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NWB Nr. 36 vom Seite 2479

Anwendungsschreiben zur Steuerbefreiung von Photovoltaikanlagen nach § 3 Nr. 72 EStG

Anmerkungen zum

Katja Gragert

[i]Martz, Photovoltaikanlage, Grundlagen, NWB ZAAAE-28828 Mit dem JStG 2022 v.  (BGBl 2022 I S. 2294) wurde mit Wirkung bereits ab dem eine Steuerbefreiung für bestimmte (kleinere) Photovoltaikanlagen auf Gebäuden eingeführt (§ 3 Nr. 72 EStG). Mit (BStBl 2023 I S. 1494) wurde kürzlich das Anwendungsschreiben dazu veröffentlicht. Zuvor bestand lediglich die Möglichkeit, im Rahmen einer Vereinfachungsregelung (zuletzt BStBl 2021 I S. 2202) für Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von bis zu 10 kW (peak) beim Finanzamt einen Antrag zu stellen, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden (vgl. Gragert, NWB 45/2021 S. 3312). Der nachfolgende Beitrag erläutert die Regelung des § 3 Nr. 72 EStG und die Verwaltungsauffassung dazu. Zudem beschäftigt er sich mit der wichtigen Vorfrage der Gewinnerzielungsabsicht und dem Verhältnis zur bisher nicht aufgehobenen Vereinfachungsregelung.

I. Verhältnis Gewinnerzielungsabsicht/Steuerbefreiung

[i]Begünstigt sind mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene PhotovoltaikanlagenAus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage werden grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) erzielt, wenn die Stromerzeugung zumindest teilweise der Erzielung von Einnahmen (z. B. Einspeisevergütung oder entgeltliche Lieferung des Photovoltaik-Stroms an Mieter) dient. Photovoltaikanlagen, bei denen dies nicht der Fall ist (z. B. bei sog. Balkonkraftwerken am selbstgenutzten Einfamilienhaus), sind ertragsteuerlich betrachtet irrelevant und unterliegen damit auch nicht der Steuerbefreiung.

[i]Kein Gesamtüberschuss allein mit Einspeisevergütung oder ...Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG ist – systematisch betrachtet – jedoch darüber hinaus nur für solche Photovoltaikanlagen überhaupt anwendbar, die mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. § 15 Abs. 2 EStG) betrieben werden. Bei einer Vielzahl von kleinen, in den letzten Jahren installierten Photovoltaikanlagen – insbesondere denen auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhäusern – ist diese Voraussetzung S. 2480aufgrund der niedrigen (auch wenn zuletzt wieder leicht angehobenen) Einspeisevergütungen nach dem EEG nicht erfüllt. Allein mit der Einspeisevergütung lässt sich über die gesamte Betriebsdauer der Photovoltaikanlage betrachtet kein Gesamtüberschuss erzielen. [i]... allein aufgrund PrivatentnahmenBei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht sind m. E. die Privatentnahmen für den privat verbrauchten Strom nicht zu berücksichtigen. Eine Gewinnerzielungsabsicht allein aufgrund des Eigenverbrauchs/der Entnahmen anzunehmen, ist in diesen Fällen nicht geboten. Die Absicht, die Kosten für den privaten Stromverbrauch zu senken, kann nämlich nicht zur Annahme eines Gewerbebetriebs führen. Photovoltaikanlagen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, fallen damit nicht unter den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung. Diese hat hier nur den mittelbaren Effekt, dass die Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr geprüft werden muss.

[i]Verluste aus PhotovoltaikanlagenSoweit in den Veranlagungszeiträumen bis 2021 Verluste aus solchen Photovoltaikanlagen nicht bestandskräftig berücksichtigt wurden, ist davon auszugehen, dass die Finanzämter unter Hinweis auf die fehlende Gewinnerzielungsabsicht die Verluste aus Photovoltaikanlagen bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2021 nicht mehr anerkennen. Dies gilt insbesondere auch in den Fällen, in denen Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG (s. dazu unter V, 2, h) geltend gemacht wurden. Die Rückforderung hat bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht jedoch letztlich nichts mit der „rückwirkenden“ Einführung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG zu tun, sondern ist lediglich das Ergebnis der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht.

II. Verhältnis Vereinfachungsregelung nach BMF-Schreiben/Steuerbefreiung

[i]Gragert, NWB 45/2021 S. 3312Durch das Anwendungsschreiben zu § 3 Nr. 72 EStG wurde das (BStBl 2021 I S. 2202) (noch) nicht aufgehoben. Der Grund hierfür dürfte zum einen die dort ebenfalls geregelte Vereinfachungsregelung für Blockheizkraftwerke, für die keine gesetzliche Steuerbefreiung eingeführt wurde, sein. Zum anderen hat dies auch Auswirkungen auf z. B. die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a EStG (s. unten V, 2, m).

[i]Zeitliche Anwendung der VereinfachungsregelungAnträge auf Anwendung der Vereinfachungsregelung (vgl. BStBl 2021 I S. 2202) sind für Photovoltaikanlagen, die nach dem in Betrieb genommen wurden, nicht mehr möglich. Für Photovoltaikanlagen, die bis zum in Betrieb genommen wurden, wird die Frist für die Antragstellung hingegen bis zum verlängert. Damit besteht weiterhin die Möglichkeit, auch für Zeiträume vor 2022 die Einkünfte aus einer entsprechenden Photovoltaikanlage nicht mehr erklären zu müssen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Einkommensteuerbescheide für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2021 noch nicht bestandskräftig sind.

Auch Antragsteller, die nach dem einen Antrag für Photovoltaikanlagen, die bis zum in Betrieb genommen worden sind, gestellt haben und bei denen der Antrag bereits bestandskräftig wegen Verfristung vom Finanzamt abgelehnt worden ist, können einen erneuten Antrag auf Anwendung der Vereinfachungsregelung nach dem (BStBl 2021 I S. 2202) stellen ( BStBl 2023 I S. 1494, Rz. 31). Auch hier ist aber Voraussetzung, dass die Einkommensteuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind.

III. Rückwirkung

[i]Zum 1.1.2022Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG wurde „rückwirkend“ bereits zum (nicht wie noch im Referentenentwurf vorgesehen erst zum ) eingeführt. Diese Rückwirkung ist jedoch verfassungsmäßig zulässig, da die Steuer für 2022 erst mit Ablauf des entstanden ist.S. 2481

[i]Im Laufe des Jahres 2022 in Betrieb genommene AnlagenBei Photovoltaikanlagen, die im Laufe des Jahres 2022 in Betrieb genommen wurden, führt dies dazu, dass Verluste (z. B. aufgrund Sonderabschreibung) schon 2022 nicht mehr geltend gemacht werden können. Dies kann zu finanziellen Problemen führen, wenn die Steuererstattung aufgrund des Verlustes aus dem Betrieb der Photovoltaikanlagen Bestandteil der Finanzierung der Anlage war. Auch hier ist aber darauf hinzuweisen, dass auch ohne die Einführung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG die Verluste (und damit auch die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG im Vorjahr) mangels Gewinnerzielungsabsicht in vielen Fällen ohnehin nicht berücksichtigungsfähig gewesen wären.

IV. Sinn und Zweck der Steuerbefreiung

[i]Lindtner/Urban, NWB 5/2023 S. 344Die Steuerbefreiung soll einen Anreiz – insbesondere für Eigentümer von zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (hier vor allem Einfamilienhäuser) – setzen, eine Photovoltaikanlage zu installieren, ohne dass damit Steuererklärungspflichten verbunden sind. Die Finanzämter werden ebenfalls entlastet, weil eine Überprüfung der Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr erforderlich ist. Die Steuerbefreiung dient damit vorrangig dem Bürokratieabbau, da ab 2022 keine Gewinnermittlung mehr abzugeben ist und auch keine Angaben in der Einkommensteuererklärung (Ausnahme: Photovoltaikanlage ist Betriebsvermögen eines anderweitigen Betriebs). Bei Photovoltaikanlagen, die nach dem installiert wurden, gilt zudem der ebenfalls mit dem JStG 2022 eingeführte umsatzsteuerrechtliche Nullsteuersatz, so dass Steuerpflichtige hier von Anfang an die [i]Fietz/Mayer, NWB 10/2023 S. 706Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen können und nicht aufgrund des Vorsteuerabzugs auf die Anwendung verzichten müssen.

[i]Ohne Einschränkung auf Zeitpunkt der InbetriebnahmeDie Steuerbefreiung gilt für alle Photovoltaikanlagen i. S. von § 3 Nr. 72 EStG ohne Einschränkungen in Bezug auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Soweit Finanzämter in der Vergangenheit Verluste aus Photovoltaikanlagen nur vorläufig anerkannt haben, weil die Gewinnerzielungsabsicht noch nicht nachgewiesen wurde, ist davon auszugehen, dass spätestens mit der nächsten Veranlagung eine Entscheidung hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht für zurückliegende Veranlagungszeiträume getroffen wird und in vielen Fällen geänderte Steuerbescheide mit Rückforderungen versandt werden.

V. Anwendungsschreiben v. 

1. Persönlicher Anwendungsbereich

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