BFH Beschluss v. - X B 156/06

Limited nach englischem Recht keine Befugnis nach § 3 Nr. 3 StBerG; Dienstleistungsfreiheit

Gesetze: StBerG § 3, StBerG § 49, EG Art. 43, EG Art. 49, EG Art. 50

Instanzenzug:

Gründe

I. In dem Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) Köln 11 K 3585/04 wegen Gewinnfeststellung 2001 hat das FG die Prozessbevollmächtigte des Klägers (Beschwerdeführerin), eine nach englischem Recht gegründete Limited (Ltd.), die über Geschäftsadressen in Belgien und in den Niederlanden verfügt, gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückgewiesen. Zur Begründung hat das FG im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 FGO seien Bevollmächtigte und Beistände, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisteten, ohne dazu nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) befugt zu sein, zurückzuweisen. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt. Die Beschwerdeführerin leiste unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) umfasse der Begriff der Hilfeleistungen in Steuersachen nach dem Sinn und Zweck der Regelungen in den §§ 3 ff. StBerG auch die Beratung in weniger bedeutsamen Steuerangelegenheiten. Eine Hilfeleistung sei nur dann nicht geschäftsmäßig, wenn sie aus Anlass eines besonderen Einzelfalles geleistet werde (vgl. , BFHE 110, 7, BStBl II 1973, 743, und vom VII R 14/79, BFHE 134, 206, BStBl II 1982, 43).

Die Beschwerdeführerin sei nicht nur im Einzelfall, sondern geschäftsmäßig mit dem Ziel tätig geworden, den inländischen Mandantenstamm ihres Direktors X, eines früher im Inland ansässigen Steuerberaters, dessen Bestellung im Jahr 2000 gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfalls durch das Fi-

nanzministerium (FinMin) Nordrhein-Westfalen widerrufen worden sei, „so gut wie möglich zu erhalten und einen erweiterten Mandantenstamm aufzubauen”.

Die Hilfeleistung sei unbefugt geschehen. Die Beschwerdeführerin gehöre nicht zu dem Kreis der nach den §§ 3 und 4 StBerG zu Hilfeleistungen in Steuersachen befugten Personen. Eine solche Befugnis ergebe sich insbesondere nicht aus § 3 Nr. 4 StBerG.

Vom Erlaubnistatbestand des § 3 Nr. 4 Satz 1 StBerG würden nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des BFH vorübergehende Hilfeleistungen in Steuersachen erfasst. Darunter seien zeitlich begrenzte Dienstleistungen zu verstehen, die ohne dauerhafte Niederlassung (nach Art. 50 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft —EGV— „vorübergehend”) in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht würden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 330/02, VII S 41/02, BFHE 201, 483, BStBl II 2003, 422, und vom X B 82/03, BFH/NV 2004, 671).

Diese —vorübergehende— Dienstleistungstätigkeit unterscheide der EuGH zunächst von der eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates, der in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübe, indem er sich von einem Berufsdomizil aus u.a. an die Angehörigen dieses Staates wende. Ein solcher Staatsangehöriger falle unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen (vgl. . C-215/01 —Schnitzer—, EuGHE 2003, I-14847). An einer (nur) vorübergehenden (Dienstleistungs-)Tätigkeit fehle es nach der Rechtsprechung des EuGH dann, wenn der Leistungserbringer in dem anderen Mitgliedstaat über eine Infrastruktur verfüge, die es ihm erlaube, in diesem Mitgliedstaat in stabiler und kontinuierlicher Weise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und von der aus er sich an die Angehörigen dieses Mitgliedstaates wende.

Darüber hinaus scheide eine vorübergehende Betätigung auch dort aus, wo sich ein Wirtschaftsteilnehmer den in dem anderen

Mitgliedstaat geltenden gesetzlichen Verpflichtungen missbräuchlich entziehen wolle.

Die entsprechende Prüfung und Entscheidung im Einzelfall obliege insoweit den nationalen Gerichten (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2003, I-14847, Tz. 33).

Unter Anwendung dieser Grundsätze und unter Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles handele es sich bei der Tätigkeit der Beschwerdeführerin auch dann nicht um eine bloße vorübergehende Tätigkeit, wenn ihr Vortrag als zutreffend unterstellt werde, sie verfüge in Deutschland über kein Berufsdomizil.

Die Beschwerdeführerin wolle nach ihrem eigenen Vortrag ihrem Direktor X die Möglichkeit verschaffen, trotz des Widerrufs seiner Bestellung zum Steuerberater in Deutschland wieder —rechtmäßig— steuerberatend tätig zu sein. Sie wolle die bisherige (steuerberatende) Tätigkeit des X im Inland fortsetzen bzw. wieder aufnehmen. Dabei greife sie insbesondere auf den langjährigen und gewachsenen Mandantenstamm des X zurück und betreue u.a. dessen (ehemalige) Dauermandate. So sei sie in der Vergangenheit bereits in mehreren Fällen für ehemalige Mandanten des X vor dem erkennenden Senat aufgetreten.

Die Beschwerdeführerin sei durch die Übernahme und Fortführung des Mandantenstammes des X auf einer Grundlage tätig, die es ihr erlaube, in Deutschland in stabiler und kontinuierlicher Weise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Vergleichbar mit dem Unterhalten einer materiellen Infrastruktur wolle und könne die Beschwerdeführerin auf der Basis der langjährigen Kontaktpflege und Betreuung der Mandanten durch X nunmehr —von einem anderen Mitgliedstaat aus— in Deutschland tätig werden wie ein hier niedergelassenes Unternehmen. Gerade die ansonsten in Deutschland u.a. erforderliche umfangreiche Akquisetätigkeit entfalle damit für die Beschwerdeführerin in erheblichem Umfang.

Zudem sei ein vorübergehender Charakter der inländischen Tätigkeit der Beschwerdeführerin nach den Vorgaben des EuGH auch unter Umgehungs- bzw. Missbrauchsgesichtspunkten zu verneinen. Die Beschwerdeführerin sei nach ihren eigenen Angaben insbesondere deshalb gegründet worden, um X eine Möglichkeit zu verschaffen, trotz des Widerrufs seiner Bestellung zum Steuerberater in Deutschland steuerberatend tätig zu sein. Sie räume damit selbst ein, dass durch ihre „Zwischenschaltung” letztlich die Vorschriften des StBerG zur Hilfeleistung in Steuersachen umgangen werden sollten. Allein diese Zielsetzung, die nach den Erfahrungen des erkennenden Senats auch entsprechend umgesetzt werde, stehe der Annahme einer lediglich vorübergehenden Tätigkeit i.S. von Art. 50 EGV entgegen.

Die Beschwerdeführerin könne sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf die Personenverschiedenheit zwischen ihr und X berufen. Nach dem konkret zu beurteilenden Sachverhalt sei die Beschwerdeführerin gegründet worden, um X die Möglichkeit zu geben, im Inland tätig zu werden, obwohl seine Bestellung zum Steuerberater widerrufen worden sei. Unter diesen Voraussetzungen komme nach der Rechtsprechung des EuGH eine Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit nicht in Betracht.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat die Beschwerdeführerin zu Recht gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 StBerG zurückgewiesen. Weder die Beschwerdeführerin selbst noch ihre Direktoren X und Y sind im Inland zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.

1. Die Beschwerdeführerin kann eine dahingehende Befugnis nicht aus § 3 Nr. 3 StBerG herleiten. Sie ist nicht als eine der dort genannten Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften anerkannt. Die Rechtsform der Limited wird in § 49 Abs. 1 und 2 StBerG nicht genannt. Einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft kommt unabhängig von ihrer Rechtsform ohnehin nicht die Befugnis zur Beratung in steuerlichen Angelegenheiten zu.

X hat die Befugnis zur Steuerberatung durch rechtskräftigen Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater verloren (, BFH/NV 2002, 1499). Y ist nicht als Steuerberaterin bestellt.

2. Die Befugnis der Beschwerdeführerin zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen folgt auch nicht aus § 3 Nr. 4 StBerG.

Danach sind zu solchen Dienstleistungen Personen oder Vereinigungen berechtigt, „die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Deutschland oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaats leisten, soweit sie mit der Hilfeleistung in Steuersachen eine Dienstleistung nach Art. 50 EGV erbringen”.

a) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdeführerin nach dem Recht der Staaten, in denen sie niedergelassen ist, zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Ebenso kann unentschieden bleiben, ob das zum Schutz der Steuerpflichtigen in § 3 Nr. 4 Sätze 2 und 3 StBerG enthaltene Transparenzgebot (vgl. Gehre/v. Borstel, Steuerberatungsgesetz, 5. Aufl., § 3 Rz 18) und dessen Missachtung durch die Beschwerdeführerin ihre Zurückweisung rechtfertigen würde.

b) Die Beschwerdeführerin ist aufgrund folgender Überlegungen vom FG zu Recht als Prozessbevollmächtigte zurückgewiesen worden.

aa) In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum 7. Steuerberatungsänderungsgesetz (BGBl I 2000, 874) heißt es zu § 3 Nr. 4 (Satz 1) StBerG, dass mit der Beschränkung dieses Erlaubnistatbestandes auf die Erbringer von Dienstleistungen in Steuersachen im Anwendungsbereich des Art. 50 EGV den Anforderungen des EGV im Bereich der Dienstleistungsfreiheit bei grenzüberschreitenden Hilfeleistungen in Steuersachen Rechnung getragen werde (BTDrucks 14/2667, S. 27).

bb) Von dem für § 3 Nr. 4 Satz 1 StBerG somit maßgebenden Begriff der Dienstleistung i.S. des Art. 50 EGV werden nur grenzüberschreitende vorübergehende Hilfeleistungen in Steuersachen erfasst. Darunter fallen solche zeitlich begrenzten Leistungen, die ohne dauerhafte Niederlassung (nach Art. 50 Satz 3 EGV: „vorübergehend”) in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden ( 205/84, EuGHE 1986, 3755, 3801; vom Rs. C-55/94, EuGHE 1995, I-4165, 4195; in EuGHE 2003, I-14847; BFH-Beschlüsse in BFHE 201, 483, BStBl II 2003, 422, m.w.N.; vom VII B 99/03, BFH/NV 2004, 827).

Der vorübergehende Charakter einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ist nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen. Er schließt zwar nicht die Möglichkeit für den Dienstleistungserbringer i.S. des Art. 50 EGV aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur (einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten, soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich ist. Wer jedoch in stabiler und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, fällt unter die Vorschriften des Kapitels über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die Dienstleistungen.

cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG den vorübergehenden Charakter der Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Inland zutreffend verneint. Wer, wie die Beschwerdeführerin, im Inland nicht nur einzelne, sondern mehrere Steuerpflichtige an verschiedenen Orten berät und vor verschiedenen Finanzämtern und –gerichten in einer Vielzahl von Verfahren vertritt, ist nicht nur vorübergehend im Inland tätig, sondern erbringt seine Leistungen in stabiler und kontinuierlicher Weise. Er überschreitet damit den durch die Dienstleistungsfreiheit gezogenen Rahmen.

Eine solche nicht nur vorübergehende Tätigkeit setzt nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH unter den im Streitfall gegebenen Umständen entgegen der offensichtlich von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht nicht als unerlässliches Erfordernis voraus, dass die Beschwerdeführerin im Inland über (äußerlich als solche erkennbare und für potenzielle Mandanten zugängliche) Praxis- oder Kanzleiräume verfügt. Das Vorhandensein solcher Räumlichkeiten deutet zwar als (gewichtiges) Indiz auf eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit im Inland i.S. von Art. 50 EGV hin, begründet aber für sich allein genommen eine solche Annahme nicht zwingend. Umgekehrt gilt Entsprechendes: Das Fehlen derartiger Räumlichkeiten mag zwar als Indiz für eine nur vorübergehende Tätigkeit im Inland sprechen, kann indessen —wie dies im vorliegenden Fall vom FG zu Recht angenommen wurde— durch gewichtige gegenläufige Umstände widerlegt sein.

dd) Aus den dargelegten Gründen geht auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf den vom Bundesgerichtshof (BGH) in einer Strafsache mit Urteil vom 3 StR 385/04 (Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2005, 3732) entschiedenen Fall ins Leere, in dem der BGH von einer lediglich vorübergehenden Dienstleistung ausging.

ee) Die Beschwerdeführerin kann sich schließlich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf das (juris) berufen. Dort hat der BGH entschieden, dass ein EU-Bürger, der in Deutschland keine Zulassung als Steuerberater besitzt, nicht deswegen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei, weil er mit einem deutschen Steuerberater eine Sozietät gegründet habe. Der dortige Sachverhalt bot dem BGH keine Veranlassung, zu der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Sachlage in entscheidungserheblicher Weise Stellung zu beziehen; der BGH hat dies denn auch nicht getan. Wenn der BGH dort u.a. ausgeführt hat, an einer grenzüberschreitenden Tätigkeit fehle es, „wenn sich der Leistungserbringer von einer Niederlassung in einem bestimmten Mitgliedstaat (meint: im Inland) aus werbend an das dortige Publikum (wende)”, so kann daraus nicht der (zwingende) Umkehrschluss gezogen werden, dass eine grenzüberschreitende, nicht nur vorübergehende Tätigkeit stets dann ausscheide, wenn der Leistungserbringer über eine solche Niederlassung im Inland nicht verfüge.

3. Die diesen Überlegungen zugrunde liegenden Grundsätze beruhen auf einer gefestigten Rechtsprechung des EuGH und des BFH. Der angerufenene Senat hat daher keine Zweifel daran, dass durch § 3 Nr. 4 StBerG die in §§ 43 ff. EGV gewährleistete Niederlassungsfreiheit und die in Art. 49 EGV garantierte leistungsfreiheit nicht unzulässig beeinträchtigt werden (vgl. auch BFH-Beschlüsse in BFHE 201, 483, BStBl II 2003, 422; in BFH/NV 2004, 827; vom X B 179/05, BFH/NV 2007, 1197; vom X B 197/05, juris). Zu der von der Beschwerdeführerin begehrten Anrufung des EuGH zum Zwecke einer Vorabentscheidung über die Auslegung der für den Streitfall maßgeblichen Vorschriften des EGV besteht folglich kein Raum. Entsprechendes gilt auch für die von der Beschwerdeführerin beantragte Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (RsprEinhG).

4. Ebenso wenig besteht Grund zu der Annahme, § 3 StBerG, der die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen dem dort bezeichneten Personenkreis vorbehält, stehe nicht mit der nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierten Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang (vgl. BFH-Urteile in BFHE 134, 206, BStBl II 1982, 43, und vom VII R 27/82, BFHE 138, 129, BStBl II 1983, 318).

a) Eine unzumutbare Einschränkung der Berufsfreiheit liegt in der Zurückweisung der Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte im Streitfall nicht. Die Steuerberatung ist ein Teil der Rechtsberatung. Die Berufsaufgaben des Steuerberaters dienen der Steuerrechtspflege und damit einem wichtigen Gemeinschaftsgut. Es besteht kein Grund anzunehmen, dass es —wie es das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für den Bereich des Handwerks mit Beschluss vom 1 BvR 1730/02 (Deutsches Verwaltungsblatt 2006, 244) angenommen hat— zweifelhaft erscheinen muss, ob die Voraussetzungen, die § 3 StBerG für die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aufstellt, mit Blick auf die Veränderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Umstände noch zumutbar sind. Die Anforderungen an eine zuverlässige Hilfeleistung in Steuersachen sind in Anbetracht der allseits unbestrittenen Kompliziertheit des deutschen Steuerrechts eher gestiegen. Angesichts dieses Umstands ist nicht ersichtlich, dass sich Steuerberater in Deutschland einer ähnlich ernsthaften Konkurrenz von Dienstleistern aus anderen Mitgliedstaaten im Rahmen grenzüberschreitender steuerlicher Dienstleistungen gegenübersehen, wie sie das BVerfG für das Handwerk angenommen hat (vgl. dazu , BFH/NV 2007, 785).

b) Schon diese Erwägungen verdeutlichen, dass die von der Beschwerdeführerin „inkriminierten” Regelungen des StBerG auch nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG kommt dem Gesetzgeber bei der Regelung der Lebenssachverhalte ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, dass bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu untersuchen ist, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt hat. Vielmehr ist nur mehr zu prüfen, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit gewahrt hat. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kommt dabei vor allem dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten gegenüber einer anderen Gruppe verschieden behandelt, obwohl zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (ständige Rechtsprechung des BVerfG; vgl. z.B. Beschluss vom 1 BvR 1402/87, 1528/87, BStBl II 1990, 479, unter B.II.1.).

Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht angenommen, dass die im Streitfall einschlägigen Regelungen des StBerG nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin, insbesondere nicht zu der von ihr monierten „Inländerdiskriminierung” führen. Die Regelungen der §§ 3 Nr. 4 und 37a Abs. 2 StBerG können zwar im Einzelfall für inländische Steuerberater zu gewissen (beschränkten) Erleichterungen führen. Diese moderate Ungleichbehandlung ist aber nach nationalem Recht nicht willkürlich, sondern durch sachliche Gründe zu rechtfertigen. Insoweit schließt sich der erkennende Senat den zutreffenden Erwägungen des angefochtenen FG-Beschlusses (S. 24) an.

c) Gegenteilige Folgerungen lassen sich auch nicht aus dem von der Beschwerdeführerin angeführten, im Verfahren der einstweiligen Anordnung ergangenen (Beilage zu BFH/NV 2007, 118) ziehen. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Ausgangssachverhalt geht es um die Frage der Vereinbarkeit der Betätigung als Steuerberater mit einer zusätzlich ausgeübten nichtselbstständigen Tätigkeit als Angestellter einer Bank im Unternehmensbereich „Steuern”. Diese Rechtsfrage hat mit den sich im vorliegenden Verfahren stellenden Rechtsproblemen nichts zu tun. Abgesehen davon hat das BVerfG in dem zitierten Beschluss ausdrücklich betont, dass die dort zu beantwortende Rechtsfrage einer Überprüfung im (nachfolgenden) Verfahren über die Verfassungsbeschwerde vorbehalten bleiben müsse.

Der angerufene Senat sieht deshalb auch keine Veranlassung, der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang beantragten Vorlage an das BVerfG zu entsprechen.

5. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bedarf es im Streitfall auch keiner Vorlage der Rechtsfragen an den EuGH, ob die „Ungleichbehandlung der europäisch niedergelassenen Rechtsanwälte und der europäisch niedergelassenen Steuerberater”, wie sie der „deutsche Gesetzgeber durch die Änderung des § 3 Nr. 1 und Nr. 4 StBerG vollzogen (habe), eine nach Art. 49 und 50 EGV unerlaubte Diskriminierung der europäischen steuerberatenden Berufe dar(stelle)”, und ob es „einer sachgerechten Auslegung der Vorschriften der Art. 49, 50 EGV in Bezug auf die steuerberatende Tätigkeit in der BRD (entspreche), die Angehörigen der europäischen steuerberatenden Berufe gleichermaßen den deutschen Angehörigen der steuerberatenden Berufe gleichzustellen, wie dies entsprechend der Richtlinie 98/5/EG für die niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte umgesetzt (worden sei)”.

Der angerufene Senat teilt auch in dieser Hinsicht die zutreffende Auffassung der Vorinstanz. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf S. 21 f. des angefochtenen Beschlusses zu verwiesen.

6. Die vorstehende Entscheidung des Senats lässt sich entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung auch nicht unter Berufung auf das (EuGHE 2006, I-02941) in Frage stellen. Dort hat der EuGH die nach italienischem Recht vorgesehene ausschließliche Befugnis der Italienischen Steuerbeistandszentren („Centri di Assistenza Fiscale”, CAF) zur Ausfüllung von Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern als Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht gewertet, weil hierin eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs liege. Die dieserhalb im italienischen Recht vorgesehenen Restriktionen sind mit den hier zu beurteilenden Begrenzungen der Hilfeleistung in Steuersachen augenscheinlich nicht (annähernd) vergleichbar. Dies folgt schon daraus, dass die in Rede stehenden italienischen Beistandszentren (CAF) nur von bestimmten Einrichtungen gegründet werden konnten, namentlich von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, von diesen beauftragten Gebietsorganisationen mit mindestens 50 000 Mitgliedern, bestimmten steuerabzugsverpflichteten Arbeitgebern mit mindestens 50 000 Beschäftigten und Arbeitnehmervereinigungen, die Fürsorgewerke („istituti di patronati”) gegründet haben und mindestens 50 000 Mitglieder zählen.

Diese strengen Zugangsbeschränkungen führten —anders als im hier vorliegenden Fall— zu einem nicht haltbaren Ausschluss in- und ausländischer potentieller Wettbewerber der begünstigten Institutionen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1928 Nr. 10
JAAAC-51975