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StuB Nr. 12 vom Seite 486

Der Bezugspunkt der Wesentlichkeitsbemessung bei steuerlichen Rechnungsabgrenzungsposten

Verbleibende Zweifelsfragen der Wahlrechtsausübung

Dr. Jonas Max Bense

Der nachfolgende Beitrag widmet sich der bislang strittigen Frage, welcher Bezugspunkt im Rahmen des jüngst geschaffenen Wahlrechts nach § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG zum Ansatz bzw. Nichtansatz von unwesentlichen Rechnungsabgrenzungsposten zu wählen ist. Diesbezüglich stehen sich zwei Auffassungen gegenüber: Die einen verstehen die Gesamtausgabe respektive -einnahme als Bezugspunkt, der mit der in § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG normierten Grenze von derzeit 800 € abzugleichen ist. Gemäß einer zweiten Auffassung bildet stattdessen der abgrenzungswürdige Teil der jeweiligen Ausgabe bzw. Einnahme die korrekte Bezugsgröße. Auf Basis von Wortlautargumenten sowie einer historischen und teleologischen Auslegung des § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG pflichtet der Beitrag der zweiten Auffassung bei.

Bense, Der Wesentlichkeitsgrundsatz in der Steuerbilanz, StuB 3/2023 S. 114, NWB ZAAAJ-31816

Kernaussagen
  • Zwecks Vereinfachung und Bürokratieabbau hat der Gesetzgeber im Rahmen des JStG 2022 eine Wesentlichkeitsregelung in § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG geschaffen, die durch einen dynamischen Verweis auf § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG an die GWG-Grenze gekoppelt ist. Hierdurch können die Bilanzierenden von der Einbeziehung von unwesentlichen Beträgen in die steuerliche Rechnungsabgrenzung wahlweise Abstand nehmen.

  • Fraglich ist, welcher Betrag zur Festlegung der Wesentlichkeit des einzelnen Sachverhalts maßgeblich ist – entweder die vor dem Abschlussstichtag anfallende Ausgabe bzw. Einnahme als solche oder nur der abgrenzungswürdige Teil der jeweiligen Ausgabe oder Einnahme, der in den entsprechenden Rechnungsabgrenzungsposten eingehen würde.

  • Der Wortlaut des § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG sowie historische und teleologische Argumente lassen erkennen, dass der abgrenzungswürdige Anteil als Bezugspunkt der Wesentlichkeitsgrenze gewählt werden sollte.

I. Hintergrund

[i]Prinz, Aktive Rechnungsabgrenzungsposten, in: Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 4. Aufl. 2021, Rz. 4940, NWB KAAAH-92837 Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) einen Wesentlichkeitsvorbehalt in § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG eingefügt, der eine wahlweise Abweichung vom generellen Ansatzgebot für Rechnungsabgrenzungsposten nach § 5 Abs. 5 Satz 1 EStG in der Steuerbilanz ermöglicht. Den Hintergrund der gesetzlichen Neuerung bilden Entwicklungen in der Finanzrechtsprechung. So hatte sich der X. Senat des BFH in seinem Urteil vom gegen die analoge Anwendung der GWG-Grenze des § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG auf Rechnungsabgrenzungsposten ausgesprochen, die zuvor weitgehend anerkannt war und von der Rechtsprechung gebilligt wurde. Die im Zeichen der Vereinfachung stehende Schaffung eines Wahlrechts zum Ansatz von unwesentlichen Rechnungsabgrenzungsposten in § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG ist in erster Linie als Reaktion auf diese Entwicklungen zu verstehen.

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