Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
(Ertrag-)Steuerliche Aspekte des Wachstumschancengesetzes
Ein Überblick über die wesentlichen Neuerungen
Die Bundesregierung hat am den Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)“ beschlossen. Der Beitrag stellt die wesentlichen ertragsteuerlichen Aspekte dieses Gesetzes vor.
ReformRadar, Wachstumschancengesetz, NWB SAAAJ-44097
Welche Neuerungen sind bei der Zinsschranke vorgesehen?
Was ist beim Verlustvortrag und Verlustrücktrag geplant?
Wie ist das Wachstumschancengesetzt insgesamt zu bewerten?
I. Einleitung
[i]Hörster, Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes, NWB 38/2023 S. 2608, NWB LAAAJ-48369 25 Jahre nach seiner sprichwörtlichen ersten Titelgeschichte fragt der britische Economist im August 2023 „Is Germany once again the sick man of Europe?“. Auch die EU-Kommission sieht Deutschland in ihrer am vorgelegten Konjunkturprognose im Jahr 2023 mit einem Wachstum von -0,4 % nicht nur in der Rezession, sondern als Schlusslicht der Volkswirtschaften in der EU. Nichts bräuchte das Land aktuell also mehr als kräftige wirtschaftliche Wachstumsimpulse und einen Gesetzgeber, der auch strukturelle Hemmnisse abbaut.
So gesehen kommt der am vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ (sog. Wachstumschancengesetz) gerade recht. Ob die darin enthaltenen Maßnahmen das halten, was der Titel verspricht, steht freilich auf einem anderen Blatt. Das vorgesehene Entlastungsniveau liegt mit geplanten Entlastungen i. H. von gut 7 Mrd. € (sog. volle Jahreswirkung) zwar auf einem durchaus relevanten Niveau. Allerdings fällt auf, dass mehrere der entlastenden Maßnahmen (z. B. in den Bereichen der steuerlichen Abschreibungen und der Verlustverrechnung) befristet sind, während Gegenfinanzierungsmaßnahmen wie z. B. beim Zinsabzug unbefristet gelten sollen.
Hinzu kommt, dass insbesondere die Beschränkungen beim Zinsabzug teils sehr restriktiv ausfallen und ausgerechnet die mit im Zentrum der Krise stehende Immobilienwirtschaft mit voller Härte zu treffen drohen. Von den im Wachstumschancengesetz (und vorher schon im JStG 2022) mit verbesserten Abschreibungsbedingungen für den Wohnungsneubau gesetzten Anreizen dürfte nach dem Kontakt mit der Zins- und Zinshöhenschranke wohl zumeist wenig bis nichts übrigbleiben. An dieser Stelle wird sich der Gesetzgeber entscheiden müssen, wie ernst er es mit den Wachstumschancen meint.
Unabhängig davon ist beachtenswert, dass die regierende Koalition das Steuerrecht als Instrument gewählt hat, mit dem der Wachstumsimpuls gesetzt werden soll, der Deutschland aus der ökonomischen Krise führt. Der Beitrag greift dies auf und stellt die wesentlichen, insbesondere ertragsteuerlichen Maßnahmen des Wachstumschancengesetzes vor. Um das Zeitbudget des Lesers bei der Zusammenfassung des gut 280 Seiten starken Gesetzentwurfs nicht S. 762überzustrapazieren, soll dagegen auf die Darstellung weiterer Bereiche verzichtet werden, die zwar zweifellos relevant, aber weniger dem Kernbereich des Wachstumschancengesetzes zuzuordnen sind. Dies betrifft u. a. die Umsatzsteuer (eRechnung), die Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen und diverse steuerliche Folgeanpassungen an die zum in Kraft tretende Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG).
Darüber hinaus ist der Hinweis angebracht, dass im Anschluss an den Kabinettsbeschluss die parlamentarischen Beratungen in Bundestag und Bundesrat erfolgen, was erfahrungsgemäß zu diversen größeren und kleineren Änderungen an derart umfangreichen Gesetzentwürfen führt. Dabei dürfte das zustimmungspflichtige Gesetz angesichts des Anteils von knapp 63 %, den die Länder und Kommunen an den Steuerausfällen tragen sollen, im Bundesrat kein Selbstläufer sein. Am Ende bleibt zu hoffen, dass sich die Länder der Einsicht in das wirtschaftlich Notwendige nicht vollends verweigern werden. Ideal wäre es, wenn sie ihre Verhandlungsmacht nutzen und die im aktuellen Entwurf noch enthaltenen Wachstumshemmnisse entfernen würden.