Ausgabenaufgelder für den Erwerb einer stillen Beteiligung sind nicht als Werbungskosten abziehbar, sondern stellen Anschaffungskosten dar
Leitsatz
Ein beim Erwerb einer stillen Beteiligung an den Geschäftsinhaber entrichtetes Ausgabeaufgeld gehört zu den Anschaffungskosten der stillen Beteiligung und ist nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar.
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1EStG § 2 Abs. 2 Nr. 2EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4HGB § 230HGB § 272 Abs. 2 Nr. 1BGB § 705
Instanzenzug: FG Berlin (EFG 1998, 1193) (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben im Streitjahr 1994 26 Anteile (stille Beteiligungen) a 1000 DM von einer . . . GmbH & Co. KG (im Folgenden: A-GmbH & Co. KG). Für jeden Anteilskauf war zusätzlich eine Gebühr von 6 000 DM pro Anteil zu entrichten (insgesamt 156 000 DM); hiervon zahlten die Kläger im Streitjahr insgesamt 105 181,83 DM und entrichteten für die Stundung des Restbetrags Zinsen in Höhe von 1 250,47 DM (Gesamtbetrag 106 432,30 DM). Den Betrag von 106 432,30 DM machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend und erklärten aus ihrer stillen Beteiligung an der A-GmbH & Co. KG Einnahmen in Höhe von 28 150 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte die geltend gemachten Werbungskosten nur in Höhe der entrichteten Zinsen von 1 250,47 DM an und behandelte den verbleibenden Betrag von 105 181,83 DM als Anschaffungskosten auf die stille Beteiligung.
Nach erfolglosem Vorverfahren wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1998, 1193).
Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie machen geltend, dass die Gebühren ausschließlich im Hinblick auf die hohe Ertragserwartung hinsichtlich der stillen Beteiligung geleistet worden seien und eine steuerliche Gleichbehandlung mit den Abschlussgebühren für Bausparverträge geboten sei, die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anerkannt würden.
Die Kläger beantragen, unter Abänderung des Urteils des FG und des Einkommensteuerbescheides für 1994 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom die Einkommensteuer 1994 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 105 182 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen neu festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
II.
Die zulässige Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die von den Klägern im Streitjahr an die A-GmbH & Co. KG entrichteten Gebühren sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 20 EStG, sondern Anschaffungskosten auf die von ihnen erworbene stille Beteiligung.
1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Diese Definition gilt für alle Überschusseinkünfte i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7, Abs. 2 Nr. 2 EStG. Um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. von § 20 EStG handelt es sich, wenn objektiv ein Zusammenhang der Aufwendungen mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (vgl. , BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, m. w. N.; vom VIII R 281/83, BFHE 154, 456, BStBl II 1989, 16, jeweils unter 1. der Gründe).
Demgegenüber gehören die Anschaffungskosten und Anschaffungsnebenkosten der Kapitalanlage nicht zu den Werbungskosten. Diese einschränkende Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG beruht auf dem System der Einkünfteermittlung nach dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil in BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934; vgl. die Nachweise bei Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 9 Rz. 24 ff.).
2. Die von den Klägern entrichteten Gebühren sind Anschaffungskosten auf die stille Beteiligung und damit Aufwendungen auf das Vermögen des Steuerpflichtigen, die von § 9 EStG nicht erfasst werden. Bei den Gebühren handelt es sich um ein Ausgabeaufgeld (Eintrittsgeld) für die künftig zu erwartenden - auf der Basis der Anteilsscheine überdurchschnittlich hohen - Gewinne. Für die steuerrechtliche Behandlung eines Ausgabeaufgelds bei einer typisch stillen Beteiligung gilt im Ergebnis nichts anderes als für ein Ausgabeaufgeld bei Kapitalgesellschaften (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 des Handelsgesetzbuchs - HGB -; Krebs in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 9 KStG Anm. 46), Personengesellschaften (für Personenhandelsgesellschaften: vgl. , BFHE 130, 305, BStBl II 1980, 499; Erdweg in Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 16 EStG Anm. 314; für Gesellschaften bürgerlichen Rechts: vgl. , BFH/NV 1995, 882) oder Fondsanteilen (vgl. , BFHE 119, 574, BStBl II 1977, 65). Diese Beurteilung beruht auf folgenden Erwägungen:
a) Bei einer typisch stillen Gesellschaft sind nur die zugeflossenen Beteiligungserträge steuerbar, d. h. alle Vorteile, die der stille Gesellschafter für die Kapitalüberlassung erhält. Hingegen ist der außerhalb der Spekulationsfrist i. S. von § 23 Abs. 1 EStG erzielte Überschuss aus der Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen stillen Beteiligung nicht steuerbar, weil er aus einer Verwertung - und nicht aus einer Nutzungsüberlassung - der Kapitaleinlage stammt (vgl. , BFHE 133, 35, BStBl II 1981, 465; , BFH/NV 1996, 125, mit weiteren Literaturnachweisen). Dementsprechend sind auch alle Aufwendungen, die die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters betreffen, keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern - entsprechend den Ausführungen unter II. 1. der Gründe - nicht von § 9 EStG erfasste Aufwendungen auf das Vermögen.
b) Die von den Klägern entrichtete Gebühr ist Teil der Kapitaleinlage der Kläger als stille Gesellschafter.
aa) Die Kläger haben mit dieser Gebühr allerdings keinen Wertanteil an einem Gesellschaftsvermögen erworben, da Träger des Gesellschaftsvermögens bei der stillen Gesellschaft allein der Inhaber des Handelsgeschäfts ist (§ 230 Abs. 1 HGB; vgl. , BFHE 141, 124, BStBl II 1984, 580). Vielmehr haben die Kläger als stille Gesellschafter nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auszahlung ihres vereinbarten Gewinnanteils und - bei Beendigung der Gesellschaft - auf Rückzahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Einen Auseinandersetzungsanspruch erwerben sie nur in Höhe der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Vermögenseinlage, also ihres aus den Büchern des Geschäftsinhabers ersichtlichen Guthabens (vgl. hierzu Schlegelberger/Karsten Schmidt, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 335 Rdnr. 33, 152 ff.; Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, 5. Aufl., Rdnr. 290 f:). Hinsichtlich der Bewertung dieser Einlage sind die Gesellschafter im Rahmen des gesetzlich Zulässigen frei (vgl. , BGHZ 7, 174, 178 f.).
Für den Streitfall ergibt sich die Höhe der Vermögenseinlage aus dem in den jeweiligen Anteilsscheinen genannten Betrag von 1 000 DM pro Anteil; nur in Höhe dieses Betrages haben die Kläger ein Auseinandersetzungsguthaben je Anteil erworben.
bb) Eine stille Beteiligung setzt sich jedoch nicht nur aus der Vermögenseinlage und der mit ihr verbundenen Gewinnbeteiligung zusammen, sondern sie umfasst auch die durch sie vermittelten weiteren Gewinnaussichten. Die für diese zusätzlichen Gewinnaussichten aufgewendeten Mittel (Ausgabeaufgeld) sind Anschaffungskosten auf die Beteiligung.
aaa) Auch eine stille Beteiligung ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Daher unterliegt auch der stille Gesellschafter der Pflicht des § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die Erreichung des Gesellschaftszwecks durch einen eigenen Beitrag zu fördern. Als Beitrag in diesem Sinne kommt bei einer stillen Gesellschaft - wie auch bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - jede Leistung in Betracht, die geeignet ist, den gemeinsamen Gesellschaftszweck zu fördern. Die im Gesellschaftsvertrag festgelegte Form der Beitragsleistung kann außer in einer bilanzierungsfähigen Einlageleistung i. S. von § 230 Abs. 1 HGB auch in anderen Beitragspflichten bestehen (vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 1852; Blaurock, a. a. O., Rdnr. 238); hierzu gehören etwa die Gebrauchsüberlassung eines Vermögensgegenstands, die zusätzliche Nutzungsüberlassung von Kapital (z. B. ein partiarisches Darlehen) oder aber auch die Überlassung von Vermögensgegenständen dem Werte nach. Dementsprechend kann auch ein Ausgabeaufgeld ein Beitrag in diesem Sinne sein.
bbb) Das von den Klägern geleistete Ausgabeaufgeld ist nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen als Beitrag eines stillen Gesellschafters anzusehen. Es handelt sich um eine zusätzliche Bareinlage, bei der sich die Gutschrift auf dem Einlagekonto mit dem Nominalwert der geleisteten Zahlung nicht deckt. Der Wert dieser zusätzlichen Kapitalüberlassung wird durch eine vom Einlagekonto unabhängige zusätzliche Gewinnbeteiligung abgegolten und richtet sich am Wert der von der Beteiligung verkörperten künftigen Gewinnanteile aus (vgl. Moxter, Festschrift Knobbe-Keuk, S. 487, 491). Wenn der Gesellschaftsvertrag dies zulässt, kann dieser Wert jederzeit durch Veräußerung der stillen Beteiligung realisiert werden.
ccc) Damit ist das Ausgabeaufgeld der Vermögenssphäre des stillen Gesellschafters zuzurechnen. Es ist mit dem die Vermögenseinlage übersteigenden Mehrbetrag vergleichbar, den der Erwerber einer stillen Beteiligung an den Veräußerer bezahlt. Hierzu wird er nur bereit sein, wenn die Beteiligung einen besonders hohen, die übliche Verzinsung der Vermögenseinlage übersteigenden Gewinn verspricht. Wie unter II. 2. Buchst. a der Gründe ausgeführt, ist dieser Mehrbetrag beim Veräußerer nicht steuerbar. Beim Erwerber handelt es sich - wie bei den Aufwendungen für die Vermögenseinlage i. S. von § 230 Abs. 1 HGB - um Anschaffungskosten der Beteiligung. Dasselbe gilt für das von den Klägern entrichtete Ausgabeaufgeld, das von ihnen weder als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen noch mit später zufließenden Einnahmen verrechnet werden kann (vgl. hierzu Dötsch in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. F 136).
3. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von seinem Urteil vom VIII R 45/85 (BFHE 161, 513, BStBl II 1990, 975) ab, nach dem Abschlussgebühren für einen Bausparvertrag Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein können. Entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung sind die im Streitfall für den Erwerb der stillen Beteiligung entrichteten Gebühren mit den Abschlussgebühren für einen Bausparvertrag bereits deshalb nicht vergleichbar, weil die Abschlussgebühr für einen Bausparvertrag nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats als sonstiger Kreditaufwand anzusehen ist (vgl. Urteile in BFHE 161, 513, BStBl II 1990, 975; vom VIII R 163/81, BFHE 138, 202, BStBl II 1983, 355).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2001 II Seite 24
BB 2000 S. 2504 Nr. 49
BFH/NV 2001 S. 90 Nr. 1
DB 2000 S. 2456 Nr. 49
DStR 2000 S. 2037 Nr. 48
DStRE 2000 S. 1315 Nr. 24
FR 2001 S. 36 Nr. 1
INF 2001 S. 28 Nr. 1
WAAAA-88853