BFH Beschluss v. - VII B 35/02

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde am…1988 als Steuerberater bestellt. Das seinerzeit dafür zuständige Finanzministerium hat diese Bestellung mit Bescheid vom…2000 gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) wegen Vermögensverfalls des Klägers widerrufen. Dabei stützte es sich auf die durch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am…1999 vor dem Amtsgericht A und die daraufhin erfolgte Eintragung im Schuldnerverzeichnis begründete gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls, die angesichts eines negativen Vermögenssaldos von rd. ... DM (u.a. nicht mehr streitbefangene Steuerschulden von rd. ... DM) nicht widerlegt worden sei. Dem Kläger sei es auch nicht gelungen nachzuweisen, dass Interessen seiner Mandanten durch den Vermögensverfall nicht gefährdet würden. Allein der Umstand, dass der Kläger über lange Zeit erhebliche Rückstände beim Finanzamt (FA) A habe, sei geeignet, die Gefährdung der Interessen seiner Mandanten anzunehmen. Die Gefährdung ergebe sich auch daraus, dass der Kläger seine eigenen Steuern nicht pünktlich und vollständig entrichtet und insbesondere in beträchtlichem Umfang Lohn- und Umsatzsteuer für zurückliegende Zeiträume nicht abgeführt habe. Diese konkrete Gefahr sei nicht allein mit dem Hinweis, keinen Zugriff auf Mandantengelder zu haben, auszuräumen.

Die gegen den Widerrufsbescheid gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klage sei unbegründet. Wie im Einzelnen ausgeführt wird, sei der Kläger in Vermögensverfall geraten. Eine Nichtgefährdung von Mandanteninteressen trotz Vermögensverfalls könne nicht festgestellt werden. Im Hinblick auf die erheblichen eigenen Steuerschulden sei die Unabhängigkeit des Klägers gegenüber der Finanzverwaltung beeinträchtigt. Im Übrigen könne die Gefährdung von Mandanteninteressen auch deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil der Kläger in sonstigen geschäftlichen und eigenen Angelegenheiten unzuverlässig sei und sich nicht an gesetzliche Vorgaben halte. Er gebe seit Jahren keine Steuererklärungen ab und lasse es zu hohen Steuerschätzungen kommen. Seinen Mandanten rate er, als sogenannte unorthodoxe Maßnahmen eidesstattliche Versicherungen abzugeben, so dass sie ohne Not ihre Kreditwürdigkeit verlören. Außerdem verweigere er Mandanten, die seine Honoraransprüche wegen dauernder Nicht- oder Schlechtleistung bestritten, die Herausgabe ihrer Unterlagen.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision. Er macht geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, eine höchstrichterliche Entscheidung sei zur Fortbildung des Rechts notwendig und die Entscheidung beruhe auf Verfahrensfehlern.

Außerdem begehrt er die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung

  • über das von der Staatsanwaltschaft…gegen den Vorsitzenden Richter X und seinen Stellvertreter, Richter am FG Y, eingeleitete Strafverfahren wegen Rechtsbeugung (in dieser Sache);

  • über die Beschwerde vom…2001 gegen den Beschluss des FG vom…2001;

  • über die Beschwerde vom…2001 gegen den Beweisbeschluss des FG vom…2001.

Die jetzige Beklagte und Beschwerdegegnerin (die Steuerberaterkammer) tritt den Ausführungen des Klägers entgegen.

II. 1. Es besteht kein Anlass, das Verfahren nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen.

Das angeblich gegen die genannten, in der Vorinstanz mit der Sache befassten Richter anhängige staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen Rechtsbeugung ist für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht vorgreiflich. Der Senat hat vielmehr auf Grund des Beschwerdevorbringens des Klägers selbständig zu beurteilen, ob die prozessrechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision vorliegen.

Über die genannten Beschwerden vom…und…2001 hat der Senat unter den Aktenzeichen…und…durch Beschlüsse vom heutigen Tage abschlägig entschieden.

2. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht, wie nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich, hinreichend dargelegt. Zur nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO weiterhin notwendigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache als Voraussetzung für die Zulassung der Revision ist es nach wie vor erforderlich, dass der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. Bundesfinanzhof —BFH—, Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFH/NV 2002, 119). Teils fehlt es an diesem Vortrag, teils sind die aufgeworfenen Fragen nicht klärungsbedürftig.

a) Soweit der Kläger —zusammengefasst— beanstandet, dass das FG im Streitfall sein Ermittlungsrecht überschritten habe, weil es eigene Ermittlungen angestellt habe, die keiner der Beteiligten veranlasst oder beantragt habe, hat er lediglich das Verfahren des Gerichts unter Hinweis auf zwei Kommentarstellen gerügt, ohne aber insoweit eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren und darzustellen, inwieweit diese über den Streitfall hinaus im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftig sein soll.

Im Übrigen ist insoweit auch kein Verfahrensfehler festzustellen. Das FG hat lediglich im Rahmen seiner sich aus § 76 Abs. 1 FGO ergebenden Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, gehandelt, indem es ermittelt hat, ob die den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG begründenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Dazu kann es sich aller verfügbaren Beweismittel bedienen, um den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich aufzuklären. An das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten ist es dabei nach § 76 Abs. 1 Satz 5 FGO nicht gebunden.

b) Ohne dass der Kläger eine diesbezügliche Rechtsfrage konkret formuliert hat, lässt sich der Beschwerde entnehmen, dass er die Frage für grundsätzlich bedeutsam hält, von welchem Zeitpunkt an im Falle des in § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG geregelten Widerrufstatbestandes die in § 164a Abs. 1 StBerG i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 2, § 130 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) geregelte Frist für den Widerruf zu laufen beginnt. Der Kläger ist der Auffassung, dass diese schon mit der Kenntnis des für den Widerruf Zuständigen von dem die Vermutung begründenden Tatbestand zu laufen beginne.

Anders als der Kläger meint, hat diese Frage jedoch keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie offensichtlich nur so entschieden werden kann, wie das FG es getan hat. Der Widerrufstatbestand des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist nicht schon mit der Tatsache des Vermögensverfalls oder mit der Begründung der Vermutung für den Vermögensverfall erfüllt, sondern erst dadurch, dass dem Betroffenen der Nachweis nicht gelingt, durch den Vermögensverfall seien die Interessen seiner Auftraggeber nicht gefährdet. Deshalb ist es erforderlich, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, diesen Nachweis zu führen. Erst wenn der für den Widerruf Zuständige zu der Überzeugung gelangt, dass ein solcher Entlastungsbeweis nicht erfolgreich geführt worden ist, ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen. Von diesem Zeitpunkt an kann daher auch erst die Widerrufsfrist zu laufen beginnen.

c) Hinsichtlich der vom Kläger gestellten Rechtsfrage, ob die Bestimmung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG „verfassungskonform und mit EG-/EU-Recht in Übereinklang steht“, ist deren grundsätzliche Bedeutung nicht ausreichend dargelegt, weil der Kläger nicht darauf eingeht, inwieweit die Frage unter Beachtung der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 4. Juli 2000 VII R 103/99, BFH/NV 2001, 69; vom 12. November 1991 VII R 81/90, BFHE 166, 304, BStBl II 1992, 309), nach der die Vorschrift mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, noch klärungsbedürftig ist. Soweit der Kläger die Vereinbarkeit der Bestimmung mit EG-/EU-Recht wegen einer angeblich bestehenden Inländerdiskriminierung bezweifelt, geht er auch nicht auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ein, nach der die Frage der Inländerdiskriminierung eine Angelegenheit nicht des Gemeinschafts-, sondern des nationalen Rechts ist (vgl. Schlussantrag des Generalanwalts vom 10. März 1994 in der Rechtssache C-132/93, EuGHE 1994, I-2715 Rdnr. 17, und , EuGHE 1994, I-2715 Rdnr. 10). Im Übrigen reicht die unspezifizierte Bezugnahme auf vorherige Ausführungen und als Anlagen beigefügte Schriftsätze, die sämtlich vor Ergehen der angefochtenen Entscheidung verfasst wurden, nicht aus, um die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage schlüssig darzustellen (vgl. , BFH/NV 1998, 1491; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 26).

3. Unter der Überschrift „§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO, Fortentwicklung des Rechts“ verweist der Kläger auf eine angebliche Divergenz der angefochtenen Entscheidung zur Rechtsprechung des BFH speziell zum Vermögensverfall bei Steuerberatern. Nach der Rechtsprechung des , BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909) sei für die Beurteilung des Vermögensverfalls nicht ein einzelner Schuldposten, sondern die Gesamtschau von Aktiva und Passiva sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen maßgebend. Verfüge er über regelmäßige Einnahmen, die seine regelmäßigen Ausgaben überstiegen, sei kein Vermögensverfall gegeben. Dem stehe das angefochtene Urteil entgegen, das nur von zwei, tatsächlich und wesentlich nur von einer, Schuldenposition ausgehe. Weiter stehe das Urteil in Divergenz zu weiteren näher bezeichneten Entscheidungen des BFH.

Der Senat vermag die angebliche Abweichung der angefochtenen Entscheidung von seiner Entscheidung in BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909 nicht zu erkennen. Das FG ist vielmehr in ausdrücklicher Anwendung dieses Urteils zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Kläger angesichts seiner erheblichen u.a. Steuerschulden in Vermögensverfall befinde, weil keine Aktiva festgestellt werden konnten, die es ihm ermöglichen, diese Schulden zu bezahlen.

Inwieweit das angefochtene Urteil zu den sonst angeführten Entscheidungen des BFH in Widerspruch stehen soll, lässt sich den Beschwerdeausführungen nicht entnehmen.

4. Die vom Kläger gerügten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind entweder nicht hinreichend dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) oder nicht gegeben.

a) Der Kläger beanstandet, dass seinem Antrag und dem seines Prozessbevollmächtigten, Z, auf Vertagung der auf den…2001 angesetzten mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben wurde. Damit wird nicht der in § 119 Nr. 4 FGO genannte Grund mangelnder Vertretung, sondern eine Verletzung des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 5 FGO) gerügt, weil der Kläger ordnungsgemäß geladen wurde, er sich aber wegen Durchführung der mündlichen Verhandlung in seiner Abwesenheit und der seines erst nach erfolgter Ladung bestellten Prozessbevollmächtigten nicht äußern konnte (vgl. , BFH/NV 1996, 902). Das Recht des Klägers auf Gehör ist jedoch insoweit nicht verletzt. Das FG hat ausführlich begründet, dass es den Vertagungsanträgen nicht stattgegeben habe, weil die dafür gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) angegebenen Gründe vom Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten jeweils nicht glaubhaft gemacht worden seien.

Die insoweit vom Kläger verlangten Nachweise über die Durchführung seiner angeblichen Reise und deren Unaufschiebbarkeit sind nicht unangemessen. Mit Recht hat das FG die angebotenen eidesstattlichen Versicherungen seiner Mitarbeiterinnen und von Z in Bezug auf die geschäftlich veranlasste Reise des Klägers nicht als ausreichend angesehen, weil es andere unmittelbare Mittel der Glaubhaftmachung gegeben hätte.

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Gericht den mit der nicht ausreichenden Möglichkeit zur Vorbereitung durch den erst kurz zuvor bestellten Prozessbevollmächtigten des Klägers begründeten Vertagungsantrag abgelehnt hat. Wie das Gericht im Einzelnen (S. 40 f. des Urteils) zutreffend ausgeführt hat, konnte es davon ausgehen, dass der neu bestellte Prozessbevollbemächtigte im Hinblick darauf, dass er schon vorher ständig mit dem Kläger zusammen gearbeitet hat, mit der Sache ausreichend vertraut war. Außerdem hat der Kläger nicht, wie dies gemäß § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erforderlich gewesen wäre, vorgetragen, weshalb die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten erst so kurz vor dem zur mündlichen Verhandlung bestimmten Termin möglich gewesen ist (vgl. u.a. , BFH/NV 1996, 144).

Keinen Bedenken begegnet unter den geschilderten Umständen schließlich, dass das Gericht die angebliche Erkrankung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht als ausreichend glaubhaft gemacht angesehen hat. Die in dem vorgelegten Attest bescheinigte Reise- und Verhandlungsunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Gericht mit Recht als nicht nachvollziehbar angesehen, weil das Attest keine Diagnose der Erkrankung enthielt (vgl. , BFH/NV 2000, 1354).

b) Soweit der Kläger Verfahrensfehler in Bezug auf die Terminierung der zunächst auf den…2001 angesetzten mündlichen Verhandlung rügt, sind diese unbeachtlich, weil das FG diesen Termin antragsgemäß aufgehoben hat. Gleichfalls kann das angefochtene Urteil auch nicht auf Verfahrensfehlern beruhen, die hinsichtlich der Terminierung und Durchführung der neu auf den…2001 angesetzten mündlichen Verhandlung gerügt worden sind. Denn diese Verhandlung ist ohne Verhandlung zur Sache und Durchführung einer Beweisaufnahme vertagt worden.

Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang ebenfalls beanstandeten zu kurzen Fristsetzung nach § 79b FGO für den Kläger zur Vorlage einer Aufstellung über die Einnahmen und Ausgaben sowie einer Vermögensaufstellung ist kein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler zu sehen, weil der Kläger diese Unterlagen selbst nach Ablauf der Frist nicht vorgelegt hat und das Gericht daher nicht über eine etwaige Zurückweisung dieser Beweismittel wegen Überschreitung der Frist entschieden hat. Es bleibt daher offen, ob diese Unterlagen noch berücksichtigt worden wären, wenn der Kläger sie nach Ablauf der Frist vorgelegt hätte.

c) Der Kläger rügt die Verwertung der mit Schreiben des FA vom…2001 vorgelegten Aufstellung über seine Steuerschulden in dem Urteil, weil er von dieser Aufstellung keine Kenntnis erhalten habe. Damit wird als Verfahrensfehler die Verletzung des Rechts auf Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) gerügt. Aus den Akten, in die der Kläger zuletzt am…2001 Einsicht genommen hat, ergibt sich jedoch, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers das Anschreiben des FA, aus dem sich u.a. der Betrag der vollstreckbaren Steuerschulden ergibt, am…2001 sowohl per Fax als auch mit einfacher Post übermittelt worden ist. Wenn der Kläger gleichwohl die Verletzung seines Rechts auf Gehör deswegen rügen wollte, weil die Zeit für eine Stellungnahme zu der Aufstellung des FA nicht ausgereicht hat, so ist er daran nicht gehindert, weil er unentschuldigt an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat, in der er den Verfahrensverstoß hätte rügen können. Denn der mögliche Rügeverzicht nach § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO setzt voraus, dass der betreffende Beteiligte zu der mündlichen Verhandlung erschienen ist, ohne den Verfahrensmangel gerügt zu haben (, BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841, und Beschluss vom 28. Juli 1998 VI B 76/98, BFH/NV 1999, 200).

Die Rüge führt aber deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil der Kläger nicht substantiiert dargelegt hat, dass bei Wahrung seines Rechts auf Gehör —unter Zugrundelegung der materiell rechtlichen Auffassung des FG— eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. , BFH/NV 2002, 205). Dem steht der Beschluss des Großen Senats des (BStBl II 2001, 802, Betriebs-Berater 2001, 2459) nicht entgegen, wonach bei Verletzung des Rechts auf Gehör diese Ausführungen nicht verlangt werden, wenn das FG verfahrensfehlerhaft auf Grund mündlicher Verhandlung in Abwesenheit des Rechtsmittelführers entschieden hat. Denn zum einen hat das FG nicht verfahrensfehlerhaft in Abwesenheit des Klägers entschieden, weil dieser —wie ausgeführt— der mündlichen Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist, und zum anderen geht es im Streitfall nur um einzelne Feststellungen des Gerichts, zu denen sich der Kläger angeblich nicht äußern konnte. Dieser Fall wird von der genannten Entscheidung des Großen Senats ausdrücklich nicht erfasst.

Die Ausführungen des Klägers zu der in Rede stehenden Aufstellung des FA über die vollstreckbaren Steuerschulden erfüllen die Anforderungen an eine substantiierte Darlegung der Einwendungen nicht. Der insoweit angebotene Beweis durch Beiziehung der Steuerakten ist zu unbestimmt, als dass sich daraus eindeutig und nachvollziehbar ergäbe, aus welchen Gründen bestimmte Steuerforderungen am Stichtag nicht vollstreckbar gewesen sein sollen. Gleiches gilt, soweit der Kläger behauptet, die in der Aufstellung aufgeführten Steuerforderungen beruhten, soweit sie über die früher zur Diskussion stehenden hinausgingen, auf Gefälligkeitsschätzungen und auf nach dem Tag der mündlichen Verhandlung datierenden Bescheiden.

d) Der Kläger beanstandet, bestimmte Unterlagen, auf die im Urteil Bezug genommen worden sei, hätten sich nicht bei den Akten befunden. Damit wird eine Verletzung des Grundsatzes gerügt, dass sich die richterliche Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens ergeben muss (§ 96 Abs. 1 FGO). Diese Rüge ist nicht berechtigt. Aus dem Protokoll über die zuletzt vorgenommene Akteneinsicht des Klägers am…2001 ergibt sich, welche Akten vorhanden waren und in welche der Kläger Einsicht genommen hat. Darunter befanden sich auch die im Urteil (S. 14 bis 16) als „Vollstreckungsakten“ in Bezug genommenen Kassenvorgänge der Gerichtskasse... Deren Eingang ist dem Kläger mit Fax vom…2001 mitgeteilt worden. Auf Unterlagen, deren Vorhandensein dem Kläger nicht mitgeteilt worden ist, stützt sich das angefochtene Urteil entgegen der Ansicht des Klägers demnach nicht.

e) Auch die angeblich im angefochtenen Urteil aufgestellte Behauptung, das FA habe erfolglos in die in der eidesstattlichen Versicherung angegebenen Forderungen vollstreckt, verstößt nach Meinung des Klägers gegen den Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 1 FGO) und soll deshalb ein Verfahrensfehler sein, weil das FA nie versucht habe, in die Forderungen zu vollstrecken. Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Er versteht die betreffende Passage auf S. 34 des Urteils dahin, dass Vollstreckungsmaßnahmen in angebliche Forderungen des Klägers bisher in der Regel ergebnislos verlaufen sind. Diese Aussage wird bestätigt durch die im Urteil auf S. 10 bis 14 getroffenen Feststellungen des FG über erfolglose Vollstreckungsmaßnahmen und steht somit in Übereinstimmung mit dem Ergebnis des Verfahrens.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang rügt, seinen Beweisantritten dazu, dass in die in der eidesstattlichen Versicherung offenbarten Aktivwerte eine Vollstreckung nie versucht worden sei, sei das Gericht nicht nachgegangen, ist diese Rüge zumindest unschlüssig; denn es ist nicht dargelegt, inwiefern das Gericht zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen können, wenn es die unter Beweis gestellte Tatsache, die nur indizielle Bedeutung haben könnte, festgestellt hätte. Das Urteil beruht also —wie zuvor dargestellt— nicht auf dem Übergehen solcher Beweisantritte.

f) Soweit sich der Kläger an weiteren Stellen seiner Beschwerde mit der Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 FGO) dagegen wendet, dass seinen Beweisanträgen nicht stattgegeben worden sei und Akten nicht beigezogen worden seien, ist die Rüge nicht schlüssig erhoben (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Zur schlüssigen Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes gehört u.a., dass der Beschwerdeführer darlegt: die ermittlungsbedürftigen Tatsachen; die angebotenen Beweismittel und die dazu angegebenen Beweisthemen; die genauen Fundstellen (Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl), in denen die Beweismittel und Beweisthemen angeführt worden sind; das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme und inwiefern das Urteil des FG auf Grund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann (vgl. , BFH/NV 1997, 777).

Der Kläger hat zwar in seinem die Beschwerdeschrift innerhalb der Begründungsfrist ergänzenden Schriftsatz vom…2002 im Einzelnen angegeben, wann und wo er welche Beweise angeboten und die Beiziehung von Akten verlangt hat. Dennoch sind die Rügen nicht schlüssig vorgetragen, weil sich nicht ergibt, inwieweit das angefochtene Urteil auf der Nichterhebung der Beweise beruhen kann. Ohne auf jede Einzelheit einzugehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO), bemerkt der Senat Folgendes:

Soweit der Kläger rügt und dafür Beweis anbietet, in den Personalakten befänden sich unvollständige Schriftstücke, ist den Ausführungen nicht zu entnehmen, welche das Urteil möglicherweise beeinflussenden Tatsachen sich aus den angeblich vollständigen Schriftstücken ergeben würden.

Auch hinsichtlich der beanstandeten Nichthinzuziehung des Gutachtens aus dem Insolvenzverfahren und der Akte des Amtsgerichts legt der Kläger nicht schlüssig dar, dass das Urteil darauf beruht. Insoweit bezieht er sich nur auf die in der eidesstattlichen Versicherung offenbarten Vermögenswerte, in die das FA nach der Darstellung des FG, die er als unzutreffend beanstandet, fruchtlos vollstreckt haben soll. Darauf stützt sich das FG aber nicht, sondern es führt aus (s. oben Buchst. e), dass Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger in der Regel erfolglos gewesen seien. In diesem Zusammenhang hat das FG auch berechtigterweise berücksichtigt, dass der Kläger nachvollziehbare Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen, zu deren Vorlage er vom FG aufgefordert worden sei, nicht vorgelegt habe.

g) Die Verfahrensrüge in Bezug auf die Nichteinvernahme der vom Kläger benannten Zeugen E, B und C als Verletzung des § 76 Abs. 1 FGO und möglicherweise des § 96 Abs. 2 FGO greift ebenfalls nicht durch. Das FG hat im Einzelnen ausgeführt, weshalb es diese Zeugen nicht mehr gehört hat. Der Senat teilt die Meinung des FG, dass die Beweisanträge insoweit nur pauschal gestellt worden sind. Denn sie liefen jeweils darauf hinaus, dass die betreffenden Personen für bestimmte Schlussfolgerungen und Wertungen (ausreichende Einnahmen zur Deckung der Ausgaben und Bezahlung der Verbindlichkeiten, Nichtgefährdung von Mandanteninteressen) als Zeugen benannt wurden. Solche Schlussfolgerungen zu ziehen, ist aber nicht Aufgabe von Zeugen, sondern Aufgabe des Gerichts. Die Zeugen hätten nur bestimmte Tatsachen bekunden können. Zu diesem Zweck sind sie aber nicht benannt worden. Die betreffenden Beweisangebote sind damit zu Recht als zur Aufklärung des Sachverhalts unbehelflich beurteilt worden.

h) Der Kläger rügt zu Unrecht die Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit des Verfahrens (§ 119 Nr. 5 FGO), weil der von ihm benannten Zeugin, Frau D, die von seinem Prozessbevollmächtigten zur Beobachtung des Prozesses in die mündliche Verhandlung entsandt wurde, vom Vorsitzenden das Anfertigen von Aufzeichnungen über das Verfahren untersagt worden sei. Denn der Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens (§ 52 FGO i.V.m. § 169 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes) verlangt nur das freie Zutrittsrecht einer unbestimmten Zahl von Zuhörern in den Raum, in dem die mündliche Verhandlung stattfindet, umfasst aber nicht das Recht, sich bei dieser Gelegenheit auch Notizen zu machen. Das Recht auf Zutritt ist Frau D nach dem Vortrag des Klägers jedoch nicht verweigert worden.

i) Der Kläger macht geltend, dass es nicht dem Gesamtergebnis des Verfahrens entspreche (§ 96 Abs. 1 FGO), wenn das FG auf S. 35 Abs. 2 des Urteils ausführe, dass der Kläger erhebliche eigene Steuerschulden einräume. Ein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler ist indes auch diesbezüglich nicht hinreichend dargelegt, weil der Kläger nicht vorträgt, weshalb das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann. Dazu hätte aber Veranlassung bestanden, weil das FG seine Überzeugung, dass dem Kläger der in § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG vorgesehene Entlastungsbeweis nicht gelungen ist, nicht allein auf die infolge der vom Kläger angeblich eingeräumten Steuerschulden möglicherweise eingeschränkte Unabhängigkeit des Klägers gegenüber der Finanzverwaltung stützt, sondern sie auch damit begründet, dass der Kläger in sonstigen geschäftlichen und eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält.

j) Der weiter gerügte Verfahrensmangel, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO), weil das FG nicht auf die Bedenken des Klägers zu der sich angeblich aus der Regelung in § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ergebenden Inländerdiskriminierung eingehe, liegt ebenfalls nicht vor. Eine nur lückenhafte Begründung ist kein Mangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO (vgl. , BFH/NV 1999, 1106; Urteil vom 24. Juli 1996 I R 74/95, BFHE 181, 410, BStBl II 1997, 132).

k) Schließlich ist auch darin kein Verfahrensmangel zu sehen, dass das FG die Möglichkeit der Vorlage zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und zum EuGH nicht in Anspruch genommen hat. Der Kläger hat zwar nicht ausgeführt, gegen welche Vorschrift insoweit verstoßen worden sein soll. Sollte er darin einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) sehen wollen, so ist ein solcher Verstoß i.S. des § 119 Nr. 1 FGO allerdings nicht gegeben. Denn das FG ist nur verpflichtet, eine Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn es ein Gesetz für verfassungswidrig hält (Art. 100 Abs. 1 GG). Ist dies wie hier nicht der Fall, kommt eine Vorlage an das BVerfG nicht in Betracht. Zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung von Gemeinschaftsrecht ist das FG, das nicht letztinstanzlich tätig wird, nur berechtigt, nicht aber verpflichtet (Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrages von Amsterdam vom 2. Oktober 1997, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 340/1; 1999 Nr. L 114/56).

Im Übrigen ergeht der Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1499 Nr. 11
OAAAA-68710