BAG Urteil v. - 6 AZR 235/19

Betriebsübergang - Massenentlassung - Anzeigeverfahren

Leitsatz

1. Durch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung wird das Verfahren nicht nach § 240 ZPO unterbrochen.

2. Bei vorläufiger Eigenverwaltung ist der Schuldner berechtigt, die Stilllegung des Unternehmens zu beschließen. Diesen Beschluss kann sich der später bestellte Insolvenzverwalter zu eigen machen, ohne selbst die Stilllegung zu beschließen.

3. Im Anzeigeverfahren hat der Arbeitgeber den Stand der Beratungen gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ausgehend von dem tatsächlichen Ablauf des Konsultationsverfahrens darzulegen. Dazu gehört auch die Angabe, ob, wann und warum der Betriebsrat weitere Verhandlungen endgültig abgelehnt hat. Außerdem ist anzugeben, dass, wann und wie das Verfahren aus Sicht des Arbeitgebers beendet worden ist.

Gesetze: Art 3 Abs 1 EGRL 59/98, § 17 Abs 1 KSchG, § 1 Abs 2 S 1 KSchG, § 17 Abs 3 S 3 KSchG, § 17 Abs 3 S 4 KSchG, § 17 Abs 3 S 5 KSchG, § 134 BGB, § 270a ZPO, § 240 ZPO, § 613a Abs 1 S 1 BGB, § 613a Abs 4 S 1 BGB

Instanzenzug: Az: 4 Ca 1246/18 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 12 Sa 611/18 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses.

2Die Klägerin war seit dem bei einer Fluggesellschaft als Flugbegleiterin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ging im Jahr 2011 auf die Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG (Schuldnerin) mit Sitz in Berlin über. Diese bediente im Linienflugverkehr Ziele in Europa, Nordafrika, Israel sowie in Nord- und Mittelamerika. Die Schuldnerin unterhielt Stationen an den Flughäfen Berlin-Tegel, Düsseldorf, München, Frankfurt am Main, Stuttgart, Hamburg, Köln, Paderborn, Nürnberg und Leipzig. Die Langstreckenflüge wurden in erster Linie von den Drehkreuzen in Berlin-Tegel und Düsseldorf aus durchgeführt.

3Das fliegende Personal trat am sog. Stationierungsort (home base bzw. Heimatbasis) seinen Dienst an und beendete ihn dort. Soweit Personal auf Flügen von anderen Flughäfen als dem vereinbarten Dienstort eingesetzt wurde, erfolgte dies in Form des sog. proceeding. Das Personal fand sich dabei zunächst am Dienstort ein und wurde von dort zum Einsatzflughafen gebracht. Der Dienstort der Klägerin war zuletzt Düsseldorf.

4In Berlin war der Leiter des Flugbetriebs („Head of Flight Operations“) ansässig. Diesem oblag die gesamte Leitung des Flugbetriebs im operativen Geschäft. Ihm unterstellt waren ua. die Abteilungen Cabin Crew sowie Crew Operations. Der vormalige Crew Contact in Düsseldorf wurde zum geschlossen. Die Einsatzplanung für das Kabinenpersonal wurde seit Mitte 2017 in Berlin für den gesamten Flugbetrieb erstellt (Crew Planning). Dies umfasste die Urlaubsplanung und die Planung der Kabinencrew-Verkehre zwischen den einzelnen Stationen.

5Der Leitung der Abteilung Cabin Crew oblag die Durchsetzung, Kontrolle und Einhaltung aller Betriebsregeln im Bereich Kabine sowie die Personalplanung des gesamten Kabinenpersonals einschließlich der Begründung, Beendigung oder Änderung von Arbeitsverhältnissen. Ausweislich des sog. „Operations Manual Part A“ (OM/A, Stand ), welches die Organisationsstruktur des Flugbetriebs abbildete, waren der Leitung des Kabinenpersonals („PX-OK Cabin Crew“) ua. zwei Regional Manager unterstellt.

6Die Regional Manager waren als Flugbegleiter angestellt und in der Regel auch im operativen Flugbetrieb eingesetzt. Sie hatten keine eigenen Entscheidungskompetenzen. Das OM/A beschreibt die Aufgaben des ua. für die Station Düsseldorf zuständigen Regional Manager West wie folgt:

7Den Regional Managern waren sog. Area Manager Kabine („Area Manager Cabin“) untergeordnet. Deren Aufgaben und Kompetenzen sind ebenfalls im OM/A dargestellt. Ausweislich Ziff. 1.3.8.1.1 OM/A hatte der Area Manager Kabine alle Aspekte der Leistung des Kabinenpersonals zu verwalten, um sicherzustellen, dass ein gleichbleibend hohes Niveau an Sicherheit und Gastfreundlichkeit aufrechterhalten wird. Er wurde als Vorgesetzter aller Mitglieder des Kabinenpersonals bezeichnet, der Disziplinarverantwortung trage. Er hatte ua. die Aufgabe, Probleme zu ermitteln und zu beheben, um einheitliche Prozesse sicherzustellen. Auch hatte er Konflikte innerhalb des Kabinenpersonals bzw. zwischen Kabinen- und Cockpitpersonal in enger Abstimmung mit der Abteilung Flight Operations und dem Regional Manager zu deeskalieren.

8Die Schuldnerin beschäftigte mit Stand August 2017 mehr als 6.000 Arbeitnehmer, davon 1.318 Cockpitmitarbeiter, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiter am Boden. Für das Cockpitpersonal war gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG durch Abschluss des „Tarifvertrags Personalvertretung (TVPV) für das Cockpitpersonal der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG“ eine Personalvertretung (PV Cockpit) gebildet. Für das Kabinenpersonal wurde durch den „Tarifvertrag Personalvertretung (TVPV) für das Kabinenpersonal der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG“ die Personalvertretung Kabine (PV Kabine) errichtet. Beide Gremien hatten ihren Sitz in Berlin. Das Bodenpersonal vertraten die regional zuständigen Betriebsräte (Boden Nord, West und Süd) und der Gesamtbetriebsrat.

9Für das Kabinenpersonal schloss die Schuldnerin am den Tarifvertrag „TV Air Berlin: Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ (TV Pakt) ab. Dieser beschrieb Wachstumsperspektiven im Rahmen eines neuen Geschäftsmodells. Ausweislich § 2 Abs. 2 TV Pakt ging die Schuldnerin nicht davon aus, betriebsbedingte Beendigungskündigungen „durchführen zu müssen“. Sollten diese, egal aus welchen Gründen, dennoch unvermeidbar werden, sei deren Erklärung erst nach Abschluss eines Sozialtarifvertrags über einen Interessenausgleich und Sozialplan zulässig, der sich auf das gesamte Kabinenpersonal auf der Grundlage der Betriebszugehörigkeit ausrichten müsse. Nach § 2 Abs. 3 TV Pakt sind Interessenausgleichs-/Sozialplanverhandlungen, beschränkt auf Änderungskündigungen, weiterhin auf betrieblicher Ebene möglich. Sollten die Betriebsparteien nicht zu einer Einigung kommen, sei nicht die Einigungsstelle anzurufen, sondern ein Sozialtarifvertrag über einen Interessenausgleich und Sozialplan abzuschließen.

10Die von der Schuldnerin eingesetzten Flugzeuge standen nicht in deren Eigentum, sondern waren geleast. Seit Anfang des Jahres 2017 führte die Schuldnerin neben dem eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb auch noch Flüge im sog. Wet Lease für Unternehmen der Lufthansa-Gruppe, insbesondere für die Eurowings GmbH (Eurowings), durch. Die Schuldnerin stellte dabei die von ihr selbst geleasten Flugzeuge (sog. Head Lease) Eurowings als weiterer Leasingnehmerin (sog. Sub Lease) mit Besatzung, Wartung und Versicherung zur Verfügung. Die vertraglichen Abreden wurden als ACMIO-Vereinbarung bezeichnet. ACMIO steht für „Aircraft, Crew, Maintenance, Insurance, Overhead“. Die Personalplanung verblieb dementsprechend bei der Schuldnerin. Die für Eurowings eingesetzten Flugzeuge wurden mit dem Eurowings-Logo versehen und entsprechend lackiert. Das fliegende Personal trug jedenfalls teilweise im Wet-Lease-Einsatz Uniformen der Eurowings. Der Wet-Lease-Flugbetrieb wurde an den einzelnen Flughäfen mit Start- und Landerechten für bestimmte Zeitspannen (Slots) der Eurowings durchgeführt.

11Am schloss die Schuldnerin für das Cockpitpersonal mit der PV Cockpit einen „Rahmen-Interessenausgleich zur Umstrukturierung der Air Berlin für das Cockpitpersonal“. Darin hieß es, die Organisationsstruktur des Flugbetriebs müsse geändert werden. Es sollte die Ausgliederung des Touristikgeschäfts, die Bereederung von Flugzeugen im Rahmen der mit der Lufthansa-Gruppe (Deutsche Lufthansa AG, Eurowings und Austrian Airlines AG) getroffenen Wet-Lease-Vereinbarung (ACMIO-Operation) und eine Neuausrichtung der verbleibenden Kapazitäten im Rahmen des Programms „New airberlin“ erfolgen. Die Anlage 1 zu diesem Rahmen-Interessenausgleich lautet auszugsweise:

12Die Station Düsseldorf war eine sog. „gemischte Station“.

13Bezogen auf das Wet Lease regelt § 5 Abs. 2 TV Pakt, dass die im Rahmen des Wet Lease fliegenden Kabinenbeschäftigten bei einer Beendigung des Wet Lease „in die Operation der neuen Air Berlin auf die noch von Air Berlin betriebenen Stationen wechseln können“.

14Am schlossen die Schuldnerin und die PV Kabine die „Betriebsvereinbarung Rahmen-Interessenausgleich zur Umstrukturierung der Air Berlin für das Kabinenpersonal“ (RIA-UK). Hintergrund war die geplante Änderung der Organisation des Flugbetriebs, die auch dem am für das Cockpitpersonal geschlossenen Rahmen-Interessenausgleich zugrunde lag. Die Anlage 1 zum RIA-UK lautet auszugsweise wie folgt:

15In der Folgezeit wurden unter Berücksichtigung des Flugplans zunächst die monatlich vorgegebenen Strecken erfasst. Im Anschluss daran wurden die jeweiligen Flugzeuge zugeteilt, wobei deren Sonderlackierung für den Wet-Lease-Einsatz berücksichtigt wurde. Anschließend wurden die Besatzungen unter Beachtung von Sonderwünschen eingeplant und die entsprechenden Dienstpläne erstellt. Die Maßnahmen aus §§ 2, 3 RIA-UK wurden dabei nicht oder nur teilweise umgesetzt. Die Flüge im Wet Lease wurden ebenso wie die eigenwirtschaftlichen Flüge auf der Grundlage des OM/A durchgeführt.

16Im Mai oder Juni 2017 kaufte die Komplementärin der Schuldnerin die Luftfahrtgesellschaft Walter mbH (Berufungs- und Revisionsbeklagte zu 2.; im Folgenden Beklagte zu 2.). Diese erbrachte mit 20 Flugzeugen des Musters Bombardier Dash Q400 ohne eigene Start- und Landerechte im Wet Lease Leistungen für die Schuldnerin in Form von Zubringerflügen zu den Flughäfen Berlin-Tegel und Düsseldorf.

17Unter dem beantragte die Schuldnerin beim zuständigen Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen bei Eigenverwaltung. Das Gericht ordnete zunächst die vorläufige Eigenverwaltung an. Der Beklagte, Berufungs- und Revisionsbeklagte zu 1. (im Folgenden Beklagter zu 1.) wurde am zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Es wurde ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt. Danach wurde von der Schuldnerin eine Investorensuche eingeleitet, die eine Fortführung des Geschäftsbetriebs im Rahmen einer übertragenden Sanierung ermöglichen sollte. Nach Ablauf der Angebotsfrist am lag kein annahmefähiges Angebot vor. Daraufhin wurde beschlossen, weitere Verhandlungen mit der Lufthansa-Gruppe und der britischen Fluggesellschaft easyJet Airline Company Limited (easyJet) zu führen.

18Am schlossen die Gewerkschaft ver.di und die Schuldnerin mit Zustimmung des Beklagten zu 1. einen „Rahmentarifsozialplan Transfer“ (RTST). Ausweislich dessen Präambel war zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Tarifvertrags angedacht, Vermögenswerte der Schuldnerin auf verschiedene Erwerber zu übertragen. Die Schuldnerin könne ihre Betriebstätigkeit spätestens nach Veräußerung der Betriebsmittel nicht mehr fortführen. Vor diesem Hintergrund drohe das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Beschäftigten. Der Tarifvertrag enthält deshalb Rahmenbedingungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit, Installierung von Transfergesellschaften, Abfindungsregelungen und weiteren Maßnahmen zur Vermeidung oder Abmilderung der Folgen der beschriebenen Veränderungen. Die Tarifvertragsparteien ermächtigten die Betriebsparteien zur „Ausfüllung der Maßnahmen“ im Sinne einer Öffnungsklausel.

19Am unterzeichneten der Executive Director der persönlich haftenden Gesellschafterin der Schuldnerin, der Generalbevollmächtigte der Schuldnerin und der Beklagte zu 1. für die Schuldnerin eine Erklärung. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

20Mit weiterem Schreiben vom wandte sich die Schuldnerin an die PV Kabine, welche den Eingang zum bestätigte. Das Schreiben entspricht inhaltlich der vorstehend wiedergegebenen Erklärung vom selben Tag. Es sei beabsichtigt, die durch die Betriebsstilllegung bedingten Kündigungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Laufe des Monates Oktober 2017, voraussichtlich ab , unter Wahrung der gegebenenfalls durch § 113 InsO begrenzten Kündigungsfrist zu erklären. Wegen der Beendigung aller Arbeitsverhältnisse sei eine Sozialauswahl nicht erforderlich. Da es sich um eine anzeigepflichtige Massenentlassung iSd. § 17 Abs. 1 KSchG handle, werde das Konsultationsverfahren hiermit gemäß § 17 Abs. 2 KSchG eingeleitet.

21Die Belegschaft der Schuldnerin wurde durch eine betriebsinterne Mitteilung vom davon in Kenntnis gesetzt, dass die Lufthansa-Gruppe die Beklagte zu 2., die ebenfalls konzernzugehörige NIKI Luftfahrt GmbH (NIKI) sowie 20 weitere Flugzeuge vorbehaltlich der Zustimmung des Gläubigerausschusses und der europäischen Wettbewerbsbehörde übernehmen wolle. Insgesamt beabsichtige die Lufthansa-Gruppe 13 Airbus-A320-Maschinen aus der Flotte der Schuldnerin, 21 Flugzeuge der A320-Familie aus dem Bestand von NIKI und 20 Flugzeuge des Musters Bombardier Dash Q400, betrieben von der Beklagten zu 2., zu übernehmen. 15 Airbus A320, die bisher im Wet Lease für Eurowings eingesetzt wurden, seien bereits von der Deutschen Lufthansa AG übernommen worden. Auf fünf weitere Flugzeuge der Airbus-A320-Familie wolle sich die Lufthansa-Gruppe eine Kaufoption sichern.

22Mit notariellem Anteils- und Übertragungsvertrag vom wurden die Anteile an der Beklagten zu 2. an die Lufthansa Commercial Holding GmbH verkauft. Die Schuldnerin verpflichtete sich, den operativen Betrieb der Beklagten zu 2. bis zum fortzuführen. Zudem wurde der Beklagten zu 2. Unterstützung beim Aufrechterhalten der bisherigen Flugbetriebsgenehmigung („Air Operator Certificate“ - AOC) sowie bei deren Erweiterung auf den Airbus A320 zugesichert. Ferner sollten Slots in die Beklagte zu 2. eingebracht werden.

23Mit Ablauf des stellte die Schuldnerin das Langstreckenflugprogramm ein.

24Am beschloss der vorläufige Gläubigerausschuss die vollständige Betriebseinstellung zum und wies die vorläufige Eigenverwaltung an, die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen.

25Der letzte im Namen der Schuldnerin durchgeführte Flug landete am auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Danach wurden nur noch Flugleistungen im Wet Lease erbracht. Dies erfolgte von den Stationen Hamburg, Köln und Stuttgart aus. Sofern erforderlich, wurde durch proceeding das Personal der Station Frankfurt am Main eingesetzt. Im Oktober und November 2017 wurden 13 Airbus A320 für das Wet Lease mit Eurowings weiter genutzt. Im Dezember 2017 waren es noch bis zu acht Flugzeuge.

26Der Beklagte zu 1. erstattete mit Schreiben vom gegenüber dem Insolvenzgericht ein Gutachten mit auszugsweise folgendem Inhalt:

27Die Deutsche Lufthansa AG meldete am einen Zusammenschluss nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (im Folgenden Fusionskontroll-VO) bei der Europäischen Kommission an. Im Amtsblatt der Europäischen Union vom wird hierzu mitgeteilt:

28Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Es wurde Eigenverwaltung angeordnet und der Beklagte zu 1. zum Sachwalter bestellt. Dieser zeigte noch am gleichen Tage gegenüber dem Insolvenzgericht gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO eine drohende Masseunzulänglichkeit an. Zudem stellte er ua. die Klägerin von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Sie wurde ab dem nicht mehr vergütet.

29Die Fluggesellschaft easyJet meldete am einen Zusammenschluss nach Art. 4 der Fusionskontroll-VO an. Dies bezog sich auf Vermögenswerte einschließlich Slots, welche die Schuldnerin am Flughafen Berlin-Tegel genutzt hatte.

30Nachdem am bereits mit dem für das Bodenpersonal gebildeten Gesamtbetriebsrat bezogen auf die Stationen Berlin, Düsseldorf und München ein Interessenausgleich abgeschlossen worden war, erfolgte am ein solcher Abschluss auch für das Cockpitpersonal mit der PV Cockpit. Dieser Interessenausgleich, in welchem die Schuldnerin als „Air Berlin LV KG“ bezeichnet wird, lautet auszugsweise wie folgt:

31Mit Schreiben vom kündigte die Schuldnerin mit Zustimmung des Beklagten zu 1. die Arbeitsverhältnisse des Cockpitpersonals zum , soweit die Kündigung nicht einer behördlichen Zustimmung bedurfte. Auch die Arbeitsverhältnisse des nicht in die Transfergesellschaft gewechselten Bodenpersonals wurden gekündigt.

32Nachdem die Lufthansa-Gruppe vom Erwerb der NIKI Abstand genommen hatte, entschied die Europäische Kommission am 12. bzw. , keine Einwände gegen die beabsichtigten Transaktionen mit easyJet und der Lufthansa-Gruppe bezüglich der Beklagten zu 2. zu erheben.

33Nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts wurde der auf sechs Jahre abgeschlossene Wet-Lease-Vertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 2. beendet und zwischen Eurowings als Leasingnehmerin und der Beklagten zu 2. als Leasinggeberin neu abgeschlossen. Zu einem unbekannt gebliebenen Zeitpunkt übertrug die Schuldnerin Flugzeuge des Musters Airbus A320 und Slots auf die Beklagte zu 2. Danach begann diese mit der Durchführung von Flügen im Wet Lease für Eurowings. Zum stellte die Schuldnerin die Durchführung von Flügen im Wet Lease ein.

34Hinsichtlich der beabsichtigten Kündigung des Kabinenpersonals fanden umfangreiche Verhandlungen statt. Nach Sondierungen mit der PV Kabine am unterrichtete die Schuldnerin diese mit Schreiben vom über eine noch nicht beschlossene, aber mögliche Stilllegung zum und bat um die Aufnahme von Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Die PV Kabine verwies mit Schreiben vom auf eine Regelung im TV Pakt, wonach zunächst eine tarifliche Einigung zu treffen sei. Das Schreiben enthielt außerdem einen umfangreichen Fragenkatalog. Mit E-Mail vom übermittelte die Schuldnerin der PV Kabine ihre Antworten sowie Entwürfe für einen Interessenausgleich, einen Sozialplan sowie eine Betriebsvereinbarung zur Errichtung einer Transfergesellschaft. Am fand eine Videokonferenz der Schuldnerin mit Vertretern der PV Kabine statt. Die PV Kabine übermittelte der Schuldnerin mit Schreiben vom einen weiteren Fragenkatalog. Hierauf antwortete die Schuldnerin mit Schreiben vom .

35Nach Erörterungen im Wirtschaftsausschuss in Anwesenheit von drei Vertretern der PV Kabine folgte weitere Korrespondenz. Mit E-Mail vom bat die PV Kabine um die Vorlage weiterer Unterlagen und schlug Termine für die weiteren Interessenausgleichsverhandlungen vor. Mit E-Mail vom bot die Schuldnerin der PV Kabine die Einsicht in Unterlagen und Dokumente im Datenraum an. Diese erfolgte am . Ob damit der PV Kabine sämtliche relevanten Informationen zur Verfügung gestellt wurden, ist streitig geblieben. Mangels Fortsetzung der Verhandlungen erklärten die Schuldnerin sowie der Beklagte zu 1. mit Schreiben vom gegenüber der PV Kabine die Verhandlungen über einen Interessenausgleich für gescheitert. Sie müssten deshalb die Einigungsstelle anrufen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies mit Beschluss vom - 6 TaBVGa 1484/17 - das Begehren der PV Kabine zurück, weitere Informationen von der Schuldnerin zu erlangen. Einen Antrag der Schuldnerin nach § 122 Abs. 1 InsO wies das  - mit der Begründung zurück, dass insbesondere wegen der Kündigung der Arbeitsverhältnisse der Piloten eine Betriebsänderung bereits begonnen habe. Die letztlich einvernehmlich eingesetzte Einigungsstelle erklärte sich durch Spruch vom für unzuständig, weil nach den Vorgaben des TV Pakt über Interessenausgleich und Sozialplan auf tariflicher Ebene zu verhandeln sei.

36Mit Formular und Begleitschreiben vom erstattete die Schuldnerin bei der Agentur für Arbeit Berlin Nord eine Massenentlassungsanzeige bezüglich des Kabinenpersonals. Das Begleitschreiben nimmt Bezug auf die am und gestellten Massenentlassungsanzeigen für das Boden- bzw. Cockpitpersonal und erläutert den Grund für die Entlassung des Kabinenpersonals und den Verlauf der Verhandlungen bezüglich eines Interessenausgleichs. Das Kabinenpersonal umfasse in der Regel 3.126 Mitarbeiter. Es sei die Kündigung des gesamten Kabinenpersonals beabsichtigt, allerdings unterlägen davon 455 Beschäftigte einem gesetzlichen Sonderkündigungsschutz. Es müssten insoweit erst die behördlichen Verfahren durchgeführt werden. Die Personalleitung für das Kabinenpersonal erfolge in sämtlichen Angelegenheiten von Berlin aus. Dort habe auch die auf tariflicher Grundlage gebildete PV Kabine ihren Sitz. Das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG sei mit dem beigefügten Schreiben an die PV Kabine vom eingeleitet worden. Die Personalvertretung habe auch die Personalliste erhalten. Der Ablauf der Beratungen mit der PV Kabine wurde wie folgt dargestellt:

37Das Formular „Entlassungsanzeige gemäß § 17 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)“ der Bundesagentur für Arbeit (Stand 06/2017) verlangt die Angabe des Betriebs, auf den sich die Anzeige bezieht. Als Erläuterung wird angeführt, dass „Betrieb“ iSd. Anzeigeverfahrens „die organisatorische Einheit innerhalb des Unternehmens sei, der die zu entlassenden Arbeitnehmer angehören, z.B. eine Filiale oder Zweigstelle“. Die Schuldnerin hat in dem hierfür vorgesehenen Formularfeld angegeben, die Anzeige beziehe sich auf den „Hauptsitz der Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG“. Eine Angabe bezüglich der dort in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer/innen erfolgte nicht in dem vorgesehenen Feld. Gleiches gilt für den geplanten Zeitraum der Entlassungen. Allerdings erfolgte eine handschriftliche Eintragung „durch Frau S“. Demnach sollen die Entlassungen ab dem stattfinden. Dies sei „ergänzend … bei persönlicher Übergabe in der AA BN am 11.25 Uhr“ mitgeteilt worden. Hinsichtlich der in der Regel Beschäftigten wird maschinenschriftlich auf eine „extra Anlage“ verwiesen. In den Anlagen wird unter „Angaben zu Entlassungen Kabine“ die Zahl von insgesamt 3.126 Beschäftigten, welche der Berufsgruppe 51422 angehören, genannt. Diese sollen sämtlich entlassen werden. Die Anlage 3.31 schlüsselt die Angaben „nach Base“, dh. nach Flughafenstationen, auf. Zudem wurde eine anonymisierte Personalliste eingereicht, welche Geschlecht und Wohnort angibt.

38Die Agentur für Arbeit Berlin Nord bestätigte mit Schreiben vom den vollständigen Eingang der Anzeige an diesem Tag.

39Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom wurde die Eigenverwaltung aufgehoben und der Beklagte zu 1. zum Insolvenzverwalter bestimmt.

40Mit Schreiben vom hörte der Beklagte zu 1. die PV Kabine und die Schwerbehindertenvertretung Bord zur beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung sämtlicher in einer Anlage 2 benannten Beschäftigten des Kabinenpersonals an. Mit Schreiben vom widersprach die PV Kabine den beabsichtigten Kündigungen.

41Mit einem der Klägerin am zugegangenen Schreiben vom kündigte der Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis zum .

42Die für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs der Schuldnerin erforderlichen Lizenzen und Genehmigungen erloschen mit Ablauf des .

43Am zeigte der Beklagte zu 1. eine erneute Masseunzulänglichkeit an.

44Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung vom gewandt. Sie sei unwirksam.

45Eine Betriebsstilllegung sei weder beabsichtigt gewesen noch vollzogen worden. Es habe vielmehr ein Betriebs(teil)übergang auf Unternehmen der Lufthansa-Gruppe bzw. auf easyJet stattgefunden. Bezogen auf die Beklagte zu 2. folge dies aus der Fortführung des Wet Lease für Eurowings. Spätestens dadurch, dass ab dem nur noch im Wet Lease geflogen worden sei, habe sich insoweit ein eigenständiger Betriebsteil gegründet. Es sei daher eine Sozialauswahl zur Bestimmung der Beschäftigten des fliegenden Personals, deren Arbeitsverhältnisse auf die Betriebserwerberin übergegangen seien, erforderlich gewesen. Sie selbst hätte im Rahmen einer betriebsweiten Sozialauswahl der wirtschaftlichen Einheit Wet Lease zugeordnet werden müssen. Folglich sei ihr Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Seit dem , dem Tag des ersten Flugs der Beklagten zu 2. im Rahmen des Wet Lease für Eurowings, bestehe das Arbeitsverhältnis daher mit der Beklagten zu 2.

46Hätte kein Betriebs(teil)übergang stattgefunden, wäre die Kündigung dennoch unwirksam. Sie verstoße gegen § 2 Abs. 2 TV Pakt, da ihrer Erklärung kein Abschluss eines Sozialtarifvertrags vorausgegangen sei. Zudem sei die PV Kabine nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Dies gelte sowohl bezüglich des nach § 17 Abs. 2 KSchG durchzuführenden Konsultationsverfahrens als auch bezüglich der erforderlichen Anhörung vor Erklärung der Kündigung. Die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft.

47Die Klägerin hat nach teilweiser Klage- bzw. Revisionsrücknahme und teilweiser rechtskräftiger Klageabweisung zuletzt beantragt

48Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei wegen der beabsichtigten und tatsächlich erfolgten Stilllegung des Flugbetriebs sozial gerechtfertigt. Ein Betriebs(teil)übergang sei nicht geplant gewesen und habe auch nicht stattgefunden. Die Rechte der PV Kabine seien gewahrt. Die Massenentlassung sei ordnungsgemäß gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt worden.

49Im erstinstanzlichen Verfahren war die Klage mit weiteren Streitgegenständen allein gegen den nunmehrigen Beklagten zu 1. gerichtet. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage mit dem angeführten Feststellungsantrag auf die Beklagte zu 2. erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin, beschränkt auf die wiedergegebenen Anträge, ihre Klageziele weiter. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert, ob der Stand der Beratungen im Konsultationsverfahren gegenüber der Agentur für Arbeit ausreichend dargestellt worden ist.

50Am ist bezüglich des Vermögens der Beklagten zu 2. im insolvenzrechtlichen Eröffnungsverfahren die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet und ein vorläufiger Sachwalter bestellt worden.

Gründe

51Die Revision ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass kein Betriebs(teil)übergang erfolgt ist (Rn. 57 ff.) und insbesondere das bis zum praktizierte „Wet-lease für Eurowings“ nicht zu einem Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2. geführt hat (Rn. 75 ff.). Auch ist es zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Kündigung wegen der Stilllegung des Flugbetriebs sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist (Rn. 89 ff.). Der Beklagte zu 1. konnte sich die bereits von der Schuldnerin wirksam getroffene Stilllegungsentscheidung zu eigen machen, ohne selbst einen derartigen Beschluss fassen zu müssen (Rn. 94 ff.).

52Die Kündigung ist jedoch nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß iSd. § 17 Abs. 3 KSchG erfolgt. Die Schuldnerin hat den Betriebsbegriff des Massenentlassungsrechts verkannt (Rn. 114 ff.). Deswegen hat sie eine inhaltlich nicht ordnungsgemäße Anzeige bei der unzuständigen Behörde erstattet (Rn. 121 ff.). Zudem hat die Schuldnerin den Stand der Beratungen mit der PV Kabine gegenüber der Agentur für Arbeit nicht ausreichend dargelegt und dadurch gegen § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG verstoßen (Rn. 135 ff.). Diese Fehler wurden nicht geheilt (Rn. 146). Auch steht dem Beklagten zu 1. kein Vertrauensschutz zur Seite (Rn. 147 ff.). Eine Vorlage nach Art. 267 AEUV war nicht erforderlich (Rn. 151 f.).

53I. Durch die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270a Abs. 1 InsO ist das Revisionsverfahren gegen die Beklagte zu 2. vor Verkündung der Entscheidung des Senats nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden.

541. Nach § 240 Satz 1 ZPO wird im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt hier nicht vor. Die vorläufige Eigenverwaltung nach § 270a Abs. 1 InsO ist Teil des Eröffnungsverfahrens. Erst die Eigenverwaltung im eröffneten Insolvenzverfahren bewirkt die Unterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO (vgl.  (A) - Rn. 12; - 1 AZR 763/13 - Rn. 16, BAGE 151, 302;  - Rn. 6).

552. Eine Unterbrechung ist auch nicht nach § 240 Satz 2 ZPO erfolgt. Demnach wird das Verfahren unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Dies betrifft abgesehen von Fällen einer gesonderten gerichtlichen Ermächtigung nur den sog. „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 1 InsO, denn der zivilprozessuale Normzweck des § 240 ZPO knüpft an die Prozessführungsbefugnis an (vgl.  - Rn. 16; Musielak/Voit/Stadler ZPO 17. Aufl. § 240 Rn. 3; MüKoZPO/Stackmann 5. Aufl. § 240 Rn. 13). Bei Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung wird nach § 270a Abs. 1 InsO aber gerade kein allgemeines Verfügungsverbot und kein Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die Prozessführungsbefugnis verbleibt beim Schuldner. § 240 Satz 2 ZPO findet damit keine Anwendung (LG Freiburg (Breisgau) - 12 O 62/13 - zu 1 b und c der Gründe; HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 23; Uhlenbruck/Zipperer 15. Aufl. § 270a InsO Rn. 24).

563. Allerdings ist zu beachten, dass sich die Sachlage auch für den eigenverwaltenden Schuldner durch den Insolvenzantrag und das Eröffnungsverfahren geändert hat. Er hat nunmehr insolvenzspezifische Verpflichtungen im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung zu erfüllen (vgl. hierzu  - Rn. 70 ff., BGHZ 211, 225; Nerlich/Römermann/Riggert InsO Stand April 2018 § 270a Rn. 15a) und muss sich gegebenenfalls diesbezüglich mit dem vorläufigen Sachwalter abstimmen. Dies kann sich auf die weitere Prozessführung auswirken. Zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens kann es daher geboten sein, nach § 224 Abs. 2 ZPO Fristverlängerungen zu gewähren oder nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO Termine zu verlegen (vgl.  - Rn. 46). Dies war hier nicht veranlasst und wurde von der Beklagten zu 2. auch nicht beantragt.

57II. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit dem mit der Beklagten zu 2. fortbesteht. Die Klägerin beruft sich diesbezüglich auf einen Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Es ist jedoch weder zu einem Betriebs(teil)übergang auf die Beklagte zu 2. noch auf einen anderen Erwerber gekommen. Damit steht zugleich fest, dass die Kündigung nicht nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist.

581. Ein Betriebs(teil)übergang iSd. Richtlinie 2001/23/EG (sog. Betriebsübergangsrichtlinie) sowie iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Übergang eine auf Dauer angelegte, ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft (vgl. etwa  - Rn. 26, BAGE 166, 54). Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23/EG und damit der des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden Gerichtshof) nur eröffnet, wenn sich die wirtschaftliche Einheit als hinreichend strukturierte und selbstständig organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck einordnen lässt ( - [Ellinika Nafpigeia] Rn. 60 mwN).

59a) Die Identität einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich aus mehreren untrennbar zusammenhängenden Merkmalen wie dem Personal der Einheit, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (ua.  - [Piscarreta Ricardo] Rn. 43 mwN). Erforderlich ist zwangsläufig eine ausreichende funktionelle Autonomie, wobei sich der Begriff Autonomie auf die Befugnisse bezieht, die der Leitung der zur Einheit gehörenden Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sind, um die Arbeit dieser Gruppe relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet sind ( - [Amatori ua.] Rn. 32 mwN; vgl. auch  - [Ellinika Nafpigeia] Rn. 62 f.;  - Rn. 37; - 8 AZN 171/19 - Rn. 10). Darauf, ob es sich dabei um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“ oder „Betriebsteil“ - auch iSd. jeweiligen nationalen Rechts - handelt, kommt es nicht an (vgl.  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 25; - C-463/09 - [CLECE] Rn. 30). Entscheidend ist nur, dass es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt ( - Rn. 30).

60b) Entscheidend für einen Betriebs(teil)übergang ist, dass die so verstandene wirtschaftliche Einheit ihre schon vor der Übernahme bestandene Identität „bewahrt“. Nur wenn eine wirtschaftliche Einheit bereits vor dem Übergang vorhanden ist, kann sich die Frage der Wahrung ihrer Identität und damit die Frage eines Betriebs(teil)übergangs überhaupt stellen (vgl. EuArbRK/Winter 3. Aufl. RL 2001/23/EG Art. 1 Rn. 53). Aus der Verwendung des Wortes „behält“ in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 und Unterabs. 4 der Richtlinie 2001/23/EG folgt, dass die Autonomie der übertragenen Einheit „in jedem Fall“ vor dem Übergang bestanden haben muss ( - [Amatori ua.] Rn. 34). Ein Betriebsteil muss daher schon beim früheren Betriebsinhaber über die erforderliche Autonomie verfügt, dh. die Qualität eines Betriebsteils im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit gehabt haben (vgl. Schaub ArbR-HdB/Ahrendt 18. Aufl. § 117 Rn. 10; KR/Treber 12. Aufl. § 613a BGB Rn. 15, 17; HWK/Willemsen 8. Aufl. § 613a BGB Rn. 31). Ob das der Fall war, hat allein das nationale Gericht zu prüfen ( - [Amatori ua.] Rn. 35).

61c) Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten, denen je nach der Art des betroffenen Unternehmens oder Betriebs, je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zukommt (vgl.  - Rn. 26 f., BAGE 166, 54). Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden ( - [Somoza Hermo und Ilunión Seguridad] Rn. 30;  - Rn. 27 mwN; vgl. auch AR/Bayreuther 9. Aufl. § 613a BGB Rn. 5).

62d) Im Luftverkehrssektor ist der Übergang von Material als ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines Betriebsübergangs iSv. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG anzusehen. Für einen Betriebsübergang spricht auch der Eintritt in bestehende Charterflugverträge mit Reiseveranstaltern, der zum Ausdruck bringt, dass die Kundschaft übernommen wurde, sowie die ununterbrochene Fortsetzung des Flugbetriebs auf den bisherigen Routen mit zumindest einem Teil des Personals (vgl.  - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 29 ff.). Im Falle der vollständigen Übernahme eines Flugbetriebs durch die frühere Muttergesellschaft hat es der Gerichtshof in Fortführung seiner Rechtsprechung als nicht relevant angesehen, dass die Einheit, von der Material und ein Teil des Personals übernommen wurden, ohne Beibehaltung ihrer eigenständigen Organisationsstruktur in die Struktur der früheren Muttergesellschaft eingegliedert wurde, da eine Verbindung zwischen dem übergegangenen Material und Personal einerseits und der Fortführung der zuvor von der aufgelösten Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten andererseits bestehe. Nicht die Beibehaltung der konkreten Organisation der verschiedenen übertragenen Produktionsfaktoren durch den Unternehmer, sondern die Beibehaltung der funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen diesen Faktoren stelle das maßgebliche Kriterium für die Bewahrung der Identität der übertragenen Einheit dar. So erlaube es die Beibehaltung einer solchen funktionellen Verknüpfung zwischen den übertragenen Faktoren dem Erwerber, diese Faktoren, selbst wenn sie nach der Übertragung in eine neue, andere Organisationsstruktur eingegliedert werden, zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen ( - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 32 ff.; grundlegend  - [Klarenberg] Rn. 43 ff.).

63e) Der Betriebsbegriff des § 24 Abs. 2 KSchG ist bei der Beurteilung, ob ein Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB vorliegt, unbeachtlich. Nach dieser Norm des Kündigungsschutzgesetzes gilt als Betrieb „im Sinne dieses Gesetzes“ jeweils die Gesamtheit der Seeschiffe oder der Binnenschiffe eines Schifffahrtsbetriebs oder der Luftfahrzeuge eines Luftverkehrsbetriebs. Damit enthält § 24 Abs. 2 KSchG zwar in Abgrenzung von den Land- und Bodenbetrieben einen eigenständigen Betriebsbegriff (vgl.  - Rn. 57 ff.). Bei der Frage, ob ein Betriebs(teil)übergang vorliegt, kommt es aber, wie ausgeführt (Rn. 59), nur darauf an, ob der Übergang eine wirtschaftliche Einheit iSd. Richtlinie 2001/23/EG betrifft. Das nationale Betriebsverständnis ist ohne Belang. Der deutsche Gesetzgeber wollte mit § 24 Abs. 2 KSchG auch nicht zugunsten der Arbeitnehmer über den Schutz der Richtlinie 2001/23/EG hinausgehen, was zulässig wäre ( - [Amatori ua.] Rn. 35 ff.). Der in dieser Norm geregelte eigenständige Betriebsbegriff bezieht sich ausweislich § 24 Abs. 1 KSchG nur auf die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes und somit nicht auf den unionsrechtlich determinierten Betriebsbegriff des § 613a Abs. 1 BGB.

642. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu keinem Zeitpunkt gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte zu 2. oder einen anderen Erwerber übergegangen.

65a) Ein Übergang des gesamten Betriebs der Schuldnerin auf einen Investor als Betriebsübernehmer hat nicht stattgefunden. Der Betrieb wurde entsprechend der Entscheidung vom zerschlagen. Dementsprechend wurden Verträge mit dem Lufthansa-Konzern und easyJet geschlossen, welche sich jeweils auf Teile des ursprünglichen Flugbetriebs der Schuldnerin bezogen. Ein Fortbestand des Betriebs der Schuldnerin im Ganzen war damit ausgeschlossen.

66b) Betriebsteilübergänge iSd. § 613a Abs. 1 BGB waren nicht geplant und sind auch nicht erfolgt. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1. im Insolvenzgutachten vom vom „Verkauf der Betriebsteile“ spricht. Maßgeblich ist die objektive Rechtslage.

67aa) Die Abgabe einzelner Flugzeuge an andere Luftverkehrsunternehmen als neue Leasingnehmer stellte keinen Betriebsteilübergang dar. Die im Linienverkehr eingesetzten Flugzeuge waren kein Betriebsteil, sondern Betriebsmittel (Göpfert/Seier ZIP 2019, 254). Der Eigenschaft als Betriebsteil steht das Fehlen einer auf Dauer angelegten, eigenständigen Arbeitsorganisation entgegen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Flugzeug im eigenen Namen oder im Rahmen des Wet Lease eingesetzt wurde. Die Verkehrsflugzeuge der Schuldnerin wurden auf verschiedenen Strecken von ständig wechselnden Besatzungen geflogen. Sie waren eingebunden in die zentrale Umlaufplanung. Die Flugzeuge waren dabei genauso kurzfristig austauschbar wie die Besatzung. Eine auf ein bestimmtes Flugzeug bezogene Organisation gab es - abgesehen von dessen Zuordnung zu einer „Heimatstation“ - nicht. Die regelmäßig nur kurzzeitige Zusammenarbeit der jeweiligen Besatzung als Gruppe in den Flugzeugen bei ständigem Wechsel der Zusammensetzung der Gruppe auf unterschiedlichen Strecken führte nicht zu dem erforderlichen funktionalen, auf Dauer angelegten Zusammenhang. Es bestand insoweit keine einem (Forschungs-)Schiff mit fest zugeordneter Besatzung und langfristigen Einsätzen vergleichbare organisatorische Abgrenzbarkeit (vgl. hierzu  - Rn. 17; - 3 AZR 729/95 - zu I 1 der Gründe, BAGE 85, 291). Deshalb wäre auch nicht erkennbar, welche der wechselnden Besatzungen bei Annahme eines „Betriebsteils Flugzeug“ von einem Übergang der Arbeitsverhältnisse nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB betroffen wäre.

68bb) Die einzelnen Strecken, sei es Kurz-, Mittel- oder Langstrecke, waren aus denselben Gründen wie die einzelnen Flugzeuge keine Betriebsteile. Die Flugstrecken wiesen keine abgrenzbare Organisation auf, sie bündelten keine Ressourcen mit eigenem Personal unter eigener Leitung. Die Strecken wurden vielmehr von wechselnden Flugzeugen mit wechselnden Besatzungen bedient und von wechselnden Kunden in Anspruch genommen.

69cc) Die für die Durchführung des Linienflugverkehrs erforderlichen Start- und Landerechte der Schuldnerin an bestimmten Start- und Zielflughäfen in bestimmten Zeitnischen („Slots“) waren für sich genommen mangels eigener Organisation keine Betriebsteile. Es handelte sich dabei lediglich um eine Erlaubnis, die den Flugbetrieb an reglementierten Flughäfen unter Berücksichtigung von deren Kapazitäten ermöglicht und damit um ein subjektiv-öffentliches Recht auf Inanspruchnahme begrenzter Ressourcen (vgl. Verordnung (EWG) Nr. 95/93 - sog. Slotverordnung, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 545/2009; für § 27a LVG Baumann in Grabherr/Reidt/Wysk Luftverkehrsgesetz Stand August 2010 § 27a Rn. 25, 27).

70Entgegen der Ansicht der Revision ist auch der Umstand, dass andere Luftfahrtunternehmen Slots an bestimmten Flughäfen, insbesondere am Flughafen Berlin-Tegel, von der Schuldnerin übernommen haben, und dies vom Flughafenkoordinator gemäß Art. 8a Abs. 2 der Slotverordnung bestätigt und damit wirksam geworden ist (zur Rechtsstellung des Koordinators vgl.  - [Kommission/Portugal] Rn. 31 ff.), kein Indiz für einen Betriebs(teil)übergang. Art. 8a Abs. 1 Buchst. b Unterabs. iii der Slotverordnung sieht zwar neben hier nicht in Betracht kommenden Fallkonstellationen vor, dass Slots bei vollständigen oder teilweisen Übernahmen übertragen werden können, wenn die Slots direkt mit dem übernommenen Luftfahrtunternehmen verbunden sind. Aus einer solchen Übertragung von Slots ergibt sich aber kein Indiz für einen Betriebs(teil)übergang iSd. Richtlinie 2001/23/EG und damit iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Koordinator lehnt die Bestätigung von Übertragungen nur ab, falls diese „den Anforderungen dieser Verordnung nicht genügen“ und die weiteren, in Art. 8a Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis Buchst. c sowie Abs. 3 der Slotverordnung aufgeführten Kriterien nicht sichergestellt sind. Nach diesem Prüfkatalog werden technische, betriebliche, Umweltschutz- und gemeinwirtschaftliche sowie Wettbewerbsgesichtspunkte berücksichtigt. Ob ein Betrieb(steil) iSd. Richtlinie 2001/23/EG vorliegt und übernommen wird, ist dagegen nicht Bestandteil der Prüfung. Aus der Bestätigung durch den Koordinator kann daher offenkundig nicht einmal ein Indiz für das Vorliegen eines Betriebs(teil)übergangs iSd. Richtlinie 2001/23/EG abgeleitet werden.

71dd) Die Stationen an den einzelnen Flughäfen stellten nach dem für das Betriebsübergangsrecht maßgeblichen Betriebsbegriff ebenfalls keine Betriebsteile dar ( - Pressemitteilung Nr. 11/20). Es fehlte jedenfalls bezüglich des fliegenden Personals an einer hinreichend eigenständigen, auf die Station bezogene Leitung.

72(1) Die sog. Area Manager Cockpit hatten schon keine für die „Leitung der betreffenden Gruppe von Arbeitnehmern“ erforderlichen, von der zentralen Leitung in Berlin unabhängigen Kompetenzen. Eine eigene Organisation des Personaleinsatzes oder gar des Flugbetriebs stand den Area Managern nicht zu. Dies entspricht dem Organigramm des OM/A, das dem Senat in beglaubigter Übersetzung ua. aus dem Verfahren - 6 AZR 270/19 - und damit aus amtlicher Befassung bekannt und gerichtskundig (§ 291 ZPO) ist ( - zu II 3 b der Gründe; - I ZR 136/84 - zu II 3 b aa der Gründe). Das OM/A sieht eine Unterstellung unter das Flottenmanagement vor und ordnet dementsprechend die eigenen Kompetenzen in bedeutenden Personalangelegenheiten („Interviews/Aufsicht/Verwarnungen“, „Personalgespräche“) denen des Flottenmanagements unter („wie vom Flottenmanagement angewiesen“, „gemäß Anweisung durch das Flottenmanagement“). Hinsichtlich der Beurteilung des Flugpersonals ist nur die Erstellung eines „Beitrags“ vorgesehen. Aus der Aufgabenbeschreibung „Leitung des Flugpersonals an der Station“ kann daher keine umfassende Personalkompetenz abgeleitet werden. Wegen der Maßgeblichkeit des OM/A ist ohne Belang, ob einzelne Area Manager in der Praxis weitere Aufgaben wahrgenommen hatten.

73(2) Auch die für das Kabinenpersonal zuständigen Regional und Area Manager waren der zentralen Umlauf- und Dienstplanung unterworfen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Regional Manager keine eigenen Entscheidungskompetenzen hatten. Dies gilt folglich erst recht für die den Regional Managern unterstellten Area Manager Kabine. Letztlich waren beide in eine hierarchische Führungsstruktur eingebunden, in welcher sie als Kommunikations-, Koordinierungs- und Organisationsebene iSv. Bindegliedern zur Leitung in Berlin fungierten. Wie bei den Area Managern Cockpit lässt sich dies auch dem OM/A entnehmen. Dort werden in erster Linie Überwachungs- und Organisationsaufgaben genannt. Soweit bezüglich des Regional Managers die Aufgaben „Personalbeschaffung“ und „Verhandlung mit Gewerkschaften und Betriebsräten“ angeführt werden, werden keine Entscheidungskompetenzen zugebilligt.

74(3) Die für den Bodenbetrieb zuständigen Mitarbeiter hatten lediglich auf den jeweiligen Flughafen bezogene Aufgaben und unterstanden einer diesbezüglichen Leitung, welche auch Ansprechpartner für den für die Station zuständigen Betriebsrat war. Diese auf den Bodenbetrieb bezogene Leitung kann jedoch nicht als Leitung der gesamten Station angesehen werden. Es fehlte der Bezug zum fliegenden Personal, welches in gesonderte Führungsstrukturen eingebunden war.

75ee) Das bis zum praktizierte Wet Lease für Eurowings stellte zu keinem Zeitpunkt einen Betrieb oder Betriebsteil iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB dar (noch offengelassen von  - Pressemitteilung Nr. 11/20).

76(1) Hinsichtlich der Zeit bis zum , als der Flugbetrieb von der Schuldnerin sowohl eigenwirtschaftlich als auch im Wet Lease durchgeführt wurde, konnte das Wet Lease bereits mangels eigener Leitung und Zuordnung von Personal nicht als Betriebsteil im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit angesehen werden.

77(a) Zwar wurde das Wet Lease für feststehende Vertragspartner der Lufthansa-Gruppe im Rahmen einer auf Dauer angelegten Vertragsbeziehung unter Einsatz bestimmter, besonders lackierter Flugzeuge auf bestimmten Strecken und unter Nutzung bestimmter Stationen und technischer Mittel durchgeführt. Die Besatzung trug im Wet-Lease-Einsatz typischerweise die Uniformen des jeweiligen Unternehmens der Lufthansa-Gruppe.

78(b) Diese bloße organisatorische Verbindung von Personal und Material reichte jedoch für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht aus. Eine Gruppe von Arbeitnehmern besitzt erst dann die für die Annahme eines Betriebsteils erforderliche funktionelle Autonomie, wenn sie bei der Organisation und Durchführung ihrer Aufgaben eine gewisse Freiheit hat ( - [Scattolon] Rn. 51 mwN). Es fehlte an der auf die im Wet Lease beschäftigten Arbeitnehmer bezogenen, gesonderten Leitung, die für eine funktionelle Autonomie erforderlich gewesen wäre. Die Umlauf- und Dienstplanung wurde für den gesamten Flugbetrieb der Schuldnerin einschließlich des Wet Lease zentral von Berlin aus vorgenommen. Es gab damit nur einen einheitlichen Flugbetrieb. Das Wet Lease war innerhalb dieses einheitlichen, zentral gesteuerten Flugbetriebs nur ein Geschäftsmodell im Sinne einer besonderen Dienstleistung.

79(c) Zudem fehlte es an der erforderlichen Zuordnung von fliegendem Personal zum Wet Lease.

80(aa) Die Richtlinie 2001/23/EG soll die Kontinuität der im Rahmen einer wirtschaftlichen Einheit bestehenden Arbeitsverhältnisse gewährleisten ( - [Ellinika Nafpigeia] Rn. 41; - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 51; grundlegend  24/85 - [Spijkers] Rn. 11; vgl. auch  - [Klarenberg] Rn. 51). § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB verfolgt dasselbe Ziel: Die Arbeitsverhältnisse müssen mit dem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil, dh. mit der wirtschaftlichen Einheit, verbunden bleiben, zu der sie funktional gehören (vgl.  - Rn. 70 mwN; - 8 AZR 63/16 - Rn. 43, BAGE 160, 345; - 6 AZR 687/14 - Rn. 28). Nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehen mit dem Übergang einer wirtschaftlichen Einheit nur die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Arbeitgeber über, die dem „Betrieb“ oder „Betriebsteil“, dh. der übergehenden wirtschaftlichen Einheit, zugeordnet sind ( - Rn. 23 f.). Eine wirtschaftliche Einheit kann nicht nachträglich geschaffen werden. Eine mangelnde Zuordbarkeit von Arbeitnehmern lässt sich auch nicht durch eine betriebsbezogene Sozialauswahl substituieren. § 613a BGB ist anders als § 1 Abs. 3 KSchG kein Sozialschutz, der sicherstellen soll, dass die Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgt, den sie am wenigsten belastet (Schubert ZESAR 2019, 153, 157). Erst recht kann eine Zuordnung von Arbeitnehmern nicht durch eine nach dem Betriebsübergang durchzuführende „nachträgliche“ Sozialauswahl erfolgen. Ist ein Betriebsteil übergegangen, sind die diesem zugeordneten Arbeitnehmer ohne Weiteres („ipso iure“,  - [Rotsart de Hertaing] Rn. 18) auf den Erwerber übergegangen und damit aus dem die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG begrenzenden „Restbetrieb“ ausgeschieden.

81(bb) Dem Wet Lease war kein fliegendes Personal zugeordnet. Es kann zwar unterstellt werden, dass ein Teil des fliegenden Personals wegen bestimmter Stationszugehörigkeiten überwiegend im Wet Lease, der sog. ACMIO-Operation, eingesetzt war. Es ist auch zutreffend, dass durch Ausübung des Direktionsrechts eine Zuordnung von Personal zu einem Betriebsteil erfolgen kann (vgl.  - Rn. 24; - 8 AZR 706/11 - Rn. 62 ff.). Bezüglich des hier fraglichen Wet Lease handelte es sich aber nicht um eine verfestigte Zuordnung zu einem Betriebsteil, sondern um eine Tätigkeit im Rahmen des einheitlichen Flugbetriebs. Bezüglich des Kabinenpersonals bringt dies § 6 der Anlage 1 zum RIA-UK zum Ausdruck, wobei offenbleiben kann, inwieweit das Konzept des RIA-UK im Detail noch umgesetzt wurde. § 6 der Anlage 1 zum RIA-UK entspricht jedenfalls der im OM/A vorgesehenen Organisationsform eines einheitlichen Flugbetriebs mit zentraler Leitung, welche den Personaleinsatz sowohl des eigenwirtschaftlichen als auch des Wet-Lease-Flugbetriebs bedarfsgerecht steuerte.

82(2) Nach Einstellung des eigenwirtschaftlichen Flugbetriebs am wurde bis zum nur noch im Wet Lease geflogen. Hierdurch wurde aber keine wirtschaftliche Einheit geschaffen, welche als organisierte Gesamtheit auf die Beklagte zu 2. hätte übergehen können.

83(a) Zugunsten der Klägerin kann allerdings unterstellt werden, dass die Beklagte zu 2. durch Übertragung von Slots und Flugzeugen der Airbus-A320-Familie sowie die Erweiterung des AOC auf den Airbus A320 befähigt werden sollte, die bisher von der Schuldnerin für Eurowings erbrachten Wet-Lease-Leistungen zu erbringen. Gleiches gilt bezüglich der Übernahme von Software und Schulungsmaterial. Es kann ferner unterstellt werden, dass es sich um eine längerfristig angelegte Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten zu 2. und der Lufthansa-Gruppe handelte, welche ihren Ursprung in dem mit der Schuldnerin geschlossenen Übertragungsvertrag vom hatte.

84(b) Gleichwohl hat die Schuldnerin für die Durchführung des Wet Lease ab dem in organisatorischer Hinsicht keine wirtschaftliche Einheit iSd. Betriebsübergangsrechts geschaffen. Die erforderliche Zuordnung von Beschäftigten ist auch insoweit nicht erfolgt. Die Schuldnerin hat lediglich im Rahmen des am beschlossenen Stilllegungskonzepts die Abwicklung ihres Flugbetriebs durch eine Betriebseinschränkung fortgesetzt und sich hierfür der noch zur Verfügung stehenden zentralen Leitung bedient. Diese bestimmte, welche Beschäftigten noch zu einem Einsatz im verbleibenden Wet-Lease-Flugbetrieb an den Stationen Hamburg, Köln und Stuttgart herangezogen wurden. Es ließ sich damit kein Kreis von Arbeitnehmern bestimmen, deren Arbeitsverhältnisse von einem Betriebs(teil)übergang erfasst wären. Es fehlte weiterhin an einer Zuordnung von Arbeitnehmern mit organisatorischer Verfestigung. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass in erster Linie das den Stationen Hamburg, Köln und Stuttgart zugehörige Personal eingesetzt wurde. Dies war aber nicht abschließend. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass auch fliegendes Personal der Station Frankfurt am Main im Wege des proceeding verwendet wurde. Letztlich hat die zentrale Leitung unverändert je nach Bedarf die Besatzungen zusammengestellt. Die nicht benötigten Beschäftigten wurden freigestellt. Auch in der Endphase des Wet Lease blieb dieses Teil der stufenweise erfolgenden Abwicklung im Rahmen der geplanten Unternehmenszerschlagung (vgl. Schubert ZESAR 2019, 153, 157). Es gab keine übergangsfähige Einheit, deren Identität hätte gewahrt werden können.

85(c) Träfe die Auffassung der Revision zu, durch das Fortsetzen des Wet Lease über den hinaus habe sich ein „eigenständiger Betriebsteil gegründet“, würde sich in der letzten Phase einer in Etappen vollzogenen Betriebsstilllegung immer ein „Restbetrieb“ bilden, der von der Geschäftsführung noch geleitet würde und dem die noch verbliebenen Arbeitnehmer „zugeordnet“ wären. Bei Erwerb der zuletzt noch vorhandenen Betriebsmittel durch einen Aufkäufer würde sich dann stets die Frage eines Betriebs(teil)übergangs stellen, obwohl der „Restbetrieb“ zu keinem Zeitpunkt als wirtschaftliche Einheit strukturiert war. Dies entspricht nicht der Zielsetzung der Betriebsübergangsrichtlinie. Diese soll die Ansprüche der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens dadurch wahren, dass sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren. Die Richtlinie soll so weit wie möglich die Fortsetzung der Arbeitsverträge oder der Arbeitsverhältnisse mit dem Erwerber in unveränderter Form sicherstellen, um eine Verschlechterung der Lage der betroffenen Arbeitnehmer allein aufgrund des Übergangs zu verhindern ( - [ISS Facility Services] Rn. 25; - C-472/16 - [Colino Sigüenza] Rn. 48; - C-336/15 - [Unionen] Rn. 18;  - Rn. 39, BAGE 165, 100). Eine Verbesserung des Arbeitsentgelts oder anderer Arbeitsbedingungen beim Übergang soll sie dagegen nicht erwirken ( - [ISS Facility Services] Rn. 25 mit Verweis auf  - [Scattolon] Rn. 77). Gesichert werden damit nur die am Tag des Übergangs bereits bestehenden Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer (vgl.  - [Werhof] Rn. 29;  - Rn. 28).

86Die Einstufung einer in der Abwicklung befindlichen „Resteinheit“ als übergangsfähige wirtschaftliche Einheit würde die verbleibenden Beschäftigten nicht nur absichern, sondern ohne Bezug zur vormaligen betrieblichen Organisation gleichsam zufällig privilegieren. Eine solche Privilegierung ist mit der Zielsetzung des europäischen und des nationalen Rechts, die wie dargelegt, an eine vom Betriebsveräußerer bereits geschaffene Struktur anknüpfen und nur die Kontinuität der in dieser Struktur bestehenden Arbeitsverhältnisse sichern wollen, nicht zu vereinbaren.

87III. Die gegen den Beklagten zu 1. gerichtete Kündigungsschutzklage ist begründet.

881. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Kündigungsschutzklage nicht bereits wegen Unschlüssigkeit unbegründet ist, weil die Klägerin ausweislich des gegen die Beklagte zu 2. gerichteten Feststellungsantrags von einem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2. noch vor dem Zugang der streitgegenständlichen Kündigung ausgeht. Die Revisionsbegründung verdeutlicht, dass die Klägerin sich im Rahmen der Kündigungsschutzklage nicht nur auf den angenommenen Betriebs(teil)übergang beruft, sondern auch auf andere Gründe für die Unwirksamkeit der Kündigung. Dieser gleichsam hilfsweise erbrachte Vortrag kommt hier zum Tragen, da - wie ausgeführt - kein Betriebs(teil)übergang vorliegt (vgl.  - Rn. 36).

892. Mangels Betriebs(teil)übergangs ist die streitgegenständliche Kündigung auch nicht nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam. Sie erfolgte vielmehr wegen der Stilllegung des Flugbetriebs und ist deshalb sozial gerechtfertigt. Es bestand ein dringendes betriebliches Erfordernis, welches einer Weiterbeschäftigung der Klägerin als Flugbegleiterin iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG entgegenstand.

90a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG muss die Kündigung bedingt sein durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen (zur Betriebsbezogenheit vgl.  - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung, etwa der zur Stilllegung des gesamten Betriebs, spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt ( - Rn. 39, BAGE 166, 363). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb stillzulegen (vgl.  - Rn. 37). Dem steht nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (vgl.  - Rn. 20).

91b) Die geplanten Maßnahmen müssen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben ( - Rn. 47 mwN, BAGE 145, 249). Davon kann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt. Für die Stilllegung von Betriebsteilen gilt dies, begrenzt auf die entsprechende Einheit, entsprechend ( - Rn. 53 mwN). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es hingegen, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs oder von Teilen des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht (vgl.  - Rn. 23). Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (st. Rspr., vgl.  - Rn. 39). Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebs(teil)veräußerung darstellt (vgl.  - Rn. 30). Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende „Restbetrieb“ stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war. Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des „Restbetriebs“ einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn der Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet war (vgl.  - Rn. 25 ff. mwN).

92c) Die streitgegenständliche Kündigung erfolgte wegen der Stilllegung des Flugbetriebs und nicht wegen eines Betriebs(teil)übergangs. Die Schuldnerin hatte bereits in der vorläufigen Eigenverwaltung im Oktober 2017 den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst, den Betrieb spätestens zum stillzulegen. Der Beklagte zu 1. hat das von der Schuldnerin beschlossene Stilllegungskonzept umgesetzt und in diesem Zusammenhang auch die streitgegenständliche Kündigung erklärt. Dies hat das Landesarbeitsgericht bei einer Gesamtwürdigung der Umstände, wie sie sich aus dem dokumentierten und unstreitigen Sachverhalt ergeben, zutreffend erkannt.

93aa) Die Stilllegungsentscheidung wird durch die Erklärung der Schuldnerin vom dokumentiert, welche von dem damaligen Executive Director, dem Generalbevollmächtigten und dem Beklagten zu 1. als vorläufigen Sachwalter unterzeichnet ist. Die Entscheidung wurde am durch den vorläufigen Gläubigerausschuss bestätigt. Demnach beabsichtigte die Schuldnerin wegen des Scheiterns einer Sanierung die uneingeschränkte Fortführung des Betriebs mit Hilfe eines durch Bundesbürgschaft abgesicherten Übergangskredits nur noch bis Ende Oktober 2017. Für Eurowings sollten mit 13 Flugzeugen bis „maximal zum “ noch Dienstleistungen im Wet Lease erbracht werden. Die Gesamtabwicklung sollte zum abgeschlossen sein. Die Stilllegung sollte damit im Wesentlichen in zwei Etappen vollzogen werden (Einstellung eigener Flugbetrieb zum ; Einstellung Wet Lease spätestens zum ).

94bb) Die Schuldnerin war im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung berechtigt, die Stilllegung des Unternehmens zu beschließen. Der Beklagte zu 1. durfte sich diese Entscheidung als Grundlage der streitbefangenen Kündigung zu eigen machen.

95(1) Hinsichtlich der Befugnis zum Treffen einer Stilllegungsentscheidung in der Insolvenz ist zwischen dem Zeitraum vor und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie danach zu unterscheiden, ob ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt oder vorläufige Eigenverwaltung angeordnet ist.

96(a) Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens richten sich die Entscheidungskompetenzen nach den durch das Insolvenzgericht getroffenen Anordnungen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO).

97(aa) Bestellt das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, ist dieser nicht befugt, aus eigener Rechtsmacht die Stilllegung des Unternehmens zu beschließen und umzusetzen. Selbst ein sog. „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO übergegangen ist, hat gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO die Pflicht, das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt. Um eine Zustimmung des Gerichts zu einer Stilllegung zu erhalten, muss er plausibel vortragen, dass das Unternehmen auch bei Einleitung von Sanierungsmaßnahmen nicht kostendeckend arbeiten kann (Voß/Lienau in Graf-Schlicker InsO 5. Aufl. § 22 Rn. 5). Das Gesetz geht davon aus, dass eine Zerschlagung des Unternehmens schon im Eröffnungsverfahren typischerweise nicht im Interesse der Gläubiger liegt. Diese sollen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vielmehr gemäß § 157 Satz 1 InsO im Berichtstermin selbst darüber entscheiden können, ob das Unternehmen stillgelegt oder fortgeführt werden soll (vgl. KPB/Blankenburg InsO Stand Mai 2018 § 22 Rn. 83; MüKoInsO/Janssen 4. Aufl. § 157 Rn. 1).

98(bb) Anders verhält es sich, falls das Insolvenzgericht gemäß § 270a Abs. 1 Satz 1 InsO im Eröffnungsverfahren die vorläufige Eigenverwaltung anordnet.

99(aaa) Die mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom (BGBl. I S. 2582) in die Insolvenzordnung eingefügten Bestimmungen der §§ 270a, 270b verfolgen das Ziel, dem Schuldner den Zugang zum Verfahren der Eigenverwaltung nach § 270 InsO zu erleichtern und dadurch die Sanierungschancen zu verbessern. Durch den Verzicht auf ein allgemeines Verfügungsverbot und auf die Bestellung eines mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters soll vermieden werden, dass der Schuldner im Eröffnungsverfahren die Kontrolle über sein Unternehmen verliert und das Vertrauen der Geschäftspartner in die Geschäftsleitung des Schuldners und deren Sanierungskonzept zerstört wird (BT-Drs. 17/5712 S. 2, 39;  - Rn. 9, BGHZ 220, 243).

100(bbb) Bei Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung werden die §§ 21, 22 InsO durch § 270a Abs. 1 InsO partiell verdrängt (Nerlich/Römermann/Riggert InsO Stand April 2018 § 270a Rn. 16). Dem Schuldner steht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen im Außenverhältnis aus eigenem Recht weiterhin zu, soweit das Insolvenzgericht keine beschränkenden Anordnungen erlässt ( - Rn. 11, BGHZ 220, 243). Der Schuldner kann daher - entgegen dem Sanierungsziel - auch die Entscheidung treffen, sein Unternehmen stillzulegen. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO findet auf ihn keine Anwendung. Dabei ist er allerdings im Innenverhältnis verpflichtet, die Gläubigerinteressen zu berücksichtigen (HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 24; MüKoInsO/Kern 4. Aufl. § 270a Rn. 62; zum Streitstand einer möglichen Haftung des Schuldners in analoger Anwendung der §§ 60, 61 InsO bei Verletzung dieser Verpflichtung MüKoInsO/Kern aaO Rn. 63).

101(ccc) Allerdings wird der Schuldner in seiner Geschäftsführung gemäß § 270a Abs. 1 Satz 2, § 274 Abs. 2 InsO durch einen vorläufigen Sachwalter überwacht. Dieser hat zwar ebenso wie der endgültige Sachwalter keine eigenen Eingriffs- und Sicherungsbefugnisse, sondern nur eine zukunftsorientierte Überwachungsfunktion ( - Rn. 43, 74, BGHZ 211, 225). Ist er jedoch der Auffassung, dass die Stilllegung im Eröffnungsverfahren nicht im Interesse der Gläubiger liegt, kann er gemäß § 270a Abs. 1 Satz 2, § 274 Abs. 3 Satz 1 InsO dem Insolvenzgericht anzeigen, dass die Fortsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung erwartbar zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Das Insolvenzgericht kann dann die vorläufige Eigenverwaltung aufheben und einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen (vgl.  - Rn. 11; HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 24; MüKoInsO/Kern 4. Aufl. § 270a Rn. 26). Dabei ist im Ergebnis nicht entscheidend, ob diese Befugnis aus § 270a Abs. 1 Satz 1 InsO, aus § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO oder aus § 21 InsO hergeleitet wird (vgl. zum Streitstand Uhlenbruck/Zipperer 15. Aufl. § 270a InsO Rn. 13). Der Einsatz des „scharfen Schwerts“ der Anzeige (so Mönning/Schäfer/Schiller BB Beilage zu Heft 25/2017, 1, 18) dürfte zur Verhinderung einer vorzeitigen Stilllegung, die eine mögliche Sanierung und die daraus folgenden Befriedigungsmöglichkeiten verhindert, ausreichend sein. Ist gemäß § 22a, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO ein vorläufiger Gläubigerausschuss gebildet, ist dieser jedenfalls zu unterrichten (MüKoInsO/Kern aaO § 270a Rn. 39, § 274 Rn. 68).

102(b) Erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist die Entscheidung über Stilllegung oder Fortführung gemäß § 157 InsO der Gläubigerversammlung zugewiesen. Daran ändert sich grundsätzlich nichts, wenn bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung angeordnet wird (§ 270 Abs. 1 Satz 2 InsO). Das Insolvenzgericht bestellt dann allerdings keinen Insolvenzverwalter. Der Schuldner bleibt während der Dauer des Insolvenzverfahrens nach § 270 Abs. 1 Satz 1 InsO berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen. In Ausübung dieser Befugnisse kann es dem Schuldner sogar obliegen, sein Handelsgeschäft im Interesse der Gläubiger an der bestmöglichen Verwertung der Masse im Ganzen zu veräußern ( - Rn. 12).

103(2) Im vorliegenden Fall hatte die Schuldnerin, wie dargelegt, in der vorläufigen Eigenverwaltung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst, den Betrieb zum stillzulegen. Nach den Regelungen der Insolvenzordnung hatte sie hierfür die erforderliche Rechtsmacht.

104(a) Der vorläufige Gläubigerausschuss hat in seiner Sitzung am diese Stilllegungsentscheidung bestätigt und die Eigenverwaltung angewiesen, die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Es kann daher unentschieden bleiben, welche Konsequenzen eine Nichtbeteiligung oder Zustimmungsverweigerung des vorläufigen Gläubigerausschusses gehabt hätte (vgl. hierzu HK-InsO/Brünkmans 9. Aufl. § 270a Rn. 20 mwN).

105(b) Eine Anzeige nach § 270a Abs. 1 Satz 2, § 274 Abs. 3 Satz 1 InsO ist nicht erfolgt. In seinem Gutachten vom hat der Beklagte zu 1. im Gegenteil gegenüber dem Insolvenzgericht erklärt, es sei nicht zu erwarten, dass die Eigenverwaltung zu nachteiligen Veränderungen für die Gläubiger führen wird.

106(3) § 157 InsO steht der Wirksamkeit der Stilllegungsentscheidung im Eröffnungsverfahren nicht entgegen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist nicht eröffnet, weil weder die Schuldnerin während der am eröffneten Eigenverwaltung noch der Beklagte zu 1. nach der Aufhebung der Eigenverwaltung am als Insolvenzverwalter die Stilllegungsentscheidung getroffen haben. Der Beklagte zu 1. hat vielmehr die von der Schuldnerin bereits im Eröffnungsverfahren getroffene und von ihm vorgefundene Entscheidung weiter umgesetzt, indem er das Stilllegungskonzept der Schuldnerin, an dessen Entstehung er als vorläufiger Sachwalter beteiligt war, fortgeführt hat. Diese Handlungsoption stand ihm offen. Nach Aufhebung der Eigenverwaltung bleiben rechtmäßig vorgenommene Rechtshandlungen des Schuldners ohnehin wirksam (vgl. Karsten Schmidt/Undritz InsO 19. Aufl. § 272 Rn. 11; Nerlich/Römermann/Riggert InsO Stand April 2018 § 272 Rn. 5). Der Insolvenzverwalter kann insofern gebunden sein. Dessen ungeachtet kann er aus eigener Überzeugung an strategischen Entscheidungen des Schuldners festhalten, selbst wenn er sie abändern könnte. Dies gilt auch bezüglich einer im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung getroffenen Stilllegungsentscheidung des Schuldners. Der Insolvenzverwalter kann sie sich zu eigen machen. Das hat der Beklagte zu 1. getan und damit keine eigene (erneute) Stilllegungsentscheidung getroffen.

107d) Zum Zeitpunkt der Kündigung Ende Januar 2018 hatte die Schuldnerin bzw. der Beklagte zu 1. mit der Umsetzung dieses Stilllegungskonzepts bereits begonnen. Die beabsichtigte Stilllegung hatte bereits „greifbare Formen“ angenommen.

108aa) Mit getrennten Schreiben vom war gegenüber der PV Cockpit und der PV Kabine das Konsultationsverfahren (§ 17 Abs. 2 KSchG) eingeleitet worden. Am 12. und war ein Kaufvertrag mit Gesellschaften der Lufthansa-Gruppe bezüglich der Beteiligungen an der NIKI und der Beklagten zu 2. sowie der Übernahme von Slots abgeschlossen worden. Der letzte Flug im Eigenbetrieb hatte wie geplant am stattgefunden. Nach Vereinbarung eines Interessenausgleichs bezüglich des Bodenpersonals am war am mit der PV Cockpit ein Interessenausgleich abgeschlossen worden. Beide gingen von dem dargelegten Stilllegungskonzept aus. Dies spricht für die ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht ( - Rn. 52, BAGE 145, 249). Auch die Erstattung der Massenentlassungsanzeigen am für das Bodenpersonal, am für das Cockpitpersonal und für das Kabinenpersonal indiziert die Auflösung der betrieblichen Organisation (vgl.  - zu II 1 c bb der Gründe). Schließlich war den Piloten, soweit nicht noch behördliche Zustimmungen eingeholt werden mussten, Ende November 2017 zum gekündigt worden. Spätestens damit hatte die Stilllegung dann greifbare Formen angenommen, denn ohne diese Berufsgruppe war ein Flugbetrieb nicht möglich.

109bb) Dem steht die Weiterführung des Flugbetriebs im Wet Lease bis zum nicht entgegen. Dieser entsprach der Stilllegungsplanung und konnte während der Kündigungsfristen betrieben werden (Rn. 75 ff.). Es handelte sich um eine bis zur Stilllegung befristete Einschränkung des Flugbetriebs der Schuldnerin. Jeder der schriftlich dokumentierten Schritte fügte sich in das mit Schreiben vom bekannt gegebene Stilllegungskonzept ein.

110e) Der Stilllegungsentscheidung steht auch nicht entgegen, dass am laut dem Insolvenzgutachten vom und den Angaben in den Fusionskontrollverfahren noch Verhandlungen mit easyJet und der Lufthansa-Gruppe stattfanden. Diese Verhandlungen bezogen sich aber nicht auf die Veräußerungen von Betriebsteilen oder des gesamten Betriebs iSd. § 613a Abs. 1 BGB.

111aa) Bezüglich easyJet war ein Betriebs(teil)übergang weder geplant noch ist er tatsächlich erfolgt. EasyJet hat lediglich einzelne Vermögenswerte der Schuldnerin, nicht aber eine bereits bei der Schuldnerin bestehende wirtschaftliche Einheit übernommen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Station Berlin-Tegel, bei der es sich um keine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit handelte (Rn. 71 ff.).

112bb) Gleiches gilt bezüglich Eurowings. Ein Betriebsübergang auf diese Gesellschaft des Lufthansa-Konzerns kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil Eurowings keine betriebliche Tätigkeit der Schuldnerin fortgeführt hat. Eurowings war im Rahmen der Wet-Lease-Konstruktion der Empfänger der von der Schuldnerin bzw. der Beklagten zu 2. erbrachten Dienstleistung. Die bloße Fortführung einer Geschäftsbeziehung als Kunde kann keinen Betriebsübergang begründen.

1133. Die Kündigung ist jedoch nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirksam. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Schuldnerin die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß iSd. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet. Ob die Schuldnerin das Konsultationsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt hat oder die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 2 KSchG gemäß § 134 BGB unwirksam ist, kann dahinstehen.

114a) Die Schuldnerin hat vorliegend den Betriebsbegriff, der zentraler Bezugspunkt des Massenentlassungsrechts ist ( - Rn. 31), verkannt. Einen rein berufsgruppenbezogenen Betriebsbegriff, wie sie ihn ihrem Verständnis des Betriebs für die letztlich nach Übergang in das Regelinsolvenzverfahren am vom Beklagten zu 1. als Insolvenzverwalter durchgeführte Massenentlassung zugrunde gelegt hat, kennt die Richtlinie 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie, im Folgenden MERL) nicht. Betrieb iSd. MERL und des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG war für die Klägerin die Station der Schuldnerin am Flughafen Düsseldorf.

115aa) Der Betriebsbegriff des Massenentlassungsrechts ist ein unionsrechtlicher Begriff. Er ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Unionsrechtsordnung autonom und einheitlich allein von diesem und damit losgelöst von den nationalen Begrifflichkeiten und Rechtsvorschriften auszulegen ( - Rn. 32; ähnlich bereits  - Rn. 21, BAGE 158, 104). Der besondere Betriebsbegriff für den Luftverkehr in § 24 Abs. 2 KSchG hat hingegen für das Massenentlassungsrecht keine Bedeutung (ausführlich  - Rn. 56 ff.).

116bb) Der vom Gerichtshof sehr weit verstandene Begriff des „Betriebs“ iSd. MERL bezeichnet nach Maßgabe der Umstände die Einheit, der die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgabe angehören. Es muss sich um eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität handeln, die zur Erledigung einer oder mehrerer bestimmter Aufgaben bestimmt ist und über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern sowie über technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt. Nicht erforderlich ist, dass die Einheit rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie aufweist. Der Betrieb iSd. MERL muss auch keine Leitung haben, die selbstständig Massenentlassungen vornehmen kann. Vielmehr reicht es aus, wenn eine Leitung besteht, die die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung technischer Probleme im Sinne einer Aufgabenkoordinierung sicherstellt. An die erforderliche Leitungsstruktur sind damit keine hohen organisatorischen Anforderungen zu stellen. Der unionsrechtliche Begriff der „Leitungsmacht“ ist insoweit deutlich offener und weiter als nach dem nationalen betriebsverfassungsrechtlichen Verständnis ( - Rn. 33, 49 mwN).

117Die Feststellung, ob im konkreten Einzelfall eine Einheit entsprechend dieser Vorgaben des Unionsrechts ein Betrieb iSd. MERL ist, obliegt allein den nationalen Gerichten ( - Rn. 34 mwN).

118cc) Nach diesem Betriebsbegriff stellte die Station der Schuldnerin am Flughafen Düsseldorf für die Klägerin den Betrieb iSd. MERL und damit des § 17 KSchG dar. Das hat der Senat für das Cockpitpersonal der Schuldnerin bereits entschieden ( - Rn. 35 ff.). Für das fliegende Personal in der Kabine gilt insoweit nichts anderes. Insbesondere verfügte die Station in Düsseldorf über eine „Gesamtheit von Arbeitnehmern“ iSd. Begriffsbestimmung des Gerichtshofs, bestehend aus dem fliegenden Personal und dem Bodenpersonal (ausführlich  - Rn. 38 ff.). Auch bestand dort eine Leitung, die die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung technischer Probleme im Sinne einer Aufgabenkoordinierung sicherstellte. Sie war für die Besatzungsmitglieder mit der Kompetenzzuweisung an den Area Manager Cockpit und den Regional Manager Kabine gegeben, für das Bodenpersonal mit den Kompetenzen der unter Ziff. 1.1.4.3 im gerichtskundigen (Rn. 72) OM/A für Düsseldorf ausgewiesenen Person (ausführlich  - Rn. 48 ff.). Darüber hinaus war nach dem Betriebshandbuch die Position des Area Managers Kabine eingerichtet, mit der ausweislich Ziff. 1.3.8.1.1 OM/A dem Area Manager Cockpit vergleichbare Aufgaben verbunden waren. So hatte der Area Manager Kabine alle Aspekte der Leistung des Kabinenpersonals zu verwalten, um sicherzustellen, dass ein gleichbleibend hohes Niveau an Sicherheit und Gastfreundlichkeit aufrechterhalten wurde. Er wurde als Vorgesetzter aller Mitglieder des Kabinenpersonals bezeichnet, der Disziplinarverantwortung trage. Er hatte ua. die Aufgabe, Probleme zu ermitteln und zu beheben, um einheitliche Prozesse sicherzustellen. Auch hatte er Konflikte innerhalb des Kabinenpersonals bzw. zwischen Kabinen- und Cockpitpersonal in enger Abstimmung mit der Abteilung Flight Operations und dem Regional Manager zu deeskalieren.

119Dass die Leitungsfunktion nicht von einer Person, sondern getrennt für das Cockpit- und das Kabinenpersonal wahrgenommen wurde, steht der Einordnung der Station Düsseldorf als Betrieb iSd. MERL ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass die für die Station Düsseldorf zuständigen Area Manager Cockpit und Regional Manager Kabine West auch für die Station Paderborn verantwortlich waren ( - Rn. 53). Auch ist es entgegen der Annahme des Beklagten zu 1. nicht erforderlich, dass die Einheit den ihr zugewiesenen Teilzweck eigenständig erfüllen kann. Erst recht muss sie nicht autark agieren können ( - Rn. 49).

120dd) Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu der Annahme des Senats, die Stationen hätten keine Betriebsteile iSd. Richtlinie 2001/23/EG dargestellt (Rn. 71 ff.). Die MERL und die Richtlinie 2001/23/EG haben unterschiedliche Funktionen, was auch zu einem unterschiedlichen Begriffsverständnis führt. Dies zeigt sich ua. daran, dass die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit iSd. Richtlinie 2001/23/EG eine „Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit“ voraussetzt, während dies nach der Richtlinie 98/59/EG gerade nicht der Fall ist. Der Betriebsbegriff der MERL ist damit weiter als derjenige der Betriebsübergangsrichtlinie.

121b) Die Verkennung des Betriebsbegriffs durch die Schuldnerin hat zur Folge, dass diese am eine inhaltlich nicht ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige bei der unzuständigen Arbeitsagentur Berlin Nord erstattet hat. Das führt zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung (§ 134 BGB).

122aa) Mit der vor Zugang der Kündigung bei der Agentur für Arbeit Berlin Nord erstatteten Massenentlassungsanzeige vom hat die Schuldnerin ihre Anzeigepflicht nicht erfüllt. Die Anzeige hätte rechtzeitig bei der für die Station Düsseldorf als „Betrieb“ iSd. Massenentlassungsrechts zuständigen Arbeitsagentur Düsseldorf erfolgen müssen.

123(1) Nach Art. 3 Abs. 1 der MERL hat der Arbeitgeber der „zuständigen“ Behörde alle beabsichtigten Massenentlassungen schriftlich anzuzeigen. Bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 17 Abs. 1 KSchG ist das die für den Betriebssitz örtlich zuständige Agentur für Arbeit (ausführlich  - Rn. 76 ff.), hier die Agentur für Arbeit Düsseldorf. Der Eingang der Massenentlassungsanzeige bei einer anderen Agentur für Arbeit - vorliegend der Agentur für Arbeit Berlin Nord - ohne eine rechtzeitige Weiterleitung an die örtlich zuständige Agentur reicht für eine ordnungsgemäße Anzeige iSv. § 17 Abs. 1 KSchG nicht aus ( - Rn. 78). Vorliegend haben aber weder das Landesarbeitsgericht festgestellt, noch die Parteien vorgetragen, dass bei der Arbeitsagentur Düsseldorf vor Zugang der Kündigung am die durch die Agentur für Arbeit Berlin Nord weitergeleitete Anzeige vom eingegangen ist. Gegen eine Weiterleitung spricht zudem das Schreiben der Agentur für Arbeit Berlin Nord vom . In diesem bestätigt die Arbeitsagentur den vollständigen Eingang der Massenentlassungsanzeige vom gleichen Tag und führt aus, dass die Entlassungssperre am ende und die angezeigten Entlassungen bis zum vorgenommen werden können. Dies impliziert die Annahme ihrer eigenen Zuständigkeit, so dass für eine etwaige Weiterleitung aus Sicht der Arbeitsagentur Berlin Nord keine Veranlassung bestand.

124(2) Die Erfüllung der Anzeigepflicht folgt nicht daraus, dass die Schuldnerin der Agentur für Arbeit Berlin Nord im Vorfeld der Anzeige und im dazu erstellten Begleitschreiben den aus ihrer Sicht für die Frage der örtlichen Zuständigkeit relevanten Sachverhalt subjektiv umfassend und korrekt dargestellt und damit vermeintlich alles ihrerseits Erforderliche getan hatte. Entsprechend dem Zweck der Anzeige, die sozioökonomischen Auswirkungen von Massenentlassungen dort zu mildern, wo sie typischerweise auftreten, nämlich am Betriebssitz, verlangt Art. 3 Abs. 1 der MERL, dass die beabsichtigten Entlassungen bei der nach nationalem Recht tatsächlich und nicht nur vermeintlich „zuständigen“ Behörde angezeigt werden ( - Rn. 81).

125(3) Die innerbetrieblichen Organisationsstrukturen sind auch nicht deswegen irrelevant, weil die Station Düsseldorf bei Erstattung der Massenentlassungsanzeige bereits durch Stilllegung untergegangen war und die in Frage stehenden Kündigungen nur vorsorglich ausgesprochen werden sollten (dazu  - Rn. 70, BAGE 157, 1). Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der der Entscheidung des Zweiten Senats zugrundeliegenden Konstellation. Zum einen war die streitbefangene Kündigung keine nur vorsorglich erklärte (Zweit-)Kündigung nach einer bereits erfolgten Stilllegung. Vielmehr war die beabsichtigte Entlassung der Kabinenmitarbeiter der letzte Schritt zur Umsetzung der am getroffenen Entscheidung, den Betrieb der Schuldnerin in zwei Etappen einzustellen (Rn. 93). Zum anderen hat die Schuldnerin die Anzeige nicht zeitgleich bei allen in Betracht kommenden Arbeitsagenturen unter Hinweis auf eine bereits umgesetzte Stilllegung und einen daraus resultierenden Wegfall des Betriebssitzes eingereicht. Dazu hätte die Anzeige (auch) bei der für die Station der Schuldnerin in Düsseldorf zuständigen Agentur eingehen müssen, weil der im Rahmen des § 17 KSchG maßgebliche unionsrechtliche Betriebsbegriff nicht zur Disposition der Mitgliedstaaten steht.

126(4) Die Schuldnerin hat auch keine sog. Sammelanzeige erstattet. Zwar kann der Arbeitgeber seine Anzeigepflicht ebenso mit einer nach den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit Dritter und Vierter Abschnitt Kündigungsschutzgesetz - KSchG vom zu § 17 KSchG Ziff. 2.2.3. Abs. 4 und Abs. 5 möglichen Sammelanzeige erfüllen, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Dem stehen weder Unionsrecht noch nationales (Verfahrens-)Recht entgegen ( - Rn. 89 f.). Von dieser Möglichkeit hat die Schuldnerin jedoch keinen Gebrauch gemacht. Ausgehend von ihrem unzutreffenden Verständnis des maßgeblichen Betriebs hat sie am eine Einzelanzeige für den nach dem Betriebsbegriff der MERL nicht existierenden Betrieb Kabine, bestehend aus allen Kabinenmitarbeitern der Gesamtheit aller Stationen, erstatten wollen. Sie hat zudem ihre Betriebsstruktur objektiv falsch dargestellt. Das folgt nicht nur aus den Angaben der Schuldnerin im Formularblatt der Agentur für Arbeit, insbesondere unter Nr. 16 und Nr. 2 iVm. den beigefügten Anlagen. Es lässt sich eindeutig auch dem Begleitschreiben vom entnehmen. Die Aufschlüsselung der Angaben zu den Entlassungen nach Stationen in der Anlage zur Massenentlassungsanzeige ändert nichts daran, dass die Schuldnerin eine Anzeige für den gesamten Bereich Kabine erstatten wollte und auch erstattet hat. In diesem Sinne hat die Agentur für Arbeit Berlin Nord die erstattete Massenentlassungsanzeige verstanden und behandelt, wie ihr Schreiben vom belegt.

127bb) Die Schuldnerin hat darüber hinaus im Hinblick auf die sog. „Muss-Angaben“ eine inhaltlich nicht den Vorgaben des § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG entsprechende Anzeige erstattet.

128(1) Aufgrund der Verkennung des Betriebsbegriffs der MERL, der Geltung für den gesamten Massenentlassungsschutz und damit auch für das in § 17 Abs. 3 KSchG geregelte Anzeigeverfahren beansprucht ( - Rn. 33 ff., 95), bezog sich die von der Schuldnerin am erstattete Massenentlassungsanzeige im Hinblick auf die Klägerin deutschlandweit (insofern einerseits zu weit) allein (insofern andererseits zu eng) auf den Bereich Kabine und damit auf den falschen Betrieb. Die Aufschlüsselung der Angaben zu den Entlassungen nach Stationen in der Anlage zur Massenentlassungsanzeige und die Bezugnahme im Begleitschreiben auf die für das Boden- und Cockpitpersonal erstatteten Massenentlassungsanzeigen ändert nichts daran, dass die Schuldnerin eine Anzeige für den gesamten Bereich Kabine erstatten wollte und auch erstattet hat.

129(2) Da die Massenentlassungsanzeige richtigerweise für die Station Düsseldorf hätte erstattet werden müssen, enthält sie darüber hinaus mit der Angabe „3126“ eine unzutreffende Mitteilung der Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, deren Angabe sowohl die MERL als auch § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG verlangen.

130(a) Jedenfalls bei einer Betriebsstilllegung - wie vorliegend - kommt zur Bestimmung der Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer nur ein Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke in Betracht ( - Rn. 23). Werden die Entlassungen dabei in mehreren Etappen vorgenommen, ist zu differenzieren: Beruhen sie auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung, ist die Arbeitnehmeranzahl im letzten Zeitpunkt der normalen Betriebstätigkeit maßgebend, da die Abbaumaßnahmen zusammen zu betrachten sind. Ist die spätere Massenentlassung Ergebnis einer neuen Planung, ist jede Stufe unabhängig von dem vorherigen Personalabbau zu betrachten. Die nach jedem Abbau bestehende Arbeitnehmerzahl ist dann die normale und nunmehr den Betrieb kennzeichnende Belegschaftsstärke (vgl.  - Rn. 14; - 2 AZR 207/04 - Rn. 23; zur Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG  - Rn. 30, BAGE 154, 303).

131(b) Sämtliche Entlassungen, also sowohl die des Boden-, des Cockpit- als auch die des Kabinenpersonals, beruhen auf dem Stilllegungsbeschluss vom (Rn. 92 f.). Davon geht auch der Beklagte zu 1. in seiner Revisionserwiderung aus. Maßgeblich für die Anzahl der in der Regel Beschäftigten ist deshalb die Belegschaftsstärke der Station Düsseldorf am . Zu diesem Zeitpunkt waren dort nicht die in der Anzeige vom angegebenen 3.126 Arbeitnehmer beschäftigt. Diese Zahl gab die in der Regel deutschlandweit in allen Stationen beschäftigten Kabinenmitarbeiter an und war darum bezogen auf die Station Düsseldorf zu hoch. Demgegenüber fehlten Angaben zu den Cockpitmitarbeitern und zum Bodenpersonal der Station Düsseldorf. Insoweit war die angegebene Zahl der Beschäftigten zu niedrig.

132Die fehlerhaften Angaben zur Zahl der am regelmäßig in der Station Düsseldorf Beschäftigten wurden entgegen der vom Beklagten zu 1. vertretenen Ansicht durch die bloße Bezugnahme im Begleitschreiben vom auf die für das Boden- und Cockpitpersonal bereits zuvor erstatteten Massenentlassungsanzeigen nicht ersetzt. Es ist nicht Aufgabe der Agentur für Arbeit, sich unter Außerachtlassung des in der Anzeige zum Ausdruck kommenden Willens des Arbeitgebers, für welchen Betrieb er diese erstatten will, aus einer Vielzahl in mehreren umfangreichen Anzeigeverfahren eingereichter Unterlagen die Angaben für den Betrieb herauszusuchen, der der Anzeige richtigerweise zugrunde zu legen wäre. Zudem handelte es sich bei der Frage des Betriebs und der in ihm regelmäßig Beschäftigten nicht um eine formelle Voraussetzung der Anzeige, deren Vorliegen die Agentur für Arbeit von Amts wegen festzustellen hätte (vgl.  - Rn. 27). Auch die Vergabe eines einheitlichen Aktenzeichens seitens der Arbeitsagentur ändert nichts an dem Umstand, dass es sich letztlich um drei getrennte Anzeigeverfahren handelte, die auch getrennt zu behandeln waren.

133cc) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung des Beklagten zu 1. ändert sich an dem Pflichtenkatalog des Arbeitgebers aus § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG nichts dadurch, dass sich im Zuge der Freistellung fast alle Kabinenmitarbeiter arbeitsuchend melden sollten und dies weit überwiegend auch getan hätten, so dass - so die Annahme des Beklagten zu 1. - der Arbeitsagentur die Arbeitnehmerdaten vorgelegen hätten und die Anzeige eigentlich überflüssig gewesen sei. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut obliegt die Erfüllung der Anzeigepflicht dem Arbeitgeber. Gegen eine einschränkende Auslegung spricht zudem der Zweck der Anzeigepflicht. Durch die Anzeige soll die Agentur für Arbeit rechtzeitig über eine bevorstehende Massenentlassung unterrichtet werden, um sich auf die Entlassung einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern vorbereiten und ihre Vermittlungsbemühungen darauf einstellen zu können (vgl.  - [Junk] Rn. 47). Das setzt voraus, dass sie in einem strukturierten Verfahren vom Arbeitgeber die in § 17 Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 KSchG verlangten, objektiv richtigen Angaben vor Zugang der Kündigung erhält (zum Zweck des Anzeigeverfahrens ausführlich  - Rn. 71, 75, 81, 93 und 109) und diese Angaben nicht erst bei den für die Wohnsitze der Arbeitnehmer zuständigen Agenturen für Arbeit einfordern muss. Aus demselben Grund kann auch die Meldepflicht des § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB III eine ordnungsgemäße Anzeige der geplanten Massenentlassungen nicht ersetzen.

134dd) Die dargestellten Fehler im Anzeigeverfahren haben die Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 134 BGB zur Folge (ausführlich  - Rn. 97 ff.). Soweit der Beklagte zu 1. geltend macht, der Agentur für Arbeit Berlin Nord seien jedenfalls beim Kabinenpersonal als der letzten von den Massenentlassungen betroffenen Beschäftigtengruppe alle erforderlichen Angaben bekannt gewesen, so dass sie habe feststellen können, an welcher Station wie viele Arbeitnehmer betroffen gewesen seien, führt das zu keinem anderen Ergebnis. Der Beklagte zu 1. nimmt nicht zur Kenntnis, dass die erforderlichen, strukturiert aufbereiteten Angaben vor Zugang der Kündigung bei der örtlich zuständigen Arbeitsagentur nicht eingegangen waren, weil die unzuständige Agentur für Arbeit Berlin Nord sich zu Unrecht als zuständig angesehen und die eingereichte Anzeige entsprechend dem Erklärungswillen der Schuldnerin als Einzelanzeige und nicht als Sammelanzeige verstanden und behandelt hat (Rn. 126). Daher war dem Zweck der Massenentlassungsanzeige entgegen der Annahme des Beklagten zu 1. nicht genügt. Die aufgezeigten Fehler ziehen die Unwirksamkeit der Anzeige und damit der streitbefangenen Kündigung nach sich.

135c) Schließlich hat die Schuldnerin gegen § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG verstoßen. Sie hat den Stand der Beratungen mit der PV Kabine nicht hinreichend dargelegt. Auch dieser Fehler in der Anzeige führt für sich genommen nach § 134 BGB zur Unwirksamkeit der Kündigung vom (vgl.  - Rn. 21, 33, BAGE 157, 1).

136aa) Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG hat der Arbeitgeber, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG verpflichtet ist, der Agentur für Arbeit Entlassungen anzuzeigen, seiner schriftlichen Anzeige die Stellungnahme des Betriebsrats „zu den Entlassungen“ beizufügen. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ist die Massenentlassungsanzeige auch dann wirksam erfolgt, wenn zwar keine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats vorliegt, der Arbeitgeber aber glaubhaft macht, dass er das Gremium mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG unterrichtet hat, und er gleichzeitig den Stand der Beratungen darlegt. Nach dem Zweck des Anzeigeverfahrens (Rn. 133; dazu ausführlich  - Rn. 71, 75, 81, 93 und 109) muss durch die Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats oder - ersatzweise - die Darlegung des Beratungsstands die Durchführung und gegebenenfalls das Ergebnis des Konsultationsverfahrens dokumentiert werden. Die Arbeitsverwaltung soll beurteilen können, ob die Betriebsparteien auf der Grundlage ausreichender Informationen tatsächlich über die geplanten Massenentlassungen und insbesondere deren Vermeidung beraten haben ( - Rn. 53, BAGE 142, 202). Daneben soll sie Kenntnis von einer - eventuell dem Arbeitgeber ungünstigen - Sichtweise des Betriebsrats erlangen ( - Rn. 44, BAGE 144, 366; - 6 AZR 596/10 - Rn. 21 f.). Die Verpflichtung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG, die keine unionsrechtliche Entsprechung hat (vgl.  - Rn. 53), soll es dem zuständigen Ausschuss ermöglichen, auf einfache Weise und ohne zeitliche Verzögerung festzustellen, ob die Anzeige wirksam ist. Außerdem soll er bei seiner Entscheidung eine etwaige Stellungnahme des Betriebsrats berücksichtigen können (BT-Drs. 8/1041 S. 5). Dementsprechend ist die Massenentlassungsanzeige unwirksam, wenn der Arbeitgeber ihr eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht beifügt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG) bzw. er Darlegungen gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG unterlässt oder den Stand der Beratungen mit dem Betriebsrat in einer Weise irreführend darstellt, die geeignet ist, eine für ihn - den Arbeitgeber - günstige Entscheidung der Behörde zu erwirken ( - Rn. 24, BAGE 157, 1).

137bb) Die Massenentlassungsanzeige der Schuldnerin genügte weder den Anforderungen des § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG noch denen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG. Eine abschließende Stellungnahme der PV Kabine konnte die Schuldnerin ihrer Anzeige nicht beifügen, da die Arbeitnehmervertretung eine solche nicht abgegeben hatte. Auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG lagen nicht vor.

138(1) Die Schuldnerin hat im Formularblatt zur Massenentlassungsanzeige vom zum Stand der Beratungen auf ihr Begleitschreiben vom gleichen Tag verwiesen. In diesem Begleitschreiben hat die Schuldnerin unter Ziff. 6 im Wesentlichen unter Wiederholung des Gesetzestextes lediglich ausgeführt, dass die Betriebsparteien ausführlich die vorzunehmenden Entlassungen erörtert, beraten und insbesondere Möglichkeiten der Vermeidung eines Arbeitsplatzverlustes überlegt haben. Diese bloß formelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes stellte keine hinreichende Darlegung des Beratungsstands dar.

139(a) Zwar ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, sämtliche Einzelheiten der Beratungen mit dem Betriebsrat zu schildern. Um dem Zweck des § 17 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KSchG zu genügen - Dokumentation der Durchführung und gegebenenfalls des Ergebnisses des Konsultationsverfahrens - hätte die Schuldnerin aber insbesondere angeben müssen, dass, wann und mit welchen Argumenten die PV Kabine weitere Verhandlungen abgelehnt hat. Sie hätte ferner angeben müssen, dass, wann und wie sie das Konsultationsverfahren für gescheitert erklärt hat. Indem sie dies nicht getan hat, hat sie den Stand der Beratungen unzureichend dargelegt. Die Arbeitsagentur konnte damit nicht zutreffend beurteilen, ob die Betriebsparteien auf der Grundlage ausreichender Informationen tatsächlich über die geplanten Massenentlassungen und insbesondere deren Vermeidung beraten haben. Ebenso wenig konnte sie prüfen, ob das Konsultationsverfahren vor der Anzeige beendet worden war und die Anzeige darum überhaupt wirksam sein konnte.

140(b) Eine solche Darlegung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Schuldnerin im Begleitschreiben in Ziff. 4 und Ziff. 5 ausgeführt hatte, es sei versucht worden, mit der PV Kabine einen Interessenausgleich und Sozialplan abzuschließen, daneben hätten Konsultationsverhandlungen nach § 17 Abs. 2 KSchG stattgefunden. Sie habe die Einsetzung einer Einigungsstelle beantragt, die sich dann in der Sitzung vom für unzuständig erklärt habe. Das Interessenausgleichsverfahren steht selbstständig neben dem Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG. Beide Verfahren können zwar miteinander verbunden werden (vgl.  - Rn. 42; - 6 AZR 405/15 - Rn. 21, BAGE 155, 245; - 2 AZR 955/13 - Rn. 17, BAGE 151, 83; - 6 AZR 155/11 - Rn. 47, BAGE 143, 150; - 6 AZR 407/10 - Rn. 34, BAGE 140, 261). Eine solche Verbindung ergab sich für die Arbeitsagentur aus dem Begleitschreiben durch die Darstellung der Versuche, einen Interessenausgleich herbeizuführen, aber nicht mit hinreichender Deutlichkeit, wenn lediglich formuliert war, dass „daneben“ Konsultationsverhandlungen stattgefunden hätten.

141Entgegen der im Termin vor dem Senat vertretenen Ansicht des Beklagten zu 1. ließ sich die Verbindung von Konsultationsverfahren und Interessenausgleichsverhandlungen auch nicht aus dem dem Begleitschreiben zur Anzeige beigefügten Schreiben an die PV Kabine vom , mit dem das Konsultationsverfahren eingeleitet worden war, entnehmen. Dort war im Zusammenhang mit dem Hinweis, dass eine Kopie entsprechend § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG der Agentur für Arbeit zugeleitet werde, nur angemerkt, dass für den Fall des Abschlusses eines Interessenausgleichs beabsichtigt sei, diesen als Stellungnahme des Betriebsrats der Agentur zuzuleiten. Diesen Satz konnte und musste die Agentur für Arbeit nur als Bezug auf § 125 Abs. 2 InsO bzw. § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG verstehen, also auf die Möglichkeit, eine förmliche Stellungnahme des Betriebsrats durch die Zusendung eines möglicherweise noch abzuschließenden Interessenausgleichs zu ersetzen. Die Aussagen dieser Passage des Begleitschreibens bezogen sich damit offenkundig ausschließlich auf die Verpflichtungen der Schuldnerin aus § 17 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 KSchG im Anzeigeverfahren, nicht aber auf eine bereits erfolgte oder auch nur bereits beschlossene Verbindung von Konsultations- und Interessenausgleichsverfahren.

142(2) Eine solche Anforderung an die Darlegung des Beratungsstands führt nicht dazu, dass der Betriebsrat die Erstattung der Massenentlassungsanzeige und damit die Durchführung der beabsichtigten Entlassungen durch eine reine Verzögerungstaktik wirksam hinausschieben kann. Insoweit ist zwischen dem Konsultations- und dem Anzeigeverfahren zu trennen.

143(a) Im Rahmen des Konsultationsverfahrens ist es Sache des Arbeitgebers zu beurteilen, wann er den Betriebsrat für ausreichend unterrichtet hält und damit seine Verpflichtungen als erfüllt ansieht. Insoweit obliegt es zunächst dem Arbeitgeber zu entscheiden, ob er gestellte Fragen beantwortet oder geforderte Informationen nachreicht. Er kann das ablehnen, wenn er die dahinterstehenden Überlegungen des Betriebsrats nach Abwägung mit seinen eigenen Vorstellungen für nicht zielführend hält oder wenn sich der Betriebsrat nicht auf Grundbedingungen einlässt, die der Arbeitgeber im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit zur Grundlage der Beratung gemacht hat/mit denen er in die Beratung gegangen ist. Bei der gerichtlichen Kontrolle der Zweckdienlichkeit der erteilten Auskünfte sind diese Vorstellungen bzw. Bedingungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Diesem kommt insoweit eine Beurteilungskompetenz zu, wann er den Beratungsanspruch des Betriebsrats als erfüllt ansieht (vgl.  - Rn. 50, 53, BAGE 157, 1).

144(b) In der Massenentlassungsanzeige hat der Arbeitgeber aber den Stand der Beratungen ausgehend von dem tatsächlichen Ablauf des Konsultationsverfahrens darzulegen. Dabei hat er zusammenfassend auch anzugeben, ob der Betriebsrat seinen Konsultationsanspruch als ausreichend erfüllt angesehen hat oder nicht und ob das Verfahren vom Arbeitgeber abgebrochen worden ist, weil er aus seiner Sicht den Betriebsrat ausreichend informiert hat. Stellt sich der Betriebsrat - zu Recht oder zu Unrecht - auf den Standpunkt, dass er wegen unzureichender Informationen nicht beraten könne, so entspricht das dem in der Massenentlassungsanzeige anzugebenden Beratungsstand.

145(3) Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben war es für das Anzeigeverfahren irrelevant, ob das Auskunftsverlangen der PV Kabine aus Sicht der Schuldnerin berechtigt war und ob das Gremium die betreffenden Informationen tatsächlich beanspruchen durfte. Daher ist auch der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom - 6 TaBVGa 1484/17 -, wonach die PV Kabine nach Einsichtnahme in den Datenraum weitere Informationen von der Schuldnerin nicht beanspruchen könne, ohne Belang. Es widerspräche dem Gesetzeszweck, dem Arbeitgeber das Recht zuzubilligen, vorweg zu bewerten, ob eine Äußerung der Arbeitnehmervertretung für die Prüfung der Arbeitsverwaltung relevant ist. Zudem bleibt es regelmäßig - so auch hier - Spekulation, ob die Agentur für Arbeit in Kenntnis der Sichtweise der PV Kabine andere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen eingeleitet hätte. Die Interessen des Arbeitgebers sind dadurch ausreichend gewahrt, dass er der Arbeitsverwaltung seine gegenteilige Rechtsauffassung mitteilen kann ( - Rn. 32, BAGE 157, 1).

146d) Die Fehler im Anzeigeverfahren sind nicht dadurch geheilt worden bzw. der gerichtlichen Kontrolle entzogen, dass die Agentur für Arbeit diese nicht - insbesondere nicht in dem Schreiben vom  - beanstandet hat ( - Rn. 111). Aus den in dieser Entscheidung genannten Gründen wäre es auch unerheblich, wenn die Schuldnerin Art, Inhalt und Umfang der Massenentlassungsanzeige mit dem Mitarbeiter des Büros der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Berlin Nord unter Einbeziehung der Anzeigen für das Boden- und Cockpitpersonal abgesprochen haben sollte, sofern der Senat das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten zu 1. in der Revisionsinstanz nicht ohnehin gemäß § 559 Abs. 1 ZPO außer Betracht zu lassen hätte.

147e) Die Annahme des Beklagten zu 1., er habe darauf vertrauen dürfen, dass der Senat im Bereich des Massenentlassungsrechts am Betriebsbegriff der §§ 1, 4 BetrVG festhält, führt nicht zur Wirksamkeit der erstatteten Anzeige. Insoweit ist kein Vertrauensschutz zu gewähren.

148aa) Der Betriebsbegriff des Massenentlassungsrechts ist unionsrechtlich zu bestimmen. Die Gewährung von Vertrauensschutz im Anwendungsbereich des Unionsrechts obläge darum nicht den nationalen Gerichten, sondern allein dem Gerichtshof ( - Rn. 27 f.).

149bb) Darüber hinaus hat der Senat bereits in Entscheidungen aus den Jahren 2012 und 2013 deutlich gemacht, dass der nationale Betriebsbegriff im Bereich des Massenentlassungsrechts nicht allein maßgeblich, sondern das unionsrechtliche Begriffsverständnis, wie es der Gerichtshof entwickelt hat, zu berücksichtigen ist (vgl. beispielhaft  - Rn. 151; - 6 AZR 348/11 - Rn. 85). In seiner Entscheidung vom hat der Senat (- 6 AZR 442/16 - Rn. 21, 31, BAGE 158, 104) sodann als maßgeblich allein die Betriebsdefinition des Gerichtshofs herangezogen, auf die Bindung der Mitgliedstaaten an die unter Zugrundelegung der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung maßgebliche Betriebsdefinition der MERL hingewiesen und das nationale Betriebsverständnis nur noch unterstützend herangezogen. Das ausschließliche Abstellen auf den vom Gerichtshof autonom definierten Betriebsbegriff der MERL hält sich daher im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung ( - Rn. 15; - 2 BvR 1230/10 - Rn. 15; vgl. auch  - Rn. 18; - 9 AZR 652/10 - Rn. 27, BAGE 142, 64). Daher konnte der Beklagte zu 1. im Januar 2018 nicht darauf vertrauen, dass das Bundesarbeitsgericht im Bereich des Massenentlassungsrechts am Betriebsbegriff der §§ 1, 4 BetrVG festhalten würde.

150cc) Auch der Hinweis des Beklagten zu 1., der Gesetzgeber habe jedenfalls für den Massenentlassungsschutz der Luftverkehrsbetriebe am Betriebsbegriff des § 24 Abs. 2 KSchG festgehalten, rechtfertigt die reklamierte Vertrauensschutzgewährung nicht. Dieser Betriebsbegriff beansprucht auch nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers für das im Dritten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes geregelte Recht der Massenentlassung keine Geltung ( - Rn. 56 ff.).

151IV. Der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es nicht.

152Die durch den Fall aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragestellungen zu den Anforderungen an einen Betriebs(teil)übergang und zum Betriebsbegriff der MERL sind durch die gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Vernünftige Zweifel daran bestehen nicht ( - [Kommission/Frankreich] Rn. 110; - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito ua.] Rn. 38 ff.; grundlegend  283/81 - [Cilfit] Rn. 21; siehe auch  - Rn. 24 mwN). Da die Fehlerhaftigkeit des Anzeigeverfahrens auch aus der Verletzung der nur im nationalen Recht bestehenden Verpflichtung aus § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG folgt, fehlte es einem Vorabentscheidungsersuchen zur Klärung möglicher Vorlagefragen im Zusammenhang mit dem Betriebsbegriff des Massenentlassungsrechts, wie sie der Beklagte zu 1. zur Anregung einer solchen Vorlage formuliert hat, zudem an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit. Soweit der Beklagte zu 1. auf (vermeintliche) Unklarheiten bei der Umsetzung des Betriebsbegriffs im nationalen Recht hinweist, betreffen diese Unklarheiten nicht die Auslegung des Unionsrechts und damit nicht die Zuständigkeit des Gerichtshofs. Sie fallen allein in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte.

153V. Die Kosten waren nach §§ 91, 97 Abs. 1, §§ 100, 269 Abs. 3 Satz 2, § 565 Satz 1 ZPO zu verteilen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2020:140520.U.6AZR235.19.0

Fundstelle(n):
BB 2020 S. 1267 Nr. 22
BB 2020 S. 1651 Nr. 30
DStR 2020 S. 11 Nr. 33
ZIP 2020 S. 1771 Nr. 36
ZIP 2020 S. 42 Nr. 21
DAAAH-53394