023, I. Entstehungsgeschichte, Rz. 2).
II. Das
[i]Fietz/Mayer, NWB 10/2023 S. 706Am hat das BMF ein Schreiben zum Nullsteuersatz bei Photovoltaikanlagen veröffentlicht und sich darin zu der Neuregelung und den Voraussetzungen für die Anwendung des Nullsteuersatzes geäußert. Die Aussagen aus dem BMF-Schreiben sind in den UStAE eingearbeitet worden.
1. Unentgeltliche Wertabgabe
[i]Keine unentgeltliche Wertabgabenbesteuerung, wenn der Erwerb zum Nullsteuersatz stattfandMit dem Schreiben v. (BStBl 2023 I S. 351) ist das BMF der Praxis an einigen Stellen entgegengekommen und hat mit Klarstellungen und Vereinfachungsregelungen für mehr Rechtssicherheit gesorgt. Es wird unter anderem klargestellt, wie unentgeltliche Wertabgaben (vereinfacht ausgedrückt der privat verbrauchte Strom des Photovoltaikanlagenbetreibers) bei Photovoltaikanlagen zukünftig zu behandeln sind. So ist seit dem bezüglich der unentgeltlichen Wertabgabe zu differenzieren, ob beim Erwerb der Photovoltaikanlage eine volle oder „nur“ eine teilweise Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestand oder ob die Photovoltaikanlage zum Zeitpunkt des Nullsteuersatzes (sprich ab dem ) erworben wurde.
Der dezentral (privat) verbrauchte Strom unterliegt nicht der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe i. S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, wenn der Unternehmer für die Photovoltaikanlage wegen des Nullsteuersatzes nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war (Lippross/Janzen, UStAE Aktuell, Abschnitt 12.18. UStAE).
2. Erwerb von wesentlichen Komponenten einer Photovoltaikanlage
[i]Dem Nullsteuersatz unterliegen auch die „wesentlichen“ KomponentenIn dem BMF-Schreiben wird klargestellt, dass der Nullsteuersatz für den Erwerb von Solarmodulen sowie deren wesentlicher Komponenten (diese müssen Teil der S. 239Photovoltaikanlage sein) gilt. Wesentliche Komponenten sind solche Gegenstände, deren Verwendungszweck speziell im Betrieb oder der Installation von Photovoltaikanlagen liegt (z. B. Wechselrichter, Dachhalterung, Solarkabel).
In Abschnitt 12.18 Abs. 8 UStAE befindet sich zu den wesentlichen Komponenten ein nicht abschließender Katalog.
3. Vermietung, Leasing oder Mietkauf einer Photovoltaikanlage
[i]Vermietung, Leasing oder Mietkauf unterliegen ggf. der RegelbesteuerungDarüber hinaus wird im BMF-Schreiben klargestellt, dass eine Vermietung, Leasing oder auch Mietkauf einer Photovoltaikanlage als sonstige Leistung im Sinne des UStG dem Regelsteuersatz unterliegt. Leasing- oder Mietkaufverträge können dagegen je nach konkreter Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung oder als sonstige Leistung einzustufen sein. Für die Abgrenzung sind die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien entscheidend (Abschnitt 12.18 Abs. 1 Sätze 7 bis 10 i. V. mit Abschnitt 3.5 Abs. 5 und 7 UStAE).
Ist ein Leasing- oder Mietvertrag im Einzelfall als Lieferung der Photovoltaikanlage einzustufen, muss das Entgelt regelmäßig nach der einfachsten möglichen Methode aufgeteilt werden. Denn die Entgeltbestandteile, die auf Serviceleistungen (z. B. Wartung, Reparatur, Versicherung, App- und Browserlösungen) entfallen, unterliegen weiterhin dem Regelsteuersatz. Ist ein einheitliches Entgelt vereinbart, kann nach Abschnitt 12.18 Abs. 1 Satz 15 UStAE der voll steuerpflichtige Serviceanteil pauschal mit 10 % des Gesamtentgelts angesetzt werden (Fietz/Mayer, NWB 10/2023 S. 706, 720).
4. Vorstufenumsätze
[i]Nur Betreiber von Photovoltaikanlagen kommen in den Genuss des NullsteuersatzesIn den Genuss des Nullsteuersatzes kommen ausschließlich Lieferungen an Betreiber von Photovoltaikanlagen, nicht jedoch die Umsätze auf den Vorstufen. Die vorausgehenden Lieferungen von Zwischenhändlern werden nicht vom Nullsteuersatz erfasst und unterliegen daher dem Regelsteuersatz von 19 %.