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NWB Nr. 48 vom Seite 3260

Ertrag- und umsatzsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen ab 2022/2023

Praxisleitfaden zur Besteuerung von Bestands- und Neuanlagen

Daniel Scherf und Christoph Gerstl

[i]Martz, Photovoltaikanlage, Grundlagen, NWB ZAAAE-28828 Mit dem Ziel des Abbaus bürokratischer Hürden und der Setzung eines steuerlichen Anreizes zum Ausbau der erneuerbaren Energien, hat der Gesetzgeber mit dem JStG 2022 v.  (BGBl 2022 I S. 2294) mit Wirkung ab dem eine Steuerbefreiung für bestimmte (kleinere) Photovoltaikanlagen auf Gebäuden eingeführt (§ 3 Nr. 72 EStG). Die Steuerbefreiung gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage. Wird damit jetzt für den steuerlichen Praktiker in Sachen Photovoltaikanlagen alles einfacher? Zwei (BStBl 2023 I S. 1494) zur Einkommensteuer und v.  (BStBl 2023 I S. 351) zum Nullsteuersatz in der Umsatzsteuer später tritt in der Anwendungspraxis Ernüchterung ein − viele Punkte sind fortwährend ungeklärt. Im nachfolgenden Praxisleitfaden werden einzelne dieser offenen Fragestellungen aufgegriffen und Lösungsansätze aufgezeigt.

I. Neuregelung des § 3 Nr. 72 EStG

[i]Fietz/Mayer, NWB 10/2023 S. 706Ab dem Veranlagungszeitraum 2022 sind Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage, die

  1. auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) betrieben wird,S. 3261

  2. auf, an oder in sonstigen Gebäuden (z. B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) mit einer Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit betrieben wird,

steuerfrei (vgl. § 3 Nr. 72 EStG).

[i]Höchstgrenze von 100 kW (peak)Die Steuerbefreiung ist pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft auf 100 kW (peak) begrenzt. Werden aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage ausschließlich steuerfreie Einnahmen erzielt, ist nach § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG kein Gewinn zu ermitteln.

[i]Steuerbefreiung stellt kein Wahlrecht darIm Unterschied zum bisherigen Liebhaberei-Wahlrecht (vgl. BStBl 2021 I S. 722, und v. , BStBl 2021 I S. 2202), wonach die Finanzverwaltung auf schriftlichen Antrag der Steuerpflichtigen gestattete, Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtleistung (Summe der installierten Leistung aller Photovoltaikanlagen einer steuerpflichtigen Person/einer Mitunternehmerschaft) von bis zu 10 kW (peak) als ertragsteuerlich unbeachtliche Liebhaberei zu qualifizieren, sieht § 3 Nr. 72 EStG keinen Antrag durch den Steuerpflichtigen vor. Die Rechtsfolgen treten somit bei Erfüllung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen zwingend ein.

[i]GewinnerzielungsabsichtDer Neuregelung unterliegen ausschließlich mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene Photovoltaikanlagen, die die übrigen Voraussetzungen des § 3 Nr. 72 EStG erfüllen, so dass dauerdefizitäre Photovoltaikanlagen ohne Gewinnerzielungsabsicht nicht in die Prüfung der Freigrenzen nach § 3 Nr. 72 EStG einzubeziehen sind (vgl. BStBl 2023 I S. 1494, Rz. 3 und 14).

II. Neuregelung des § 12 Abs. 3 UStG

[i]NullsteuersatzSeit dem unterliegen die Lieferung, die Einfuhr, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Installation begünstigter Photovoltaikanlagen gem. § 12 Abs. 3 UStG dem Nullsteuersatz, sodass die Betreiber bei der Anschaffung nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet sind. Im Ergebnis wirkt der neu eingeführte Nullsteuersatz wie eine Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzug.

III. Auswirkung auf Anzeigepflichten

Grundsätzlich ist jeder, der einen Betrieb eröffnet, gem. § 138 AO verpflichtet, der Finanzverwaltung innerhalb eines Monats nach Betriebseröffnung einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung zu übermitteln (§ 138 Abs. 1, 1b und 4 AO). Dies galt auch für Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen. [i]Keine Anzeige der Aufnahme des Betriebs einer kleinen Photovoltaikanlage Diese Erfassung ist aufgrund des (BStBl 2023 I S. 990) nicht mehr erforderlich, wenn

  • sich die gewerbliche Tätigkeit auf das Betreiben von nach § 3 Nr. 72 EStG begünstigten Photovoltaikanlagen beschränkt,

  • sich in umsatzsteuerlicher Hinsicht das Unternehmen auf den Betrieb einer Photovoltaikanlage i. S. des § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 UStG sowie ggf. eine steuerfreie Vermietung und Verpachtung nach § 4 Nr. 12 UStG beschränkt und die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG angewendet wird und

  • die entsprechende Tätigkeit nach dem begonnen wurde.

    Hinweis:

    Wird neben dem Betrieb einer Photovoltaikanlage eine weitere unternehmerische Tätigkeit ausgeübt, die entweder der Regelbesteuerung (§§ 16, 18 UStG) oder der Umsatzsteuerpauschalierung (§ 24 UStG) unterliegt, ist weiterhin ein Fragebogen zur steuerlichen Erfassung abzugeben.

IV. Auswirkungen der Neuregelungen auf ...

1. ... die Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG)

[i]Geltendmachung des VorsteuerabzugsVor Einführung des Nullsteuersatzes verzichteten Betreiber von Photovoltaikanlagen regelmäßig auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG). Der Verzicht S. 3262auf die Kleinunternehmerregelung war regelmäßig die wirtschaftlich einzig sinnvolle Option, denn aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Photovoltaikanlage konnte – bei Zuordnung der Photovoltaikanlage zum Unternehmensvermögen – der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden. Da der regionale Energieversorger die Umsatzsteuer für die Stromlieferung zusätzlich auf das gleichbleibende Nettoentgelt gewährte, überwog dieser Vorteil den Aufwand durch die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten. Diese gingen meist ohne merklichen Zusatzaufwand mit der ertragsteuerlichen Deklaration einher. Durch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe für den dezentral (privat) verbrauchten Strom wird der rechtlich zulässige Vorsteuerabzug nachgelagert ausgeglichen.

Mit der Einführung des Nullsteuersatzes ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs aus den Anschaffungskosten der Photovoltaikanlage als Anreiz für Betreiber, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten, weggefallen. Nun, da ab dem Veranlagungszeitraum 2022 Photovoltaikanlagen, die unter § 3 Nr. 72 EStG fallen, ertragsteuerlich steuerbefreit sind und auch auf den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung für solche Anlagen verzichtet wird ( BStBl 2023 I S. 990), wurde „für triviale Standardfälle“ Entbürokratisierung erreicht.

2. ... den Wechsel der Besteuerungsform (von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung)

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Seiten: 16
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Ertrag- und umsatzsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen ab 2022/2023

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