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NWB Nr. 9 vom Seite 600

Die Einlagenrückgewähr nach dem JStG 2022

Kritische Würdigung der Änderungen des § 27 KStG

Prof. Dr. Carsten Pohl

[i]NWB ReformRadar: Jahressteuergesetz 2022, NWB MAAAJ-18675 Nach § 27 Abs. 8 KStG a. F. konnten Körperschaften und Personenvereinigungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, eine für den Anteilseigner steuerfreie Einlagenrückgewähr erbringen. Drittstaaten wurden in der Vorschrift bewusst nicht genannt. Erstmals im Jahre 2016 hat der VIII. Senat des BFH diese Ausklammerung als unionswidrig kritisiert. Trotz der Bestätigung dieser Rechtsprechung durch den I. Senat des BFH im Jahre 2019 blieb der Gesetzgeber noch lange untätig und auch die Finanzverwaltung hat erstmals 2022 den Versuch unternommen, die Entscheidungen durch ein BMF-Schreiben umzusetzen. Quasi in letzter Sekunde ist auf Anregung des Bundesrats der Gesetzgeber mit dem JStG 2022 tätig geworden. Neben einer Öffnung des persönlichen Anwendungsbereichs und einem expliziten Einbezug der Nennkapitalrückzahlungen sind weitere Änderungen des § 27 Abs. 8 KStG erfolgt.

I. Problemstellung

[i]de Man, Steuerliches Einlagekonto nach § 27 KStG, Grundlagen, NWB EAAAF-82078 Leistet ein Anteilseigner Einlagen in die Körperschaft, handelt es sich aus seiner Sicht um einen erfolgsneutralen Vorgang. Werden die Einlagen später zurückgewährt, muss dieser Vorgang als actus contrarius für ihn im Grundsatz ebenfalls erfolgsneutral sein (vgl. auch BT-Drucks. 14/2683 S. 125; BStBl 2003 I S. 366, Rz. 1). Rechtliches Vehikel sind die Regelungen zum steuerlichen Einlagekonto in den §§ 27 ff. KStG.

[i]Mössner in Mössner/Valta/Oellerich, KStG, § 27 Rz. 261 ff., NWB PAAAH-79891 Von jeher hat sich der Gesetzgeber schwer damit getan, das steuerliche Einlagekonto für grenzüberschreitende Sachverhalte zu öffnen. Seit dem SEStEG existierte allein in § 27 Abs. 8 KStG eine lückenhafte und für die Praxis schwer handhabbare Regelung, die die Steuerfreiheit der Einlagenrückgewähr allein für EU-Gesellschaften garantierte (hierzu Pohl in BeckOK, KStG, § 27 Rz. 436 ff.; Mössner in Mössner/Valta/Oellerich, KStG, § 27 Rz. 261 ff.).S. 601

II. Einlagenrückgewähr aus dem Ausland

1. Erfassung von Drittstaaten

[i]Steuerneutrale Einlagenrückgewähr bei Drittstaatengesellschaften bisher nicht zulässigDie Diskussion über die rechtliche Behandlung einer Einlagenrückgewähr durch eine Körperschaft oder Personenvereinigung, die allein in einem Drittstaat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt (sog. Drittstaatengesellschaft), ist nicht neu. Nach dem Ergebnis der Erörterungen durch die Körperschaftsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ( NWB ZAAAJ-20320) ist sie auf Ebene des Anteilseigners grds. steuerpflichtig.

[i]Pohl, NWB 33/2022 S. 2344Der VIII. Senat des , BStBl 2022 II S. 263; hierzu Pohl, IWB 22/2016 S. 841) ist diesem Verständnis aus unionsrechtlichen Gründen bereits 2016 und der I. Senat des , BStBl 2022 II S. 266; hierzu Kahlenberg, NWB 29/2020 S. 2167) 2019 entgegengetreten. Anders als ursprünglich erwartet, blieb eine zeitnahe gesetzliche Reaktion auf die Urteile jedoch aus und auch die Finanzverwaltung sah sich erst 2022 dazu veranlasst, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Auf Basis dieses (BStBl 2022 I S. 647; hierzu ausführlich Pohl, NWB 33/2022 S. 2344) bestand seither eine uneinheitliche Rechtslage: Inländische Gesellschaften unterlagen dem § 27 Abs. 1 KStG (verbunden mit der gesonderten Feststellung nach § 27 Abs. 2 KStG), EU-Gesellschaften unterlagen dem § 27 Abs. 8 KStG, Drittstaatengesellschaften sollten dem § 27 Abs. 1 KStG (ohne gesonderte Feststellung nach § 27 Abs. 2 KStG) unterfallen und EWR-Gesellschaften konnten sich wahlweise wie eine EU- oder Drittstaatengesellschaft behandeln lassen.

[i]Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 27 Abs. 8 KStGErst das JStG 2022 hat insoweit Abhilfe geschaffen. Nunmehr fällt unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 27 Abs. 8 KStG jede Körperschaft oder Personenvereinigung, die nicht der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland unterliegt. Damit sind nicht nur (wie bisher) EU-Staaten, sondern auch Drittstaaten und EWR-Staaten erfasst. Das noch junge (BStBl 2022 I S. 647) ist dadurch in weiten Teilen überholt.

Neben der Einlagenrückgewähr sind auch die Kapitalveränderungen bei Umwandlungen nach § 29 KStG von der Neuregelung betroffen. § 29 Abs. 1 KStG reduziert den Anwendungsbereich der Vorschrift durch die Bezugnahme auf § 1 UmwG vordergründig zwar weiterhin auf Inlandsfälle. Denn § 1 Abs. 1 UmwG verlangt ausdrücklich einen Rechtsträger mit Sitz im Inland (Oellerich in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 29 KStG Rz. 5; zu den angekündigten Änderungen des UmwG durch die EU-Umwandlungsrichtlinie vgl. Höring, IWB 23/2022 S. 940). Die entsprechende Anwendung des § 27 Abs. 8 KStG in § 29 Abs. 6 Satz 2 KStG impliziert jedoch, dass zukünftig auch Umwandlungen aus EWR- und Drittstaaten erfasst werden (zum Anwendungsbereich des § 29 KStG vgl. bereits Stadler/Jetter, IStR 2009 S. 336; Schießl, DStZ 2008 S. 852).

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