Online-Nachricht - Donnerstag, 26.11.2020

Einkommensteuer | Kaufpreisaufteilung für Gebäude-AfA (BFH)

Das FG darf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude, die die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch die unter Verwendung der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen. Die Arbeitshilfe gewährleistet die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude im Hinblick auf die Verengung der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren und die Nichtberücksichtigung eines sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktors bei der Ermittlung des Gebäudewerts nicht (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Die Höhe der Gebäude-AfA richtet sich nach den Anschaffungskosten für das Gebäude (§ 7 Abs. 4 EStG). Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA von Gebäuden ist es häufig erforderlich, einen Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück auf das Gebäude, das der Abnutzung unterliegt, sowie den nicht abnutzbaren Grund und Boden aufzuteilen. Hierzu stellen die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder regelmäßig eine Arbeitshilfe zur Verfügung, die es unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ermöglicht, in einem typisierten Verfahren entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung zu prüfen (s. auch Kaufpreisaufteilung: Berechnung für bebaute Grundstücke, Berechnungsprogramm).

Sachverhalt: Streitig ist die Aufteilung des Kaufpreises für eine vermietete Eigentumswohnung auf das Gebäude sowie den Grund und Boden für Zwecke der Bemessung der AfA: Die Klägerin ist Eigentümerin einer Einzimmerwohnung mit einem Miteigentumsanteil von rund 39/1000 an dem Grundstück. Es besteht ein Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum und einer Doppelgarage. Laut notariellem Kaufvertrag entfiel von dem Kaufpreis ein Anteil von 81,81 % auf das Gebäude. Diesen legte die Klägerin ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr zugrunde.

Das FA folgte dem nicht, sondern nahm eine neue Berechnung anhand der Arbeitshilfe des BMF vor. Diese führte zu einem Kaufpreisanteil von lediglich 27,03 % für das Gebäude und einem auf den Boden entfallenden 72,97 %. Hierbei hatte der Beklagte die Tiefgarage nicht berücksichtigt. In dem sich anschließenden Einspruchsverfahren änderte das Finanzamt den angefochtenen Bescheid insoweit, als es nunmehr einen Gebäudewertanteil von 30,9 % als AfA-Bemessungsgrundlage zugrunde legte.

Die Klägerin macht u.a. geltend, dass nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich die im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung für die Ermittlung der Gebäude-AfA maßgeblich sei. Danach ergebe sich ein Gebäudewertanteil, der noch weit unter den derzeitigen Gebäudeherstellungskosten liege. Das FG der ersten Instanz wies die Klage ab (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 14.1.2020). Der das BMF zum Beitritt zu dem anhängigen Verfahren aufgefordert (ausführlich zum Verfahren vgl. Graf/Nacke, , Dräger/Dorn, , Stiegler, ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Das FG darf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude, die die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch die unter Verwendung der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen.

  • Die Arbeitshilfe gewährleistet die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude im Hinblick auf die Verengung der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren und die Nichtberücksichtigung eines sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktors bei der Ermittlung des Gebäudewerts nicht.

  • Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung ist das FG in der Regel gehalten, gemäß § 81 Abs. 1 FGO das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen, wenn es nicht ausnahmsweise selbst über die nötige Sachkunde verfügt und diese in den Entscheidungsgründen darlegt.

Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:

Mit einer von der Praxis seit lange erwarteten Entscheidung (vgl. dazu auch Graf/Nacke, ) äußert sich der BFH zur Kaufpreisaufteilung anhand der von der Finanzverwaltung verwendeten Arbeitshilfe. Nach Ansicht des BFH entspricht diese nicht der von der Rechtsprechung geforderten Aufteilung nach den tatsächlichen Verkehrswerten. Die Verengung der Betrachtung auf das Sachwertverfahren und die Nichtberücksichtigung von Orts- und Regionalfaktoren führen zu nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Ergebnissen. Dies führt gerade in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten und bei hochwertigen Objekten oder sanierten Altbauten zu einem unverhältnismäßig hohen Anteil des Grund und Bodens und sehr niedrigen Gebäudewerten.

Die Entscheidung hat große praktische Auswirkung. Denn die Finanzverwaltung überprüft im Rahmen ihres Risikomanagements bei jeder erstmaligen Abgabe einer Anlage V die Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage und damit die Aufteilung der Anschaffungskosten auf Gebäude und Grund und Boden mittels dieser Arbeitshilfe. Das gleiche gilt häufig bei der erstmaligen Geltendmachung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, wenn in den Kosten anteilige Gebäude-AfA enthalten ist. Der BFH klärt nunmehr, dass die Arbeitshilfe keine die Finanzverwaltung bindende Verwaltungsanweisung darstellt, sondern ein rein internes Arbeitsmittel im Rahmen der Veranlagung ohne Bindungswirkung.

Mit der Entscheidung des BFH ist die Arbeitshilfe der Finanzverwaltung zukünftig nicht vom Tisch. Vielmehr ist zu erwarten, dass diese die Arbeitshilfe überarbeiten und entsprechend den Anforderungen des BFH anpassen wird. Aus Beratersicht sollten Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt zur Frage der Aufteilung von Anschaffungskosten auf Grund und Boden und Gebäude daher zunächst weiter offen gehalten werden. Sollte auch die zukünftige geänderte Arbeitshilfe zu der Realität widersprechenden Ergebnissen führen, bleibt noch die Möglichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Beachten Sie dabei, dass das Gutachten eines Bausachverständigen der Finanzverwaltung kein derartiges Gutachten darstellt, sondern lediglich ein Privatgutachten ist.

Mit der Entscheidung bestätigt der BFH weiter seine bereits in früheren Entscheidungen geäußerte Auffassung, wonach eine im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung grundsätzlich auch der Besteuerung zu Grunde zu legen ist. Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude kann angewandt werden, sofern keine nennenswerten Zweifel an ihr bestehen. Dies ist der Fall, wenn sie nicht nur zum Schein getroffen wurde, keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt, die realen Wertverhältnisse nicht in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich haltbar erscheint (vgl. u.a. ). So kann - wie in der Besprechungsentscheidung - eine erhebliche Abweichung zwischen den im Kaufvertrag ausgewiesenen Kaufpreisanteil auf den Grund und Boden und den Bodenrichtwerten zur Nichtanerkennung einer vertraglich vorgenommenen Aufteilung führen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB HAAAH-64948