BFH Urteil v. - IV R 92/05 BStBl 2008 II S. 583

Die Auflösung des bei Übergang zur Tonnagebesteuerung gebildeten Unterschiedsbetrags unterliegt auch bei Betriebsaufgabe der Gewerbesteuer

Leitsatz

Veräußert eine Einschiffs-Personengesellschaft ihr Handelsschiff, unterliegt der sich aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG ergebende Gewinn auch dann der Gewerbesteuer, wenn die Personengesellschaft im Zusammenhang mit der Veräußerung ihren Betrieb aufgibt.

Gesetze: EStG § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2GewStG i.d.F. des Seeschiffahrtsanpassungsgesetzes § 7 Satz 2 (jetzt: § 7 Satz 3)

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

I.

Streitig ist, ob der nach § 5a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Gewinn hinzuzurechnende Unterschiedsbetrag auch dann der Gewerbesteuer unterliegt, wenn eine Einschiffs-Personengesellschaft ihr (einziges) Handelsschiff veräußert und im Zusammenhang damit den Betrieb aufgibt.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft (KG) in Liquidation. Sie betrieb (nur) ein Handelsschiff im internationalen Verkehr, das sie mit Vertrag vom verkaufte und am dem Käufer übergab. Am beschloss die Gesellschafterversammlung die Auflösung der Klägerin. Liquidator ist der persönlich haftende Gesellschafter.

Die Klägerin hatte am beantragt, den Gewinn ab nach § 5a Abs. 1 EStG (Tonnagebesteuerung) zu ermitteln. Daraufhin war der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert gemäß § 5a Abs. 4 Satz 1 f. EStG auf 2 110 745 DM festgestellt worden.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) unterwarf den Unterschiedsbetrag, der wegen der Veräußerung des Schiffs nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG dem Gewinn hinzuzurechnen war, im Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2001 (Streitjahr) vom auch der Gewerbesteuer.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, grundsätzlich unterlägen zwar gemäß § 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) die drei Komponenten des Gewinns nach § 5a EStG —nämlich der pauschal ermittelte Gewinn gemäß § 5a Abs. 1 EStG, der hinzuzurechnende Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 EStG und die hinzuzurechnenden Vergütungen nach § 5a Abs. 4a EStG— der Gewerbesteuer. Das gelte jedoch im vorliegenden Fall nicht. Aus dem Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer folge nach ständiger Rechtsprechung, dass nur die Tätigkeit eines lebenden Betriebs besteuert werde, nicht jedoch ein Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn. Zu den gewerbesteuerfreien Veräußerungs- und Aufgabegewinnen gehörten auch die Gewinnbestandteile, die in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe ständen und deshalb nicht „laufende” Gewinne seien. Vorliegend habe die Veräußerung des einzigen Schiffes als wesentliche Betriebsgrundlage eines Einschiffsbetriebes wirtschaftlich zur Beendigung des Betriebes geführt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Einstellung ihrer werbenden Tätigkeit die Absicht gehabt habe, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleicher oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen, lägen nicht vor. Demnach stehe die Veräußerung des einzigen Schiffes in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Aufgabe des Betriebes der Klägerin.

Der aufzulösende Unterschiedsbetrag sei auch wegen seines Sinns und Zwecks nicht gewerbesteuerpflichtig. Er solle lediglich sicherstellen, dass die bis zum Wechsel der Gewinnermittlungsart entstandenen stillen Reserven im Rahmen eines Vorgangs der Steuerentstrickung erfasst werden könnten. Die Auflösung des Unterschiedsbetrages führe daher zu einer Aufdeckung der stillen Reserven, wie es auch bei einer Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe der Fall sein könne. Falle die Veräußerung des Schiffs mit der Aufgabe des Betriebes zeitlich zusammen, so erfolge hierbei ebenfalls die „zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven” (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl., § 16 Rz 7, m.w.N.). Es könne dabei keinen Unterschied machen, worauf die stillen Reserven beruhten. Auch im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom IV C 2 -S 1900- 65/99 (BStBl I 1999, 669, Rz 33) sei anerkannt worden, dass die Auflösung des Unterschiedsbetrages bei Personengesellschaften nur im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs zum Gewerbeertrag gehöre. Die Änderung im (BStBl I 2002, 614, Rz 38), wonach die Auflösung des Unterschiedsbetrages (unterschiedslos) zum Gewerbeertrag gehöre, erkläre sich durch die Änderung des § 7 Satz 2 GewStG zum . Ferner sei in § 7 Satz 2 (nunmehr: Satz 3) GewStG nicht abschließend geregelt, dass ausschließlich der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn der Gewerbesteuer ohne Berücksichtigung ihres Wesens zu Grunde gelegt werden solle. Die Gründe, die zu einer Nichtberücksichtigung von Veräußerungs- oder Aufgabegewinnen im Rahmen der Gewerbesteuer führten, hätten daher auch für § 7 Satz 2 GewStG Gültigkeit.

Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung der § 7 Sätze 1 und 3 GewStG und § 5a EStG rügt. Der Unterschiedsbetrag stelle sicher, dass die stillen Reserven, die sich bis zum Wechsel in die pauschale Gewinnermittlung nach der Tonnage angesammelt hätten, tatsächlich einer Besteuerung unterworfen würden. Dem Gesetzgeber habe es freigestanden, den Unterschiedsbetrag sofort oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zu besteuern. Hätte er sich für eine sofortige Besteuerung entschieden, hätte es sich um laufenden Gewinn gehandelt, der weder nach den Vorschriften der §§ 16, 34 EStG begünstigt noch von der Gewerbesteuerpflicht auszunehmen wäre. Um einen Steuerstundungseffekt auf diesen „reinen Buchgewinn” zu erreichen, habe sich der Gesetzgeber für eine Besteuerung „zu gegebener Zeit” entschieden (BTDrucks 13/10710 zu Art. 6). Aus dem Umstand, dass als Zeitpunkte der Hinzurechnung die Betriebsaufgabe oder -veräußerung (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG) bzw. das Ausscheiden eines Gesellschafters (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG) bestimmt seien, könne nicht geschlossen werden, dass sich auch die Qualität des Gewinns ändere. Wie das FG zu Recht ausgeführt habe, könne die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages kein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG sein, da er nicht Bestandteil des Veräußerungspreises sei. Für eine Gewerbesteuerpflicht des Unterschiedsbetrages spreche auch § 7 Satz 3 GewStG. Danach gelte der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag nach § 7 Satz 1 GewStG. Auch wenn der Gewinn nach § 5a EStG aus drei Komponenten bestehe, zu denen der hinzuzurechnende Unterschiedsbetrag gehöre, handele es sich um eine eigene Gewinnermittlungsart, die insgesamt nur mit einem Gewinn abschließe. Auf diesen einen Gewinn beziehe sich § 7 Satz 3 GewStG. Entsprechend werde auf den hinzugerechneten Unterschiedsbetrag die Kürzung des § 9 Nr. 3 GewStG gewährt (BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 614, Rz 38 Satz 2). Hätte der Gesetzgeber den Unterschiedsbetrag wegen der Besteuerung im Sachzusammenhang mit der Betriebsaufgabe oder -veräußerung bzw. dem Ausscheiden eines Gesellschafters von der Gewerbesteuerpflicht ausnehmen wollen, hätte es einer besonderen Regelung im Gewerbesteuergesetz bedurft.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Urteils und beruft sich rein vorsorglich ergänzend auf Vertrauensschutz, weil nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 669, Rz 33 die Auflösung des Unterschiedsbetrages bei Personengesellschaften im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht zum Gewerbeertrag gehört habe.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Der Gewinn, der sich aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG wegen der Veräußerung des Handelsschiffs ergibt, unterliegt bei einer Personengesellschaft auch dann der Gewerbesteuer, wenn diese im Zusammenhang mit der Veräußerung ihren Betrieb aufgibt. Gründe des Vertrauensschutzes rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht.

1. Nach § 5a EStG ist der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfallende Gewinn auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen unter im Einzelnen näher geregelten Voraussetzungen nach der Tonnage zu ermitteln. Zum Schluss des letzten, der Tonnagebesteuerung vorausgehenden Wirtschaftsjahres ist für jedes unmittelbar dem Betrieb der Handelsschiffe dienende Wirtschaftsgut der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert gesondert und —bei Mitunternehmerschaften— einheitlich festzustellen (§ 5a Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG). Der Unterschiedsbetrag ist dem Gewinn später hinzuzurechnen (§ 5a Abs. 4 Satz 3 EStG); das gilt u.a. dann, wenn das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder nicht mehr unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dient (§ 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG).

Im Streitfall war der Unterschiedsbetrag zum festgestellt worden. Wegen des Verkaufs des Schiffs war er dem Gewinn im Streitjahr (2001) hinzuzurechnen.

2. Nach § 7 Satz 2 GewStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (GewStG a.F.; jetzt § 7 Satz 3 GewStG) gilt der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag nach Satz 1 der Vorschrift. Dieser Gewinn umfasst wiederum —wie sich aus § 5a Abs. 5 Satz 1 EStG ergibt— auch Veräußerungs- und Aufgabegewinne i.S. des § 16 EStG. Weder der Wortlaut der Vorschriften noch ihr Sinn und Zweck rechtfertigen es, die Hinzurechnung nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 EStG von der Gewerbesteuer auszunehmen.

a) Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass der nach § 5a EStG ermittelte Gewinn als Gewerbeertrag fingiert wird (, BFH/NV 2006, 363, unter II.1.a der Gründe; Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 7 Rz 387). Er unterliegt deshalb insgesamt der Gewerbesteuer (gl.A. Schultze, Finanz-Rundschau —FR— 1999, 977, unter 7.2). Soweit das (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2005, 466) vom Vorliegen gleicher Voraussetzungen wie bei § 7 Satz 1 GewStG ausgegangen ist, berücksichtigt es den fiktiven Charakter des unter Anwendung der Tonnagebesteuerung ermittelten Gewerbeertrags nach § 7 Satz 2 GewStG a.F. nicht. Die Rechtslage ist insoweit derjenigen bei Kapitalgesellschaften vergleichbar, deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb „gilt”, mit der Folge, dass auch Gewinne aus der Veräußerung eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder einer betrieblichen Beteiligung zum Gewerbeertrag gehören (vgl. u.a. , BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155, unter II.2. der Gründe, m.w.N.).

b) Die von der Rechtsprechung entwickelten und mit dem Wesen der Gewerbesteuer begründeten Ausnahmen rechtfertigen —entgegen der Auffassung der Vorinstanz— keine andere Beurteilung.

aa) Zwar unterliegen nach ständiger Rechtsprechung solche Gewinnbestandteile nicht der Gewerbesteuer, die nicht mit dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen (u.a. Senatsurteil vom IV R 3/05, BFHE 216, 233, BStBl II 2007, 777, unter II.1.a der Gründe, m.w.N.). Zu den auszuscheidenden Gewinnbestandteilen gehören bei natürlichen Personen und Personengesellschaften die nach Einkommensteuerrecht begünstigten Veräußerungs- und Aufgabegewinne (§§ 16, 34 EStG). Nach § 5a Abs. 5 Satz 1 EStG sind solche Gewinne jedoch von dem nach der Tonnage ermittelten Gewinn mit umfasst. Die Vorschrift lässt daher keinen Raum für begünstigte Veräußerungs- und Aufgabegewinne.

bb) Im Übrigen sind Gewinne, die im Zuge der Betriebsaufgabe erzielt werden —wie sich aus § 16 Abs. 3 Satz 3 (jetzt: Satz 6) EStG ergibt—, nur dann Teil des nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Betriebsaufgabegewinns, wenn sie „im Rahmen der Aufgabe des Betriebs” anfallen (Senatsurteil in BFHE 216, 233, BStBl II 2007, 777, unter II.1.d der Gründe; , BFHE 211, 100, BStBl II 2006, 160, unter II.2. der Gründe, jeweils m.w.N.). Es muss sich deshalb um eine Gewinnrealisierung handeln, die sich in den sachlich abgrenzbaren Formen einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe vollzieht; ein zeitlicher Zusammenhang genügt nicht (BFH-Urteil in BFHE 211, 100, BStBl II 2006, 160, unter II.2. der Gründe, m.w.N.). Die vom FG angeführte „zusammengeballte Realisierung während vieler Jahre entstandener stiller Reserven” ist demzufolge nur dann begünstigt, wenn sie in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung steht.

cc) Die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages steht jedoch in sachlichem Zusammenhang mit dem Wechsel der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zur Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG. Denn der Wechsel der Gewinnermittlungsart ist der Grund für die Aufdeckung der stillen Reserven; entsprechend wird der Unterschiedsbetrag für diesen Zeitpunkt ermittelt und festgestellt. Die Aufdeckung der stillen Reserven durch die Feststellung des Unterschiedsbetrages steht daher weder in zeitlichem noch in sachlichem Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe oder der Betriebsveräußerung. Dass dessen Hinzurechnung und damit die Versteuerung der stillen Reserven auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben sind und ggf. mit der Betriebsaufgabe oder -veräußerung zusammenfallen können, genügt nicht, weil damit lediglich ein zeitlicher Zusammenhang begründet wird.

c) Ein Vergleich der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages mit der Auflösung einer steuerfreien Rücklage rechtfertigt keine andere Beurteilung.

aa) Zwar kann die Auflösung einer steuerfreien Rücklage nach ständiger Rechtsprechung Bestandteil eines begünstigten Betriebsaufgabegewinns sein (vgl. u.a. , BFHE 216, 288, BStBl II 2007, 862, zur Auflösung einer Rücklage nach § 7g EStG; vom XI R 69/03, BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596, ebenfalls zur Auflösung einer Rücklage nach § 7g EStG, und vom IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392, zur Auflösung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung). Die Rücklagen dienten in den entschiedenen Fällen dazu, die Anschaffung neuer Wirtschaftsgüter durch die Bildung bzw. Übertragung stiller Reserven zu erleichtern. Diese Absicht lässt sich nicht mehr verwirklichen, wenn der Betrieb aufgegeben oder veräußert wird. Die mit der Rücklage verfolgte Absicht wird daher endgültig aufgegeben, wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige den Betrieb nicht fortführt (BFH-Urteile in BFHE 216, 288, BStBl II 2007, 862, unter II.4.a der Gründe, und in BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392, unter II.4. der Gründe). Insofern besteht ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Auflösung der Rücklage und der Betriebsaufgabe oder der Betriebsveräußerung.

bb) Diese Überlegungen lassen sich jedoch auf die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG nicht übertragen. Denn nach der gesetzlichen Regelung steht von vornherein fest, dass der Unterschiedsbetrag dem Gewinn hinzuzurechnen, die entsprechenden stillen Reserven also zu versteuern sind. Dafür kommt es auf die Absichten des Steuerpflichtigen nicht an. Die Hinzurechnung erfolgt vielmehr in jedem Fall; lediglich der Zeitpunkt hängt davon ab, wann die in § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG normierten Tatbestandsvoraussetzungen eintreten. Die Unterschiede haben im Übrigen auch im Gesetz ihren Ausdruck gefunden; nach § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG sind Rücklagen nach den §§ 6b, 6d und 7g EStG beim Übergang zur Tonnagebesteuerung dem Gewinn im Erstjahr hinzuzurechnen.

d) Eine andere Beurteilung lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass stille Reserven, die nicht in Deutschland, sondern im Ausland entstanden sind, der Besteuerung unterworfen werden (vgl. FG Hamburg, Urteil in EFG 2005, 466). Zum einen hat das FA vorliegend die Kürzung nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG gewährt (a.A. BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 363, und vom VIII R 74/02, BFH/NV 2005, 2274), so dass hier über die Anwendung dieser Kürzungsvorschrift nicht zu entscheiden ist. Zum anderen kommt es nicht nur im Falle einer Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung zu einer Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages (vgl. § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG), so dass sich das Problem durch eine Einbeziehung der Hinzurechnung in den Betriebsaufgabe- oder Betriebsveräußerungsgewinn nur ausnahmsweise lösen ließe.

3. Die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrages kann auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes von der Gewerbesteuer ausgenommen werden.

a) Zwar enthält das BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 669, Rz 33 die Aussage, dass die Auflösung des Unterschiedsbetrages bei Personengesellschaften nur im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs zum Gewerbeertrag gehöre. Vorliegend kann offenbleiben, ob daraus im Umkehrschluss zu entnehmen ist, dass eine Auflösung des Unterschiedsbetrages im Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe außerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs erfolgen und dann nicht zum Gewerbeertrag gehören soll.

b) Denn das Vertrauen in die Rechtsgültigkeit von allgemeinen Verwaltungsanweisungen ist jedenfalls nicht in gleicher Weise geschützt, wie bei einer in einem konkreten Einzelfall gegebenen Zusage des zuständigen FA (vgl. , BFHE 142, 567, BStBl II 1985, 319, unter 3. der Gründe). Verwaltungsanweisungen sind keine Rechtsnormen, sondern Ausdruck der Rechtsmeinung der Verwaltungsbehörden. Soweit sie die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen (norminterpretierende Verwaltungsanweisungen), können sie im Allgemeinen weder eine mit Rechtsverordnungen vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen (Senatsurteil vom IV R 14/05, BStBl II 2007, 816, unter II.2. der Gründe, m.w.N.). Darüber, ob die Auslegung einer Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat, entscheidet das Gericht. Der sich daraus ergebende Vorbehalt einer späteren anderen Auslegung durch die Rechtsprechung gilt vor allem dann, wenn die behandelte Frage zuvor höchstrichterlich noch nicht entschieden wurde. Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht lediglich ausnahmsweise in dem Bereich der ihr vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit; also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung) und der Typisierung oder Pauschalierung (, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754, unter II.3. der Gründe).

c) Im Streitfall bestand danach kein Vertrauensschutz. Denn das BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 669 ist eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung. Hinzu kommt, dass nach dem vor Erlass des angefochtenen Bescheides ergangenen BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 614, Rz 38 die Auflösung des Unterschiedsbetrages —ohne Einschränkungen— zum Gewerbeertrag gehört.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Verwaltung auch nicht gehindert, das unzutreffende, zumindest aber missverständliche BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 669 zu ändern. Eine unzulässige Rückwirkung kommt vorliegend nicht in Betracht, da es sich nicht um eine Rechtsnorm, sondern um eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung handelt.

Fundstelle(n):
BStBl 2008 II Seite 583
BStBl II 2008 S. 583 Nr. 13
DB 2008 S. 850 Nr. 16
DStRE 2008 S. 577 Nr. 9
EStB 2008 S. 168 Nr. 5
FR 2008 S. 680 Nr. 14
HFR 2008 S. 461 Nr. 5
KÖSDI 2008 S. 15970 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 13/2008 S. 1130
StB 2008 S. 151 Nr. 5
StBW 2008 S. 3 Nr. 7
StC 2008 S. 9 Nr. 6
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2008 S. 275
WAAAC-74130